Jacques Lacan
Joyce das Symptom (II)
Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Rolf Nemitz
Escabeau:: 1. mit Stufen; 2. aus dem 14. Jh.; 3. einfach; 4. mit Absätzen;; 5. Stuhl-Trittleiter
Larousse Universel 1922
Erste deutsche Übersetzung der Druckfassung von Lacans Joyce-Aufsatz.
Vierte Version vom 20. Mai 2019: Ich habe die Übersetzung Satz für Satz überarbeitet und zum ersten Mal versucht, für Lacans Wortspiele Entsprechungen im Deutschen zu finden. Viele Anregungen verdankt diese neue Version der englischen Übersetzung von Adrian Price (In: The Lacanian Review. Hurly-Burly, Heft 5, Juli 2018, S. 13–18, im Internet auf der Seite freud2lacan.com (Richard G. Klein), hier).
Dritte Version vom 3. Oktober 2016:
Ab jetzt kann man sich in diesem Artikel Lacans Joyce le symptôme (II) auf Französisch anhören (unter „Audioaufnahme“). Vincent Platini hat Lacans Text gelesen und Martin Lutz hat uns für die Aufnahme sein Tonstudio im Funkhaus Nalepastraße zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank an Vincent, an Martin Lutz und an Corinna Sigmund, die es eingefädelt hat!
Zweite Version vom 15. Juli 2016.
Für diese zweite Fassung haben Vincent Platini und Corinna Sigmund die erste Fassung mit mir vollständig durchgesehen; fast jeder Satz wurde geändert.
Erste Version: 17. November 2015
Vorbemerkung zur Übersetzung
Lacans Text Joyce le Symptôme gibt es in zwei Versionen:
– als Mitschrift eines Vortrags von Lacan im Jahre 1975: Joyce le Symptôme (I),
– als von Lacan für den Druck überarbeitete Fassung, die 1979 veröffentlicht wurde: Joyce le Symptôme (II). Für den Druck hat Lacan den Text völlig neu geschrieben, die beiden Versionen haben keinen Satz gemeinsam. Wann genau Lacan diese zweite Version verfasst hat, ist nicht bekannt, vermutlich während des Sinthom-Seminars (1975/76) oder danach, also zwischen 1976 und 1979.
Im Folgenden findet man eine Übersetzung der Druckfassung, also von Joyce le Symptôme (II), auf der Grundlage des Abdrucks in den Autres écrits.1
Bei der Übersetzung habe ich Anregungen eines Seminars der pli-Gruppe verarbeitet, das am 24. Oktober 2015 in Berlin stattfand. Hilfreich war die dort vorgelegte Übersetzung der ersten zwei Drittel von Joyce le Symptôme (II), angefertigt von Britta Günther und Tobias Mulot.
Herzlichen Dank an Gerhard Herrgott, Eva Maria Jobst, Vincent Platini und Corinna Sigmund fürs Durcharbeiten der Übersetzung und an Arndt Himmelreich, Eva Maria Jobst und Mai Wegener für zahlreiche Hinweise zum Verständnis des Textes.
Ich bringe den Text von Joyce das Symptom (II) doppelt, zunächst nur auf deutsch, dann Satz für Satz französisch/deutsch. Die französisch-deutsche Fassung enthält Hinweisen zu Mehrdeutigkeiten und, unsystematisch, einige erläuternde Anmerkungen.
Nach dem Vorbild von Joyce in Finnegans Wake bedient sich Lacan in Joyce das Symptom II häufig einer phonetisierenden Schreibweise. Der Sinn dieser Passagen erschließt sich am ehesten bei lautem Lesen; durch das Hin und Her zwischen dem Gesprochenen und dem Geschriebenen ergeben sich die Äquivokationen, auf die Lacan abzielt.
Dieser Text gehört in den Umkreis des Kommentars zu Lacans Seminar 23, „Das Sinthom lesen“, den ich in diesem Blog zu veröffentlichen begonnen habe (einen Überblick findet man hier), und der sich auf die laufenden Treffen der Lesegruppe des Psychoanalytischen Salons Berlin zu diesem Seminar stützt.
Eine Übersetzung von Joyce le Symptôme (I) findet man in diesem Blog hier, einen Kommentar zu Joyce le Symptom (I) hier.
Jacques Lacan: Joyce das Symptom (II)
Audioaufnahme französisch.
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Jacques Lacan, Joyce le symptôme II (1979), gelesen von Vincent Platini
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Deutsch
[Einschübe in runden Klammern sind von Lacan, Einschübe in eckigen Klammern vom Übersetzer.]
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift - etwa [565] – verweisen auf J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001.
[565] Joyce das Symptom, zu hören wie Jésus la Caille2: das ist sein Name. Konnte man erwarten, dass ich, ach, andres tue: je nomme, ich benenne. Dass dies jeune homme ergibt, junger Mann, ist ein Niederschlag, aus dem ich nur eins herausziehen will. Dass wir Menschen sind.
LOM3: im Französischen sagt das genau das, was es bedeutet. Es genügt, es phonetisch zu schreiben: dadurch wird es angemessen faunetisiert (faun…): das Obszöne. Schreiben Sie hier: das Eaubszöne, um daran zu erinnern, dass das Schöne, le beau, nichts anderes ist als eben dies. Hissecroibeau, zu schreiben wie das hessecasbeau4, ohne den gips iah keinn, der mit Ding!ität den Nahm Mänsch träkt. LOM lomellisiert sich immer noch eins besser. Schwitzen muss sein, sagt man ihm, ohne Nasswerden kein hessecabeau.
LOM, Basis-LOM, der Mensch, der n Kör pah hat un das nur Ayn. Muss man so sagen: er hattein … und nicht: er issein … (Körper/fekt). Ihn charakterisiert das Haben, nicht das Sein. In dem „Was hass du?“, mit dem er sich fiktiv befragt, gibt es etwas Verkündendes, fiktiv, da er die Antwort immer schon hat. Ich hab’s, das ist sein einziges Sein. Was der sogenannte epistemische S…stall tut, wenn er sich daran macht, die Welt zu erschüttern, ist dies, dass er dem Sein den Vorrang vor dem Haben gibt, wo das Wahre doch darin besteht, dass LOM hat, von Anfang an. Warum? Das spürt man, und einmal gespürt, lässt es sich beweisen.
Er hat (sogar seinen Körper), und zwar deshalb, weil er gleichzeitig drei, nennen wir es, Ordnungen angehört. Was dadurch bezeugt wird, dass er quasselt, um sich mit der Sphäre zu befassen, aus der er sich ein escabeau machen kann.
Ich sage das, um mir eins daraus zu machen, dadurch nämlich, dass ich die Sphäre stürzen lasse, die bislang von der Höhe des escabeau nicht zu entthronen ist. Deshalb beweise ich, dass das S.K.beau primär ist, da es der Produktion der Sphäre präsidiert.
Das S.K.beau ist das, was beim Menschen dadurch bedingt ist, dass er vom Sein lebt (= dass er das Sein leert)5, in dem Maße, wie er hat – wie er seinen Körper hat: er hat ihn von nirgendwo anders her als von da. Deshalb mein Ausdruck parlêtre6, der sich an die Stelle von Freuds Ubw setzen soll (Unbewusstes, lese man das): rück |[566] zur Seite, da will ich ja hin. Um zu sagen, das Unbewusste bei Freud, als er es entdeckt (entdeckt wird etwas mit einem Schlag, nach der Erfindung muss man aber noch das Inventar aufnehmen), das Unbewusste ist ein Wissen, insofern es gesprochen wird, als etwas, das für LOM konstitutiv ist. Wobei sich das Sprechen wohlverstanden dadurch definiert, dass es der einzige Ort ist, an dem das Sein einen Sinn hat. Wobei der Sinn von Sein der ist, dem Haben vorzustehen, worin das epistemische Gestammel seine Entschuldigung findet.
Das Wichtige – von welchem, wie man sagt, „Gesichts“-Punkt aus ist das zu diskutieren? –, was also wichtig ist, ohne zu präzisieren, von wo aus, ist dies, sich klarzumachen, dass LOM einen Körper hat – und dass der Ausdruck richtig bleibt, obgleich LOM daraus abgeleitet hat, dass er eine Seele ist, womit er, wohlverstanden, „angesichts“ seiner Schielerei übersetzt hat, dass er auch sie, diese Seele, hat.
Haben meint, dass man damit etwas machen kann. Unter anderem, unter anderen möglich genannten Havisionen, dass sie immer suspendiert werden „können“. Dabei ist die einzige Definition des Möglichen die, dass es auch nicht „statthaben“ kann: was man vom entgegengesetzten Ende her auffasst, angesichts der allgemeinen Verkehrung dessen, was man Denken nennt.
Aristoteles, dem’s nicht ums Faken ging, im Gegensatz zu B, der sich darauf reimt, schreibt, dass der Mensch mit seiner Seele denkt. Womit sich beweisen ließe, dass LOM sie hat, auch sie, was Aristoteles mit νους übersetzt. Was mich angeht, so begnüge ich mich damit, zu sagen: Knoten, weniger Getöse. Knoten von was mit was, das sag ich nicht, da ichs nicht weiß, ich mach mir aber zu Nutze, dass LOM, seit er auf die Welt gemacht wurde, nicht aufhören kann, Trinitarisches zu schreiben. Ohne dass die Vorliebe von Victor Cousin für Triplizität hierzu etwas beiträgt: aber warum nicht, wenn er mag, denn der sens, der Sinn, ist hier jedenfalls drei; ich meine, der bon sens. Um ihn nicht zu verlieren, diesen bond du sens, diesen Sinnsprung, habe ich soeben behauptet, dass man festhalten muss, dass der Mensch einen Körper hat, dass er also mit seinem Körper spricht, anders gesagt, das parlêtre spricht von Natur aus. Auf solche Weise aufgetaucht als Hauptstück der Kunst, denaturiert er sich im selben Zug, durch den er das Natürliche zu seinem Ziel macht, zum Ziel der Kunst, so wie er sich, naiv, das Natürliche vorstellt. Zum Unglück ist gerade dies sein Natürliches: nicht erstaunlich, dass er nur als Symptom daran rührt. Joyce le symptôme treibt mit seinem Kunstgriff die Dinge so weit, dass man sich fragt, ob er nicht der Heilige ist, le saint homme, ob das p darin noch explodiert. Gott sei Dank – denn ihm schuldet man es, diesem Willen nämlich, den man ihm unterstellt (von daher, dass man in seinem Herzen weiß, dass er nicht ex-sistiert) –, Joyce ist kein Heiliger. Dafür joyct er zu sehr das S.K.beau, auf seine Kunst reicht sein Kunstolz bis zur Neige.
[567] Um die Wahrheit zu sagen, einen Heiligen an sich gibt es nicht, es gibt nur das Begehren, an dem herumzubasteln, was man hier den Weg nennt, den kanonischen Weg. Von daher ptomt man gelegentlich auf die Kanonisierung der Kirche, die sich damit ein wenig auskennt, so dass sie sich darin wiedererpennt, in allen anderen Fällen sich jedoch ins Knie f…t. Denn es gibt, dem Willen der Heiligen zum Trotz, keinen kanonischen Weg, der zur Heiligkeit führt, keinen Weg, der sie spezifiziert, der aus den Heiligen eine Spezies macht. Es gibt nur die scabeaustration, die Kastration des escabeau wird jedoch nur durch die Eskapade erreicht. Einen Heiligen gibt es nur, wenn man keiner sein will, wenn man auf sie verzichtet, auf die Heiligkeit.
Das ist das, was Joyce als Hauptstück der Kunst einzig beibehält: denn aus der Kunst lässt er das Haupt in diesem Bloom auftauchen, der sich entfremdet, um seine Farcen aus Flower und aus Henry zu machen (wie der Henry von nebenan, der Henry für die Damen). Wenn tatsächlich nur besagte Damen darüber lachen, beweist dies, dass Bloom ein Heiliger ist. Dass der Heilige darüber lacht, das sagt alles. Bloom wird nach seinem Tod die Blumen sprießen lassen, auch wenn er über den Friedhof nicht lacht. Denn da ist sein Bestimmungsort, den er scheißbitter findet, nein Dante, wohlwissend, dass er daran nichts ändern kann.
Joyce selbst wollte nichts haben außer dem escabeau des meisterlichen Sagens, und das genügt dafür, dass er kein ganz einfacher saint homme ist, sondern das ptypisierte Symptom.
Wenn er den Bloom seiner Phantasie henrydikülisiert, dann um zu beweisen, dass das, was er schließlich hat, wenn er derart mit Anzeigen herumspachtelt, nicht viel wert ist, da es auf diese Weise erreicht wurde.
Wenn er sogar seinen Körper zu billig macht, beweist er damit, dass „LOM hat einen Körper“ nichts bedeutet, solange er dafür nicht alle anderen den Zehnten zahlen lässt.
Ein Weg, den die Bettelmönche gebahnt haben: sie überlassen sich der öffentlichen Wohltätigkeit, die für ihren Unterhalt zahlen soll. Wobei allerdings bleibt, dass LOM (L. O. M. geschrieben) seinen Körper hat, für den gesorgt werden muss, der unter anderem zu bekleiden ist. Der hoffnungslose Versuch, den die Gesellschaft macht, dass LOM nicht nur einen Körper hat, steht auf einem anderen Blatt: natürlich dem Scheitern geweiht, dazu, offensichtlich zu machen, dass, wenn er einhat, er keinen weiteren hat, obwohl er aufgrund seines parlêtre über einen anderen verfügt, ohne dass es ihm gelingt, ihn zu seinem zu machen.
Was ihm nicht in den Sinn käme, so nehmen wir an, wenn er der Körper, den er hat, wirklich wäre. Das läuft nur auf die alberne Theorie hinaus, die die Realität des Körpers nicht in die Idee legen will, die ihn macht. Eine, wie man weiß, aristotelische Litanei. Welche Erfahrung – man müht sich ab, sich das vorzustellen – hat ihn bloß daran hindern können, zu platonisieren, d.h. wie jedermann dem |[568] Tod durch die Annahme zu trotzen, die Idee genüge, um ihn zu reproduzieren, diesen Körper. „Mit ihm zig Hosen?“, fragt Molly Bloom, in deren Reichweite das umso weniger gelangt war, als sie, ohne es sich zu sagen, bereits da war. Wie so viele Dinge, an die man glaubt, ohne an ihnen zu kleben: die Reserve-escabeaux, ein Vorrat, aus dem jeder schöpft.
Dass es einen Menschen gab, der davon träumte, diesen Vorrat ganz durchzugehen und die allgemeine Formel des escabeau zu liefern, das ist das, was ich „Joyce das Symptom“ nenne. Denn diese Formel hat er nicht gefunden, da er hierzu nicht die geringste Vermutung hatte. Sie lag jedoch bereits überall herum, in Gestalt des Ubw, das ich vom parlêtre festhalte.
Joyce, durch seinen Namen prädestiniert, überließ den Platz Freud, bei dem es nicht weniger mitklang. Es braucht die Leidenschaft eines Ellmann, um von daher über Freud ein Kreuz zu schlagen: pace tua werde ich Ihnen die Seite nicht angeben, mich drängt die Zeit, ich habe es heilig. Die Funktion der Hast ist bei Joyce offenkundig. Was er nicht sieht, ist die durch die Hast bestimmte Logik.
Seine Verdienste sind umso größer, als er sie in der Weise zeichnet, dass sie aus seiner Kunst gemacht sind, dass ein eaube jeddard wie Ulysses ein jet d’art, ein Wurf der Kunst7, auf die eaube Szene der Logik ist; das lässt sich darin lesen, dass sie das Unbewusste nicht abpaust, sondern, indem sie es vaterminiert, davon das Modell liefert und den Vater der Zeit produziert, den ballischen Floom, den Xinbad den Phtarin, worauf der Symdbad des Symdptoms hinausläuft, wo Joyce sich in Stephens Deedalus den notwendigen Sohn anerkennt, was nicht aufhört, geschrieben zu werden, von daher, dass er sich, doch ohne hissecroiebeau, vom Hamlet-Hystörchen her begreift, die in seinem Gehörnten Heiligen Vater, durch das Ohr vergiftet, Zeugma, hysterisiert ist und durch sein Symptom der Frau, ohne dass er mehr tun könnte, als in Claudius das Gspusymptom zu töten, um den Platz dem Ersatz zu überlassen, der so fort ihn presst in alle Vaternität.
Joyce bestreitet, dass sich in dem, was sich die Geschichte der Historiker als Gegenstand vornimmt, etwas ereignet.
Er hat recht, denn die Geschichte ist nicht mehr als eine Flucht, von der immer nur der Exodus erzählt wird. Durch sein Exil sanktioniert er die Ernsthaftigkeit seines Urteils. An der Geschichte haben nur die Deportierten teil: da der Mensch einen Körper hat, hat man ihn durch den Körper. Kehrseite des Habeas Corpus.
Lesen Sie die Geschichte wieder: das ist alles, was in Wahrheit darin zu lesen ist. Diejenigen, die glauben, im Durcheinander der Geschichte einer Sache zu dienen, sind gleichfalls Deplatzierte, durch ein Exil, für das sie sich entschieden haben, gewiss, das sie jedoch blendet, da sie sich ein escabeau draus machen.
[569] Joyce ist der erste, der gut zu eskabotieren weiß, da er das escabeau zum Grad der logischen Konsistenz erhoben hat, auf dem er es aufrechterhält, auf kunstolze Weise, wie ich eben gesagt habe.
Lassen wir das Symptom sein, was es ist: ein Körperereignis, gebunden an dies: l’on l’a, l’on l’a de l’air, l’on l’aire, de l’on l’a – wir haben ihn, wir haben ihn aus der Luft, wir lassen die Melodie sich einnisten, von dem, was wir haben. Gelegentlich wird’s gesungen, und Joyce versagt sich das nicht.
So ist es möglich, dass Individuen, die Aristoteles für Körper hält, selbst nichts als Symptome im Verhältnis zu anderen Körpern sind. Eine Frau zum Beispiel ist Symptom eines anderen Körpers.
Sollte das nicht der Fall sein, bleibt sie das Symptom, das man hysterisch nennt, womit man sagen will: ein letztes. Nämlich paradoxerweise, dass sie nur an einem anderen Symptom interessiert ist: es nimmt also nur die vorletzte Stelle ein und ist überdies nicht Vorrecht einer Frau, obgleich man, wenn man das Schicksal von LOM als parlêtre zu ermessen weiß, versteht, von woher sie sich symptomatisiert. Ausgehend von Hysterikerinnen, von hysterischen Symptomen von Frauen (nicht alle so, gewiss, da sie ja von daher, nicht alle (so) zu sein, als diejenigen notiert werden, Frauen bei LOM zu sein, von daher, dass man ihn hat), ausgehend von Symptom-Hysterikerinnen konnte die Analyse in der Erfahrung Fuß fassen.
Nicht ohne von vornherein anzuerkennen, dass jedermensch hierauf ein Recht hat.
Nicht nur Recht, sondern Überlegenheit, offenkundig gemacht durch Sokrates, zu einer Zeit, als der gemeine LOM sich noch nicht, und mit Grund, auf Kanonenfutter reduzierte, auch wenn er von der Deportation von Körper und Sympthomme bereits erfasst war. Sokrates, perfekter Hysteriker, war fasziniert vom bloßen Symptom, beim anderen im Fluge erhascht. Das brachte ihn dazu, eine Art Vorform der Analyse zu praktizieren. Hätte er Geld dafür verlangt, statt mit den Leuten, denen er Geburtshilfe leistete, rumzuhängen, wäre er Analytiker gewesen, freudianisch avant la lettre. Ein Genie, oder?
Das hysterische Symptom, ich fasse zusammen, ist für LOM das Symptom, am Symptom des anderen als solchem Interesse zu haben: wofür die Körper-Körper-Beziehung nicht erforderlich ist. Der Fall Sokrates bestätigt das auf exemplarische Weise.
Verzeihen Sie, all dies ist nur dazu da, um Genaueres über Joyce zu sagen, über seinen Platz.
Joyce hält sich hierbei nur insofern für eine Frau, als er sich als Symptom voll entfaltet. Eine gut orientierte Idee, wenn auch in der Schlusskadenz gescheitert. Ich möchte sagen, er ist Symptomatologie. Das hieße zu vermeiden, ihn mit dem Namen zu nennen, der auf seinen Wunsch antwortet, den er in Finnegans Wake, Seite 162 (und 509), als Tour de Farce bezeichnet, wo er ihn ganz richtig mit List des Schicksals an der Macht bezeichnet, was er von Verdi nahm, bevor man ihn uns verabreicht8.
[570] Dass Joyce es genossen hat, Finnegans Wake zu schreiben, das spürt man. Dass er es veröffentlicht hat, ich verdanke das dem, dass man mich darauf aufmerksam gemacht hat, das macht einen perplex, insofern es jede Literatur auflaufen lässt. Sie aufzuwecken, heißt ja zu unterschreiben, dass er ihr Ende wollte. Er schneidet dem Traum den Atem ab, dem Traum, der sich noch einige Zeit hinziehen wird. Die Zeit, dies es braucht, dass man sich darüber klar wird, dass er nur von der Funktion der Hast in der Logik abhängt. Ein Punkt, den ich hervorgehoben habe, sicherlich deshalb, weil nach Joyce, den ich kennengelernt habe, als ich zwanzig war, etwas zu durchstoßen ist in dem Toilettenpapier, auf dem die Buchstaben sich abzeichnen, wenn man sich darum bemüht, für die Rektion des Körpers zu kritzeln, für die Korporektionen, worüber er das letzte bekannte Wort mit Dayzenz sagt, der Sinn des ans Tageslicht gebrachten literarischen Symptoms, das endlich zur Konsummzion gekommen ist. Nun ist die Spitze des Unbegreiflichen hier das escabeau, als dessen Meister man sich zeigt. Ich bin hinreichend Meister von Lalangue, der französischen, wie man sagt, um hier selbst zu etwas gekommen zu sein, was von daher fasziniert, dass es das dem Symptom eigene Genießen bezeugt. Undurchsichtiges Genießen, da es den Sinn ausschließt.
Geahnt hat man es seit langem. Post-joycianisch zu sein, heißt, es zu wissen. Ein Erwachen gibt es nur durch dieses Genießen, und das heißt, ein Genießen, das von daher entwertet ist, dass die Analyse, um es zu aufzulösen, auf den Sinn zurückgreift, ein solches Genießen hat keine andere Chance, dahin zu gelangen als die, dass sie sich zur Betrogenen … des Vaters macht, wie ich aufgezeigt habe.
Das Außergewöhnliche ist, dass Joyce dies zwar nicht ohne Freud erreicht hat (auch wenn es nicht genügt, dass er ihn gelesen hat), jedoch ohne Rückgriff auf die Erfahrung der Analyse (die ihn vielleicht mit einem flachen Ende getäuscht hätte).
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Neo Rauch, Mann auf der Stehleiter (2015), Neonlichtskulptur, 10 m hoch
Deutscher Bundestag, Berlin, Paul-Löbe-Haus, Spreeufer
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Französisch/deutsch mit erläuternden Anmerkungen
Das Schema der vergleichenden Satz-für-Übersetzung ist:
(1) Französischer Satz. Hier verweisen Zahlen in eckigen Klammern auf die Seitenzahlen der Veröffentlichung von Joyce le Symptôme II in Lacans Autres écrits (Le Seuil, Paris 2001). „[565]“ meint: hier beginnt S. 565 der Autres écrits.
(2) Hinweise zum französischen Vokabular, vor allem Aufschlüsselung von Mehrdeutigkeiten. „(NP)“ meint: „Neologismus mit phonetisierender Schreibweise“.
(3) Deutscher Satz, also die Übersetzung.
(4) Fußnoten mit einigen Erläuterungen zum Text.
[Einschübe in runden Klammern sind von Lacan, Einschübe in eckigen Klammern vom Übersetzer.]
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift - etwa [565] – verweisen auf J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001.
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[565] Joyce le Symptôme à entendre comme Jésus la Caille : c’est son nom.
Joyce das Symptom, zu hören wie Jésus la Caille2: das ist sein Name.9
Pouvait-on s’attendre à autre chose d’emmoi : je nomme.
– d’emmoi (NP): de moi (von mir) + émoi (Erregung)
Konnte man erwarten, dass ich, ach, andres tue: je nomme, ich benenne.10
Que ça fasse jeune homme est une retombée d’où je ne veux retirer qu’une seule chose.
– „jeune homme“ ist fast lautgleich mit „je nomme“
Dass dies jeune homme ergibt, junger Mann, ist ein Niederschlag, aus dem ich nur eins herausziehen will.11
C’est que nous sommes z’hommes. [Absatz]
– z’hommes: phonetische Schreibung von „hommes“ nach „sommes“. Das h von hommes ist ein sogenanntes stummes h, d.h. der geschriebene Konsonant am Ende des vorangehenden Worts – das Schluss-s von sommes – wird ausgesprochen und mit dem o von hommes verbunden, was phonetisch [sɔmzɔm] ergibt. Die phonetische Schreibung „z’hommes“ betont das Sprechen gegenüber dem Schreiben und soll vielleicht darauf hinweisen, dass Menschen sprechende Wesen sind.
Dass wir Menschen sind. [Absatz]
LOM : en français ça dit bien ce que ça veut dire.
– LOM (NP): (a) als Wort gesprochen lautgleich mit „l’homme“, (b) buchstabiert gelesen „El-O-Em“ = „Elohim“, im Französischen wie im Deutschen der Ausdruck für das hebräische Wort „Elohim“ (Gott)
LOM3: im Französischen sagt das genau das, was es bedeutet.12
Il suffit de l’écrire phonétiquement : ça le faunétique (faun…), à sa mesure : l’eaubscène.
– faunétique (NP): phonétiquer (phonetisieren) + phonétique (Phonetik) + faune (Faun)
– l’eaubscène (NP): l’obscène (das Obszöne) + l’eau (das Wasser) + scène (Szene) + l’aube-scène (die Morgendämmerungsszene)
Es genügt, es phonetisch zu schreiben: dadurch wird es angemessen Weise faunetisiert (faun…): das Obszöne.13
Écrivez ça eaub… pour rappeler que le beau n’est pas autre chose.
– eaub (NP): eau (Wassser) + aube (Morgendämmerung)
Schreiben Sie hier: das Eaubszöne, um daran zu erinnern, dass das Schöne, le beau, nichts anderes ist als eben dies.14
Hissecroibeau à écrire comme l’hessecabeau sans lequel hihanappat qui soit ding! d’nom dhom.
– Hissecroibeau (NP): il se croit beau (er hält sich für schon) + y se croit beau (hält sich da für schön) + hisser (hochziehen, hissen)
– l’hessecabeau (NP): esse (lat. „sein“) + cas (Fall) + beau (schön)+ est-ce cas beau? (ist das ein schöner Fall?) + est-ce cabot ? (ist das ein Wichtigtuer?)+ escabeau (Trittleiter, Stehleiter, Schemel)
– hihanappat (NP): y en n’a pas (es gibt nicht davon) + appât (Köder)+ hihan (i-a, Schrei des Esels)
– ding ! (NP): Ding (das deutsche Wort) + dingue (Verrückter) + der Klang „ding“ (onomatopoetisch)+ digne (würdig)
– dhom (NP): d’homme (des Menschen)
- ding! d’nom dhom: Anspielung auf „digue don don digue don daine“, lautmalerische Wendung in einigen Volksliedern
Hissecroibeau, zu schreiben wie das hessecasbeau4, ohne den gips iah keinn, der mit Ding!ität den Nahm Mänsch träkt.15
LOM se lomellise à qui mieux mieux.
– lomellise (NP): l’homélie (Predigt) + lise (3. Pers. Sg. Subjunktiv von liser, lesen)
LOM lomellisiert sich immer noch eins besser.
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Mouille, lui dit-on, faut le faire : car sans mouiller pas d’hessecabeau. [Absatz]
- mouille: von „mouiller“, nass machen, schwitzen
Schwitzen muss sein, sagt man ihm, ohne Nasswerden kein hessecabeau.16 [Absatz]
LOM, LOM de base, LOM cahun corps et nan-na Kun.
– L’homme de base: Militärischer Fachbegriff: in einer Truppe die Bezugsperson, an der die anderen sich orientieren, in der Regel der größte.
– LOM cahun (NP) corps: l’homme qu’a un corps (der Mensch, der einen Körper hat)
- cahun: lautgleich mit „cahin“ in „cahin caha“ (mühsam)
– et nan-na Kun (NP): et n’en a qu’un (und hat davon nur einen) + na (japanisches Kanji für „Name“) + kun (japanische Anrede für ein männliches Wesen, das jünger ist als der Sprecher oder gleichalt, oder für einen sehr guten Freund („alter Knabe“))
LOM, Basis-LOM, der Mensch, der n Kör pah hat un das nur Ayn.17
Faut le dire comme ça : il ahun … et non : il estun… (cor/niché).
– il ahun (NP): il a un (er hat einen)
– il estun (NP): il est un (er ist einer)
– cor/niché (NP): corps (Körper) + corniche (Felsvorsprung) + nicher (hausen, wohnen)
- il estun… (cor/niché): Anspielung auf „il est un cornichon“ (er ist ein Esel, wörtlich „er ist ein Gürkchen“)
Muss man so sagen: er hattein … und nicht: er issein … (Körper/fekt).
C’est l’avoir et pas l’être qui le caractérise.
Ihn charakterisiert das Haben, nicht das Sein.18
Il y a de l’avoiement dans le qu’as-tu? dont il s’interroge fictivement d’avoir la réponse toujours.
– avoiement: (a) etwas, das auf den Weg von etwas bringt, (b) pffentliche Erklärung + avoir (haben)
In dem „Was hass du?“, mit dem er sich fiktiv befragt, gibt es etwas Verkündendes, fiktiv, da er die Antwort immer schon hat.
J’ai ça, c’est son seul être.
Ich hab’s, das ist sein einziges Sein.
Ce que fait le f…toir dit épistémique quand il se met à bousculer le monde, c’est de faire passer l’être avant l’avoir, alors que le vrai, c’est que LOM a, au principe.
– f…toir: foutoir (Saustall, Durcheinander)
Was der sogenannte epistemische S…stall tut, wenn er sich daran macht, die Welt zu erschüttern, ist dies, dass er dem Sein den Vorrang vor dem Haben gibt, wo das Wahre doch darin besteht, dass LOM hat, von Anfang an.
Pourquoi ?
Warum?
Ça se sent, et une fois senti, ça se démontre. [Absatz]
Das spürt man, und einmal gespürt, lässt es sich beweisen.19 [Absatz]
Il a (même son corps) du fait qu’il appartient en même temps à trois… appelons ça, ordres.
Er hat (sogar seinen Körper), und zwar deshalb, weil er gleichzeitig drei, nennen wir es, Ordnungen angehört.20
En témoignant le fait qu’il jaspine pour s’affairer de la sphère dont se faire un escabeau. [Absatz]
- „s’affairer“ (sich stark mit etwa beschäftigen) ist lautähnlich mit „sphère“ (Sphäre, Kugel); „sphère“ enthält, als Lautfolge, „faire“
Was dadurch bezeugt wird, dass er quasselt, um sich mit der Sphäre zu befassen, aus der er sich ein escabeau machen kann.21 [Absatz]
Je dis ça pour m’en faire un, et justement d’y faire déchoir la sphère, jusqu’ici indétrônable dans son suprême d’escabeau.
– pour m’en faire un: (a) um ihn fertig zu machen, (b) um mir einen daraus zu machen
– suprême d’escabeau: analog zu „suprême d’orange“ (Orangenfilet), „suprême de poisson“ (Fischfilet).
Ich sage das, um mir eins daraus zu machen, dadurch nämlich, dass ich die Sphäre stürzen lasse, die bislang von der Höhe des escabeau nicht zu entthronen ist.
Ce pourquoi je démontre que l’S.K.beau est premier parce qu’il préside à la production de sphère. [Absatz]
– Ce pourquoi: C’est pourquoi (aus diesem Grunde) + ce pour quoi (zu diesem Zweck)
– S.K.beau (NP): escabeau + S (vermutlich für signifiant, Signifikant) + beau (schön)
– premier, préside, production: dreimal „pr“; in „pourquoi“ und „parce“ gibt es einen ähnlichen Klang
Deshalb beweise ich, dass das S.K.beau primär ist, da es der Produktion der Sphäre präsidiert.22 [Absatz]
L’S.K.beau c’est ce que conditionne chez l’homme le fait qu’il vit de l’être ( = qu’il vide l’être) autant qu’il a – son corps : il ne l’a d’ailleurs qu’à partir de là.
– „il vit de l’être“ (er lebt vom Sein) ist lautgleich mit „il vit de lettre“ (er lebt vom Buchstaben)
– „il vit de l’être“ (er lebt vom Sein) und „il vide l’être“ (er leert das Sein) sind lautgleich.
Das S.K.beau ist das, was beim Menschen dadurch bedingt ist, dass er vom Sein lebt (= dass er das Sein leert)23, in dem Maße, wie er hat – wie er seinen Körper hat: er hat ihn von nirgendwo anders her als von da.24
D’où mon expression de parlêtre qui se substituera à l’ICS de Freud (inconscient, qu’on lit ça) : pousse-toi | [566] de là que je m’y mette, donc.
– parlêtre (NP): parler (sprechen) + être (Sein, Wesen)
– ICS: Abkürzung von „inconscient“ (Unbewusstes), analog zur deutschen Abkürzung „Ubw“. Als Wort ausgesprochen, hört man „x“.
- inconcient, qu’on lit ça: (a) Unbewusstes, so zu lesen, (b) man liest es unbewusst
Deshalb mein Ausdruck parlêtre6, der sich an die Stelle von Freuds Ubw setzen soll (Unbewusstes, lese man das): rück zur Seite, da will ich ja hin.25
Pour dire que l’inconscient dans Freud quand il le découvre (ce qui se découvre c’est d’un seul coup, encore faut-il après l’invention faire l’inventaire), l’inconscient c’est un savoir en tant que parlé comme constituant de LOM.
– „découvre“ (entdecken) enthält (gesprochen „coup“ (Schlag)
– inconscient, invention, inventaire, inconscient: viermal „in-“. Das „in“ wird im Französischen häufig wie das „un“ ausgesprochen (siehe etwa hier).
Um zu sagen, das Unbewusste bei Freud, als er es entdeckt (entdeckt wird etwas mit einem Schlag, nach der Erfindung muss man aber noch das Inventar aufnehmen), das Unbewusste ist ein Wissen, insofern es gesprochen wird, als etwas, das für LOM konstitutiv ist.26
La parole bien entendu se définissant d’être le seul lieu, où l’être ait un sens.
- „l’être ait un sens“ (das Sein hat einen Sinn) ist lautgleich mit „l’être est un sens“ (das Sein ist ein Sinn)
Wobei sich das Sprechen wohlverstanden dadurch definiert, dass es der einzige Ort ist, an dem das Sein einen Sinn hat.27
Le sens de l’être étant de présider à l’avoir, ce qui excuse le bafouillage épistémique. [Absatz]
Wobei der Sinn von Sein der ist, dem Haben vorzustehen, worin das epistemische Gestammel seine Entschuldigung findet.28 [Absatz]
L’important, de quel point – il est dit « de vue », c’est à discuter? ce qui importe donc sans préciser d’où, c’est de se rendre compte que de LOM a un corps – et que l’expression reste correcte, – bien que de là LOM ait déduit qu’il était une âme – ce que, bien entendu, « vu » sa biglerie, il a traduit de ce que cette âme, elle aussi, il l’avait. [Absatz]
Das Wichtige – von welchem, wie man sagt, „Gesichts“-Punkt aus ist das zu diskutieren? –, was also wichtig ist, ohne zu präzisieren, von wo aus, ist dies, sich klarzumachen, dass LOM einen Körper hat – und dass der Ausdruck richtig bleibt, obgleich LOM daraus abgeleitet hat, dass er eine Seele ist, womit er, wohlverstanden, „angesichts“ seiner Schielerei übersetzt hat, dass er auch sie, diese Seele, hat.29 [Absatz]
Avoir, c’est pouvoir faire quelque chose avec.
- Dieser Satz ist ein Alexandriner.
Haben meint, dass man damit etwas machen kann.30
Entre autres, entre autres avisions dites possibles de « pouvoir » toujours être suspendues.
– avision (NP): avoir + a (Negation) + vision (Sicht, Vision)+ aviser (lit. „erblicken“)
- „pouvoir“ (Macht, können) enthält „voir“ (sehen)
Unter anderem, unter anderen möglich genannten Havisionen, dass sie immer suspendiert werden „können“.31
La seule définition du possible étant qu’il puisse ne pas « avoir lieu » : ce qu’on prend par le bout contraire, vu l’inversion générale de ce qu’on appelle la pensée. [Absatz]
Dabei ist die einzige Definition des Möglichen die, dass es auch nicht „statthaben“ kann: was man vom entgegengesetzten Ende her auffasst, angesichts der allgemeinen Verkehrung dessen, was man Denken nennt.32 [Absatz]
Aristote, Pacon contrairement au B de même rime, écrit que l’homme pense avec son âme.
– Pacon (NP): pas con (kein Trottel); Wortspiel mit pas con / Bacon
- Pacon contrairement: Anspielung auf „il est un peu con-con“ (er ist ein Dummerchen)
- con: Möse
– B de même rime: „B mit demselben Reim“ (wie Pacon), also Bacon (der Philosoph Francis Bacon)
Aristoteles, dem’s nicht ums Faken ging, im Gegensatz zu B, der sich darauf reimt, schreibt, dass der Mensch mit seiner Seele denkt.
En quoi se prouverait que LOM l’a, elle aussi, ce qu’Aristote traduit du νους.
Womit sich beweisen ließe, dass LOM sie hat, auch sie, was Aristoteles mit νους übersetzt.33
Je me contente moi de dire : nœud, moins de barouf.
- contente: enthält „con“, Möse
- nœud: „Knoten“, auch vulgär für „Eichel“ oder „Penis“
Was mich angeht, so begnüge ich mich damit, zu sagen: Knoten, weniger Getöse.34
Nœud de quoi à quoi, je ne le dis pas, faute de le savoir, mais j’exploite que trinité, LOM ne peut cesser de l’écrire depuis qu’il s’immonde.
- trinité: „la Trinité“ ist die Dreifaltigkeit, hier ohne Artikel und kleingeschrieben
– il s‘immonde (NP): immonde (schmutzig) + monde (Welt) + s’y (sich hier)
Knoten von was mit was, da sag ich nicht, da ichs nicht weiß, ich mach mir aber zu Nutze, dass LOM, seit er auf die Welt gemacht wurde, nicht aufhören kann, Trinitarisches zu schreiben.35
Sans que la préférence de Victor Cousin pour la triplicité y ajoute : mais va pour, s’il veut, puisque le sens, là c’est trois ; le bon sens, entends-je. [Absatz]
- bon sens: (a) gesunder Menschenverstand, (b) richtiger Sinn
Ohne dass die Vorliebe von Victor Cousin für Triplizität hierzu etwas beiträgt: aber warum nicht, wenn er mag, denn der sens, der Sinn, ist hier jedenfalls drei; ich meine, der bon sens.36 [Absatz]
C’est pour ne pas le perdre, ce bond du sens, que j’ai énoncé maintenant qu’il faut maintenir que l’homme ait un corps, soit qu’il parle avec son corps, autrement dit qu’il parlêtre de nature.
– bond du sens: bond du sens (Sprung des Sinns) + (lautgleich) bon du sens (Gute des Sinns, vgl. „bon sens“ im vorigen Satz)
– il parlêtre de nature: „il parle, être de nature“: er spricht von Natur aus; „il parle être de natur“: er spricht Sein von Natur aus
– maintenant, maintenir: zweimal „mainten-“, vielleicht in Anspielung auf „main“, Hand.
Um ihn nicht zu verlieren, diesen bond du sens, diesen Sinnsprung, habe ich soeben behauptet, dass man festhalten muss, dass der Mensch einen Körper hat, dass er also mit seinem Körper spricht, anders gesagt, das parlêtre spricht von Natur aus.37
Ainsi surgi comme tête de l’art, il se dénature du même coup, moyennant quoi il prend pour but, pour but de l’art le naturel, tel qu’il l’imagine naïvement.
– tête de l’art: tête de l’art (Gipfel der Kunst) + tête de lard (Speckkopf). „Speckkopf“ ist eine Speise (Schweinekopf) und ein Schimpfwort für jemanden, der etwas engstirnig ist, im Deutschen: „Dickkopf“
Auf solche Weise aufgetaucht als Hauptstück der Kunst, denaturiert er sich im selben Zug, durch den er das Natürliche zu seinem Ziel macht, zum Ziel der Kunst, so wie er sich, naiv, das Natürliche vorstellt.
Le malheur, c’est que c’est le sien de naturel : pas étonnant qu’il n’y touche qu’en tant que symptôme.
Zum Unglück ist gerade dies sein Natürliches: nicht erstaunlich, dass er nur als Symptom daran rührt.
Joyce le Symptôme pousse les choses de son artifice au point qu’on se demande s’il n’est pas le Saint, le saint homme à ne plus p’ter.
– artifice: Kunstgriff, von lateinisch „artificium“ (Geschicklichkeit, Kunstwerk, Handwerk, Trick)
– symptôme: aus griechisch „symptôma“, vom Verb „sympiptô“ (fällt zusammen) und „sym“ (zusammen) und „piptô“ (fällt)
– saint homme: „heiliger Mann“, lautähnlich mit „sinthome“ (alte Schreibweise für „symptôme“) und mit „Saint Thome“ (Heiliger Thom[as])
– p’ter: Anspielung auf péter (explodieren, furzen)
Joyce le symptôme treibt mit seinem Kunstgriff die Dinge so weit, dass man sich fragt, ob er nicht der Heilige ist, le saint homme, ob das p darin noch explodiert.38
Dieu merci car c’est à lui qu’on le doit, soit à ce vouloir qu’on lui suppose (de ce qu’on sait dans son cœur qu’il n’ex-siste pas) Joyce n’est pas un Saint.
– c’est à lui: auffällig ist, das „lui“, das sich hier auf Gott bezieht, hier nicht wie üblich großgeschrieben wird
Gott sei Dank – denn ihm schuldet man es, diesem Willen nämlich, den man ihm unterstellt (von daher, dass man in seinem Herzen weiß, dass er nicht ex-sistiert) –, Joyce ist kein Heiliger.39
Il joyce trop de l’S.K.beau pour ça, il a de son art art-gueil jusqu’à plus soif. [Absatz]
– joyce (NP): Verb „joycer“ (NP) aus „joy“ (engl. Freude) und „Joyce“; Anspielung auf „jouissance“ (Lust, Genießen); Anspielung auf das Verb „jouir“, Lust empfinden, genießen
– art-gueil (NP): art (Kunst) + orgeuil (Stolz)
– jusqu’à plus soif: Anspielung auf den Ausdruck „avoir qc jusqu’à plus soif“, über etwas verfügen (wörtlich: von etwas so viel haben, dass man keinen Durst mehr hat); „soif“ (Durst) spielt auf das Genießen oder auf das Begehren an
Dafür joyct er zu sehr das S.K.beau, auf seine Kunst reicht sein Kunstolz bis zur Neige. [Absatz]
[567] A vrai dire il n’y a pas de Saint-en-soi, il n’y a que le désir d’en fignoler ce qu’on appelle la voie, voie canonique.
– „voie“ (Weg), gleichlautend mit „voix“ (Stimme)
– „voie canonique“, anklingend an „voix“ (Stimme) und „canon“ (Kanon; Kanone)
Um die Wahrheit zu sagen, einen Heiligen an sich gibt es nicht, es gibt nur das Begehren, an dem herumzubasteln, was man hier den Weg nennt, den kanonischen Weg.40
D’où l’on ptôme à l’occasion dans la canonisation de l’Église, qui en connaît un bout à ce qu’elle s’y reconique, mais qui se f… le doigt dans l’œil dans tous les autres cas.
– ptôme (NP): „symptôme“ beruht auf dem griechischen Wort „syn-piptô“, zusammen-treffen; „ptômer“ müsste also „treffen“ heißen.– „tomber dans qc“: in etwas hineinfallen
– reconique (NP): re (wieder) + con (Dummkopf) + conique (Kegelabschnitt) + reconnaissance (Wiedererkennen) + niquer (ficken)
– f…: „se fourrer le doigt dans l’œil“, wörtlich: „sich den Finger ins Auge stecken“: sich täuschen, sich Illusionen machen; die Auslassungspunkte verweisen auf „se foutre le doigt dans l’œil“ (dieselbe Bedeutung, wörtlich „sich den Finger ins Auge ficken“)
Von daher ptomt man gelegentlich auf die Kanonisierung der Kirche, die sich damit ein wenig auskennt, so dass sie sich darin wiedererpennt, in allen anderen Fällen sich jedoch ins Knie f…t.41
Car il n’y a pas de voie canonique pour la sainteté, malgré le vouloir des Saints, pas de voie qui les spécifie, qui fasse des Saints une espèce.
– „vouloir des Saints“ (Wille der Heiligen), lautgleich mit „vouloir décent“ (anständiger Wille)
– Zahlreiche Assonanzen auf „s“: „qui les spécifie, qui fasse des Saints une espèce“
Denn es gibt, dem Willen der Heiligen zum Trotz, keinen kanonischen Weg, der zur Heiligkeit führt, keinen Weg, der sie spezifiziert, der aus den Heiligen eine Spezies macht.42
Il n’y a que la scabeaustration ; mais la castration de l’escabeau ne s’accomplit que de l’escapade.
– scabeaustration (NP): escabeau (Trittleiter, Stehleiter, Schemel) + castration (Kastration) + claustration (Einsperrung, etwa in ein „cloître“, ein Kloster)
– escapade: Eskapade, Flucht, Seitensprung, im Gegensatz zu „claustration“ (Einsperrung)
Es gibt nur die scabeaustration, die Kastration des escabeau wird jedoch nur durch die Eskapade erreicht.43
Il n’y a de Saint qu’à ne pas vouloir l’être, qu’à la sainteté y renoncer. [Absatz]
Einen Heiligen gibt es nur, wenn man keiner sein will, wenn man auf sie verzichtet, auf die Heiligkeit. [Absatz]
C’est ce que Joyce maintient seulement comme tête de l’art : car c’est de l’art qu’il fait surgir la tête dans ce Bloom qui s’aliène pour faire ses farces de Flower et d’Henry (comme l’Henry du coin, l’Henry pour les dames).
– tête de l’art: wörtlich „Kopf der Kunst“, Gipfel der Kunst, lautgleich mit „tête de lard“ (Speckkopf, Dickkopf)
– farce: (a) Posse, (b) Füllung
– l’Henry pour les dames: mit Spitznamen Henry
Das ist das, was Joyce als Hauptstück der Kunst einzig beibehält: denn aus der Kunst lässt er das Haupt in diesem Bloom auftauchen, der sich entfremdet, um seine Farcen aus Flower und aus Henry zu machen (wie der Henry von nebenan, der Henry für die Damen).44
Si en fait il n’y a que lesdites dames à en rire, c’est bien ce qui prouve que Bloom est un saint.
– dames à en rire: spielt an auf „dames à Henry“
Wenn tatsächlich nur besagte Damen darüber lachen, beweist dies, dass Bloom ein Heiliger ist.
Que le saint en rie, ça dit tout.
– le saint en rie: le saint en rie (der Heilige lacht darüber) + le Saint Henry (der Heilige Henry)
Dass der Heilige darüber lacht, das sagt alles.45
Bloom embloomera après sa mort quoique du cimetière il ne rie pas.
– embloomera (NP): Verb „embloomer“ (NP) aus: em- (in, hinein) + Bloom + embaumer (mit Wohlgeruch erfüllen; einbalsamieren)
– du cimetière: (a) über den Friedhof, (b) vom Friedhof her
Bloom wird nach seinem Tod die Blumen sprießen lassen, auch wenn er über den Friedhof nicht lacht.
Puisque c’est là sa destination, qu’il trouve amèredante, tout en sachant qu’il n’y peut rien. [Absatz]
– amèredante (NP): emmerdante (beschissen) + amère-dante (bitter + Dante)
Denn da ist sein Bestimmungsort, den er scheißbitter findet, nein Dante, wohlwissend, dass er daran nichts ändern kann. [Absatz]
Joyce, lui, voulait ne rien avoir, sauf l’escabeau du dire magistral, et ça suffit à ce qu’il ne soit pas un saint homme tout simple, mais le symptôme ptypé. [Absatz]
– „saint homme“ (heiliger Mann, Heiliger) und „symptôme“ sind lautgleich, bis auf das „p“ in „symptôme“; „simple“ wiederholt den Laut „saint“
– ptypé (NP): typer (charakterisieren) + p
Joyce selbst wollte nichts haben außer dem escabeau des meisterlichen Sagens, und das genügt dafür, dass er kein ganz einfacher saint homme ist, sondern das ptypisierte Symptom.46 [Absatz]
S’il Henrycane le Bloom de sa fantaisie, c’est pour démontrer qu’à s’affairer tellement de la spatule publicitaire, ce qu’il a enfin, de l’obtenir ainsi, ne vaut pas cher.
– Henrycane (NP): Henry + en ricaner (sich darüber lustig machen) + caner (Argot für „sterben“) + hurricane (das englische Wort für „Orkan“) + Henry Cane (der Geburtsname des Schriftstellers Herman Melville ist „Melville Henry Cane“)
Wenn er den Bloom seiner Phantasie henrydikülisiert, dann um zu beweisen, dass das, was er schließlich hat, wenn er derart mit Anzeigen herumspachtelt, nicht viel wert ist, da es auf diese Weise erreicht wurde.47
A faire trop bon marché de son corps même, il démontre que « LOM a un corps » ne veut rien dire, s’il n’en fait pas à tous les autres payer la dîme. [Absatz]
– faire marché de son corps: seinen Körper zu Markte tragen, sich prostituieren
– dîme: (a) der Zehnte, (b) nous dîmes (wir sagten), passé simple von „dire“
Wenn er sogar seinen Körper zu billig macht, beweist er damit, dass „LOM hat einen Körper“ nichts bedeutet, solange er dafür nicht alle anderen den Zehnten zahlen lässt.48[Absatz]
Voie tracée par les Frères mendiants : ils s’en remettent à la charité publique qui doit payer leur subsistance.
Ein Weg, den die Bettelmönche gebahnt haben: sie überlassen sich der öffentlichen Wohltätigkeit, die für ihren Unterhalt zahlen soll.49
N’en restant pas moins que LOM (écrit L.O.M.) ait son corps, à revêtir entre autres soins.
Wobei allerdings bleibt, dass LOM (L. O. M. geschrieben) seinen Körper hat, für den gesorgt werden muss, der unter anderem zu bekleiden ist.50
La tentative sans espoir que fait la société pour que LOM n’ait pas qu’un corps est sur un autre versant : vouée à l’échec bien sûr, à rendre patent que s’il en ahun, il n’en a aucun autre malgré que du fait de son parlêtre, il dispose de quelque autre, sans parvenir à le faire sien. [Absatz]
– ahun (NP): a un (hat einen)
Der hoffnungslose Versuch, den die Gesellschaft macht, dass LOM nicht nur einen Körper hat, steht auf einem anderen Blatt: natürlich dem Scheitern geweiht, dazu, offensichtlich zu machen, dass, wenn er einhat, er keinen weiteren hat, obwohl er aufgrund seines parlêtre über einen anderen verfügt, ohne dass es ihm gelingt, ihn zu seinem zu machen.51 [Absatz]
A quoi il ne songerait pas, on le suppose, si ce corps qu’il a, vraiment il l’était.
Was ihm nicht in den Sinn käme, so nehmen wir an, wenn er der Körper, den er hat, wirklich wäre.52
Ceci n’implique que la théorie bouffonne, qui ne veut pas mettre la réalité du corps dans l’idée qui le fait.
Das läuft nur auf die alberne Theorie hinaus, die die Realität des Körpers nicht in die Idee legen will, die ihn macht.53
Antienne, on le sait, aristotélienne.
Eine, wie man weiß, aristotelische Litanei.54
Quelle expérience, on se tue à l’imaginer, a pu là faire obstacle pour lui à ce qu’il platonise, c’est-à-dire défie la | [568] mort comme tout le monde en tenant que l’idée suffira ce corps à le reproduire.
Welche Erfahrung – man müht sich ab, sich das vorzustellen – hat ihn bloß daran hindern können, zu platonisieren, d.h. wie jedermann dem Tod durch die Annahme zu trotzen, die Idee genüge, um ihn zu reproduzieren, diesen Körper.
« Mes tempes si choses » interroge Molly Bloom à qui c’était d’autant moins venu à portée qu’elle y était déjà sans se le dire.
- mes tempes si choses: wörtlich „meine Schläfen so Dinge“, lautähnlich mit „métempsycose“ (Seelenwanderung); Anspielung auf „je me sent toute chose“ (ich fühle mich so lala)
„Mit ihm zig Hosen?“, fragt Molly Bloom, in deren Reichweite das umso weniger gelangt war, als sie, ohne es sich zu sagen, bereits da war.55
Comme des tas de choses à quoi on croit sans y adhérer : les escabeaux de la réserve où chacun puise. [Absatz]
– réserve: (a) Vorrat, Reserve, (b) Reservat
Wie so viele Dinge, an die man glaubt, ohne an ihnen zu kleben: die Reserve-escabeaux, ein Vorrat, aus dem jeder schöpft.56 [Absatz]
Qu’il y ait eu un homme pour songer à faire le tour de cette réserve et à donner de l’escabeau la formule générale, c’est là ce que j’appelle Joyce le Symptôme.
Dass es einen Menschen gab, der davon träumte, diesen Vorrat ganz durchzugehen und die allgemeine Formel des escabeau zu liefern, das ist das, was ich „Joyce das Symptom“ nenne.57
Car cette formule, il ne l’a pas trouvée faute d’en avoir le moindre soupçon.
Denn diese Formel hat er nicht gefunden, da er hierzu nicht die geringste Vermutung hatte.
Elle traînait pourtant déjà partout sous la forme de cet ICS que j’épingle du parlêtre. [Absatz]
Sie lag jedoch bereits überall herum, in Gestalt des Ubw, das ich vom parlêtre festhalte.58 [Absatz]
Joyce, prédestiné par son nom, laissait la place à Freud pas moins consonant.
Joyce, durch seinen Namen prädestiniert, überließ den Platz Freud, bei dem es nicht weniger mitklang.59
Il faut la passion d’Ellmann pour en faire croix sur Freud : pace tua, je ne vais pas vous dire la page, car le temps me pressantifie.
– faire un croix sur qc: froh sein etwas los zu sein (vgl. hier)
– pace tua: lateinisch „mit deinem Einverständnis“
– pressantifie (NP): pressentir (vorausahnen) + pressant (dringlich) + sanctifier (heiligen)
Es braucht die Leidenschaft eines Ellmann, um von daher über Freud ein Kreuz zu schlagen: pace tua werde ich Ihnen die Seite nicht angeben, mich drängt die Zeit, ich habe es heilig.60
La fonction de la hâte dans Joyce est manifeste.
Die Funktion der Hast ist bei Joyce offenkundig.
Ce qu’il n’en voit pas, c’est la logique qu’elle détermine. [Absatz]
Was er nicht sieht, ist die durch die Hast bestimmte Logik.61 [Absatz]
Il a d’autant plus de mérite à la dessiner conforme d’être seulement faite de son art qu’un eaube jeddard, comme Ulysse, soit un jet d’art sur l’eaube scène de la logique elle-même, ceci se lit à ce qu’elle calque non pas l’inconscient, mais en donne le modèle en tempspèrant, en faisant le père du temps, le Floom ballique, le Xinbad le Phtarin à quoi se résume le symdbad du symdptôme ou dans Stephens Deedalus Joyce se reconnaît le fils nécessaire, ce qui ne cesse pas de s’écrire de ce qu’il se conçoive, sans que pourtant hissecroiebeau, de l’hystoriette d’Hamlet, hystérisée dans son Saint-Père de Cocu empoisonné par l’oreille zeugma, et par son symptôme de femme, sans qu’il puisse faire plus que de tuer en Claudius l’escaptome pour laisser place à celui de rechange qui fort embrasse à père-ternité. [Absatz]
– eaube jeddard (NP): lautähnlich mit „objet d’art“ (Kunstgegenstand)+ eau (Wasser) + aube (Tagesanbruch)+ jet d’eau (Springbrunnen)
– l’eaube (NP) scène: lautähnlich mit „obscène“ (obszön); l’eau (das Wasser) + scène (Szene)
– tempspèrant (NP): temps (Zeit) + tempérant (mäßigend) + espérant (hoffend) + père (Vater) + désespérant (verzweifelnd)+ le père du temps (der Vater der Zeit), anspielend auf „le temps perdu“ (die verlorene Zeit)
– Floom ballique: aus „Bloom phallique“ (phallischer Bloom) + balle (Ball)
– Xinbad le Phtarin: bei Joyce „Xinbad the Phtharin“, also mit „th“, vermutlich ein Schreibfehler
– symdbad (NP): Sindbad + sym-
– symdptôme (NP): Sindbad + symptôme
– Stephens: Hinzufügung von „s“ zu „Stephen“; warum?
– Deedalus: Dedalus + deed (englisch für „Tat“)
– fils: (a) Sohn, (b) Faden
– hissecroiebeau (NP): y se croit beau (sich hier schön glaubt) + escabeau (Trittleiter, Stehleiter, Schemel)
– hystoriette (NP): hysterie (Hysterie) + historiette (Histörchen)
- son symptôme de femmme : saint homme de femme – anspielend auf „bonne homme de femme“ (eine Frau wie ein Kerl)
– l’escaptome (NP): escapade (Seitensprung) + symptôme (Symptom)
– fort embrasse (NP): fort (stark) + embrasser (umarmen, küssen) + Fortinbras (Figur aus Hamlet)
– père-ternitè (NP): père (Vater) + éternité (Ewigkeit) + paternité (Vaterschaft)
Seine Verdienste sind umso größer, als er sie in der Weise zeichnet, dass sie aus seiner Kunst gemacht sind, dass ein eaube jeddard wie Ulysses ein jet d’art, ein Wurf der Kunst, auf die eaube Szene der Logik ist7; das lässt sich darin lesen, dass sie das Unbewusste nicht abpaust, sondern, indem sie es vaterminiert, davon das Modell liefert und den Vater der Zeit produziert, den ballischen Floom, den Xinbad den Phtarin, worauf der Symdbad des Symdptoms hinausläuft, wo Joyce sich in Stephens Deedalus den notwendigen Sohn anerkennt, was nicht aufhört, geschrieben zu werden, von daher, dass er sich, doch ohne hissecroiebeau, vom Hamlet-Hystörchen her begreift, die in seinem Gehörnten Heiligen Vater, vergiftet durch das Ohr, Zeugma, hysterisiert ist und durch sein Symptom der Frau, ohne dass er mehr tun könnte, als in Claudius das Gspusymptom zu töten, um den Platz dem Ersatz zu überlassen, der so fort ihn presst in alle Vaternität.62 [Absatz]
Joyce se refuse à ce qu’il se passe quelque chose dans ce que l’histoire des historiens est censée prendre pour objet. [Absatz]
Joyce bestreitet, dass sich in dem, was sich die Geschichte der Historiker als Gegenstand vornimmt, etwas ereignet. [Absatz]
Il a raison, l’histoire n’étant rien de plus qu’une fuite, dont ne se racontent que des exodes.
Er hat recht, denn die Geschichte ist nicht mehr als eine Flucht, von der immer nur der Exodus erzählt wird.
Par son exil, il sanctionne le sérieux de son jugement.
Durch sein Exil sanktioniert er die Ernsthaftigkeit seines Urteils.
Ne participent à l’histoire que les déportés : puisque l’homme a un corps, c’est par le corps qu’on l’a.
An der Geschichte haben nur die Deportierten teil: da der Mensch einen Körper hat, hat man ihn durch den Körper.
Envers de habeas corpus. [Absatz]
Kehrseite des Habeas Corpus.63 [Absatz]
Relisez l’histoire : c’est tout ce qui s’y lit de vrai.
Lesen Sie die Geschichte wieder: das ist alles, was in Wahrheit darin zu lesen ist.
Ceux qui croient faire cause dans son remue-ménage sont eux aussi des déplacés sans doute d’un exil qu’ils ont délibéré, mais de s’en faire escabeau les aveugle. [Absatz]
Diejenigen, die glauben, im Durcheinander der Geschichte einer Sache zu dienen, sind gleichfalls Deplatzierte, durch ein Exil, für das sie sich entschieden haben, gewiss, das sie jedoch blendet, da sie sich ein escabeau draus machen. [Absatz]
[569] Joyce est le premier à savoir bien escaboter pour avoir porté l’escabeau au degré de consistance logique où il le maintient, artgueilleusement, je viens de le dire. [Absatz]
– escaboter (NP): escamoter (zum Verschwinden bringen) + escabeau (Trittleiter)
– artgeuilleusement (NP): art (Kunst) + orgeuilleusement (auf stolze Weise)
Joyce ist der erste, der gut zu eskabotieren weiß, da er das escabeau zum Grad der logischen Konsistenz erhoben hat, auf dem er es aufrechterhält, auf kunstolze Weise, wie ich eben gesagt habe. [Absatz]
Laissons le symptôme à ce qu’il est : un événement de corps, lié à ce que : l’on l’a, l’on l’a de l’air, l’on l’aire, de l’on l’a.
– aire (als Verb): von „airer“, horsten (Substantiv „aire“: Bereich Bezirk, Horst)
Lassen wir das Symptom sein, was es ist: ein Körperereignis, gebunden an dies: l’on l’a, l’on l’a de l’air, l’on l’aire, de l’on l’a – wir haben ihn, wir haben ihn aus der Luft, wir lassen die Melodie sich einnisten, von dem, was wir haben.64
Ça se chante à l’occasion et Joyce ne s’en prive pas. [Absatz]
Gelegentlich wird’s gesungen, und Joyce versagt sich das nicht.65 [Absatz]
Ainsi des individus qu’Aristote prend pour des corps, peuvent n’être rien que symptômes eux-mêmes relativement à d’autres corps.
So ist es möglich, dass Individuen, die Aristoteles für Körper hält, selbst nichts als Symptome im Verhältnis zu anderen Körpern sind.
Une femme par exemple, elle est symptôme d’un autre corps. [Absatz]
Eine Frau zum Beispiel ist Symptom eines anderen Körpers.66 [Absatz]
Si ce n’est pas le cas, elle reste symptôme dit hystérique, on veut dire par là dernier.
Sollte das nicht der Fall sein, bleibt sie das Symptom, das man hysterisch nennt, womit man sagen will: ein letztes.
Soit paradoxalement que ne l’intéresse qu’un autre symptôme : il ne se range donc qu’avant dernier et n’est de plus pas privilège d’une femme quoiqu’on comprenne bien à mesurer le sort de LOM comme parlêtre, ce dont elle se symptomatise.
– symptomatiser (N): Verb, abgeleitet von „symptôme“
Nämlich paradoxerweise, dass sie nur an einem anderen Symptom interessiert ist: es nimmt also nur die vorletzte Stelle ein und ist überdies nicht Vorrecht einer Frau, obgleich man, wenn man das Schicksal von LOM als parlêtre zu ermessen weiß, versteht, von woher sie sich symptomatisiert.
C’est des hystériques, hystériques symptômes de femmes (pas toutes comme ça sans doute, puisque c’est de n’être pas toutes (comme ça), qu’elles sont notées d’être des femmes chez LOM, soit de l’on l’a), c’est des hystériques symptômes que l’analyse a pu prendre pied dans l’expérience. [Absatz]
Ausgehend von Hysterikerinnen, von hysterischen Symptomen von Frauen (nicht alle so, gewiss, da sie ja von daher, nicht alle (so) zu sein, als diejenigen notiert werden, Frauen bei LOM zu sein, von daher, dass man ihn hat), ausgehend von Symptom-Hysterikerinnen konnte die Analyse in der Erfahrung Fuß fassen.67 [Absatz]
Non sans reconnaître d’emblée que toutom y a droit.
– toutom (NP): lautgleich mit „tout homme“ (jedermann, jeder) + totem (Totem)
Nicht ohne von vornherein anzuerkennen, dass jedermensch hierauf ein Recht hat.
Non seulement droit mais supériorité, rendue évidente par Socrate en un temps où LOM commun ne se réduisait pas encore et pour cause, à de la chair à canon quoique déjà pris dans la déportation du corps et sympthomme.
– sympthomme (NP): symptôme + homme
Nicht nur Recht, sondern Überlegenheit, offenkundig gemacht durch Sokrates, zu einer Zeit, als der gemeine LOM sich noch nicht, und mit Grund, auf Kanonenfutter reduzierte, auch wenn er von der Deportation von Körper und Sympthomme bereits erfasst war.
Socrate, parfait hystérique, était fasciné du seul symptôme, saisi de l’autre au vol.
– au vol: wörtlich „im Fluge“; „vol“ heißt auch „Diebstahl“
Sokrates, perfekter Hysteriker, war fasziniert vom bloßen Symptom, beim anderen im Fluge erhascht.68
Ceci le menait à pratiquer une sorte de préfiguration de l’analyse.
Das brachte ihn dazu, eine Art Vorform der Analyse zu praktizieren.
Eût-il demandé de l’argent pour ça au lieu de frayer avec ceux qu’il accouchait que c’eût été un analyste, avant la lettre freudienne.
Hätte er Geld dafür verlangt, statt mit den Leuten, denen er Geburtshilfe leistete, rumzuhängen, wäre er Analytiker gewesen, freudianisch avant la lettre.69
Un génie quoi ! [Absatz]
Ein Genie, oder? [Absatz]
Le symptôme hystérique, je résume, c’est le symptôme pour LOM d’intéresser au symptôme de l’autre comme tel : ce qui n’exige pas le corps à corps.
– le corps à corps: wörtlich „das Körper an Körper“, der Nahkampf
Das hysterische Symptom, ich fasse zusammen, ist für LOM das Symptom, am Symptom des anderen als solchem Interesse zu haben: wofür die Körper-Körper-Beziehung nicht erforderlich ist.
Le cas de Socrate le confirme, exemplairement. [Absatz]
Der Fall Sokrates bestätigt das auf exemplarische Weise. [Absatz]
Pardon tout ça n’est que pour spécifier de Joyce de sa place. [Absatz]
Verzeihen Sie, all dies ist nur dazu da, um Genaueres über Joyce zu sagen, über seinen Platz. [Absatz]
Joyce ne se tient pour femme à l’occasion que de s’accomplir en tant que symptôme.
Joyce hält sich hierbei nur insofern für eine Frau, als er sich als Symptom voll entfaltet.70
Idée bien orientée quoique ratée dans sa chute.
Eine gut orientierte Idee, wenn auch in der Schlusskadenz gescheitert.
Dirai-je qu’il est symptomatologie.
Ich möchte sagen, er ist Symptomatologie.
Ce serait éviter de l’appeler par le nom qui répond à son vœu, ce qu’il appelle un tour de farce dans Finnegans Wake page 162 (et 509) où il l’énonce proprement par l’astuce du destin en force qu’il tenait de Verdi avant qu’on nous l’assène. [Absatz]
– avant qu’on nous l’assène: lautgleich mit „avant qu’on noue la scène“ (bevor man die Szene verknotet)
Das hieße zu vermeiden, ihn mit dem Namen zu nennen, der auf seinen Wunsch antwortet, den er in Finnegans Wake, Seite 162 (und 509), als Tour de Farce bezeichnet, wo er ihn ganz richtig mit List des Schicksals an der Macht bezeichnet, was er von Verdi nahm, bevor man ihn uns verabreicht8
71[Absatz]
[570] Que Joyce ait joui d’écrire Finnegans Wake ça se sent.
Dass Joyce es genossen hat, Finnegans Wake zu schreiben, das spürt man.
Qu’il l’ait publié, je dois ça à ce qu’on me l’ait fait remarquer, laisse perplexe, en ceci que ça laisse toute littérature sur le flan.
– flan (Flan (eine Art Eierpudding); Rohling); lautgleich mit „flanc“ (Flanke); être sur le flanc (umgangssprachlich für „sehr müde sein“, wörtlich „schief liegen“, „auf der Seite liegen“); c’est du flan („das ist Quatsch“)
Dass er es veröffentlicht hat, ich verdanke das dem, dass man mich darauf aufmerksam gemacht hat, das macht einen perplex, insofern es jede Literatur auflaufen lässt.
La réveiller, c’est bien signer qu’il en voulait la fin.
– réveiller: (auf)wecken, wiedererwecken
– signer (unterzeichnen, unterschreiben): wird bisweilen auch im Sinne von „signaler“ (signalisieren) verwendet
– fin: (a) Ende, (b) Zweck, Telos
Sie aufzuwecken, heißt ja zu unterschreiben, dass er ihr Ende wollte.
Il coupe le souffle du rêve, qui traînera bien un temps.
Er schneidet dem Traum den Atem ab, dem Traum, der sich noch einige Zeit hinziehen wird.
Le temps qu’on s’aperçoive qu’il ne tient qu’à la fonction de la hâte en logique.
Die Zeit, dies es braucht, dass man sich darüber klar wird, dass er nur von der Funktion der Hast in der Logik abhängt.72
Point souligné par moi, sans doute de ce qu’il reste après Joyce que j’ai connu à vingt ans, quelque chose à crever dans le papier hygiénique sur quoi les lettres se détachent, quand on prend soin de scribouiller pour la rection du corps pour les corporections dont il dit le dernier mot connu daysens, sens mis au jour du symptôme littéraire enfin venu à concomption.
– crever: (a) zum Platzen bringen, (b) (bezogen auf Papier:) durchschreiben, durchdrücken, durchstoßen, perforieren
– rection: Rektion (Begriff der Grammatik), Ausrichtung, vielleicht mit Anspielung auf rectum (Rektum, Mastdarm)
– corporection (NP): corps (Körper) + correction (Korrektur) + rection (Rektion) + erection (Aufrichtung)
– daysens (NP): day (engl. Tag) + de sens (mit Sinn) + décence (Anstand)+ ens (lat. Seiendes)
– concomption (NP): concoction (Zusammenbrauung), Substantiv zu concocter (zusammenkochen, zusammenbrauen) + consomption (Auszehrung, Abmagerung; veraltet für „Gebrauch“, „Verwendung“ (heute „consommation“)) + conception (Empfängnis, Konzeption) + qu’on (dass man) + compter (zählen)
Ein Punkt, den ich hervorgehoben habe, sicherlich deshalb, weil nach Joyce, den ich kennengelernt habe, als ich zwanzig war, etwas zu durchstoßen ist in dem Toilettenpapier, auf dem die Buchstaben sich abzeichnen, wenn man sich darum bemüht, für die Rektion des Körpers zu kritzeln, für die Korporektionen, worüber er das letzte bekannte Wort mit Dayzenz sagt, der Sinn des ans Tageslicht gebrachten literarischen Symptoms, das endlich zur Konsummzion gekommen ist.
73 74
La pointe de l’inintelligible y est désormais l’escabeau dont on se montre maître.
Nun ist die Spitze des Unbegreiflichen hier das escabeau, als dessen Meister man sich zeigt.
Je suis assez maître de lalangue, celle dite française, pour y être parvenu moi-même ce qui fascine de témoigner de la jouissance propre au symptôme.
Ich bin hinreichend Meister von Lalangue, der französischen, wie man sagt, um hier selbst zu etwas gekommen zu sein, was von daher fasziniert, dass es das dem Symptom eigene Genießen bezeugt.75
Jouissance opaque d’exclure le sens. [Absatz]
Undurchsichtiges Genießen, da es den Sinn ausschließt.76 [Absatz]
On s’en doutait depuis longtemps.
Geahnt hat man es seit langem.
Etre post-joycien, c’est le savoir.
Post-joycianisch zu sein, heißt, es zu wissen.77
Il n’y a d’éveil que par cette jouissance-là, soit dévalorisée de ce que l’analyse recourant au sens pour la résoudre, n’ait d’autre chance d’y parvenir qu’à se faire la dupe… du père comme je l’ai indiqué. [Absatz]
Ein Erwachen78 gibt es nur durch dieses Genießen, und das heißt, ein Genießen, das von daher entwertet ist, dass die Analyse, um es zu aufzulösen, auf den Sinn zurückgreift, ein solches Genießen hat keine andere Chance, dahin zu gelangen als die, dass es sich zum Betrogenen … des Vaters macht, wie ich aufgezeigt habe.79 [Absatz]
L’extraordinaire est que Joyce y soit parvenu non pas sans Freud (quoiqu’il ne suffise pas qu’il l’ait lu) mais sans recours à l’expérience de l’analyse (qui l’eût peut-être leurré de quelque fin plate).
– fin plate: flaches Ende (hier im Sinne des Endes einer Erzählung, eines Films usw.)
Das Außergewöhnliche ist, dass Joyce dies zwar nicht ohne Freud erreicht hat (auch wenn es nicht genügt, dass er ihn gelesen hat), jedoch ohne Rückgriff auf die Erfahrung der Analyse (die ihn vielleicht mit einem flachen Ende getäuscht hätte).80
.
.
Nachbemerkungen
Zur Übersetzung
Zur Terminologie
Wer kein Französisch kann, benötigt fürs Lesen der Übersetzung vier französische Ausdrücke: escabeau, beau, l’homme und inconscient.
Escabeau ist die Trittleiter, die Stehleiter, der Trittschemel.
Beau: schön
L’homme bedeutet sowohl „der Mensch“ als auch „der Mann“. Lacan schreibt häufig LOM; als Wort gelesen, hört man l’homme. Lacan fordert den Leser an mehreren Stellen auf, den Ausdruck zu buchstabieren; wenn man das tut, erhält man, im Französischen wie im Deutschen, El-O-Em, d.h. Elohim, das hebräische Wort für „Gott“. Die Schreibweise LOM spielt möglicherweise auf Finnegans Wake an, worin Joyce für die beiden Hauptfiguren, Humphrey Chimpton Earwicker und Anna Livia Plurabelle, die Abkürzungen HCE und ALP verwendet. Alle Personen des Romans sind Repräsentanten von HCE und ALP sowie ihrer drei Kinder; die Abkürzungen stehen gewissermaßen für den Urvater und die Urmutter und in diesem Sinne für die Menschheit. LOM erinnert außerdem an an die Abkürzung LEM für die Mondlandefähre (Lunar Excursion Module), die Lacan in Radiophonie (1970) verwendet.81
Inconscient meint „unbewusst“, l’inconscient „das Unbewusste“. Lacan kürzt den Ausdruck mit ICS ab (analog zu Freuds „Ubw“); bei lautem Lesen hört man – im Französischen wie im Deutschen – den Buchstaben x, also das übliche Symbol für eine unbekannte Größe in einer Gleichung.
L’escabeau
Worauf zielt der Begriff escabeau? Miller, Soler und Laurant beziehen den Terminus auf die Sublimierung.82 Auf die Sublimierung spielt in escabeau die Silbe beau an („schön“). Auf die Sublimierung verweist auch die Passage, in der im französischen Text das deutsche Wort „Ding“ erscheint – in der Sublimierung wird ein Objekt „zur Dignität des Dings erhoben“, hatte Lacan im Ethik-Seminar erklärt.
Erik Porge ist der Auffassung, dass escabeau weniger eine Bezeichnung für die Sublimierung ist als vielmehr ein Ausdruck, der sich auf eine Problematik der Sublimierung bezieht, und zwar so, dass escabeau sich dem Begriff des Symptoms annähert.83 Der Ausdruck escabeau, sagt Porge, evoziert mit beau sicherlich die Sublimierung, aber nicht, um sie zu idealisieren, sondern um sie in eine Entsprechung zu ihrem Gegenteil zu bringen, zu l’eaub und damit zum Obszönen – die Sublimierung sei nicht das Sublime, nichts, was zwangsläufig den Geist erhebt. Die verschiedenen Schreibweisen sind, Porge zufolge, außerdem ironisierend, sie deuten kritisch an, dass sich die Sublimierung bei Joyce nicht völlig vom Trugbild des sozialen Erfolgs gelöst hat. Das heiße aber nicht, dass Lacan das escabeau zurückweise - Porge betont, dass Lacan zufolge mit dem escabeau die Sphäre gestürzt werden kann, die sphärische Auffassung der Psychoanalyse im Gegensatz zur Struktur des Möbiusbandes.
In der Schreibweise S.K.beau sieht Porge eine Anspielung auf den Eigennamen, der ja häufig in Form von Initialen geschrieben wird. Porge zufolge geht es dabei nicht einen bestimmten Eigennamen, der zu entziffern wäre, sondern um den Eigennamen schlechthin, in seiner Funktion nämlich, das Loch des Subjekts zu vernähen, wie Lacan in Seminar 12 erläutert hatte.84 Damit verweise Lacan auf eine Dimension der Sublimierung im Symptom von Joyce.
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- Jacques Lacan: Joyce das Symptom (I) (Übersetzung)
- Kommentar zu Lacans Vortrag Joyce das Symptom (I)
- „Das Sinthom“ entziffern. Kommentar zu Lacans Seminar 23 von 1975/76
- Übersetzungen von Lacan-Texten
Anmerkungen
- Die Druckfassung erschien (mit dem Titel Joyce le Symptôme) zuerst in: Jacques Aubert, Maria Jolas (Hg.): Joyce & Paris, 1902, 1920–1940, 1975. Actes du cinquième Symposium International James Joyce. Paris, 16–20 juin 1976. Vol. 1. Éditions du CNRS, Paris, et Publications de l’Université Lille 3, Villeneuve-d’Asq, 1979, S. 13–17. Dann (mit dem Titel Joyce le Symptôme II) in: Jacques Aubert (Hg.): Joyce avec Lacan. Navarin, Paris 1987, S. 31–36. Dann (mit dem Titel Joyce le Symptôme, ohne „II“) in: J. Lacan: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 565–570.
- Titel eines Romans von Francis Carco (1914).
- LOM wird wie l’homme ausgesprochen, „der Mensch / der Mann“.
- Hessecabeau, abgeleitet von hissecroibeau, „hältsichfürschön“, ist homophon mit escabeau, „Trittleiter“, und erscheint später wieder in der Variante S.K.beau.
- Qu‘il vit de l’être (dass er vom Sein lebt) ist homophon mit qu’il vide l’être (dass er das Sein leert).
- Parlêtre, Zusammenziehung aus parler („sprechen“) und être („sein“): „Sprechwesen“„Sprech-Sein“.
- Eaube jeddard ist homophon mit objet d’art, „Gegenstand der Kunst“.
- Avant qu’on nous l’assène, „bevor man ihn uns verabreicht“, ist homophon mit avant qu’on noue la scène, „bevor man die Szene/Bühne verknotet“.
- Jésus-la-Caille (Jesus-die-Wachtel): ein Roman von Francis Carco (Mercure de France, Paris 1914). Es gibt zwei Übersetzungen mit zwei unterschiedlichen Titel: Jésus-la-Caille. Roman vom Montmartre. Übersetzt von Fred Antoine Angermayer. Kiepenheuer, Köln 1922; Jesus Schnepfe. Übersetzt von Hans Thill. Wunderhorn, Heidelberg 2002.
Der Jésus-la-Caille des Romans ist ein Strichjunge. - Der Name-des-Vaters bezieht sich auf den Vater, insofern er die Funktion hat, zu benennen, heißt es in Seminar 22 von 1974/75, RSI:
„Das sind die Namen-des-Vaters, die ersten Namen, insofern sie etwas benennen, was, wie es, ja, wie es die Bibel anzeigt, bezogen <ist> auf dieses außergewöhnliche Dingsda, das Vater genannt wird. Der erste Schritt dieser menschlichen Imagination, nämlich von Gott, ist dem gewidmet, einen Namen zu geben, mein Gott, einem etwas, was nicht gleichgültig ist, nämlich einen Namen jedem der Tiere.“
(Sitzung vom 11. März 1975, meine Übersetzung nach Version Staferla, Einschub in spitzen Klammern von mir; vgl. Kleiner-Übersetzung S. 39).Vgl. diesen Blogartikel. - Gemeint ist: Dass „je nomme“ (ich benenne) fast genauso klingt wie „jeune nomme“ (junger Mann) .…
Anspielung auf James Joyces Roman A portrait of the artist as a young man (1916), Ein Porträt des Künstlers als junger Mann. - Die Abkürzung LOM spielt vielleicht auf Finnegans Wake an, worin Joyce für die die beiden Hauptfiguren, Humphrey Chimpton Earwicker und Anna Livia Plurabelle, die Abkürzungen HCE und ALP verwendet. Alle Personen des Romans sind Repräsentanten von HCE und ALP sowie ihrer drei Kinder; die Abkürzungen stehen gewissermaßen für den Urvater und die Urmutter und in diesem Sinne für die Menschheit.
LOM erinnert auch an an die Abkürzung LEM für die Mondlandefähre (Lunar Excursion Module), die Lacan in Radiophonie (1970) verwendet. Lacan: „Von daher bringe ich vor, daß das mondlandende LEM, also die als Apparat realisiert Formel Newtons, davon zeugt, daß das Trajekt, das es ohne Ausgabe dorthin getragen hat, unser Produkt ist, oder auch: Herrenwissen.“ (J. Lacan: Radiophonie (1970). Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: J. Lacan: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim u.a. 1988, S. 5–54, hier: S. 26) - Wenn man l’homme phonetisch schreibt, erhält man „lom“.
- Phonetisch ist „eaub“ die umgekehrte Lautfolge wie „beau“: [o:b] versus [bo:]. Wir sind hier auf der Ebene von Lalangue, der Sprache, die durch lautliche Beziehungen bestimmt wird.
Eine Beziehung zwischen dem Schönen (beau/eaub) und dem Obszönen der Genitalien stellt Karl Abraham in seinem Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Libido (1924) her. Demnach ist bei jedem Menschen aufgrund des Kastrationskomplexes das eigene Genitale stärker als irgendein anderer Körperteil mit narzisstischer Liebe besetzt, entsprechend darf am Objekt alles andere früher geliebt werden als das Genitale; auf der phallischen Organisationsstufe der Libido ist der letzte Schritt – die libidinöse Besetzung des Genitales des Objekts – noch nicht getan.
(Vgl. K. Abraham: Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Libido auf Grund der Psychoanalyse seelischer Störungen. In: Ders.: Gesammelte Schriften in zwei Bänden. Zweiter Band. Hg. v. J. Cremerius. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1982, S. 32–202, hier: S. 97) Lacan bezieht sich hierauf in Seminar 8 von 1960/61, Die Übertragung, in der Sitzung vom 21. Juni 1961 (Version Miller/Gondek, S. 459–66).
Freud schreibt in Das Unbehagen in der Kultur (1930):
„Leider weiß auch die Psychoanalyse über die Schönheit am wenigsten zu sagen. Einzig die Ableitung aus dem Gebiet des Sexualempfindens scheint gesichert; es wäre ein vorbildliches Beispiel einer zielgehemmten Regung. Die ‚Schönheit‘ und der ‚Reiz‘ sind ursprünglich Eigenschaften des Sexualobjekts.“
(Ders.: Studienausgabe, Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 191–270, hier: S. 214)
Lacan stützt sich hierauf in seiner Theorie der Sublimierung in Seminar 7 über die Ethik der Psychoanalyse: die Sublimierung verwandelt das „natürliche“ Triebobjekt in ein kulturelles.
Bringt man das Obszöne mit dem Hässlichen zusammen, kann man die Passage auf Freuds Ausführungen Über den Gegensinn der Urworte (1910) beziehen in diesem Falle hieße das: beau ist zugleich aub(scène)/obscène.
Vielleicht gibt es hier auch eine Anspielung auf den von Freud behaupteten Zusammenhang von Urin und Ehrgeiz. Vgl. S. Freud: Das Unbehagen in der Kultur (1930). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 191–270, hier: S. 221, Fn. 1; Ders.: Zur Gewinnung des Feuers (1932). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 445–454. - Lacan spielt hier auf seine Definition der Sublimierung im Ethik-Seminar an. Die Sublimierung besteht demnach darin, dass das Objekt „zur Dignität des Dings“ erhoben wird (Seminar 7 von 1959/60, Die Ethik der Psychoanalyse, Sitzung vom 20. Januar 1960, Version Miller/Haas S. 138).
Der Ausruf „ding!“ ist lautmalerisch und damit vielleicht eine Anspielung auf Lacans Begriff lalangue, auf die Sprache, insofern sie durch lautliche Ähnlichkeiten bestimmt wird (zuerst in Seminar 20 von 1972/73, Encore.
Das Objekt, das in Finnegans Wake zur Würde des Dings erhoben wird, wäre dann vielleicht Lalangue, und Lalangue ist mit der Benennung verbunden. - Begreift man „Nässsen“ als „Schwitzen“, ist man bei einer Entsprechung zur deutschen Wendung „Ohne Fleiß kein Preis“, die demnach der Inhalt der Predigt wäre.
Vielleicht zugleich eine weitere Anspielung auf den Zusammenhang von Urinieren und Ehrgeiz („mouiller son lit“ = einnässen). - Basismensch: Das lateinische Wort basis meint auch „Sockel“ „Postament“ – wird sind vielleicht wieder beim escabeau.
L’homme de base: vielleicht auch eine Anspielung auf den Begriff „basic personality“ (Abram Kardiner, Ralph Linton), der sich auf das Zusammenspiel von Kultur und Persönlichkeitsmerkmalen bezieht; Lacan bezieht sich hierauf in dem Aufsatz La psychanalyse et son enseignement (1957). In: Ders.: Écrits. Le Seuil, Paris 1966, S. 437–458, hier: S. 441.
„Basic personality“ sind die gemeinsamen Persönlichkeitsmerkmale einer Gruppe. Die Gesellschaft beeinflusst ein bestimmtes Milieu, dieses die basic personality und diese wiederum bestimmte Institutionen. (Abram Kardiner, Ralph Linton: The individual and his society. New York: Columbia University Press 1935)
Kun: japanischer Titel für einen jungen Mann – man erinnere sich an den „jungen Mann“ im zweiten Satz des Aufsatzes. Die Großschreibung ist die Anspielung auf den Namen, damit auf das Thema des ersten Satzes des Textes.Körper haben versus Körper sein:
Die Beziehung zum Körper ist durch das Imaginäre vermittelt, durch das Verhältnis zum Körperbild. Dieses Verhältnis hat zur Folge, dass der Körper für das Subjekt ein Objekt ist, das das es besitzt, das es „hat“, das es besitzt.
Mit der These über das „Haben“ des Körpers knüpft Lacan an eine Bemerkung in der letzten Sitzung des Sinthom-Seminars an:
„Welchen Sinn also dem geben, was Joyce bezeugt, nämlich dass es nicht einfach das Verhältnis zu seinem Körper ist, sondern dass es, wenn ich so sagen kann, die Psychologie dieses Verhältnisses ist, denn schließlich ist die Psychologie nichts anderes als dies, nämlich das verworrene Bild, das wir von unserem eigenen Körper haben. Aber dieses verworrene Bild enthält durchaus – nennen wir es so, wie es genannt wird – Affekte, dass es nämlich, um sich genau das vorzustellen, dieses psychische Verhältnis, etwas Psychisches gibt, das affiziert wird, das reagiert, das nicht abgelöst ist, wie Joyce bezeugt, nachdem er die Stockhiebe seiner vier oder fünf Kameraden erhalten hat, da gibt es etwas, das nur dies verlangt: abzugehen, abzufallen wie eine Schale. Es ist etwas Verblüffendes, dass es Leute gibt, die bei körperlich erlittener Gewalt keinen Affekt haben. Es gibt da etwas, was übrigens mehrdeutig ist, das hat ihm vielleicht Lust bereitet, der Masochismus ist keineswegs aus den sexuellen Stimulationsmöglichkeiten von Joyce ausgeschlossen, er hat, was Bloom angeht, reichlich darauf bestanden. Aber ich möchte sagen, was noch eher verblüfft, das sind die Metaphern, die er verwendet, nämlich die Ablösung von etwas wie einer Schale. Dieses Mal hat er nicht genossen. Er hatte – das ist etwas, das psychologisch einen Wert hat –, er hatte eine Reaktion des Ekels, und dieser Ekel betrifft seinen eigenen Körper insgesamt. So wie jemand eine böse Erinnerung in Klammern setzt, um sie zu verjagen. Darum geht es. Das wird vollständig als Möglichkeit des Verhältnisses zu seinem eigenen Körper als fremdem gelassen. Und eben das wird von der Tatsache des Gebrauchs des Verbs ‚haben‘ ausgedrückt: Seinen Körper, den hat man, der ist man nicht, auf keine Weise. Und das lässt an die Seele glauben. Und infolgedessen hat man keinen Grund, innezuhalten. Und man denkt auch, dass man eine Seele hat, was der Gipfel ist.“
(J. Lacan: Das Sinthom. Seminar 23 (1975/76), Sitzung vom 11. Mai 1976, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller, S. 149 f.; vgl. Kleiner-Übersetzung S. 156) - Der Mensch „hat“ einen Körper, und nicht: er „ist“ ein Körper – diese These artikuliert Lacan zuerst in Seminar 2 von 1954/55, Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse. Hier heißt es:
„Das ist sehr lustig, es bringt eine wirkliche seltsame Inkohärenz mit sich, daß man sagt – Der Mensch hat einen Körper. Für uns macht das Sinn, es ist sogar wahrscheinlich, daß das immer schon Sinn gemacht hat, für uns jedoch mehr Sinn macht als für irgend jemand sonst, denn insofern jedermann Hegelianer ist, ohne es zu wissen, haben wir mit Hegel und ohne es zu wissen die Identifikation des Menschen mit seinem Wissen, das ein akkumuliertes Wissen ist, extrem weit getrieben. Es ist ganz sonderbar, in einem Körper lokalisiert zu sein, und man kann diese Sonderbarkeit nicht bagatellisieren, auch wenn man seine Zeit damit verbringt, mit den Flügeln zu schlagen, indem man sich damit Dicktut, die Einheit des Menschen wiederfunden zu haben, die dieser Idiot Descartes zerstückelt hatte. Es ist vollkommen nutzlos, große Erklärungen über die Rückkehr des menschlichen Wesens zur Einheit, zur Seele als Form des Körpers abzugeben, unter großem Aufwand an Thomismus und Aristotelismus. Die Teilung ist ein für allemal vollzogen. Und deshalb sind Ärzte von heute nicht die Ärzte von gestern, abgesehen von denen, die ihre Zeit damit verbringen, sich auszumalen, dass es Temperamente, Konstitutionen und anderes von dieser Art gibt. Der Arzt hat dem Körper gegenüber die Einstellung jenes Herrn, der eine Maschine demontiert. Da wird man ruhig prinzipielle Erklärungen abgeben können, diese Einstellung ist radikal. Davon ist Freud ausgegangen, und das ist’s, was sein Ideal war – pathologische Anatomie treiben, anatomische Physiologie, entdecken, wozu dieses komplizierte Apparätchen dient, das da im Nervensystem verkörpert ist.
Diese Perspektive, die die Einheit des Lebendigen zerlegt, hat sicherlich etwas Beunruhigendes und Skandalöses, und eine ganze Denkrichtung versucht dagegen anzugehen – ich denke an den Gestaltismus und andere gutgemeinte theoretische Elaborate, die zur Freundlichkeit der Natur und zur prästabilierten Harmonie zurückkehren möchten. Wohlgemerkt, nichts beweist, dass der Körper eine Maschine ist, und es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass damit nichts ist. Aber da liegt nicht das Problem. Die Hauptsache ist, dass man so die Frage angeschnitten hat. Ich habe es eben genannt, das betreffende man, es ist Descartes. […] Hegel, der nur sehr wenig Anteil an all dem hatte, ist vielleicht der letzte Vertreter einer bestimmten klassischen Anthropologie, aber letztlich ist er im Verhältnis zu Descartes fast im Rückstand.“ (Seminar 2, Sitzung vom 12. Januar 1955; Version Miller/Metzger, S. 97 f.) - Offenbar eine Anspielung auf das Verhältnis zwischen den Affekten (hervorgerufen durch die Einwirkung der Sprache auf den genießenden Körper) und der Schrift (als Grundlage der Beweisführung).
- Die Bedingung dafür, zum Körper in einer Beziehung des „Habens“ zu stehen, besteht darin, den drei Ordnungen anzugehören.
- Sphäre: der in der Mathematik übliche Terminus für die Kugeloberfläche.
Für Lacan gehört die Sphäre zur Ordnung des Imaginären. „Quasseln, um sich mit der Sphäre zu befassen“: Verbindung zwischen dem Symbolischen und dem Imaginären.
Nach zwei Mal hessecabeau wird jetzt zum esten Mal die Normalschreibung escabeau verwendet.
Mit escabeau spielt Lacan möglicherweise darauf an, dass in der Ballade Finnegan’s Wake, auf die der Roman von Joyce anspielt, Finnegan, weil er zu viel getrunken hatte, von der Leiter fällt und deshalb stirbt:
„One morning Tim got rather full,
his head felt heavy which made him shake.
Fell from a ladder and he broke his skull,
and the carried him home his corpse to wake.“ (Von hier)
Das escabeau verweist auf die Beziehung zwischen dem Symbolischen und dem Imaginären. - Nach hessecabeau und escabeau jetzt also eine dritte Schreibweise: S.K.beau:
Der Buchstabe „S“ steht bei Lacan meist für signifiant (Signifikant) und verweist damit auf die Ordnung des Symbolischen. Der Ausdruck beau (schön) bezieht sich vermutlich auf die Beziehung zum Bild des eigenen Körpers und damit auf das Imaginäre. Der Buchstabe „K“ hat bei Lacan keine standardisierte Bedeutung und wird im geschriebenen Französisch kaum verwendet; möglicherweise fungiert er hier als Buchstabe im Unterschied zum Signifikanten. Den Buchstaben rechnet Lacan ab Seminar 18 von 1971, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, zur Ordnung des Realen (Sitzung vom 12. Mai 1971, „Lituraterre“-Vorlesung, Übersetzung hier). Also spielt der Ausdruck S.K.beau vielleicht auf die Dreiheit des Symbolischen (S), des Realen (K) und des Imaginären (beau) an.
Die auffällige Wiederholung von „pr“ betont, dass es bei S.K.beau um Lalangue geht, um die Sprache, insofern sie durch Lautähnlichkeiten bestimmt ist. - Qu‘il vit de l’être ist homophon mit qu’il vide l’être.
- Die Rede vom „Leeren des Seins“ spielt vielleicht auf den Seinsmangel an, auf das Begehren.
- Parlêtre meint „sprechendes Wesen“, aber auch (vom Sprechen der Eltern) „gesprochenes Wesen“. Lacan verwendet den Ausdruck zuerst in Seminar 22 von 1974/75, RSI, in der Sitzung vom 17. Dezember 1974. In den von ihm selbst veröffentlichten Texten findet man parlêtre ausschließlich hier in Joyce le Symptôme II.
Die Abkürzung „Ics“ verwendet Lacan auch in Seminar 14 von 1966/67, Die Logik des Phantasmas, im erweiterten Schema der Entfremdung (ab der Sitzung vom 11. Januar 1967).
Das Abkürzungspaaar LOM und ICS erinnert an das Abkürzungspaar HCE und ALP in Finnegans Wake (HCE für Humphrey Chimpton Earwicker und ALP für Anna Livia Plurabelle). Also soll LOM und ICS vermutlich als Paar aufgefasst werden. Da ICS für das Unbewusste steht, bezieht sich LOM vermutlich auf das Bewusstsein im Sinne von Freud. - Vielleicht eine Selbstbeschreibung von Lacan: er ist nicht der Entdecker des Unbewussten, sondern einer derjenigen, die das Inventar aufnehmen.
Die Definition des Unbewussten als Wissen findet man zuerst in Seminar 12 von 1964/65, Schlüsselprobleme für die Psychoanalyse, in der Sitzung vom 19. Mai 1965.
Im Encore-Seminar wird das Verhältnis zwischen dem Unbewussten und dem Sprechen so formuliert:
„das Unbewusste, das ist, dass das Sein/Wesen, indem es spricht, genießt und (…) nichts weiter davon wissen will“
(Seminar 20, Sitzung vom 8. Mai 1973; Version Miller/Haas u.a., S. 114, Übersetzung geändert). - Haben und Sein: Nachdem die Kategorie des Habens auf das Verhältnis des Menschen zum Körper bezogen wurde, wird jetzt die Kategorie des Seins dem Sprechen zugeordnet.
Lacan spielt hier auf Heidegger an, auf dessen Frage nach dem „Sinn von Sein“, zuerst in Sein und Zeit (1927). - Die Frage nach dem „Sinn von Sein“, die sich aufgrund der Orientierung am Sprechen aufdrängt, unterstellt die Einheit des Sinns und ist damit eine Abwehr des Habens
- Es geht um den Unterschied von „Seele sein“ und „Seele haben“. Die Seele ist eine illusionäre Verdoppelung des Körpers, also ist die Beziehung zur Seele eine des Habens, nicht des Seins.
- Können: Von der Frage Haben (Körper) versus Sein (Sprechen) geht Lacan zu den Modalkategorien über, die seit Aristoteles als grundlegende Bestimmungen des Seins aufgefasst werden. Modalkategorien sind: Mögliches, Unmögliches, Notwendiges, Zufälliges. Die (körperbezogene) Kategorie des Habens wird mit der des Könnens koordiniert und so mit der der Möglichkeit.
- Können: „Pouvoir“ (Macht) und „possible“ (möglich) gehen auf dasselbe Wort zurück, auf das lateinische Verb „posse“ (können).
Fortsetzung des vorangegangenen Satzes: „etwas Haben“ meint: etwas damit machen können, und das heißt, dass dieses Machenkönnen aussetzen kann. Grundlage der Möglichkeit ist die Unmöglichkeit. - Für die Kategorie des Möglichen ist die Negation konstitutiv; fälschlicherweise wird die Möglichkeit positiv aufgefasst, als das, was statthaben kann. Lacan spielt auf seine Definition des Möglichen an: das Mögliche ist das, was aufhört, geschrieben zu werden. Lacans Rekonstruktion der Modalkategorien findet man zuerst in Seminar 20 von 1972/73, Encore (Sitzungen vom 13. Februar, 20. März, 8. Mai, 15. Mai, 26. Juni 1973), vgl. die Erläuterung in diesem Blog hier.
Mit „Denken“ ist hier vermutlich die Philosophie gemeint. Vielleicht in Anspielung auf Heideggers Vortrag Was heißt Denken? (1952). - Der Mensch „hat“ eine Seele, er „ist“ keine Seele.
Das griechische Wort νους (nous) wird mit „Verstand“, „Vernunft“ oder „Geist“ übersetzt. - Der Begriff des Knotens tritt an die Stelle des Seelenbegriffs. Lacan bezieht sich auf Knoten im Sinne der mathematischen Knotentheorie, mit der er sich seit Seminar 19 auseinandersetzt.
- Anspielung auf Lacans Definition der Notwendigkeit: das, was nicht aufhört, geschrieben zu werden (Seminar 20). Der „borromäische Knoten“, mit dem Lacan sich vor allem befasst, besteht aus drei „Fadenringen“.
- Victor Cousin (1792–1867), französischer Philosoph und Kulturtheoretiker, machte Hegels Philosophie (also den Hegelschen „Dreischritt“) in Frankreich bekannt.
- Im Encore-Seminar (1973) heißt es:
„Ich spreche mit meinem Körper, und dies ohne es zu wissen. Ich sage also immer mehr, als ich davon weiß.“
(Seminar 20, Sitzung vom 15. Mai 1973, Version Miller/Haas, S. 128)
Und:
„Das Reale, (…) das ist das Geheimnis des sprechenden Körpers, das ist das Geheimnis des Unbewußten.“
(Sitzung vom 15. Mai 1973, a.a.O., S. 141)
In dem Vortrag Die Dritte (1974) heißt es, dem Analytiker werde nicht zu Unrecht unterstellt, dass er weiß,
„woraus das Unbewusste besteht, dass es nämlich ein Wissen ist, das von Lalangue artikuliert wird, wobei der Körper, der hier spricht, damit nur durch das Reale verknotet ist, von dem her er sich genießt“
(La troisième. Transkription von Lacans Vortrag beim 7. Kongress der École freudienne de Paris in Rom am 1. November 1974, erschienen in Lettres de l’École freudienne, Nr. 16, 1975, S. 177–203, meine Übersetzung nach dem Text auf der Website der École lacanienne de psychanalyse hier (auf der Website von Patrick Valas findet man hier eine deutsche Übersetzung des gesamten Artikels, erstellt von Nicole Taubes). - So dass er nicht mehr das „p“ von „symptôme“ enthält, wodurch er zum „sinthome“ wird, zum „Sinthom“, zum „saint homme“, zum „Heiligen Mann“.
„Sinthom“ ist die mittelalterliche Schreibweise von „Symptom“; dies ist Thema der ersten Sitzung von Seminar 23 von 1975/76, Le sinthome.
Der Laut p wird in der Phonetik als Explosivlaut bezeichnet. - Anspielung auf Psalm 14, 1 und 53, 2: „Die Toren sagen in ihrem Herzen: ‚Es gibt keinen Gott.‘“ Im hebräischen Text steht hier für „Gott“: „Elohim“. Lacan zitiert den Vers in Seminar 4 (Version Miller/Gondek, S. 428), wo er ihn irrtümlich dem Ekklesiastes zuschreibt, dem Prediger Salomo.
- Vielleicht eine Anspielung auf den Begriff des Weges im Buddhismus und im Daoismus (Dao heißt „Weg“).
- Kanonisierung: (a) Übernahme von Büchern in den Kanon, (b) Heiligsprechung.
- Das dürfte auch eine Anspielung auf die Probleme der Ausbildung von Psychoanalytikern sein. In Television hatte Lacan den Psychoanalytiker als „Heiligen“ bezeichnet, insofern er für denjenigen, der in Analyse geht, einen Abfall darstellt, einen Auswurf, den Ausschluss der jouissance, der (Un-)Lust jenseits des Lustprinzips, um es dem Patienten zu ermöglichen, ihn als Ursache des Begehrens zu nehmen, als Objekt a. (Vgl. J. Lacan: Television (1973). In: Ders.: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim u.a. 1988, S. 55–95, zum Heiligen: S. 70–72.)
- „Eskapade“ hier im Gegensatz zum „kanonischen Weg“.
Vielleicht auch eine Anspielung auf Blooms „Seitensprung“ – seine heimliche Korrespondanz mit Martha Clifford, auf die Lacan sich zwei Sätze später bezieht. - Im Ulysses ist Henry Flower das Pseudonym von Leopold Bloom; unter diesem Namen führt er eine heimliche Korrespondenz mit einer Martha Clifford.
- Vielleicht im Sinne von: Die Damen lachen über Bloom, und Bloom lacht darüber, dass sie über ihn lachen.
- Das escabeau / die Trittleiter ist das meisterhafte Sprechen; das verweist auf den discours du maître, den Diskurs des Herrn / des Meisters (vgl. Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse, 1969/70).
Die Beziehung von Joyce zum escabeau des meisterhaften Sprechens ist eine des Habens; das escabeau steht in einer Beziehung zum Körper, den man hat.
Lacan kommt zurück auf den Unterschied zwischen sinthome (bzw. saint homme) ohne p, und symptôme mit p. - Bloom ist Anzeigenakquisiteur.
- Vielleicht ist dies gemeint: Joyce kümmert sich nicht um seinen Körper (er sorgt nicht hinreichend für den Lebensunterhalt); dass der Mensch einen Körper hat, sagt ihm nichts; er lässt andere dafür zahlen (nämlich seinen Bruder Stanislaus).
- Soll angedeutet werden, dass die Bettelmönche Vorläufer des Wohlfahrtsstaats sind?
- L.O.M.: wenn man das buchstabiert, El-O-Em, ergibt sich „Elohim“, der hebräische Name für „Gott“.
Elohim: hebräischer Gattungsname für „Gott“, aber auch Eigenname für den Gott der Israeliten (den „Elohim Abrahams“); bezieht sich vor allem auf Gott als Schöpfer. Hier spielt Lacan offenbar auf den Namen-des-Vaters an.
Soin bedeutet „ Sorge“. Sorge ist ein Grundbegriff von Heideggers Sein und Zeit. - Dass der Mensch nicht nur einen Körper hat: Möglicherweise eine Anspielung auf die Seele als zweiten Körper.
Der andere Körper – hier ist vielleicht der genießende Körper gemeint, wobei das Genießen dadurch strukturiert ist, dass die Sprache auf es einwirkt. Das „Sprechen“ des genießenden Körpers ist das Unbewusste; vgl. die oben zitierten Passagen aus dem Encore-Seminar und aus Die Dritte.
Die Beziehung zum genießenden Körper ist keine des Habens: es gelingt ihm nicht, ihn sich zu eigen zu machen. - Lacan bezieht sich wieder auf den Gegensatz von „Körper haben“ und „Körper sein“. Wenn er Körper wäre, wenn er in der imaginären Beziehung ganz aufginge, käme es ihm nicht in den Sinn sich den genießenden Körper zu eigen zu machen, vielleicht im Sinne von: das Unbewusste trockenzulegen wie den Zuidersee.
- Positiv formuliert: Die Realität des Körpers besteht in der Idee – die Idee macht den Körper. In der imaginären Dimension wird der Körper durch das Körperbild bestimmt.
- Anspielung auf die antike Diskussion, ob die Idee, die Form, außerhalb des Körpers ist (Platon) oder im Körper (Hylemorphismus von Aristoteles).
- In der vierten Episode des Ulysses fragt Molly Bloom ihren Ehemann Leopold Bloom, was das Wort „Metempsychose“ (Seelenwanderung) bedeutet (Calypso-Episode; James Joyce: Ulysses. With an introduction by Declan Kiberd. Penguin Classics 2000, S. 77 f.). Sie liest, wie man später erfährt „met him pikhoses“ (Lästrigonen-Episode, a.a.O., S. 194), wörtlich übersetzt: „traf ihn Pik-Schläuche“. Mit „mes temps si choses“ versucht Lacan das im Französischen nachzubilden (vielleicht übernimmt er es aus einer französischen Übersetzung, ich habe das nicht überprüft). Wollschläger übersetzt mit „mit ihm zig Hosen“ (James Joyce: Ulysses. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979, S. 214).
Die Bemerkung über das, was Molly insofern nicht zugänglich war, als sie bereits da war, könnte sich auf folgende Passage in der Lästrygonen-Episode beziehen:
„Met him pikhoses she called it till I told her about the transmigration. (…) She’s right after all. Only big words for ordinary things on account of the sound. She’s not exactly witty. Can be rude too. Blurt out what I was thinking. Still I don’t know. She used to say Ben Dollard had a base barreltone voice. He has legs like barrels and you’d think he was singing into a barrel. Now, isn’t that wit. They used to call him big Ben. Not half as witty as calling him base barreltone. Appetite like an albatross. Get outside of a baron of beef. Powerful man he was at stowing away number one Bass. Barrel of Bass. See? it all works out.“ (Ulysses, hg. v. Declan Kiberd, a.a.O, S. 194)
In Wollschlägers Übersetzung:
„Mit ihm zig Hosen nannte sies, bis ich ihr von der Seelenwanderung erzählt hab dann. (…) Imgrunde hat sie ja durchaus recht. Bloß dicke Worte für ganz gewöhnliche Sachen, des Klanges wegen. Eigentlich geistreich ist sie ja nicht. Kann sogar auch ziemlich ordinär sein. Platzt mit Sachen raus, wo ich mir mein Teil höchstens denke. Trotzdem, ich weiß nicht. Sie sagte zum Beispiel immer, Ben Dollard wäre ne Baß-Baritonne. Nun hat er ja Beine wie Fässer, und man könnte tatsächlich meinen, er sänge in eine Tonne. Nun also, ist das etwa nicht geistreich? Sonst wurde er immer Big Ben genannt. Nicht halb so witzig wie Baß-Baritonne. Appetit wie ein Albatros. Vertilgt glatt die beiden ungeteilten Lendenstücke eines Rinds: Fassungsvermögen wie ein Barrashengst. Und das erstklassige Bass-Bier, was er an der Bar so verstaut, direkt unwahrscheinlich! Faß, Baß, Bass, Bariton. Na? Ist doch alles drin.“ (Ulysses, a.a.O., S. 214 f.)
Mit „ohne es sich zu sagen“ übersetzt Lacan vermutlich die Wendung „ohne sich dessen bewusst zu sein“.
Molly hat einen Zugang zu Lalangue, zur Sprache in ihrer Mehrdeutigkeit und verfügt damit über ein Wissen, von dem sie nichts weiß. - Das „Reservat“ ist möglicherweise Lalangue, das Netz der „Buchstaben“, der mit einem Genießen verbundenen sprachlichen Elemente.
- Damit könnte gemeint sein: In Finnegans Wake versucht Joyce, das Reservat von Lalangue möglichst vollständig zu erkunden.
- ICS: Abkürzung für „inconscient“, unbewusst, Ubw: Freuds Abkürzung für „Unbewusstes“.
Möglicherweise will Lacan andeuten, dass er, Lacan, die Formel des escabeau gefunden hat, in Gestalt des Joyce-Knotens aus vier Ringen, den er in Seminar 23 entwickelt hat. - Lacan bezieht sich auf die Lautähnlichkeit von „Joyce“ und „joy“ (Freude), von „Freud“ und „Freude“ und damit auf jouissance, Genießen, Triebbefriedigung. Es geht um das Unbewusste als Beziehung zwischen den sprachlichen Elementen und dem Genießen.
- Lacan bezieht sich hier auf die maßgebliche Joyce-Biographie: Richard Ellmann: James Joyce (1959). 2 Bde. Übersetzt von Dieter E. Zimmer. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979; vgl. bei Ellmann im Register die Stellen zu „Freud“ (eine überarbeitete englische Ausgabe erschien 1982).
Von Ellmann erfährt man, dass Joyce Freud verachtete, von dem er einiges gelesen hatte; die Ähnlichkeit Freud – Freude sowie Joyce – Joy war Joyce vertraut.
Mich drängt die Zeit: Joyc das Symptom II ist nicht die Transkription eines gesprochenen Vortrags, sondern ein für den Druck bestimmter geschriebener Text, also ist „mich drängt die Zeit“ vermutlich eine Anspielung auf die Funktion der Hast, die anschließend erwähnt wird. - Anspielung auf Lacans Überlegungen zur Funktion der Hast in der Logik, in: Die logische Zeit und die Assertion der antizipierten Gewissheit (1945). In: Ders.: Schriften III. Hg. v. Norbert Haas. Walter-Verlag, Olten u. Freiburg i.Br. 1980, S. 123–171.
Gewissheit entsteht nur durch den Akt, und der Akt ist immer überstürzt. - Anspielung auf eine Passage zu Sindbad dem Seefahrer in Ulysses.
„With? Sinbad the Sailor and Tinbad the Tailor and Jinbad the Jailer and Whinbad the Whaler and Ninbad the Nailer and Finbad the Failer and Binbad the Bailer and Pinbad the Pailer and Minbad the Mailer and Hinbad the Hailer and Rinbad the Railer and Dinbad the Kailer and Vinbad the Quailer and Linbad the Yailer and Xinbad the Phthailer.“ (Ithaka-Episode (=17. Kapitel), Schluss; Penguin Classics 2000, S. 871)
Wollschläger übersetzt so:
„Mit? Sindbad dem Seefahrer und Tindbad dem Teefahrer und Findbad dem Feefahrer und Rindbad dem Rehfahrer und Windbad dem Wehfahrer und Klindbad dem Kleefahrer und Flindbad dem Flehfahrer und Drindbad dem Drehfahrer und Schnindbad dem Schneefahrer und Gindbad dem Gehfahrer und Stindbad dem Stehfahrer und Zindbad dem Zehfahrer und Xindbad dem Ehfahrer und Yindbad dem Sehfahrer und Blindbad dem Phthefahrer.“ (A.a.O., S. 948)
Zeugma ist eine rhetorische Figur. Hier besteht das Zeugma darin, dass das Wort „vergiftet“ im ersten Bezug eine eigentliche Bedeutung hat (durch das Ohr vergiftet), im zweiten Bezug uneigentlich verwendet wird (durch sein Symptom der Frau vergiftet).
„das, was nicht aufhört geschrieben zu werden“: Anspielung auf Lacans Definition des Notwendigen (Seminar 20).
Zu Hamlet: Nachdem Hamlet den Mörder seines Vaters, des Königs, getötet hat – seinen Onkel Claudius, der durch den Mord zum König wurde –, und nachdem er selbst im Duell getötet worden ist, übernimmt der Norwegerkönig Fortinbras die Macht im Staate Dänemark. - Habeas Corpus ist das Recht eines Verhafteten auf Haftprüfung durch ein Gericht, Grundlage des Rechtsstaats. Der lateinische Ausdruck bedeutet wörtlich „Du sollst den Körper haben“.
- „l’on l’a, l’on l’a de l’air, l’on l’aire, de l’on l’a“: offenbar führt Lacan hier Lalangue vor (die durch Lautbeziehungen und Mehrdeutigkeiten bestimmte Sprache); man denke an das Lallen oder Brabbeln eines Säuglings oder auch an Lieder, mit denen Kinder zum Einschlafen gebracht werden. Es soll vorgeführt werden, dass es ein Sprechen gibt, das keinen bestimmbaren Sinn hat und mit dem Genießen verbunden ist. Dennoch lassen sich einige Sinnsplitter erkennen:
– Man hat es aus der Luft / vom Lied: dies könnte auf Lalangue verweisen, wie sie in dieser Wendung vorgeführt wird, auf Lalangue als Ursache des Symptoms.
– Man lässt es horsten: Man lässt es sich einnisten, nämlich im Körper. - Joyce war ein guter Tenorsänger und hat 1904 damit sogar einen Preis gewonnen (siehe hier).
- Anspielung auf Lacans Formel „Eine Frau ist ein Symptom eines Mannes“ (zuerst in Seminar 22 von 1974/75, RSI; vgl. diesen Blogartikel.
- Nicht alle: Lacan spielt hier auf die sogenannten Formeln der Sexuierung an, die er in den Seminaren 18 bis 20 entwickelt hatte und in denen die Seite der Frauen durch den Quantor nicht alle charakterisiert wird. Von daher meint „Sie sind nicht alle so“: Nicht alle Frauen unterliegen der phallischen Funktion. „Nämlich von daher, dass man ihn hat“ = „nämlich von daher, dass man der phallischen Funktion unterliegt“.
- Vermutlich im Sinne von: Sokrates war fasziniert vom logischen Widerspruch in der Erklärung von Grundbegriffen, und er erhaschte dieses Symptom im Flug: beim anderen im Gespräch.
- Im Dialog Theaitetos vergleich Sokrates seine Art der Gesprächsführung mit der Hebammenkunst.
- Aufnahme des Titel-Themas „Joyce das Symptom“.
- „du destin en force“: Anspielung auf Verdis Oper La forza del destino, „Die Macht des Schicksals“ (1862). Lacan bezieht sich auf die folgenden Passagen in Finnegans Wake (Faber und Faber, London 1939):
S. 162: „(…) (the compositor of the farce of dustiny however makes a thunpledrum mistake by letting off this pienofarte effect as his furst act as that is where the juke comes in) (…).“
S. 509: „He could claud boose his eyes to the birth of his garce, he could lump all his lot through the half of her play, but he jest couldn’t laugh through the whole of her farce becorpse he warn’t billed that way.“
Auf S. 413 von Finnegans Wake findet man die Formulierung „force of destiny“. - Anspielung auf Lacans Aufsatz Die logische Zeit und die Assertion der antizipierten Gewissheit. Ein neues Sophisma (1945). Übers. v. Hans-Joachim Metzger. In: J.L.: Schriften III. Walter-Verlag, Olten u.a. 1980, S. 123–171.
Die Hast die ist Zeitlichkeit des Akts, der immer überstürzt ist und einzig Gewissheit ermöglicht. - In der ersten Fassung dieses Textes, Joyce das Symptom I, sagt Lacan, dass er, als er siebzehn war, eine Lesung von Joyce in der Buchhandlung Monnier gehört habe; vgl. hier.
- Rektion: Begriff der Grammatik, der sich darauf bezieht, dass ein Wort die grammatische Form eines anderen Ausdruck bestimmt (z.B. „ich sehe ihn“: das Verb „sehen“ verlangt den Akkusativ, also „ihn“ statt z.B. „ihm“). Von lateinisch „rectio“: Lenkung, Leitung, Regierung.
Vermutlich eine doppelte Anspielung. Zum einen auf eine Szene im vierten Kapitel von Ulysses (Calypso-Episode), in dem Bloom eine Zeitung als Toilettenpapier verwendet (vgl. Ulysses, Wollschläger-Übersetzung, a.a.O., S. 96–98). Zum anderen auf das Wortspiel „a letter, a litter“ (ein Buchstabe, ein Abfall), das Lacan Joyce zuschreibt und auf das es sich im Poe-Aufsatz (1956) und in Lituraterre (1971) bezogen hatte. (Vgl. J. Lacan: Das Seminar über „Der gestohlene Brief”. In: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 12–76, hier: S. 30.– J. Lacan: Lituraterre. In: Ders.: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 11–20, hier: S. 11; dt. in: Seminar 18 von 1971, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, meine Übersetzung, Sitzung vom 12. Mai 1971, im Internet hier.)
Zu „mettre au jour“ (an den Tag bringen, offenbaren, aufdecken): Joyce bezeichnet Finnegans Wake auch als sein nightbook, sein „Nachtbuch“. - Lalangue: Neologismus von Lacan, aus „la langue“ (die Sprache). Lalangue ist die Muttersprache, im Sinne von: die Sprache, die die Mutter aus der Perspektive des kleinen Kindes spricht, mit Betonung der auf dem Klang beruhenden Mehrdeutigkeiten. Lacan verwendet den Ausdruck zum ersten Mal am 4. November 1971, im ersten Vortrag seiner Vortragsreihe mit dem Titel „Le savoir de l’analyste“ (Das Wissen des Analytikers) (vgl.: J. Lacan: Ich spreche zu den Wänden. Turia und Kant, Wien u. a. 2013, S. 18). Zu beachten ist, dass Lacan hier von der „französischen“ Lalangue spricht, er verwendet den Ausdruck also nicht in Abgrenzung zu langage im Sinne der Nationalsprache.
Das Symptom, sagt Freud, ermöglicht Triebbefriedigung in Form einer Ersatzbefriedigung (vgl. etwa: S. Freud: Das Unbehagen in der Kultur. In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2000, S. 191–270, hier: 237). - Ausschluss des Sinns: Anspielung auf den Begriff des Realen: Das Reale ist das, was vom Sinn ausgestoßen ist, heißt es in Seminar 22 von 1974/75, RSI (Sitzung vom 11. März 1975).
- Gegensatz von Vermutung und Wissen.
- Wohl auch eine Anspielung auf den Titel Finnegans Wake. Wake meint ja nicht nur die Totenwache, sondern, als Verb, auch das Erwachen.
- Betrogener des Vaters: Anspielung auf den Titel von Lacans Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent (Die Nicht-Betrogenen irren), lautgleich mit „Les noms du père“ (Die Namen des Vaters).
- Lacan spielt hier ein zweites Mal darauf an, dass Edith Rockefeller McCormick Joyce angeboten hatte, ihm eine Analyse bei C.G. Jung zu finanzieren, was Joyce ausschlug (vgl. Ellmann, a.a.O., S. 713 f.).
- Lacan: „Von daher bringe ich vor, daß das mondlandende LEM, also die als Apparat realisiert Formel Newtons, davon zeugt, daß das Trajekt, das es ohne Ausgabe dorthin getragen hat, unser Produkt ist, oder auch: Herrenwissen.“ (J. Lacan: Radiophonie (1970). Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: J. Lacan: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim u.a. 1988, S. 5–54, hier: S. 26)
- Vgl. Jacques-Alain Miller: Nachwort, in dem eins zum anderen führt. In: J. Lacan: Das Symptom. Das Seminar, Buch XXIII (1975–76). Turia und Kant, Wien 2017, § 5, „Sublimierung = Trittschemel“.– Colette Soler: Lacan lecteur de Joyce. Puf, Paris 2015, S. 154.– Eric Laurent: L’envers de la biopolitique. Navarin, Paris 2016, S. 97, 103.
- Erik Porge: La sublimation, une érotique pour la psychanalyse. Érès, Toulouse 2018, S. 204–206.
- Vgl. Seminar 12 von 1964/65, Schlüsselprobleme für die Psychoanalyse, Sitzung vom 6. Januar 1965, meine Übersetzung hier.