Lacans Formeln
Die Formeln der Sexuierung
Artemisia Gentileschi, Judith enthauptet Holofernes
ca. 1620, Öl auf Leinwand, 146 x 108 cm,
Florenz, Uffizien
Seit 1969 erklärt Lacan: „Es gibt kein sexuelles Verhältnis.“1 Was in etwa heißen soll: Im Unbewussten gibt es keine Polung auf einen Partner des biologischen Gegengeschlecht. Die ausführliche Fassung dieser Sentenz lautet: „Es gibt kein sexuelles Verhältnis beim sprechenden Wesen“2 – die Tatsache, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, ist damit verbunden, dass der Mensch spricht.
In den „quantischen Formeln der Sexuierung“3 versucht Lacan, die Struktur dieses Nicht-Verhältnisses präziser zu fassen. Sie sehen so aus:
Quantische Formeln der Sexuierung
Lacan entwickelt die vier Formeln zwischen 1971 und 1974 in den Seminaren 18 bis 21, in der Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers sowie in dem Aufsatz L’étourdit.
Im Folgenden gebe ich zunächst einen Überblick über die Formeln. Dann skizziere ich den theoretischen Hintergrund „intuitiv“, also ohne Formeln. Danach erläutere ich, wie Lacan die Quantoren „einige“ und „alle“ sowie die Negation verwendet, was er unter einer Funktion versteht und warum er genau vier Formeln verwendet. Am Schluss versuche ich, die Hauptstoßrichtung der Formeln einzukreisen.
Der Ausdruck „Lust“ steht in diesem Artikel immer für jouissance; eine Begründung für diese Übersetzung findet man in diesem Blogartikel.
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Dieser Artikel ist ein non-work in progress. Ich befasse mich seit einiger Zeit mit den Formeln der Sexuierung und möchte das fortsetzen, vor allem durch die Übersetzung von Seminar 19, „… oder schlimmer“ (1971/72). Der Text ist für mich vor allem dazu da, um ihn von Zeit zu Zeit zu korrigieren. Offene Fragen habe ich im Text vermerkt und bisweilen mit einer Art „Erledigungskästchen“ versehen: /_/ Hinweise zu den Versionen findet man in der hier folgenden Anmerkung:4
Die vier Formeln
Erläuterungen der Sexuierungsformeln beschränken sich häufig auf Lacans Kurzdarstellung im Encore-Seminar. Dieser Text ist jedoch nur eine kleine Station auf einem Weg, der früher beginnt und danach fortgesetzt wird.
– Die Ausarbeitung der Sexuierungsformeln beginnt in der zweiten Hälfte von Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre (1971), in der Sitzung vom 17. März 1971 (Übersetzung auf dieser Website hier).
– Sie setzt sich in Seminar 19 fort (… oder schlimmer, 1971/72), dort in nahezu jeder Sitzung. Die endgültige Fassung der Formeln findet man zuerst in Seminar 19, in der Sitzung vom 12. Januar 1972 (vgl. Version Miller, S. 39). (Eine Übersetzung dieses Seminars auf dieser Website ist in Arbeit, siehe hier.)
– Parallel zu Seminar 19 hält Lacan eine Vorlesungsreihe mit dem Titel Das Wissen des Psychoanalytikers, auch hier äußert er sich zu den Sexuierungsformeln (Miller hat die entsprechenden Vorträge aus Das Wissen des Psychoanalytikers in seine Ausgabe von Seminar 19 integriert).
– Hiernach erläutert Lacan die Formeln in dem Aufsatz L’étourdit (1972).5 Eine (Teil-)Übersetzung dieses Aufsatzes durch Max Kleiner findet man auf dieser Website hier.
– In Seminar 20, Encore (1972/73), spricht Lacan in den Sitzungen vom 13. Februar 1973, vom 20. Februar 1973, vom 13. März 1973, vom 20. März 1973 und vom 20. April 1973 über die Formeln.
– Auch in Seminar 21, Les non-dupes errent (1973/74) kommt er öfter auf die Formeln zurück: in den Sitzungen vom 19. Februar, 9. April und 14. Mai 1974.
– Eine kurze Bemerkung zum „nicht-alle“ findet man schließlich in Television, einem Fernsehinterview, das 1973 aufgenommen und 1974 gesendet wurde.6
Lacan notiert die vier Ausdrücke in der Schreibweise der sogenannten Quantorenlogik (auch „Prädikatenlogik“ geheißen). Dabei handelt sich, wie er betont, um eine Imitation7 – mit Lacans Formeln kann man keine logischen Ableitungen vollziehen. Die Formeln sind „quantisch“, insofern in ihnen „Quantoren“ verwendet werden, d.h. die Ausdrücke „es existiert“ () und „alle“ (); man findet sie zu Beginn der vier Formeln.
Das Wort sexuation („Sexuierung“), ist offenbar ein von Lacan erfundener Neologismus, aufbauend auf dem gebräuchlichen Adjektiv sexué, „geschlechtlich differenziert“; der Terminus soll darauf verweisen, dass das Geschlecht nicht gegeben ist, sondern in gewissem Sinne gewählt wird. Lacan spricht von den „quantischen Formeln der Sexuierung“; In der Sekundärliteratur hat sich die Kurzbezeichnung „Formeln der Sexuierung“ eingebürgert.
Lacan verwendet Formeln, die an die Quantorenlogik angelehnt sind, da er der Auffassung ist, dass das sexuelle Nicht-Verhältnis eine logische Struktur hat. Das Unbewusste ist strukturiert wie eine Sprache, das heißt in diesem Fall: wie die geschriebene Sprache von Lacans Logik-Adaption. Die Logik dreht sich, in Lacans Sicht, um eine Reihe von Unmöglichkeiten, und damit um das Reale; Lacans These lautet: Das Reale der Logik entspricht dem Realen des sexuellen Verhältnisses.
Die beiden rechten Ausdrücke werden von Lacan der „Frau-Seite“ zugerechnet, die beiden linken der „Mann-Seite“. Man sieht auf einen Blick, selbst wenn man noch gar nichts versteht, worin die Seiten sich unterscheiden: in der Art, wie die Quantoren ins Spiel kommen. Auf der rechten Seite haben die Quantoren einen Negationsstrich (, ), auf der linken Seite nicht (, ). Ansonsten sind Frau-Seite und Mann-Seite gleich.
Lacan spricht von zwei „Hälften“.8 Mit den beiden Hälften sind nicht die biologischen Geschlechter gemeint, sondern, so könnte man sagen, die männliche und die weibliche Position („Position“ ist nicht Lacans Terminus).
In Seminar 21 spricht Lacan von seinen „Schemata der sexuellen Identifizierung“9 und, bezogen auf die vier Formeln, von „vier Optionen der sexuierten Identifizierung“10; die Einschreibung in eine der beiden Seiten ist eine bestimmte Form der Identifizierung, genauer: der doppelten Identifizierung, da ja immer zwei Formeln ins Spiel kommen.
Die Terme
Die Symbole (umgedrehtes E) und (umgedrehtes A) repräsentiern sogenannte Quantoren, d.h. sie stehen für „einige“ und „alle“.
Das Symbol , eine Notation für den sogenannten Existenzquantor, bedeutet für gewöhnlich „Es gibt mindestens ein“, „Es existiert mindestens ein“. Möglicherweise verwendet Lacan den Ausdruck in der hiervon abweichenden Bedeutung von „Es gibt nur ein“ (siehe dazu weiter unten die Ausführungen zu „einige“).
/_/ Wie genau verwendet Lacan den Existenzquantor?
, eine Notation für den Allquantor, ist als „alle“ zu lesen. In Lacans Adaption dieses Terms bezieht sich „alle“ auf eine abgegrenzte Totalität, auf eine Ganzheit, die durch eine Grenze bestimmt ist.
Der Buchstabe x fungiert als Variable im Sinne der Logik. Ohne Quantor wäre x eine „freie Variable“, d.h. eine Leerstelle. In den Formeln steht x in Verbindung mit Quantoren, in Gestalt von ∃x oder ∀x; durch diese Kombination wird x zu einer „gebundenen Variablen“ – die Variable x ist durch den Quantor „gebunden“. Sie ist gebunden, das heißt, ihr ist ein bestimmter Objektbereich zugeordnet.11
Für x kann man Elemente eines bestimmten Bereichs einsetzen. Der Bereich, auf den Lacan sich mit dem x in den Formeln bezieht, ist die jouissance, die Lust.
„Die jouissance [ist] die Variable in der mit x geschriebenen Funktion“12,
heißt es in Seminar 18 bei der Einführung der Formeln.
Der waagerechte Strich – der Überstrich ‾ über den Ausdrücken – steht für eine Negation, also für „nicht“.
In den Formeln negiert Lacan nicht nur, wie es üblich ist, das Prädikat (in den Formeln ist dies Φ), sondern auch die Quantoren ∀und ∃ bzw. die gebundenen Variablen ∀x und ∃x. Er betont, dass die Negation der Quantoren in der Mathematik nicht gebräuchlich ist.13 Man findet diese Art der Negation jedoch bereits vor Lacan bei Robert Blanché; es ist nicht bekannt, ob Lacan Blanché gelesen hat.14
ist die Negation des Existenzquantors mitsamt der Variablen, zu lesen als: „Es gibt nicht ein“, „Es existiert nicht ein“.
heißt bei Lacan „nichtalle“ (pastoute) (zusammengeschrieben)15 oder „nicht-alle“ (pas-toute) (mit Bindestrich)16. Es gibt hier ein Übersetzungsproblem. Lacan verwendet die weibliche Form Singular (toute), die sich im Deutschen nicht mit „alle“, wohl aber mit „jede“ nachbilden lässt: „nichtjede“ bzw. „nicht-jede“. Dabei geht jedoch der Bezug auf das „alle“ im Sinne einer abgeschlossenen Totalität, einer Allheit, verloren, der von Lacan aber gerade gemeint ist. Deshalb ist „nichtalle“ oder „nicht-alle“ wohl meist die bessere Übersetzung, auch wenn damit der Bezug auf das weibliche Geschlecht unerkennbar wird.
Der Buchstabe groß Phi, also Φ, steht für „Phallus“. Φ ist den Formeln das (logische) Prädikat. Zu dem Zeitpunkt, in dem Lacan die Formeln der Sexuierung zu entwickeln beginnt, ist für ihn der Phallus der Signifikant der Lust, und zwar speziell derjenigen Lust, die aufgrund der Einwirkung der Sprache verloren gegangen ist. Den durch die Sprache erlittenen Lust-Verlust nennt er „Kastration“.17 Damit ist der Phallus der Signifikant für die Kastration.
/_/ Ob Lacan den Ausdruck Phallus in den Seminaren 18 bis 21 weiterhin so verwendet, ist mir nicht klar. Vorläufig setze ich für Phallus ein: „Signifikant für die Kastration im Sinne des durch die Sprache erlittenen Lust-Verlusts“.
Der Phallus ist nicht der Penis, aber er steht in einer Beziehung zum Penis. In früheren Texten ist der symbolische Phallus beispielsweise der Penis, insofern er fehlt oder fehlen kann.
/_/ Welche Beziehungen stellt Lacan im Zusammenhang der Formeln zwischen Phallus und Penis her?
Φx kann als „Phi von x“ gelesen werden. Gemeint ist die Lust (x), insofern sie durch das Verhältnis zum Phallus-Signifikanten (Φ) bestimmt ist. In Seminar 18 heißt es,
„worum es jetzt geht, bei dem, was ich ‚Φ von x‘ schreibe, was nämlich dies ist, dass die Lust – die Variable in der mit x geschriebenen Funktion – durch das Verhältnis zu dem Φ verortet ist, das hier den Phallus bezeichnet“18.
Φx steht also in den Formeln vermutlich für die Lust, insofern sie durch die Sprache einen Verlust erlitten, der durch den Phallus-Signifikanten symbolisiert wird.
Die Zeichenfolge Φx entspricht dem, was Lacan in anderen Seminaren als jouissance phallique bezeichnet, als „phallische Lust“ bzw. „phallisches Genießen“ (vgl. diesen und diesen Blogartikel).
Der Ausdruck Φx – Phallus plus Variable – wird von Lacan als „phallische Funktion“ bezeichnet; der Ausdruck ist insofern eine Funktion, als er als Zuordnungsvorschrift fungiert (eine Erläuterung des Funktionsbegriffs findet man weiter unten).
Was hat man sich „klinisch“, also unter dem Aspekt der Symptombildung, unter der phallischen Funktion bzw. der phallischen Lust vorzustellen? Eine mir einleuchtende Erläuterung hat Geneviève Morel gegeben. Die phallische Funktion ist demnach eine Lust von der Kastration her; Verbot und Verlust ermöglichen eine jouissance. Das ist charakteristisch für die Neurose und, Freud zufolge, das Hindernis am Ende der Analyse. Und das heißt auch: Wenn es um Lust geht, taucht ein „Das ist es nicht“ auf, wodurch sich die erreichte Lust auf enttäuschende Weise von der erwarteten Lust unterscheidet.19
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Jede Formel besteht aus zwei Teilen: Sie beginnt mit einem Quantor (also ∀ oder ∃) gefolgt von der Variablen x; danach steht das Prädikat Φ, auf das ein weiteres Mal die Variable x folgt. Ein Punkt trennt die beiden Komponenten, den Quantor und das Prädikat; er dient nur der Verdeutlichung und kann auch wegfallen.
Sowohl auf der Mann-Seite wie auf der Frau-Seite wird der Phallus in der oberen Formel negiert, in der unteren Formel nicht negiert, also affirmiert. Damit lässt sich bereits eine polemische Stoßrichtung der Formeln erahnen: Die beiden Seiten unterscheiden sich nicht etwa dadurch, dass die auf der einen Seite den Phallus haben und die anderen ihn nicht haben. Sondern wodurch? Durch die Art, wie beim Phallusbezug (bei der Strukturierung der Lust durch den Kastrationskomplex) die Quantoren ins Spiel kommen.
Die Formeln
Lacan zufolge muss sich jeder Mensch auf einer der beiden Seiten einschreiben.20 Die Formeln stellen also eine Struktur dar, die unabhängig ist von der Frage, ob jemand ein Neurotiker, ein Perverser oder ein Psychotiker ist (das sind Lacan zufolge die drei psychischen Grundstrukturen). Für die Psychose (die durch die Verwerfung des Namens-des-Vaters charakterisiert ist) ergibt sich hieraus: Die Sexuierung ist unabhängig vom Namen-des-Vaters.21
Auch biologische Männer können sich, Lacan zufolge, auf der Frau-Seite einschreiben.22
Jede der vier Formeln ist eine Aussage (oder Proposition) im Sinne der Logik, d.h. ein Ausdruck, der entweder wahr oder falsch ist. In der Terminologie der Logiker: Jede Formel hat einen von zwei „Wahrheitswerten“: wahr oder falsch, W oder F.
Mann-Seite: All-Aussage
In einen sprechbaren Satz verwandelt: „Für alle x gilt: x ist Phi.“
Im Encore-Seminar paraphrasiert Lacan diese Formel so:
„Der Mann schreibt sich als ‚alle‘ in die Φx genannte Funktion ein.“23
In Seminar 21 liest er sie folgendermaßen:
„Irgendwo gibt es , nämlich dass alle davon [von Φx] eine Funktion bilden.“24
Was man so umformulieren kann: Alle x bilden eine Funktion von Φ.
Auf der Seite des Mannes ist alle Lust, alle jouissance, mit dem Phallus-Signifikanten verbunden, mit dem Signifikanten des sprachlich induzierten Lustverlusts, mit dem Signifikanten der Kastration. Mehr als zehn Jahre zuvor hatte Lacan es so formuliert, dass „es keine Virilität gibt, die nicht durch die Kastration abgesegnet ist“25
Die Formel besagt also: Auf der Mann-Seite wird die Lust (x) durch den Bezug auf den Phallus-Signifikanten (und also durch die Kastration) zentriert (Φx); hierdurch hat die Lust den Charakter einer abgegrenzten Totalität (∀x). Das gemeinsame Merkmal der Männer ist nicht etwa, dass sie einen Penis haben, sondern dass ihre Lust an ein Kastrationssymbol gebunden ist.
Die Formel meint nicht, dass für Männer gilt, dass all ihre Lust durch den Kastrationskomplex strukturiert ist, sondern dass geschlechtlich nicht spezifizierte Wesen dann der Mann-Seite zuzurechnen sind, wenn ihre Beziehung zum Kastrationskomplex die Form eines „alle“ annimmt.
Was könnte das „klinisch“ heißen, also in Bezug auf die Strukturierung des Symptoms? Ist gemeint, dass die sexuelle Lust durch die Beziehung zu einer unerreichbaren Lust geprägt ist, welche die Lust des sexuellen Verhältnisses wäre, dass also die Lustbefriedigung unbewusst eine Verlusterfahrung ist? Geht es Lacan darum, dass die mit dem Symptom verbundene Lust letztlich auf dieser Verlust-Konnotation beruht? So deutet Morel diesen Zusammenhang.26
Nächste Frage: Was könnte es heißen, dass die Formel eine Aussage ist, also dass sie wahr oder falsch ist? In L’étourdit heißt es zu dieser Formel:
„für jedes x ist Φx erfüllt, was mit einem W, das den Wahrheitswert notiert, übersetzt werden kann. In den analytischen Diskurs übersetzt, dessen Praxis darin besteht, Sinn zu machen, ‚bedeutet‘ das, dass sich jedes Subjekt als solches – denn da ist der Einsatz dieses Diskurses – in die phallische Funktion einschreibt, um der Abwesenheit des sexuellen Verhältnisses abzuhelfen (die Praxis, Sinn zu machen, besteht eben darin, sich auf diesen Ab-Sinn / diese Abwesenheit (ab-sens) zu beziehen)“27.
Die Praxis der Psychoanalyse besteht im Deuten, also in der Aufdeckung eines verborgenen Sinns, in der Erzeugung eines Wahrheitseffekts. Das Deutung wiederum bezieht sich auf das Symptom. Vielleicht ist dies gemeint: Das Symptom ist gänzlich durch den Signifikanten der Kastration bestimmt, durch den Bezug auf eine Lust, die durch die Sprache unzugänglich ist28, und das das so strukturierte Symptom kann durch Deutung erschüttert werden.
/_/ Was ist klinisch damit gemeint, dass ∀xΦx den Wahrheitswert „wahr“ hat?
Über Φ heißt es in Encore, dass er auf der männlichen Seite als Stütze des Subjekts fungiert und auch im S1 inkarniert werde, im Herrensignifikanten.29 Damit spricht Lacan den Zusammenhang von Männlichkeit und Herrschaft an.
/_/ Was heißt es konkret, dass der Phallus auf der männlichen Seite als Herrensignifikant fungiert?
Mann-Seite: Existenz-Aussage
Das kann man so lesen: „Es existiert mindestens ein x, für das gilt: x ist nicht Phi.“
In Seminar 20 spricht Lacan in Bezug auf diese Formel von der
„Existenz eines x, durch das die Funktion Φx negiert wird: “30.
In Seminar 21 liest er die Formel so:
„Irgendwo gibt es etwas, das zu Φx nein sagt.“31
In L’étourdit heißt es zu dieser Formel:
„als Ausnahme gibt es den Fall – der in der Mathematik geläufig ist (das Argument x = 0 in der Exponentialfunktion 1/x) –, dass ein x existiert, für welches Φx, die Funktion, nicht erfüllt ist, was heißt, dass sie, da sie nicht funktioniert, faktisch ausgeschlossen ist.“32
Ich verstehe die Formel so: Es gibt mindestens eine Lust, eine jouissance, die nicht durch den Phallus-Signifikanten symbolisiert wird, die also nicht der Kastration unterworfen ist.
Im Encore-Seminar heißt es:
„für den Mann, wenn nicht von Kastration her, das heißt von etwas her, das nein sagt zu der phallischen Funktion, gibt es keine Chance, daß er Genuß habe vom Körper der Frau, anders gesagt, Liebe mache.„33
Die Kastration erfolgt dadurch, dass es etwas gibt, das zur phallischen Funktion nein sagt, etwas, das nicht kastriert ist. Der Kastrator ist der Nicht-Kastrierte. Die Kastration wiederum ist die Bedingung der Kopulation.
Zur Erläuterung dieser Formel verweist Lacan immer wieder auf den freudschen Urvater, der Lust an „allen“ Frauen hat, was unmöglich sei, da es „alle“ Frauen nicht gebe, wie von der Formel unten rechts angezeigt werde.34 Der Urvater hat Lust an „allen“ Frauen, d.h. an Der Frau, wie Lacan es auch formuliert.
Das Reale ist das Unmögliche; das Genießen aller Frauen ist unmöglich; der Urvater als Ausnahmewesen ist demnach der „reale Vater“, von dem in Seminar 17 die Rede war.35
Die Formel oben links bezieht sich also auf den Vater, nicht auf den Vater an sich selbst, sondern auf die Beziehung zum Vater, auf den Vater, wie er in der Perspektive von jemandem erscheint, der sich auf der Seite der Männer einreiht. („Der Vater ist immer nur ein Referenzpunkt“, sagt Lacan.36) Sicherlich hat der Vater für die Bewohner der Mann-Seite hier viele Aspekte; der entscheidende ist, den Formeln zufolge, dass er als jemand erscheint, der seine Lust ohne Einschränkung befriedigen kann, und dass er aufgrund dieser Nicht-Kastriertheit die Kastration vollzieht.
Die Negation bezieht sich hier auf die Kastration; das ist, wenn ich recht sehe, eine neue Deutung der mit dem Vater verbundenen Negation. In früheren Texten von Lacan war das Nein des Vaters das „Gesetz“, d.h. das Inzestverbot. In den Formeln der Sexuierung bezieht sich die Negation nicht auf die Beziehung Mutter – Kind, sondern auf die Kastration, sie ist es, die negiert wird.
Der Befehl zum reinen Genießen ist, Lacan zufolge, das Über-Ich.37
/_/ In welcher Beziehung steht die Formel oben links zum Über-Ich?
Verhältnis zwischen den beiden Formeln auf der Mann-Seite
Die Beziehung zwischen den beiden Formeln auf der Mann-Seite ist ein logischer Widerspruch: Wenn alle x ein bestimmtes Merkmal haben, kann nicht zugleich wahr sein, dass es auch nur ein einziges x gibt, das nicht über dieses Merkmal verfügt. Wenn beispielsweise wahr ist, dass alle Menschen der „Kastration“ unterliegen, kann für einen Logiker nicht zugleich wahr sein, dass es auch nur einen Menschen gibt, der nicht der „Kastration“ unterliegt).
Lacan deutet den Widerspruch als Bedingungsverhältnis (Lacan verfolgt offenbar das Projekt einer dialektischen Logik). Die männliche Position beruht auf dem Widerspruch zwischen der Allaussage und der Existenzaussage.
Das alle in der Beziehung zur phallischen Funktion (Formel links unten) beruht genau darauf, dass diejenigen, die diese Position einnehmen, sich bewusst oder unbewusst auf ein Ausnahmewesen beziehen, dessen Sexualgenuss gerade nicht durch die phallische Funktion bestimmt ist, anders gesagt: dessen Lust nicht der Einschränkung unterliegt (Formel links oben). Das entspricht im Urvatermythos den Söhnen, die darauf verzichten, Lust an „allen Frauen“ zu haben (Allaussage), wobei sie diese dem Vater zuschreiben (Existenzaussage).
Die „phallische Funktion“ steht für den durch die Sprache herbeigeführten Lust-Verlust, der durch den Phallus symbolisiert wird; die Konstruktion eines mythischen Urvaters – eines Wesens ohne Lustverlust – ist offenbar eine Bedingung dafür, um den Lust-Verlust akzeptieren zu können.
Man könnte auch sagen: Auf der männlichen Seite besteht die sexuelle (oder sexuierte) Identifizierung im Widerspruch zwischen der Universalität der Kastration und der Ausnahmeexistenz des unkastrierten Vaters.
Die auf der Mann-Seite Seite verortete Lust hat also dadurch eine Grenze (bildet dadurch ein „alle“ im Sinne einer abgegrenzten Totalität), dass sie sich auf ein Ausnahmewesen bezieht, dass nicht der Kastration unterliegt.
Im Encore-Seminar heißt es über die Formel oben links:
„Das ist das, was man als Funktion des Vaters bezeichnet, aus welcher – durch die Negation der Proposition Φx – das hervorgeht, wodurch der Vollzug dessen begründet wird, was für das sexuelle Verhältnis – insofern es auf keine Weise eingeschrieben werden kann – einen Ersatz bildet, das, was durch die Kastration hierfür einen Ersatz bildet.“38
Die Funktion des Vaters besteht darin, dass er die Kastration vollzieht. Diese bildet einen Ersatz für das nicht-schreibbare sexuelle Verhältnis. Der Vater führt die Kastration (wenn man diesem Hinweis folgt) nicht etwa dadurch herbei, dass er ein Verbot über die Mutter verhängt und eine Drohung ausspricht , sondern dadurch, dass er die phallische Funktion negiert, d.h. insofern er dem Subjekt als derjenige erscheint, der gerade nicht kastriert ist, und er schließt die Söhne nicht von der Mutter aus, sondern von „allen Frauen“, von „Der Frau“. Lacan weist seit Seminar 15 darauf hin, dass dies im Gegensatz zum Ödipusmythos steht; der eigentliche Ödipuskomplex, so heißt es dort, werde im Mythos vom Urvater formuliert.39 Offenbar geht es Lacan mit der Deutung der Formeln der Sexuierung durch den Urvatermythos auch um eine Revision der Deutung des Ödipuskomplexes oder vielleicht sogar um eine Alternative zum Ödipuskomplex.
An der zuletzt zitierten Stelle fährt Lacan so fort:
„Das ‚alle‘ beruht hier also auf der als Abschluss gesetzten Ausnahme, auf dem, wodurch dieses Φx insgesamt verneint wird.“40
Die Affirmation der Kastration durch „alle“ beruht auf der Verneinung der Kastration durch eine Ausnahme.
In Seminar 18 spricht Lacan zu Beginn der Ausarbeitung der vier Formeln von der „Viel-Einheit“ des Mathematikers Brouwer,
„nämlich dies, dass es eine Funktion gibt, die strenggenommen die ist, dass da der Vater ist. Der Vater ist da, um sich in seiner radikalen Funktion anerkennen zu lassen, in derjenigen, die er immer manifestiert hat, jedes Mal, wenn es beispielsweise um den Monotheismus ging – es ist nicht ohne Bedeutung, dass Freud hier gestrandet ist.“41
Ich nehme an, dass sich das auf das Verhältnis zwischen der Formel links oben und der Formel links unten beziehen lässt: Die Funktion des Vaters bestünde dann darin, eine „Viel-Einheit“ im Sinne von Brouwer zu stiften (und die „Viel-Einheit“ besteht für Lacan möglicherweise darin, dass das Viele den Charakter einer Einheit bekommt).
In Seminar 18 bezieht Lacan sich so auf den Urvatermord:
„Das Ende drängt sich von dem her auf, was sich danach ereignet: dass die Söhne ihn verschlingen, wobei jeder notwendigerweise nur einen Teil hat und eben deshalb das Ganze eine Kommunion darstellt. Von hier aus stellt sich der Sozialvertrag her: Niemand soll diejenige anrühren, die hier jedoch nicht die Mutter ist – in Der Mann Moses und die monotheistische Religion wird ja präzisiert, aus der Feder von Freud selbst, dass unter den Söhnen einzig die jüngsten noch zum Harem gezählt werden. Es sind also nicht mehr die Mütter, sondern die Frauen des Vaters als solche, die vom Verbot betroffen sind.“42
Die Söhne bilden dadurch eine Vielheit vom Typ „alle“, dass sie den Vater verschlingen, aber jeder nur einen Teil von ihm. Das „alle“ besteht hier im Sozialvertrag, und dieser Vertrag legt fest, dass sie die Frauen des Vaters nicht anrühren.
Mit dem Hinweis auf den Vertrag ist klar, dass der Quantor alle sich auch auf die Beziehungen der Mitglieder dieser Seite bezieht und darauf, wie hier die Lust ins Spiel kommt; wir sind hier vielleicht bei einer Reformulierung von Freuds These über die männliche Homosexualität als Grundlage der Sozialbindung. Also gibt es für den Quantor alle wahrscheinlich zwei hauptsächliche Anwendungen. Das alle verweist zum einen, nehme ich an, auf die Bindungen unter Männern – vielleicht ist gemeint: durch die sie ausgrenzende Totalitäten bilden (vgl. den Hinweis von Regula Schindler in diesem Beitrag).
Der Quantor alle bezieht sich zum anderen, vermute ich, auf die Strukturierung der Lust jedes einzelnen Individuums, das sich auf dieser Seite einreiht: Durch das Verhältnis zum Vater als Ausnahmewesen hat die Lust der einzelnen hier den Charakter einer determinierten, begrenzten Totalität.
/_/ Was heißt das konkret, also für die Symptombildung und für die Deutung?
Die linke Seite erinnert an die Grundbegriffe der Systemtheorie: ein System (ein „alle“, ein Universum) definiert sich durch die Beziehung zur Umwelt, zu dem, was aus ihm ausgegrenzt ist; an der Stelle der Umwelt steht bei Lacan das Ausnahme-Element..
Frau-Seite: Nicht-Existenz-Aussage
Lesbar als: „Es existiert kein x, für das gilt: x ist nicht Phi.“
In Seminar 21 liest Lacan die Formel so:
„Es gibt kein x, um zu Φx nein zu sagen.“43
Anders gesagt, auf der rechten Seite gibt es kein Aussetzen der phallischen Funktion.44
Es gibt keine Lust, für die Folgendes gilt: Die Lust wird nicht durch den Phallus symbolisiert. Anders gesagt: Es gibt keine Lust, für die gilt: Sie unterliegt nicht der durch den Phallus symbolisierten Kastration. Auf der rechten Seite gibt es kein fiktives Ausnahme-Individuum, das uneingeschränkt seine Lust befriedigen könnte.
Wenn sich jemand auf der Frau-Seite einschreibt, heißt dies, dass für sie (oder vielleicht auch ihn) nicht der Bezug zum Vater die bestimmende Rolle spielt, sondern der Bezug zur Mutter. In L’étourdit formuliert Lacan das bei der Erläuterung der Formeln so:
„Von daher steht das freudsche Hirngespinst vom Ödipuskomplex, das die Frau darin zum Fisch im Wasser macht – da die Kastration bei ihr am Anfang stünde (Freud dixit) –, in schmerzlichem Kontrast zum verheerenden Charakter, den bei der Frau meist das Verhältnis zur Mutter hat, von der sie als Frau mehr an Substanz zu erwarten scheint als vom Vater – was mit ihm nicht geht, steht bei dieser Verheerung an zweiter Stelle.“45
Die Formeln zeigen an, dass für die Frau-Seite nicht der Vater, sondern die die Mutter die entscheidende Rolle spielt und dass sie nicht als Ausnahmewesen fungiert, das der Kastration entgeht.
Frau-Seite: Nicht-All-Aussage
Zu lesen als: „Für nicht-alle x gilt: x ist Phi.“ Den Quantor kann man auch ohne Bindestrich schreiben: „Für nichtalle x gilt, dass Phi von x.“ Nichtalle Lust wird durch den Phallus symbolisiert; nicht alle Lust ist durch die Kastration bestimmt.
Im Encore-Seminar heißt es zu den Formeln: Jedes sprechende Wesen kann sich auf der rechten Seite einschreiben,
„und das, als was es sich einschreibt, besteht eben darin, keinerlei Universalität zuzulassen und dieses ‚nicht-alle‘ zu sein“46.
Meine Lesart: Diejenigen, die sich auf der rechten Seite einschreiben, beziehen sich auf die Strukturierung der sexuellen Lust durch das Phallus-Symbol – also auf den Kastrationskomplex – als „nicht-alle“, d.h. sie bilden im Hinblick darauf kein abgegrenztes Universum. Lacan formuliert es auch so: „Die“ Frau existiert nicht. Und er schreibt es so: „Die“47.
Für das pas toute bezieht Lacan sich immer wieder auf Aristoteles, De interpretatione (im Deutschen ist der Titel meist „Lehre vom Satz“).48 In Kapitel 10 über „Privationen“, d.h. über Negationen. spielt Aristoteles die verschiedenen Negationsmöglichkeiten in einem Satz durch und stellt einander gegenüber „Jeder Mensch ist gerecht“ (oder „Alle Menschen sind gerecht“) und „Nicht jeder Mensch ist gerecht“ (oder „Nicht alle Menschen sind gerecht“). Die Verwendung von „nicht jeder“ (bzw. „nicht alle“) wird von Aristoteles zurückgewiesen.49 Auf das „nicht alle“ bei Aristoteles hatte sich Lacan bereits in Seminar 9 von 1961/62, Die Identifizierung bezogen.50
In L’étourdit wird das „nicht alle“ so erläutert:
„Sagen, dass eine Frau nicht alle / nicht ganz (pas toute) ist, darauf weist uns der Mythos [von Teiresias] hin, da sie die Einzige sei, insofern ihre Lust diejenige überschreitet, die sich durch dem Koitus herstellt.“51
Diejenigen, die sich auf der rechten Seite verorten, beziehen sich auf zwei Arten von Lüsten. Dies ist zum einen die durch Bezug auf den Phallus (als Signifikant der Kastration) strukturierte Lust, was durch das Prädikat notiert wird: Φx. (Am Rande wird hier von Lacan angedeutet, dass die durch den Koitus erreichte Lust durch die Kastration bestimmt ist.)
Jenseits der Lust, die durch den Kastrationskomplex strukturiert ist und durch den Koitus realisiert wird, gibt es für diejenigen, die auf der rechten Seite verortet sind, eine weitere Lust, die Lacan als „weibliche Lust“ (jouissance féminine) oder als „Lust der Frau“ (jouissance de la femme) bezeichnet.52 Die Beziehung zu zusätzlichen Lust wird durch den Quantor „nicht-alle“ notiert bzw. durch den Ausdruck
Was ist damit gemeint, dass sie „nicht ganz“ der phallischen Funktion unterliegt? Dass sie der phallischen Funktion nur teilweise unterliegt, nur ein bisschen? Im Encore-Seminar wird diese Deutung zurückgewiesen:
„Es ist nicht, weil sie nicht-alle ist in der phallischen Funktion, daß sie überhaupt nicht dran ist. Sie ist nicht überhaupt nicht dran. Sie ist voll dran. Aber es gibt etwas mehr.“53
Eine Frau unterliegt der phallischen Funktion – der durch den Phallus symbolisierten, durch die Kastration strukturierten Lust – voll und ganz, ohne jede Einschränkung Es gibt für sie jedoch eine Zusatz-Lust, eine Lust, die darüber hinausgeht.
/_/ Das ist zu präzisieren, da es immer Lüste jenseits des Koitus gibt.
Über diese Lust jenseits des Koitus könnten Frauen nichts sagen, erklärt Lacan weiter; sie empfinden diese Lust, aber sie „wissen“ nichts darüber, d.h. sie können darüber nichts sagen, mit Ausnahme einiger Mysterikerinnen (und Mystiker).54
Da Frauen über diese Lust nichts sagen können, notiert er sie als S(Ⱥ), Signifikant eines Mangels im Anderen55: für diese andere Lust fehlt im Anderen ein Signifikant. (Zu S(Ⱥ) vgl. diesen Blogbeitrag.) Was könnte das heißen? Zumindest wohl dies, dass es, der psychoanalytischen Erfahrung nach, für diese zweite Lustart im Unbewussten keinen Signifikanten gibt, der eine ähnlich beherrschende Funktion hätte wie bei der ersten Lustart der Phallus-Signifikant.
Lacan gibt zwei Beispiele für diese zweite, weibliche, Lustart: die ekstatische Lust, von der einige Mystikerinnen (aber auch Mystiker) sprechen, und die Frigidität.56 Damit könnte gemeint sein, dass die Frigidität vielleicht teilweise zurückzuführen sein könnte, dass die nicht-phallische Lust die phallische Lust des Orgasmus auslöscht oder unwesentlich macht.57
Mir scheint Lacans Konzept der weiblichen Lust stark durch Georges Bataille beeinflusst zu sein, vor allen durch dessen Konzeption einer Mystik ohne Gott, die zum Unmöglichen führt (vgl. G. Bataille, Die innere Erfahrung, 1943).
Jacques-Alain Miller verweist für die weibliche Lust auf Medea und auf Madeleine Gide.58 Für eine Mutter haben die Kinder einen phallischen Wert. Um sich an Jason zu rächen, tötet Medea ihre Kinder; damit agiert sie nicht als Mutter, sondern als verratene Frau. Als Madeleine Gide erfährt, dass ihr Mann, André Gide, mit einem jungen Mann nicht nur Sex hatte, sondern sich in ihn verliebt hatte, vernichtet sie die Briefe Gide ihr geschickt hatte. Wie Medea vernichtet sie das, was nicht nur für ihren Mann, sondern auch für sie selbst das Wertvollste war; und damit schreibt sich dieser Akt nicht in die phallische Logik ein.
Auch bei Formeln der Frau ist nicht gemeint, dass Frauen dadurch charakterisiert sind, dass sie nicht alle oder nicht ganz der phallischen Funktion unterliegen, sondern dass geschlechtlich unspezifizierte Wesen dann die weibliche Position einnehmen, wenn sie sich auf die phallische Funktion als „nicht-alle“ beziehen, in der Weise also, dass ihnen eine Extra-Lust zugänglich ist.
Verhältnis zwischen den beiden Formeln auf der Frau-Seite
Auch auf der rechten Seite stellt sich im Rahmen der normalen Logik die Beziehung zwischen den beiden Formeln als Widerspruch dar. Der untere Ausdruck würde demnach behaupten, dass es Ausnahmen gibt, der rechte obere Ausdruck würde dagegensetzen, dass es keine Ausnahmen gibt. Der Quantor „nichtalle“ ist jedoch nicht im Sinne von „einige“ zu verstehen.
Vielmehr gibt es auch auf der rechten Seite zwischen den beiden Aussagen ein Bedingungsverhältnis: Eben deshalb, weil es keine Ausnahmeexistenz gibt, bilden die Elemente der weiblichen Seite kein „alle“, kein Universum, sondern eine Vielheit vom Typ des „nichtalle“.
In L’étourdit liest man hierzu:
„Das Subjekt in der Hälfte, in der es durch die negierten Quantoren bestimmt wird – dadurch, dass nichts Existierendes eine Grenze der Funktion bildet, kann sich nichts, was auch immer, eines Universums versichern. So sind ‚sie‘ (‚elles‘), indem sie sich von dieser Hälfte her gründen, nichtalle (pastoute), mit der Folge und damit zugleich, dass auch keine ganz (toute) ist.“59
Das nichtalle bezieht sich demnach erstens auf die Beziehung zwischen den Elementen dieser Seite, vereinfacht gesagt: auf die Beziehungen zwischen Frauen. Das nichtalle bezieht sich zugleich auf die einzelnen Elemente. Die Individuen dieser Seite sind unter dem Aspekt der Lust kein alle, keine abgeschlossenen Ganzheiten.
Im Encore-Seminar heißt es:
„Im Gegensatz hierzu [zur Mann-Seite] haben Sie [in den Formeln] gegenüber die folgende Einschreibung, dass es einem Teil der sprechenden Wesen und sogar jedem sprechenden Wesen gestattet ist – wie das in der freudschen Theorie ausdrücklich formuliert wird –, jedem sprechenden Wesen, was immer es sei, ist gestattet, ob es nun mit den Attributen der Männlichkeit ausgestattet ist oder nicht – mit Attributen, die noch zu bestimmen bleiben –, ob es nun mit diesem Attributen ausgestattet oder nicht, es kann sich in den anderen Teil einschreiben, und das, als was es sich einschreibt, besteht eben darin, keinerlei Universalität zuzulassen und dieses ‚nicht-alle‘ zu sein, insofern es letztlich die Wahl hat, sich in das Φx einzufügen oder aber nicht dazuzugehören“60.
Diejenigen Wesen, die sich auf der Frau-Seite einschreiben, haben die Wahl, sich in die phallische Funktion einzufügen oder nicht einzufügen, und genau insofern, als sie diese Wahl haben, sind sie „nicht-alle“.
In Seminar 19, … oder schlimmer (1971/72), wird das so formuliert:
„Wenn sie [die Psychoanalytiker] aus dem, was aufseiten des Vaters geschieht, nicht herauskommen, hat das einen ganz präzisen Grund, nämlich den, dass das Subjekt akzeptieren müsste, dass das Wesen der Frau nicht die Kastration ist, und um es klar zu sagen, dass dies ausgehend vom Realen so ist; das heißt: Abgesehen von einem kleinen insignifikanten Nichts – ich sage das nicht zufällig – sind sie nicht kastrierbar. Denn den Phallus – bei dem ich betone, dass ich noch keineswegs gesagt habe, was das ist –, nun ja, sie haben ihn nicht. Von dem Moment an, in dem, vom Unmöglichen als Ursache her, die Frau nicht wesentlich mit der Kastration verbunden ist, ist der Zugang zur Frau in ihrer Unbestimmtheit möglich.“61
Die Frau ist mit der Kastration verbunden, jedoch nicht wesentlich, d.h. nicht so, dass sich hieraus ein alle ergibt. Dies ermöglicht den Zugang zur Frau in ihrer Unbestimmtheit, also zum nichtalle.
Lacan bringt hier die Anatomie ins Spiel, den Penis und die Klitoris, die Anatomie, die durch die Sprache strukturiert ist; der Penis ist signifikant, er dient als Symbol, die Klitoris ist „insignifikant“, sie fungiert nicht als Signifikant.
Lacans Beschreibung der Frau-Seite erinnert an seine Theorie der Psychose, wonach die Psychose auf der Verwerfung des Namens-des-Vaters beruht. Er scheint diese Strukturähnlichkeit anzudeuten, und er merkt dazu an, dass Schrebers Wahn darin bestand, eine Frau zu sein.62 Ein Unterschied besteht darin, dass Lacan die Negation des Existenzquantors auf der Frau-Seite als „diskordanziell“ deutet, nicht als „verwerfend“ (s.u.).
/_/ Was genau sagt Lacan zum Verhältnis zwischen der sekundären Funktion des Vaters für die Frau-Seite und der Verwerfung des Namens-des-Vaters in der Psychose?
Beziehungen zwischen Mann-Seite und Frau-Seite
Verhältnis zwischen der Formel oben links und der Formel unten rechts
Wenn man sich an die übliche Logik hält, ist der Ausdruck unten rechts äquivalent mit dem Ausdruck oben links (wenn nicht alle der phallischen Funktion unterliegen, heißt das nichts anderes, als dass es mindestens eine oder einen geben muss, der ihr nicht unterliegt). Dies gilt jedoch nicht in Lacans Umformung.
In Seminar 18 heißt es, noch vor der Ausarbeitung der vier Formeln, der Ödipusmythos – d.h. der Mythos von Totem und Tabu! – sei eben dazu da,
„um uns zu zeigen, dass es undenkbar ist, ‚die Frau‘ zu sagen. Das ist undenkbar, warum? Weil man nicht ‚alle Frauen‘ sagen kann. Man kann nicht ‚alle Frauen‘ sagen, weil das in diesen Mythos nur im Namen dessen eingeführt wird, dass der Vater ‚alle Frauen‘ besitzt, was offensichtlich das Zeichen einer Unmöglichkeit ist.“63
Eine Pointe der vier Formeln ist demnach die Beziehung zwischen der Formel oben links und der Formel unten rechts. In traditioneller Logik sind sie äquivalent: Dass es eine Ausnahme gibt, die nicht der phallischen Funktion unterliegt, heißt nichts anderes als dass nicht alle der phallischen Funktion unterliegen. Lacan behauptet das Gegenteil: Die Ausnahme ist grundlegend für das Universale und die Ausnahme unterstellt das, was durch das „nicht alle“ gerade ausgeschlossen wird.
Verhältnis zwischen der Formel oben rechts und der Formel unten links
Für die Standard-Logik sind auch diese beiden diagonalen Positionen gleichwertig: Dass es, in Bezug auf die phallische Funktion, keine Ausnahme gibt heißt nichts anderes, als das alle der phallischen Funktion unterliegen. Auch hier ist es bei Lacan umgekehrt: Das Fehlen der Ausnahme stiftet das „nicht-alle“, nicht das „alle“.
Du beiden Seiten
Die männliche Position und die weibliche Position sind gleichermaßen durch die phallische Funktion bestimmt (Φx), d.h. ihre Lust (x) wird durch die Kastration (Φ) bestimmt.
Für beide Seiten gilt, dass sie sich darüber hinaus auf eine andere Lust beziehen, auf eine jouissance jenseits der Kastration. Die beiden Weisen, über die Kastration hinauszugehen, unterscheiden sich jedoch radikal. Auf der männlichen Seite wird die unkastrierte Lust einer fiktiven Ausnahmeexistenz zugeschrieben, einer Instanz, deren Lust keiner Einschränkung unterliegt. Auf der weiblichen Seite wird die Lust jenseits der Kastration nicht einem Ausnahmewesen attribuiert; diese Lust ist den Elementen dieser Menge selbst zugänglich (wenn ich so naiv sprechen darf). Das entscheidende Merkmal dieser Lust jenseits der Kastration besteht darin, dass sich darüber nichts sagen lässt, also auch nicht, ob diese Lust wie in der männlichen Ausnahme-Fiktion unbeschränkt ist.64 Dies führt dazu, dass der männliche Bezug auf die kastrationsbestimmte Lust den Charakter einer abgegrenzten Totalität hat, während der weibliche Bezug auf die kastrationsbestimmte Lust nicht auf diese beschränkt ist. Die beiden Weisen der Lustspaltung sind nicht komplementär, das „Alle“ und das „Nicht-Alle“ bilden zusammen kein Ganzes.
Die Kastration als Bedingung der Kopulation
Im Encore-Seminare heißt es (den ersten Satz habe ich bereits zitiert):
„für den Mann, wenn nicht von Kastration her, das heißt von etwas her, das nein sagt zu der phallischen Funktion, gibt es keine Chance, daß er Genuß habe vom Körper der Frau, anders gesagt, Liebe mache.Das ist das Resultat der analytischen Erfahrung. Das hindert nicht, daß er die Frau begehren kann in jeder Weise, selbst wenn diese Bedingung nicht verwirklicht ist. Nicht allein begehrt er sie, sondern er macht ihr allerlei Dinge, die erstaunlich der Liebe ähneln.“65
Die Kastration (dargestellt durch die beiden linken Formeln) ist die Bedingung dafür, dass ein Mann Liebe machen kann, vielleicht darf man ergänzen: und dabei phallische jouissance empfinden kann. Für das Begehren und für etwas Liebes-Ähnliches ist die Kastration keineswegs eine Voraussetzung. Von der Seite des Mannes aus gelesen, stellen die Formeln nicht zuletzt dar, was die Bedingung für den Vollzug der Kopulation ist.
/_/ Inwiefern ist die Kastration die Bedingung der Kopulation? Wie verhält sich dieser These zu der Behauptung, beim Menschen sei der Liebesakt die polymorphe Perversion des Männchens?66
Intuitiver Zugang: Es gibt kein sexuelles Verhältnis
Für Lacan gilt das Prinzip „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“; die Formeln der Sexuierung stellen die logische Struktur dieser Aussage dar. Das Theorem „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“ ist mit einer Reihe von Hintergrundannahmen verbunden. Ich formuliere sie im Folgenden „intuitiv“, wie die Mathematiker sagen, also ohne Formeln zu verwenden.
(1) Das Reale des sexuellen Verhältnisses.– Ausgangspunkt für Lacans Rekonstruktion der sexuellen Differenz in psychoanalytischer Perspektive ist der Satz „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“. Das meint: Die Beziehung zwischen den biologischen Geschlechtern ist etwas Reales im Sinne von Lacan, d.h. etwas, das vom Unbewussten nicht symbolisiert wird und nicht symbolisiert werden kann. Einen ersten Versuch, diese These zu begründen, unternimmt er in Seminar 14 von 1966/67, Die Logik des Phantasmas. Dort heißt es: „Das große Geheimnis der Psychoanalyse besteht darin, dass es keinen sexuellen Akt gibt.“67
(2) „Sexuell“.– In „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“ meint „sexuell“ eine „Beziehung zwischen Mann und Frau“.68
Das ist eine These von Freud: Im Unbewussten gibt es keine Vorstellungen für „männlich“ und „weiblich“.69 In Lacans Worten: „Im Psychismus findet sich nichts, mit dessen Hilfe sich ein Subjekt als männlich oder weiblich ausweisen könnte.“70
(3) Verhältnis.– In „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“ meint „Verhältnis“ eine bestimmte Art der Zuordnung zwischen Signifikanten. Lacan formuliert es so:
„Das Wesentliche des Verhältnisses ist eine Abbildung, a wird abgebildet auf b [a → b], und wenn Sie es nicht a und b schreiben, haben Sie es nicht mit dem Verhältnis als solchem zu tun. Das besagt nicht, dass sich im Realen nicht Dinge ereignen, aber mit welchem Recht würden Sie das als Verhältnis bezeichnen?“71
Ein solches Abbildungsverhältnis heißt auch „Funktion“ – eine Funktion ist eine Zuordnungsvorschrift zwischen zwei Mengen, durch die jedem Element der einen Menge genau ein Element der anderen Menge zugeordnet wird (jedoch nicht umgekehrt).
Ein „sexuelles Verhältnis“ wäre also eine „sexuelle Funktion“, und eine sexuelle Funktion gäbe es dann, wenn es eine Menge von Mann-Signifikanten und eine Menge von Frau-Signifikanten gäbe, und wenn jedem Mann-Signifikanten genau ein Frau-Signifikant zugeordnet wäre oder, alternativ, wenn jedem Frau-Signifikanten genau ein Mann-Signifikant zugeordnet wäre.
In der Umgangssprache und im Rechtsdiskurs gibt es eine solche Funktionsbeziehung durchaus, etwa in Gestalt des Verhältnisses von „Ehemann“ und „Ehefrau“ oder von „Partner“ und „Partnerin“ oder von „Freund“ und „Freundin“. Nur eben nicht im Unbewussten.
Die Pointe von Lacans These besteht darin, dass die Beziehung zwischen den Geschlechtern im Unbewussten durchaus den Charakter einer Funktion hat, nur ist dies gerade keine „sexuelle Funktion“.
(4) Die Unmöglichkeit des sexuellen Verhältnisses.– Das Reale ist das Unmögliche, sagt Lacan, und er verweist für das Unmögliche auf die durch Mengenlehre und Logik präzisierbaren Strukturen der Unentscheidbarkeit, der Inkonsistenz, der Unbeweisbarkeit und der Unvollständigkeit.72 Das Reale des sexuellen Verhältnisses ist zugänglich durch die logischen Sackgassen, in die man gerät, wenn man versucht, dieses Verhältnis formal darzustellen. Die seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte symbolische Logik ist ein Notationssystem, sie ist wesentlich etwas Geschriebenes. Lacan drückt sich deshalb auch so aus: Das sexuelle Verhältnis lässt sich nicht schreiben.73
„In dem Augenblick also, in dem man sagt, dass die Sprache etwas ist, das vom sexuellen Verhältnis keine Rechenschaft ablegt – inwiefern legt sie davon keine Rechenschaft ab? Insofern als sie bei dem Aufschreiben, das zu kommentieren sie in der Lage ist, nicht bewirken kann, dass dieses Aufschreiben das ist – denn eben darin besteht es –, dass es das ist, was ich definiere als effektives Aufschreiben von etwas, was das sexuelle Verhältnis insofern wäre, als es die beiden Pole in ein Verhältnis brächte, die beiden Terme, die vom Mann und von der Frau her tituliert werden würden, insofern dieser Mann und diese Frau Geschlechter sind, die jeweils als männlich und weiblich spezifiziert sind – bei wem, bei was? Bei einem Wesen, das spricht, anders gesagt, das, indem es die Sprache bewohnt, dazu gelangt, davon den Gebrauch zu machen, der eben der des Sprechens ist.“74
Eine Theorie des sexuellen Nicht-Verhältnisses steht (in den Augen von Lacan) vor der Aufgabe, diese Unmöglichkeit der symbolischen Logifizierung, diese Nicht-Schreibbarkeit zu rekonstruieren.
Die Rekonstruktion des Sexuellen mithilfe der Logik ist offenbar ein altes Projekt von Lacan; im Jahre 1957 hatte er es (vielleicht) so angedeutet:
„Dieser angebliche Irrationalismus, den man Freud anhängen wollte! Wahr ist vielmehr das genaue Gegenteil: Freud hat nicht nur etwas rationalisiert, was sich bis dahin jeglicher Rationalisierung entzogen hatte, sondern er hat außerdem eine als solche vernünftige Vernunft in Aktion gezeigt, ich meine damit eine Vernunft, die im Begriff ist, vernünftig zu reagieren, gleichsam logisch zu funktionieren, ohne daß der Patient es weiß – und das in einem Bereich, der traditionell der Unvernunft vorbehalten ist, sagen wir, im Bereich der Leidenschaft. Genau das hat man ihm nicht verziehen.“75
(5) Heterogenität der Lüste.– „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“ meint auch: Die Lüste der beiden Seiten sind unterschiedlich strukturiert. Sie entsprechen sich nicht, sie verhalten sich nicht symmetrisch oder komplementär zueinander, sondern sind heterogen oder, wie Lacan auch sagt, inkommensurabel, sie haben kein gemeinsames Maß.76
Das Reale des sexuellen Verhältnisses, seine Unmöglichkeit, zeigt sich in der Inkommensurabilität der Lüste. Das Symbol für diese Lust-Diskrepanz ist das minus klein phi, (–φ), das Zeichen für die Kastration. Vom Penis wird erwartet, dass er eine Gemeinsamkeit der Lust eines Mannes und einer Frau ermöglicht, er versagt jedoch in dieser Funktion und ist insofern negativiert.77 Die sogenannte Kastrationsangst bezieht sich eben hierauf.
Die Tatsache, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt – dass das sexuelle Verhältnis etwas Reales ist, etwas Unmögliches, etwas, das sich nicht schreiben lässt –, beruht darauf, dass die jouissance sich einmischt, die Lust, das Genießen.
Worin besteht die Heterogenität der Lüste? Lacan betont, dass der Orgasmus nicht zu einer Verschmelzung führt, nicht zu einer Einheit des Paars auf der Ebene der Lust.78 Die Lüste von Männern und die von Frauen entsprechen sich nicht, und beim Koitus läuft der Orgasmus von Frauen anders ab als der von Männern.
Die sexuelle Lust „bildet ein Hindernis für die Ankunft des sexuellen Verhältnisses im Diskurs.“79
In den vier Formeln der Sexuierung geht es also wesentlich um die Lust, um die jouissance, genauer: um die sexuelle Lust, um die sexuelle jouissance. In Seminar 18 sagt Lacan zu seinem Projekt einer logischen Rekonstruktion des sexuellen Nicht-Verhältnisses, dass im Rahmen des psychoanalytischen Diskurses Folgendes gilt:
„Das Geschriebene ist die jouissance.“80
Ich übersetze mir das so: Die Formeln der Sexuierung sind Formeln über die Strukturierung der Lust; sie sollen zeigen, dass die durch den Bezug auf den Phallus strukturierte sexuelle Lust das sexuelle Verhältnis verhindert.
Die Lust-Diskrepanz ist die eine Seite des sexuellen Nicht-Verhältnisses. Die andere Seite ist, wie hier die Sprache ins Spiel kommt.
Auf jeden Fall besteht die Unmöglichkeit des sexuellen Verhältnisses darin, dass sich die sexuelle jouissance nicht schreiben lässt, eben dies wird in den vier Formeln geschrieben. In Seminar 18 heißt es hierzu:
„dass es mit der sexuellen Lust so ist, dass sie nicht geschrieben werden kann und dass sich daraus die strukturelle Vielfalt ergibt, zunächst die Tetrade, in der etwas sich abzeichnet, wodurch sie verortet wird, aber untrennbar von einer gewissen Anzahl von Funktionen, die insgesamt nichts mit dem zu tun haben, was den Sexualpartner spezifizieren kann, ihn im allgemeinen spezifizieren kann.“81
Und weiter:
„Wenn es darum geht, das sexuelle Verhältnis durch Symbole zu strukturieren, funktionieren zu lassen, was bildet dafür ein Hindernis? Dies, dass sich die Lust darin einmischt.“82
(6) Verhältnis von Kastrationskomplex und Ödipuskomplex.– Freud zufolge unterscheiden sich Mädchen und Jungen durch das Verhältnis von Kastrationskomplex und Ödipuskomplex: Das Mädchen kommt durch den Kastrationskomplex in den Ödipuskomplex hinein, der Junge kommt durch den Kastrationskomplex aus ihm heraus.83 Lacan übernimmt den Grundgedanken: Männer und Frauen unterscheiden sich durch das Verhältnis von Kastrationskomplex und Ödipuskomplex. Die Formeln der Sexuierung zielen darauf ab, diesen Unterschied neu zu bestimmen, nicht mehr (wie bei Freud) diachron, als Abfolge von Phasen, sondern synchron, als Struktur, als eine logische Unmöglichkeit im Verhältnis von Ödipuskomplex und Kastrationskomplex.
(7) Phallus.– Die Sexualität ist im psychischen Apparat nicht durch die Signifikanten „Mann“ und „Frau“ repräsentiert, sondern durch ein Fehlen, einen Mangel.84
In Seminar 16, Von einem Anderen zum anderen, heißt es:
„Halten wir fest, dass die analytische Erfahrung genau dies bezeichnet, dass es auf dieser Ebene keine Signifikantenkopplung gibt, dass in der Theorie, auch wenn die Gegensätze aktiv-passiv, Sehender-Gesehener usw. gebildet worden sind, nichts jemals als grundlegend auf den Weg gebracht worden ist, was den Gegensatz männlich-weiblich bezeichnet.
Das Wichtige, und das Wichtige, das in gewisser Weise vorgängig ist im Verhältnis zu der Frage, die darüber aufgeworfen wird, was es im Signifikantensystem mit der sogenannten Funktion des Phallus auf sich hat, insofern diese es ist, die effektiv interveniert und auf eine Weise, von der ganz sicher ist, dass es sich keinesfalls nur um eine drittrangige Funktion handelt, sei es, dass sie zunächst als das definiert wird, was fehlt, d..h. dass der Typ der Kastration als das begründet wird, was die der Frau herbeiführt, oder als das, was im Gegensatz hierzu auf der Seite des männlichen Wesens auf eine Weise, die in vieler Hinsicht problematisch ist, das anzeigt, was man das Rätsel der absoluten Lust (jouissance) nennen könnte.
Auf jeden Fall handelt es sich dabei nicht um korrelative Bezüge, nicht um distinktive Bezüge: Ein und derselbe Bezugspunkt beherrscht das gesamte Register dessen, worum es in der Beziehung derjenigen geht, die geschlechtlich differenziert sind [la relation du sexué].
Dieser privilegierte Signifikant, ich will hier unterstreichen, inwiefern es gerechtfertigt ist, dass ich in einer langen Konstruktion – die ganz im Kontakt mit der artikulierten Analyse vorgenommen worden ist, mit dem, was geschrieben worden ist, mit dem, was Zeugnis unserer Neurosenerfahrung geblieben ist –, dass ich ihn als fehlenden Signifikanten habe charakterisieren können.“85
Der Phallus – der fehlende Signifikant – fungiert auf zwei unterschiedliche Weisen. Auf der Seite der Frau ist er das, was fehlt. Auf der Seite des Mannes ist er der Signifikant einer absoluten Lust, einer Lust, die fehlt.
Der Phallus-Signifikant fungiert auf der Mann-Seite unbewusst als Symbol für eine Lust, die durch das Wirken des Lustprinzips unzugänglich ist (also durch die Tendenz zur Verminderung der Spannung) und die, darauf aufbauend, aufgrund der Sprache versperrt ist, durch ein Gesetz, ein Verbot, eine Drohung.86
Der Phallus-Signifikant fungiert als Symbol für die durch die Masturbation unzugängliche Lust87 oder für die unzugängliche inzestuöse Lust oder für die Lust, die in der Beziehung zwischen den Geschlechtern verfehlt wird88.
Lacan verweist hierzu auf den ägyptischen Mythos von Osiris, der von seinem Bruder Horus zerstückelt wird; Isis, die Ehefrau von Osiris, sammelt die Teile wieder ein und stellt den Körper von Osiris wieder her, nur den Penis kann sie nicht wiederfinden. Der Penis wird damit für sie zum Symbol einer auf ewig verlorenen Lust, zum Phallus.89
Und auf der Frau-Seite? Falls ich die Formeln richtig verstanden habe, haben Frauen die Wahl, sich auf den Phallus als Signifikanten einer absoluten Lust zu beziehen oder aber darauf zu verzichten.
/_/ Meint Lacan mit der Beziehung von Frauen zum Phallus, dass er für sie – sofern sie sich darauf beziehen – ebenfalls als Signifikant einer absoluten Lust fungiert?
(8) Phallus als Ursache.– Der Kastrationskomplex – und damit der Phallus – ist die Ursache für das Fehlen des sexuellen Verhältnisses. Lacan:
„(…) diese Funktion des Phallus macht dann die sexuelle Bipolarität unhaltbar, auf eine Weise unhaltbar, durch die sich buchstäblich das verflüchtigt, worum es bei dem geht, was über dieses Verhältnis geschrieben werden kann.“90
Die Funktion des Phallus macht die sexuelle Bipolarität insofern unhaltbar, als es im Unbewussten nicht um männlich/weiblich geht, sondern ein drittes Element ins Spiel kommt, der Phallus, und als es Lacan zufolge auch nicht um die Alternative geht, den Phallus zu haben oder nicht zu haben, sondern darum, den Phallus zu haben oder der Phallus zu sein (vgl. hierzu Morel, Die phallische Funktion, hier).
(9) Phallus als Ersatz.– Der Kastrationskomplex ist nicht nur die Ursache für das Fehlen des sexuellen Verhältnisses, er liefert zugleich einen Ersatz dafür. Vermittelt durch den Kastrationskomplex beziehen Menschen sich auf Sexualpartner. Das Unbewusste bezieht sich bekanntlich immer auf die Sexualität, und das meint für Lacan: Die Beziehung zu einem sexuellen Partner ist durch den Kastrationskomplex vermittelt.
/_/ Hier fehlt (bei Lacan?) eine Erklärung für den Unterschied zwischen homosexuellen und heterosexuellen Beziehungen.
(10) Phallus und Lust.– Das Phallus ist die Ursache der Schwierigkeiten mit der sexuellen Lust. In Seminar 18 heißt es, auf den Phallus als Symbol hin ordnet sich all das,
„wodurch die Lust insgesamt in eine Sackgasse gebracht wird, die aus dem Mann und der Frau, sofern wir sie mit einem einfachen biologischen Etikett definieren können, diese Wesen macht, die eben gerade mit der sexuellen Lust Schwierigkeiten haben, auf eine Weise, die sich von allen anderen Arten der Lust unterscheidet“91.
(11) Lust und Schein.– In Seminar 18 sagt Lacan,
„dass ein sexuelles Verhältnis, sowie es in einen wie auch immer gearteten Vollzug übergeht, nur von dieser Verbindung her gestützt wird, nur von ihr her einen Platz einnimmt, nämlich ausgehend von der Verbindung von Lust und Schein, die Kastration genannt wird.“92
Die Kastration ist eine Verbindung von Lust und Schein. Der Begriff „Schein“ bezieht sich hier auf den Phallus:
„das Zentrum von allem, was von der sexuellen Lust geordnet oder eingeschränkt werden kann, wird auf den Schein des Phallus bezogen“93.
Der Begriff „Schein“ ist bei Lacan Gegenbegriff zu „Wahrheit“; der Schein verdeckt eine Wahrheit und weist zugleich auf sie hin.94 Welche Wahrheit wird vom Schein des Phallus verdeckt? Ich nehme an, die Wahrheit, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.
(12) Kastration.– Um es festzuhalten: Die Verbindung von Lust und Schein wird von Lacan als „Kastration“ bezeichnet; die Zeichenfolge Φx steht also für die Kastration bzw. den Kastrationskomplex.
(13) Koitus, Phallus und Objekte a.– Der sexuelle Akt – der Koitus – ist als Wiederholung aufzufassen.95 Die Wiederholung dreht sich darum, etwas zu erreichen, das beständig fehlt, d.h. um die Kastration. Dieses Fehlen wird durch den Phallus verkörpert bzw. durch die Objekte a als Phallussymbole, als Symbole der Kastration.96
„Gibt es im sexuellen Akt etwas, wo (…) das Subjekt sich als sexuiert einschreiben würde, wodurch es in eben diesem Akt seine Verbindung herstellen würde mit dem Subjekt des Geschlechts, das man als entgegengesetzt bezeichnet? Es ist völlig klar, dass alles in der psychoanalytischen Erfahrung dagegen spricht, dass in diesem Akt nichts ist, was nicht bezeugt, dass nur ein solcher Diskurs eingesetzt werden könnte, in dem das Dritte zählt, das ich eben hinreichend angekündigt habe, das ich durch die Präsenz des Phallus und der Partialobjekte angekündigt habe, und dessen Funktion wir jetzt artikulieren müssen, auf eine Weise, die uns zeigt, welche Rolle diese Funktion in diesem Akt spielt. Eine immer gleitende Funktion, eine Funktion der Ersatzbildung, die nahezu einer Art Jonglieren gleichwertig ist und die es uns keinesfalls gestattet, im Akt – ich meine im sexuellen Akt – den Mann und die Frau als solche zu setzen, die in einem ewigen Wesen einander entgegengesetzt wären.“97
Insofern hat der sexuelle Akt – der Koitus – die Struktur des Phantasmas: das im Wiederholungszwang befangene und damit gespaltene Subjekt ($) bezieht sich auf das, was verloren ist, auf den Phallus (als Symbol für das, was fehlt) bzw. auf das Objekt a (als Phallusmetapher).
In Seminar 20, Encore, werden die Formeln der Sexuierung durch ein Diagramm ergänzt98:
Darin bezieht sich der von links ($) nach rechts (a) führende Pfeil auf die phantasmatische Struktur der Beziehung zu einem Partner des anderen Geschlechts – auch im sexuellen Akt und damit auch bei der Erzeugung von Menschen, bei der materiellen Reproduktion der Gattung.
Der Kastrationskomplex bewirkt, dass die Beziehung zwischen Männern und Frauen nicht symmetrisch ist und nicht komplementär; Lacan widerspricht ausdrücklich der Position von C.G. Jung, wonach sich Mann und Frau wie Yin und Yang zueinander verhalten.99 Zwischen Mann und Frau ist im sexuellen Akt immer etwas Drittes wirksam, der Phallus.100
(14) Lust und Begehren.– Der Kastrationskomplex besteht in der Negativierung des Penisorgans, und zwar in dem Moment, in dem im Feld des Anderen das sexuelle Begehren auftaucht.101 Das Begehren ist das Begehren des Anderen (das Begehren auf der Seite des Anderen). Der Phallus verbindet also Lust und Begehren: er ist das Symbol eines Mangels auf der Ebene der Lust („Seinsmangel“) und zugleich das Symbol des Begehrens.
(15) Unterschiedliches Verhältnis zum Kastrationskomplex.– Dabei verhalten sich die beiden Geschlechter auf unterschiedliche Weise zum Kastrationskomplex und damit auf unterschiedliche Weise zu Partnern des anderen Geschlechts. Die Formeln der Sexuierung zielen darauf ab, diesen Unterschied zu bestimmen und damit ein Verhältnis, bei dem es keine Komplementarität gibt – die beiden Seiten ergeben kein Ganzes.
(16) Am Platz des Phallus.– Auf der Mann-Seite besteht die Negativierung des Penisorgans im Masturbationsverbot, in der „Sexualeinschüchterung“, wie Freud es nennt; der Penis wird zum Symbol der verbotenen Lust und damit zum Phallus. Das wiederum ermöglicht ihm den Bezug auf eine Partnerin des anderen Geschlechts: der Körper der Partnerin kommt an den Platz dieser subtrahierten Lust.102 Die Lust erhält so einen Objektbezug; aus „er hat Lust“ (il jouit) wird „er hat Lust an“ (il jouit de).103
(17) Urvater als Ausnahmewesen.– Der Kastrationskomplex ist mit dem Ödipuskomplex verbunden, und der Ödipuskomplex besteht, Lacan zufolge, auf der männlichen Seite letztlich darin, dass ein Ausnahmewesen ins Spiel gebracht wird: der freudsche Urvater, der „alle Weibchen“ besitzt104 und dessen Lust keiner Einschränkung unterliegt, der also eine absolute jouissance realisiert.105 Der Ödipuskomplex wird von Freud in Totem und Tabu formuliert, sagt Lacan, nämlich im Mythos vom Urvatermord, und nicht etwa dort, wo Freud sich auf den griechischen Mythos und auf das Drama König Ödipus von Sophokles bezieht.106
(18) Funktion des Vaters.– Der Vater ist im Kontext der Formeln der Sexuierung für Lacan also nicht mehr primär die Instanz, die das Gesetz verhängt – der Name-des-Vaters –, sondern primär derjenige, der Lust an allen Frauen hat und damit die absolute Lust verkörpert. Lacan übernimmt damit Freuds Konstruktion aus Totem und Tabu: Die Unterwerfung unter das Gesetz (unter den „Namen-des-Vaters“) beruht letztlich auf der Beziehung zu einem Urvater, der in Freiheit seine Lust befriedigen kann.
Lacan bezieht das Primat des Gesetzes gegenüber der Lust auf den Ödipusmythos und ordnet diesen der Hysterie zu; für das Primat der Lust gegenüber dem Gesetz verweist er auf den Urvatermythos, den er auf die Zwangsneurose zurückführt.107
(19) Universum.– Auf der Mann-Seite fungiert der Vater demnach, bezogen auf die Prägung der Lust durch den Kastrationskomplex, als die Ausnahme. Durch den Bezug auf diese Ausnahme bilden die Elemente der männlichen Hälfte einen bestimmten Typ von Vielheit, nämlich ein „Universum“, wie Lacan sagt108, ein Ganzes. (Dieser Universums-Charakter wird dann in den Formeln durch den Quantor „alle“ dargestellt.)
/_/ Wie zeigt sich in der psychoanalytischen Erfahrung, dass es auf der männlichen Seite ein Universum gibt?
(20) Gemeinsamkeit des Kastrationskomplexes.– Richtig an Freuds Position ist (in Lacans Augen): Auch Frauen beziehen sich auf dem Weg über die Kastration auf Partner des Gegengeschlechts.
Das ist vereinbar mit Freuds Konzeption des Penisneids: Das Mädchen ist überzeugt, den Penis nicht zu haben, will ihn haben, verwandelt diesen Wunsch in den Wunsch, vom Vater ein Kind zu haben, und ersetzt schließlich den Vater durch einen anderen Mann; Voraussetzung für diese Dynamik ist die Unterdrückung der Autoerotik.109
Falls ich es recht verstanden habe, nimmt für Lacan die über den Kastrationskomplex vermittelte Beziehung einer Frau zu einem männlichen Partner vor allem zwei Formen an:
– Eine Frau übernimmt die Position, die ihr der Mann zuweist; ihr Körper tritt an die Stelle der untersagten Penislust. Damit wird sie zum „phallischen Objekt“, wie Lacan sagt, sie „ist“ der Phallus in dem, was Lacan (mit Joan Riviere) als weibliche „Maskerade“ bezeichnet.110 Dies kann damit einhergehen, dass ihr ihre eigene Lust unzugänglich ist, dass sie „frigide“ ist, wie man früher sagte.111
– Eine Frau bezieht sich auf ihren männlichen Partner als denjenigen, der kastriert ist, notfalls „kastriert“ sie ihn112, das könnte heißen: Sie verhängt über seine Penislust eine Art Verbot.
/_/ Worin genau besteht (in der Sicht von Lacan) die durch die Kastration vermittelte Beziehung einer Frau zu einem Partner des anderen Geschlechts?
(21) Kein Ausnahmewesen.– Die Differenz zwischen den beiden Seiten beruht auf der unterschiedlichen Rolle von Vater und Mutter. Für die Mitglieder der männlichen Seite ist der Bezug zum Vater bestimmend; der Vater fungiert für sie letztlich als Ausnahme, die der Kastration entgeht. Für die Mitglieder der weiblichen Seite hingegen spielt die Mutter die Schlüsselrolle.
Auch noch in dieser Freudkritik folgt Lacan Freud, der in späten Texten selbstkritisch die entscheidende Rolle der präödipalen Mutterbindung beim Mädchen hervorhebt.113 Die Mutter fungiert aber hinsichtlich der Kastration nicht als Ausnahme; in Freuds Terminologie: Dem Mädchen gilt die Mutter als kastriert. Außerdem verarbeitet Lacan hier möglicherweise kritisch Freuds These, dass das Über-Ich bei Frauen anders ausgebildet ist als bei Männern: weniger unerbittlich, weniger unpersönlich.114
(22) Kein Universum.– Für die weibliche Hälfte gibt es also kein Ausnahmewesen, und das hat zur Folge, dass die Vielheit der Elemente der weiblichen Seite kein „Universum“ bildet, kein Ganzes, keine abgegrenzte Totalität.115 Lacan formuliert es auch so: „Es gibt nicht Die Frau, bestimmter Artikel, um das Universale zu bezeichnen.“116 „Die“ Frau steht hier im Gegensatz zu „eine“ Frau oder zu „Frauen“.
/_/ Auf welche Erfahrungen der psychoanalytischen Praxis bezieht sich Lacan, wenn er sagt, die Elemente der Frau-Seite bildeten kein „Universum“?
(23) Quantoren.– Die Unterschiede im Verhältnis zum Kastrationskomplex können durch Quantoren ausgedrückt werden. „Alle“ Männer beziehen sich auf den Kastrationskomplex, „nicht-alle“ Frauen beziehen sich auf den Kastrationskomplex.
(24) Verhältnis von Kastrationskomplex und Ödipuskomplex.– Kurz gesagt, bezogen auf den Kastrationskomplex fungieren die beiden Hälften gleichartig, bezogen auf den Ödipuskomplex (Rolle des Ausnahmeelements) jedoch unterschiedlich .
(25) Weibliche Lust.– Eine Frau bezieht sich auf einen männlichen Partner auf dem Weg über die Kastration, aber damit erschöpfen sich ihre Lustmöglichkeiten nicht. Lacan verweist für die spezifisch weibliche Lust auf die Lust der Mysterikerinnen117 (die Mystik betont in allen Religionen, dass es etwas gibt, das durch Sprechens und Schrift nicht zu erreichen ist).
Im Encore-Seminar spricht Lacan von der
„weiblichen Lust, insofern sie nicht ganz (pas toute) vom Mann okkupiert ist, und ich möchte sogar sagen, dass sie es als solche überhaupt nicht ist“118.
(26) Zwei Lustarten.– Eine Frau kennt demnach zwei verschiedene Arten der Lust, einerseits phallische jouissance vermittels kastrationsvermitteltem Koitus, und andererseits weibliche jouissance jenseits von Koitus und Kastration. Diese These tritt an die Stelle von Freuds Auffassung über die zwei Lustarten bei der Frau, also der These über den Wechsel von der Klitoris zur Vagina als der leitenden erogenen Zone.119
(27) Der Analyse nicht zugänglich.– Die weibliche Lust ist der Psychoanalyse jedoch nicht zugänglich. Die früheste Formulierung dieses Gedankens stammt aus dem Jahr 1958:
„An genau der Stelle gilt es zu fragen, ob die phallische Vermittlung all das kanalisiert, was sich an Triebhaftem bei der Frau manifestieren kann, und insbesondere den gesamten Strom des mütterlichen Triebes (instinct maternel). Warum soll man hier nicht behaupten, dass die Tatsache, dass alles, was analysierbar ist, sexuell ist, nicht beinhaltet, dass alles, was sexuell ist, der Analyse zugänglich sei?“120
Im Encore-Seminar stellt Lacan das Verhältnis von Frauen zu den beiden Lustmöglichkeiten unterhalb der Formeln der Sexuierung so dar121:
Das durchgestrichene „Die“ entspricht der These „Es gibt nicht Die Frau“ bzw. dem Quantor „nicht alle“.
Der vom durchgestrichenen „Die“ aus nach links unten zur Seite des Mannes führende Pfeil, der in Φ endet, symbolisiert die durch den Kastrationskomplex vermittelten Lust, die durch den Koitus realisiert wird.
Der vom durchgestrichenen „Die“ aus nach links oben führende Pfeil, der auf der Seite der Frau bleibt und in S(Ⱥ) endet, entspricht der weiblichen Lust. Die Zeichenfolge S(Ⱥ), „Signifikant eines Mangels im Anderen“, besagt, dass im Anderen (A), hier im Unbewussten als Sprachsystem, etwas fehlt (/), nämlich ein Signifikant (ein S). In diesem Fall ist gemeint, dass durch eine Psychoanalyse über das weibliche Genießen nichts zur Sprache gebracht werden kann.
(28) Eine unmögliche Lust.– Da es „alle“ Frauen nicht gibt, bezieht sich Freuds Darstellung des Urvaters, der an „allen“ Frauen Lust hat, auf eine unmögliche Lust.122
(29) Universum und Nicht-Universum.– Das Nicht-Verhältnis zwischen der Mann-Seite und der Frau-Seite besteht also letztlich darin, dass, aufgrund der unterschiedlichen Beziehung zum Vater, die Mitglieder der Mann-Seite ein Universum bilden und die Mitglieder der Frau-Seite kein Universum.
Lacans Logik des Realen
Seit dem Seminar über die Identifizierung (Seminar 9 von 1961/62) bemüht sich Lacan, die Logik für die Zwecke der Psychoanalyse zu adaptieren und zu modifizieren (vgl. diesen Artikel). Dieses Projekt kulminiert darin, dass er ab Seminar 18 (Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, 1971) versucht, der Nicht-Beziehung zwischen den Geschlechtern eine logische Fassung gibt.
Im Hintergrund steht eine bestimmte Konzeption der Logik. Die Logik ist demnach eine Art Schreibspiel; Lacan folgt hier der Entwicklung der symbolischen oder mathematischen Logik im 19. Jahrhundert. Sie orientiert sich am Vorbild der Algebra, d.h. nicht mehr an der gesprochenen Sprache, aufgefasst als Repräsentation von Denkvorgängen.
Das logische Schreibspiel führt an bestimmten Punkten zu Unmöglichkeiten. Lacan orientiert sich hier an den Untersuchungen von Frege, Russell, Whitehead und Gödel zur Mengenlehre und unterscheidet im Hinblick darauf vier Formen der Unmöglichkeit: das Inkonsiste (d.h. das Widersprüchliche), das Unentscheidbare, das Unvollständige und das Unbeweisbare.123
Das Inkonsistente: Paradoxien – wie etwa die Russell’sche Antinomie – zeigen, dass ein Kalkül nicht widerspruchsfrei ist.
Das Unentscheidbare: Laut Frege, Whitehead und Russell ist das Grundproblem der Logik und der Mathematik die Frage, ob sich für eine beliebige Formel eines Kalküls entscheiden lässt, ob sie aus vorgegebenen Axiomen folgt.
Das Unvollständige: Hier geht es um Gödels Unvollständigkeitssätze.
Das Unbeweisbare: Der erste Gödel’sche Unvollständigkeitssatz besagt, dass es in hinreichend starken widerspruchsfreien Systemen immer unbeweisbare Aussagen gibt.
Diese Unmöglichkeiten bezeugen Lacan zufolge das Reale. Sie beziehen sich auf etwas, das (wie Lacan sagt) „nicht aufhört, nicht geschrieben zu werden“. Das, was nicht aufhört, nicht geschrieben zu werden, ist für ihn das „Unmögliche“.124 Das Unmögliche wiederum ist das „Reale“ (vgl. diesen Blogartikel).
Lacan bemüht sich, zu diesen Unmöglichkeiten Entsprechungen im Feld der Psychoanalyse zu finden. In Radiophonie heißt es (nach einem Hinweis auf Inkonsistenz, Unvollständigkeit, Unbeweisbarkeit und Unentscheidbarkeit):
„Die Schnitte des Unbewußten zeigen diese Struktur, indem sie sie aus ähnlich einzukreisenden Fällen attestieren.“125
Letztlich geht es bei diesem Realen um die Unmöglichkeit des sexuellen Verhältnisses – das ist zumindest Lacans These. Das sexuelle Verhältnis ist also das, was hartnäckig nicht geschrieben werden kann126: das Unmögliche, das Reale. In Radiophonie (1970) heißt es,
„daß der Signifikant nicht geeignet ist, irgendeiner Formel des sexuellen Verhältnisses Körper zu geben. Von daher mein Aussagen: es gibt kein sexuelles Verhältnis, darunter verstanden: formulierbar in der Struktur.“127
Die Formeln der Sexuierung sollen zeigen, dass das sexuelle Verhältnis nicht geschrieben werden kann – dass es unmöglich ist, also real. Darüber hinaus aber möchte Lacan zeigen, dass die Unmöglichkeit des sexuellen Verhältnisses der Logik zugrundeliegt.
Lacan übernimmt nicht einfach eine bestimmte Logik, sondern er modifiziert die Logik für die Zwecke der Psychoanalyse.
Einige, alle, nicht, nichtalle
Existenzaussage und Allaussage
In der klassischen Logik impliziert die Allaussage die Partikuläraussage. Wenn wahr ist: „Alle Menschen sind sterblich“, dann ist auch wahr: „Einige Menschen sind sterblich“. Die Partikuläraussage bezieht sich hiernach auf eine Teilmenge der Allaussage.
Falls ich es recht verstanden habe, ist das in der Quantorenlogik anders. Wenn wahr ist: „Alle Menschen sind sterblich“, dann ist nicht zwangsläufig wahr: „Einige Menschen sind sterblich“. Das wird etwa an folgendem Beispiel erläutert: Wenn ich behaupte, dass alle Hexen fliegen können, behaupte ich damit nicht zugleich, dass es Hexen gibt.
/_/ Prüfen, ob das in der Quantorenlogik so gesehen wird.
Wie auch immer, auf jeden Fall bezieht sich Lacan in den Formeln der Sexuierung auf eine andere Beziehung zwischen Allaussage und Partikuläraussage bzw. Existenzaussage. Die Existenzaussage bezieht sich bei ihm nicht auf eine Teilmenge der Allaussage. Vielmehr bildet die Partikuläraussage die Grenze der Allaussage. Auf diese Weise bestätigt die Existenzaussage die Allaussage, nach dem Muster: die Ausnahme bestätigt die Regel.128
Zwei Formen von „einige“
Lacan knüpft an das überlieferte Schema der vier Aussageformen an, deutet das Verhältnis zwischen der universalen und der partikulären Aussage jedoch anders, als es üblich ist. Er arbeitet, Guy Le Gaufey zufolge, mit einer bestimmten Deutung des Quantors „einige“. Ich referiere im Folgenden die These von Le Gaufey; mir ist nicht klar, ob sie, was Lacan angeht, haltbar ist.129
Seit Aristoteles gilt: Wenn eine Aussage für „einige“ gilt, ist unbestimmt, ob sie auch für alle gilt, und es ist kein Widerspruch, wenn sie für alle gilt. Wenn wahr ist, dass einige Menschen geschwätzig sind, dann kann zugleich wahr sein, dass einige Menschen nicht geschwätzig sind, es ist aber auch möglich, dass alle Menschen geschwätzig sind. „Einige“ meint in dieser Verwendung „mindestens einige“. Die partikuläre bejahende Aussage und die universale bejahende Aussage können zugleich wahr sein.
In der Umgangssprache ist das anders. Wenn ich sage: „Einige Menschen sind geschwätzig“, behaupte ich damit implizit „Nicht alle Menschen sind geschwätzig“. Wenn mich jemand darauf hinweisen würde, dass nicht einige, sondern alle Menschen geschwätzig sind, würde ich das als Einwand auffassen. „Einige“ meint in der Umgangssprache „nur einige“.
Man muss also zwei Verwendungen von „einige“ unterscheiden, eine weite Verwendung („mindestens einige“) und eine enge Verwendung („nur einige“). In der Logik wird mit der weiten Version gearbeitet; „einige“ meint seit Aristoteles „mindestens einige“.
Lacan verwendet (Le Gaufey zufolge) den Quantor „einige“ anders, nämlich in der Bedeutung von „nur einige“. Als Existenzquantor formuliert: „Es existieren“ meint bei Lacan demnach „Es existieren nur einige“.
Lacan stützt sich hierfür, sagt Le Gaufey, auf einen Artikel von Jacques Brunschwig über die partikuläre Aussage bei Aristoteles. Darin versucht Brunschwig zu zeigen, dass Aristoteles in seinen logischen Schriften mit der Mehrdeutigkeit von „einige“ gekämpft hat und dass er die enge Verwendung von „einige“ im Sinne von „nur einige“ beerdigt hat, um bestimmte Fehlschlüsse zu vermeiden.130 Lacan gräbt, Le Gaufey zufolge, für die Zwecke seiner Logik die von Aristoteles beerdigte enge Version von „einige“ wieder aus.
Wenn man die enge, die umgangssprachliche Version von „einige“ verwendet, verändern sich die Beziehungen zwischen den vier Aussagearten.
– Bei der weiten Form von „einige“ im Sinne von „mindestens einige“ können die partikuläre und die universale Aussage zugleich wahr sein. Bei der engen Variante von „einige“ geht das nicht – wenn gilt, dass nur einige Menschen sterblich sind, kann nicht zugleich wahr sein, dass alle Menschen sterblich sind.
– Bei der Verwendung von „einige“ im Sinne von „mindestens einige“ impliziert die bejahende partikuläre Aussage nicht die verneinende partikuläre Aussage – wenn es stimmt, dass mindestens einige Menschen geschwätzig sind, folgt daraus nicht zwingend, dass einige Menschen nicht geschwätzig sind. Bei der restriktiven Verwendung von „einige“ im Sinne von „nur einige“ ist das anders. Wenn es wahr ist, dass einige Menschen geschwätzig sind, dann gilt bei enger Verwendung von „einige“ automatisch, dass einige Menschen nicht geschwätzig sind.
Soweit die These von Le Gaufey.
/_/ Arbeitet Lacan in den Sexuierungsformeln tatsächlich mit der engen Version von „einige“? Meint also bei ihm „Es existiert“ immer „Es existieren nur einige“?
Die Negation der Quantoren
Lacan verwendet das Negationssymbol nicht nur für die rechte Seite des Ausdrucks, nicht nur für das Prädikat, sondern auch für die linke Seite, für den Quantor. Das ist unüblich. Man findet dieses Verfahren jedoch bereits vor Lacan bei Robert Blanché131; es ist nicht klar, ob Lacan Blanché gelesen hat. Es gibt für Lacan also, neben der Negation des Prädikats, eine Negation des Allquantors („nicht alle“) und eine Negation des Existenzquantors („es existiert nicht“).
Lacan unterscheidet diese beiden Negationen, indem er sich auf zwei Elemente der Negation bezieht, die für die französische Sprache charakteristisch sind. Die Negation wird hier im typischen Fall durch den Ausdruck ne … pas gebildet (Je ne viens pas, „Ich komme nicht“), also durch eine Klammer, die aus zwei unterschiedlichen Negationspartikeln besteht, aus ne und aus pas. An der zweiten Stelle können auch andere Ausdrücke als pas stehen, z.B. point oder guère (ne … point: „keineswegs“, ne … guère: „kaum“). Die erste Negation, das ne, wird als „diskordanzielle“ Negation bezeichnet (négation discordantielle), die zweite als „verwerfende Negation“ (négation forclusive). Diese Terminologie stammt von Damourette und Pichon132; Lacan bezieht sich öfter darauf.133
Lacan bezeichnet die Negation des Quantors als diskordantielle Negation, die Negation des Prädikats als verwerfende Negation.134
/_/ Worauf zielt diese Zuordnung ab?
Nichtalle
Durch die Negation des Quantors „alle“ ergibt sich der Quantor „nicht alle“; Lacan schreibt ihn „nichtalle“ (pastoute)135 oder „nicht-alle“ (pas-toute)136, wohl um zu signalisieren, dass damit auf keinen Fall „einige“ gemeint ist. Dieses „nichtalle“ ist der Dreh- und Angelpunkt der Formeln der Sexuierung. Wenn ich sage „Nicht alle Menschen sind geschwätzig“ bedeutet das in der Umgangssprache wie in der Logik „Einige Menschen sind geschwätzig“; in der klassischen Logik meint „einige“ immer „weniger als alle“, „einige“ Menschen könnten hier also auch sehr viele Menschen sein, nur eben nicht alle. Lacan verwendet diese Negation anders. Er unterscheidet zwei Arten von Vielheiten, solche die ein Universum bilden, und solche, die das nicht tun. Ein Universum gibt es nur dann, wenn es eine Ausnahme gibt. Der Quantor „alle“ bezieht sich bei Lacan auf ein Universum, also auf eine Vielheit mit Ausnahme, der Quantor „nichtalle“ auf eine Vielheit ohne Ausnahme, also nicht auf ein Universum.137
Die phallische Funktion
In den Formeln der Sexuierung bezeichnet Lacan die Zeichenfolge Φx (groß Phi von x) als „phallische Funktion“. Das große Phi, also Φ, steht für „Phallus“ (vermutlich als Signifikant für den durch die Sprache erlittenen Lust-Verlust, für die Kastration im Sinne von Lacan); das kleine x ist eine Variable im Sinne der Logik. 138
Eingeführt wird der Terminus „phallische Funktion“ und die Zeichenfolge Φx in Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, in der Sitzung vom 19. Mai 1971.139 Mit „Funktion“ ist hier der Funktionsbegriff von Frege gemeint.140 Eine Funktion im Sinne von Frege ist im ersten Konstruktionsschritt ein Ausdruck mit einer Leerstelle. Beispielsweise ist „Alle Menschen sind _“ eine Funktion, ebenso „Alle _ sind geschwätzig“. Eine Funktion ist weder wahr noch falsch, anders gesagt, sie hat keinen Wahrheitswert. Der isolierte Ausdruck Φx ist eine Funktion in diesem Sinne; x ist hier eine „freie Variable“, d.h. eine Leerstelle.
Durch die Verbindung mit Quantoren, also mit ∀ oder ∃, verwandelt sich das x aus einer „freien“ in eine „gebundene Variable“. Die Quantoren ordnen das x bestimmten Objekten zu; bei den Formeln der Sexuierung ist für x die jouissance einzusetzen.141 Damit entspricht der Ausdruck Φx dem Begriff „phallische jouissance“, den Lacan gelegentlich bereits vor Seminar 18 verwendet hatte (vgl. den Blogartikel Phallisches Genießen (I): Seminar 17, hier) und den er nach Seminar 18 weiter verwendet (vgl. den Blogartikel Phallisches Genießen (II): Seminar 19 und 20, hier).
Entscheidend an einer Funktion ist, dass sich der Ausdruck mit Leerstelle durch das Einsetzen von Argumenten in eine Aussage verwandelt, d.h. in einen Ausdruck, der entweder wahr oder falsch ist. Durch die Bindung der Variablen x mithilfe der Quantoren und durch das Einfügen von jouissance entstehen also Aussagen, die diese beiden Wahrheitswerte haben können.
Was könnte hierzu die Entsprechung im Feld der Psychoanalyse sein? Unter „Wahrheit“ versteht Lacan häufig die Aufdeckung eines verborgenen Sinns durch Deutung. Vermutlich geht es in den Formeln um das Verhältnis von Kastration (Φ), jouissance (x) und Deutung und mit dem Gegensatz von „alle“ und „nichtalle“ möglicherweise um die Grenzen der Deutung.
Vier Formen der Aussage
Warum schreibt Lacan genau vier Formeln der Sexuierung?
Den Ausgangspunkt bildet die aristotelische Konzeption der vier Aussage-Arten, umformuliert in die Sprache der Quantorenlogik. Lacan verwandelt dieses Schema beträchtlich – der Ausgangspunkt ist ein Abstoßungspunkt –, er behält jedoch bei, dass es um vier Aussageformen geht. Zwei dieser Aussagetypen ordnet er der männlichen Seite zu und zwei der weiblichen Seite.
Die klassische Konzeption der vier Aussage-Arten
In der aristotelischen Logik unterscheidet man universale Aussagen (Aussagen über alles) und partikuläre Aussagen (Aussagen über einiges) und, quer dazu, bejahende und verneinende Aussagen. Die Kombination dieser Merkmale ergibt vier Aussagearten:
– Universal bejahende Aussage, z.B. „Alle Menschen sind geschwätzig“.
– Universal verneinende Aussage, z.B. „Alle Menschen sind nicht geschwätzig“ oder „Kein Mensch ist geschwätzig“.
– Partikulär bejahende Aussage, z.B. „Einige Menschen sind geschwätzig“.
– Partikulär verneinende Aussage, z.B. „Einige Menschen sind nicht geschwätzig“.
Ein Ausdruck in der Position von Mensch (bzw. Menschen) wird traditionell als logisches „Subjekt“ bezeichnen, ein Ausdruck in der Position von geschwätzig als logisches „Prädikat“, der Ausdruck ist (oder sind) heißt „Kopula“, die Ausdrücke „alle“ und „einige“ tragen in der Terminologie der modernen Logik die Bezeichnung „Quantoren“. Eine Aussage besteht also insgesamt aus dem, was man später als „Quantor“ bezeichnet wird („alle“ oder „einige“), aus einem (logischen) Subjekt (z.B. „Menschen“), aus einer Kopula („ist“ oder „sind“) und einem (logischen) Prädikat (z.B. „geschwätzig“). Hinzu kommt die Negation, wie in „Alle Menschen sind nicht geschwätzig“.
Wenn man für „Subjekt“ den Buchstaben S einsetzt und für „Prädikat“ den Buchstaben P, erhält man die übliche Notation der vier Aussage-Arten:
– Universal bejahende Aussage: Alle S sind P.
– Universal verneinende Aussage: Alle S sind nicht P (oder: Kein S ist P).
– Partikulär bejahende Aussage: Einige S sind P.
– Partikulär verneinende Aussage: Einige S sind nicht P.
Statt der klassischen Formulierung „einige“ verwendet Lacan die moderne Fassung „es existiert“, „Existenzquantor“ genannt. Das ergibt dann:
– Universal bejahende Aussage: Alle S sind P.
– Universal verneinende Aussage: Alle S sind nicht P (oder: Kein S ist P).
– Partikulär bejahende Aussage: Es existiert ein S, das P ist.
– Partikulär verneinende Aussage: Es existiert ein S, das nicht P ist.
Die Aussagen sind entweder wahr oder falsch, in der Terminologie der heutigen Logik: Sie haben zwei „Wahrheitswerte“, nämlich „wahr“ oder „falsch“. Beispielsweise könnte man der Aussage „Kein Mensch ist geschwätzig“ den Wahrheitswert „falsch“ zuschreiben.
Lacans System der vier Aussagen
Lacan deutet das Schema der vier Aussagen um, im Lichte der Neubestimmung des Verhältnisses von universaler und partikulärer Aussage und der Verwendung der Negation zur Negation der Quantoren. Die universale bejahende Aussage und die partikuläre verneinende Aussage behält er bei (zumindest auf den ersten Blick), die beiden anderen Aussage-Arten werden von ihm transformiert.
Die universale bejahende Aussage würde in der klassischen Logik so lauten: „Alle S sind Φ“ (für „Die Lust aller Subjekte ist durch den Bezug auf den Phallus / den Kastrationskomplex bestimmt“). Lacan schreibt das in der Notationsweise der Quantorenlogik so:
Zu lesen als: „Für alle x gilt: x ist Φ.“ Diese Schreibweise hat, wenn man sich im Rahmen der Quantorenlogik bewegt, nichts Überraschendes.
Die universale verneinende Aussage würde traditionell so lauten: „Alle S sind nicht Φ“ oder „Kein S ist Φ“; in der Schreibweise der Quantorenlogik würde man hierfür erwarten: („Für alle x gilt: x ist nicht Φ“). Stattdessen findet man bei Lacan:
Zu lesen als: „Es existiert kein x, für das gilt: x ist nicht Φ.“ Das ist eine doppelte Negation, entspricht damit normalerweise der Affirmation, also der universalen bejahenden Aussage.
Die partikuläre bejahende Aussage wäre traditionell „Einige S sind Φ“; in der Schreibweise der Quantorenlogik erwartet man hier: („Es existiert mindestens ein x, für das gilt: x ist Φ“). Stattdessen findet man bei Lacan:
Zu lesen als: „Für nichtalle x gilt: x ist Φ.“ Der Quantor „einige“ wird durch den Quantor „nichtalle“ ersetzt; „einige“ und „nichtalle“ sind in Lacans Logik keineswegs synonym.
Die partikuläre verneinende Aussage ist „Einige S sind nicht Φ“. In der Notationsweise der Quantorenlogik schreibt Lacan das so, wie man es erwarten würde:
Zu lesen als: „Es existiert mindestens ein x, für das gilt: x ist nicht Φ.“
Zuordnung zu den beiden Seiten
Diese vier Aussageformen ordnet Lacan den beiden Geschlechts-Positionen zu.
Mann-Seite:
– : Es existiert ein Element, dessen Lust nicht durch den Kastrationskomplex geprägt ist. (Das entspricht dem mythischen Urvater, der an allen Frauen Lust hat.)
– : Bei allen Elementen ist die Lust durch den Kastrationskomplex geprägt.
Frau-Seite:
– : Es existiert nicht ein Element, dessen Lust nicht durch den Kastrationskomplex geprägt ist. (Es gibt kein Ausnahmewesen, das der Kastration entgeht.)
– : Bei nichtallen Elementen ist die Lust durch den Kastrationskomplex geprägt. (Diese Vielheit bildet, bezogen auf den Kastrationskomplex, kein Universum.)
Es gibt kein sexuelles Verhältnis, sondern …
Die Behauptung „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“ ist damit so übersetzt:
Man kann zwei Vielheiten unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen, dass an die Stelle der Beziehung zwischen „männlich“ und „weiblich“ der Kastrationskomplex tritt. Die beiden Vielheiten unterscheiden in ihrem Verhältnis zum Kastrationskomplex. Für die Elemente der einen Vielheit gilt, dass ihre durch den Kastrationskomplex strukturierte Lust ein Universum bildet, ein alle; für die Elemente der anderen Vielheit, gilt, dass ihre durch den Kastrationskomplex strukturierte Lust kein Universum bildet, kein alle, sondern ein nichtalle. Die erste Menge kann man als die der „Männer“ bezeichnen, die zweite Menge als die der „Frauen“. Zwischen den beiden Mengen gibt es durchaus ein Verhältnis, nämlich ein Verhältnis zwischen zwei unterschiedlichen Verhältnissen zum Kastrationskomplex, zwischen „alle“ (in Beziehung zum Kastrationskomplex) und „nichtalle“ (in Beziehung zum Kastrationskomplex). Es gibt jedoch kein sexuelles Verhältnis, kein Verhältnis zwischen „männlich“ und „weiblich“.
/_/ Sind beide Vielheiten Mengen oder ist nur die Vielheit auf der linken Seite eine Menge?
Lacan ordnet, wie gesagt, die Negation des Quantors der diskordantiellen Negation zu, die Negation des Prädikats der forklusiven Negation. Damit soll offenbar gesagt werden, dass die Beziehung zwischen der Mann-Seite und der Frau-Seite eine Beziehung der „Diskordanz“ im Verhältnis zur phallischen Funktion ist. An die Stelle des „sexuellen Verhältnisses“ tritt die Diskordanz im Verhältnis zur phallischen Funktion.
Da es Lacan insgesamt darum geht, das Reale des sexuellen Verhältnisses zu demonstrieren, muss die Diskordanz im Verhältnis zur phallischen Funktion das Reale – das Unmögliche – des sexuellen Verhältnisses sein.
/_/ In welchem Sinne ist die Diskordanz im Verhältnis zur phallischen Funktion eine Unmöglichkeit? Inwiefern also zeigen die Formeln der Sexuierung, dass das sexuelle Verhältnis nicht geschrieben werden kann?
/_/ Worauf stützt sich Lacan, wenn er behauptet, dass seine Formeln der Sexuierung die Grundlage der gewöhnlichen Logik darstellen? Offenbar geht es ihm hierbei um das Zusammenspiel von Begriff („alle“), Existenz und Negation. Wie genau lauten seine Thesen über die Logik?
Fragen und Einwände zur Sekundärliteratur
Ich formuliere hier nur meine Fragen und Einwände, nicht meine Zustimmungen. Alle aufgeführten Texte sind äußerst lesenswert!
Joan Copjec
Sexuelle Differenz
Joan Copjec bezeichnet die Formeln als Formeln der „sexuellen Differenz“.142 Lacan hat diesen Terminus gelegentlich verwendet, jedoch ausschließlich vor Seminar 18, d.h. bevor er damit beginnt, die Formeln der Sexuierung auszuarbeiten.143 Copjec begründet ihre Wahl des Terminus nicht. Von ihr erfährt man, dass die sexuelle Differenz „eine reale und keine symbolische Differenz“ ist144.
--- Hat es Gründe, dass Lacan in Bezug auf die Formeln der Sexuierung nicht von „sexueller Differenz“ spricht?
--- Was spricht für „sexuellen Differenz“? Lacan selbst spricht einmal von den „quantischen Formeln der Sexuierung“145. Wie verhält sich „sexuelle Differenz“ zu „Sexuierung“?
(Dieselben Fragen gehen an Bruce Fink und Alenka Zupançiç, die ebenfalls ohne weiteres von „sexueller Differenz“ sprechen. Copjec hat den am stärksten ausgearbeiteten Begriff von sexueller Differenz, da sie „symbolische sexuelle Differenz“ von „realer sexueller Differenz“ unterscheidet.)
Christian Fierens
Fierens bezeichnet im Folgenden das „alle“ als das „beschränkte alle“ und erklärt hierzu:
„(…) das nichtalle ist zugleich das beschränkte alle und das Jenseits der Beschränkungen“146
Demnach umfasst das „nicht alle“ das „alle“.
--- Gehört zum Nicht-Universum auch noch das Universum? Dafür spricht, dass die weibliche Position, Lacan zufolge, zugang zur Seite des Mannes hat; dagegen spricht, dass die Beziehung zwischen den beiden Seiten damit ein Verhältnis zwischen einer Menge und einer Teilmenge wäre, also nichts Reales.
Bruce Fink
Zahlen in Klammern beziehen sich im Folgenden auf die Seiten von:
Bruce Fink: Das Lacansche Subjekt. Zwischen Sprache und jouissance. Turia und Kant, Wien 2006 (USA 1995)
Neurose
(a) Fink zufolge beziehen sich die Formeln ausschließlich auf neurotische Subjekte. (Vgl. 141 f.)
--- Lacan ist anderer Meinung: Mensch muss sich auf einer der beiden Seiten einschreiben, behauptet er.147
(b) Wäre die phallische Funktion bei einem Subjekt völlig unwirksam, wäre das Subjekt psychotisch. (Vgl. 149)
--- Ist das Lacans Auffassung?
--- In welchem Verhältnis steht die Perversion zur „phallischen Funktion“?
Verhältnis zum biologischen Geschlecht
(a) „Klinisch stellen sich recht viele biologische Frauen als männlich strukturiert heraus, und viele biologische Männer erweisen sich als weiblich strukturiert.“ (143)
--- Was sagt Lacan zum quantitativen Verhältnis von biologischem Geschlecht und sexueller Position?
--- Wie schätzen andere lacanianische Psychoanalytiker das Verhältnis zwischen biologischem und „klinischem“ Geschlecht ein?
Phallus
(a) Der Phallus ist der Signifikant des Begehrens des Anderen, d.h. der Signifikant dessen, was für den Anderen begehrenswert ist. (Vgl. 135)
--- Gilt das auch für Φ in den Formeln der Sexuierung?
Phallische Funktion
(a) Die phallische Funktion besteht darin, der Sprache unterworfen zu sein, dem Spiel der Signifikanten. (Vgl. 141)
--- Gibt es für diese Bestimmung von „phallische Funktion“ einen Beleg bei Lacan?
--- Wie auch immer, auf jeden Fall übersieht oder übergeht Fink die mathematisch-logische Bedeutung von „Funktion“. (Dasselbe gilt für alle anderen Autoren, die ich zu diesem Thema gelesen habe, mit Ausnahme von Morel.)
(b) Die phallische Funktion lässt sich auch als „symbolische jouissance“ bezeichnen. (Vgl. 141)
--- Bezeichnet Lacan die „phallische Funktion“ irgendwo als „symbolische jouissance“ oder ähnlich?
Männer
(a) bedeutet, „dass alle Männer unter die phallische Funktion fallen (x steht dabei für irgendein gegebenes Subjekt oder einen Teil desselben, Φx, dass die phalische Funktion für dieses Subjekt oder diesen Teil zutreffend ist, und ∀x für alle x“ (145).
--- Steht x für irgendein Subjekt? Steht x für den Teil von irgendeinem Subjekt? Nach allem, was ich bisher von Lacan zur phallischen Funktion gelesen habe (Seminar 18 ganz und Seminar 19 bis 12. Januar 1972), steht x für jouissance.
(b) Männer sind vollständig durch die phallische Funktion bestimmt, d.h. sie sind ganz und gar der Sprache unterworfen. (Vgl. 141)
--- Meint das „alle“ in Bezug auf die phallische Funktion, „vollständig der Sprache unterworfen sein“?
(c) Bezogen auf das Begehren meint die vollständige Sprachunterwerfung, dass das Begehren des Mannes gänzlich durch den Inzestwunsch bestimmt ist, d.h. durch das „Nein!“ des Vaters, das mit der Urverdrängung einhergeht. (Vgl. 141)
--- Sind Lacan zufolge alle Formen des Begehrens durch den Inzestwunsch bestimmt? Er kommentiert ja ausführlich den Unterschied zwischen Ödipuskomplex und Urvatermord und bezieht die Formeln auf den Urvatermord. Welche Folgen hat das für die Theorie des Inzestwunsches?
(d) Dass die Lust des Mannes durch die phallische Funktion bestimmt ist, also gänzlich der Sprache unterworfen ist, heißt erstens, dass das Denken selbst jouissance-geladen ist. Fink verweist hierfür auf das Encore-Seminar: „Das Denken selbst ist Genießen.“148 Vom Zwangsneurotiker her ist das bekannt ist: das zwanghafte Zweifeln ist ein „geistiges Masturbieren“. (Vgl. 141 f.)
--- Geht es beim Denken, welches jouissance ist, um die phallische Funktion? Die zitierte Passage gibt das nicht her. Ich sehe zwei Möglichkeiten:
(a) Das Denken, welches jouissance ist, ist eine Sublimierung der phallischen jouissance, es ist jedoch nicht selbst als phallische jouissance zu bezeichnen.
(b) Die phallische jouissance tritt in zwei Formen auf, unsublimiert und sublimiert; eine sublimierte phallische jouissance ist beispielsweise das Denken, welches jouissance ist.
(Vgl. meinen Artikel „Phallisches Genießen II (Seminare 19 und 20)“, hier.)
(e) „Insofern sie im Zusammenhang mit dem Körper steht, bezieht die phallische oder symbolische jouissance nur das durch den Signifikanten bezeichnete Organ ein, das somit bloß als Verlängerung oder Instrument des Signifikanten dient.“ (142)
--- Klar ist, dass Lacan das Phallus-Organ und die phallische jouissance auf die Sprache bezieht. Ist damit gemeint: Das Organ dient nur als Verlängerung oder Instrument des Signifikanten? Wo bleibt da die jouissance? Ist jouissance eine „Verlängerung“ oder ein „Instrument“ des Signifikanten? Ich denke, der Zusammenhang ist umgekehrt: Die Signifikanten sind ein Instrument für die Gewinnung von jouissance (das wird im Encore-Seminare bei der Erläuterung der vier Diskurse deutlich gesagt).
(a) Lacan bezieht sich hier auf den Urvater, „der angeblich jede einzelne Frau in der Horde beherrscht“ (146), der Urvater fasst „alle Frauen unter einer Kategorie zusammen: zugänglich“ (147).
--- Fink übergeht, dass Lacan den Urvater nicht durch Herrschaft, sondern durch jouissance charakterisiert: er genießt alle Frauen. Warum dieses Auslassen der jouissance?
--- Sind „alle“ Frauen „jede einzelne“? Ich glaube nicht; der Ausdruck „jede einzelne“ bezieht sich für mein Sprachgefühl nicht auf eine abgegrenzte Totalität.
(b) Nur der mythische Urvater kann ein wirkliches Geschlechtsverhältnis zu einer Frau haben. (Vgl. 147)
--- Ist das Lacans These? Bestünde das sexuelle Verhältnis darin, Lust an „allen“ Frauen zu haben.
(c) Der Existenzquantor in der Formel behauptet nicht die „Existenz“ von etwas, sondern die „Ex-sistenz“, mit Bindestrich zwischen „Ex“ und „sistenz“. (Vgl. 247 Anm. 168)
--- Bezieht Lacan die Existenzquantoren in den Formeln auf „Ex-sistenz“ im Gegensatz zu „Existenz“?
(d) Dass jeder Mann durch beide Formeln charakterisiert ist, besagt, dass er weiterhin Inzestträume hat, „in denen er sich die Privilegien des imaginierten Vaters gestattet, der seine Lust erfüllt und keine Grenzen hat“ (148)
--- Ist mit der Formel usw. gemeint, dass jeder Mann Inzestträume hat? Wohl kaum: das „alle Frauen Genießen“ bezieht sich ja gerade auf „alle Frauen“ und nicht auf die Mutter des Ödipuskomplexes; Lacan betont diesen Punkt.
(e) „Das Ideal der Nichtkastration lebt irgendwo in jedem einzelnen Mann weiter.“ (148)
--- Sicherlich bezieht sich die obere Formel auf die Nichtkastration. ABer hat dieser Bezug die Form eines Ideals?
Seite der Frauen
(a) Fink deutet die Formel so: Eine Frau ist der symbolischen Ordnung nicht vollständig unterworfen: „nicht alles an einer Person, die, ungeachtet ihrer Anatomie, unter die psychoanalytische Kategorie ‚Frauen‘ fällt“ ist durch die phallische Funktion bestimmt; „nicht alles kommt bei einer Frau unter das bzw. dem Gesetz des Signifikanten“ (142).
--- Diese Deutung des „nicht-alle“ beruht auf dem Opposition von Ganzem und Teil: Eine Frau wäre demnach nur teilweise durch die phallische Funktion bestimmt. Im Encore-Seminar wird diese Deutung zurückgewiesen. Dort heißt es: „Es ist nicht, weil sie nicht-alle ist in der phallischen Funktion, daß sie überhaupt nicht dran ist. Sie ist nicht überhaupt nicht dran. Sie ist voll dran. Aber es gibt etwas mehr.“149 Eine Frau ist der phallischen Funktion ganz und gar unterworfen – es gibt jedoch etwas Zusätzliches.150
(b) „Nicht, dass jedes Subjekt, das sich unter ‚Frauen‘ einordnen lässt, diese [andere jouissance] auch erlebt – ganz im Gegenteil, wie nur allzu oft bestätigt wird –, aber es ist laut Lacan strukturell möglich.“ (142) Bei jeder Frau gibt es die Möglichkeit, dass ein Teil sich der Herrschaft des Phallus entzieht. (Vgl. 148 f.)
--- Ist die jouissance jenseits des Phallus, die spezifisch weibliche jouissance, eine Möglichkeit, die nur selten verwirklicht wird?
--- Wie will man das wissen, wenn darüber im Rahmen der Psychoanalyse nichts geagt werden kann?
(c) Frauen können sowohl die phallische jouissance als auch eine andere jouissance erfahren, die Lacan „jouissance des Anderen“ nennt. (Vgl. 142)
--- Jouissance de l’Autre kann zweierlei bedeuten: zum einen Genießen des Anderen als Objekt des Genießens (Genitivus objectivus), zuzm andern Genießen auf der Seite des Anderen (Genitivus subjectivus). Die von den Frauen erfahrene andere jouissance wäre Jouissance de l’Autre im Sinne des Genitivus subjectivus.
--- Fink rezipiert nicht das Konzept Jouissance de l’Autre im Sinne des Genitivus objectivus.
(a) „Auch wenn bei einer Frau nicht alles von der phallischen Funktion bestimmt ist – die Existenz eines Teils von ihr geltend zu machen, der sich der phallischen Funktion verweigert, käme der Behauptung gleich, dass etwas, das die phallische Funktion verneint, ihr gleichwohl unterworfen und in die symbolische Ordnung eingefügt ist; denn existieren heißt, einen Platz innerhalb des symbolischen Registers zu haben.“ Die Formel verneint die „Existenz“ eines „Reichs jenseits des Phallus“, aber keineswegs dessen „Ex-sistenz“. (Vgl. 150)
--- „Existieren“ heißt demnach „im Symbolischen existieren“. Entspricht das Lacans Verwendung des Existenzquantors?
--- Operiert Lacan in Bezug auf die Formeln mit der Opposition von „Existieren“ und „Ex-sistieren“ (Ex-Bindestrich-sistieren)? Falls ja: Was versteht er darunter?
Guy Le Gaufey
Le Gaufey schreibt über den Ausdruck „einige“:
„Im Allgemeinen ist der Sinn dieses Ausdrucks restriktiv: Wenn der Kandidat ‚einige‘ Stimmen erhalten hat, ist klar, dass er nicht gewählt worden ist, er hat nicht ‚alle‘ bekommen (nicht einmal eine einfache Mehrheit). Wenn ich hingegen als Logiker die partikuläre bejahende Aussage ‚Einige A sind B‘ bilde, drängt mich Aristoteles dazu zu denken, dass ich hier nur eine partikuläre Instantiierung der universalen bejahenden Aussage ‚Alle A sind B‘ vornehme.“151
--- Nein, als Logiker werde ich von Aristoteles zu etwas anderem gedrängt. Wenn ich in der Logik sage „Einige A sind B“, ist für mich offen, ob „Alle A sind B“ wahr ist oder falsch ist; ich werde zu dieser Offenheit gezwungen.
Geneviève Morel
Morel deutet den Ausdruck Φx so, dass hier x ein Signifikant im Unbewussten ist, der für das Subjekt die Lust repräsentiert:
„Die Variable x repräsentiert das Subjekt in seinem Verhältnis zum Geschlecht. Das ist ein Signifikant, durch dessen Vermittlung sich das Subjekt in die Funktion als ihr Argument einschreibt. Davon kann es mehrere geben, ihre Anzahl ist jedoch beschränkt. Für das Subjekt sind es Signifikanten der Lust, die es repräsentieren, wie ‚gut‘ oder ‚schlecht‘ im Fall von Josiane. (…) Für Dora (…) bezeichnet der mehrdeutige Signifikant ‚unvermögend‘ – das Wort ihres Symptoms – die Identifizierung mit ihrem Vater, insofern er kastriert ist. Dieser Signifikant gestattet ihr also, ihre Lust in die phallische Funktion einzuschreiben. Man wird demnach schreiben können ‚unvermögend ist ein Signifikant, der Dora repräsentiert‘. Dieser Signifikant der Lust wird ihr von ihrem Unbewussten geliefert, so wie ‚schlecht‘ durch das Unbewusste von Josiane geliefert wird.“152
--- Verwendet Lacan das x so, dass er dafür bestimmte Signifikanten einsetzt, die für ein Subjekt die Lust repräsentieren? Oder steht bei ihm das x unmittelbar für die Lust eines Subjekts? Kurz: Steht x für „Signifikant der jouissance“ oder für „jouissance“?
Morel zufolge bezeichnet Lacan die weibliche jouissance im Encore-Seminar auch als l’Autre jouissance, „die Andere Lust“.153
--- Nein, diesen Ausdruck verwendet Lacan nicht in diesem Seminar und auch sonst nicht zur Erläuterung der Formeln der Sexuierung.
Regula Schindler
Regula Schindler schreibt:
„Was die ‚väterliche Funktion‘ betrifft, eröffnen sich etliche Möglichkeiten der Deutung, worin diese denn bestehe. Beliebt ist die mythische Version des Freud’schen Urvaters, der alle Frauen genießt. Dies nicht zu Unrecht, denn wo es um logische Aporien geht, springt der Mythos ein, der sich wenig darum kümmert, ob und inwiefern ein Genießen ‚aller‘ Frauen möglich wäre, ob die Mutter dazugehört oder nicht, ob der rein menschliche Begriff ‚Vater‘ auf dieses Ungeheuer zutrifft, was mit den Schwestern los ist, etc. etc. Bestimmt ist es falsch, zu sagen: das ist der Urvater. Ihn assoziieren, warum nicht.“154
--- Lacan bezieht sich bei der Erläuterung der Formel oben links, also von , immer wieder auf den freudschen Urvater.155 Warum? Klar ist, dass es Lacan dabei um eine Kritik des Ödipusmythos geht; der wahre Ödipusmythos, heißt es bereits in Seminar 15, sei Freuds Mythos vom Urvatermord.156 Welche Vorteile sieht Lacan im Urvatermythos gegenüber dem Ödipusmythos? Welche Kritik am Ödipusmythos implizieren die Formeln der Sexuierung? Ein wichtiges Element ist offenbar das „alle“: der Urvater hat (in Lacans Version) Lust an „allen“ Frauen, und dieses „alle“ gibt der Ödipusmythos nicht her. Aber vermutlich geht die Option für den Urvatermythos darüber hinaus.
Slavoj Žižek
(a) In einem Artikel zu den Sexuierungsformeln schreibt Žižek über die Unmöglichkeit, die darin besteht, dass es keinen Anderen des Anderen gibt, wobei diese Unmöglichkeit durch S/(Ⱥ) symbolisiert wird; er fährt dann fort:
“das Φ verdinglicht diese Unmöglichkeit in die Ausnahme, in einen heiligen, verbotenen/unerreichbaren Agenten, der die Kastration vermeidet und der deshalb in der Lage ist, wirklich zu genießen (der Urvater, die Dame in der höfischen Liebe“157.
Demnach steht Φ für den mythischen Agenten, der der Kastration entgeht, etwa für den Urvater.
--- In den Formeln der Sexuierung wird dieser mythische Agent nicht durch Φ bezeichnet, sondern durch sein Gegenteil, durch die Negation von Φ, durch . Aus dem Nein des Vaters wird in den Formeln das Nein des Vaters zur Kastration. Das ist, wenn ich es recht sehe, eine neue Funktion der Negation.
(b) Im selben Artikel spricht Žižek von der
„phallischen Funktion, d.h. vom phallischen Signifikanten“158
--- Nein, die phallische Funktion ist nicht der phallische Signifikant. Die phallische Funktion ist der phallische Signifikant plus x, also der Ausdruck Φx. Erst durch das x – durch die Leerstelle, durch die Variable – ergibt sich eine Funktion. Was an der Leerstelle eingefügt werden muss, um eine Aussage zu erhalten, ist eine jouissance, eine Lust, ein Genießen. Die phallische Funktion ist eine Verbindung zwischen dem phallischen Signifikanten Φ und einer Leerstelle x, an der eine jouissance einzufügen ist.
Alenka Zupančič
Weibliche jouissance
Lacan bezeichnet die weibliche jouissance mit S(Ⱥ), was heißen soll, dass sich darüber nichts sagen lässt. Warum lässt sich nichts darüber sagen? Zupančič beantwortet die Frage so: Das Auftauchen der Signifikantenordnung fällt unmittelbar zusammen mit dem Nicht-Auftauchen eines Signifikanten, und am Ort dieser Lücke in den Signifikanten, im Unbewussten, erscheint jouissance – als das heterogene Element, das zwar zur Signifikantenordnung gehört, sich jedoch nicht auf sie reduzieren lässt. Insofern gehört die fragliche jouissance wesentlich zum Unbewussten: als „Substanz“ des fehlenden Signifikanten. Man kann also deshalb über diese andere jouissance nichts sagen, weil sie ein Platzhalter für das Wissen ist, das nicht existiert.159
--- Eine interessante These zum Hauptthema der Formeln, zum Verhältnis von Signifikant und jouissance. Lässt sie sich halten?
Literatur zu den Formeln der Sexuierung
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Allouch, Jean: Pourquoi y a-t-il de l’excitation sexuelle plutôt que rien? EPEL, Paris 2017
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Chiesa, Lorenzo: The not-two: logic and god in Lacan. MIT-Press, Cambridge, Mass., 2016
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Fajnwaks, Fabian; Leguil, Clotilde (Hg.): Subversion lacanienne des théories du genre. Michèle, Paris 2015
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Le Gaufey, Guy: Le pastout de Lacan. Consistance logique, conséquences cliniques. EPEL, Paris 2006
Le Gaufey, Guy: L’universel mis à nu. In: La Clinique lacanienne, Heft 10 (2006/1), S. 183–198, im Internet hier
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Morel, Geneviève: Ambiguïtés sexuelles. Sexuation et psychose. Anthropos, Paris 2000, darin vor allem Kapitel IV und V (die Übersetzung eines Abschnitts aus Kapitel IV, Die phallische Funktion, findet man auf dieser Website hier, Beitrag vom 23. Juli 2017)
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Seifert, Edith: Die Anschreibung der Frau – Begehren und Genießen der Frau. In: Dies.: „Was will das Weib?“ Zu Begehren und Lust bei Freud und Lacan. Quadriga, Weinheim und Berlin 1987, S. 121–171
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Žižek, Slavoj: Das Nicht-Alles oder die Ontologie der Geschlechterdifferenz. Kapitel 11 von: Ders.: Weniger als nichts oder Hegel und der Schatten des dialektischen Materialismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2014, S. 1004–1069
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- Jacques Lacan: Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre. Seminar 18 von 1971 (Übersetzung)
- Jacques Lacan: L’étourdit (Übersetzung)
Anmerkungen
- Zuerst in Seminar 16 (1968/69), Von einem Anderen zum anderen, Sitzung vom 22. März 1969; Version Miller, S. 226.
- Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre (1971), Sitzung vom 17. Februar 1971, hier; Version Miller S. 65.
- Lacan verwendet die Ausdrücke sexuation und formules quantiques de la sexuation nur einmal, in Seminar 21, Les non-dupes errent (1973/74), in der Sitzung vom 9. April 1974.
Miller schreibt in seiner Ausgabe von Seminar 19, Lacan verwende „sexuation“ in L’étourdit, also bereits 1972; er irrt sich (vgl. Version Miller, S. 254). - Erste Version: 8. Juli 2018 (nach dem Übersetzen von Seminar 18 und der Teilnahme an Max Kleiners Seminar über L’étourdit, Teil: Formeln der Sexuierung)
Zweite Version: 26. Oktober 2018 (nachdem ich endlich den Funktionsbegriff einigermaßen verstanden habe)
Dritte Version: 29. November 2018 (nach der Lektüre von Copjec dt. 2004 habe ich begriffen, dass es um zwei unterschiedliche Aufspaltungen in phallische und nicht-phallische Lust geht)
Vierte Version vom 2. Dezember 2018 (Verarbeitung von Bruce Fink unter „Zur Sekundärliteratur“ und Korrektur meiner Ausführungen zum Funktionsbegriff) - In: J. Lacan: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 449 –495, zu den Formeln: S. 458–469.
- Vgl. J. Lacan: Television. Übersetzt von Jutta Prasse und Hinrich Lühmann. In: Ders.: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim und Berlin 1988, S. 55–98, hier: S. 90.
- Vgl. Seminar 19, … oder schlimmer, Sitzung vom 15. Dezember 1971, Version Miller S. 34.
- Die Rede von zwei „Hälften“ (moitiés) findet man in L’étourdit, a.a.O., dort häufig auf den Seiten 456 bis 468.
- Seminar 21, Sitzung vom 19. März 1974.
- „On m’a posé la question…on m’a posé la question dans un endroit où on travaillait, on m’a posé la question de savoir
quel rapport avait ce nœud borroméen avec ce que j’avais énoncé des quatre… je dirai options, dites d’identification sexuée.“ Seminar 21, Sitzung vom 14. Mai. Von „sexuiuerter Identifzierung“ spricht Lacan auch am 21. Mai, und am 11. Juni 1974. - Lacan übernimmt den Begriff gebundene Variable“; vgl. Seminar 19, Sitzung vom 8. Dezember 1971, Version Miller S. 12 („variable apparente“).
- Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, Version Miller S. 170.
- Vgl. L’étourdit, a.a.O., S. 465.
- Vgl. Robert Blanché: Les structures intellectuelles. Vrin, Paris 1966 (hierauf verweist Guy Le Gaufey: Le Pastout de Lacan. Consistance logique, conséquences cliniques. EPEL, Paris 2006, S. 69 f.).
- L’étourdit, a.a.O., S. 467 und 468.
- … ou pire. Compte rendu du séminaire 1971–1972. In: J. L.: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 547–552, hier: S. 548.
- „Die Kastration besagt, dass das Genießen verweigert werden muss, damit es auf der umgekehrten Skala des Gesetzes des Begehrens erreicht werden kann.“ (J. Lacan: Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens (1962). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 367.
- Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 170.
- Vgl. Geneviève Morel: Die phallische Funktion. Beitrag auf dieser Website vom 23. Juli 2017, hier.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 86.
- Vgl. Geneviève Morel: Sexe, genre et identité: du symptôme au sinthome. In: Cités, Nr. 21, 2005/1, S. 61–78, im Internet hier, v.a. S. 77 f.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 86.
- Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, meine Übersetzung nach Version Staferla, vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 86.
- Seminar 21, Sitzung vom 14. Mai 1974.
- Richtungweisende Themenvorschläge für einen Kongress über die weibliche Sexualität (geschrieben 1958 für einen Kongress von 1960, veröffentlicht 1962). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 239–253, hier: S. 249.
- Vgl. Ambiguītés sexuelles, a.a.O., S. 122 f.
- L’étourdit, a.a.O., S. 458, meine Übersetzung.
- Vgl. Morel, a.a.O., S. 122 f.; Übersetzung hier.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 87.
- Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, meine Übersetzung nach Version Staferla, vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 86.
- Seminar 21, Sitzung vom 14. Mai 1974.
- L’étourdit, a.a.O., S. 458, meine Übersetzung.
Die Funktion 1/x ist für x = 0 nicht erfüllt, da man durch 0 nicht teilen darf.
In den französischen Fassungen findet man hier „1/χ“ (Scilicet-Version) und „x/χ“ (Autres-écrits-Version), also beide Male mit einem griechischen chi unter dem Bruchstrich; ich habe das, Max Kleiners Étourdit-Überstzung folgend, durch 1/x ersetzt.
Im französischen Original heißt es „fonction exponentielle“. 1/x ist jedoch keine Exponentialfunktion. Ich habe die Stelle deshalb, einem Vorschlag von Gerhard Herrgott folgend, in „hyperbolische Funktion“ geändert. - Seminar 20, Sitzung vom 20. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 79.
- Die Erläuterung der Formeln durch den mythischen Urvater findet man an folgenden Stellen: in Seminar 18 in den Sitzungen vom 19. Mai 1971 (Version Miller S. 143), vom 9. Juni (Version Miller S. 158–160) und vom 16. Juni 1971 (Version Miller S. 177 f.); in Seminar 19, Sitzung vom 1. Juni 1972 (Version Miller S. 203 f.); und in L’etourdit (a.a.O., S. 457 und 462).
- Vgl. Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse, Sitzung vom 18. März 1970, Version Miller S. 143–149.
- Vgl. Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, Übersetzung hier; Version Miller S. 173.
- Vgl. Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, Version Miller S. 178; Seminar 20, Sitzung vom 21. November 1972; Version Miller/Haas u.a. S. 9.
- Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, meine Übersetzung nach Version Staferla. Bei Staferla heißt es: „C’est ce qu’on appelle la fonction du père d’où procède, en somme par cette négation de la proposition Φx ce qui fonde l’exercice de ce qui supplée au rapport sexuel en tant que celui-ci n’est d’aucune façon inscriptible, ce qui y supplée par la castration.“ Also „par cette négation de la proposition de Phi x“, was auf der Tonaufnahme deutlich zu hören ist (1:10:14). In der von J.-A. Miller hergestellten Version list man stattdessen „d’où procède par la negation la propostion de non Phi x“, was den Sinn deutlich verändert. Haas u.a. übersetzen die Miller-Vorlage so: „Das eben ist es, was man die Funktion des Vaters nennt – von wo hervorgeht durch die Negation die Proposition, was die Übung dessen begründet, was durch die Kastration dem Geschlechtsverhältnis suppliert – insofern dieses in keiner Weise einschreibbar ist.“ (Version Miller/Haas u.a. S. 86)
- Vgl. Seminar 15, Der psychoanalytische Akt, Sitzung vom 21. Februar 1968.
- Meine Übersetzung nach Version Staferla: „Le ‚tout‘ repose donc ici sur l’exception posée comme terme, sur ce qui – ce Φx – intégralement le nie.“ Haas u.a. übersetzen nach der Miller-Version (in der vor dem zweiten „sur“ das klärende Komma fehlt), und zwar so: „Das Alle beruht also hier auf der Ausnahme, die als Term gesetzt ist über das, was, dieses Φx, es integral verneint.“ (A.a.O., S. 86)
- Seminar 18, Sitzung vom 17. März 1971; Version Miller S. 106.
- Seminar 18, Sitzung vom 9. Juni 1971, meine Übersetzung nach Version Espaces Lacan; vgl. Version Miller S. 158 f.
- Seminar 21, Sitzung vom 14. Mai 1974.
- Vgl. L’étourdit, a.a.O., S. 466.
- L’étourdit, a.a.O., S. 465, meine Übersetzung.
- Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, meine Übersetzung nach Version Staferla, vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 87.
- Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 85 und 88.
- Beispielsweise in Seminar 19, Sitzung vom 8. Dezember 1971, vgl. die Übersetzung hier.
- Aristoteles: „Man darf hier nicht sagen: nicht jeder Mensch, sondern muß die Negationspartikel mit Mensch verbinden. Denn jeder zeigt nicht das Allgemeine an, sondern, daß etwas allgemein zu nehmen ist.“ (Lehre vom Satz (Kapitel 10, 20 a). Übersetzt von Eugen Rolfes. In: Aristoteles: Kategorien. Lehre vom Satz (Peri hermeneias) (Organon I/II). Meiner. Hamburg 1974, S. 89–132, hier: S. 107 .
Damit könnte gemeint sein, dass das „alle“ nicht teil der Behauptung ist und nur die Behauptung negiert werden kann. - Sitzung vom 17. Januar 1962; vgl. die Übersetzung auf dieser Website hier.
- L’étourdit, a.a.O., S. 466, meine Übersetzung; vgl. die Übersetzung von Max Kleiner, hier.
- Den Terminus jouissance féminine findet man zuerst in: Lacan, Richtungweisende Themenvorschläge für einen Kongress über die weibliche Sexualität, a.a.O., S. 242. Dieser Text wurde 1958 geschrieben.
Die Formulierung jouissance de la femme wird von Lacan zuerst in Seminar 10, Die Angst, gebraucht, in der Sitzung vom 9. Juni 1964, vgl. Version Miller/Gondek S. 239. - Seminar 20, Sitzung vom 20. Februar 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 81.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 20. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 81–83.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 87 f.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 20. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 82 f.
- Vgl. Morel, Ambiguïtés, a.a.O., S. 162.
- Vgl. J.-A. Miller: Des semblants dans la relations entre les sexes. In: La Cause freudienne, Nr. 36, 1997, S. 7–16, im Internet hier.
- L’étourdit, a.a.O., S. 466, meine Übersetzung.
- Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 86 f.
- Seminar 19, Sitzung vom 15. Dezember 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 47.
- Vgl. L’étourdit, a.a.O., S. 466.
- Seminar 18, Sitzung vom 17. März 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 106.
- Die Tatsache, dass es in den Formeln um zwei Weisen geht, sich auf eine Lust jenseits der Kastration zu beziehen, hat Joan Copjec klar herausgestellt; vgl. Copjec 2004, S. 247.
- Seminar 20, Sitzung vom 20. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 79.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 20. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 79.
- Seminar 14, Sitzung vom 12. April 1967.
- So definiert Lacan den Begriff „Sexualität“ ausdrücklich in Seminar 18, Sitzung vom 20. Januar 1971, vgl. meine Übersetzung hier; Version Miller S. 31.
- Vgl. etwa S. Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 1. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 546–550.
- Seminar 11, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse (1964), Sitzung vom 27. Mai 1965, Version Miller/Haas S. 214.
- Seminar 18, Sitzung vom 17. Februar 1971, meine Übersetzung (siehe hier); vgl. Version Miller S. 65.
- Vgl. J.L.: Radiophonie (1970). Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: J.L.: Radiophonie. Television. Quadriga, Berlin 1988, S. 5–54, hier: S. 30.– J.L.: L’Ètourdit, a.a.O., S. 452.
Auf Gödels Begriff der Unentscheidbarkeit hatte Lacan sich zuerst in der Proposition du 9 octobre 1967 sur le psychanalyste de l’École bezogen (in: Ders.: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 243–260, hier: S. 246), dann wieder in Seminar 15 von 1967/68, Der psychoanalytische Akt (ausführlich in der Sitzung vom 20. März 1968), sowie in Seminar 16 von 1968/69, Von einem Anderen zum anderen (Sitzung vom 23. April 1969, Version Miller S. 276 f.). - Zuerst in Seminar 18, Sitzung vom 17. Februar 1971, Version Miller S. 65.
- Seminar 18, Sitzung vom 19. Mai 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 132.
- Madeleine Chapsal: Jacques Lacan (Interview mit Lacan von 1957). In: Dies.: Französische Schriftsteller intim. Aus dem Französischen von Sabine Gruber. Matthes und Seitz, München 1989, S. 29-50, hier: S. 40.
- Den Begriff der Inkommensurabilität entwickelt Lacan in Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, zuerst in der Sitzung vom 31. Mai 1967.
- Vgl. Seminar 10, Sitzung vom 19. Juni 1963, Version Miller/Gondek S. 372.
- Vgl. Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, Sitzung vom 1. März 1967; Seminar 15, Der psychoanalytische Akt, Sitzung vom 21. Februar 1968.
- Seminar 18, Sitzung vom 9. Juni 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; Version Miller S. 148.
- Seminar 18, Sitzung vom 19. Mai 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 129.
- Seminar 18, Sitzung vom 17. März 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 107.
- Seminar 18, Sitzung vom 17. März 1971; vgl. Version Miller S. 107.
- Vgl. S. Freud: Über die weibliche Sexualität (1931). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 5. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 273–292, hier: S. 279 f.– S. Freud: Die Weiblichkeit. In: Ders.: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 1. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 544–565, hier: S. 559 f.
- Vgl. etwa Seminar 11, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, Sitzung vom 27. Mai 1964, Version Miller/Haas S. 215.
- Seminar 16, Sitzung vom 14. Mai 1969, meine Übersetzung nach Version Staferla (eine Übersetzung einer umfangreicheren Passage findet man hier; vgl. Version Miller S. 319 f.
- Vgl. Lacan: „Doch nicht das Gesetz selbst versperrt den Zugang des Subjekts zum Genießen; es macht einzig aus einer nahezu natürlichen Barriere ein schräggestrichenes Subjekt [sujet barré]. Denn es ist die Lust [plaisir], die dem Genießen seine Grenzen beibringt, die Lust als Bindung des Lebens, des unzusammenhängenden, bis eine andere und selbst nicht bestreitbare Untersagung sich aus dieser durch Freud als Primärvorgang und passendes Gesetz der Lust entdeckten Regulierung erhebt.“ (J. Lacan: Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens im Freud’schen Unbewussten. In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 325–361, hier: 360.
- Vgl. Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, Sitzungen vom 8. Mai und vom 7. Juni 1967.
- In Seminar 11, Die vier Grundbegriffe, heißt es, der Phallus bedeutet „einen Ausfall (…) hinsichtlich dessen, was an Realem in Absicht des Geschlechts erreicht werden könnte“ (Sitzung vom 4. März 1964, Version Miller/Haas S. 109).
- Vgl. Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, Sitzung vom 7. Juni 1967.
- Seminar 18, Sitzung vom 17. Februar 1971, meine Übersetzung; vgl. Version Miller, S. 65.
- Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 168.
- Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 166.
- Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 170.
- In den vier Diskursen (Seminare 17 und 18, Aufsatz Radiophonie) ist der Platz links unten der der Wahrheit. Der Platz links oben war von Lacan zunächst, in Seminar 17, als der des „Agenten“ bezeichnet worden, in Seminar 18 tauft er ihn um in den des „Scheins“.
- Vgl. Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, Sitzung vom 22. Februar 1967.
- In Seminar 11, Die vier Grundbegriffe des Psychoanalyse, heißt es: „Das Objekt a ist ein etwas, von dem als Objekt das Subjekt sich getrennt hat zu seiner Konstituierung. Dieses Objekt gilt als Symbol des Mangels, das heißt des Phallus, und zwar nicht des Phallus an sich, sondern des Phallus, insofern er einen Mangel / ein Fehlen darstellt.“ (Sitzung vom 4. März 1964, Version Miller/Haas S. 110)
In einer späteren Sitzung desselben Seminars liest man, das Objekt a habe „die Funktion, das zentrale Fehlen des Begehrens zu symbolisieren, das ich immer einheitlich ausgedrückt habe durch den Algorithmus (–φ)“ (Sitzung vom 11. März 1964, Version Miller/Haas S. 112). - Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, Sitzung vom 12. April 1967, meine Übersetzung.
- Seminar 20, Encore, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 83.
- Vgl. Seminar 15, Der psychoanalytische Akt, Sitzung vom 21. Februar 1968.
- Vgl. etwa Seminar 14, Der psychoanalytische Akt, Sitzung vom 1. März 1967.
- Vgl. Seminar 10, Die Angst, Sitzung vom 8. Mai 1963; Version Miller/Gondek S. 286.
- Diese These wird entwickelt in Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, zuerst in den Sitzungen vom 12. und 19. April 1967.
- Vgl. Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, Sitzung vom 19. April 1967.
- Freud: „Die Darwinsche Urhorde hat natürlich keinen Raum für die Anfänge des Totemismus. Ein gewalttätiger, eifersüchtiger Vater, der alle Weibchen für sich behält und die heranwachsenden Söhne vertreibt, nichts weiter.“ (S. Freud: Totem und Tabu (1912–1913). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 287–444, hier: S. 425)
- Vgl. L’étourdit, a.a.O., S. 458.
- Vgl. Seminar 15, Der psychoanalytische Akt, Sitzung vom 21. Februar 1968.
- Vgl. Seminar 18, Sitzungen vom 9. Juni und vom 16. Juni 1971.
- Vgl. L’étourdit, a.a.O., S. 456, 466 f.
- Vgl. S. Freud: Einige psychische Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds (1925). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 5. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 253–266.
- Vgl. J. Lacan: Die Bedeutung des Phallus (1958). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 192–204, hier: S. 203.– J. Lacan: Richtungweisende Themenvorschläge für einen Kongress über die weibliche Sexualität. In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 239–256, hier: S. 247.– Lacan verweist in diesen beiden Aufsätzen für das Konzept der Maskerade nicht auf Riviere, wohl aber immer wieder in den Seminaren, vgl. etwa Seminar 5, Die Bildungen des Unbewussten, Sitzung vom 5. März 1958; Version Miller/Gondek S. 300.
Joan Riviere: Womanliness as a masquerade. In: The International Journal of Psycho-Analysis, 10. Jg. (1929), S. 303–313. Es gibt zwei deutsche Übersetzungen: Weiblichkeit als Maske. In: Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, 15. Jg. (1929), S. 285–296 (der Name des Übersetzers wird hier nicht genannt); Weiblichkeit als Maskerade. Übersetzt von Ursula Rieth. In: Liliane Weissberg (Hg.): Weiblichkeit als Maskerade. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1994, S. 34–47. - Vgl. Lacan, Richtungweisende Themenvorschläge für einen Kongress über die weibliche Sexualität, a.a.O., hier: S. 249.
- Lacan: „Für die Frau braucht es zumindest dies, dass die Kastration möglich ist – das ist ihr Zugang zum Mann. Wenn es darum geht, sie zur Tat werden zu lassen (passer à l’acte), besagte Kastration, so kümmert sie sich drum.“ (Seminar 19, … oder schlimmer, Sitzung vom 12. Januar 1972, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 47)
- Vgl. Freud, Über die weibliche Sexualität, a.a.O.
- Vgl. Freud, Einige psychische Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds, a.a.O., S. 265 f.
- Vgl. L’étourdit, a.a.O., S. 466.
- Seminar 20, Encore, Sitzung vom 20. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 80, Übersetzung geändert.
- Vgl. Seminar 20, Encore, Sitzung vom 20. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 82 f.
- Seminar 20, Encore, Sitzung vom 13. März 1973, meine Übersetzung; vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 95.
- Vgl. Freud, Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, a.a.O., S. 124 f., sowie ders., Über die weibliche Sexualität, a.a.O.
- Richtungweisende Themenvorschläge, a.a.O., S. 245.
- Seminar 20, Encore, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 83.
- Lacan: „Was der Mythos vom Genießen aller Frauen [durch den Urvater] bezeichnet, ist dies, dass es das ‚alle Frauen‘ nicht gibt. Es gibt kein Universales der Frau. Das ist das, was durch eine Befragung des Phallus – und nicht des sexuellen Verhältnisses – gesetzt wird, bezogen darauf, worum es bei dem Genießen geht, das er konstituiert, habe ich doch gesagt, dies sei das weibliche Genießen.“ (Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 17. Februar 1971, meine Übersetzung; vgl. Version Miller S. 69.
- Vgl. J. Lacan: Radiophonie (1970). Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: J.L.: Radiophonie. Television. Quadriga, Berlin 1988, S. 5–54, hier: S. 30.– Ähnlich in: J.L., L’étourdit (1972), a.a.O., S. 452.
- Vgl. Seminar 20, Encore, Sitzung vom 9. Januar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 65.
- Radiophonie, a.a.O., S. 30.
- Seminar 20, Encore, Sitzung vom 9. Januar 1973, meine Übersetzung; vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 39; vgl. auch Sitzung vom 13. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 65.
- Radiophonie, a.a.O., S. 5–45, hier: S. 17, Übersetzung geändert.
- Vgl. L’étourdit, a.a.O., S. 459.
- Vgl. Guy Le Gaufey: Le Pastout de Lacan. EPEL, Paris 2006.
- Vgl. Jacques Brunschwig: La proposition particulière et les preuves de non-concluance chez Aristote. In: Cahiers pour l’analyse, Heft 10, 1969 (Le Seuil, Paris), S. 3–26, im Internet hier.
Lacan verweist auf den Artikel von Brunschwig in der Vorlesungsreihe Le savoir du psychanalyste (Das Wissen des Psychoanalytikers) in der Sitzung vom 3. März 1972; vgl. Millers Version von Seminar 19, … ou pire, S. 105 (Miller hat vier der sieben Vorlesungen von Le savoir du psychanalyste in seine Ausgabe von Seminar 19 integriert). - Vgl. Robert Blanché: Les structures intellectuelles. Vrin, Paris 1966 (hierauf verweist Le Gaufey, Le Pastout de Lacan, a.a.O.,S. 69 f.).
- Vgl. Jacques Damourette, Édouard Pichon: Des mots à la pensée. Essai de grammaire de la langue française. D’Artrey, Paris 1911–1940, Band 1, S. 138, § 114.
- Z.B. in Seminar 6, Das Begehren und seine Deutung, Sitzung vom 17. Dezember 1958; vgl. Version Miller S. 121.
- Vgl. Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 19. Mai 1971, siehe hier; Version Miller S. 141.– Seminar 19, … oder schlimmer, Sitzung vom 18. Dezember 1971; vgl. Version Miller S. 22.
- L’étourdit, a.a.O., S. 467, 468.
- … ou pire. Compte rendu du séminaire 1971–1972, a. a.O., S.548.
- Vgl. J.L., L’étourdit, a.a.O. S. 469–477.
- Zum Begriff „phallische Funktion“ vgl. diesen Artikel von Geneviève Morel auf dieser Website.
- Übersetzung auf dieser Website hier; vgl. Version Miller S. 142 und 144.
- Vgl. Gottlob Frege: Funktion und Begriff (1891). In: Ders.: Funktion, Begriff, Bedeutung. Hg. v. G. Patzig. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1986, S. 18–39.
Der Bezug von Φx und des Ausdrucks „phallische Funktion“ zu Freges Funktionsbegriff wird von Lacan erstmals explizit hergestellt in Seminar 19, … oder schlimmer, in der Sitzung vom 8. Dezember 1971 (vgl. Version Miller, S. 14). - Vgl. Seminar 18, Sitzung vom 16. Juni 1971, Version Miller S. 170.
- Vgl. Joan Copjec: Das Geschlecht und die Euthanasie der Vernunft. In: Dies.: Lies mein Begehren. Lacan gegen die Historisten (USA 1994). Kirchheim Verlag, München 2004, S. 233–268.
- Man findet die „sexuelle Differenz“ hier:
Seminar 12, Les problème cruciaux pour la psychanalyse, Sitzung vom 19. Mai 1965, 26. Mai 1965, 9. Juni 1965 ;
Seminar 13, L’objet de la psychanalyse, Sitzung vom 27. April 1966;
Seminar 14, La logique du phantasme, Sitzung vom 11. Januar 1967;
Seminar 17, L’envers de la psychanalyse, Sitzung vom 11. Februar 1970, Version Miller S. 90; Sitzung vom 20. Mai 1970 (Version Miller S. 179.
In den Écrits und den Autres écrits wird der Ausdruck nicht verwendet. - Das Geschlecht, a.a.O., S. 239.
- Vgl. Seminar 21, Les non-dupes errent, in der Sitzung vom 9. April 1974.
- Christian Fierens: La fonction phallique et les formules de la sexuation. Kapitel I.4 von ders.: Lecture de l’Ètourdit. Lacan 1972. L’Harmattan, Paris 2002, S. 111–158, hier: S. 143.
- Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 86.
- Übersetzung Haas u.a. S. 78.
- Seminar 20, Sitzung vom 20. Februar 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 81.
- Vgl. Zupančič 2017, S. 54.
- Guy Le Gaufey: Le Pastout de Lacan. Consistance logique, conséquences cliniques. EPEL, Paris 2006, S. 12.
- Geneviève Morel: Ambiguïtés sexuelles. Sexuation et psychose. Anthropos, Paris 2000, S. 120; vgl. die Übersetzung hier.
- Morel, Ambiguïté, a.a.O., S. 164.
- Regula Schindler: Ein Liebesbrief Lacans an die Frauen. Die Logik des pas tout / nicht-ganz, nicht-alle. In: Lacan entziffern, 11. Oktober 2018, hier.
- Nämlich hier: in Seminar 18 in den Sitzungen vom 19. Mai 1971 (Version Miller S. 143), vom 9. Juni (Version Miller S. 158–160) und vom 16. Juni 1971 (Version Miller S. 177 f.); in Seminar 19, Sitzung vom 1. Juni 1972 (Version Miller S. 203 f.); und in L’etourdit (Autres écrits, a.a.O., S. 457 und 462).
- Vgl. Seminar 15 von 1967/68, Der psychoanalytische Akt, Sitzung vom 21. Februar 1968.
- Slavoj Žižek: Woman is one of the names-of-the-father. How not to read the formulas of sexuation. In: Lacanian ink, Nr. 10, 1995, im Internet hier.
- A.a.O.
- Vgl. Alenka Zupančič: Contradictions that matter. In: Dies.: What is sex? The MIT-Press, Cambridge, Massachusetts 2017, S. 35–72, hier: S. 53 f.