La jouissance – die Lust jenseits des Lustprinzips, das sogenannte Genießen
Hieronymus Bosch, Der Garten der Lüste, ca. 1500, 220 x 350 cm, Öl auf Holz (Eiche)
Museo del Prado, Madrid, in größerer Auflösung hier
(Die Bezeichnung als „Garten der Lüste“ bezieht sich auf die mittlere Tafel.)
Zweite, stark überarbeitete Fassung (die erste Fassung erschien in diesem Blog am 29. Mai 2017)
Einer von Lacans Grundbegriffen ist jouissance, was meist mit „Lust“ oder „Genießen“ übersetzt wird. Lacan interessiert sich dafür, wie die Lust durch die Beziehung zum Imaginären strukturiert ist – zum Körperbild –, durch das Verhältnis zum Symbolischen, etwa zum Verbot, und schließlich durch die Beziehung zum Realen, d.h. zu einer Unmöglichkeit der Symbolisierung und der Imaginarisierung.
Hier ein erster Zugang zum Begriff der jouissance.
Das Übersetzungsproblem
Wie soll man jouissance übersetzen?
In der französischen Umgangssprache bezieht jouissance sich häufig (aber keineswegs immer) auf den Orgasmus. Die Übersetzung mit „Orgasmus“ wäre zu eng; das geht aus so vielen Äußerungen von Lacan hervor, dass ich das hier nicht belege.
Im Rom-Vortrag zitiert Lacan eine Bemerkung von Freud über den Gesichtsausdruck des sogenannten Rattenmannes, der, wie es bei Freud heißt, auf „das Grausen vor seiner ihm selbst unbekannten Lust“1 hindeutet. Lacan übersetzt an dieser Stelle „Lust“ mit jouissance.2 Die Lust, um die es hier geht, ist in der Terminologie von Freud die analerotische Triebbefriedigung.
In Seminar 13 (Das Objekt der Psychoanalyse, 1965/66) erläutert Lacan den Begriff jouissance ausgehend vom englischen Ausdruck sexual enjoyment und führt hierzu aus, es sei schwierig,
„eine Stütze für etwas zu geben, was ein Äquivalent für unser französisches Wort jouissance ist; enjoyment hat nicht dieselben Resonanzen wie jouissance, man müsste es gewissermaßen mit dem Ausdruck Lust* kombinieren, der vielleicht ein wenig besser wäre“3.
Lacan selbst bringt hier jouissance mit „Lust“ ins Deutsche. Diese Übersetzung ist seines Erachtens nicht perfekt, aber sie ist „ein wenig besser“ als die mit „sexual enjoyment“. Offenbar soll die Konnotation von to enjoy – Freude haben, sich vergnügen, genießen – vermieden werden.
Was ist mit jouir, dem zugehörige Verb? In Seminar 16 von 1968/69, Von einem Anderen zum anderen, prägt Lacan den Ausdruck plus-de-jouir. Er bringt ihn dort selbst ins Deutsche, und zwar mit „Mehrlust“.4 Und er weist darauf hin, dass plus-de-jouir dem Freud’schen Terminus „Lustgewinn“ entspricht.5 Wenn Lacan die Ausdrücke jouissance oder jouir verwendet, entspricht dem im Deutschen, seiner Auffassung nach, einigermaßen das Wort „Lust“.
Im Seminar Encore heißt es:
„Die Realität wird angegangen mit den Apparaten der jouissance. Das will nicht heißen, daß die jouissance vorgängig ist zur Realität. Das da ist auch ein Punkt, wo Freud Anlaß gegeben hat zu Mißverständnissen irgendwo – Sie werden das in dem finden, was im Französischen zusammengefaßt ist als Essais de Psychanalyse – indem er spricht von Entwicklung.
Es gibt, sagt Freud, ein Lust-Ich* vor einem Real-Ich*. Das ist ein Gleiten, eine Rückkehr auf die Schiene, jene Schiene, die ich die Entwicklung nenne und die nur eine Hypothese der Beherrschung ist. Sozusagen daß das Baby, nichts zu schaffen mit dem Real-Ich*, armes Würmchen, unfähig zur geringsten Idee dessen, was das ist, das Reale.“6 (Worte mit Sternchen hier und im Folgenden im Original deutsch)
„Lust-Ich“ und „Real-Ich“ sind im Original deutsch. Lacan parallelisiert die Opposition von réalité und jouissance mit Freuds Gegensatz von Real-Ich und Lust-Ich. Er versteht hier réalité als Entsprechung von „Real“ und jouissance als Übersetzung von „Lust“.
Im selben Seminar bezeichnet er das Objekt a als
„ce quelque chose qui au regard de la jouissance qui serait satisfaisante, qui serait la Lustbefriedigung supposée dans ce qu’on appelle, également improprement dans le discours psychanalytique la pulsion génitale […]“7.
Das Objekt a ist
„das, was unter dem Aspekt der jouissance, die befriedigend wäre, die die Lustbefriedigung* wäre, die in dem angenommen wird, was man im psychoanalytischen Diskurs gleichermaßen unpassend als Genitaltrieb bezeichnet […]“8
Die jouissance, die befriedigend wäre, wird von Lacan mit „Lustbefriedigung“ ins Deutsche übersetzt. Damit bestätigt sich: Jouissance entspricht, von Lacan aus gesehen, dem deutschen Wort „Lust“.
Allerdings waren seine Deutschkenntnisse nicht glänzend; in den Seminaren kann man ihn dabei beobachten, wie er Übersetzungsfehler macht. Sollte man also sagen, wenn Lacan jouissance mit „Lust“ ins Deutsche bringt, ist das eine schlechte Übersetzung, und man sollte ihm darin nicht folgen? Ich denke nicht. Wenn er jouissance mit „Lust“ übersetzt, bezieht er sich nicht einfach auf ein Wort der Alltagssprache, sondern auf einen theoretischen Terminus. „Lust“ ist ein Begriff von Freud, Lacan propagiert die Rückkehr zu Freud, und das heißt wohl auch, dass man bei der Übersetzung die Freud’schen Termini verwendet, an denen Lacan sich orientiert.
Allerdings enthält der Terminus „Lust“ eine Mehrdeutigkeit, die bereits Freud herausgestellt hatte. In den Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie schreibt er:
„Die Tatsache geschlechtlicher Bedürfnisse bei Mensch und Tier drückt man in der Biologie durch die Annahme eines ‚Geschlechtstriebes‘ aus. Man folgt dabei der Analogie mit dem Trieb nach Nahrungsaufnahme, dem Hunger. Eine dem Wort ‚Hunger‘ entsprechenden Bedeutung fehlt der Volkssprache; die Wissenschaft gebraucht als solche ‚Libido‘.“
1910 fügt er an dieser Stelle hinzu:
„Das einzig angemessene Wort der deutschen Sprache ‚Lust‘ ist leider vieldeutig und benennt ebensowohl die Empfindung des Bedürfnisses als die der Befriedigung.“9
Weiter hinten in dieser Arbeit heißt es:
„Es ist überaus lehrreich, daß die deutsche Sprache der im Text erwähnten Rolle der vorbereitenden sexuellen Erregungen, welche gleichzeitig einen Anteil Befriedigung und einen Beitrag zur Sexualspannung liefern, im Gebrauche des Wortes ‚Lust‘ Rechnung trägt. ‚Lust‘ ist doppelsinnig und bezeichnet ebensowohl die Empfindung der Sexualspannung (Ich habe Lust = ich möchte, ich verspüre den Drang) als auch die der Befriedigung.“10
Der Ausdruck „Lust“ hat demnach zwei Bedeutungen, (a) Empfindung des (sexuellen) Bedürfnisses, Empfindung der Sexualspannung, analog zu „Hunger“, (b) Empfindung der Befriedigung des sexuellen Bedürfnisses.
Jouissance liegt stärker in der Richtung der Befriedigungsempfindung; sollte man den Ausdruck deshalb mit „Lustbefriedigung“ übersetzen? Lacan unterscheidet, wie das Zitat weiter oben ausweist, die jouissance, die als befriedigend empfunden wird, von der jouissance schlechthin. Also dürfte „Lust“ ohne Zusatz in den meisten Fällen die beste Übersetzung sein.
In diese Richtung geht vielleicht auch, dass Lacan den Begriff hēdonē, wie er von Aristoteles verwendet wird, mit „jouissance“ übersetzt und dass für hēdonē im Deutschen meist der Ausdruck „Lust“ verwendet wird.11
Alles ganz einfach, gäbe es da nicht zwei kleine Probleme. Das erste besteht darin, dass Lacan mit dem Gegensatz von plaisir und jouissance operiert, und damit stellt sich das Übersetzungsproblem von Neuem.
Im Aufsatz Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens heißt es:
„[…] c’est le plaisir qui apporte à la jouissance ses limites […].“12
Wie soll man das übersetzen? Etwa mit „Es ist die Lust, die der Lust Grenzen setzt“? Das wäre möglich und sogar verständlich, dann nämlich, wenn man in Gedanken für die erste Verwendung von „Lust“ das einsetzt, was gemeint ist, Freuds „Lustprinzip“, also das Streben nach Spannungsverminderung – das Streben nach Spannungsverminderung setzt der Lust Grenzen. Die Übersetzung mit „die Lust setzt der Lust Grenzen“ klingt jedoch paradoxer als das Französische, was man wohl vermeiden sollte – Lacan formuliert bereits paradox genug. Deshalb ist es wohl besser, zumindest in solchen Passagen einen anderen Terminus zu verwenden, und dafür kommt vor allem „Genießen“ oder „Genuss“ in Frage. Das ergibt: „Es ist die Lust, die dem Genießen Grenzen setzt“13. Auch diese Übersetzung knirscht, da „Genießen“ eher dem plaisir entspricht als der jouissance. Näher am gemeinten Sinn wäre „Es ist das Genießen, was der Lust Grenzen setzt“, aber damit würde die terminologische Verwirrung nur noch gesteigert.
Allerdings grenzt Lacan die jouissance nicht so scharf vom plaisir ab, wie man das in der Sekundärliteratur bisweilen findet. Beispielsweise heißt es im Seminar Von einem Anderen zum anderen (1968/69):
„[…] wobei die jouissance selbst als all das definiert wird, was von der Verteilung des plaisir im Körper abhängt.“14
Das zweite Problem ist die Wendung jouissance de l’Autre, die Lacan häufig verwendet. Dieser Genitiv ist doppeldeutig, er meint sowohl die jouissance, deren Objekt der Andere ist, als auch die jouissance auf der Seite des Anderen. Dort, wo klar ist, dass der Genitivus objectivus gemeint ist, kann man mit „Lust am Anderen“ übersetzen. Wenn man aber die Mehrdeutigkeit erhalten will, lässt sie sich nur mit „Genießen“ nachbilden: das „Genießen des Anderen“ ist sowohl das Genießen, bei dem der Andere Objekt ist, als auch das Genießen, welches der Andere verspürt.
Genuss oder Genießen? Für die Übersetzung mit „Genuss“ lässt sich anführen, dass Freud selbst gelegentlich von „Genuss“ spricht.15 Und außerdem folgt man damit der Terminologie von Hegel, eine der Quellen für Lacans Begriff der jouissance. Für mein Ohr klingt „Genießen“ noch stärker nach enjoyment als „Genuss“, das spricht ebenfalls für „Genuss“.
In vielen Fällen kann man für jouissance „Erregung“ einsestzen, das trifft gut das Gemeinte. Für „Erregung“ spricht außerdem, dass Freud diesen Begriff häufig verwendet – jouissance deckt sich in etwa mit den Ausdrücken „Lust“ und „Erregung“ bei Freud. Problematisch ist, dass es für Erregung im Französischen einen eigenen Terminus gibt, excitation.
Häufig spricht Lacan von jouissance dort, wo Freud den Ausdruck „Triebbefriedigung“ verwenden würde. Wegen der weiten Bedeutung von jouissance ist die Übersetzung mit „Triebbefriedigung“ jedoch nicht immer passend – Lacan reserviert den Begriff „Trieb“ für diejenigen Wesen, die er als „Sprechwesen“ bezeichnet, für die Menschen. Und außerdem wird die jouissance nicht immer als befriedigend empfunden.
Es gibt also zwei hauptsächliche Möglichkeiten, jouissance zu übersetzen, und beide sind problematisch. Wenn man jouissance mit „Lust“ übersetzt, wird es schwierig, den Gegensatz von jouissance und Lustprinzip zu artikulieren. Wenn man jouissance mit „Genießen“ übersetzt, nähert man sich dem enjoyment an, womit die jouissance aber gerade nichts zu tun hat.
In den frühen Übersetzungen von Haas findet man wechselnde Übersetzungen, in der Übersetzung des Encore-Seminars von N. Haas, V. Haas und H.-J. Metzger vor allem „Genießen“ und „Genuss“; Gondek verwendet in seinen Übersetzungen durchweg „Genießen“ (falls ich nichts übersehen habe).
Mir gefällt am besten die Übersetzung von jouissance mit „Lust“, verbunden mit einem Zusatz, der deutlich macht, was gemeint ist, also beispielsweise „Es ist die Lust im Sinne von plaisir, die der Lust im Sinne von jouissance Grenzen setzt“.
In diesem Artikel übersetze ich jouissance entweder gar oder mit „Lust“ und mit „Genießen“. Wenn es um Lacans Hegel-Adaption geht, verwende ich Hegels Terminus, also „Genuss“.
Merkmale
Jenseits des Lustprinzips
Die jouissance ist eine Lust jenseits des Lustprinzips, und die Lust jenseits des Lustprinzips ist verbunden mit dem Wiederholungszwang (oder, wie Lacan meist sagt, mit der Wiederholung). Lacan stützt sich hierfür auf Freuds Arbeit Jenseits des Lustprinzips (1920).
Die jouissance funktioniert entgegengesetzt zum plaisir.
„Die Lust [plaisir], worin besteht sie? sagt er [Freud] zu uns, und er antwortet – die Spannung zu senken. Im Gegenteil, was genießt man, wenn nicht, dass sich eine Spannung produziert? Das ist das eigentliche Prinzip von allem, was den Namen Genießen hat.“16
Das Lustprinzip (principe de plaisir) besteht in der Tendenz, die Spannung zu senken. Die jouissance beruht auf dem Prinzip, die Spannung hervorzurufen, die Spannung zu steigern. Juissance ist die bei der Spannungssteigerung empfundene Lust.
Die philosophische Version des Lustprinzips ist, Lacan zufolge, der Hedonismus, und der Hedonismus ist für ihn ein philosophischer Mythos.17 In der Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers sagt Lacan:
„Das Lustprinzip ist eine Bezugsgröße der antiken Moral. In der antiken Moral ist die Lust, die gerade darin besteht, daraus so wenig wie möglich zu machen, otium cum dignitate [Muße mit Würde], eine Askese.“18
Die antike Moral der Spannungsminimierung war, wie Lacan dort weiter ausführt, eine Moral von Herren.
In Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent, bezieht Lacan sich auf Freuds Artikel Die Grenzen der Deutbarkeit (1925), worin es heißt: „Unsere geistigen Tätigkeiten streben entweder ein nützliches Ziel an oder einen unmittelbaren Lustgewinn.“19 Lacan erklärt hierzu, dass „Lustgewinn“ nichts anders ist als Lacans eigener Begriff plus-de-jouir, Mehrlust, und fährt dann fort:
„Denn was bedeutet das, ein Lustgewinn*‘? Ein Gewinn an Lust*. Wobei die Mehrdeutigkeit des Ausdrucks Lust* im Deutschen, nicht wahr, es nicht gestattet, hier in das Lustprinzip* – mit principe du plaisir übersetzt – eben diese enorme Divergenz einzuführen, die es zum Begriff plaisir gibt, wie er von Freud selbst erläutert wird, entsprechend der antiken Übersetzung, einziger Weg der epikuräischen Weisheit, wonach er bedeutet ‚möglichst wenig Lust zu empfinden (jouir)‘. Denn wie uns das ankotzt, die jouissance!“20
Das epikuräische Prinzip der Lust (plaisir) zielt darauf ab, möglichst wenig Lust (jouissance) zu empfinden.
Häufig als Unlust erlebt
Jouissance wird häufig als Unlust erfahren, als Schmerz, als Leid.
Die Befriedigung, die viele Menschen suchen, wenn sie ein Fitness-Studio aufsuchen, ist eine Lust jenseits des Lustprinzips: „es darf ruhig ein bisschen weh tun“; sie versuchen, den Punkt, an dem sie es nicht mehr aushalten, möglichst weit hinauszuschieben. Von Freud und von Lacan aus sieht man, dass es dabei nicht um das Realitätsprinzip geht – um das zeitweilige Erdulden von Unlust auf dem Wege zur Lust –, sondern um das Herbeiführen einer Lust, die auf einer bestimmten Ebene als Unlust erfahren wird, auf einer anderen Ebene jedoch als Lust.
Entscheidend für diesen Aspekt von Lacans Begriff der jouissance ist folgende Bemerkung von Freud in Jenseits des Lustprinzips:
„Gelingt es ihnen [den Trieben] dann, was bei den verdrängten Sexualtrieben so leicht geschieht, sich auf Umwegen zu einer direkten oder Ersatzbefriedigung durchzuringen, so wird dieser Erfolg, der sonst eine Lustmöglichkeit gewesen wäre, vom Ich als Unlust empfunden. […] sicherlich ist alle neurotische Unlust von solcher Art, ist Lust, die nicht als solche empfunden werden kann.“21
Freud fügt hinzu:
„Das Wesentliche ist wohl, daß Lust und Unlust als bewußte Empfindungen an das Ich gebunden sind.“22
Man könnte schreiben: Jouissance ist (Un)Lust.
Lacan fragt sich, ob es die Nähe der Lust zum Leid beim Lebendigen schlechthin gibt – „wenn die Pflanze nicht offenkundig leiden würde, wüssten wir nicht, dass sie lebt“, heißt es in einem der Seminare.23 Die Verbindung von Lust und Unlust greift erst recht auf dem Feld des Unbewussten. Dies zeigt der mit dem Symptom verbundene Wiederholungszwang: eine „Ersatzbefriedigung“, wie Freud sagt, die häufig mit Unlust verbunden ist.
Bindung an den Körper
Grundlegend für die jouissance ist die Bindung an den Körper. In Seminar 13 (Das Objekt der Psychoanalyse, 1965/66) sagt Lacan,
„die jouissance kann für uns nur identisch sein mit jeder Gegenwart des Körpers, die jouissance lässt sich nur vom Körper her erfassen“24.
In Das Wissen des Psychoanalytikers (1971/72) heißt es:
„Wo kommt es unter, das Genießen? Was braucht es dafür? Einen Körper. Um zu genießen, braucht es einen Körper.“25
Die jouissance ist eine körpergebundene Lust (wenn man den Ausdruck „Lust“ hier akzeptiert).
Arten der jouissance
Es gibt viele Formen der jouissance. Das fängt mit Kribbeln an und hört damit auf, dass man, von Benzin übergossen, in Flammen aufgeht, all das ist jouissance, heißt es in Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse.26 Jouissance ist für Lacan auch das Lustgefühl, die sich einstellt, wenn man Gymnastik treibt.27 Auch Tiere sind durch jouissance gekennzeichnet – wenn eine Katze schnurrt, sagt Lacan, haben wir den Eindruck, dass sie Lust empfindet.28 Er fragt sich sogar, ob die jouissance möglicherweise ein Merkmal des Lebendigen schlechthin ist, das heißt, ob auch Bäume, Amöben und Bakterien Lust empfinden.29
In der französischen Umgangssprache meint jouissance, wie gesagt, hauptsächlich den Orgasmus. Das ist bei Lacan mitgemeint; die zum Orgasmus führende Erregung und der Orgasmus sind Spezialformen von jouissance. Bei der Übersetzung von jouissance mit „Genuss“ bleibt diese Konnotation übrigens andeutungsweise erhalten: „Schluss mit Genuss“, sagt der zwölfjährige Alois zu Josefine Mutzenbacher, wenn er zum Höhepunkt kommt; Freud spricht davon, dass ein Patient sich den „Genuss des Weibes“ versagte30, man findet bei ihm auch die Rede von „Sexualgenüssen“31. Aber auch die Übersetzung mit „Lust“ verweist in diese Richtung, der Orgasmus ist eine bestimmte Form der sexuellen Lustempfindung.
Eine grundlegende theoretische Operation von Lacan im Bereich der jouissance besteht darin, verschiedene Arten der jouissance zu unterscheiden. Eine systematischere Darstellung der verschiedenen Arten von jouissance findet man in diesem Artikel weiter unten.
Unterscheidung von jouissance und désir
Lacan unterscheidet jouissance von désir, Genuss bzw. Genießen von Begehren. Zum ersten Mal verwendet er dieses Begriffspaar im sogenannten Rom-Vortrag von 1953. Hier heißt es:
„Dieses ego, dessen Kraft unsere Theoretiker jetzt durch die Fähigkeit definieren, eine Frustration (frustration) zu ertragen, ist Versagung (frustration) in seinem Wesen. Es ist Versagung nicht einer Begierde (désir) des Subjekts, sondern eines Objekts, worin seine Begierde entäußert ist, und je mehr es sich ausarbeitet, desto mehr vertieft sich für das Subjekt die Entäußerung seines Genusses (jouissance).“32
Das Begriffspaar jouissance versus désir übernimmt Lacan von Hegel, der in der Phänomenologie des Geistes (1807), im Abschnitt über Herrschaft und Knechtschaft, den „Genuss“ und die „Begierde“ einander gegenübergestellt hatte.33 Kojève hatte diese Termini mit jouissance und désir übersetzt34, und Lacan schließt daran an; ich übersetze an dieser Stelle deshalb désir mit „Begierde“ und jouissance mit „Genuss“. An der zitierten Stelle dient die jouissance dazu, den Begriff der Versagung zu erläutern (den Freud verwendet) bzw. den der Frustration. Unter Versagung versteht Freud die Verhinderung einer Triebbefriedigung; man könnte jouissance an dieser Stelle deshalb vielleicht auch mit „Triebbefriedigung“ übersetzen.
Das Begehren (désir) verhält sich zum Genuss (jouissance) ähnlich wie das Bedürfnis zur Bedürfnisbefriedigung – zumindest auf den ersten Blick. Das Begehren stellt sich als eine Form der Intentionalität dar (auch dies wieder nur auf den ersten Blick), als ein Streben-nach-etwas, ein Scharfsein-auf-etwas, eine Quest, wie es in den Heldenepen heißt, eine Suche nach dem, was einem fehlt. Jouissance ist keine Suche nach etwas Fehlendem, sondern der aktuelle Vollzug dessen, Lust zu empfinden. Allerdings zielt das Begehren im Sinne von Lacan nur scheinbar auf Befriedigung, tatsächlich aber auf Selbstreproduktion.
Deutung und jouissance
In den Vorträgen in der Kapelle von Sainte-Anne heißt es:
„Es gibt keine Deutung, die nicht das Band zwischen dem, was sich in dem, was sie vernehmen, an Sprechen manifestiert, und dem Genießen betrifft.„35
Die Deutung bezieht sich auf die Beziehung zwischen den Manifestationen des Sprechens und der jouissance, dem Genießen. Etwas später wird das so formuliert:
„Wenn unsere Deutung immer nur den Sinn hat, auf das aufmerksam zu machen, was das Subjekt darin findet – was findet es darin? Nichts, das nicht im Register des Genießens katalogisiert werden muss.“36
Anfänge
Der Terminus jouissance gehört zu den ultrastabilen Elementen des Lacan’schen Theoriegefüges. Man findet ihn zum ersten Mal37 in einem Aufsatz von 1950 und zum letzten Mal in Seminar 23, Das Sinthom, von 1975/76.
Besonders stark wird der Begriff ab 1962 ausgearbeitet, beginnend mit dem Aufsatz Subversion des Subjekts; im Folgenden gebe ich einen knappen Überblick über davor liegende Verwendungen.
Im Kriminologie-Aufsatz von 1950 heißt es:
„An dem Geständnis, das wir vom Neurotiker oder vom Perversen empfangen, dem Geständnis des unaussprechlichen Genießens (jouissance), das sie finden, wenn sie sich im faszinierenden Bild verlieren, können wir die Stärke eines Hedonismus ermessen, der uns in die zwiespältigen Bezüge der Realität und der Lust (plaisir) einführen wird.“38
Dieser Aufsatz wurde vor der Einführung der Triade Reales – Symbolisches – Imaginäres verfasst (die drei Jahre später erfolgte). Die jouissance wird hier hier durch den gegensätzlichen Bezug auf das Sprechen und die Ordnung der Bilder bestimmt: Die jouissance, um die es geht, ist „unaussprechlich“, also jenseits dessen, was Lacan später „das Symbolische“ nennen wird; sie entsteht, wenn das Subjekt sich „im faszinierenden Bild“ verliert, also durch einen engen Bezug zu dem, was dann „das Imaginäre“ heißen wird. Nicht nur von jouissance ist hier die Rede, sondern auch von plaisir; das Verhältnis wird nicht präzisiert, möglicherweise werden hier die Termini jouissance und plaisir synonym verwendet (und ebenso, im Hintergrund, hēdonē, griechisch für „Lust“).
Mehrmals findet man den Begriff jouissance im sogenannten Rom-Vortrag von 1953, der 1956 veröffentlicht wurde (Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse). Der Ausdruck erscheint hier in fünf Formulierungen.
Die erste Passage, über das ego und seine Frustrationstoleranz, habe ich bereits zitiert.
Später spricht Lacan im selben Aufsatz vom „zurückgehaltenen Exkrement der geizigen Lust (jouissance)“39, was sich ebenfalls auf die Analerotik bezieht.
Danach heißt es in diesem Text über den Zwangsneurotiker, er zeige eine Haltung, die Hegel in seiner Dialektik von Herr und Knecht nicht entwickelt habe: er warte auf den Tod des Herrn und könne deshalb „akzeptieren, für den Herrn zu arbeiten und in der Zwischenzeit auf den Genuss (jouissance) zu verzichten“40.
Zum letzten Mal spricht Lacan im Rom-Vortrag in der folgenden Passage von jouissance:
„Die Freiheit des Menschen ist voll eingeschrieben in das konstituierende Dreieck aus dem Verzicht, den er der Begierde (désir) des anderen mit der Todesdrohung für den Genuss (jouissance) der Früchte seiner Knechtschaft auferlegt –, aus dem freiwilligen Opfer seines Lebens aus Gründen, die dem menschlichen Leben sein Maß geben –, und aus der selbstmörderischen Entsagung des Besiegten, die den Herrn, den sie seiner unmenschlichen Einsamkeit überlässt, um seinen Sieg bringt.“41
Auch hier operiert Lacan mit dem Begriffspaar von désir und jouissance, von Begierde und Genuss, auch hier unter Anspielung auf die Hegel’sche Dialektik von Herr und Knecht.
Man kann also festhalten, dass Lacan die Begriffs désir und jouissance schon früh als Paar verwendet, seit der Wende von 1953, also seit der Einführung der Dreiheit von Imaginärem, Symbolischem und Realem.
Ich wechsle jetzt zu den frühen Seminaren. In den ersten drei Seminaren verwendet Lacan den Ausdruck jouissance vor allem, um sich damit auf die Hegel’sche Dialektik von Herr und Knecht zu beziehen.42 Auch in späteren Seminaren wird er auf die Frage nach dem Genuss des Herrn immer wieder zurückkommen (und er wird den Zusammenhang entgegengesetzt akzentuieren: der Genussverlust wird von ihm dann nicht nur auf der Seite des Knechts, sondern auch auf der des Herrn verortet43).
In Seminar 1 (Freuds technische Schriften, 1953/54) heißt es in einem kritischen Balint-Referat über das Subjekt, das sich durch genital love auszeichnet:
„Das Subjekt trägt der Existenz des andern Subjekts als solchen Rechnung. Es kümmert sich nicht nur um die Lust (jouissance) seines Partners, sondern um eine Reihe anderer Forderungen, die rundum existieren. All das versteht sich nicht von selbst.“44
Auch dies ist eine Fragestellung, an der Lacan festhalten wird: In welcher Beziehung steht das Subjekt zur Lust (jouissance) auf der Seite des Sexualpartners?
In Seminar 4 (Die Objektbeziehung, 1956/57) spricht er, bezogen auf den Jungen, von der „Einführung der Masturbation und dem Insspielkommen seiner realen Lust (jouissance) mit seinem eigenen realen Penis“45, in Seminar 5 (Die Bildungen des Unbewussten, 1957/58) ist die Rede vom von der „klitoridischen Lust (jouissance)“, von der „phallischen Lust (jouissance)“ und allgemein von der „genitalen Lust (jouissance)“46; jouissance hat hier die Bedeutung der genitalen Erregung und Lustempfindung.
Ebenfalls in Seminar 5 formuliert Lacan das Programm, die Unterscheidung von Begehren und Genuss (jouissance), auf die er sich bereits im Rom-Vortrag bezogen hatte, für die Psychoanalyse auszuarbeiten.47 Das Begehren ist im Signifikanten entfremdet, und das hat zur Folge, dass die Befriedigung (also die Lust im Sinne von jouissance) an einer Phantasievorstellung realisiert wird, die von den Bedingungen des Signifikanten dominiert ist, in einem phantasierten Beißen, nicht im realen Beißen; die Beziehung zum ursprünglichen Objekt, zur Mutter, vollzieht sich an Zeichen.48 Das Begehren ist vom Signifikanten erfasst, von der Sprache, es ist letztlich Begehren nach Anerkennung, und das Subjekt genießt nicht einfach die Befriedigung seines Begehrens,
„es empfindet Lust (jouissance) daran, zu begehren, und das ist eine wesetliche Dimension seiner Lust (jouissance)“49.
Untersuchungsgegenstand ist nicht einerseits das désir, andererseits die jouissance, sondern ihr Verhältnis. Die Beziehung ist verwickelt, es gibt eine jouissance daran, zu begehren. Das, was Lacan (auf den Spuren von Hegel) interessiert, ist die Dialektik von désir und jouissance, ihr Unterschied und ihr Ineinander-Übergehen.
An die Frage nach dem Verhältnis von désir und jouissance anknüpfend heißt es in Seminar 6 (Das Begehren und seine Deutung, 1958/59) über den Phallus, auf einer bestimmten Entwicklungsstufe sei er als Organ (also als Penis) das Instrument einer Lust (jouissance), aber noch nicht in den Mechanismus des Begehrens integriert (wobei das Begehren hier als ein Anspruch definiert wird, der einem Gesetz unterworfen ist).50 Für die Aufklärung der Dialektik von Begehren und Genießen benötigt man den Begriff des Phallus; das ist, soweit ich es überblicke, von nun an ein Grundgedanke, an dem Lacan bis zum Schluss festhalten wird.
In Seminar 6 spricht Lacan von „masochistischer jouissance“51, in Seminar 7 (Die Ethik der Psychoanalyse, 1959/60) allgemeiner von „perverser juuissance“52, von perverser Lust.
Damit sind einige der Koordinaten bestimmt, in denen sich, bezogen auf die jouissance, die spätere Theorieentwicklung bewegen wird: der Bezug auf das Körperbild; das von Hegel stammende Begriffspaar Begierde/Genuss; die Beziehung sowohl auf die genitale als auch auf die nicht-genitale Triebbefriedigung; die Verbindung mit dem Konzept der Frustration; die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Lust (jouissance) und dem Phallus-Signifikanten; die Problematisierung der Beziehung zur Lust (jouissance) des Sexualpartners; die ebenfalls von Hegel übernommene Frage nach dem Genuss in der Beziehung von Herr und Knecht.
Bei diesen Aussagen über die jouissance handelt es sich immer um knappe Hinweise. Lacans erste größere Darstellung zum Thema der jouissance findet man in dem Aufsatz Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens im Freudschen Unbewussten, der 1962 geschrieben wurde53; das letzte Drittel dieser Arbeit hat die jouissance zum Thema. Der „Graph des Begehrens“, dessen Ausarbeitung in diesem Aufsatz abgeschlossen wird, veranschaulicht die Beziehung von jouissance und désir, von Lust und Begehren, durch ein Diagramm. Die jouissance findet man hier oben links am Beginn der von links nach rechts verlaufenden oberen Querlinie (die Übersetzer haben hier„Genießen“ gewählt), der Buchstabe d oben rechts gegenüber steht für désir, „Begehren“.54
Die Lust in den drei Registern
Lacans Grundgedanke zur jouissance besteht darin, dass die Lüste durch das Zusammenwirken der drei Ordnungen strukturiert sind, des Imaginären, des Symbolischen und des Realen. Hierdurch entsteht ein Spektrum unterschiedlicher Lustarten.
Das Imaginäre der Lust: die Körperlust
Der Zusammenhang zwischen dem Imaginären und den Genießen ist indirekt bereits in der Theorie des Spiegelstadiums enthalten: Der Säugling empfindet sich als zerrissen, und er jubiliert, wenn er im Spiegelbild seine Einheit antizipiert – das Spiegelbild interveniert in den Zusammenhang, den Lacan später als jouissance bezeichnen wird.
In einem Aufsatz über Kriminologie von 1951/52, den Lacan zusammen mit Michel Cénac verfasst hat, ist die Rede von dem Geständnis, das die Psychoanalytiker vom Neurotiker und vom Perversen empfangen,
„dem Geständnis der unaussprechlichen Lust (jouissance), die sie finden, wenn sie sich im faszinierenden Bild verlieren“55.
Die jouissance wird hier von der Theorie des Spiegelstadiums her gedeutet, als eine Lust, die durch die Beziehung zum Körperbild strukturiert ist.
In Seminar 13 (Das Objekt der Psychoanalyse, 1965/66) heißt es, „die Lust (jouissance) kann für uns nur identisch sein mit jeder Gegenwart des Körpers, die Lust lässt sich nur vom Körper her erfassen.“24
Die Formulierung jouissance du corps findet man zuerst in Seminar 14 von 1966/67, Die Logik des Phantasmas, mit der Präzisierung, dass es um die Lust am eigenen Körper geht.56 Sie erscheint dann wieder in Seminar 17 von 1969/70, Die Kehrseite der Psychoanalyse.57
Ab Seminar 20 von 1972/73, Encore, wird die Wendung jouissance du corps bzw. jouissance corporelle von Lacan häufiger verwendet. Diese Art der Lust ist mit der körperlichen Bewegung verbunden, etwa mit Gymnastik, heißt es in Seminar 21.11 In den Seminaren 20 und 21 bezeichnet Lacan den Körper als „genießende Substanz“ (bzw. als „Lust empfindende Substanz“).58
In Seminar 21 heißt es:
„Das Imaginäre ist immer eine Intuition dessen, was zu symbolisieren ist, wie ich eben gesagt habe, etwas zum Kauen, zum Denken, wie man sagt. Und, um es klar zu sagen, eine unbestimmte Lust (jouissance).“59
Im Vortrag Die Dritte (1974) ordnet Lacan im borromäischen Knoten dem Ring des Imaginären den Begriff des Körpers zu:
In diesem Text heißt es: „Der Körper kommt in die Ökonomie der Lust (jouissance) – von da bin ich ausgegangen – auf dem Weg über das Körperbild.“60 Das bezieht sich auf die Theorie des Spiegelstadiums. Lust und Körper sind also keineswegs identisch, sondern zwei unterschiedliche Entitäten, die durch etwas Drittes verbunden sind, durch das Körperbild.
In Seminar 23 von 1975/76, Das Sinthom, sagt Lacan bei der Erläuterung des borromäischen Knotens, das Imaginäre sei „die jouissance des Doubles, des Spiegelbildes, die jouissance des Körpers als imaginärem“61. Die Körperlust ist demnach mit der Spiegelbeziehung zum anderen verbunden. Lacan verweist auf die jouissance in den antiken römischen Thermen62, ich nehme an, dass man diese Art der Badelust hier einordnen kann – die Lust (jouissance) des eigenen Körpers ist hier verbunden mit seiner Zuschaustellung. Sicherlich wird man auch an einen Tross von Marathonläufern denken können, eine Lust jenseits des Lustprinzips, die daran gebunden ist, dass man sich im anderen spiegelt.
Bei der Beschreibung der Körperlust wechselt Lacan in Seminar 21 übrigens einmal zwischen jouissance und plaisir.27
Für das Verständnis des Begriffs „Körperlust“ ist wichtig, dass Lacan nicht alle Lust als Körperlust begreift – das „phallische Genießen“ ist für ihn eine Lust außerhalb des Körpers (siehe unten).
Das Symbolische der Lust: das Sprechen des Unbewussten als Genussmittel
Im Encore-Seminar heißt es,
„das Unbewußte, das ist, daß das Sein, indem es spricht, Lust haben soll (jouisse) und, ich füge hinzu, nichts weiter davon wissen möchte.“63
Und noch knapper:
„Da wo es spricht, hat es Lust (ça jouisse).“64
Das Unbewusste, das wie eine Sprache verfasst ist, spricht – in Träumen, Symptomen, Witzen; Fehlhandlungen, Mehrdeutigkeiten. Dieses „Sprechen“ hat eine Funktion, es dient, wie Freud sagen würde, der Ersatzbefriedigung; mit Lacan: das Sprechen des Unbewussten ist ein Genussmittel, es dient der jouissance.
Das Reale der Lust: das Nicht-Existieren des sexuellen Verhältnisses
Das Reale im Sinne von Lacan ist eine Unmöglichkeit. Im Feld der Lüste besteht das Reale in der Inkommensurabilität der männlichen und der weiblichen sexuellen Lust (jouissance), anders gesagt darin, dass es kein „sexuelles Verhältnis“ gibt, wie Lacans Formel lautet. Dieses Thema wird zuerst angesprochen in den Richtungweisenden Themenvorschlägen für einen Kongress über weibliche Sexualität (geschrieben 1958) und in den letzten Sitzungen von Seminar 13 , Das Objekt der Psychoanalyse (1965/66), dann ausführlich entwickelt in Seminar 14, Die Logik des Phantasmas (1966/67). Später wird hieraus die Heterogenität der „phallischen Lust“ (jouissance phallique) und der „weiblichen Lust“ (jouissance féminine)65. Das unmögliche Verhältnis dieser beiden Lustarten – das Reale der Lust (jouissance) – ist Gegenstand der sogenannten Formeln der Sexuierung, die Lacan in den Seminaren 18 bis 21 ausarbeitet sowie in dem Aufsatz L’étoudit .
(Vgl.
– Seminar 18 von 1971, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Übersetzung hier;
– Seminar 19 von 1971/72, … oder schlimmer, Übersetzung hier;
– L’étourdit, geschrieben 1972, Übersetzung hier;
– Seminar 20 von 1972/73, Encore;
– Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent.)
Die Beziehungen zwischen der phallischen Lust und der weiblichen Lust sind Gegenstand der sogenannten Formeln der Sexuierung; Lacan entwickelt sie in den Seminaren 18 bis 21 sowie in dem Aufsatz L’Étourdit:
– Darin bezeichnet die „phallische Funktion“ und damit indirekt die phallische Lust (mehr dazu weiter unten). Zur phallischen Funktion vgl. auf dieser Website: Geneviève Morel: Die phallische Funktion. (Die Beziehung zwischen phallischer Funktion und phallischer Lust ist mir nicht klar.)
– Auf die weibliche Lust bezieht sich die rechte Seite der Formeln. Der Ausdruck unten rechts beginnt mit dem Quantor , „nicht-alle“, die Zeichenfolge meint: Nicht alle Lust ist durch die phallische Funktion bestimmt. Das heißt, es gibt auf dieser Seite zwei unterschiedliche Lüste, die durch die Sprache und damit durch das Begehren und das Phantasma strukturierte phallische Lust und eine Lust, die nicht auf diese Weise mit der Sprache verbunden ist.66
In der Sekundärliteratur findet man bisweilen die These, dass Lacan die Lust bzw. das Genießen mit dem Realen gleichsetzt. Das lässt sich nicht halten, wie sich bereits daran zeigt, dass er die „Lust (jouissance) am Realen“ und das „Reale der Lust (jouissance)“ unterscheidet (siehe hier). Wenn er vom „Realen der Lust“ spricht, ist damit der reale Aspekt der Lust gemeint, im Unterschied zu ihren imaginären und symbolischen Bezügen.
Das Lacan’sche Feld der Lüste
Die drei Register funktionieren nicht isoliert voneinander, sie greifen ineinander. Das heißt für die Lüste – für die verschiedenen Arten der Jouissance –, dass sie durch das Zusammenwirken des Imaginären, des Symbolischen und des Realen bestimmt sind. Diese Beziehungen versucht Lacan in dem Vortrag Die Dritte (1974) und in Seminar 22, RSI (1974/75)67 mithilfe des borromäischen Knotens zu erfassen. Genauer gesagt handelt es sich um einen geplätteten borromäischen Knoten aus drei Ringen (Mathematiker würden sagen: um das Diagramm einer borromäischen Verschlingung von drei trivialen Knoten).
In Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse, 1969/70, hatte Lacan gesagt, er habe sich gewünscht, dass man das Feld der Lust das Lacan’sche Feld nenne.68 Man könnte das folgende Schema, das Lacan zuerst im RSI-Seminar von 1973/74 vorstellt69, als Diagramm des Lacan’schen Feldes bezeichnen, es zeigt die Struktur des Feldes der Lüste, des Feldes der Jouissance-Arten.
Die Formen der Jouissance sind hier
– JΦ: die phallische Jouissance,
– JȺ: die Jouissance am Körper des versperrten anderen Geschlechts,
– Sinn: die mit dem Sinn verbundene Jouissance
– a: die Mehrlust.
R (blauer Ring): Reales
S (roter Ring): Symbolisches
I (grüner Ring): Imaginäres
JΦ: jouissance phallique, phallische Jouissance
JȺ: jouissance de l’Autre barré, Jouissance am ausgestrichenen Anderen
a: objet a, plus-de-jouir, Objekt a, Mehrlust
Phallische Jouissance
Im Diagramm des borromäischen Knotens ist JΦ also das Kürzel für jouissance phallique, für „phallische Lust“, „phallisches Genießen“, „phallische Jouissance“.70 Gemeint ist die durch den Kastrationskomplex strukturierte sexuelle Lust bei beiden Geschlechtern.
Die phallische Jouissance beschränkt sich nicht auf die genitale Lust. Ich nehme an, dass Lacan sich mit dieser These auf die Sublimierung bezieht. Freud zufolge ist die Sublimierung eine Befriedigung des Sexualtriebs an einem verschobenen, nicht-sexuellem Objekt. Hieraus wird bei Lacan, so vermute ich, die „andere Befriedigung“, von der er im Encore-Seminar spricht, eine Befriedigung, die auf die phallische Lust „antwortet“.71
Im Überschneidungsbereich des Symbolischen und des Realen
Die phallische Lust wird im Überschneidungsbereich von Symbolischem (S) und Realem (R) verortet, abzüglich des Feldes für das Objekt a. Der symbolische Aspekt der phallischen Lust ist das mit dem Kastrationskomplex verbundene Gesetz oder Verbot; gemeint ist aber auch, dass das Subjekt versucht, diese Lust zu symbolisieren, so wie der kleine Hans, der, als er seine ersten Ereketionen bekommt, überall nach dem Wiwimacher sucht72. Der reale Aspekt der phallischen Jouissance besteht darin, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, es gibt hier also etwas Unmögliches, etwas Unsymbolisierbares.
Eine Jouissance außerhalb des Körpers
Das Diagramm soll unter anderem zeigen, dass die phallische Jouissance der Körperlust äußerlich ist – der Bereich JΦ liegt außerhalb des Ringes des Imaginären (I). In Lacans Terminologie: Die phallische Jouissance „ex-sistiert“ dem Körper.
Die phallische Jouissance und die Körper-Jouissance sind einander äußerlich, soll heißen: Die phallische Jouissance wird im Verhältnis zur Körper-Jouissance als „anomal“ empfunden73, als eine Art Parasit74. Viele Analysanten erzählen, so berichtet Lacan, dass sie sich an ihre erste Masturbation immer erinnern werden – warum? Weil das „den Schirm sprengt“73, wie er sich ausdrückt, anders gesagt: weil diese Art der Lust aus dem Rahmen der Körperjouissance herausfällt.
In Seminar 21 (Les non-dupes errent, 1973/74) bezieht Lacan sich auf den „Parasitismus“ speziell der phallischen Lust75, im Vortrag Die Dritte (1974) formuliert er es noch schärfer, hier spricht er vom „außerkörperlichen Charakter“ der phallischen Lust.76 In Seminar 23 (Das Sinthom, 1975/76) kommt er auf die Parasitenmetapher zurück:
„Der Phallus ist die Verbindung dessen, was ich diesen Parasiten genannt habe, nämlich das fragliche kleine Stück Schwanz, mit der Funktion des Sprechens.“77
Bereits in Seminar 14 (Die Logik des Phantasmas, 1966/67) sprach Lacan von der „konstitutiven Trennung des Körpers und der Jouissance“78, von der „Disjunktion der Jouissance und des Körpers“79; das bezog sich vermutlich auf diejenige Lust, die er später jouissance phallique nennen wird.
Im Hintergrund der These über den parasitären Charakter der phallischen Lust steht vermutlich das Konzept der Partialliebe von Karl Abraham. In dessen Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Libido (1924) heißt es (ich referiere Lacans Referat): Die Objektliebe ist insofern eine Partialliebe, als sie zwar durchaus eine Liebe des anderen ist, so vollständig wie möglich – jedoch abzüglich der Genitalien. Warum? Weil beim Menschen das eigene Genitale stärker als irgendein anderer Körperteil mit narzisstischer Liebe besetzt ist. Dieser Teil der narzisstischen Libido kann also nicht in Objektlibido verwandelt werden. Abraham ordnet diese Art der Objektliebe (Objektbesetzung unter Genitalausschluss) der phallischen Phase zu.80 Lacan kommentiert diese Konzeption in Seminar 8 von 1960/61, Die Übertragung. Der Phallus, sagt er hier, ist demnach eine Leerstelle im Körperbild. Er fügt hinzu: Nach diesem Muster werden die Objekte Brust und Brustwarze nachträglich strukturiert und dadurch zu etwas Abtrennbarem. Insofern sei der Narzissmus eine Wurzel der Kastration.81 Der parasitäre Charakter der phallischen Lust im Verhältnis zur Körperlust würde dann darin bestehen, dass diese Art der Lust sich der Formung durch die imaginäre Beziehung zum anderen entzieht und damit anders verfasst ist als die Körperlust.
An das Objekt a angrenzend
In Seminar 14 heißt es auch:
„Die Lust (jouissance) des Sexualakts könnte auf keine Weise mit derjenigen verglichen werden, die der Läufer verspüren kann, durch diesen freien und stolzen Gang. Nirgendwo mehr als im Feld der sexuellen Jouissance – und es ist nicht ohne Bedeutung, dass sie vorzugsweise hier erscheint –, nirgendwo mehr als in diesem Feld ist das Lustprinzip (principe de plaisir), das genau die Grenze, das Hindernis, der Endpunkt ist, der jeder Form gesetzt ist, die als Exzess der Jouissance verortet ist –, nirgendwo erscheint besser, dass das Gesetz der Jouissance dieser Grenze unterworfen ist. Und dass sich eben hier ganz speziell für den Mann – insofern, wie gesagt, der Kastrationskomplex für ihn das Problem bereits artikuliert – sein Feld finden wird. Ich meine, dass es von den Objekten ist, die im Körper gewissermaßen, im Hinblick auf das Lustprinzip (principe de plaisir), als außerhalb des Körpers definiert werden. Das ist das, was die Objekte a sind.“ 82
Die Lust im Sinne der jouissance ist letztlich dem Lustprinzip unterworfen, dem principe de plaisir, und zwar in der Weise, dass die jouissance hier an eine Grenze stößt. Es gibt Objekte, die jenseits des Lustprinzips sind – genauer: bei denen die Grenze des Lustprinzips weit hinausgeschoben ist –, die Objekte a. Damit sind sie gewissermaßen außerhalb des Körpers, insofern der Körper in seinem normalen Funktionieren durch das Lustprinzip bestimmt wird. Also ist der Phallus vermutlich insofern ein Parasit des Körpers, als die Lust des Genitalorgans nicht von vornherein dem Prinzip der Homöostase folgt sondern auf Erregungssteigerung aus ist und das Lustprinzip sich erst zur Geltung bringt, nachdem die jouissance eine Art Schmerzgrenze erreicht hat.
Jouissance des ausgestrichenen Anderen
Im geplätteten borromäischen Knoten steht JȺ für jouissance de l’Autre barré, „Jouissance des ausgestrichenen Anderen“. Barré bedeutet auch „versperrt“; man kann also auch übersetzen mit „Jouissance des versperrten, des unzugänglichen Anderen“. Es geht um die Lust am Körpers des Anderen – des anderen Geschlechts oder allgemein des Sexualpartners –, insofern diese Lust versperrt ist. Der Ausdruck kann aber auch anders skandiert werden, gewissermaßen mit einem Komma nach Autre, der Sinn ist dann: „unzugängliche Jouissance am Anderen“.
Der Genitiv jouissance de l’Autre ist mehrdeutig, er meint – wenn man den Kontext außer Acht lässt – sowohl die Jouissance auf der Seite des Anderen als auch diejenige Jouissance, deren Objekt der Andere ist. Wenn man diesen Doppelsinn beibehalten will, muss man mit „Genießen des Anderen“ übersetzen. Bei der Erläuterung des borromäischen Knotens stellt Lacan jedoch ausdrücklich klar, dass hier mit jouissance de l’Autre barré der Genitivus objectivus gemeint ist83, man kann deshalb auch mit „Jouissance am ausgestrichenen Anderen“ übersetzen (oder mit „unzugängliche Jouissance am Anderen“).
Vom „Genießen des Anderen“ spricht Lacan erstmals in Seminar 10 (Die Angst, 1962/63), gemeint ist hier das Genießen auf der Seite des Anderen, in dessen Dienst der Masochist sich zu stellen glaubt.84 Später bezieht Lacan sich mit der Rede vom Genießen des Anderen vor allem auf den heterosexuellen Geschlechtsverkehr. Beim sexuellen Akt gibt es für jeden der beiden Partner eine Lust, die in der Schwebe bleibt: die des anderen, heißt es in Seminar 14 (Die Logik des Phantasmas, 1966/67).85
Die Wendung jouissance du corps de l’Autre im Sinne der unzugänglichen Lust am Körper des anderen Geschlechts findet man ab Seminar 20 von 1972/73, Encore.86 Das Thema wird jedoch bereits ausführlich entwickelt in Seminar 14 von 1966/67, Die Logik des Phantasmas, mit der These „Es gibt keinen sexuellen Akt“87 und der Darstellung dieser These durch das Schema des goldenen Schnitts88. In Seminar 22 von 1974/75, RSI, ist das „Genießen des Anderen“ das Genießen des Subjekts, sofern es dadurch zustande kommt, dass der Sexualpartner das biologische Gegengeschlecht hat. Eben diese Art des Genießens gibt es jedoch nicht; das „Genießen des Anderen“ ist eine angestrebte, aber nicht-realisierte Lust, ein versperrtes Genießen. Anders gesagt: die sexuellen Lüste der beiden Partner sind heterogen, auf dieser Ebene gibt es keine Verschmelzung. In Seminar 23 von 1975/76, Das Sinthom, nennt Lacan das angezielte und verfehlte Genießen des Gegengeschlechts jouissance de l’Autre barré, „Genießen des ausgestrichenen Anderen“ (bzw. „unzugängliche Lust am Anderen“), und er verwendet hierfür als Symbol die Zeichenfolge JȺ.89
Im Überschneidungsbereich des Imaginären und des Realen
In der Darstellung durch den borromäischen Knoten überlagert sich im Feld JȺ das Imaginäre (I) mit dem Realen (R), abzüglich des Symboolischen. Das könnte heißen: Das Imaginäre der Verschmelzungsvorstellung (Eros im Freud’schen Sinne als Einheit) stößt auf das Reale dessen, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt; vgl. diesen Blogartikel.
Eine Jouissance außerhalb des Symbolischen
Das Diagramm soll außerdem zeigen, dass die unzugängliche Lust am Körper des Anderen außerhalb des Symbolischen (S) liegt - sie „ex-sistiert“ der Sprache. Das dürfte sich auf das Theorem beziehen, dass Frauen über ihre spezifische Lust „nichts sagen“.90
Lust am Sinn
Der Bereich des Sinns liegt im geplätteten borromäischen Knoten in der Region der Überschneidung des Symbolischen (S) und des Imaginären (I), abzüglich des Feldes für das Objekt a.
Gemeint ist die mit dem Sinnproduzieren und Sinnverstehen einhergehende Lust.
In Seminar 21 spricht Lacan, bezogen auf den Sinn, von jouissance:
„Das Imaginäre ist das, wodurch die Entzifferung zu einem Halt kommt, das ist der Sinn. Wie ich bereits sagte, muss man ja irgendwo aufhören, und das sogar so früh wie möglich. Das Imaginäre ist immer eine Intuition dessen, was zu symbolisieren ist, wie ich gerade gesagt habe, etwas zum Kauen, zum Denken, wie man sagt. Und, um es klar zu sagen, eine unbestimmte Jouissance.“91 Auf die Lust am Sinn bezieht Lacan sich wohl auch mit dem Wortspiel j’ouïs sens, wörtlich übersetzt „ich höre Sinn“, lautgleich mit jouissance.92
Im Überschneidungsbereich des Symbolischen und des Imaginären
In der Psychoanalyse ist der Sinn vor allem der Sinn der Träume und der Symptome. Er wird nicht unmittelbar verstanden, sondern muss entziffert werden. Diese Entzifferung stützt sich auf das Gesprochene, also auf das Symbolische. Wie kommt hier das Imaginäre ins Spiel?
Lacan: „Das Imaginäre ist das, was die Entzifferung zu einem Halt bringt, das ist der Sinn. Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, man muss ja irgendwo aufhören und sogar so früh wie man kann. Das ist Imaginäre, das ist immer eine Intuition dessen, was zu symbolisieren ist; wie ich gerade gesagt habe, etwas zum Kauen, zum Denken, wie man sagt. Und, um es klar zu sagen, eine undeutliche Jouissance.“93
Eine Jouissance außerhalb des Realen
Das Schema soll unter anderen zeigen, dass der Sinn außerhalb des Realen (R) liegt, dass er dem Realen „ex-sistiert“. Wenn man sich in der Ordnung des Sinns bewegt, verfehlt man das Reale, das Unmögliche.
(Zum Begriff des Sinns im borromäischen Knoten vgl. diesen Blogartikel.)
Mehrlust
Im Zentrum des Knotendiagramms findet man den Buchstaben a, er steht für „Objekt a“ und für „Mehrlust“ (plus-de-jouir).
Durch die Integration des Subjekts in die sprachlich verfasste Welt kommt es zu einem Lust-Verlust, auf den sich Lacan mit dem Begriff „Mehrlust“ bezieht.94 Die unzugängliche Lust wird im Phantasma durch bestimmte Objekte verkörpert, deren Hauptcharakteristika darin besteheb, dass sie sich auf Triebe stützen, dass sie vom Körper abgetrennt sind und dass sie fehlen; dies sind die vier Objekte a, Brust, Kot, Stimme, Blick. Das Phantasma ist eine Szene der Wiedergewinnung der verlorenen Lust, übersetzt in die Beziehung zu einem verlorenen Objekt. Die Suche nach diesem verlorenen Objekt im Traum oder im Symptom ermöglicht eine „Ersatzbefriedigung“95, wie Freud sagt, einen „Lustgewinn“96, wie Freud ebenfalls sagt und worin Lacan die Entsprechung zu seiner „Mehrlust“ sieht5. In dieser Ersatzbefriedigung, in diesem Lustgewinn wird die angestrebte Lust jedoch verfehlt, und insofern ist die Mehrlust ein Lust-Verlust.
Auf das Objekt a als Jouissance-Verlust bezieht sich die folgende Sentenz aus Seminar 19:
„Ich bitte dich, zurückzuweisen, was ich dir biete, denn das ist es nicht.“97
„Das ist es nicht“, dieser Satz verweist auf das Objekt a als Verlust.98 Im Jahr darauf kommentiert Lacan die Formulierung so:
„Das ist es nicht — da der Schrei, wodurch sich die erlangte Jouissance unterscheidet von der erwarteten.“99
Das Objekt a als Mehrlust ist also eine Jouissance-Differenz, der Abstand zwischen der erwarteten und der erreichten Jouissance, wobei diese Diskrepanz durch die sprachliche Artikulation herbeigeführt wird, durch die demande: die Bitte, den Anspruch, die Forderung, den ausgesprochenen Wunsch, das Gebot oder Verbot.
Im Zentrum
Im geplätteten borromäischen Knoten bildet das Objekt a das Zentrum – die Verschlingung des Symbolischen, des Imaginären und des Realen hat vor allem den Effekt, dass es den Wiederholungszwang gibt, der darauf abzielt, eine Lusterfahrung zu wiederholen, die aber, in einer spärlichen Ersatzbefriedigung, beständig verfehlt wird. Der mit dem Symptom und dem Wiederholungszwang verbundene Lustmangel bildet den Dreh- und Angelpunkt einer psychoanalytischen Kur im Sinne von Lacan. Der Analytiker hat die Aufgabe, dem Analysanten das Objekt a als Ursache seines Begehrens anzubieten, die Übernahme durch den Analysanten ist das, was letztlich erreicht werden soll.100
Überschneidungsbereich des Symbolischen, des Imaginären und des Realen
Das Diagramm soll zeigen: Die Mehrlust ist die Bedingung aller anderen Lüste.101
Die phallische Lust (JΦ) sorgt dafür, dass es dem Mann nicht möglich ist, Lust am Körper des anderen Geschlechts zu haben (JȺ).102 Als Ersatzlösung springt die Mehrlust ein: Der Mann bezieht sich auf eine Frau nicht als Frau, sondern als Objekt a.103
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Anmerkungen
-
S. Freud: Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose (1909). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 7. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 31–104, hier: S. 44.
-
Vgl. Fonction et champs de la parole et du langage en psychanalyse. In: Ders.: Écrits. Le Seuil, Paris 1966, S. 237–322, hier S. 290.– Vgl. J. Lacan: Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse. In: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien u.a. 2016, S. 278–381, hier: S. 342 f.
-
Sitzung vom 27. April 1966, meine Übersetzung nach Version Staferla, „Lust“ im Original deutsch.
-
Vgl. Seminar 16 von 1968/69, Von einem Anderen zum anderen, Sitzung vom 20. November 1968; Version Miller S. 41. Sitzung vom 12. Februar 1969; Version Miller S. 172.
-
Vgl. Seminar 21, Sitzung vom 20. November 1973.
-
Seminar 20 von 1972/73, Encore, Sitzung von 13. Februar 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 61, Übersetzung geändert.
-
Meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 136.
-
S. Freud: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 5. Fischer Taschenbuch Verlag, S. 37–145, hier: S. 47.
-
Vgl. Seminar 21, Sitzung vom 11. Juni 1974.
-
Subversion du sujet et dialectique du désir dans l’inconscient freudien. In: Ders.: Écrits. Le Seuil, Paris 1966, S. 793–827, hier: S. 821; vgl. Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens im Freudschen Unbewußten. Übersetzt von Chantal Creusot und Norbert Haas In: Ders.: Schriften II. Hg. v. Norbert Haas. Walter-Verlag, Olten u.a. 1978, S. 165–204, hier: 198.
-
So übersetzen das Haas und Creusot in Schriften II, a.a.O., S. 198.
-
Seminar 16, Sitzung vom 12. März 1969, Version Miller S. 224, meine Übersetzung.
-
Den Ausdruck „Genuss“ findet man mehrfach im Unbehagen in der Kultur (1930).
-
Vgl. Lacan, Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 13. Januar 1971; Version Miller S. 19. Vgl. meine Übersetzung des Seminars auf dieser Website hier.
-
S. Freud: Gesammelte Werke, chronologisch geordnet. Erster Band, Werke aus den Jahren 1892–1899. Imago, London 1952, Zusatz zum XIV. Bande, S. 561–564, hier: S. 561.
-
Lacan:
„Car qu’est-ce que ça veut dire un Lustgewinn : un gain de Lust. Si là l’ambiguïté de ce terme Lust en allemand, n’est-ce pas, ne permet pas d’introduire dans le Lustprinzip - traduit principe du plaisir - justement cette formidable divergence qu’il y a entre la notion du plaisir telle qu’elle est commentée par Freud lui-même selon la traduction antique, seule issue de la sagesse épicurienne, ce qui voulait dire ‚jouir le moins possible‘.“
(Seminar 21, Sitzung vom 20. November 1973, Version Staferla, meine Übersetzung)
-
S. Freud: Jenseits des Lustprinzips (1920). In: ders.: Studienausgabe, Bd. 3. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 220.
-
Seminar 18, Sitzung vom 17. März 1971, meine Übersetzung nach Version Staferla.
-
Sitzung vom 27. April 1966, meine Übersetzung nach Version Staferla).
-
J. Lacan: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013, Sitzung vom 4. November 1971, S. 28.
-
Seminar 17, Sitzung vom 11. Februar 1970, Version Miller, S. 83.
-
Vgl. Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent, Sitzung vom 11. Juni 1974.
-
Im Vortrag Die Dritte (1974) heißt es, dass
„das Schnurren ohne jeden Zweifel das Lustempfinden (jouissance) der Katze ist. Ob das durch ihren Kehlkopf geht oder wodurch sonst, darüber weiß ich nichts: wenn ich sie streichle, wirkt es, als käme es aus dem ganzen Körper“
(meine Übersetzung in diesem Blog hier, nach der von Patrick Valas und anderen erstellten Transkription, veröffentlicht am 21. September 2015 auf der Website von Patrick Valas (valas.fr).
Eine frühere Transkription von Die Dritte erschien in: Lettres de l’École freudienne. Bulletin intérieur de l’École Freudienne de Paris, Nr. 16, 1975, S. 177–203, eine Kopie dieser ersten Transkription gibt es im Internet hier, eine Abschrift bietet die Website der École lacanienne de Paris hier, in dieser älteren Transkription findet man die zitierte Stelle auf S. 179).
-
Vgl. Seminar 21, Sitzungen vom 18. Dezember 1973 und vom 23. April 1974.
In Die Dritte heißt es:
„Die Frage wird von dem Moment an interessant, wo man sie erweitert und wo man sich im Namen des Lebens fragt, ob die Pflanze Lust (jouissance) empfindet. Das ist durchaus etwas, was einen Sinn hat, denn das ist ja immerhin etwas, was man uns angedreht hat, man hat uns die Lilien auf dem Felde angedreht. Sie weben nicht und sie spinnen nicht, hat man hinzugefügt. Es ist jedoch sicher, dass wir uns jetzt damit nicht mehr zufriedengeben können, aus dem guten Grund, dass es eben doch ihre Sache ist, zu weben und zu spinnen. Für uns, die wir das unter dem Mikroskop betrachten, gibt es kein offenkundigeres Beispiel für etwas Gesponnenes als dieses. Also ist es vielleicht das, was ihnen Lust (jouissance) macht: zu weben und zu spinnen. Das lässt die Sache insgesamt jedoch ganz und gar in der Schwebe. Über die Frage, ob Leben mit Lustempfinden einhergeht, muss noch entschieden werden.“
-
S. Freud: Über einige neurotische Mechanismen bei Eifersucht, Paranoia und Homosexualität (1922). GW 13, S. 201)
-
In: Ders.: Zum psychischen Mechanismus der Vergesslichkeit. In: Ders.: Gesammelte Werke. Chronologisch geordnet. Erster Band. Werke aus den Jahren 1892–1899. Imago, London 1952, S. 517–527, hier: S. 522.
-
J. Lacan: Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse. In: Ders.: Schriften I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek, Übersetzung geändert. Turia und Kant, Wien u.a. 2016, S. 278–381, hier: S. 294.
-
Vgl. G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes, Kap. IV.A „Selbständigkeit und Unselbständigkeit des Selbstbewusstseins. Herrschaft und Knechtschaft“.
-
Vgl. Alexandre Kojève: Introduction à la lecture de Hegel. Leçons sur la Phénomenologie de l’esprit, professées de 1933 à 1939 à l’École des Hautes-Études. Hg. v. Raymond Queneau. Gallimard, Paris 1947.– Deutsche Teilübersetzung: Hegel. Eine Vergegenwärtigung seines Denkens. Kommentar zur Phänomenologie des Geistes. Übersetzt von Iring Fetscher. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1975.
-
Ich spreche zu den Wänden, Sitzung vom 4. November 1971, a.a.O., S. 25.
-
Lacans allererste Verwendung von jouissance liegt davor, allerdings in einer Übersetzung. Im Jahre 1932 erscheint seine Übersetzung von Freuds Aufsatz Über einige neurotische Mechanismen bei Eifersucht, Paranoia und Homosexualität (1922). Bei Freud heißt es in diesem Text, dass ein Patient „sich den Genuss des Weibes versagte“ (GW 13, S. 201). Lacan übersetzt mit „s’interdit la jouissance de la femme“ (Sigmund Freud: De quelques mécanismes névrotiques dans la jalousie, la paranoïa et l’homosexualité. In : Revue française de psychanalyse, 5. Jg. (1932), S. 391-401, hier: S. 396. In: Pas-tout Lacan, S. 63 f.).
-
J. Lacan und Michel Cenac: Theoretische Einführung in die Funktionen der Psychoanalyse in der Kriminologie (Vortrag von 1950, veröffentlicht 1951). In: J. Lacan: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 146–150, hier: S. 147.
-
Funktion und Feld, a.a.O., S. 355, Übersetzung geändert.
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Funktion und Feld, a.a.O., S. 371, Übersetzung geändert.
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Funktion und Feld, a.a.O., S. 378, Übersetzung geändert.
-
Vgl. Seminar 1 von 1953/54 (Freuds technische Schriften), Sitzung vom 9. Juni 1954, Version Miller/Hamacher S. 282 (hier „satisfaire le désir et la jouissance de l‘autre“, in der Übersetzung: „das Begehren und der Genuss des anderen zu befriedigen“; Seminar 2 von 1954/55 (Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse), Sitzung vom 12. Januar 1955, Version Miller/Metzger S. 97; Seminar 3 von 1955/56 (Die Psychosen), Sitzung vom 30. November 1955, Version Miller/Turnheim, S. 51.
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Vgl. etwa Seminar 17 (Die Kehrseite der Psychoanalyse, 1969/70, Sitzung vom 10. März 1970, Version Miller, S. 123.
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Seminar 1, Sitzung vom 2. Juni 1954; Version Miller/Hamacher S. 269, Übersetzung geändert.
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Seminar 4, Sitzung vom 20. März 1957 Version Miller/Gondek, S. 287, Übersetzung geändert.
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Seminar 5 Sitzung vom 19. März 1958, Version Miller/Gondek, S. 354, 355, 357, Übersetzung geändert.
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Vgl. Seminar 5, Sitzung vom 5. März 1958; Miller hat dieser Sitzung den Titel „Désir et jouissance“ gegeben.
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Seminar 5, Sitzung vom 26. März 1958; Version Miller/Gondek, S. 371, Übersetzung geändert.
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Seminar 6, Sitzung vom 10. Juni 1959; Version Miller S. 507.
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Seminar 6, Sitzung vom 24. Juni 1959, Version Miller S. 539.
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Seminar 7, Sitzung vom 18. November 1959, Version Miller/Haas, S. 11.
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Vgl. J. Lacan: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 325–368; zur Datierung auf das Jahr 1962 vgl. den Hinweis von Jacques-Alain Miller in seiner Ausgabe von Seminar 5 von 1957/58, Die Bildungen des Unbewussten, Version Miller/Gondek, S. 602.
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Diagramm aus Subversion des Subjekts, a.a.O., S. 355; die Färbung von „Genießen“ und „d“ habe ich hinzugefügt.
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J. Lacan: Theoretische Einführung in die Funktionen der Psychoanalyse in der Kriminologie (Vortrag von 1950, veröffentlicht 1951). In: Ders.: Schriften I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien u.a. 2016, S. 146–175, hier: S. 174 f., Übersetzung geändert.
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Vgl. Sitzung vom 24. Mai 1967; noch einmal – abgrenzend – in der Sitzung vom 14. Juni 1967.
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Vgl. Seminar 20 von 1972/73, Encore, Sitzung vom 19. Dezember 1972, Version Miller/Haas u.a. S. 27; Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent, Sitzung vom 12. März 1974.
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Sitzung vom 13. November 1973, meine Übersetzung nach Version Staferla.
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Vgl. J. Lacan: Die Dritte, a.a.O., Lettres de l’École freudienne S. 191.
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Sitzung vom 16. Dezember 1975, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller S. 56.
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Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 8. Mai 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 116.
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Seminar 20, Sitzung vom 8. Mai 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 114.
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Seminar 20, Sitzung vom 8. Mai 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 124.
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Den Ausdruck „weibliche Lust“ verwendet Lacan zuerst in den Richtungweisenden Themenvorschlägen, den des „phallischen Genießens“ zuerst in Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse (1969/70); vgl. zum phallischen Genießen diesen und diesen Blogartikel.
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Vgl. etwa Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent, Sitzung vom 21. Mai 1974.
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Vgl. Seminar 17, Sitzung vom 11. Februar 1970; Version Miller, S. 93.
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Man findet das Schema zuerst in der Sitzung vom 10. Dezember 1974.
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Der Begriff der phallischen Jouissance wird in in den Seminaren 17, 18, 20, 21 und 22 elaboriert; vgl. diesen, diesen und diesen Blogbeitrag.
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Vgl. Seminar 20, Sitzung vom 13. Februar 1973; vgl. Version Miller/Haas u.a. S. 57.
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Der „kleine Hans“ ist der Patient in einer von Freuds Fallstudien (vgl. S. Freud: Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben (1909). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 8. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, 9–124). Lacan bezieht sich hierauf zur Erläuterung der phallischen Lust unter anderem in J. Lacan: Conférence à Genève sur le symptôme (1975). Texte établi par Jacques-Alain Miller. In: La Cause du désir 2017/1 (Nr. 95), S. 7–24 <https://www.cairn.info/revue-la-cause-du-desir-2017-1-page-7.htm> (14.2.2019), S. 42–47.
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Sitzung vom 11. Juni 1974; vgl. auch Sitzung vom 12. Februar 1974.
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Vgl. Lettres de l’École freudienne Nr. 16, a.a.O., S. 190 und 200.
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Sitzung vom 18. November 1975, Version Miller S. 14, meine Übersetzung; vgl. auch Sitzung vom 16. Dezember 1975, Version Miller S. 56.
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Vgl. K. Abraham: Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Libido auf Grund der Psychoanalyse seelischer Störungen. In: Ders.: Gesammelte Schriften in zwei Bänden. Zweiter Band. Hg. v. J. Cremerius. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1982, S. 32–202, hier: S. 97.
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Vgl. Seminar 8, Sitzung vom 21. Juni 1961; Version Miller/Gondek, S. 460-466.
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Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, Sitzung vom 14. Juni 1967, meine Übersetzung nach Version Staferla.
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Vgl. Seminar 22, Vorbemerkung zur Sitzung vom 17. Dezember 1974 (Übersetzung Max Kleiner S. 9); Sitzung vom 11. Februar 1975 (in Kleiners Übersetzung nicht enthalten).
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Vgl. Seminar 10, Version Miller/Gondek, S. 69, 75, 79, 191, 204 f., 221, 239, 336, 383.
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Vgl. Sitzung vom 21. November 1972; Version Miller/Haas u.a. S. 10.
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Vgl. Seminar 23, Sitzung vom 16. Dezember 1975; Version Miller, S. 55.
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Vgl. etwa Seminar 23, Sitzung vom 13. März 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 88.
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Vgl. Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent, Sitzung vom 13. November 1973.
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Vgl. Seminar 23 von 1975/76, Das Sinthom, Sitzung vom 13. Januar 1976; Version Miller S. 73.
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Seminar 21 von 1973/74, Les non-dupes errent, Sitzung vom 13. November 1973, meine Übersetzung nach Version Staferla
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Das Konzept der Mehrlust entwickelt Lacan in Seminar 16 von 1968/69, Von einem Anderen zum anderen; vgl. die Übersetzung in diesen Blogartikel. Dort übersetzt er auch, in Anspielung auf Marx‘ Begriff des Mehrwerts, plus-de-jouir mit dem deutschen Wort „Mehrlust“ (Sitzung vom 20. November 1968, Version Miller S. 25).
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Freud: Einige Nachträge zum Ganzen der Traumdeutung (1925), GW 14, S. 561
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Seminar 19, Sitzung vom 9. Februar 1972. Übersetzung: Seminar 20, Sitzung vom 8. Mai 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 121.
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Vgl. Seminar 19, Sitzung vom 9. Februar 1972, Version Miller S. 88 und 90. Vgl. auch Seminar 20, Sitzung vom 15. Mai 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 135.
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Seminar 20, Sitzung vom 8. Mai 1973; Version Miller/Haas u.a. S. 121, Übersetzung geändert.
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Vgl. Die Dritte, a.a.O., Version Lettres de l’École freudienne S. 189.
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Lacan:
“ (…) der phallische Genuß ist das Hindernis, wodurch der Mann nicht hinkommt, würde ich sagen, des Körpers der Frau zu genießen, präzise weil das, dessen er genießt, vom Genuß des Organs ist.“
(Seminar 20, Sitzung vom 21. November 1972; Version Miller/Haas u.a. S. 12)
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Vgl. etwa die folgenden Passagen aus dem Encore-Seminar:
„Ich habe insistiert auf diesem, daß der Partner dieses ich, das das Subjekt ist, Subjekt jedes Anspruchssatzes, nicht der Andere ist, sondern das, was sich ihm dann substituiert in Form der Ursache des Begehrens – die ich geschieden habe in vier, insofern sie sich konstituiert auf verschiedene Weise, zufolge der Freudschen Entdeckung, vom Objekt des Saugens aus, vom Objekt der Ausscheidung, vom Blick und von der Stimme. Es ist als Substitute des Anderen, daß diese Objekte reklamiert sind, und gemacht sind Ursache des Begehrens.“
„Was ebensowohl das Äquivalent dessen ist, daß das Objekt a, wie sein Name es andeutet, a-geschlechtlich genannt werden kann. Das Andere präsentiert sich für das Subjekt nur unter einer a-geschlechtlichen Form. Alles, was der Träger gewesen ist, der Substituts-Träger, das Substitut des Anderen unter der Form des Begehrensobjekts, ist a-geschlechtlich. (…) Das, was sich schreibt, in summa, was wäre das? Die Bedingungen des Genusses. Und das, was sich zählt, was wäre das? Die Residuen des Genusses. Denn dieses a-Geschlechtliche, ist es nicht so, wenn man es zusammenfügt mit dem, was sie hat an Mehrgenuß, seiend das Andere – nicht genannt werden könnend denn Andere – daß die Frau es bietet dem Mann als das Objekt a?“
(Seminar 20, Sitzung vom 15. Mai 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 136, 137 und 141)