Phallisches Genießen (I):
Seminare 5 und 17
Paul Gégauff als Philippe und Danièle Gégauf als Esther in: Une partie de plaisir (dt.: Ein lustiges Leben), Regie: Claude Chabrol, Italien, Frankreich 1974, im Original farbig
Was versteht Jacques Lacan unter jouissance phallique, unter „phallischem Genießen“ oder „phallischer Lust“?
Der Terminus wird dadurch zu einem Problem, dass Lacan den Phallus vom Penis unterscheidet. Der Penis ist ein Körperorgan, der Phallus hingegen ist ein Signifikant. Das phallische Genießen ist also nicht schlicht und einfach die mit dem Penis oder der Klitoris verbundene Lust. Auf irgendeine Weise verbindet sich beim „phallischen Genießen“ die Lust mit dem Signifikanten, mit der Sprache. Aber wie?
Der Ausdruck jouissance phallique wird von Lacan erstmals in Seminar 5 verwendet (Die Bildungen des Unbewussten, 1957/58), nur einmal, dann, zweimal, in Seminar 17 (Die Kehrseite der Psychoanalyse, 1969/70) und ebenfalls zweimal in Seminar 19. In den Seminaren 20, 21 und 22 sowie in dem Vortrag Die Dritte wird der Begriff ausführlich entwickelt. Im Folgenden erläutere ich den Begriff, wie er in den Seminaren 5 und 17 erscheint. Er wird hier nicht definiert, sondern, eher unauffällig, ad hoc verwendet.
Seminar 5, „Die Bildungen des Unbewussten“
Ausgehend von den Arbeiten von Helene Deutsch spricht Lacan über die Entwicklung der weiblichen Sexualität in der sogenannten phallischen Phase, dabei vor allem über das Masturbationsverbot. Warum hat er das Begehren, um das es in dieser Objektbeziehung geht, Privation genannt? Weil es dabei nicht um ein reales Objekt geht, nicht um ein Organ. Danach heißt es:
„Selbstverständlich muss es, sowie der Vater in die Entwicklung des Mädchens eingreift – das ist das erste Beispiel, das ich gegeben habe –, in der Tat ein in seiner physiologischen Konstitution ziemlich reales Sein sein, sofern der Phallus in ein Entwicklungsstadium übergegangen ist, das über die rein imaginäre Funktion hinausgeht, die er lange Zeit im Penisneid* bewahren kann. Dies ist gewiss, aber das, was die Privation des Begehrens konstituiert, ist nicht, dass es etwas Reales meint, sondern dass es etwas meint, das beansprucht werden kann. Eine Dialektik der Privation im eigentlichen Sinne lässt sich nur mit Bezug auf etwas herstellen, das das Subjekt symbolisieren kann. Eben weil der väterliche Phallus symbolisiert und beansprucht werden kann, kommt das zustande, was auf der Ebene der Identifizierung geschieht, worum es heute geht.
Das ist völlig verschieden von dem, was sich auf der Ebene des Verbots des phallischen Genießens auswirkt. Das klitoridische Genießen, um es bei seinem Namen zu nennen, kann zu einem bestimmten Zeitpunkt der Entwicklung untersagt werden. Was untersagt wird, wirft das Subjekt in eine Situation zurück, in der es nichts mehr findet, das geeignet ist, es zu bedeuten. Das macht daran den schmerzhaften Charakter aus. Und eben weil das Ich sich in dieser Position einer Zurückweisung vonseiten beispielsweise des Ichideals befindet, stellt sich der melancholische Zustand ein. Wir werden auf die Natur dieser Zurückweisung zurückkommen, aber verstehen Sie schon jetzt, dass das, worauf ich hier anspiele, mit dem deutschen Terminus, den ich in unserem Vokabular auf die Zurückweisung (rejet) bezogen habe, nämlich die Verwerfung*, in Beziehung gesetzt werden kann. Insofern von seiten des Ichideals das Subjekt in seiner lebendigen Realität sich selbst in der Position der Ausschließung von jeder möglichen Bedeutung vorfinden kann, stellt sich der depressive Zustand als solcher ein.“1
Das, worauf sich das Verbot bezieht, ist ein „ziemlich reales Sein“ – das Verbot zielt auf die Klitoris als Organ. Der Bezug auf ein reales Organ ist für den Begriff der Privation jedoch nicht entscheidend. Es geht vielmehr darum, dass sich das Verbot auf etwas bezieht, das gefordert werden kann, beansprucht werden kann, symbolisiert werden kann – der Phallus des Vaters kann in der phallischen Phase nur deshalb ins Spiel kommen, weil er symbolisiert worden ist.
Anders ist es beim Verbot des „phallischen Genießens“, beim Masturbationsverbot, das sich an das kleine Mädchen richtet. Im nächsten Satz ersetzt Lacan „phallisches Genießen“ durch „klitoridisches Genießen“ – das, was dem Mädchen verboten wird, ist das „phallische Genießen“ bzw. das „klitoridische Genießen“. Wird hier das klitoridische Genießen und das phallische Genießen miteinander gleichgesetzt? Die Antwort liefert eine Bemerkung aus dem Aufsatz Die Bedeutung des Phallus, der aus derselben Zeit stammt, wie die anfangs zitierte Passage aus Seminar 5, aus dem Jahr 1958. Im Phallus-Aufsatz heißt es:
„Man weiß, dass Freud mit dem Terminus phallische Phase die erste genitale Reifung spezifiziert: insofern sie einerseits durch die imaginäre Dominanz des phallischen Attributs und durch das masturbatorische Genießen zu charakterisieren wäre –, insofern er andererseits dieses Genießen bei der Frau in der Klitoris lokalisiert, die dadurch in die Funktion des Phallus gehoben wird […].“2
Ist „klitoridisches Genießen“ synonym mit „phallisches Genießen“? Nicht ganz. Das klitoridische Genießen ist insofern ein phallisches Genießen, als es von der Dynamik der phallischen Phase erfasst ist. Damit ist das Symbol des väterlichen Phallus im Spiel und außerdem ein Masturbationsverbot. Unter dem „phallische Genießen“ versteht Lacan in Seminar 5 also die an die Klitoris gebundene Lust, insofern sie auf eine bestimmte Vorstellung bezogen ist (alle Menschen haben einen Phallus) und insofern sich ein Verbot darauf richtet.
Das Verbot der Selbstbefriedigung sorgt dafür, dass das Subjekt „in seiner lebendigen Realität“ – in seiner sexuellen Erregung – von einer möglichen Bedeutung ausgeschlossen ist. Das kann Grundlage einer Depression sein. Es gibt hier eine Verwerfung, die darin besteht, dass das Subjekt keinen Signifikanten für seine genitale Lust hat. Im nächsten Jahr (Seminar 6 von 1958/59, Das Begehren und seine Deutung) wird Lacan die Konfrontation des Subjekts mit dieser Verwerfung als Aphanisis oder Fading bezeichnen, als Verschwinden des Subjekts.
Seminar 17, „Die Kehrseite der Psychoanalyse“
Phallisches Genießen als untersagte und deshalb ausgeschlossene Penislust, die durch Mehrlust ersetzt wird
In dem folgenden Satz wird der Ausdruck „phallisches Genießen“ von Lacan zum zweiten Mal verwendet:
„Und eben darum ist das, was in der analytischen Untersuchung interessiert, wie etwas, dessen Ursprung wir als von einer ganz anderen Quelle als vom phallischen Genießen kommend definiert haben, nämlich derjenigen, die von der Funktion der Mehrlust (plus-de-jouir), wenn man so sagen kann, eingekästelt ist, wie sie, diese Funktion der Mehrlust, als Ersatz für die Untersagung (interdit) des phallischen Genießens beigesteuert wird.“3
Die Formulierung ist verwickelt. Zieht man den Kontext heran, lässt sich die Verschlingung auflösen. Ich referiere im Folgenden, einigermaßen wörtlich, den Argumentationsgang, an den dieser Satz anschließt; meine Erläuterungen stehen in Klammern.4
Für die Freudsche Theorie, so behauptet Lacan, ist die Auffassung zentral, dass es nur ein Glück gibt: das des Phallus (unter „Glück“ versteht Lacan hier die vollkommene Befriedigung eines Bedürfnisses5). Freud schreibt das auf alle möglichen Weisen, sogar in der naiven Form, dass er behauptet, es gebe kein vollkommeneres Genießen, keine größere Lust als den männlichen Orgasmus.6 Allerdings betont die Freudsche Theorie, sagt Lacan, dass nur der Phallus glücklich ist, nicht aber der Träger desselben. Dies gilt auch dann, wenn er den Phallus (hier im Sinne des erigierten Penis) in den Schoß einer Partnerin trägt.
Von dieser Partnerin wird angenommen, dass sie darüber verzweifelt ist, selbst keinen Phallus zu besitzen (damit wird der Penis zum Phallus: zu etwas, was von der Opposition Haben/Nichthaben her aufgefasst wird). Lacan stimmt zu: genau das lehrt, so sagt er, die psychoanalytische Erfahrung. Durch die Gegenwart des Phallus (des Penis) im Geschlechtsakt wird die Frau mit der Wunde ihrer Privation konfrontiert, also mit der Kränkung, den Phallus nicht zu haben. Die Liebesbemühungen ihres Partners, die sexuellen Befriedigungen, die er ihr verschafft, können hierfür keine Entschädigung bieten, da durch die Anwesenheit des Phallus (des Penis) diese Wunde (also der Phallus) immer aufs Neue aktiviert wird. Genau das hat Freud aus dem Diskurs der Hysterikerin herausgezogen, und von daher symbolisiert die Hysterikerin das primäre Unbefriedigtsein.
An dieser Stelle bezieht Lacan sich auf seine früher veröffentlichte Erläuterung eines Traums aus Freuds Traumdeutung, des Traums vom geräucherten Lachs bzw. vom verhinderten Souper. Der Mann der Patientin, die den Traum erzählt, ist „Großfleischhauer“, wie Freud sagt, also Fleischwarenunternehmer; Lacan spricht deshalb vom Traum der schönen Fleischersfrau.7 Ihr Mann will sie im Übermaß ausfüllen (mit seinem Penis, er legt Wert darauf, ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen). Das würde für sie jedoch nichts in Ordnung bringen und das muss sie ihm zeigen (sie muss ihm zeigen, dass sie ein Begehren hat, das sich nicht auf ein Bedürfnis reduzieren lässt). Ihr Traum zeigt jedoch, dass sie Mehrlust gewinnen könnte, und zwar dadurch, dass sie „das Wesentliche ihres Mannes“ (seinen Penis) einer anderen überließe, ihrer Freundin (mit deren unbefriedigtem Begehren sie sich identifiziert); das sieht sie jedoch nicht im Traum.
Es gibt jedoch eine, für die diese Möglichkeit sichtbar ist: Dora, die Patientin in Freuds Bruchstück einer Hysterie-Analyse (1905). Das Objekt von Doras Begehrens ist Frau K., und sie betet Frau K. an, in Gestalt einer Kontemplation vor Raffaels Sixtinischer Madonna.8 Mit dieser Anbetung verstopft sie ihre revendication pénine, ihren Penisneid, ihre Forderung nach einem Penis. (Für Dora verkörpert Frau K. das Ideal, ganz zu sein, das eigene Begehren zu beherrschen, also letztlich keines zu haben.) Anders als die Fleischersfrau überlässt Dora das Objekt (den Penis des Vaters) einer anderen (nämlich Frau K.), und damit ist sie glücklich.
Soweit das Referat. Mich interessiert hier die Frage, was Lacan unter dem „phallischen Genießen“ versteht. Das wichtigste Zwischenergebnis zu dieser Frage lautet: Wenn Lacan in der dem Zitat vorangehenden Passage vom „Phallus“ spricht, meint er bisweilen einfach den Penis, nicht den imaginären oder den symbolischen Phallus (das ist auffällig, da er immer wieder fordert, nur ja nicht den Penis und den Phallus zu verwechseln).
Danach heißt es:
„Das sind Hinweise, es gibt noch andere Lösungen. Wenn ich auf diese Lösung verweise, dann deshalb, weil sie die skandalöseste ist. Es gibt noch andere Raffinessen in der Art und Weise, für dieses Genießen einen Ersatz zu bilden, dessen Apparat, der der des Sozialen ist, für dieses Genießen, dessen Apparat, der im Ödipuskomplex mündet, eben dies bewirkt, das einzige Genießen zu sein, das Glück spenden würde; genau deswegen ist dieses Genießen ausgeschlossen. Das ist die eigentliche Bedeutung des Ödipuskomplexes.“9
Die Metzgersfrau und Dora weisen beide ein bestimmtes Genießen ab: diejenige Lust, die bei ihnen dann entstünde, wenn sie Sexualverkehr hätten, eine Kopulation von der Art, dass hierbei der Penis in die Vagina eingeführt wird. Es geht um eine Symptomatik, die umgangssprachlich als „Frigidität“ bezeichnet wird (oder wurde, die Kälte-Metapher ist erfreulicherweise veraltet).
Für dieses durch den Penis hervorgerufene Genießen, für diese Lust, findet Dora einen Ersatz, er besteht darin, dass sie den Penis ihres Vaters einer anderen überlässt, der von ihr verehrten Frau K.; es gibt weitere Lösungen, über die Lacan an dieser Stelle jedoch nichts sagt. (Auch durch diese Operation – einer anderen das Organ zu überlassen – wird der Penis zum Phallus.)
Es geht also um den Ausschluss eines Genießens, um den Ausschluss der bei der Frau im Geschlechtsverkehr durch den Penis hervorgerufene Lust, und es geht darum, dass ein Ersatz für diese Lust gebildet wird: die Mehrlust.
Das ausgeschlossene, auf den Penis bezogene Genießen hat einen Apparat, dieser Apparat ist der des Sozialen und er mündet im Ödipuskomplex. Ich nehme an, dass Folgendes gemeint ist: Die Ursache dafür, dass die penis-induzierte Lust ausgeschlossen und ein Ersatz für sie gebildet wird, ist der Ödipuskomplex. Der Ödipuskomplex führt dazu, dass die phallische Phase beendet wird und die Latenzzeit beginnt; die phallische Lust wird untersagt. Damit wird der Apparat des Sozialen ins Spiel gebracht: dadurch, dass die sexuelle Bindung an die Eltern aufgelöst wird, wird Gesellschaft ermöglicht, in dem Sinne, dass die Bindung an andere Objekte als Eltern und Geschwister möglich wird. Im Falle des Mädchens dreht sich, Freud zufolge, der Ödipuskomplex um die sexuelle Bindung an den Vater, um den Wunsch, von ihm als Ersatz für den ihr selbst fehlenden Penis seinen Penis zu bekommen und, als Penis-Metapher, ein Kind.
Die durch den Penis hervorgerufene Lust im Sexualakt wäre eine Lust, die das Glück bringen würde, anders gesagt: die das Bedürfnis befriedigen und das Begehren beseitigen würde. Aber genau deshalb ist diese Lust ausgeschlossen. Das ist die eigentliche Bedeutung des Ödipuskomplexes: die Untersagung (interdit) des auf den Penis bezogenen Genießens und damit die Umwandlung eines Bedürfnisses in ein Begehren.
Hieran schließt der eingangs bereits zitierte Satz an:
„Und eben darum ist das, was in der analytischen Untersuchung interessiert, wie etwas, dessen Ursprung wir als von einer ganz anderen Quelle als vom phallischen Genießen kommend definiert haben, nämlich derjenigen, die von der Funktion der Mehrlust (plus-de-jouir), wenn man so sagen kann, eingekästelt ist, wie sie, diese Funktion der Mehrlust, als Ersatz für die Untersagung (interdit) des phallischen Genießens beigesteuert wird.“
Lacan unterscheidet hier zwei Arten der jouissance, des Genießens, der Lust: phallisches Genießen (jouissance phallique) und Mehrlust (plus-de-jouir). Das phallische Genießen ist das Penis-Genießen. Das Penis-Genießen wird untersagt (interdit), anders formuliert: es gibt ein Masturbationsverbot. Das entspricht exakt der Verwendung von phallisches Genießen in Seminar 5, dort war das phallische Genießen die Klitoris-Masturbation, insofern sie verboten war.
Interdit kommt vom lateinischen Verb interdire, wörtlich „zwischen-sagen“. Mit interdire meint Lacan nicht nur „verbieten“, sondern auch „zwischen den Zeilen sagen“, l’nterdit ist das, was nur zwischen den Zeilen gesagt werden kann, das Verdrängte.10 Durch diese Untersagung wird das Penis-Genießen mit der Sprache verbunden und damit, so nehme ich an, zum phallischen Genießen.Vielleicht kann man es so zuspitzen: Das phallische Genießen ist das Penis-Genießen, insofern es unter einem Verbot steht und dadurch radikal transformiert ist.
Die Mehrlust hat eine andere Quelle. Sie beruht letztlich auf den prägenitalen Triebregungen. Dadurch, dass diese Triebregungen unterdrückt werden, entsteht die Mehrlust (die ein Genussverlust ist). Der Wirksamkeit dieser unterdrückten Triebregungen bei der Symptombildung gilt das besondere Interesse der Psychoanalyse. Das Symptom ist mit einer „Ersatzbefriedigung“ verbunden, wie Freud sagt, diese Ersatzbefriedigung ist ein Versuch, den Genussverlust – die Mehrlust – zu kompensieren. Zwischen diesen beiden Arten des Genießens gibt es also eine Ersatzbeziehung (eine Metapher, wie Lacan solche Ersatzbildungen häufig nennt): die Mehrlust dient als Ersatz für das untersagte phallische Genießen.
Vom referierten Kontext her hat „phallisches Genießen“ an in dieser Passage eine doppelte Bedeutung. Der Ausdruck bezieht sich einerseits auf den Ödipuskomplex. Hier ist das phallische Genießen die im Penis verankerte Lust des Jungen. Ob auch die mit der Klitoris verbundene Lust des Mädchens gemeint ist, wird hier nicht gesagt. Das phallische Genießen ist aber auch die Lust, die das Mädchen dadurch erwartet, dass es den Penis des Vaters erhält. Das phallische Genießen dieser Phase interessiert psychoanalytisch insofern, als es durch den Ödipuskomplex zu einer untersagten Lust wird, zu einer Form des Genießen, über die ein Verbot verhängt worden ist.
Im referierten Kontext meint „phallisches Genießen“ außerdem: die Lust auf der Seite der Frau, hervorgerufen durch die Einführung des Penis beim Geschlechtsverkehr. Diese Lust ist für die Psychoanalyse insofern von Belang, als sie ausgeschlossen ist.
„Phallisches Genießen“ meint an dieser Stelle also insgesamt: die auf den Penis bezogene Lust, insofern sie im Ödipuskomplex untersagt wird, insofern sie für die erwachsene Frau ausgeschlossen ist und insofern für sie auf den Wegen der Mehrlust ein Ersatz gesucht wird.
Phallisches Genießen als Penislust, insofern sie den Herrn nicht dominiert
Auch in der zweiten Passage geht es um den Fall Dora. Ich referiere zunächst den Argumentationszusammenhang, in den sie eingebettet ist, wieder ziemlich wörtlich; in Millers Ausgabe sind das etwa anderthalb Seiten. Auch hier setze ich meine Verdeutlichungen in Klammern.11
Lacan fragt: Welche Rolle spielt Herr K. für Dora, warum kommt er ihr gelegen? Seine Antwort lautet: Das, was Dora an Herrn K. zupass kommt, ist „die Vorstellung, dass er das Organ hat“12 (also die Vorstellung, dass er einen Penis hat, der Penis fungiert auf der Ebene der Vorstellung und wird mit dem Schema haben/nichthaben erfasst, damit wird er zum Phallus). Freud weist genau darauf hin: Es gab eine erste „Verhakung“ von Dora mit Herrn K., als sie 14 war; er hatte sie umarmt und geküsst. (Freud vermutet, dass sie dabei das Andrängen des erigierten Gliedes gegen ihren Leib verspürt hatte.13 )
Dieses „Organ“12 (also der Penis von Herrn K.) ist für Dora entscheidend, es hat für sie aber nicht die Funktion, dass sie damit ihr Glück macht (indem sie damit ihr genitales Bedürfnis befriedigt). Das Organ dient ihr dazu, dass eine andere sie dessen beraubt (für Dora kommt es darauf an, dass das Organ von Herrn K. dazu dient, dessen Ehefrau, Frau K., sexuell zu befriedigen und dass sie auf diese Weise selbst dieses Organs beraubt wird). Das, was Dora interessiert, ist nicht der „Schmuck“ (nicht das männliche Organ), nicht das Kleinod, auch dann nicht, wenn es indiskret ist (wie es im Titel von Diderots Roman heißt14 ). Dies zeigt ihr Traum über das Schmuckkästchen: das, dessen sie genießt, das, was ihr Lust verschafft, ist nicht der Schmuck, sondern einzig das Schmuckkästchen (ihr eigenes Organ).15 Sie kann dieses Schmuckkästchen sehr gut durch sich selbst genießen; dies wird dadurch bezeugt, dass in der Kindheit die Masturbation für sie eine entscheidende Rolle spielte.
Welcher Art war diese Masturbation, fragt Lacan. Freuds Fallstudie deutet an, dass sie wahrscheinlich in einer Beziehung zum fließenden, strömenden Rhythmus stand, dessen Modell die Enuresis ist, das Einnässen oder Bettnässen. Von Doras Enuresis berichtet Freud in seiner Untersuchung. Die Enuresis, sagt Lacan, ist charakteristisch; sie ist gewissermaßen das Stigma der vom Kind vorgenommenen imaginären Ersetzung des Vaters, und zwar genau insofern, als er impotent ist.
Hieran schließt sich, fährt Lacan fort, die „theoretische Kontemplation“ in bezug auf Frau K. an (die platonische Liebe zu Frau K.) Sie entfaltet sich, als Dora in Dresden endlos Raffaels Sixtinische Madonna betrachtet. Frau K. (mit der ihr impotenter Vater ein sexuelles Verhältnis hat) ist für Dora diejenige, die weiß, wie man das Begehren des idealisierten Vaters stützt, aber auch, wie man „seinen Bürgen in sich enthält“ (wie man den Penis des Vaters in sich aufnimmt, nämlich durch Oralverkehr, wie Dora vermutet). Damit beraubt Frau K. aber Dora dieses Bürgen (Frau K. nimmt Dora den Penis ihres Vaters). Auf diese Weise ist Dora doppelt davon ausgeschlossen, ihn zu erfassen. (Inwiefern doppelt? Vielleicht im Sinne von, erstens: Dora hat nicht den Penis ihres Vaters, zweitens: es gibt eine andere, die ihn in sich hat.) Dieser Komplex (die Idealisierung von Frau K.) ist das Kennzeichen von Doras Identifizierung mit einem Genießen, insofern dieses das Genießen des Herrn ist. (Der Genitiv ist mehrdeutig: Identifiziert Dora sich mit dem Genießen auf der Seite des Herrn, also des Vaters, insofern es ausfällt, oder identifiziert sie sich mit dem Genießen von Frau K. insofern Frau K. durch die sexuelle Beziehung zu Doras Vater Lust erfährt? Die Gleichsetzung von Enuresis und Impotenz spricht für die erste Bedeutung.)
Hierauf folgt ein Einschub. Es ist nicht ohne Bedeutung, sagt Lacan, dass die Enuresis mit dem Ehrgeiz zusammengebracht worden ist. Ende des Einschubs.
Herr K. macht Dora ein Geschenk. Die Bedingung für Geschenke von Herrn K. ist die, dass es sich dabei um Kästchen handelt.16 Er gibt ihr ein Schmuckkästchen, nichts außerdem, denn der Schmuck, das ist sie selbst (sie identifiziert sich mit dem Phallus, der hier von Lacan nicht als Organ, sondern als Signifkant ins Spiel gebracht wird).
Seinen eigenen aufdringlichen Schmuck (den Phallus als Organ) soll Herr K. anderswo einnisten. Deshalb bricht Dora mit Herrn K., als er ihr sagt, „ich habe nichts an meiner Frau.“17 (Im Klartext: „Ich habe mit meiner Frau keinen Sex.“)
Hierauf folgt die Passage, in der Lacan vom Genießen des Phallus spricht.
„Es stimmt, dass ihr in diesem Augenblick das Genießen des Anderen angeboten wird, und sie will es nicht. Denn was sie will, ist das Wissen als Mittel des Genießens, jedoch um es der Wahrheit dienen zu lassen, der Wahrheit des Herrn, die von ihr verkörpert wird. Sie als Dora verkörpert diese Wahrheit. Und diese Wahrheit, um sie endlich zu nennen, ist, dass der Herr kastriert ist.
In der Tat, wenn das Genießen, das als einziges das Glück repräsentieren kann, jenes Genießen, das ich letztes Mal als vollkommen geschlossen definiert habe, das des Phallus, ihn, diesen Herrn, beherrschte – Sie sehen den Ausdruck, den ich verwende, er kann eben nur dadurch herrschen, dass er es ausschließt18 –, wie könnte der Herr dann dieses Verhältnis zu dem Wissen herstellen, über das der Knecht verfügt, diese Beziehung zum Wissen, dessen Gewinn die Abzwingung der Mehrlust ist?“19
In der Szene am See wird Dora das „Genießen des Anderen“ angeboten: Lust durch Geschlechtsverkehr mit Herrn K. Hier bedeutet der Ausdruck: „Lust durch Geschlechtsverkehr mit einem Partner des anderen Geschlechts“. Der Genitiv lässt sich in beiden Richtungen deuten: ihr wird angeboten, den Anderen zu genießen, Herrn K. (Genitivus objectivus); ihr wird das Genießen auf der Seite des Anderen angeboten (Genitivus subjectivus).20
Sie ist an dem auf diese Weise zu gewinnenden Genießen jedoch nicht interessiert – sie will nicht die Lust, die bei ihr dadurch entstehen könnte, dass sie mit diesem Mann Sex hat.
Sie will etwas anderes: sie will das Wissen als Mittel des Genießens. Lacan bezieht sich hier auf die Formel des Herrendiskurses: . Sie will etwas: dies wird repräsentiert durch S1 am Platz oben links. Sie will das Wissen (S2 oben rechts) – das Unbewusste – als Mittel, um die Mehrlust (a unten rechts) zu erzeugen. In Freudscher Terminologie: Dora will, dass das Unbewusste die Funktion hat, die mit dem Symptom verbundene Ersatzbefriedigung zu ermöglichen.
Die Syptombildung soll der Wahrheit dienen, der Wahrheit des Herrn, des Vaters in der Position des Herrn. Lacan stützt sich hier auf den Unterschied von „Wissen“ und „Wahrheit“, den er in Seminar 12 ausgearbeitet hatte. Das Wissen ist ein Signifikantenapparat, das Unbewusste (vgl. diesen Blogartikel). Die Wahrheit ist die Offenbarung, dass diesem Wissen etwas fehlt: ein Signifikant der Geschlechtsdifferenz; diese Wahrheit ist die Kastration.21 Die Wahrheit des Herrn besteht darin, dass er kastriert ist, dass der Vater impotent ist. Dora verkörpert diese Wahrheit, sie identifiziert sich mit dem Vater, insofern er impotent ist. Das bezieht sich auf die linke Seite der Formel des Herrendiskurses. Am Platz der Wahrheit (auf dem Platz unten links) findet man hier das gespaltene Subjekt ($). Damit ist in diesem Fall das kastrierte Subjekt gemeint, der Vater, mit dem Dora sich insofern identifiziert, als er impotent ist.
Das einzige Genießen, das angeblich das Glück repräsentiert, ist das Genießen des Phallus. Dieses Genießen wäre geschlossen, es böte vollkommene Befriedigung.
Das Genießen des Phallus darf den Herrn jedoch nicht beherrschen; der Vater ist impotent und dies ist die Bedingung dafür, dass er ein Herr ist. Denn würde das Genießen des Phallus ihn beherrschen, wäre er gewissermaßen in sich gesättigt; er könnte nicht das Verhältnis zum Wissen des Knechts herstellen (bzw. zum Unbewussten), dessen Gewinn die Abzwingung der Mehrlust ist (die Ersatzbefriedigung im Symptom).
Lacan stellt hier eine Äquivalenzenkette mit drei Elementen her: Dora identifiziert sich mit dem Genießen des Herrn / mit dem Phallus / mit dem Vater, insofern er kastriert, impotent ist. Das Genießen des Herrn ist ein ausgeschlossenes Genießen, und der symbolische Phallus ist der Signifikant für das Genießen, insofern es ausgeschlossen ist, insofern es der Uverdrängung unterliegt, wie es in Lacans Aufsatz Die Bedeutung des Phallus heißt (vgl. hierzu diesen Blogartikel), oder auch: für das Penis-Genießen, insofern es untersagt ist (Masturbationsverbot).
Was meint hier „Genießen des Phallus“?
Der Ausdruck wird synonym mit „phallisches Genießen“ verwendet, Lacan bezieht sich ausdrücklich auf die anfangs zitiere Passage, in der er von jouissance phallique gesprochen hatte.
Das Genießen des Phallus darf den Herrn nicht beherrschen. Diese Bedingung wird durch die die Impotenz des Vaters erfüllt. Mit „Genießen des Phallus“ ist also die mit dem Penis verbundene Lust gemeint – insofern sie nicht realisiert werden kann.
Das Genießen wird hier auf der Seite des Mannes verortet. Das Genießen des Phallus wäre die mit dem Penis verbundene Lust des Vaters bei vaginalem Geschlechtsverkehr mit Frau K.
Auch an dieser Stelle bezieht Lacan sich auf das mit dem Penis verbundene Genießen nur unter dem Gesichtspunkt der Zurückweisung: das Genießen des Phallus, die Penislust, darf den Herrn nicht dominieren, und diese Bedingung wird dadurch erfüllt, dass der Vater impotent ist.
Vom „Genießen des Phallus“, das sich auf das Organ bezieht, ist der Phallus als Signifkant zu unterscheiden. Wenn Dora sich mit dem Phallus identifiziert, geht es um den Phallus nicht als Organ, sondern als Signifikant. Dieser Signifikant ist der Signifikant für das untersagte Genießen, im Kontext: für die Penislust, insofern sie nicht befriedigt werden kann.
Zusammenfassung
In Seminar 5 versteht Lacan unter dem „phallischen Genießen“ die mit Masturbation der Klitoris einhergehende sexuelle Erregung, insofern sie verboten ist.
In Seminar 17 spricht Lacan einmal von „phallischem Genießen“22, einmal vom „Genießen (…) des Phallus“23. Er verwendet die beiden Ausdrücke synonym.
Mit „phallisch“ bzw. „Phallus“ meint er in beiden Passagen auch den Penis, das männliche Geschlechtsorgan. Um den Penis geht es insofern, als er ein Ort der Lust ist und im Geschlechtsverkehr als Instrument dient.
Unter dem „Genießen“ versteht Lacan hier die mit dem Penis verbundene Lust. Er bezieht sich auf zwei Formen der Penislust. Zum einen ist mit „phallisches Genießen“ die sexuelle Erregung des Penis in der phallischen Phase des Kindes gemeint.
Unter dem phallischen Genießen versteht Lacan in beiden Passagen von Seminar 17 außerdem die mit dem Penis beim Geschlechtsverkehr verbundene Lust, einschließlich des Orgasmus.
In der ersten Passage wird die phallische Lust auf eine erwachsene Frau bezogen, an der zweiten auf einen erwachsenen Mann. Bezogen auf die Frau meint „phallisches Genießen“ in diesem Zusammenhang die im Koitus bei ihr durch den Penis hervorgerufene Lust. Bezogen auf den Mann meint „phallisches Genießen“ die mit dem Penis verbundene Lust während des Vaginalverkehrs.
Lacan bezieht sich in Seminar 17 auf das phallische Genießen nur insofern, als diese Penislust untersagt/verdrängt bzw. ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. Im Ödipuskomplex wird dieses Genießen untersagt, was, Freud zufolge, dazu führt, dass die phallische Phase zu einem Abschluss kommt und die Latenzzeit beginnt. Beim Erwachsenen besteht der Ausschluss des phallischen Genießens – in den beiden in Seminar 17 erwähnten Fällen – bei der Frau darin, dass sie auf Geschlechtsverkehr mit einem Mann verzichtet und sich durch Masturbation befriedigt; beim Mann wird der Ausschluss der Penislust dadurch herbeigeführt, dass er impotent ist.
Vom phallischen Genießen ist der Phallus-Signifikant zu unterscheiden. Der Phallus ist der Signifikant des Genießens genau insofern, als er sich auf das Genießen als etwas bezieht, was untersagt ist, was nicht realisiert werden kann. Dora identifiziert sich mit dem Phallus als Signifikant dessen, dass ihr Vater impotent ist, dass der Herr kastriert ist, dass er vom phallischen Genießen nicht beherrscht wird.
Der Ausschluss des phallischen Genießens ist jedoch nicht das, was Lacan in Seminar 17 am phallischen Genießen am meisten interessiert. Im Mittelpunkt steht hier die These, dass für die verbotene Penislust, für das ausgeschlossene phallische Genießen, ein Ersatz gebildet wird: die Mehrlust als Grundlage der Symptombildung.
In den beiden untersuchten Passagen besteht das Lacansche Feld – das Feld des Genießens – aus zwei Lustarten: aus dem phallischen Genießen und der Mehrlust. Das phallische Genießen ist untersagt, unrealisierbar. Die Mehrlust ist ein Ersatz für das untersagte bzw. unrealisierbare phallische Genießen.
Kurz:
Unter dem phallischen Genießen versteht Lacan in den Seminaren 5 und 17 die mit dem Genitalorgan (Penis und Klitoris) verbunene Lust, in Seminar 17 auch die mit dem Penis im Geschlechtsverkehr verbundene Lust bei der Frau oder beim Mann. Dabei interessiert er sich für die Penislust und die Klitorislust unter dem Gesichtspunkt, dass sie verboten ist, dass sie im Ödipuskomplex untersagt wird und im Leben des Erwachsenen ausgeschlossen ist bzw. den Mann in der Position des Herrn nicht dominiert. Durch die Schematisierung des Penis mit dem Schema Haben/Nichthaben und durch das Verbot, das sich auf ihn bezieht, wird er zum Phallus. In diesem Sinne sind Klitoris-Lust und Penis-Lust ein phallisches Genießen. Die untersagte, unrealiserbare genitale Lust ist für Lacan in Seminar 17 vor allem insofern von Belang, als sie durch die mit dem Symptom verbundene Befriedigung ersetzt wird, durch ein Derivat der Mehrlust.
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Anmerkungen
-
Seminar 5, Sitzung vom 19. März 1958, Version Miller/Gondek S. 357.
-
Die Beldeutung des Phallus (1958). Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. In: J. Lacan: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Turia und Kant, Wien 2015, S. 192–204, hier: S. 194.
- Seminar 17, Sitzung vom 11. Februar 1970, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller, S. 85.
In der Staferla-Version:
„C’est bien pourquoi ce qui intéresse dans l’investigation analytique, c’est comment quelque chose dont nous avons défini l’origine d’une tout autre source que de la jouissance phallique, celle située, celle si l’on peut dire, quadrillée, de la fonction du plus-de- jouir comme elle est apportée, cette fonction du plus-de- jouir, en suppléance de l’interdit de la jouissance phallique.“ - Vgl. Seminar 17, Sitzung vom 11. Februar 1970, Version Miller, S. 84 f.
- Dass mit „Glück“ die Bedürfnisbefriedigung im Unterschied zum Begehren gemeint ist, zeigt die Passage über den Traum der schönen Metzgersfrau in Die Ausrichtung der Kur und die Prinzipien ihrer Macht, auf die Lacan sich etwas später bezieht; in ihr geht es um die Differenz zwischen dem Glück der Bedürfnisbefriedigung und dem Begehren.
- Das bezieht sich vermutlich auf diese Passage aus den Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie:
„Die Rolle aber, die dabei den erogenen Zonen zufällt, ist klar. Was für eine galt, gilt für alle. Sie werden sämtlich dazu verwendet, durch ihre geeignete Reizung einen gewissen Betrag von Lust zu liefern, von dem die Steigerung der Spannung ausgeht, welche ihrerseits die nötige motorische Energie aufzubringen hat, um den Sexualakt zu Ende zu führen. Das vorletzte Stück desselben ist wiederum die geeignete Reizung einer erogenen Zone, der Genitalzone selbst an der glans penis, durch das dazu geeignetste Objekt, die Schleimhaut der Scheide, und unter der Lust, welche diese Erregung gewährt, wird diesmal auf reflektorischem Wege die motorische Energie gewonnen, welche die Herausbeförderung der Geschlechtsstoffe besorgt. Diese letzte Lust ist ihrer Intensität nach die höchste, in ihrem Mechanismus von der früheren verschieden. Sie wird ganz durch Entlastung hervorgerufen, ist ganz Befriedigungslust und mit ihr erlischt zeitweilig die Spannung der Libido.“ (S. Freud: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 3. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 115) - Lacan bezieht sich hier auf seinen Aufsatz: Die Ausrichtung der Kur und die Prinzipien ihrer Macht (Vortrag von 1958, veröffentlicht 1961). In Jacques Lacan: Schriften I, hg. v. N. Haas, S. 211-213, 216-218.
Den Traum vom geräucherten Lachs und Freuds Analyse dieses Traums findet man in: S. Freud: Die Traumdeutung (1900). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 2. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2001, Kapitel IV, „Die Traumentstellung“, S. 162-166. - Lacan bezieht sich auf die folgende Passage: „Der Vetter erinnerte sie (Dora) aber an einen kurzen ersten Aufenthalt in Dresden. Damals wanderte sie als Fremde herum, versäumte natürlich nicht, die berühmte Galerie zu besuchen. Ein anderer Vetter, der mit ihnen war und Dresden kannte, wollte den Führer durch die Galerie machen. Aber sie wies ihn ab und ging allein, blieb vor den Bildern stehen, die ihr gefielen. Vor der Sixtina verweilte sie zwei Stunden lang in still träumender Bewunderung. Auf die Frage, was ihr an dem Bilde so sehr gefallen, wußte sie nichts Klares zu antworten. Endlich sagte sie: Die Madonna.“ (Bruchstück einer Hysterie-Analyse (1905). In: S. Freud: Studienausgabe, Bd. 6. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 164, Kursivsetzungen im Original)
- Seminar 17, Sitzungn vom 11. Februar 1970, meine Übersetzung nach Version Staferla; vgl. Version Miller, S. 85.
- Vgl. Lacan: „Allerdings hat Freud die Bemerkung gemacht, daß es vielleicht ein Sagen gibt, dessen Wert darin bestünde, bis hier nur untersagt (inter-dit) zu sein. Das heißt unter gesagt (dit-entre), unter, zwischen den Zeilen. Das nannte er das Verdrängte (refoulé).“ Jacques Lacan, Seminar 22 von 1974/75, RSI, Sitzung vom 8. April 1975; Übersetzung von Max Kleiner, S. 57.
- Vgl. Jacques Lacan, Seminar 17, Sitzung vom 18. Februar 1970, Version Miller, S. 108-110.
- Jacques Lacan, Seminar 17, Version Miller, S. 109.
- Vgl. Bruchstück einer Hysterie-Analyse, a.a.O., S. 105 f. Freud vermutet, dass diese Berührung bei Dora eine Erregung der Klitoris hervorrief und dass diese Erfahrung in eine Reihe von Symptomen umgewandelt wurde: Ekel vor Speisen, Drucksensationen im Oberkörper und Vermeidung von Männern im zärtlichen Gespräch (a.a.O., S. 106-108).
- Denis Diderot, Die indiskreten Kleinode (1748). Mit dem Titel sind bei Diderot weibliche Genitalorgane gemeint, die die Fähigkeit haben, zu sprechen. Lacan versteht unter dem indiskreten Kleinod an dieser Stelle jedoch nicht das weibliche, sondern das männliche Geschlechtsorgan, das zeigt die Wiederholung der Diderot-Anspielung eine Seite später, die sich ausdrücklich auf den Penis bezieht; vgl. Jacques Lacan, Seminar 17, Version Miller, S. 110.
- Doras Traum lautet: „In einem Haus brennt es (…), der Vater steht vor meinem Bett und weckt mich auf. Ich kleide mich schnell an. Die Mama will noch ihr Schmuckkästchen retten, der Papa sagt aber: Ich will nicht, daß ich und meine beiden Kinder wegen deines Schmuckkästchens verbrennen. Wir eilen herunter, und sowie ich draußen bin, wache ich auf.“ (Bruchstück einer Hysterie-Analyse, a.a.O., S. 136.)
- Vgl. Bruchstück einer Hysterie-Analyse, a.a.O., S. 140. Man erfährt hier, dass Dora von Herrn K. ein Schmuckkästchen geschenkt bekommen hat. Davon, dass Dora die Bedingung gestellt hätte, dass das Geschenk ein Kästchen sein müsse, ist bei Freud nicht die Rede.
- Bruchstück einer Hysterie-Analyse, a.a.O., S. 166.
- Ich folge beim letzten Satzteil der von Miller erstellten Version, wo es heißt, „le maître ne peut dominer qu’à l’exclure“ (S. 110); Staferla liest die Stelle anders, mit entgegengesetzten Sinn: „elle ne peut le dominer qu’à l’exclure“: es, das Genießen, kann ihn nur beherrschen, indem es ihn ausschließt. Die Tonaufnahme des Seminars auf der Internetseite von Patrick Valas ermöglicht keine Entscheidung.
- Jacques Lacan, Seminar 17, Sitzung vom 18. Februar 1970, meine Übersetzung nach Version Staferla, bis auf die angemerkte Abweichung; vgl. Version Miller, S. 110.
- Der Ausdruck „Genießen des Anderen“ wurde von Lacan in Seminar 10 eingeführt; Vgl. Seminar 10, Version Miller/Gondek, S. 69, 75, 79, 191, 204 f., 221, 239, 336, 383.
- Vgl. Seminar 12, Sitzung vom 19. Mai 1965.
- Version Miller, S. 85.
- Version Miller, S. 110