Jacques Lacan
Seminar XIX, … oder schlimmer
(V) Sitzung vom 3. Februar 1972
Übersetzung und Erläuterung
S-Bahn-Brücke Bellevue, Berlin, Helgoländer Ufer, 5. April 2019
Jacques Lacan:
Seminar XIX (1971/72): „… oder schlimmer“
und
Vortragsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“ (1971/72)
(V) Sitzung vom 3. Februar 1972
Übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von Rolf Nemitz
Vollständige Übersetzung von Seminar 19 und
Übersetzung von „Das Wissen des Psychoanalytikers“ ab der vierten Sitzung
auf der Grundlage der Staferla-Version und von Tonaufnahmen
Teil 5 von 16 Übersetzungen. Etwa jeden Monat erscheint die Übersetzung einer weiteren Sitzung.
Die übrigen Übersetzungen findet man hier.
In Millers Version des Seminars ist dies Kapitel V, Topologie de la parole („Topologie des Sprechens“), S. 65–79.
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, zunächst nur deutsch, dann vergleichend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme und auf größere Abweichungen in Millers Version; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben und inhaltliche Erläuterungen.
Einen Überblick über die verschiedenen Ausgaben von Seminar 19 findet man hier.
Herzlichen Dank an Gerhard Herrgott für großzügige Hilfe beim Übersetzen! Anregungen verdanke ich auch der englischen Übersetzung von Adrian Price.1
Zur Übersetzung
Seminar und Vortragsreihe
Jacques-Alain Miller hat in seine Ausgabe von Seminar XIX einen Teil einer Vortragsreihe integriert, die Lacan parallel, unter dem Titel Das Wissen des Analytikers, im Sainte-Anne-Krankenhaus in Paris hielt. Ab der vierten Sitzung vom 3. Februar 1972 beziehen sich diese Vorträge eng auf das Seminar, weshalb Miller sie ab dieser Sitzung in seine Seminar-Edition aufgenommen hat. Ich folge dem Vorbild von Miller und integriere die Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers ab der Sitzung vom 3. Februar 1972 in die Übersetzung von Seminar XIX.
Die ersten drei Sitzungen von Das Wissen des Psychoanalytikers wurden getrennt veröffentlicht: J. Lacan: Je parle aux murs. Entretiens de la chapelle de Sainte-Anne. Le Seuil, Paris 2011. Deutsch: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013.
Textgrundlage
Grundlage der Übersetzung ist:
Version Staferla von Seminar 19:
Jacques Lacan: … ou pire. Auf der Website staferla.free.fr, PDF-Datei, Fassung vom 25.10.2015
Die Lacan-Seminare auf der Staferla-Website werden von Zeit zu Zeit überarbeitet, ohne dass dies kenntlich gemacht wird. Aus diesem Grunde habe ich oben das Datum der von mir verwendeten Fassung angegeben.2 Zur Sicherheit habe ich diese Fassung der Staferla-Version hier gespeichert.
Die Transkription der Staferla-Version wurde von mir mit einer Tonaufnahme der Sitzung und mit der von Jacques-Alain Miller erstellten (redaktionell bearbeiteten) Version verglichen und an wenigen Stellen geändert. In Zweifelsfällen wurde die Stenotypie des Seminars und der Vortragsreihe, die man auf der Website der École lacanienne de psychanalyse findet, zu Rate gezogen. Wortwiederholungen, bei denen offenkundig ist, dass Lacan nach einer Formulierung sucht, habe ich gestrichen; Betonungs-Adverbien wie justement oder précisément habe ich nicht immer mitübersetzt. Der Schnitt der Sätze (Punkt oder Semikolon oder Komma) sowie die Orthografie wurden bisweilen verändert. Die Gliederung in Absätze ist von mir.
Stenotypien des Seminars und der Vortragsreihe gibt es auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) hier. Tonaufnahmen von Seminar 19 und der Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers findet man auf der Website von Patrick Valas, valas.fr, hier. Millers Version ist: J. Lacan: Le séminaire, livre XIX. … ou pire. 1971–1972. Textherstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2011.
Zur Notation
– Zwei Bindestriche, also: --, markieren, dass an dieser Stelle ein Satz grammatisch unvollständig abbricht.
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
– Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z..B. [10], verweisen auf die Seitenzahlen der Stenotypie von Seminar 19 auf der Website dere École lacanienne de psychanalyse, hier.
Sitzung vom 3. Februar 1972
Tonaufnahme und Stenotypie
.
Stenotypie der Sitzung vom 3. Februar 1972 hier (von der Website der École lacanienne de psychanalyse)
Deutsch
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Zahlen in spitzen Klammern und grauer Schrift, z.B. , z.B. <103>, beziehen sich auf die Übersetzung des Anfangs dieses Vortrags in J. Lacan: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013, S. 103–105.
Vortragsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“
Sainte-Anne-Krankenhaus, Paris
{65} <103> Ich werde also mit dem Thema Das Wissen des Psychoanalytikers ein bisschen weitermachen. Das tue ich hier nur in der Klammer, die ich bei den ersten beiden Malen bereits geöffnet habe. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich auf Bitten eines meiner Schüler akzeptiert hatte, hier in diesem Jahr wieder zu sprechen, zum ersten Mal seit ’63.
Beim letzten Mal habe ich Ihnen etwas gesagt, das sich harmonisch mit dem verband, was uns umschließt: „Ich spreche zu den Wänden.“
Klein’sche Flasche, Schema der Sitzung vom 6. Januar 19723
Es stimmt, dass ich zu dieser Äußerung einen Kommentar abgegeben habe, ein bestimmtes kleines Schema, mit dem die Klein’sche Flasche aufgegriffen wird und das diejenigen beruhigen sollte, die sich durch diese Formulierung möglicherweise ausgeschlossen fühlten. Was man an die Wände richtet, hat, wie ich ausführlich erläutert habe, die Eigenschaft, dass es widerhallt. Dass ich auf diese Weise indirekt zu Ihnen spreche, sollte gewiss niemanden beleidigen, denn schließlich kann man sagen, dass mein Diskurs darin keine Sonderstellung hat.
Heute möchte ich, bezogen auf diese Wand, die keineswegs eine Metapher ist, Licht auf das werfen, was ich anderswo sagen kann. Denn offenkundig wird es, wenn es darum geht, über Wissen zu sprechen, gerechtfertigt sein [hier in Sainte-Anne darüber zu sprechen], da ich es in meinem Seminar nicht tue. Dabei handelt es sich nicht um irgendein Wissen, sondern um das Wissen des Psy- <104> choanalytikers.
Also um die Dinge ein wenig einzuführen, um, wie ich hoffe, einigen eine Dimension nahezubringen, möchte ich sagen, dass man von Liebe, wie man sagt, nicht sprechen kann, es sei denn auf eine Weise, die dumm ist oder niederträchtig – was eine Verschärfung ist, niederträchtig, so spricht man in der Psychoanalyse darüber –, dass man also von Liebe nicht sprechen kann, dass man über sie jedoch schreiben kann. Das sollte verblüffen.
La lettre – der Buchstabe / der Brief –, la lettre d’(a)mur – der Buchstabe an der Wand –, um an die kleine Ballade in sechs Versen anzuschließen, die ich beim letzten Mal hier kommentiert habe: es ist klar, dass sich das in den Schwanz beißen müsste. Und dass, wenn das so beginnt: Zwischen dem Mann – wovon niemand weiß, was das ist –, Zwischen dem Mann und der Liebe gibt es die Frau, und dann geht das, wie Sie wissen, weiter, ich werde heute nicht wieder anfangen. Und das müsste schließlich so aufhören: am Ende, am Ende gibt es die Wand. Zwischen dem Mann und der Wand gibt es … genau: l’(a)mur, la lettre d’amour, den Liebesbrief. Das Beste an dem, was irgendwo zerschellt, an diesem sonderbaren Elan, den man Liebe nennt, ist la lettre – der Buchstabe / der Brief.
Dieser Buchstabe / dieser Brief kann seltsame Formen annehmen. Es gab da einen Typ, vor etwa dreitausend Jahren – sicherlich war er auf dem Höhepunkt seiner Erfolge, seiner Liebeserfolge –, der auf der Wand etwas hat erscheinen sehen, das ich bereits kommentiert habe, ich werde das nicht wieder aufnehmen. Mene, mene, so hieß das, tekel, u-parsin. <105> Wenn der Liebesbrief uns erreicht … Denn, wie ich hin und wieder erklärt habe, die Buchstaben / die Briefe erreichen immer den Bestimmungsort. Glücklicherweise kommen sie zu spät, und überdies sind sie selten. Es kommt auch vor, dass sie rechtzeitig eintreffen, das sind die seltenen Fälle, in denen das Rendezvous nicht verpasst wird. In der Geschichte gibt es nicht viele Fälle, in denen das – wie bei diesem unbedeutenden Nebukadnezar [richtig wäre: Belsazar] – angekommen ist.
Als Einstieg in die Materie werde ich die Sache nicht weiter vorantreiben, mag sein, dass ich sie wieder aufgreife. Denn diese (a)mur – diese Liebe / diese Wand –, so wie ich sie Ihnen darstelle, hat nichts besonders Amüsantes. Ich jedoch kann mich nicht anders halten als indem ich amüsiere – seriöses oder komisches Amüsement. Beim letzten Mal habe ich erklärt, das seriöse Amüsement würde anderswo stattfinden, an einem Ort, an dem man mir Unterschlupf gewährt, und dass ich für hier das komische Amüsement reserviert habe. Ich weiß nicht, ob ich heute Abend ganz auf der Höhe sein werde, vielleicht wegen dieser Eingangsbemerkung zum lettre d’(a)mur – zum Liebesbrief / zum Buchstaben an der Wand. Wie auch immer, ich werd’s versuchen.
*
Vor zwei Jahren habe ich etwas erklärt, das, nachdem es so auf den großen voie poubellique gebracht worden war, auf den öffentlichen Müllweg, den Namen Quadripode angenommen hat. Ich hatte diesen Namen selbst gewählt, und Sie werden sich gewiss fragen, warum ich dem einen so eigenartigen Namen gegeben habe. Warum nicht Quadripede oder Tetrapode, das hätte den Vorteil gehabt, dass es keine Bastardworte sind. Aber tatsächlich habe ich mich das, als ich es schrieb, selbst gefragt. Ich habe es beibehalten, warum, weiß ich nicht. Später habe ich mich dann gefragt, wie man sie in meiner Jugend bezeichnete, solche Bastardworte, halb lateinisch, halb griechisch. Ich bin mir sicher, dass mal wusste, wie die Puristen das nennen, und dann habe ich es vergessen. Gibt es hier jemanden, der weiß, wie man die Termini bezeichnet, die, wie beispielsweise die Wörter Soziologie oder Quadripode, aus einem lateinischen und einem griechischen Element zusammengesetzt sind? Wer das weiß, möge damit rausrücken, ich flehe ihn an. Na ja, nicht gerade ermutigend. Denn seit gestern, das heißt, das war vorgestern, habe ich angefangen, danach zu suchen und als ich immer noch nichts fand, habe ich seit gestern ungefähr zehn Leute angerufen, die ich für besonders geeignet hielt, mir diese Antwort zu geben. Gut, na ja, Pech gehabt.
Meine erwähnten Quadripoden, ich habe sie so genannt, um Ihnen den Eindruck zu vermitteln, dass man sich draufsetzen kann; eine Geschichte – |{66} denn ich war in den Massenmedien –, eine Geschichte, um die Leute ein bisschen zu beruhigen. In Wirklichkeit erkläre ich das im Inneren durch Bezug auf das, was ich von den vier Diskursen isoliert habe. Diese vier Diskurse ergeben sich durch das Auftauchen des zuletzt gekommenen, des Diskurses des Analytikers. Denn der Diskurs des Analytikers bringt in einen bestimmten aktuellen Zustand der Gedanken eine Ordnung, die ein Licht auf andere Diskurse wirft, die weit früher aufgetaucht sind. Ich habe sie in Übereinstimmung mit dem angeordnet, was man Topologie nennt, eine Topologie der einfachsten Art, die jedoch nicht weniger eine Topologie ist, eine Topologie in dem Sinne, dass sie mathematisierbar ist. Und sie ist das auf ganz rudimentäre Weise, insofern sie auf der Gruppierung von nicht mehr als vier Punkten beruht, die wir als Monaden bezeichnen wollen.
Das klingt nach nichts, ist in die Struktur unserer Welt jedoch so tief eingeschrieben, dass es für das Faktum des Raumes, den wir erleben, keine andere Grundlage gibt. Beachten Sie bitte, dass vier Punkte in gleichen Abstand voneinander zu setzen das Maximum dessen ist, was Sie in unserem Raum tun können – niemals werden Sie fünf Punkte in gleichen Abstand voneinander bringen.
Zwei Ansichten eines Tetraeders
Diese kleine Form, die ich hier gerade in Erinnerung gerufen habe, soll Sie spüren lassen, worum es geht.
Wenn die vier Quadripoden nicht Tetraeder sind, sondern Tetraden und die Anzahl der Ecken gleich der Anzahl der Flächen ist, dann ist das mit dem arithmetischen Dreieck verbunden, das ich in der letzten Sitzung meines Seminars angeschrieben habe.
Wie Sie sehen, wenn man sich draufsetzt, ist das kein Ruhekissen, weder das eine noch das andere. An die Position links sind Sie gewöhnt, sodass Sie sie nicht mal mehr spüren. Aber die rechts ist nicht bequemer; stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf einem Tetraeder, das auf der Spitze steht. Davon muss man jedoch ausgehen, bei all dem, was mit dem zu tun hat, was diese Art von sozialer Unterlage bildet, die auf dem beruht, was Diskurs genannt wird. Und das ist das, was ich in meinem vorvorletzten Seminar säuberlich ausgeführt habe.
Das Tetraeder – um es nach dem zu benennen, was sich dem Anblick darbietet – hat merkwürdige Eigenschaften. Nämlich wenn es nicht wie dieses hier ist, regelmäßig – der gleiche Abstand dient hier nur dazu, um Sie an die Eigenschaften der Zahl 4 in Bezug auf den Raum zu erinnern –, wenn es ein beliebiges Tetraeder ist, dann ist es Ihnen schlicht unmöglich, hier eine Symmetrie zu definieren. Dennoch hat es die folgende Besonderheit. Wenn Sie seine Kanten – |{67} also die kleinen Striche, die Sie sehen und die dort, wo sie zusammentreffen, das bilden, was man in der Geometrie als Ecken bezeichnet –, wenn Sie diese kleinen Striche vektorisieren, also hier eine Richtung eintragen, dann genügt es, dass Sie den Grundsatz aufstellen, dass hierdurch keine der Ecken bevorzugt sein soll – was zwangsläufig eine Bevorzugung wäre, denn wenn das geschehen würde, gäbe es zumindest zwei, die nicht davon profitieren könnten –, wenn Sie also fordern, dass es hier nirgendwo ein Zusammentreffen von drei Vektoren [an einer Ecke] geben kann und, ausgehend von einer Ecke, nirgendwo ein Auseinandergehen von drei Vektoren, dann erhalten Sie notwendigerweise die folgende Aufteilung:
– [oben links] zwei ankommend, einer wegführend,
– [oben rechts] zwei ankommend, einer wegführend,
– [unten rechts] einer ankommend, zwei wegführend,
– [unten links] einer ankommend, zwei wegführend.
Das heißt, dass alle erwähnten Tetraeder strikt äquivalent sein werden und dass Sie dann in allen Fällen durch Unterdrückung von einer der Kanten die Formel erhalten können, mit der ich meine vier Diskurse schematisiert habe:
Diskursschema: Pfeilverbindungen und Bezeichnung der Ecken
Hiernach hat eine der Ecken die Eigenschaft der Divergenz, jedoch ohne einen Vektor, der, um sie zu füttern, bei ihr ankommt, während Sie umgekehrt auf der Gegenseite diesen dreieckigen Verlauf haben. Das genügt, um es zu ermöglichen, die vier Pole in allen Fällen durch ein Merkmal zu unterscheiden, das absolut speziell ist, die vier Pole, die ich mit den Termini der Wahrheit, des Scheins, der Jouissance und der Mehrlust bezeichne. Das ist die grundlegende Topologie, aus der jede Funktion des Sprechens hervorgeht und die es verdient, kommentiert zu werden.
Das ist nun wirklich eine Frage, die der Diskurs des Analytikers auftauchen lassen kann, nämlich: Welche Funktion hat das Sprechen? Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache, auf diese Weise habe ich das eingeführt, was uns bis an den aktuellen Punkt der Definition eines neuen Diskurses führen sollte. Nicht, dass dieser Diskurs der meine wäre, gewiss nicht; zu dem Zeitpunkt, an dem ich zu Ihnen spreche, ist dieser Diskurs tatsächlich seit nahezu einem Dreivierteljahrhundert etabliert. {68} Dass in bestimmten Bereichen der Analytiker selbst in der Lage ist, das, was ich darüber sage, abzulehnen, ist kein Grund dafür, dass er nicht Träger dieses Diskurses ist. Und tatsächlich bedeutet Träger sein hierbei nur unterstellt sein.
*
Dass jedoch dieser Diskurs Sinn annehmen kann, durch die Stimme von jemandem, der – wie das bei mir der Fall ist – ebenso Subjekt ist wie jemand anders, das ist eben das, was es verdient, dass man dabei innehält, um zu erfahren, wo dieser Sinn hergenommen wird. Wenn Sie hören, was ich gerade vorgetragen habe, mag es Ihnen natürlich so erscheinen, als würde die Frage des Sinns keine Probleme aufwerfen, ich meine, es scheint so zu sein, dass der Diskurs des Analytikers sich hinreichend auf die Deutung beruft, sodass die Frage sich nicht stellt. Tatsächlich, einem bestimmten analytischen Gekritzel zufolge scheint es so zu sein, dass man jeden Sinn – und das ist nicht überraschend, Sie werden sehen, warum –, dass man jeden beliebigen Sinn lesen kann, bis hin zum archaischsten, ich meine, dass man demzufolge hier als Echo die immerwährende Wiederholung dessen hat, was vom Grunde der Zeiten unter diesem Terminus, dem Terminus des Sinns, auf uns gekommen ist, unter Formen, von denen man wohl sagen muss, dass nur ihre Überlagerung Sinn ergibt.
Denn worauf ist es zurückzuführen, dass wir irgendetwas von der Symbolik verstehen, wie sie beispielsweise in der Heiligen Schrift verwendet wird? Sie einer Mythologie anzunähern, welcher auch immer – jeder weiß, dass dies eine der irreführendsten Arten des Ausgleitens ist, seit einiger Zeit hält niemand sich mehr damit auf. Wenn man auf seriöse Weise untersucht, worum es in den Mythologien geht, bezieht man sich nicht auf ihren Sinn, sondern auf die Kombinatorik der Mytheme. Beziehen Sie sich hierfür auf Arbeiten, deren Autor ich wohl nicht ein weiteres Mal in Erinnerung rufen muss.
Die Frage ist also, woher das kommt, der Sinn.
Ich habe mich – denn das war wirklich notwendig –, ich habe mich, um einzuführen, worum es beim analytischen Diskurs geht, ich habe mich ohne Skrupel der erwähnten Bahnung durch das bedient, was Linguistik genannt wird. Und um die Glut zu mildern, die in meinem Umfeld zu früh hätte entfacht werden können – was Sie dazu gebracht hätte, in den üblichen Schlamm zurückzukehren –, habe ich daran erinnert, dass etwas, das den Titel Linguistik als Wissenschaft verdient, nur dann haltbar ist, dass etwas, das die Sprache, ja das Sprechen zum Gegenstand zu haben scheint, nur unter der Bedingung haltbar ist, dass man als Linguisten einander gelobt, niemals, nie wieder – denn seit Jahrhunderten hatte man nur das getan –, nie wieder auf den Ursprung der Sprache auch nur anzuspielen. Das war, unter anderem, eines der Losungsworte, die ich dieser Form der Einführung gegeben hatte, die von meiner Formel Das Unbewusste ist strukturiert wie eine Sprache her artikuliert wurde.
{69} Wenn ich sage, dass dies meiner Hörerschaft die Rückkehr zu einer bestimmten schlammigen Unklarheit ersparen sollte – das bin nicht ich, der sich dieses Ausdrucks bedient, das ist Freud selbst –, insbesondere die Rückkehr zu den sogenannten Jung’schen Archetypen, wenn ich das sage, geht es gewiss nicht darum, dieses Verbot jetzt aufzuheben. Auf keinen Fall geht es darum, über so etwas wie einen Ursprung der Sprache zu spekulieren.
Ich habe gesagt, dass es darum geht, die Funktion des Sprechens zu artikulieren. Die Funktion des Sprechens – das habe ich vor sehr langer Zeit vorgetragen –, besteht darin, dass es die einzige Form des Handelns ist, die sich als Wahrheit setzt. Was ist das? Nicht etwa: was ist das Sprechen?, das ist eine überflüssige Frage. Nicht nur ich spreche, Sie sprechen, und sogar, wie ich gesagt habe, es spricht, das geht von allein, das ist eine Tatsache. Ich möchte sogar sagen, dass dies der Ursprung aller Tatsachen ist, denn etwas, was es auch sein mag, bekommt den Status einer Tatsache nur, wenn es gesagt ist. Man muss sagen, dass ich nicht gesagt habe, wenn es gesprochen ist. Es gibt etwas, das sie unterscheidet, parler und dire, Sprechen und Sagen. Ein Sprechen, durch das die Tatsache begründet wird: das ist ein Sagen. Das Sprechen funktioniert jedoch auch dann, wenn es keine Tatsache begründet – wenn es befiehlt, wenn es bittet, wenn es beleidigt, wenn es ein Gelübde ablegt, begründet es keine Tatsache.
Wir könnten heute hier – das sind Dinge, die ich nicht drüben vorbringen würde, an dem anderen Ort, an dem ich glücklicherweise Dinge sage, die seriöser sind –, hier, weil das in dem Seriösen impliziert ist, das ich [dort] immer zugespitzter entwickle, wobei ich beständig bei dieser Zuspitzung bleibe, wie in meinem letzten Seminar, ich hoffe, dass es dazu kommt, dass beim nächsten Mal weniger Leute da sind, das war kein Spaß –, hier jedoch können wir ein bisschen Spaß haben, das gehört zu den komischen Amüsements, ins Register des komischen Amüsements.
*
Das Sprechen, nicht ohne Grund chiffriert man es Ihnen in den Comics auf banderoles, auf Spruchbändern, das Sprechen ist wie da, ou ça bande, wo es einen Ständer kriegt, rôle ou pas, Rolle oder nicht. Nicht umsonst wird dadurch die Dimension der Wahrheit eingesetzt. Denn die Wahrheit, die wahre, die wahre Wahrheit, die Wahrheit, mit der es sich so verhält, dass man sie erst mit dem analytischen Diskurs zu ahnen begonnen hat, die Wahrheit also besteht darin – wie dieser Diskurs jedem enthüllt, der sich einfach als Analysant auf orientierte Weise darauf einlässt –, sie besteht darin – entschuldigen Sie, dass ich den Ausdruck noch einmal verwendet, aber da ich damit angefangen habe, gebe ich ihn nicht auf –, sie besteht darin, dass, einen Ständer zu kriegen – und das ist das, was ich da unten, am Place du Panthéon, Φ von x nenne –, sie besteht darin, dass, einen Ständer zu kriegen, in keinem Verhältnis zum sexe steht, zum Geschlecht, jedenfalls nicht zum anderen.
Einen Ständer zu kriegen – wir sind hier von Wänden umgeben –, einen Ständer für eine Frau zu kriegen – man muss das ja beim Namen nennen –, das heißt, ihr die Funktion Φ von x zu verleihen, das heißt, sie als Phallus zu nehmen.
{70} Das ist nicht nichts, der Phallus. Ich habe Ihnen bereits erklärt – drüben, wo es seriös zugeht –, ich habe Ihnen erklärt, was das bewirkt. Ich habe Ihnen gesagt, die Bedeutung des Phallus ist der einzige Fall eines Genitivs, der voll im Gleichgewicht ist. Das heißt, dass der Phallus – das ist das, was Ihnen heute Morgen, das sage ich für diejenigen, die ein wenig auf dem Laufenden sind, das ist das, was Ihnen heute Morgen Jakobson erläutert hat –, dass der Phallus die Bedeutung ist, das ist das, wodurch die Sprache bedeutet. Es gibt nur eine Bedeutung*, nämlich den Phallus.
Gehen wir also von dieser Hypothese aus, das erklärt uns dann nahezu sämtliche Funktionen des Sprechens. Denn das Sprechen wird nicht immer dazu verwendet, um Fakten zu denotieren – das ist alles, was es tun kann, man denotiert nicht Dinge, man denotiert Fakten, das ist jedoch ganz zufällig, von Zeit zu Zeit. Die meiste Zeit liefert es einen Ersatz (supplée) dafür, dass die phallische Funktion eben das ist, was bewirkt, dass es beim Menschen zwischen den Geschlechtern nur die Beziehungen gibt, die Sie kennen: schlechte, während das überall sonst, zumindest für uns, abzulaufen scheint wie am Schnürchen.
Und deshalb sehen Sie in meinem kleinen Quadripoden auf der Ebene der Wahrheit zwei Sachen, zwei Vektoren, die auseinanderlaufen, womit ausgedrückt wird, dass die Jouissance, die ganz am Ende der rechten Abzweigung steht, sicherlich eine phallische Jouissance ist, jedoch nicht eine, die man als sexuelle Jouissance bezeichnen kann.
Und damit irgendeines dieser seltsamen Tiere, die Beute des Sprechens sind, fortbesteht, dafür muss es diesen Pol da [oben links] geben, der mit dem Pol [oben rechts] korreliert, mit dem Pol der [phallischen] Jouissance als Hindernis für das sexuelle Verhältnis, und diesen Pol [oben links] bezeichne ich als Schein. Das ist auch für einen Partner klar, denn wenn wir wagen, wie das täglich geschieht, sie nach ihrem Geschlecht zu etikettieren, dann ist offenkundig, dass beide, der Mann wie die Frau, in dieser Rolle etwas vorspielen / Schein produzieren (font semblant). Aber na ja, das sind Geschichten, die sie sich liefern. Das Wichtige jedoch, zumindest wenn es um die Funktion des Sprechens geht, ist dies, dass die Pole so definiert sind: der des Scheins und der der [phallischen] Jouissance.
Wenn es beim Menschen das gäbe, was wir uns ganz grundlos einbilden, nämlich eine durch die sexuelle Polarität spezifizierte Jouissance, dann wüsste man das. Das ist vielleicht einmal gewusst worden, ganze Zeitalter haben sich dessen gerühmt und immerhin haben wir zahlreiche Zeugnisse dafür – leider rein esoterische –, dass es Zeiten gegeben hat, in denen man wirklich zu wissen glaubte, wie es damit zu halten sei. Ein gewisser van Gulik, dessen Buch mir exzellent zu sein schien, der hier und da etwas aufspießt – natürlich macht er’s wie alle anderen –, was er aufspießt, ist näher an der geschriebenen chinesischen Überlieferung, deren Thema das sexuelle Wissen ist, das weder besonders umfassend ist, das versichere ich Ihnen, noch besonders aufgeklärt. Aber wenn Sie das amüsiert, schauen Sie sich das doch an: Das Sexualleben im alten China. Ich wette, dass Sie daraus nichts herausziehen können, das Ihnen dienlich sein könnte [Gelächter], bei dem, was ich vorhin den aktuellen Stand der Gedanken genannt habe.
{71} Wenn ich darauf hinweise, dann nicht um zu sagen, dass es mit diesen Dingen immer schon so steht wie an dem Punkt, an dem wir angelangt sind. Vielleicht hat es Orte gegeben, vielleicht gibt es sie sogar noch irgendwo – aber es ist eigenartig, das ist immer an Orten, an denen man sich, um sie zu betreten, tatsächlich ernsthaft ausweisen muss –, Orte, an denen sich zwischen dem Mann und der Frau diese harmonische Verbindung ereignet, die sie angeblich dazu bringt, im siebten Himmel zu sein. Allerdings ist es doch sehr eigenartig, dass man darüber immer nur von außen sprechen hört.
Hingegen ist ganz klar, dass jeder – auf eine der Weisen, die ich zu definieren habe –, dass jeder statt mit dem Anderen mit groß Phi [Φ] ein Verhältnis hat.
Das wird voll bestätigt, sobald man das anschaut, was mit einem Ausdruck bezeichnet wird, der dank der Mehrdeutigkeit des Lateinischen beziehungsweise des Griechischen wirklich gut passt, nämlich das, was man Homos nennt – ecce homo, wie ich gesagt habe. [Gelächter] Es ist ganz sicher, dass es bei den Homos viel besser und öfter und fester einen Ständer gibt. Das ist merkwürdig, aber na ja, das ist dennoch eine Tatsache, die von niemandem, der seit gewisser Zeit ein wenig sprechen gehört hat, bezweifelt wird.
Aber täuschen Sie sich nicht, es gibt Homos und Homos, nicht wahr. [Gelächter] Ich spreche nicht von André Gide. Man darf nicht glauben, dass André Gide ein Homo war. Das bringt uns zum Nächsten.
*
Dass wir nur den Faden nicht verlieren: es geht um den Sinn. Damit beim aktuellen Stand der Gedanken etwas Sinn hat – es ist traurig, das zu sagen, aber dafür ist es notwendig, dass es sich als normal darstellt. Deshalb wollte André Gide, dass die Homosexualität normal sei. Und da Sie vielleicht Echos davon haben können, in diesem Sinn gibt’s ne Menge. In Nullkommanichts wird das unter die Glocke des Normalen fallen, so sehr, dass wir neue Klienten in Psychoanalyse haben werden, die uns dann sagen: „Ich suche Sie auf, parce que je ne pédale pas normalement – weil ich nicht normal ticke / weil ich nicht normal schwul bin.“ Es wird einen Stau geben! [Gelächter]
Und davon ist die Analyse ausgegangen. Wenn der Begriff des Normalen infolge der Unfälle der Geschichte nicht eine solche Ausdehnung angenommen hätte, hätte sie niemals das Licht erblickt. Alle Patienten, nicht nur diejenigen, die Freud angenommen hat – aber wenn man ihn liest, ist ganz klar, dass dies eine Bedingung ist –, das Minimum, um eine Analyse aufzunehmen, bestand in der Anfangszeit darin, eine gute Universitätsausbildung zu haben, bei Freud wird das klar gesagt. Ich muss das hervorheben, denn der Universitätsdiskurs, über den ich viel Schlechtes gesagt habe – mit den besten Gründen –, ist gleichwohl das, was den analytischen Diskurs bewässert. Sie verstehen, Sie können sich nicht mehr vorstellen – damit will ich Sie dazu zu bringen, sich etwas vorzustellen, falls Sie dazu in der Lage sind, aber wer weiß, angetrieben durch meine Stimme –, Sie können sich nicht einmal vorstellen, |{72} dass es einen Bereich der Zeit gab, den man deshalb als antik bezeichnet, in dem die doxa – Sie kennen die berühmte doxa, von der man im Menon spricht, mais non, mais non, / aber nein, aber nein [Gelächter] –, in der es doxa gab, die nicht universitär war. Heute jedoch gibt es keine doxa – wie belanglos, wie mühsam hinkend, ja wie dämlich sie auch sein mag –, die in einem Universitätsunterricht nicht irgendwo einen Platz hätte. Es gibt kein Beispiel einer Meinung, so dumm sie auch sein mag, die nicht ausfindig gemacht würde und sogar – da sie nun einmal ausfindig gemacht wurde – gelehrt würde.
Das verfälscht ja alles. Denn wenn Platon von doxa spricht, als von einer Sache, bei der er buchstäblich nicht weiß, was er damit anfangen soll, er, ein Philosoph, der eine Wissenschaft begründen will, dann bemerkt er, dass es unter den verschiedenen Formen der doxa – der doxa, die ihm an jeder Ecke begegnet –, dass es darunter solche gibt, die wahr sind. Natürlich ist er nicht in der Lage zu sagen, warum, nicht mehr als sonst ein Philosoph; niemand bezweifelt jedoch, dass sie wahr sind, da die Wahrheit sich aufzwingt. Dass die doxa nicht normiert war, bildete einen Kontext, der allerdings völlig anders war als alles – was immer es sei –, was sich Philosophie nennt. Nirgendwo im Diskurs der Antike gibt es eine Spur des Wortes Norm. Das haben wir erfunden und natürlich so, dass wir einen griechischen Namen ausgesucht haben, der äußerst selten verwendet wurde.
Hiervon muss man jedoch ausgehen, um zu sehen, dass der Diskurs des Analytikers nicht zufällig erschienen ist. Man musste im letzten Zustand äußerster Not sein, damit dies daraus hervorgeht.
Natürlich, da es ein Diskurs des Analytikers ist, nimmt das – wie bei all meinen Diskursen, den vieren, die ich genannt habe – den Sinn des Genitivus objectivus an. Der Diskurs des Herrn ist der Diskurs über den Herrn; auf dem Höhepunkt des philosophischen Epos, bei Hegel, hat man das gut gesehen. Beim Diskurs des Analytikers ist es dasselbe, man spricht über den Analytiker.
Er ist, wie ich oft hervorgehoben habe, das Objekt a. Das macht es ihm natürlich nicht leicht, richtig zu erfassen, was seine Position ist. Andererseits ist das jedoch eine ruhige Position, denn es ist die des Scheins.
Also unser Gide – um den Zopf weiterzuflechten: ich nehme den Gide, dann lasse ich ihn fallen, dann nehmen wir ihn zusammen wieder auf und so weiter –, unser Gide hier – denn er ist ja doch exemplarisch, er bringt uns von unserer kleinen Sache nicht ab, ganz und gar nicht –, seine Sache ist die, begehrt zu werden, wie wir das bei der analytischen Erkundung häufig feststellen. Es gibt Leute, denen das in früher Kindheit gefehlt hat: begehrt zu werden. Das drängt sie dazu, Sachen zu machen, damit ihnen das spät noch zustößt, das ist sogar sehr verbreitet.
Man muss die Dinge jedoch gut aufspalten. Das ist nicht ohne Verhältnis zum Diskurs, überhaupt nicht. Es geht nicht um solche Worte wie sie überall ein bisschen |{73} rauskommen, wenn man beim Karneval ist. Der Diskurs und das Begehren, das steht hier in ganz engem Verhältnis zueinander. Eben deshalb ist es mir gelungen – zumindest denke ich das –, die Funktion des Objekts a zu isolieren. Das ist ein Schlüsselpunkt, der noch nicht viel genutzt worden ist, muss ich sagen. Das wird kommen, ganz allmählich.
Das Objekt a ist das, wodurch das sprechende Wesen, wenn es in einem Diskurs erfasst ist, determiniert wird. Es weiß ganz und gar nicht, dass das, wodurch es determiniert wird, das Objekt a ist. Inwiefern wird es determiniert? Es wird als Subjekt determiniert, das heißt, es ist als Subjekt gespalten: es ist Beute des Begehrens. Das sieht so aus, als ereignete sich das am selben Ort wie die umstürzlerischen Worte, aber das ist keineswegs das Gleiche, das ist ganz regulär. Hierdurch wird auf mathematische Weise, das muss man schon sagen, das Objekt a als Ursache des Begehrens produziert, das ist eine Produktion.
Das ist auch das, was ich, wie Sie wissen, das metonymische Objekt genannt habe: das, was beständig mitläuft, wenn etwas als Diskurs, als mehr oder weniger kohärenter Diskurs abgespult wird. Bis das ins Stolpern gerät und die ganze Sache den Bach runtergeht. Nichtsdestoweniger nehmen wir von daher – deshalb ist das von Interesse – die Idee der Ursache. Wir glauben, dass in der Natur alles eine Ursache haben muss, unter dem Vorwand, dass wir durch unser eigenes Blabla verursacht sind. Ja wirklich.
Bei André Gide weist alles darauf hin, dass die Dinge so sind, wie ich Ihnen gesagt habe. Das ist zunächst sein Verhältnis zum höchsten Anderen. Man darf keineswegs einfach so glauben, keineswegs – trotz allem, was er hat sagen können –, dass er keinen Einfluss hatte, der große Andere. Da, wo das Form annimmt, das klein a, hatte er dafür sogar einen ganz speziellen Begriff, nämlich dass die Lust – das plaisir – dieses großen Anderen darin bestünde, die aller kleinen zu stören. Womit er sehr gut kapiert hat, dass es hier einen Punkt der Sorge gab, der ihn offensichtlich aus der Verlassenheit seiner Kindheit rettete. All seine Neckereien mit Gott, das hatte etwas stark Kompensatorisches, für jemanden, der so schlecht angefangen hatte. Da ist er kein Sonderfall, wirklich nicht.
Früher einmal – ich habe dazu nur einen Vortrag gehalten, ein Seminar, wie man sagt – habe ich etwas zum Namen-des-Vaters angefangen. Natürlich habe ich mit dem Vater selbst begonnen; eine Stunde lang, anderthalb Stunden lang habe ich über die Jouissance Gottes gesprochen. Wenn ich gesagt habe, dass dies mystisches Geschwätz war, dann deshalb, um nie wieder darüber zu sprechen. Es ist sicher, dass es, seit es einen einzigen und einigen Gott gibt, also den Gott, den eine bestimmte historische Ära hat auftauchen lassen, dass es eben dieser Gott ist, der die Lust der anderen stört. Was zählt, ist sogar nur das.
{74} Es gibt ja die Epikuräer, die alles getan haben, um die Methode zu lehren, wie es gelingt, sich in der Lust, die ein jeder verspürt, nicht stören zu lassen, und na ja, das hat nicht hingehauen. Es gab andere, dies sich Stoiker nannten und die gesagt haben: „Aber im Gegenteil, man muss sich in die göttliche Lust stürzen.“ Das scheitert jedoch ebenfalls, wie Sie wissen. Das spielt sich nur zwischen den beiden ab.
Was zählt, sind die Scherereien, damit sind Sie alle in Ihrem natürlichen Gefilde. Natürlich genießen Sie nicht, es wäre übertrieben, das zu sagen, umso mehr, als das jedenfalls zu gefährlich ist. Aber immerhin kann man nicht sagen, dass Sie keine Lust haben, nicht wahr. Eben darauf gründet sich der Primärvorgang.
*
Und damit stehen wir wieder mit dem Rücken an der Wand – was ist das, der Sinn?
Na ja, es ist besser, wieder von der Ebene des Begehrens auszugehen, der Lust, die der andere Ihnen verschafft, das ist gängig, man bezeichnet das sogar – in einem edleren Bereich – als Kunst. [Gelächter] Hier muss man die Aufmerksamkeit auf die Wand richten, denn es gibt eine gut beleuchtete Zone des Sinns. Gut beleuchtet beispielsweise durch einen Mann namens Leonardo da Vinci, wie Sie wissen, der einige Manuskripte und einigen Kleinkram hinterlassen hat, nicht besonders viel – er hat nicht die Museen bevölkert –, er hat jedoch tiefe Wahrheiten gesagt, er hat tiefe Wahrheiten gesagt, an die alle sich stets erinnern sollten. Er hat gesagt: „Betrachten Sie die Wand“ – wie ich. Später ist er der Leonardo der Familien geworden; man macht sich seine Manuskripte zum Geschenk, es gibt eine Luxusausgabe, selbst mir hat man ein Paar davon überreicht [Gelächter], machen Sie sich das mal klar. Das heißt aber nicht, dass es nicht lesbar wäre. [Gelächter] Also er erklärt Ihnen: „Betrachten Sie doch die Wand.“
Wie hier ist sie ein bisschen schmutzig; wenn das besser in Ordnung gehalten würde, gäbe es Flecke von Feuchtigkeit, vielleicht sogar von Schimmel. Also wenn es einen Schimmelfleck gibt, dann ist das – wenn Sie Leonardo glauben –, eine schöne Gelegenheit, ihn in eine Madonna zu verwandeln oder auch in einen muskulösen Athleten, das ist noch passender, denn in der Feuchtigkeit gibt es immer Schatten und Mulden. Das ist sehr wichtig, nämlich wahrzunehmen, dass es auf den Wänden eine Klasse von Dingen gibt, die sich zur Figur anbieten, zur künstlerischen Schöpfung, wie man sagt. Das ist das Figurative selbst, der Fleck, um den es hier geht.
Dennoch muss man wissen, welches Verhältnis es zwischen dem gibt und etwas anderem, das auf die Wand kommen kann, nämlich die Auswaschungen, nicht nur des Sprechens – auch wenn das vorkommt, so fängt es ja immer an –, sondern des Diskurses. Anders gesagt, ob das zur selben Ordnung gehört: der Schimmel auf der Wand und die Schrift, das müsste hier eine Reihe von Personen interessieren, die, so denke ich, vor nicht allzu |{75} langer Zeit – das beginnt zu veralten – stark damit beschäftigt waren, Dinge auf die Wände zu schreiben, Liebesbriefe. Das war eine echt gute Zeit. Es gibt welche, die nie über die Zeit hinweggekommen sind, in der man auf die Wände schreiben konnte und in der man aus einer Sache in Publicis den Schluss zog, dass die Wände das Wort hätten – als ob es dazu kommen könnte!
Ich möchte einfach darauf hinweisen, dass es besser wäre, wenn es auf den Wänden nie etwas Geschriebenes gegeben hätte. Was bereits darauf geschrieben ist, sollte sogar entfernt werden. Beispielswese Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – das ist unanständig! Rauchen verboten – das ist nicht möglich, umso mehr, als alle rauchen, hier gibt es einen Irrtum hinsichtlich der Taktik. Vorhin habe ich es bereits zum lettre d’(a)mur gesagt – zum Liebesbrief / zum Buchstaben an der Wand: alles, was geschrieben wird, führt dazu, dass die Wand sich verstärkt. Das ist nicht zwangsläufig ein Einwand, es ist jedoch sicher, dass man nicht glauben darf, das sei absolut notwendig. Aber dennoch ist das zu etwas nütze, denn wenn man niemals etwas auf eine Wand geschrieben hätte, auf welche auch immer, auf diese hier oder auf die anderen, na ja, dann hätte man niemals, das ist eine Tatsache, einen Schritt in Richtung dessen getan, was vielleicht jenseits der Wand zu betrachten ist.
Sehen Sie, es gibt etwas, wobei ich ein wenig geneigt wäre, zu Ihnen in diesem Jahr darüber zu sprechen, nämlich über die Beziehungen zwischen Logik und Mathematik. Jenseits der Mauer – um es Ihnen gleich zu sagen – gibt es unserer Kenntnis nach nur das Reale, das durch das Unmögliche signalisiert wird, durch das Unmögliche, es jenseits der Mauer zu erreichen. Trotzdem bleibt, dass dies das Reale ist. Wie hat man vorgehen können, um eine Idee davon zu haben?
Sicher ist, dass die Sprache hierbei ein Stück weit geholfen hat. Eben deshalb versuche ich, diese kleine Brücke zu bauen, von der Sie in meinen letzten Seminaren das Ansatz sehen konnten, nämlich: Wie hält das Eins seinen Einzug? Das habe ich bereits seit drei Jahren mit Symbolen ausgedrückt: S1 und S2. Das erste habe ich, damit Sie hier ein bisschen was verstehen, als Herrensignifikant bezeichnet und das zweite als Wissen. Gäbe es jedoch S1, wenn es nicht S2 gäbe? Das ist ein Problem, denn es müssen zunächst zwei sein, damit es S1 gibt. Ich habe die Sache drüben, im letzten Seminar, zur Sprache gebracht, indem ich Ihnen gezeigt habe, dass sie jedenfalls, selbst damit ein einziger auftaucht, mindestens zwei sind: 0 und 1, wie man sagt, das macht 2.
Dies jedoch in dem Sinne, in dem man sagt, das sei unüberschreitbar. Das lässt sich jedoch dann überschreiten, wenn man Logiker ist, wie ich Ihnen bereits dadurch angezeigt habe, dass ich mich auf Frege bezog. Aber es ist Ihnen, hoffe ich, wohl nicht weniger deutlich geworden, dass es leichten Fußes überschritten wurde und dass ich Sie in diesem Moment darauf hinwies – ich werde darauf zurückkommen –, dass es vielleicht mehr mit einem kleinen Schritt war. Da ist nicht das Wichtige.
{76} Es ist ganz klar, dass jemand, von dem Sie – sicherlich einige von Ihnen – heute Morgen zum ersten Mal gehört haben: René Thom, der Mathematiker ist, dass er nicht damit einverstanden ist, dass die Logik – also der Diskurs, der an der Wand steht – etwas wäre, das selbst hinreichen würde, um die Zahl zu erklären, erster Schritt der Mathematik. Es scheint ihm vielmehr so zu sein, dass er Rechenschaft ablegen kann nicht nur von dem, was sich auf der Wand abzeichnet – was nichts anderes ist als das Leben selbst, es beginnt, wie Sie wissen, mit der Feuchtigkeit –, dass er mithilfe der Zahl, der Algebra, der Funktionen, der Topologie das erklären kann, was sich auf dem Feld des Lebens ereignet. Ich werde darauf zurückkommen. Ich möchte Ihnen erklären, dass die Tatsache, dass er in einer bestimmten mathematischen Funktion die Linienführung der Kurven wiederfindet, die durch die erste Feuchtigkeit gebildet werden, bevor sie sich bis zum Menschen erhebt, dass diese Tatsache ihn zu der Extrapolation drängt, anzunehmen, dass die Topologie eine Typologie der natürlichen Sprachen liefern kann. Ich weiß nicht, ob die Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt entscheidbar ist. Ich möchte versuchen, Ihnen eine Idee davon zu geben, woher ihre aktuelle Wirkung rührt, nichts mehr.
Was ich sagen kann, ist, dass auf jeden Fall die Wand-Spaltung – die Tatsache, dass es etwas gibt, was davor installiert ist und was ich Sprechen und Sprache genannt habe, und dass es von einer anderen Seite her arbeitet, vielleicht mathematisch –, es ist sicher, dass wir davon keine andere Idee haben können. Dass die Wissenschaft nicht, wie man sagt, auf der Quantität beruht, sondern auf der Zahl, auf der Funktion und auf der Topologie, das steht außer Zweifel. Ein Diskurs, der Wissenschaft heißt, hat das Mittel gefunden, sich hinter der Wand zu konstruieren.
Doch was ich glaube, unmissverständlich formulieren zu müssen – wobei ich glaube, dass ich mit allem, was es in der Konstruktion der Wissenschaft an Seriösestem gibt, übereinstimme –, das ist dies, dass es strikt unmöglich ist, dem, was in algebraischen oder topologischen Termini artikuliert wird, was immer es sei, den Schatten eines Sinns zu verleihen. Sinn gibt es für diejenigen, die vor der Wand ihr Gefallen an Flecken von Feuchtigkeit finden, an Flecken, die, wie sich zeigt, so gut geeignet sind, in eine Madonna oder in einen Athletenrücken verwandelt zu werden. Es ist jedoch offensichtlich, dass wir uns mit diesen verworrenen Sinnbildungen nicht zufriedengeben können. Letztlich dient das nur dazu, sich auf die Leier des Begehrens auszuwirken, auf die Erotik, um die Dinge beim Namen zu nennen.
Vor der Wand ereignen sich jedoch andere Dinge, nämlich das, was ich Diskurse nenne. Es hat andere gegeben als meine vier, die ich aufgelistet habe und die im Übrigen nur dadurch spezifiziert sind – da es nötig ist, Sie sogleich wahrnehmen zu lassen, dass sie als solche spezifiziert sind –, dass es nur vier sind.
Es ist ganz sicher, dass es andere gegeben hat, von denen wir nur noch das kennen, was in diesen da konvergiert, in den Vieren, die uns bleiben und die miteinander verbunden sind in der Runde des a, des S1 und des S2 und sogar des Subjekts [$], das die Zeche zahlt, und die es uns |{77} von dieser Runde her, bei der sie sich auf den vier Ecken nacheinander verschieben, die es uns von daher ermöglicht haben, etwas herauszulösen, um uns zu verorten. Das ist etwas, das uns den aktuellen Zustand dessen liefert, was vom sozialen Band auf den Diskurs gegründet ist, also auf etwas, wo man – je nachdem, welchen Platz man darin einnimmt, den des Herrn, des Knechts, des Produkts oder dessen, wodurch die ganze Geschichte getragen wird –, wo man, welchen Platz auch immer man darin einnimmt, immer nur Bahnhof versteht.
Der Sinn, von woher taucht er auf?
Insofern ist es sehr wichtig, die Aufspaltung vorgenommen zu haben, die, sicherlich ungeschickt, Saussure vollzogen hat, wie Jakobson das heute Vormittag in Erinnerung gerufen hat, die in Signifikant und Signifikat. Übrigens eine Sache, die er – das ist nicht ohne Bedeutung – von den Stoikern geerbt hat, auf deren sehr spezielle Position bei Operationen dieser Art ich Sie vorhin hingewiesen habe. Wichtig ist natürlich nicht, dass Signifikant und Signifikat sich vereinen und dass das Signifikat es uns ermöglicht, das Spezifische eines Signifikanten zu unterscheiden, ganz im Gegenteil. Wichtig ist vielmehr, dass das Signifikat eines Signifikanten – also dessen, was ich mit den kleinen Buchstaben artikuliere, die ich Ihnen vorhin genannt habe [S2, S1] –, dass das Signifikat eines Signifikanten – da, wo wir etwas anhängen, das einem Sinn ähneln kann –, dass dieses Signifikat immer von dem Platz herkommt, den derselbe Signifikant in einem anderen Diskurs einnimmt.
Das ist ja das, was, als der analytische Diskurs eingeführt wurde, allen in den Kopf gestiegen ist, es schien ihnen, sie würden alles verstehen, die Ärmsten. Glücklicherweise ist das, dank meiner Bemühungen, bei Ihnen nicht der Fall. Falls Sie verstünden, was ich anderswo erzähle – da, wo ich seriös bin –, würden Sie Ihren Ohren nicht trauen. Eben deshalb trauen Sie Ihren Ohren nicht, weil Sie es nämlich in Wirklichkeit verstehen, aber letztlich halten Sie sich auf Abstand. Und das ist ja verständlich, denn der analytische Diskurs hat Sie in Ihrer großen Mehrheit noch nicht erwischt. Unglücklicherweise wird das kommen, denn er ist zunehmend wichtiger.
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Dennoch möchte ich etwas über das Wissen des Analytikers sagen, vorausgesetzt, dass Sie nicht dabei stehen bleiben.
Wenn mein Freund René Thom so leicht dazu gelangt, durch Schnitte in komplexe mathematische Flächen so etwas wie eine Zeichnung zu finden, ein Streifenmuster, sowie etwas, das er dann als Spitze bezeichnet, als Schuppe, als Kräuselung, als Falte, und wenn er dazu gelangt, davon einen wirklich fesselnden Gebrauch zu machen, wenn es, mit anderen Worten, einen Schnitt gibt in eine Sache, die nur von daher existiert, dass man schreiben kann es existiert ein x, das die Funktion f(x) erfüllt, wenn er das mit solcher Leichtigkeit praktiziert, dann bleibt davon unbenommen, dass, solange dies nicht auf erschöpfende Weise das begründet haben wird, womit er |{78} gleichwohl gezwungen ist, es Ihnen zu erklären, nämlich die Umgangssprache und die damit einhergehende Grammatik, dass hier eine Zone bleiben wird, die ich als Zone des Diskurses bezeichne und die eben die ist, worauf die Analytik des Diskurses ein helles Licht wirft.
Was kann darüber durch ein Wissen übermittelt werden? Denn man muss ja wählen. Es sind die Zahlen, die wissen – die wissen, weil sie diese organisierte Materie dazu gebracht haben, sich an einem Punkt zu rühren, der sicherlich unvordenklich ist, und die weiterhin wissen, was sie tun. Eins ist ja sicher, dass wir nämlich groben Missbrauch begehen, wenn wir da einen Sinn / eine Richtung hinein legen, dass jede Idee der Entwicklung, der Vervollkommnung --; während wir doch in der angenommenen Kette der Tiere absolut nichts sehen, wodurch die sogenannte kontinuierliche Anpassung bestätigt werden würde, derart, dass es ja nötig war, darauf zu verzichten und zu sagen, dass diejenigen, die durchgekommen sind, letztlich diejenigen sind, die durchkommen konnten. Man nennt das natürliche Auslese, das bedeutet nicht das Geringste. Das hat so einen kleinen Sinn, der einem Piratendiskurs entlehnt ist, und dann, warum nicht dieser da oder ein anderer?
Die Sache, die uns am klarsten zu sein scheint, ist die, dass ein Lebewesen nicht immer so recht weiß, was es mit einem seiner Organe anfangen soll. Und letztlich ist das vielleicht ein Sonderfall dessen, was der analytische Diskurs als die peinliche Seite des Phallus aufgezeigt hat. Dass es eine Entsprechung gibt zwischen dem – wie ich zu Beginn dieser Rede hervorgehoben habe –, eine Entsprechung zwischen dem und dem, was durch das Sprechen angestiftet wird, mehr können wir darüber nicht sagen.
Dass an dem Punkt, an dem wir beim aktuellen Zustand der Gedanken damit sind – das ist das sechste Mal, dass ich diese Formulierung verwendet habe, es ist wohl klar, dass es nicht so aussieht, als würde das irgendjemanden beunruhigen, das ist aber doch etwas, wobei es sich lohnen würde, darauf zurückzukommen, denn aus dem aktuellen Zustand der Gedanken, daraus mache ich einen festen Teil der Einrichtung. Das ist trotzdem wahr, nicht wahr? Wenn man sagt, dass die Gedanken genauso streng determiniert sind wie der letzte technische Schnickschnack, ist das kein Idealismus.
Also beim aktuellen Zustand der Gedanken haben wir den analytischen Diskurs, bei dem sich zeigt – wenn wir uns bemühen, ihn als das zu verstehen, was er ist –, dass er mit einer merkwürdigen Anpassung verbunden ist, denn wenn diese Kastrationsgeschichte stimmt, dann heißt das schließlich, dass beim Menschen die Kastration das Mittel zur Anpassung ans Überleben ist. Das ist undenkbar, aber das ist wahr.
All das ist vielleicht nur ein Kunstgriff, ein Artefakt des Diskurses. Dass dieser Diskurs – darin so bewandert, die anderen zu vervollständigen –, dass dieser Diskurs sich hält, ist vielleicht nur eine historische Phase. Das Sexualleben des alten China wird vielleicht wieder aufblühen; bevor das geschieht, wird es eine Reihe schmutziger Ruinen vernichten müssen.
{79} Im Augenblick jedoch, was bedeutet das, dieser Sinn, den wir anbringen? Dieser Sinn ist letztlich ein Rätsel, und genau deshalb, weil er Sinn ist.
Es gibt da, irgendwo in der zweiten Auflage eines Buches, des Buches, das ich einmal herauskommen ließ, das Schriften heißt, da gibt es eine kleine Ergänzung mit dem Titel Die Metapher des Subjekts. Ich habe [darin] ausführlich mit der Formulierung gespielt, an der sich mein lieber Freund Perelman ergötzt hatte: „ein Meer falscher Gelehrsamkeit“. Man ist sich niemals sicher – und ich rate Ihnen, davon auszugehen –, was ich, wenn ich mich gerade amüsiere, im Hinterkopf habe. „Ein Ozean falscher Wissenschaft“, das ist vielleicht das Wissen des Analytikers, warum nicht? Warum nicht, wenn nur aus seiner Perspektive Folgendes geklärt wird: dass die Wissenschaft keinen Sinn hat, dass aber jeder Sinn eines Diskurses, da er nur durch einen anderen Diskurs gestützt wird, nur partieller Sinn ist.
Wenn die Wahrheit immer nur halbgesagt werden kann – das ist der Kern, das ist das Wesentliche des Wissens des Analytikers –, dann heißt das, dass sich an diesem Platz hier, in dem, was ich Tetrapode oder Quadripede genannt habe, dass sich am Platz der Wahrheit S2 hält.
Diskurs des Analytikers
Dieses Wissen ist selbst ein Wissen, das also immer in Frage zu stellen ist.
Von der Analyse her gibt es jedoch etwas, das den Vorrang hat, nämlich dass es ein Wissen gibt, das aus dem Subjekt selbst herausgezogen wird.
Am Platz, am Pol der Jouissance trifft der analytische Diskurs auf das durchgestrichene S. Das, worin dieses Wissen resultiert, ist das Stolpern, die Fehlhandlung, der Traum, die Arbeit des Analysanten.
Dieses Wissen, das nicht unterstellt ist, ist Wissen, veraltetes Wissen, Wissensrest, surrogaton – Ersatz-Rest – des Wissens, und das ist das Unbewusste.
Von diesem Wissen nehme ich an, dieses Wissen definiere ich von daher, dass es nur von der Jouissance des Subjekts her gesetzt werden kann – im Auftauchen begriffener neuer Zug.-
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Französisch/deutsch mit erläuternden Anmerkungen
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift , z.B. {11}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [1], verweisen auf die Seiten der Stenotypie auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) (hier).
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Vortragsreihe „Le savoir du psychanalyste“
Sainte-Anne-Krankenhaus, Paris
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{65} [1] Je vais donc continuer un peu sur le thème du savoir du psychanalyste.
Ich werde also mit dem Thema Das Wissen des Psychoanalytikers ein bisschen weitermachen.4
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Je ne le fais ici que dans la parenthèse que j’ai déjà, les deux premières fois, ouverte.
Das tue ich hier nur in der Klammer, die ich bei den ersten beiden Malen bereits geöffnet habe.5
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Je vous ai dit que c’est ici que j’avais accepté, à la prière d’un de mes élèves, de reparler cette année pour la première fois depuis 63.
Ich habe Ihnen gesagt, dass ich auf Bitten eines meiner Schüler akzeptiert hatte, hier in diesem Jahr wieder zu sprechen, zum ersten Mal seit ’63.6
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Je vous ai dit la dernière fois quelque chose qui s’articulait en harmonie avec ce qui nous enserre : « je parle aux murs ! ».
Beim letzten Mal habe ich Ihnen etwas gesagt, das sich harmonisch mit dem verband, was uns umschließt: „Ich spreche zu den Wänden.“7
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Il est vrai que de ce propos, j’ai donné un commentaire : un certain petit schéma, celui repris de la bouteille de Klein, qui devait rassurer ceux qui – de par cette formule – pouvaient se sentir exclus.
Klein’sche Flasche, Schema der Sitzung vom 6. Januar 19728
Es stimmt, dass ich zu dieser Äußerung einen Kommentar abgegeben habe, ein bestimmtes kleines Schema, mit dem die Klein’sche Flasche aufgegriffen wird und das diejenigen beruhigen sollte, die sich durch diese Formulierung möglicherweise ausgeschlossen fühlten.
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Je l’ai longtemps expliqué, ce qu’on adresse aux murs a pour propriété de se répercuter.
Was man an die Wände richtet, hat, wie ich ausführlich erläutert habe, die Eigenschaft, dass es widerhallt.
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Que je vous parle ainsi indirectement n’était fait certes pour offenser personne, puisque après tout, on peut dire que ce n’est pas là un privilège de mon discours !
Dass ich auf diese Weise indirekt zu Ihnen spreche, sollte gewiss niemanden beleidigen, denn schließlich kann man sagen, dass mein Diskurs darin keine Sonderstellung hat.
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Je voudrais aujourd’hui éclairer à propos de ce mur, qui n’est pas du tout une métaphore, éclairer ce que je peux dire ailleurs.
Heute möchte ich, bezogen auf diese Wand, die keineswegs eine Metapher ist, Licht auf das werfen, was ich anderswo sagen kann.9
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Car évidemment, ça se justifiera, pour parler de savoir, que ça ne soit pas à mon séminaire que je le fasse.
Denn offenkundig wird es, wenn es darum geht, über Wissen zu sprechen, gerechtfertigt sein [hier in Sainte-Anne darüber zu sprechen], da ich es in meinem Seminar nicht tue.
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Il ne s’agit pas en effet de n’importe lequel, mais du savoir du psychanalyste.
Dabei handelt es sich nicht um irgendein Wissen, sondern um das Wissen des Psychoanalytikers.
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Voilà, pour introduire un peu les choses, suggérer une dimension à certains – j’espère – je dirai : qu’on ne puisse pas parler d’amour, comme on dit, sinon de manière imbécile ou abjecte – ce qui est une aggravation : |[2] « abjecte » c’est comme on en parle dans la psychanalyse – qu’on ne puisse donc parler d’amour, mais qu’on puisse en écrire.
Also um die Dinge ein wenig einzuführen, um, wie ich hoffe, einigen eine Dimension nahezubringen, möchte ich sagen, dass man von Liebe, wie man sagt, nicht sprechen kann, es sei denn auf eine Weise, die dumm ist oder niederträchtig – was eine Verschärfung ist, niederträchtig, so spricht man in der Psychoanalyse darüber –, dass man also von Liebe nicht sprechen kann, dass man über sie jedoch schreiben kann.10
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Ça devrait frapper.
Das sollte verblüffen.
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La lettre, la lettre « d’(a)mur » – pour donner suite à cette petite ballade en six vers que j’ai commentée ici la dernière fois – il est clair qu’il faudrait que ça se mord la queue.
La lettre – der Buchstabe / der Brief –, la lettre d’(a)mur – der Buchstabe an der Wand –, um an die kleine Ballade in sechs Versen anzuschließen, die ich beim letzten Mal hier kommentiert habe: es ist klar, dass sich das in den Schwanz beißen müsste.11
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Et que si ça commence : « Entre l’homme – dont personne ne sait ce que c’est – Entre l’homme et l’amour, il y a la femme », et puis comme vous le savez ça continue – je ne vais pas recommencer aujourd’hui.:
Und dass, wenn das so beginnt: Zwischen dem Mann – wovon niemand weiß, was das ist –, Zwischen dem Mann und der Liebe gibt es die Frau, und dann geht das, wie Sie wissen, weiter, ich werde heute nicht wieder anfangen.
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Et ça devrait se terminer, à la fin, à la fin il y a le mur.
Und das müsste schließlich so aufhören: am Ende, am Ende gibt es die Wand.
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Entre l’homme et le mur, il y a… justement l’(a)mur, la lettre d’amour.
Zwischen dem Mann und der Wand gibt es … genau: l’(a)mur, la lettre d’amour, den Liebesbrief.
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Ce qu’il y a de mieux dans ce qui s’écrase quelque part, ce curieux élan qu’on appelle l’amour, c’est la lettre.
Das Beste an dem, was irgendwo zerschellt, an diesem sonderbaren Elan, den man Liebe nennt, ist la lettre – der Buchstabe / der Brief.12
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C’est la lettre qui peut prendre d’étranges formes.
Es ist der Buchstabe / der Brief, der seltsame Formen annehmen kann.
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Il y a un type, comme ça, il y a trois mille ans, qui était certainement à l’acmé de ses succès – de ses succès d’amour – qui a vu apparaître sur le mur quelque chose que j’ai déjà commenté – je m’en vais pas reprendre.
Es gibt da so einen Typ, vor etwa dreitausend Jahren, der sicherlich auf dem Höhepunkt seiner Erfolge war, seiner Liebeserfolge –, der auf der Wand etwas hat erscheinen sehen, das ich bereits kommentiert habe, ich werde das nicht wieder aufnehmen.
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« Mené… Mené – que ça se disait – « Téqel, et parsîn », ce que d’habitude – je ne sais pas pourquoi – on articule : « Mené, Thécel, Pharès ».
Mene, mene, so hieß das, tekel, u-parsin.13
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Quand la lettre d’amour nous parvient…
Wenn der Liebesbrief uns erreicht …
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Car, comme je l’ai expliqué quelquefois, les lettres viennent toujours à destination.
Denn, wie ich hin und wieder erklärt habe, die Buchstaben / die Briefe erreichen immer den Bestimmungsort.14
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Heureusement elles arrivent trop tard, outre qu’elles sont rares.
Glücklicherweise kommen sie zu spät, und überdies sind sie selten.
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Il arrive aussi qu’elles arrivent à temps : c’est les cas rares où les rendez-vous ne sont pas ratés.
Es kommt auch vor, dass sie rechtzeitig eintreffen, das sind die seltenen Fälle, in denen das Rendezvous nicht verpasst wird.
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Il n’y a pas beaucoup de cas dans l’histoire où ça soit arrivé, comme à ce Nabuchodonosor quelconque.
In der Geschichte gibt es nicht viele Fälle, in denen das – wie bei diesem unbedeutenden Nebukadnezar [richtig wäre: Belsazar] – angekommen ist.
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Comme entrée en matière, je ne pousserai pas la chose plus loin, quitte à la reprendre.
Als Einstieg in die Materie werde ich die Sache nicht weiter vorantreiben, mag sein, dass ich sie wieder aufgreife.
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Car cet (a)mur, tel que je vous le présente, ça n’a rien de très amusant.
Denn diese (a)mur – diese Liebe / diese Wand –, so wie ich sie Ihnen darstelle, hat nichts besonders Amüsantes.
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Or moi je ne peux pas me soutenir autrement que d’amuser, amusement sérieux ou comique.
Ich jedoch kann mich nicht anders halten als indem ich amüsiere – seriöses oder komisches Amüsement.
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Ce que j’avais expliqué la dernière fois, c’est que les amusements sérieux ça se passerait ailleurs, dans un endroit où l’on m’abrite, et que pour ici je réservais les amusements comiques.
Beim letzten Mal habe ich erklärt, das seriöse Amüsement würde anderswo stattfinden, an einem Ort, an dem man mir Unterschlupf gewährt, und dass ich für hier das komische Amüsement reserviert habe.15
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Je ne sais si je serai ce soir tout à fait à la hauteur, en raison peut-être de cette entrée sur la lettre d’(a)mur.
Ich weiß nicht, ob ich heute Abend ganz auf der Höhe sein werde, vielleicht wegen dieser Eingangsbemerkung zum lettre d’(a)mur – zum Liebesbrief / zum Buchstaben an der Wand.
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Néanmoins, j’essaierai.
Wie auch immer, ich werd’s versuchen.
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J’ai expliqué il y a deux ans quelque chose qui, une fois passé comme ça dans la grande voie poubellique, a pris le nom de quadripode.
Vor zwei Jahren habe ich etwas erklärt, das, nachdem es so auf den großen voie poubellique gebracht worden war, auf den öffentlichen Müllweg16 –, den Namen Quadripode angenommen hat.17
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C’est moi qui avait choisi ce nom et vous ne pourrez que vous demander pourquoi je lui ai donné un nom aussi étrange.
Ich hatte diesen Namen selbst gewählt, und Sie werden sich gewiss fragen, warum ich dem einen so eigenartigen Namen gegeben habe.
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Pourquoi pas quadripède ou tétrapode, ça aurait eu l’avantage de ne pas être bâtard.
Warum nicht Quadripede oder Tetrapode, das hätte den Vorteil gehabt, dass es keine Bastardworte sind.18
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Mais en vérité je me le suis demandé |[3] moi-même en l’écrivant.
Aber tatsächlich habe ich mich das, als ich es schrieb, selbst gefragt.
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Je l’ai maintenu, je ne sais pas pourquoi.
Ich habe es beibehalten, warum, weiß ich nicht.
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Puis je me suis demandé ensuite comment on appelait dans mon enfance ces termes bâtards comme ça : mi-latins, mi-grecs.
Später habe ich mich dann gefragt, wie man sie in meiner Jugend bezeichnete, solche Bastardworte, halb lateinisch, halb griechisch.
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Je suis sûr d’avoir su comment les puristes appellent ça, et puis je l’ai oublié.
Ich bin mir sicher, dass mal wusste, wie die Puristen das nennen, und dann habe ich es vergessen.19
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Est-ce qu’il y a ici une personne qui sait comment on désigne les termes faits par exemple comme le mot sociologie ou quadripode, d’un élément latin et d’un élément grec ?
Gibt es hier jemanden, der weiß, wie man die Termini bezeichnet, die, wie beispielsweise die Wörter Soziologie oder Quadripode, aus einem lateinischen und einem griechischen Element zusammengesetzt sind?
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Je l’en supplie, que celui qui le sait l’émette !
Wer das weiß, möge damit rausrücken, ich flehe ihn an.
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Eh bien, c’est pas encourageant !
Na ja, nicht gerade ermutigend.
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Parce que depuis hier – hier, c’est-à-dire que c’était avant-hier – que j’ai commencé à le chercher et comme je ne trouvais pas toujours, depuis hier j’ai téléphoné à une dizaine de personnes qui me paraissaient les plus propices à me donner cette réponse.
Denn seit gestern, das heißt, das war vorgestern, habe ich angefangen, danach zu suchen und als ich immer noch nichts fand, habe ich seit gestern ungefähr zehn Leute angerufen, die ich für besonders geeignet hielt, mir diese Antwort zu geben.
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Bon, eh bien tant pis !
Gut, na ja, Pech gehabt.
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Mes quadripode en question, je les appelés ainsi pour vous donner l’idée qu’on peut s’asseoir dessus – histoire, |{66} puisque j’étais dans les mass-média, de rassurer un peu les personnes.
Meine erwähnten Quadripoden, ich habe sie so genannt, um Ihnen den Eindruck zu vermitteln, dass man sich draufsetzen kann; eine Geschichte – denn ich war in den Massenmedien –, eine Geschichte, um die Leute ein bisschen zu beruhigen.20
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Mais en réalité, j’explique à l’intérieur ceci à propos de ce que j’ai isolé des quatre discours.
In Wirklichkeit erkläre ich das im Inneren durch Bezug auf das, was ich von den vier Diskursen isoliert habe.21
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Ces quatre discours résultent de l’émergence du dernier venu, du discours de l’analyste.
Diese vier Diskurse ergeben sich durch das Auftauchen des zuletzt gekommenen, des Diskurses des Analytikers.
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Le discours de l’analyste apporte en effet – dans un certain état actuel des pensées – un ordre dont s’éclairent d’autres discours qui ont émergé bien plus tôt.
Denn der Diskurs des Analytikers bringt in einen bestimmten aktuellen Zustand der Gedanken eine Ordnung, die ein Licht auf andere Diskurse wirft, die weit früher aufgetaucht sind.22
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Je les ai disposés selon ce qu’on appelle une topologie, une topologie des plus simples mais qui n’en est pas moins une topologie – topologie en ce sens qu’elle est mathématisable.
Ich habe sie in Übereinstimmung mit dem angeordnet, was man Topologie nennt, eine Topologie der einfachsten Art, die jedoch nicht weniger eine Topologie ist, eine Topologie in dem Sinne, dass sie mathematisierbar ist.
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Et elle l’est de la façon la plus rudimentaire, à savoir qu’elle repose sur le groupement de pas plus de quatre points que nous appellerons monades.
Und sie ist das auf ganz rudimentäre Weise, insofern sie auf der Gruppierung von nicht mehr als vier Punkten beruht, die wir als Monaden bezeichnen wollen.23
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Ça n’a l’air de rien, néanmoins c’est si fortement inscrit dans la structure de notre monde qu’il n’y a pas d’autre fondement au fait de l’espace que nous vivons.
Das klingt nach nichts, ist in die Struktur unserer Welt jedoch so tief eingeschrieben, dass es für das Faktum des Raumes, den wir erleben, keine andere Grundlage gibt.
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Remarquez bien ceci : que mettre quatre points à égale distance l’un de l’autre c’est le maximum de ce que vous pouvez faire dans notre espace ; vous ne mettrez jamais cinq points à égale distance l’un de l’autre.
Beachten Sie bitte, dass vier Punkte in gleichen Abstand voneinander zu setzen das Maximum dessen ist, was Sie in unserem Raum tun können – niemals werden Sie fünf Punkte in gleichen Abstand voneinander bringen.24
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Cette menue forme que je viens de rappeler là, est là pour faire sentir de quoi il s’agit.
Zwei Ansichten eines Tetraeders
Diese kleine Form, die ich hier gerade in Erinnerung gerufen habe, soll Sie spüren lassen, worum es geht.25
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Si les quadripodes sont, non pas tétraèdre, mais tétrade, que le nombre des sommets soit égal à celui des surfaces est lié à ce même triangle arithmétique que j’ai tracé à mon dernier séminaire.
Wenn die vier Quadripoden nicht Tetraeder sind, sondern Tetraden und die Anzahl der Ecken gleich der Anzahl der Flächen ist, dann ist das mit dem arithmetischen Dreieck verbunden, das ich in der letzten Sitzung meines Seminars angeschrieben habe.26
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Comme vous le voyez, pour s’asseoir ça n’est pas de tout repos : ni l’un, ni l’autre.
Wie Sie sehen, wenn man sich draufsetzt, ist das kein Ruhekissen, weder das eine noch das andere.
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La position de gauche vous y êtes habitués, de sorte que vous ne la sentez même plus.
An die Position links sind Sie gewöhnt, sodass Sie sie nicht mal mehr spüren.
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Mais |[4] celle de droite n’est pas plus confortable : imaginez-vous assis sur un tétraèdre posé sur la pointe.
Aber die rechts ist nicht bequemer; stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf einem Tetraeder, das auf der Spitze steht.
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C’est pourtant de là qu’il faut partir pour tout ce qu’il en est de ce qui constitue ce type d’assiette sociale qui repose sur ce qu’on appelle un discours.
Davon muss man jedoch ausgehen, bei all dem, was mit dem zu tun hat, was diese Art von sozialer Unterlage bildet, die auf dem beruht, was Diskurs genannt wird.
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Et c’est cela que j’ai proprement avancé dans mon avant-avant-dernier séminaire.
Und das ist das, was ich in meinem vorvorletzten Seminar säuberlich ausgeführt habe.27
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Le tétraèdre – pour l’appeler par son aspect présent – a de curieuses propriétés.
Das Tetraeder – um es nach dem zu benennen, was sich dem Anblick darbietet – hat merkwürdige Eigenschaften.28
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C’est que s’il n’est pas comme celui-là, régulier – l’égale distance n’est là que pour vous rappeler les propriétés du nombre quatre, eu égard à l’espace – s’il est quelconque, il vous est proprement impossible d’y définir une symétrie.
Nämlich wenn es nicht wie dieses hier ist, regelmäßig – der gleiche Abstand dient hier nur dazu, um Sie an die Eigenschaften der Zahl 4 in Bezug auf den Raum zu erinnern –, wenn es ein beliebiges Tetraeder ist, dann ist es Ihnen schlicht unmöglich, hier eine Symmetrie zu definieren.
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Néanmoins il a ceci de particulier que si ses côtés, à |{67} savoir ces petits traits que vous voyez qui joignent ce qu’on appelle en géométrie des sommets, si ces petits traits vous les vectorisez, c’est-à-dire que vous y marquiez un sens, il suffit que vous posiez comme principe qu’aucun des sommets ne sera privilégié de ceci – qui serait forcément un privilège, puisque si ça se passait, il y en aurait au moins deux qui ne pourraient pas en bénéficier – si donc vous posez : que nulle part il ne peut y avoir convergence de trois vecteurs, ni nulle part divergence de trois vecteurs du même sommet, vous obtenez alors nécessairement la répartition :
– deux arrivants, un partant,
– deux arrivants, un partant,
– un arrivant, deux partants,
– un arrivant, deux partants.
Dennoch hat es die folgende Besonderheit. Wenn Sie seine Kanten – also die kleinen Striche, die Sie sehen und die dort, wo sie zusammentreffen, das bilden, was man in der Geometrie als Ecken bezeichnet –, wenn Sie diese kleinen Striche vektorisieren, also hier eine Richtung eintragen, dann genügt es, dass Sie den Grundsatz aufstellen, dass hierdurch keine der Ecken bevorzugt sein soll – was zwangsläufig eine Bevorzugung wäre, denn wenn das geschehen würde, gäbe es zumindest zwei, die nicht davon profitieren könnten –, wenn Sie also fordern, dass es hier nirgendwo ein Zusammentreffen von drei Vektoren [an einer Ecke] geben kann und ausgehend von einer Ecke nirgendwo ein Auseinandergehen von drei Vektoren, dann erhalten Sie notwendigerweise die folgende Aufteilung:
– [oben links] zwei ankommend, einer wegführend,
– [oben rechts] zwei ankommend, einer wegführend,
– [unten rechts] einer ankommend, zwei wegführend,
– [unten links] einer ankommend, zwei wegführend.29
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C’est-à-dire que tous les dits tétraèdres seront strictement équivalents, et que dans tous les cas vous pourrez par suppression d’un des côtés, obtenir la formule par laquelle j’ai schématisé mes quatre discours :
Diskursschema: Pfeilverbindungen und Bezeichnung der Ecken30
Das heißt, dass alle erwähnten Tetraeder31 strikt äquivalent sein werden und dass Sie dann in allen Fällen durch Unterdrückung von einer der Kanten die Formel erhalten können, mit der ich meine vier Diskurse schematisiert habe32:
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Selon ceci qui a une propriété, d’un des sommets : la divergence, mais sans aucun vecteur qui arrive pour le nourrir, mais qu’inversement, à l’opposé vous avez ce trajet triangulaire.
Hiernach hat eine der Ecken die Eigenschaft der Divergenz, jedoch ohne einen Vektor, der, um sie zu füttern, bei ihr ankommt, während Sie umgekehrt auf der Gegenseite diesen dreieckigen Verlauf haben.33
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Ceci suffit à permettre de distinguer en tous |[5] les cas, par un caractère qui est absolument spécial, ces quatre pôles que j’énonce des termes de la vérité, du semblant, de la jouissance et du plus-de-jouir.
Das genügt, um es zu ermöglichen, die vier Pole in allen Fällen durch ein Merkmal zu unterscheiden, das absolut speziell ist, die vier Pole, die ich mit den Termini der Wahrheit, des Scheins, der Jouissance und der Mehrlust bezeichne.34
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Ceci est la topologie fondamentale d’où ressort toute fonction de la parole et mérite d’être commenté.
Das ist die grundlegende Topologie, aus der jede Funktion des Sprechens hervorgeht und die es verdient, kommentiert zu werden.
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C’est en effet une question que le discours de l’analyste est bien fait pour faire surgir, que de savoir quelle est la fonction de la parole.
Das ist nun wirklich eine Frage, die der Diskurs des Analytikers auftauchen lassen kann, nämlich: Welche Funktion hat das Sprechen?
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Fonction et champ de la parole et du langage…, c’est ainsi que j’ai introduit ce qui devait nous mener jusqu’à ce point présent de la définition d’un nouveau discours.
Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache, auf diese Weise habe ich das eingeführt, was uns bis an den aktuellen Punkt der Definition eines neuen Diskurses führen sollte.35
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Non pas certes que ce discours soit le mien : à l’heure où je vous parle, ce discours est bel et bien, depuis près de trois quarts de siècle, installé.
Nicht, dass dieser Diskurs der meine wäre, gewiss nicht; zu dem Zeitpunkt, an dem ich zu Ihnen spreche, ist dieser Diskurs tatsächlich seit nahezu einem Dreivierteljahrhundert etabliert.
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{68} Ce n’est pas une raison parce que l’analyste lui-même est capable – dans certaines zones – de se refuser à ce que j’en dis, qu’il n’est pas support de ce discours.
Dass in bestimmten Bereichen der Analytiker selbst in der Lage ist, das, was ich darüber sage, abzulehnen, ist kein Grund dafür, dass er nicht Träger dieses Diskurses ist.
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Et à la vérité être support ça veut dire seulement dans l’occasion être supposé.
Und tatsächlich bedeutet Träger sein hierbei nur unterstellt sein.
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Mais que ce discours puisse prendre sens de la voix même de quelqu’un qui y est – c’est mon cas – tout autant sujet qu’un autre, c’est justement ce qui mérite qu’on s’y arrête, afin de savoir d’où se prend ce sens.
Dass jedoch dieser Diskurs Sinn annehmen kann, durch die Stimme von jemandem, der – wie das bei mir der Fall ist – ebenso Subjekt ist wie jemand anders, das ist eben das, was es verdient, dass man dabei innehält, um zu erfahren, wo dieser Sinn hergenommen wird.36
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À entendre ce que je viens d’avancer, la question du sens bien sûr peut vous sembler ne pas poser de problèmes, je veux dire qu’il semble que le discours de l’analyste fait assez appel à l’interprétation pour que la question ne se pose pas.
Wenn Sie hören, was ich gerade vorgetragen habe, mag es Ihnen natürlich so erscheinen, als würde die Frage des Sinns keine Probleme aufwerfen, ich meine, es scheint so zu sein, dass der Diskurs des Analytikers sich hinreichend auf die Deutung beruft, sodass die Frage sich nicht stellt.
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Effectivement, sur un certain gribouillage analytique, il semble qu’on peut lire – et ce n’est pas surprenant, vous allez voir pourquoi – tous les sens que l’on veut jusqu’au plus archaïque, je veux dire y avoir comme l’écho, la sempiternelle répétition de ce qui, du fond des âges nous est venu sous ce terme, ce terme de sens, sous des formes dont il faut bien dire qu’il n’y a que leur superposition qui fasse sens.
Tatsächlich, einem bestimmten analytischen Gekritzel zufolge scheint es so zu sein, dass man jeden Sinn – und das ist nicht überraschend, Sie werden sehen, warum –, dass man jeden beliebigen Sinn lesen kann, bis hin zum archaischsten, ich meine, dass man demzufolge hier als Echo die immerwährende Wiederholung dessen hat, was vom Grunde der Zeiten unter diesem Terminus, dem Terminus des Sinns, auf uns gekommen ist, unter Formen, von denen man wohl sagen muss, dass nur ihre Überlagerung Sinn ergibt.37
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Car à quoi doit-on que nous comprenons quoi que ce soit du symbolisme usité dans l’Écriture sainte par exemple ?
Denn worauf ist es zurückzuführen, dass wir irgendetwas von der Symbolik verstehen, wie sie beispielsweise in der Heiligen Schrift verwendet wird?
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Le rapprocher d’une mythologie, quelle qu’elle soit, chacun sait que c’est là une sorte de glissement des plus trompeurs, personne, depuis un temps, ne s’y arrête.
Sie einer Mythologie anzunähern, welcher auch immer – jeder weiß, dass dies eine der irreführendsten Arten des Ausgleitens ist, seit einiger Zeit hält niemand sich mehr damit auf.
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Que quand on étudie d’une façon sérieuse ce qu’il en est des mythologies, ce n’est pas à leur sens qu’on se réfère, c’est à la combinatoire des mythèmes.
Wenn man auf seriöse Weise untersucht, worum es in den Mythologien geht, bezieht man sich nicht auf ihren Sinn, sondern auf die Kombinatorik der Mytheme.38
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Référez vous là-dessus à des travaux dont je n’ai pas, je pense, à vous évoquer une fois de plus l’auteur.
Beziehen Sie sich hierfür auf Arbeiten, deren Autor ich wohl nicht ein weiteres Mal in Erinnerung rufen muss.39
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[6] La question est donc bien de savoir d’où ça vient, le sens.
Die Frage ist also, woher das kommt, der Sinn.
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Je me suis servi – parce que c’était bien nécessaire – je me suis servi pour introduire ce qu’il en est du discours analytique, je me suis servi sans scrupule du frayage dit linguistique.
Ich habe mich – denn das war wirklich notwendig –, ich habe mich, um einzuführen, worum es beim analytischen Diskurs geht, ich habe mich ohne Skrupel der erwähnten Bahnung durch das bedient, was Linguistik genannt wird.
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Et pour tempérer des ardeurs qui autour de moi auraient pu s’éveiller trop tôt, vous faire retourner dans la fange ordinaire, j’ai rappelé que ne s’est soutenu quelque chose – digne de ce titre linguistique comme science – que ne s’est soutenu quelque chose qui semble avoir la langue comme telle, voire la parole, pour objet, que ça ne s’est soutenu qu’à condition de se jurer entre soi, entre linguistes, de ne jamais plus jamais – parce qu’on n’avait fait que ça pendant des siècles – plus jamais, même de loin, faire allusion à l’origine du langage.
Und um die Glut zu mildern, die in meinem Umfeld zu früh hätte entfacht werden können – was Sie dazu gebracht hätte, in den üblichen Schlamm zurückzukehren –, habe ich daran erinnert, dass etwas, das den Titel Linguistik als Wissenschaft verdient, nur dann haltbar ist, dass etwas, das die Sprache, ja das Sprechen zum Gegenstand zu haben scheint, nur unter der Bedingung haltbar ist, dass man als Linguisten einander gelobt, niemals, nie wieder – denn seit Jahrhunderten hatte man nur das getan –, nie wieder auf den Ursprung der Sprache auch nur anzuspielen.
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C’était, entre autres, un des mots d’ordre que j’avais donné à cette forme d’introduction qui s’est articulée de ma formule L’inconscient est structuré comme un langage.
Das war, unter anderem, eines der Losungsworte, die ich dieser Form der Einführung gegeben hatte, die von meiner Formel Das Unbewusste ist strukturiert wie eine Sprache her artikuliert wurde.
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{69} Quand je dis que c’était pour éviter à mon audience le retour à une certaine équivoque fangeuse – ce n’est pas moi qui me sers de ce terme, c’est Freud lui-même, et nommément justement à propos des archétypes dits jungien – ça n’est certainement pas pour lever maintenant cet interdit.
Wenn ich sage, dass dies meiner Hörerschaft die Rückkehr zu einer bestimmten schlammigen Unklarheit ersparen sollte – das bin nicht ich, der sich dieses Ausdrucks bedient, das ist Freud selbst –, insbesondere die Rückkehr zu den sogenannten Jung’schen Archetypen, wenn ich das sage, geht es gewiss nicht darum, dieses Verbot jetzt aufzuheben.40
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Il n’est nullement question de spéculer sur quelque origine du langage.
Auf keinen Fall geht es darum, über so etwas wie einen Ursprung der Sprache zu spekulieren.41
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J’ai dit qu’il est question de formuler la fonction de la parole.
Ich habe gesagt, dass es darum geht, die Funktion des Sprechens zu artikulieren.
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La fonction de la parole – il y a très longtemps que j’ai avancé ça – c’est d’être la seule forme d’action qui se pose comme vérité.
Die Funktion des Sprechens – das habe ich vor sehr langer Zeit vorgetragen –, besteht darin, dass es die einzige Form des Handelns ist, die sich als Wahrheit setzt.
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Qu’est-ce que c’est, non pas que la parole, c’est une question superflue.
Was ist das? Nicht etwa: was ist das Sprechen?, das ist eine überflüssige Frage.
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Non seulement je parle, vous parlez et même ça parle comme je l’ai dit ça va tout seul, c’est un fait.
Nicht nur ich spreche, Sie sprechen, und sogar, wie ich gesagt habe, es spricht, das geht von allein, das ist eine Tatsache.
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Je dirai même que c’est l’origine de tous les faits, parce que quoi que ce soit ne prend rang de fait que quand c’est dit.
Ich möchte sogar sagen, dass dies der Ursprung aller Tatsachen ist, denn etwas, was es auch sein mag, bekommt den Status einer Tatsache nur, wenn es gesagt ist.42
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Il faut dire que je n’ai pas dit quand c’est parlé.
Man muss sagen, dass ich nicht gesagt habe, wenn es gesprochen ist.
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Il y a quelque chose de distinct entre parler et dire.
Es gibt etwas, das sie unterscheidet, parler und dire, Sprechen und Sagen.
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Une parole qui fonde leait, ça c’est un dire.
Ein Sprechen, durch das die Tatsache begründet wird: das ist ein Sagen.43
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Mais la parole fonctionne même quand elle ne fonde aucun fait : quand elle commande, quand elle prie, quand elle injurie, quand elle émet un vœu, elle ne fonde aucun fait.
Das Sprechen funktioniert jedoch auch dann, wenn es keine Tatsache begründet – wenn es befiehlt, wenn es bittet, wenn es beleidigt, wenn es ein Gelübde ablegt, begründet es keine Tatsache.44
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Nous pouvons aujourd’hui ici – c’est pas des choses que j’irais produire là-bas, à l’autre place où heureusement je dis des choses plus sérieuses – ici parce que c’est impliqué dans ce sérieux je développe toujours plus en pointe, et en restant toujours à la dite pointe comme à mon dernier séminaire – j’espère qu’il se fera qu’au prochain il y aura moins de monde : ce n’était pas rigolo – mais enfin ici on peut rigoler un peu, c’est des amusements comiques, |[7] dans l’ordre de l’amusement comique.
Wir könnten heute hier – das sind Dinge, die ich nicht drüben vorbringen würde, an dem anderen Ort, an dem ich glücklicherweise Dinge sage, die seriöser sind45 –, hier, weil das in dem Seriösen impliziert ist, das ich [dort] immer zugespitzter entwickle, wobei ich beständig bei dieser Zuspitzung bleibe, wie in meinem letzten Seminar, ich hoffe, dass es dazu kommt, dass beim nächsten Mal weniger Leute da sind, das war kein Spaß –, hier jedoch können wir ein bisschen Spaß haben, das gehört zu den komischen Amüsements, ins Register des komischen Amüsement.
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La parole, c’est pas pour rien que dans les dessins animés on vous la chiffre sur des banderoles : la parole c’est comme là où ça bande… rôle ou pas !
Das Sprechen, nicht ohne Grund chiffriert man es Ihnen in den Comics auf banderoles, auf Spruchbändern, das Sprechen ist wie da, ou ça bande, wo es einen Ständer kriegt, rôle ou pas, Rolle oder nicht.46
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C’est pas pour rien que ça instaure la dimension de la vérité.
Nicht umsonst wird dadurch die Dimension der Wahrheit eingesetzt.
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Parce que la vérité, la vraie, la vraie vérité, la vérité telle qu’il se fait qu’on a commencé à l’entrevoir seulement avec le discours analytique, c’est que ce que révèle ce discours à tout un chacun, qui simplement s’y engage d’une façon axante comme analysant, c’est que… excusez-moi de reprendre ce terme, mais puisque j’ai commencé, je ne l’abandonne pas …c’est que de bander – c’est ce que là-bas, place du Panthéon, j’appelle Φ de x – c’est que de bander, ça n’a aucun rapport avec le sexe, pas avec l’autre en tout cas !
Denn die Wahrheit, die wahre, die wahre Wahrheit, die Wahrheit, mit der es sich so verhält, dass man sie erst mit dem analytischen Diskurs zu ahnen begonnen hat, die Wahrheit also besteht darin – wie dieser Diskurs jedem enthüllt, der sich einfach als Analysant auf orientierte Weise darauf einlässt – entschuldigen Sie, dass ich den Ausdruck noch einmal verwendet, aber da ich damit angefangen habe, gebe ich ihn nicht auf –, sie besteht darin, dass, einen Ständer zu kriegen – und das ist das, was ich da unten, am Place du Panthéon, Φ von x nenne –, sie besteht darin, dass, einen Ständer zu kriegen, in keinem Verhältnis zum sexe steht, zum Geschlecht, jedenfalls nicht zum anderen.47
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Bander – on est ici entre des murs – bander pour une femme, il faut tout de même appeler ça par son nom, ça veut dire lui donner la fonction Φ de x, ça veut dire la prendre comme phallus.
Einen Ständer zu kriegen – wir sind hier von Wänden umgeben –, einen Ständer für eine Frau zu kriegen – man muss das ja beim Namen nennen –, das heißt, ihr die Funktion Φ von x zu verleihen, das heißt, sie als Phallus zu nehmen.
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{70} C’est pas rien le phallus !
Das ist nicht nichts, der Phallus.
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Je vous ai déjà expliqué, là-bas où c’est sérieux, je vous ai expliqué ce que ça fait.
Ich habe Ihnen bereits erklärt – drüben, wo es seriös zugeht –, ich habe Ihnen erklärt, was das bewirkt.
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Je vous ai dit que la signification du phallus c’est le seul cas de génitif pleinement équilibré.
Ich habe Ihnen gesagt, die Bedeutung des Phallus ist der einzige Fall eines Genitivs, der voll im Gleichgewicht ist.48
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Ça veut dire que le phallus – c’est que ce que vous expliquait ce matin, je dis ça pour ceux qui sont un peu avertis, c’est que ce que vous expliquait ce matin Jakobson – le phallus c’est la signification, c’est ce par quoi le langage signifie.
Das heißt, dass der Phallus – das ist das, was Ihnen heute Morgen, das sage ich für diejenigen, die ein wenig auf dem Laufenden sind, das ist das, was Ihnen heute Morgen Jakobson erläutert hat49 –, dass der Phallus die Bedeutung ist, das ist das, wodurch die Sprache bedeutet.
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Il n’y a qu’une seule Bedeutung, c’est le phallus.
Es gibt nur eine Bedeutung*, nämlich den Phallus.
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Partons de cette hypothèse, ça nous expliquera très largement l’ensemble de la fonction de la parole.
Gehen wir also von dieser Hypothese aus, das erklärt uns dann nahezu sämtliche Funktionen des Sprechens.
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Car elle n’est pas toujours appliquée à dénoter des faits – c’est tout ce qu’elle peut faire, on ne dénote pas des choses, on dénote des faits – mais c’est tout à fait par hasard, de temps en temps.
Denn das Sprechen wird nicht immer dazu verwendet, um Fakten zu denotieren – das ist alles, was es tun kann, man denotiert nicht Dinge, man denotiert Fakten, das ist jedoch ganz zufällig, von Zeit zu Zeit.
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La plupart du temps elle supplée à ceci que la fonction phallique est justement ce qui fait qu’il n’y a chez l’homme que les relations que vous savez – mauvaises – entre les sexes, alors que partout ailleurs, au moins pour nous, ça semble aller à la coule.
Die meiste Zeit liefert es einen Ersatz (supplée) dafür, dass die phallische Funktion eben das ist, was bewirkt, dass es beim Menschen zwischen den Geschlechtern nur die Beziehungen gibt, die Sie kennen: schlechte, während das überall sonst, zumindest für uns, abzulaufen scheint wie am Schnürchen.50
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Alors c’est pour ça que dans mon petit quadripode : dans mon petit quadripode, vous voyez au niveau de la vérité deux choses, deux vecteurs qui divergent : ce qui exprime que la jouissance, qui est tout au bout de la branche de droite, c’est une jouissance certes phallique, mais qu’on ne peut dire jouissance sexuelle.
Und deshalb sehen Sie in meinem kleinen Quadripoden auf der Ebene der Wahrheit zwei Sachen, zwei Vektoren, die auseinanderlaufen, womit ausgedrückt wird, dass die Jouissance, die ganz am Ende der rechten Abzweigung steht, sicherlich eine phallische Jouissance ist, jedoch nicht eine, die man als sexuelle Jouissance bezeichnen kann.51
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Et que pour que se maintienne quiconque de ces drôles d’animaux, ceux qui sont proie de la parole, il faut qu’il y ait ce pôle là, qui est corrélatif du pôle de la jouissance en tant qu’obstacle au rapport sexuel : c’est ce pôle que je désigne du semblant.
Und damit irgendeines dieser seltsamen Tiere, die Beute des Sprechens sind, fortbesteht, dafür muss es diesen Pol da [oben links] geben, der mit dem Pol [oben rechts] korreliert, mit dem Pol der [phallischen] Jouissance als Hindernis für das sexuelle Verhältnis, und diesen Pol [oben links] bezeichne ich als Schein.52
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C’est aussi clair pour un partenaire, enfin si nous osons – comme ça se fait tous les jours – les épingler |[8] de leur sexe, il est éclatant que l’homme comme la femme, ils font semblant, chacun, dans ce rôle.
Das ist auch für einen Partner klar, denn wenn wir wagen, wie das täglich geschieht, sie nach ihrem Geschlecht zu etikettieren, dann ist offenkundig, dass beide, der Mann wie die Frau, in dieser Rolle etwas vorspielen / Schein produzieren (font semblant).53
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Mais enfin, c’est des histoires qu’ils se donnent.
Aber na ja, das sind Geschichten, die sie sich liefern.
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Mais l’important au moins quand il s’agit de la fonction de la parole, c’est que les pôles soient définis : celui du semblant, et celui de la jouissance.
Das Wichtige jedoch, zumindest wenn es um die Funktion des Sprechens geht, ist dies, dass die Pole so definiert sind: der des Scheins und der der [phallischen] Jouissance.
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S’il y avait chez l’homme – ce que nous imaginons de façon purement gratuite – qu’il y ait une jouissance spécifiée de la polarité sexuelle, ça se saurait !
Wenn es beim Menschen das gäbe, was wir uns ganz grundlos einbilden, nämlich eine durch die sexuelle Polarität spezifizierte Jouissance, dann wüsste man das.
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Ça s’est peut être su, des âges entiers s’en sont vantés et après tout nous avons de nombreux témoignages, malheureusement purement ésotériques, qu’il y a eu des temps où on croyait vraiment savoir comment tenir ça.
Das ist vielleicht einmal gewusst worden, ganze Zeitalter haben sich dessen gerühmt und immerhin haben wir zahlreiche Zeugnisse dafür – leider rein esoterische –, dass es Zeiten gegeben hat, in denen man wirklich zu wissen glaubte, wie es damit zu halten sei.
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Un nommé van Gulik dont le livre m’a paru excellent, qui pique par-ci par-là – bien sûr il fait comme tout le monde –, il pique plus près de ce qu’il y a de la tradition écrite chinoise, dont le sujet est le savoir sexuel, ce qui n’est pas très étendu, je vous assure, ni non plus très éclairé !
Ein gewisser van Gulik, dessen Buch mir exzellent zu sein schien, der hier und da etwas aufspießt – natürlich macht er’s wie alle anderen –, was er aufspießt, ist näher an der geschriebenen chinesischen Überlieferung, deren Thema das sexuelle Wissen ist, das weder besonders umfassend ist, das versichere ich Ihnen, noch besonders aufgeklärt.54
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Mais enfin, regardez ça si ça vous amuse : La Vie sexuelle dans la Chine ancienne.
Aber wenn Sie das amüsiert, schauen Sie sich das doch an: Das Sexualleben im alten China.
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Je vous défie d’en tirer rien qui puisse vous servir [Gelächter] dans ce que j’appelais tout à l’heure l’état actuel des pensées !
Ich wette, dass Sie daraus nichts herausziehen können, das Ihnen dienlich sein könnte [Gelächter], bei dem, was ich vorhin den aktuellen Stand der Gedanken genannt habe.
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{71} L’intérêt de ce que je pointe, ce n’est pas de dire que depuis toujours les choses en sont de même que le point où nous en sommes venus.
Wenn ich darauf hinweise, dann nicht um zu sagen, dass es mit diesen Dingen immer schon so steht wie an dem Punkt, an dem wir angelangt sind.
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Il y a peut-être eu, il y a peut-être encore même quelque part, mais c’est curieux, c’est toujours dans des endroits où il faut vraiment sérieusement montrer patte blanche pour entrer, des endroits où il se passe entre l’homme et la femme cette conjonction harmonieuse qui les ferait être au septième ciel.
Vielleicht hat es Orte gegeben, vielleicht gibt es sie sogar noch irgendwo – aber es ist eigenartig, das ist immer an Orten, an denen man sich, um sie zu betreten, tatsächlich ernsthaft ausweisen muss –, Orte, an denen sich zwischen dem Mann und der Frau diese harmonische Verbindung ereignet, die sie angeblich dazu bringt, im siebten Himmel zu sein.55
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Mais c’est tout de même très curieux qu’on n’en entende jamais parler que du dehors.
Allerdings ist es doch sehr eigenartig, dass man darüber immer nur von außen sprechen hört.
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Par contre, il est bien clair qu’à travers une des façons que j’ai de définir que c’est plutôt avec grand Phi que chacun a rapport qu’avec l’autre.
Hingegen ist ganz klar, dass jeder – auf eine der Weisen, die ich zu definieren habe –, dass jeder statt mit dem Anderen mit groß Phi [Φ]ein Verhältnis hat.56
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Ça devient pleinement confirmé dès qu’on regarde ce qu’on appelle d’un terme qui tombe si bien, comme ça, grâce à l’ambiguïté du latin ou du grec, ce qu’on appelle des homos – ecce homo comme je disais. [Rires]
Das wird voll bestätigt, sobald man sich anschaut, was mit einem Ausdruck bezeichnet wird, der dank der Mehrdeutigkeit des Lateinischen beziehungsweise des Griechischen wirklich gut passt, nämlich das, was man Homos nennt – ecce homo, wie ich gesagt habe. [Gelächter]
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Il est tout à fait certain que les homos, ça bande bien mieux et plus souvent, et plus ferme.
Es ist ganz sicher, dass es bei den Homos viel besser und öfter und fester einen Ständer gibt.
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C’est curieux mais enfin c’est tout de même un fait auquel personne qui depuis un certain temps a un peu entendu parler, ça ne fait pas de doute.
Das ist merkwürdig, aber na ja, das ist dennoch eine Tatsache, die von niemandem, der seit gewisser Zeit ein wenig sprechen gehört hat, bezweifelt wird.57
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Ne vous y trompez pas quand même : il y a homo et homo, hein. [Rires]
Aber täuschen Sie sich nicht, es gibt Homos und Homos, nicht wahr. [Gelächter]
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Je ne parle pas d’André Gide.
Ich spreche nicht von André Gide.
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Faut pas croire qu’André Gide était un homo.
Man darf nicht glauben, dass André Gide ein Homo war.58
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Ça nous introduit à la suite.
Das bringt uns zum Nächsten.
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Ne perdons pas la corde, il s’agit du sens.
Dass wir nur den Faden nicht verlieren: es geht um den Sinn.
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Pour que quelque chose ait du sens dans l’état actuel des pensées, c’est triste à dire mais il faut que ça se pose comme normal.
Damit beim aktuellen Stand der Gedanken etwas Sinn hat – es ist traurig, das zu sagen, aber dafür ist es notwendig, dass es sich als normal darstellt.59
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C’est bien |[9] pour ça qu’André Gide voulait que l’homosexualité fût normale.
Deshalb wollte André Gide, dass die Homosexualität normal sei.
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Et comme vous pouvez peut-être en avoir des échos, dans ce sens il y a foule.
Und da Sie vielleicht Echos davon haben können, in diesem Sinn gibt’s ne Menge.
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En moins de deux ça va tomber comme ça sous la cloche du normal, à tel point qu’on aura de nouveaux clients en psychanalyse qui viendront nous dire : « je viens vous trouver parce que je ne pédale pas normalement ! » [Gelächter]
In Nullkommanichts wird das unter die Glocke des Normalen fallen60, so sehr, dass wir neue Klienten in Psychoanalyse haben werden, die uns dann sagen: „Ich suche Sie auf, weil ich nicht normal ticke / weil ich nicht normal schwul bin (je ne pédale pas normalement).“61 [Gelächter]
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Ça va devenir un embouteillage ! [Rires]
Es wird einen Stau geben! [Gelächter]
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Et l’analyse est partie de là !
Und davon ist die Analyse ausgegangen.
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Si la notion de normal n’avait pas pris, à la suite des accidents de l’histoire, une pareille extension, elle n’aurait jamais vu le jour.
Wenn der Begriff des Normalen infolge der Unfälle der Geschichte nicht eine solche Ausdehnung angenommen hätte, hätte sie niemals das Licht erblickt.
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Tous les patients, non seulement qu’a pris Freud mais c’est très clair à le lire que c’est une condition : pour entrer en analyse, au début le minimum c’était d’avoir une bonne formation universitaire ; c’est dit dans Freud en clair.
Alle Patienten, nicht nur diejenigen, die Freud angenommen hat – aber wenn man ihn liest, ist ganz klar, dass dies eine Bedingung ist –, das Minimum, um eine Analyse aufzunehmen, bestand in der Anfangszeit darin, eine gute Universitätsausbildung zu haben, bei Freud wird das klar gesagt.62
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Je dois le souligner, parce que le discours universitaire dont j’ai dit beaucoup de mal, et pour les meilleures raisons, mais quand même c’est lui qui abreuve le discours analytique.
Ich muss das hervorheben, denn der Universitätsdiskurs, über den ich viel Schlechtes gesagt habe – mit den besten Gründen –, ist gleichwohl das, was den analytischen Diskurs bewässert.
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Vous comprenez, vous ne pouvez plus vous imaginer – c’est pour vous faire imaginer quelque chose, si vous en êtes capables, mais qui sait, à l’entraînement de ma voix –, vous pouvez même pas imaginer ce |{72} que c’était une zone du temps qu’on appelle à cause de ça « antique », où la doxa, vous savez la célèbre doxa dont on parle dans le Menon, « mais non, mais non » [Gelächter], il y avait de la doxa qui n’était pas universitaire.
Sie verstehen, Sie können sich nicht mehr vorstellen – damit will ich Sie dazu zu bringen, sich etwas vorzustellen, falls Sie dazu in der Lage sind, aber wer weiß, angetrieben durch meine Stimme –, Sie können sich nicht einmal vorstellen, dass es einen Bereich der Zeit gab, den man deshalb als antik bezeichnet, in dem die doxa – Sie kennen die berühmte doxa, von der man im Menon spricht, mais non, mais non, / aber nein, aber nein [Gelächter] –, in der es doxa gab, die nicht universitär war.63
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Actuellement, mais il n’y a pas une doxa, si futile, si boiteuse cahin-caha voire conne, soit-elle qui ne soit rangée quelque part dans un enseignement universitaire !
Heute jedoch gibt es keine doxa – wie belanglos, wie mühsam hinkend, ja wie dämlich sie auch sein mag –, die in einem Universitätsunterricht nicht irgendwo einen Platz hätte.
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Il n’y a pas d’exemple d’une opinion, aussi stupide soit-elle, qui ne soit repérée, voire – à l’occasion de ce qu’elle est repérée – enseignée.
Es gibt kein Beispiel einer Meinung, so dumm sie auch sein mag, die nicht ausfindig gemacht würde und sogar – da sie nun einmal ausfindig gemacht wurde – gelehrt würde.
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Ben ça fausse tout !
Das verfälscht ja alles.
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Parce que quand Platon parle de doxa comme de quelque chose dont il ne sait littéralement que faire – lui, philosophe qui cherche à fonder une science – il s’aperçoit que la doxa, la doxa qu’il rencontre à tous les coins de rue, il y en a de vraies.
Denn wenn Platon von doxa spricht, als von einer Sache, bei der er buchstäblich nicht weiß, was er damit anfangen soll, er, ein Philosoph, der eine Wissenschaft begründen will, dann bemerkt er, dass es unter den verschiedenen Formen der doxa – der doxa, die ihm an jeder Ecke begegnet –, dass es darunter solche gibt, die wahr sind.
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Naturellement, il n’est pas foutu de dire pourquoi, non plus qu’aucun philosophe, mais personne ne doute qu’elles soient vraies, parce que la vérité ça s’impose.
Natürlich ist er nicht in der Lage zu sagen, warum, nicht mehr als sonst ein Philosoph; niemand bezweifelt jedoch, dass sie wahr sind, da die Wahrheit sich aufzwingt.
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Cela faisait un contexte, mais complètement différent à quoi que ce soit qui s’appelle philosophie, que la doxa ne soit pas normée.
Dass die doxa nicht normiert war, bildete einen Kontext, der allerdings völlig anders war als alles – was immer es sei –, was sich Philosophie nennt.
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Il n’y a pas trace du mot norme nulle part dans le discours antique.
Nirgendwo im Diskurs der Antike gibt es eine Spur des Wortes Norm.
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C’est nous qui avons inventé ça, et naturellement en allant chercher un nom grec d’usage rarissime !
Das haben wir erfunden und natürlich so, dass wir einen griechischen Namen ausgesucht haben, der äußerst selten verwendet wurde.64
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[10] Il faut quand même partir de là pour voir que le discours de l’analyste, c’est pas apparu par hasard !
Hiervon muss man jedoch ausgehen, um zu sehen, dass der Diskurs des Analytikers nicht zufällig erschienen ist.
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Il fallait qu’on soit au dernier état d’extrême urgence pour que ça sorte.
Man musste im letzten Zustand äußerster Not sein, damit dies daraus hervorgeht.65
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Bien entendu puisque c’est un discours de l’analyste, ça prend, comme tous mes discours, les quatre que j’ai nommés, le sens du génitif objectif.
Natürlich, da es ein Diskurs des Analytikers ist, nimmt das – wie bei all meinen Diskursen, den vieren, die ich genannt habe – den Sinn des Genitivus objectivus an.
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Le discours du maître c’est le discours sur le maître, on l’a bien vu à l’acmé de l’épopée philosophique dans Hegel.
Der Diskurs des Herrn ist der Diskurs über den Herrn; auf dem Höhepunkt des philosophischen Epos, bei Hegel, hat man das gut gesehen.66
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Le discours de l’analyste c’est la même chose : on parle de l’analyste.
Beim Diskurs des Analytikers ist es dasselbe, man spricht über den Analytiker.67
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C’est lui l’objet a, comme je l’ai souvent souligné.
Er ist, wie ich oft hervorgehoben habe, das Objekt a.68
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Ça ne lui rend pas facile, naturellement, de bien saisir quelle est sa position.
Das macht es ihm natürlich nicht leicht, richtig zu erfassen, was seine Position ist.69
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Mais d’un autre côté, elle est de tout repos puisque c’est celle du semblant.
Andererseits ist das jedoch eine ruhige Position, denn es ist die des Scheins.
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Alors notre Gide – pour continuer la tresse : je prends le Gide, puis je le relaisserai, puis on le reprendra ensemble, et ainsi de suite – notre Gide là, parce qu’il est quand même exemplaire, il ne nous sort pas de notre petite affaire, bien loin de là ! son affaire c’est une affaire d’être désiré, comme nous trouvons ça couramment dans l’exploration analytique.
Also unser Gide – um den Zopf weiterzuflechten: ich nehme den Gide, dann lasse ich ihn fallen, dann nehmen wir ihn zusammen wieder auf und so weiter –, unser Gide hier – denn er ist ja doch exemplarisch, er bringt uns von unserer kleinen Sache nicht ab, ganz und gar nicht –, seine Sache ist die, begehrt zu werden, wie wir das bei der analytischen Erkundung häufig feststellen.
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Il y a des gens à qui ça a manqué dans leur petite enfance, d’être désiré.
Es gibt Leute, denen das in früher Kindheit gefehlt hat: begehrt zu werden.
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Ça les pousse à faire des trucs pour que ça leur arrive sur le tard, c’est même très répandu.
Das drängt sie dazu, Sachen zu machen, damit ihnen das spät noch zustößt, das ist sogar sehr verbreitet.
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Mais il faut tout de même bien cliver les choses.
Man muss die Dinge jedoch gut aufspalten.
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C’est pas sans rapport, pas du tout, avec le discours.
Das ist nicht ohne Verhältnis zum Diskurs, überhaupt nicht.
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C’est pas de ces paroles comme il en sort |{73} un peu partout quand on est au carnaval.
Es geht nicht um solche Worte wie sie überall ein bisschen rauskommen, wenn man beim Karneval ist.70
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Le discours et le désir, là ça a le plus étroit rapport.
Der Diskurs und das Begehren, das steht hier in ganz engem Verhältnis zueinander.
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C’est même pour ça que je suis arrivé à isoler – enfin, du moins je le pense – la fonction de l’objet a.
Eben deshalb ist es mir gelungen – zumindest denke ich das –, die Funktion des Objekts a zu isolieren.
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C’est un point-clé dont on n’a pas encore beaucoup tiré parti je dois dire.
Das ist ein Schlüsselpunkt, der noch nicht viel genutzt worden ist, muss ich sagen.
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Ça viendra tout doucement.
Das wird kommen, ganz allmählich.
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L’objet a c’est ce par quoi l’être parlant, quand il est pris dans un discours, se détermine.
Das Objekt a ist das, wodurch das sprechende Wesen, wenn es in einem Diskurs erfasst ist, determiniert wird.71
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Il ne sait pas du tout que ce qui le détermine, c’est l’objet a.
Es weiß ganz und gar nicht, dass das, wodurch es determiniert wird, das Objekt a ist.72
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En quoi il est déterminé ?
Inwiefern wird es determiniert?
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Il est déterminé comme sujet, c’est-à-dire qu’il est divisé comme sujet : il est la proie du désir.
Es wird als Subjekt determiniert, das heißt, es ist als Subjekt gespalten: es ist Beute des Begehrens.73
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Ça a l’air de se passer au même endroit que les paroles subvertissantes, mais c’est pas du tout pareil, c’est tout à fait régulier.
Das sieht so aus, als ereignete sich das am selben Ort wie die umstürzlerischen Worte, aber das ist keineswegs das Gleiche, das ist ganz regulär.74
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Ça produit – c’est une production ! – ça produit mathématiquement, c’est le cas de le dire, cet objet a en tant que cause du désir.
Hierdurch wird auf mathematische Weise, das muss man schon sagen, das Objekt a als Ursache des Begehrens produziert, das ist eine Produktion.75
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C’est encore celui que j’ai appelé, comme vous le savez, l’objet métonymique : ce qui court tout au long de ce qui se déroule comme discours, discours plus ou moins cohérent.
Das ist auch das, was ich, wie Sie wissen, das metonymische Objekt genannt habe: das, was beständig mitläuft, wenn etwas als Diskurs, als mehr oder weniger kohärenter Diskurs abgespult wird.
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Jusqu’à ce que ça bute et que toute l’affaire se termine en eau de boudin.
Bis das ins Stolpern gerät und die ganze Sache den Bach runtergeht.76
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Il n’en reste pas moins que c’est de là – et c’est |[11] ça l’intérêt – que nous prenons l’idée de la cause.
Nichtsdestoweniger nehmen wir von daher – deshalb ist das von Interesse – die Idee der Ursache.
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Nous croyons que dans la nature, il faut que tout ait une cause, sous prétexte que nous sommes causés par notre propre bla-bla-bla. Ouais !
Wir glauben, dass in der Natur alles eine Ursache haben muss, unter dem Vorwand, dass wir durch unser eigenes Blabla verursacht sind. Ja wirklich.
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Il y a tous les traits chez André Gide que les choses sont bien telle que je vous l’ai dit.
Bei André Gide weist alles darauf hin, dass die Dinge so sind, wie ich Ihnen gesagt habe.
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C’est d’abord sa relation avec l’Autre suprême.
Das ist zunächst sein Verhältnis zum höchsten Anderen.77
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Il ne faut pas croire du tout, du tout, comme ça – malgré tout ce qu’il a pu dire – que ça n’avait pas d’incidence, le grand Autre.
Man darf keineswegs einfach so glauben, keineswegs – trotz allem, was er hat sagen können –, dass das keinen Einfluss hatte, der große Andere.
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Là où ça prend forme, le petit a, il en avait même une notion tout à fait spécifiée, c’est à savoir que le plaisir de ce grand Autre, c’était de déranger celui de tous les petits !
Da, wo das Form annimmt, das klein a, hatte er dafür sogar einen ganz speziellen Begriff, nämlich dass die Lust – das plaisir – dieses großen Anderen darin bestünde, die aller kleinen zu stören.
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Moyennant quoi il pigeait très bien qu’il y avait là un point de tracas qui le sauvait évidemment du délaissement de son enfance.
Womit er sehr gut kapiert hat, dass es hier einen Punkt der Sorge gab, der ihn offensichtlich aus der Verlassenheit seiner Kindheit rettete.
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Toutes ses taquineries avec dieu, c’était quelque chose de fortement compensatoire pour quelqu’un qui avait si mal commencé.
All seine Neckereien mit Gott, das hatte etwas stark Kompensatorisches, für jemanden, der so schlecht angefangen hatte.
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C’est pas son privilège, ouais…
Da ist er kein Sonderfall, wirklich nicht.
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J’avais commencé autrefois – j’en ai fait qu’une leçon, un séminaire ce qu’on appelle – quelque chose sur le Nom-du-Père.
Früher einmal – ich habe dazu nur einen Vortrag gehalten, ein Seminar, wie man sagt – habe ich etwas zum Namen-des-Vaters angefangen.78
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Naturellement, j’ai commencé par le père même ; j’ai parlé pendant une heure, une heure et demie, de la jouissance de dieu.
Natürlich habe ich mit dem Vater selbst begonnen; eine Stunde lang, anderthalb Stunden lang habe ich über die Jouissance Gottes gesprochen.79
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Si j’ai dit que c’était un badinage mystique c’était pour ne plus jamais en parler.
Wenn ich gesagt habe, dass dies mystisches Geschwätz war, dann deshalb, um nie wieder darüber zu sprechen.
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Il est certain que depuis qu’il y a un dieu seul et unique, enfin le dieu qu’a fait émerger une certaine ère historique, c’est justement celui-là celui qui dérange le plaisir des autres.
Es ist sicher, dass es, seit es einen einzigen und einigen Gott gibt, also den Gott, den eine bestimmte historische Ära hat auftauchen lassen, dass es eben dieser Gott ist, der die Lust der anderen stört.80
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Il n’y a même que ça qui compte.
Was zählt, ist sogar nur das.
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|{74} Il y a bien les épicuriens qui ont tout fait pour enseigner la méthode pour ne pas se laisser déranger dans le plaisir de chacun : et ben ça a foiré.
Es gibt ja die Epikuräer, die alles getan haben, um die Methode zu lehren, wie es gelingt, sich in der Lust, die ein jeder verspürt, nicht stören zu lassen, und na ja, das hat nicht hingehauen.
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Il y en avait d’autres qui s’appelaient les stoïciens et qui ont dit : « Mais il faut au contraire se ruer dans le plaisir divin ».
Es gab andere, die sich Stoiker nannten und die gesagt haben: „Aber im Gegenteil, man muss sich in die göttliche Lust stürzen.“
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Mais ça rate aussi vous savez.
Das scheitert jedoch ebenfalls, wie Sie wissen.
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Ça ne joue qu’entre les deux.
Das spielt sich nur zwischen den beiden ab.
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C’est la tracasserie qui compte, avec ça vous êtes tous dans votre aire naturelle.
Was zählt, sind die Scherereien, damit sind Sie alle in Ihrem natürlichen Gefilde.81
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Vous jouissez pas bien sûr, ça serait exagéré de le dire, d’autant plus que de toute façon c’est trop dangereux.
Natürlich genießen Sie nicht, es wäre übertrieben, das zu sagen, umso mehr, als das jedenfalls zu gefährlich ist.82
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Mais enfin, on peut pas dire que vous n’avez pas du plaisir, hein !
Aber immerhin kann man nicht sagen, dass Sie keine Lust haben, nicht wahr.
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C’est même là-dessus qu’est fondé le processus primaire.
Eben darauf gründet sich der Primärvorgang.83
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Tout ça nous remet au pied du mur : qu’est-ce que c’est que le sens ?
Und damit stehen wir wieder mit dem Rücken an der Wand – was ist das, der Sinn?
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Eh ben, il vaut mieux repartir au niveau du désir, du plaisir que l’autre vous fait, c’est courant, on appelle ça même – dans une zone plus noble – de l’art, apostrophe. [Gelächter]
Na ja, es ist besser, wieder von der Ebene des Begehrens auszugehen, der Lust, das der andere Ihnen verschafft, das ist gängig, man bezeichnet das sogar – in einem edleren Bereich – als Kunst.84 [Gelächter]
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C’est là qu’il faut attentivement considérer le mur, parce qu’il y a une zone du sens bien éclairée.
Hier muss man die Aufmerksamkeit auf die Wand richten, denn es gibt ein gut beleuchtete Zone des Sinns.
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Bien éclairée par exemple par le nommé Léonard de Vinci, comme vous le savez, qui a laissé quelques manuscrits et menues babioles, pas tellement – il n’a pas peuplé les musées – mais il a dit de profondes vérités, il a dit de profondes vérités dont tout le monde devrait |[12] toujours se souvenir.
Gut beleuchtet beispielsweise durch einen Mann namens Leonardo da Vinci, wie Sie wissen, der einige Manuskripte und einigen Kleinkram hinterlassen hat, nicht besonders viel – er hat nicht die Museen bevölkert –, er hat jedoch tiefe Wahrheiten gesagt, er hat tiefe Wahrheiten gesagt, an die alle sich stets erinnern sollten.
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Il a dit : « Regardez le mur », comme moi.
Er hat gesagt: „Betrachten Sie auf die Wand“ – wie ich.
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Puis, depuis ce temps, il est devenu le Léonard des familles ; on fait cadeau de ses manuscrits, il y a un ouvrage de luxe – même à moi, on m’en a donnée une paire [Gelächter], vous vous rendez compte.
Später ist er der Leonardo der Familien geworden; man macht sich seine Manuskripte zum Geschenk, es gibt eine Luxusausgabe, selbst mir hat man ein Paar davon überreicht [Gelächter], machen Sie sich das mal klar.
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Mais ça ne veut pas dire que c’est pas lisible. [Gelächter]
Das heißt aber nicht, dass es nicht lesbar wäre. [Gelächter]
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Alors il vous explique : « Regardez bien le mur ».
Also er erklärt Ihnen: „Betrachten Sie doch die Wand.“
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Comme ici c’est un peu sale ; si c’était mieux entretenu il y aurait des tâches d’humidité et peut-être même des moisissures.
Wie hier ist sie ein bisschen schmutzig; wenn das besser in Ordnung gehalten würde, gäbe es Flecke von Feuchtigkeit, vielleicht sogar von Schimmel.
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Eh bien si vous en croyez Léonard : s’il y a une tache de moisissure, c’est une belle occasion pour la transformer en madone ou bien en athlète musculeux, ça, ça se prête encore mieux, parce que dans la moisissure, il y a toujours des ombres, des creux.
Also wenn es einen Schimmelfleck gibt, dann ist das – wenn Sie Leonardo glauben – eine schöne Gelegenheit, ihn in eine Madonna zu verwandeln oder auch in einen muskulösen Athleten, das ist noch passender, denn in der Feuchtigkeit gibt es immer Schatten und Mulden.
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C’est très important ça : s’apercevoir qu’il y a une classe de choses sur les murs, qui prête à la figure, à la création d’art, comme on dit.
Das ist sehr wichtig, nämlich wahrzunehmen, dass es auf den Wänden eine Klasse von Dingen gibt, die sich zur Figur anbieten, zur künstlerischen Schöpfung, wie man sagt.
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C’est le figuratif même, la tache en question.
Das ist das Figurative selbst, der Fleck, um den es hier geht.85
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Il faut tout de même savoir le rapport qu’il y a entre ça et quelque chose d’autre qui peut venir sur le mur, c’est à savoir les ravinements, non pas seulement de la parole – encore que ça arrive, c’est bien comme ça que ça commence toujours – mais du discours.
Dennoch muss man wissen, welches Verhältnis es zwischen dem gibt und etwas anderem, das auf die Wand kommen kann, nämlich die Auswaschungen, nicht nur des Sprechens – auch wenn das vorkommt, so fängt es ja immer an –, sondern des Diskurses.86
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Autrement dit : si c’est du même ordre la moisissure sur le mur ou l’écriture, ça devrait intéresser ici un certain nombre de personnes qui, je pense, il n’y a pas très |{75} longtemps – ça commence à vieillir – se sont beaucoup occupés d’écrire des choses, des lettres d’amour sur les murs.
Anders gesagt, ob das zur selben Ordnung gehört: der Schimmel auf der Wand und die Schrift, das müsste hier eine Reihe von Personen interessieren, die, so denke ich, vor nicht allzu langer Zeit – das beginnt zu veralten – stark damit beschäftigt waren, Dinge auf die Wände zu schreiben, Liebesbriefe.
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C’était un vachement beau temps.
Das war eine echt gute Zeit.
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Il y en a qui ne s’en sont jamais consolés du temps où on pouvait écrire sur les murs et où, d’un truc dans Publicis, on déduisait que les murs avaient la parole, comme si ça pouvait arriver !
Es gibt welche die nie über die Zeit hinweggekommen sind, in der man auf die Wände schreiben konnte und in der man aus einer Sache in publicis den Schluss zog, dass die Wände das Wort hätten – als ob es dazu kommen könnte!87
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Je voudrais simplement faire remarquer qu’il vaudrait mieux qu’il n’y ait jamais rien d’écrit sur les murs.
Ich möchte einfach darauf hinweisen, dass es besser wäre, wenn es auf den Wänden nie etwas Geschriebenes gegeben hätte.
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Ce qui y est déjà écrit, il faudrait même l’en retirer.
Was bereits darauf geschrieben ist, sollte sogar entfernt werden.
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« Liberté – Égalité – Fraternité » par exemple, c’est indécent !
Beispielsweise Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – das ist unanständig!
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« Défense de fumer », c’est pas possible, d’autant plus que tout le monde fume, il y a là une erreur de tactique.
Rauchen verboten – das ist nicht möglich, umso mehr, als alle rauchen, hier gibt es einen Irrtum hinsichtlich der Taktik.
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Je l’ai déjà dit tout à l’heure pour la lettre d’(a)mur : tout ce qui s’écrit renforce le mur.
Vorhin habe ich es bereits zum lettre d’(a)mur gesagt – zum Liebesbrief / zum Buchstaben an der Wand: alles, was geschrieben wird, führt dazu, dass die Wand sich verstärkt.
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C’est pas forcément une objection, mais ce qu’il y a de certain, c’est qu’il ne faut pas croire que ce soit absolument nécessaire.
Das ist nicht zwangsläufig ein Einwand, es ist jedoch sicher, dass man nicht glauben darf, das sei absolut notwendig.
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Mais ça sert quand même parce que si on n’avait jamais rien écrit sur un mur – quel qu’il soit, celui-là ou les autres – eh bien, c’est un fait : on n’aurait pas fait un pas dans le sens de ce qui peut-être est à regarder au-delà du mur.
Aber dennoch ist das zu etwas nütze, denn wenn man niemals etwas auf eine Wand geschrieben hätte, auf welche auch immer, auf diese hier oder auf die anderen, na ja, dann hätte man niemals, das ist eine Tatsache, einen Schritt in Richtung dessen getan, was vielleicht jenseits der Wand zu betrachten ist.
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[13] Voyez-vous, il y a quelque chose où je serai amené un peu à vous parler cette année : c’est les rapports de la logique et de la mathématique.
Sehen Sie, es gibt etwas, wobei ich ein wenig geneigt wäre, zu Ihnen in diesem Jahr darüber zu sprechen, nämlich über die Beziehungen zwischen Logik und Mathematik.
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Au-delà du mur – pour vous le dire tout de suite – il n’y a, à notre connaissance, que ce réel qui se signale justement de l’impossible, de l’impossible de l’atteindre au-delà du mur.
Jenseits der Mauer – um es Ihnen gleich zu sagen – gibt es unserer Kenntnis nach nur das Reale, das durch das Unmögliche signalisiert wird, durch das Unmögliche, es jenseits der Mauer zu erreichen.88
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Il n’en reste pas moins que c’est le réel.
Trotzdem bleibt, dass dies das Reale ist.
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Comment est-ce qu’on a pu faire pour en avoir l’idée ?
Wie hat man vorgehen können, um eine Idee davon zu haben?
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Il est certain que le langage y a servi pour un bout.
Sicher ist, dass die Sprache hierbei ein Stück weit geholfen hat.
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C’est même pour ça que j’essaie de faire ce petit pont dont vous avez pu voir dans mes derniers séminaires l’amorce, à savoir : comment est-ce que l’Un fait son entrée ?
Eben deshalb versuche ich, diese kleine Brücke zu bauen, von der Sie in meinen letzten Seminaren den Ansatz sehen konnten, nämlich: Wie hält das Eins seinen Einzug?
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C’est ce que j’ai exprimé déjà depuis trois ans avec des symboles : S1 et S2.
Das habe ich bereits seit drei Jahren mit Symbolen ausgedrückt: S1 und S2.
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Le premier, je l’ai désigné comme ça pour que vous y entendiez un petit quelque chose du signifiant-maître, et le second, du savoir.
Das erste habe ich, damit Sie hier ein bisschen was verstehen, als Herrensignifikant bezeichnet und das zweite als Wissen.89
...
Mais est-ce qu’il y aurait S1 , s’il n’y avait pas S2 ?
Gäbe es jedoch S1, wenn es nicht S2 gäbe?
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C’est un problème, parce qu’il faut qu’ils soient deux d’abord pour qu’il y ait S1.
Das ist ein Problem, denn es müssen zunächst zwei sein, damit es S1 gibt.
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J’ai abordé la chose, là au dernier séminaire, en vous montrant que de toutes façons ils sont au moins deux même pour qu’un seul surgisse : 0 et 1, comme on dit : ça fait 2.
Ich habe die Sache drüben, im letzten Seminar, zur Sprache gebracht, indem ich Ihnen gezeigt habe, dass sie jedenfalls, selbst damit ein einziger auftaucht, mindestens zwei sind: 0 und 1, wie man sagt, das macht 2.90
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Mais ça c’est au sens où l’on dit que c’est infranchissable.
Dies jedoch in dem Sinne, in dem man sagt, das sei unüberschreitbar.91
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Néanmoins ça se franchit quand on est logicien, comme je vous l’ai déjà indiqué à me référer à Frege.
Das lässt sich jedoch dann überschreiten, wenn man Logiker ist, wie ich Ihnen bereits dadurch angezeigt habe, dass ich mich auf Frege bezog.92
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Mais enfin, il vous en est j’espère pas moins apparu que c’était franchi d’un pied allègre, et que je vous indiquais à ce moment – j’y reviendrai – qu’il y avait peut-être plus d’un petit pas.
Aber es ist Ihnen, hoffe ich, wohl nicht weniger deutlich geworden, dass es leichten Fußes überschritten wurde und dass ich Sie in diesem Moment darauf hinwies – ich werde darauf zurückkommen –, dass es vielleicht mehr mit einem kleinen Schritt war.93
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L’important n’est pas là.
Da ist nicht das Wichtige.
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{76} Il est très clair que quelqu’un dont vous avez entendu – sans doute, certains – parler pour la première fois ce matin : René Thom qui est mathématicien, n’est pas pour ceci : que la logique – c’est-à-dire le discours qui se tient sur le mur – soit quelque chose qui suffise même à rendre compte du nombre, premier pas de la mathématique.
Es ist ganz klar, dass jemand, von dem Sie – sicherlich einige von Ihnen – heute Morgen zum ersten Mal gehört haben: René Thom, der Mathematiker ist, dass er nicht damit einverstanden ist, dass die Logik – also der Diskurs, der an der Wand steht – etwas wäre, das selbst hinreichen würde, um die Zahl zu erklären, erster Schritt der Mathematik.94
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Par contre il lui semble pouvoir rendre compte, non seulement de ce qui se trace sur le mur – ça n’est rien d’autre que la vie même, ça commence à la moisissure comme vous savez – rendre compte par le nombre, l’algèbre, les fonctions, la topologie, rendre compte de ce qui se passe dans le champ de la vie.
Es scheint ihm vielmehr so zu sein, dass er Rechenschaft ablegen kann nicht nur von dem, was sich auf der Wand abzeichnet – was nichts anderes ist als das Leben selbst, es beginnt, wie Sie wissen, mit der Feuchtigkeit –, dass er mithilfe der Zahl, der Algebra, der Funktionen, der Topologie das erklären kann, was sich auf dem Feld des Lebens ereignet.95
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J’y reviendrai !
Ich werde darauf zurückkommen.
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Je vous expliquerai que le fait qu’il retrouve dans telle fonction mathématique le tracé même de ces courbes que fait la prime moisissure avant de s’élever jusqu’à l’homme, que ce fait le pousse jusqu’à cette extrapolation de penser que la topologie peut fournir une typologie des langues naturelles.
Ich möchte Ihnen erklären, dass die Tatsache, dass er in einer bestimmten mathematischen Funktion die Linienführung der Kurven wiederfindet, die durch die erste Feuchtigkeit gebildet werden, bevor sie sich bis zum Menschen erhebt, dass diese Tatsache ihn zu der Extrapolation drängt, anzunehmen, dass die Topologie eine Typologie der natürlichen Sprachen liefern kann.96
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Je ne |[14] sais pas si la question est actuellement tranchable.
Ich weiß nicht, ob die Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt entscheidbar ist.
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J’essaierai de vous donner une idée d’où est son incidence actuelle, rien de plus.
Ich möchte versuchen, Ihnen eine Idee davon zu geben, woher ihre aktuelle Wirkung rührt, nichts mehr.
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Ce que je peux dire c’est qu’en tout cas le clivage du mur – le fait qu’il y ait quelque chose d’installé devant, que j’ai appelé : parole et langage et que c’est d’un autre côté que ça travaille, peut-être mathématiquement –, il est certain que nous ne pouvons pas en avoir d’autre idée.
Was ich sagen kann, ist, dass auf jeden Fall die Wand-Spaltung – die Tatsache, dass es etwas gibt, was davor installiert ist und was ich Sprechen und Sprache genannt habe, und dass es von einer anderen Seite her arbeitet, vielleicht mathematisch –, es ist sicher, dass wir davon keine andere Idee haben können.
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Que la science repose, non comme on le dit sur la quantité, mais sur le nombre, la fonction et la topologie, c’est ce qui ne fait pas de doute.
Dass die Wissenschaft nicht, wie man sagt, auf der Quantität beruht, sondern auf der Zahl, auf der Funktion und auf der Topologie, das steht außer Zweifel.
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Un discours qui s’appelle la science, a trouvé le moyen de se construire derrière le mur.
Ein Diskurs, der Wissenschaft heißt, hat das Mittel gefunden, sich hinter der Wand zu konstruieren.
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Seulement ce que je crois devoir nettement formuler et ce en quoi je crois être d’accord avec tout ce qu’il y a de plus sérieux dans la construction scientifique, c’est qu’il est strictement impossible de donner à quoi que ce soit qui s’articule en termes algébriques ou topologiques, l’ombre de sens.
Doch was ich glaube, unmissverständlich formulieren zu müssen – wobei ich glaube, dass ich mit allem, was es in der Konstruktion der Wissenschaft an Seriösestem gibt, übereinstimme –, das ist dies, dass es strikt unmöglich ist, dem, was in algebraischen oder topologischen Termini artikuliert wird, was immer es sei, den Schatten eines Sinns zu verleihen.
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Il y a du sens pour ceux qui, devant le mur, se complaisent de taches de moisissures qui se trouvent si propices à être transformées en madone ou en dos d’athlète.
Sinn gibt es für diejenigen, die vor der Wand ihr Gefallen an Flecken von Feuchtigkeit finden, an Flecken, die, wie sich zeigt, so gut geeignet sind, in eine Madonna oder in einen Athletenrücken verwandelt zu werden.97
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Mais il est évident que nous ne pouvons pas nous contenter de ces sens confusionnels.
Es ist jedoch offensichtlich, dass wir uns mit diesen verworrenen Sinnbildungen nicht zufriedengeben können.
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Cela ne sert en fin de compte qu’à retentir sur la lyre du désir, sur l’érotisme pour appeler les choses par leur nom.
Letztlich dient das nur dazu, sich auf die Leier des Begehrens auszuwirken, auf die Erotik, um die Dinge beim Namen zu nennen.
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Mais devant le mur il se passe d’autres choses, et c’est ce que j’appelle des discours.
Vor der Wand ereignen sich jedoch andere Dinge, nämlich das, was ich Diskurse nenne.98
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Il y en a eu d’autres que ces miens quatre, que j’ai énumérés et qui ne se spécifient d’ailleurs qu’à devoir vous faire apercevoir tout de suite qu’ils se spécifient comme tels : comme n’étant que quatre.
Es hat andere gegeben als meine vier, die ich aufgelistet habe und die im Übrigen nur dadurch spezifiziert sind – da es nötig ist, Sie sogleich wahrnehmen zu lassen, dass sie als solche spezifiziert sind –, dass es nur vier sind.
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Il est bien sûr qu’il y en a eu d’autres dont nous ne connaissons plus rien que ce qui se converge dans ceux-là qui sont les quatre qui nous restent, ceux qui s’articulent de la |{77} ronde du a, du S1 et du S2 , et même du sujet [$] qui paye les pots cassés et qui de cette ronde, à se déplacer selon ces quatre sommets à la suite, nous ont permis de détacher quelque chose pour nous repérer.
Es ist ganz sicher, dass es andere gegeben hat, von denen wir nur noch das kennen, was in diesen da konvergiert, in den Vieren, die uns bleiben und die miteinander verbunden sind in der Runde des a, des S1 und des S2 und sogar des Subjekts [$], das die Zeche zahlt, und die es uns von dieser Runde her, bei der sie sich auf den vier Ecken nacheinander verschieben, die es uns von daher ermöglicht haben, etwas herauszulösen, um uns zu verorten.
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C’est quelque chose qui nous donne l’état actuel de ce qui – de lien social – se fonde du discours, c’est-à-dire quelque chose où, quelque place qu’on y occupe – du maître, de l’esclave, du produit, ou de ce qui supporte toute l’affaire – quelque soit la place qu’on y occupe, on n’y entrave jamais que pouic.
Das ist etwas, das uns den aktuellen Zustand dessen liefert, was vom sozialen Band auf den Diskurs gegründet ist, also auf etwas, wo man – je nachdem, welchen Platz man darin einnimmt, den des Herrn, des Knechts, des Produkts oder dessen, wodurch die ganze Geschichte getragen wird –, wo man, welchen Platz auch immer man darin einnimmt, immer nur Bahnhof versteht.99
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Le sens, d’où surgit-il ?
Der Sinn, von woher taucht er auf?
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C’est en ça qu’il est très important d’avoir fait ce clivage – maladroit sans doute – qu’a fait Saussure, comme le rappelait ce matin Jakobson, du signifiant et du signifié.
Insofern ist es sehr wichtig, die Aufspaltung vorgenommen zu haben, die, sicherlich ungeschickt, Saussure vollzogen hat, wie Jakobson das heute Vormittag in Erinnerung gerufen hat, die in Signifikant und Signifikat.
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Chose d’ailleurs qu’il héritait – c’est pas pour rien – des Stoïciens dont tout à l’heure, je vous ai dit la position bien particulière dans ces sortes de |[15] manipulations.
Übrigens eine Sache, die er – das ist nicht ohne Bedeutung – von den Stoikern geerbt hat, auf deren sehr spezielle Position bei Operationen dieser Art ich Sie vorhin hingewiesen habe.
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Ce qu’il y a d’important, bien sûr, c’est pas que le signifiant et le signifié s’unissent et que ce soit le signifié qui nous permette de distinguer ce qu’il y a de spécifique dans le signifiant, bien au contraire.
Wichtig ist natürlich nicht, dass Signifikant und Signifikat sich vereinen und dass das Signifikat es uns ermöglicht, das Spezifische eines Signifikanten zu unterscheiden, ganz im Gegenteil.
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C’est que le signifié d’un signifiant – ce que j’articule des petites lettres que je vous ai dit tout à l’heure [S2, S1] – le signifié d’un signifiant – là où on accroche quelque chose qui peut ressembler à un sens – ça vient toujours de la place que le même signifiant occupe dans un autre discours.
Wichtig ist vielmehr, dass das Signifikat eines Signifikanten – also dessen, was ich mit den kleinen Buchstaben artikuliere, die ich Ihnen vorhin genannt habe [S2, S1] –, dass das Signifikat eines Signifikanten – da, wo wir etwas anhängen, das einem Sinn ähneln kann –, dass dieses Signifikat immer von dem Platz herkommt, den derselbe Signifikant in einem anderen Diskurs einnimmt.
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C’est bien ça qui leur est à tous monté à la tête quand le discours analytique s’est introduit : il leur a semblé qu’ils comprenaient tout, les pauvres !
Das ist ja das, was, als der analytische Diskurs eingeführt wurde, allen in den Kopf gestiegen ist, es schien ihnen, sie würden alles verstehen, die Ärmsten.
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Heureusement que grâce à mes soins, ce n’est pas votre cas.
Glücklicherweise ist das, dank meiner Bemühungen, bei Ihnen nicht der Fall.
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Si vous compreniez ce que je raconte ailleurs – là où je suis sérieux – vous n’en croiriez pas vos oreilles.
Falls Sie verstünden, was ich anderswo erzähle – da, wo ich seriös bin –, würden Sie Ihren Ohren nicht trauen.
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C’est même pour ça que vous n’en croyez pas vos oreilles, c’est parce qu’en réalité vous le comprenez, mais enfin vous vous tenez à distance.
Ebem deshalb trauen Sie Ihren Ohren nicht, weil Sie es nämlich in Wirklichkeit verstehen, aber letztlich halten Sie sich auf Abstand.
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Et c’est bien compréhensible puisque, dans la grande majorité, le discours analytique ne vous a pas encore attrapé.
Und das ist ja verständlich, denn der analytische Diskurs hat Sie in Ihrer großen Mehrheit noch nicht erwischt.
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Ça viendra malheureusement, car il a de plus en plus d’importance.
Unglücklicherweise wird das kommen, denn er ist zunehmend wichtiger.
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Je voudrais quand même dire quelque chose sur le savoir de l’analyste, à condition que vous ne vous en teniez pas là.
Dennoch möchte ich etwas über das Wissen des Analytikers sagen, vorausgesetzt, dass Sie nicht dabei stehen bleiben.100
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Si mon ami René Thom arrive si aisément à trouver par des coupes de surfaces mathématiques compliquées, quelque chose comme un dessin, une zébrure, enfin quelque chose qu’il appelle aussi bien une pointe, une écaille, une fronce, un pli, et à en faire un usage véritablement captivant… si, en d’autres termes, il y a entre telle tranche d’une chose qui n’existe qu’à ce qu’on puisse écrire : il existe x : : qui satisfait à la fonction f(x), s’il fait ça avec tellement d’aisance, …il n’en reste pas moins que tant que ça n’aura pas rendu raison d’une façon exhaustive de ce avec quoi, |{78} malgré tout, il est bien forcé de vous l’expliquer, à savoir le langage commun et la grammaire autour, il restera là une zone que j’appelle « zone du discours » et qui est celle sur laquelle l’analytique des discours jette un vif jour.
Wenn mein Freund René Thom so leicht dazu gelangt, durch Schnitte in komplexe mathematische Flächen so etwas wie eine Zeichnung zu finden, ein Streifenmuster, sowie etwas, das er dann als Spitze bezeichnet, als Schuppe, als Kräuselung, als Falte, und wenn er dazu gelangt, davon einen wirklich fesselnden Gebrauch zu machen, wenn es, mit anderen Worten, einen Schnitt gibt in eine Sache, die nur von daher existiert, dass man schreiben kann es existiert ein x, das die Funktion f(x) erfüllt, wenn er das mit solcher Leichtigkeit praktiziert, dann bleibt davon unbenommen, dass, solange dies nicht auf erschöpfende Weise das begründet haben wird, womit er gleichwohl gezwungen ist, es Ihnen zu erklären, nämlich die Umgangssprache und die damit einhergehende Grammatik, dass hier eine Zone bleiben wird, die ich als Zone des Diskurses bezeichne und die eben die ist, worauf die Analytik des Diskurses ein helles Licht wirft.
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Qu’est-ce qui là-dessus peut se transmettre d’un savoir ?
Was kann darüber durch ein Wissen übermittelt werden?
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Enfin, il faut choisir !
Denn man muss ja wählen.
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Ce sont les nombres qui savent, qui savent parce qu’ils ont fait s’émouvoir cette matière organisée en un point, bien sûr immémorial, et qui continuent de savoir ce qu’ils font.
Es sind die Zahlen, die wissen – die wissen, weil sie diese organisierte Materie dazu gebracht haben, sich an einem Punkt zu rühren, der sicherlich unvordenklich ist, und die weiterhin wissen, was sie tun.
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Il y a une chose bien certaine, c’est que c’est de la façon la plus abusive que nous mettons là-dedans un sens, que toute idée d’évolution, de perfectionnement, alors |[16] que dans la chaîne animale supposée nous ne voyons absolument rien qui atteste cette adaptation soi-disant continue, à tel point qu’il a bien fallu tout de même qu’on y renonce et qu’on dise qu’après tout, ceux qui passent, alors là ce sont ceux qui ont pu passer.
Eins ist ja sicher, dass wir nämlich groben Missbrauch begehen, wenn wir da einen Sinn / eine Richtung hinein legen, dass jede Idee der Entwicklung, der Vervollkommnung --; während wir doch in der angenommenen Kette der Tiere absolut nichts sehen, wodurch die sogenannte kontinuierliche Anpassung bestätigt werden würde, derart, dass es ja nötig war, darauf zu verzichten und zu sagen, dass diejenigen, die durchgekommen sind, letztlich diejenigen sind, die durchkommen konnten.
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On appelle ça la sélection naturelle, ça veut strictement rien dire.
Man nennt das natürliche Auslese, das bedeutet nicht das Geringste.
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Ça a comme ça un petit sens emprunté à un discours de pirate, et puis pourquoi pas celui-là ou un autre ?
Das hat so einen kleinen Sinn, der einem Piratendiskurs entlehnt ist, und dann, warum nicht dieser da oder ein anderer?101
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La chose la plus claire qui nous apparaît, c’est qu’un être vivant ne sait pas toujours très bien quoi faire d’un de ses organes.
Die Sache, die uns am klarsten zu sein scheint, ist die, dass ein Lebewesen nicht immer so recht weiß, was es mit einem seiner Organe anfangen soll.
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Et après tout c’est près tout c’est peut-être un cas particulier de la mise en évidence par le discours analytique du côté embarrassant du phallus.
Und letztlich ist das vielleicht ein Sonderfall dessen, was der analytische Diskurs als die peinliche Seite des Phallus aufgezeigt hat.
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Qu’il y ait un corrélat entre ça – comme je l’ai souligné au début de ce discours – un corrélat entre ça et ce qui se fomente de la parole, nous ne pouvons rien dire de plus.
Dass es eine Entsprechung gibt zwischen dem – wie ich zu Beginn dieser Rede hervorgehoben habe –, eine Entsprechung zwischen dem und dem, was durch das Sprechen angestiftet wird, mehr können wir darüber nicht sagen.
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Qu’au point où nous en sommes de l’état actuel des pensées… ça fait la sixième fois que je viens d’employer cette formule, il est bien clair que ça n’a pas l’air de tracasser personne, c’est pourtant bien quelque chose qui vaudrait qu’on y revienne, parce que l’état actuel des pensées, j’en fais un meuble.
Dass an dem Punkt, an dem wir beim aktuellen Zustand der Gedanken damit sind – das ist das sechste Mal, dass ich diese Formulierung verwendet habe, es ist wohl klar, dass es nicht so aussieht, als würde das irgendjemanden beunruhigen, das ist aber doch etwas, wobei es sich lohnen würde, darauf zurückzukommen, denn aus dem aktuellen Zustand der Gedanken, daraus mache ich einen festen Teil der Einrichtung.
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C’est pourtant vrai, hein ?
Das ist trotzdem wahr, nicht wahr?
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C’est pas de l’idéalisme de dire que les pensées sont aussi strictement déterminées que le dernier gadget.
Wenn man sagt, dass die Gedanken genauso streng determiniert sind wie der letzte technische Schnickschnack, ist das kein Idealismus.
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Enfin dans l’état actuel des pensées, on a le discours analytique qui, quand on veut bien l’entendre pour ce qu’il est, se montre lié à une curieuse adaption, parce qu’enfin, si c’est vrai cette histoire de castration, ça veut dire que chez l’homme la castration c’est le moyen d’adaptation à la survie.
Also beim aktuellen Zustand der Gedanken haben wir den analytischen Diskurs, bei dem sich zeigt – wenn wir uns bemühen, ihn als das zu verstehen, was er ist –, dass er mit einer merkwürdigen Anpassung verbunden ist, denn wenn diese Kastrationsgeschichte stimmt, dann heißt das schließlich, dass beim Menschen die Kastration das Mittel zur Anpassung ans Überleben ist.
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C’est impensable mais c’est vrai.
Das ist undenkbar, aber das ist wahr.
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Tout cela n’est peut-être qu’un artifice, un artefact de discours.
All das ist vielleicht nur ein Kunstgriff, ein Artefakt des Diskurses.
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Que ce discours – si savant à compléter les autres – que ce discours se soutienne, c’est peut-être seulement une phase historique.
Dass dieser Diskurs – darin so bewandert, die anderen zu vervollständigen –, dass dieser Diskurs sich hält, ist vielleicht nur eine historische Phase.
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La vie sexuelle de la Chine ancienne va peut-être refleurir ; elle aura un certain nombre de sales ruines à engloutir avant que ça se passe.
Das Sexualleben des alten China wird vielleicht wieder aufblühen; bevor das geschieht, wird es eine Reihe schmutziger Ruinen vernichten müssen.
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{79} Mais pour l’instant, qu’est-ce que ça veut dire, ce sens que nous apportons ?
Im Augenblick jedoch, was bedeutet das, dieser Sinn, den wir anbringen?102
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Ce sens, en fin de compte est énigme, et justement parce qu’il est sens.
Dieser Sinn ist letztlich ein Rätsel, und genau deshalb, weil er Sinn ist.103
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Il y a quelque part, dans la seconde édition d’un volume de ce volume là que j’ai laissé dans un temps sortir, qui s’appelle Écrits il y a un petit ajout qui s’appelle La métaphore du sujet.
Es gibt da, irgendwo in der zweiten Auflage eines Buches, des Buches, das ich einmal herauskommen ließ, das Schriften heißt, da gibt es eine kleine Ergänzung mit dem Titel Die Metapher des Subjekts.104
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J’ai joué longtemps sur la formule dont se régalait mon cher ami Perelman : « un océan de fausse science »…
Ich habe [darin] ausführlich mit der Formulierung gespielt, an der sich mein lieber Freund Perelman105 ergötzt hatte: „ein Ozean falscher Wissenschaft“.106
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On n’est jamais bien sûr – et je vous conseille de partir de là – |[17] de ce que j’ai derrière la tête quand je m’amuse justement !
Man ist sich niemals sicher – und ich rate Ihnen, davon auszugehen –, was ich, wenn ich mich gerade amüsiere, im Hinterkopf habe.
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« Un océan de fausse science », c’est peut-être le savoir de l’analyste, pourquoi pas ?
„Ein Ozean falscher Wissenschaft“, das ist vielleicht das Wissen des Analytikers, warum nicht?
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Pourquoi pas, si justement c’est seulement de sa perspective que se décante ceci : que la science n’a pas de sens, mais qu’aucun sens de discours, à ne se soutenir que d’un autre, n’est que sens partiel.
Warum nicht, wenn nur aus seiner Perspektive Folgendes geklärt wird: dass die Wissenschaft keinen Sinn hat, dass aber jeder Sinn eines Diskurses, da er nur durch einen anderen Diskurs gestützt wird, nur partieller Sinn ist.
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Si la vérité ne peut jamais que se mi-dire – c’est là le noyau, c’est là l’essentiel du savoir de l’analyste – c’est qu’à cette place là, dans ce que j’ai appelée tétrapode ou quadripède, à la place de la vérité se tient S2.
Diskurs des Analytikerss
Wenn die Wahrheit immer nur halbgesagt werden kann – das ist der Kern, das ist das Wesentliche des Wissens des Analytikers –, dann heißt das, dass sich an diesem Platz hier, in dem, was ich Tetrapode oder Quadripede genannt habe, dass sich am Platz der Wahrheit S2 hält.
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Ce savoir, c’est un savoir lui-même qui est donc toujours à mettre en question.
Dieses Wissen ist selbst ein Wissen, das also immer in Frage zu stellen ist.
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De l’analyse, il y a une chose par contre à prévaloir : c’est qu’il y a un savoir qui se tire du sujet lui-même.
Von der Analyse her gibt es jedoch etwas, das den Vorrang hat, nämlich dass es ein Wissen gibt, das aus dem Subjekt selbst herausgezogen wird.
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À la place, pôle, de la jouissance, le discours analytique met S barré.
Am Platz, am Pol der Jouissance trifft der analytische Diskurs auf das durchgestrichene S.
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C’est dans le trébuchement, dans l’action ratée, dans le rêve, dans le travail de l’analysant que résulte ce savoir.
Das, worin dieses Wissen resultiert, ist das Stolpern, die Fehlhandlung, der Traum, die Arbeit des Analysanten.107
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Ce savoir qui – lui – n’est pas supposé, il est savoir, savoir caduque, rogaton de savoir, surrogaton de savoir : c’est cela l’inconscient.
Dieses Wissen, das nicht unterstellt ist, ist Wissen, veraltetes Wissen, Wissensrest, surrogaton – Ersatz-Rest – des Wissens, und das ist das Unbewusste.108
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Ce savoir-là c’est ce que j’assume, je définis pour ne pouvoir se poser – trait nouveau dans l’émergence – que de la jouissance du sujet.
Von diesem Wissen nehme ich an, dieses Wissen definiere ich von daher, dass es nur von der Jouissance des Subjekts her gesetzt werden kann – im Auftauchen begriffener neuer Zug.
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Anmerkungen
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Vgl. Jacques Lacan: … or Worse. The Seminar of Jacques Lacan, Book XIX. Edited by Jacques-Alain Miller. Translated by Adrian R. Price. Polity Press, Cambridge (UK) 2018.
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Das Erstellungsdatum einer PDF-Datei findet man im Adobe Acrobat Reader DC Version 2015 unter Datei > Eigenschaften > Beschreibung > Erstellt am.
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Diagramm aus: J. Lacan: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013, S. 93. Von mir gefärbt, RN.
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Die aktuelle Sitzung ist die vierte Sitzung der Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers. Eine Übersetzung der ersten drei Sitzungen sowie des Anfangs dieser Sitzung findet man in: J. Lacan, Ich spreche zu den Wänden, a.a.O.
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Vgl. Das Wissen des Psychoanalytikers, Sitzungen vom 4. November 1971 und vom 2. Dezember 1971.
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„Hier“ ist das Sainte-Anne-Krankenhaus in Paris. Von 1953 bis 1963 (Seminare 1 bis 10) hatte Lacan sein Seminar dort abgehalten, solange bis ihm die Zulassung als Lehranalytiker entzogen wurde. 1964 erhielt er einen Lehrauftrag von der sechsten Sektion der École pratique des hautes études und als Veranstaltungsort die École normale supérieure de Paris, rue d’Ulm.
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Diagramm aus: Ich spreche zu den Wänden, a.a.O., S. 93. Von mir gefärbt, RN.
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Anderswo: gemeint ist das parallel laufende Seminar 19 von 1971/72, „… oder schlimmer“, das in der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne, Rechtsfakultät, gehalten wurde.
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Anspielung auf eine Passage in Lacans Ethik-Seminar. Lacan unterscheidet dort zwischen den Linksintellektuellen als fools, als Narren, und den Rechtsintellektuellen als knaves, als Schurken, und er behauptet, eine Versammlung von Schurken laufe auf kollektive Dummheit hinaus und eine Versammlung von Narren auf kollektive Schurkerei (vgl. Die Ethik der Psychoanalyse, Seminar 7 von 1959/60, Sitzung vom 23. März 1960, Version Miller/Haas S. 221–223).
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Lacan bezieht sich wieder auf den dritten Vortrag von Das Wissen des Psychoanalytikers (6. Januar 1972); vgl. Ich spreche zu den Wänden, a.a.O., S. 91–96. Dort findet man bereits das Wortspiel mit der Lautähnlichkeit von la mur (die Mauer / die Wand) und l’amour (die Liebe) und Lacan hatte darauf hingewiesen, dass man in l’amur das a in Klammern setzen kann (a.a.O., S. 96).
Die „Ballade in sechs Versen“ ist von Antoine Tudal:„Entre l’homme et l‘amour,
Il y a la femme.
Entre l’homme et la femme,
Il y a un monde.
Entre l’homme et le monde,
Il y a un mur.“(In: Paris en l’an 2000. Editions littéraires et artistiques, Paris 1945.)
(„Zwischen dem Mann und der Liebe
Gibt es die Frau,
Zwischen dem Mann und der Frau
Gibt es eine Welt,
Zwischen dem Mann und der Welt,
Gibt es eine Mauer/Wand.“)Mit diesem Gedicht hatte Lacan bereits den dritten Teil des Rom-Vortrags eingeleitet (Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse. In: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 278–381, hier: S. 341).
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In Seminar 18 hatte Lacan den Buchstaben zum ersten Mal klar vom Signifikanten abgegrenzt: der Buchstabe bezieht sich auf eine Jouissance und gehört zum Realen, der Signifikant gehört zum Symbolischen (vgl. Sitzung vom 12. Mai 1971, vorgetragene Version von Lituraterre, S. 117 und 122). In Seminar 19 hatte er den Begriff des Buchstabens so erläutert: als Wiederkehr des Verdrängten (vgl. Sitzung vom 15. Dezember 1971, Version Miller S. 26).
Wenn man das zusammenfügt erhält man: Der Buchstabe ist das Symptom (Wiederkehr des Verdrängten), insofern es in Beziehung zu einer Jouissance steht, insofern es Ersatzbefriedigung ist, wie Freud sagt.
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Lacan bezieht sich auf die Erzählung von Belsazar und der Flammenschrift in der hebräischen Bibel (Daniel 5). Er hatte diese Geschichte bereits früher kommentiert, in Seminar 14 von 1966/67, Die Logik des Phantasmas, in der Sitzung vom 23. November 1966, um zu erläutern, dass sich das „Alle“ (dort: das Diskursuniversum) durch eine Ausnahme fundiert wird (dort: das Axiom, dass der Signifikant sich nicht selbst signifizieren kann).
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Vgl. J. Lacan: Das Seminar über „Der gestohlene Brief“. In: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 12–73, hier: 49. (In Gondeks Übersetzung: „So meint ‚der gestohlene Brief‘, ja der ‚unzustellbare‘ Brief, dass ein Brief stets am Schickungsort ankommt.“)
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Der andere Ort ist das Seminar 19, „… oder schlimmer“, das an der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne stattfand.
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Poubellique: Kofferwort aus publique (öffentlich) und poubelle (Müllereimer).
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Den Ausdruck quadripode (Vierfüßler) hatte Lacan zuerst in Seminar 17 verwendet, Die Kehrseite der Psychoanalyse, in der Sitzung vom 26. November 1969 (vgl. Version Miller S. 15), veröffentlicht hatte er ihn dann in Allocution sur l’enseignement. In: Scilicet, Heft 2/3, 1970, S. 391–399 (wieder abgedruckt in: J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 297–305; quadripode findet man dort auf den Seiten 298, 300 und 301).
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Im Französischen sind quadrupède und tetrapode bildungssprachliche Ausdrücke für den Vierbeiner oder Vierfüßler; in quadrupède orientieren sich beide Bestandteile am Lateinischen, in tetrapode am Griechischen.
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Price merkt hierzu in seiner englischen Übersetzung an, dass Isidor von Sevilla solche Wortbildungen als medius (dazwischenliegend) und auch bereits als nothus (Bastard, Mischling) bezeichnete. Heute spricht man auch von Hybridbildung.
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Lacan bezieht sich auf ein Interview, dass er dem Belgischen Rundfunk gegeben hatte (ausgestrahlt am 5. Juni 1970); unter dem Titel Radiophonie wurde es im Dezember desselben Jahres in Scilicet 2/3 veröffentlicht. Darin geht es um die vier Diskurse (Frage VII); der Ausdruck „Quadripoden“ wird von Lacan dort nicht verwendet. Vgl. J. Lacan: Radiophonie. Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: Ders.: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim 1988, S. 5–54.
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Mit dem „Inneren“ ist hier Lacans Seminar gemeint, speziell Seminar 17 von 1969/70, Die Kehrseite der Psychoanalyse, in dem er die Theorie der vier Diskurse entwickelt hatte.
Das Seminar ist das „Innere“ im Gegensatz zum „Äußeren“ der Massenmedien. Vermutlich spielt Lacan damit auf den Gegensatz zwischen dem „Esoterischem“ und dem „Exoterischen“ an. „Esoterisch“ kommt vom griechischen Wort esōterikós „innerlich“, „exoterisch“ kommt von exōterikós, „äußerlich“. „Esoterik“ ist zunächst die Lehre, die nur einem „inneren“ Kreis zugänglich ist, „Exoterik“ die Lehre, die sich nach „außen“ wendet.
Lacans knappe Zusammenfassung der Theorie der vier Diskurse findet man am Schluss von Radiophonie, a.a.O., Frage VII.
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Offenbar bezieht sich Lacan hier wieder auf die These, dass ein Diskurs seinen Sinn durch einen anderen Diskurs bekommt.
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Monade ist Lacans Terminus für das Element einer Menge (vgl. Sitzung vom 19. April 1972, Version Miller S. 147).
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Die vier Punkte beziehen sich demnach auf eine mathematisch beweisbare Unmöglichkeit, auf etwas Reales.
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Die beiden Zeichnungen stellen regelmäßige Tetraeder (Vierflächner) dar. Links sieht man ein Tetraeder mit einer Spitze oben, rechts ein Tetraeder mit einer Grundfläche oben.
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Tetraeder: Mehr über den Tetraeder sagt Lacan in Seminar 15, Der psychoanalytische Akt, in der Sitzung vom 17. Januar 1968
Arithmetisches Dreieck: Lacan bezieht sich hier auf Seminar 19, … oder schlimmer, auf die Sitzung vom 19. Januar 1972.
Im arithmetischen Dreieck (mit waagerechter Zeile der 1, 1, 1 usw.) findet man die Spalte 1, 4, 6,4, 1 und diese Zahlen entsprechen den Merkmalen einer Tetraede: 1 Figur, 4 Ecken, 6 Kanten, 4 Flächen, 1 Tetrade (vgl. die Anmerkung von Adrian Price in seiner Übersetzung von Seminar 19, S. 236, Fn. 7).
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Gemeint ist Seminar 17 von 1969/70, Die Kehrseite der Psychoanalyse, in dem Lacan die vier Diskurse eingeführt hatte.
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„Tetraeder“ bedeutet „Vierflächner“; die vier Flächen bieten sich dem Anblick dar.
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Offenbar geht es Lacan hier darum, die „euklidische“ Konzeption der vier Plätze durch einen gerichteten Graphen im Sinne der mathematischen Graphentheorie zu ersetzen und damit an den sogenannten Graphen des Begehrens anzuschließen.
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Das Diagramm in Millers Version des Seminars enthält zwei Fehler: der obere waagerechte Pfeil und der Pfeil von „vérité“ nach „jouissance“ sind bei Miller Doppelpfeile.
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Wie bereits in Seminar 18 bezeichnet Lacan auch hier die Darstellung der Diskursformeln als Tetraeder, d.h. als Vierflächner (vgl. Seminar 18, Sitzung vom 13. Januar 1971, Version Miller S. 9; Sitzung vom 17. März 1971, Version Miller S. 96, 101–103). Allerdings hat ein Tetraeder sechs Kanten, nicht fünf. Fehlt eine Kante, fehlen auch zwei Flächen.
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Das Diagramm wird in zwei Schritten erzeugt. Im ersten Schritt gibt es einen Pfeil von unten rechts nach unten links. Damit gibt es sechs Kanten und die Figur kann als Tetraeder aufgefasst werden. Im zweiten Schritt wird der untere Pfeil entfernt. Da ein Tetraeder seiner Definition nach sechs Kanten hat, ist die Figur auf fünf Pfeilen kein Tetraeder mehr.
Die Jouissance oben rechts ist die phallische Jouissance, wie Lacan ein paar Sätze später sagen wird, d.h. die durch den Kastrationskomplex geprägte sexuelle Lust, die für Lacan insofern keine „sexuelle“ Lust ist, als sie sich nicht auf das biologische Gegengeschlecht bezieht.
Die Mehrlust (unten rechts) ist die an die Phantasievorstellung des Objekts a gebundene Mehrlust, im Falle der Neurose ist dies die mit dem Symptom verbundene „Ersatzbefriedigung“ (wie Freud sich ausdrückt).
Die rechte Seite des Schemas bezieht sich also auf das Verhältnis zwischen der phallischen Jouissance und der Symptomlust (der Mehrlust).
Die Bezeichnung der vier Ecken des Schemas mit Wahrheit, Schein, Jouissance und Mehrlust (plus-de-jouir) hatte Lacan erstmals in der vorangegangenen Sitzung von Das Wissen des Psychoanalytikers vorgenommen (Sitzung vom 6. Januar 1972, vgl. Ich spreche zu den Wänden, a.a.O., S. 98). Die Bezeichnung der unteren rechten Ecke mit Mehrlust ist insofern bemerkenswert, als Mehrlust (bzw. Objekt a) bislang eines der vier Elemente war, die auf den vier Plätzen rotieren; im Herrendiskurs ist es am Platz unten rechts.
Die Bezeichnung der vier Ecken als Wahrheit, Schein, Jouissance und Mehrlust wird von Lacan drei Monate später in einem Vortrag in Mailand wiederholt:
„Um also ein wenig mehr über die Wirkungen der Sprache zu wissen, um zu wissen, wie hierdurch das determiniert ist, was ich mit einem Namen bezeichnet habe, der keineswegs der ist, den man üblicherweise verwendet: das Subjekt […]. […] Wenn es rechtzeitig auf der Linie von Freud eine Arbeit, eine bestimmte Arbeit gegeben hätte, dann hätte es vielleicht an diesem Platz, den sie bezeichnet, in dieser grundlegenden Stütze, die durch die folgenden Termini getragen wird: Schein, Wahrheit, Jouissance, Mehrlust, dann hätte es vielleicht auf der Ebene der Produktion – denn die Mehrlust ist das, was von diesem Spracheffekt produziert wird –, dann hätte es auf dieser Ebene vielleicht das gegeben, was der analytischen Diskurs impliziert, nämlich eine etwas bessere Verwendung des Signifikanten als Eins.“
(Jacques Lacan: Du discours psychanalytique. (Vortrag an der Universität Mailand am 12. Mai 1972.) In: Lacan in Italia. 1953–1978. En Italie Lacan. La Salamandra, Mailand 1978, S. 27–39, hier : S. 36, meine Übersetzung (RN). Man findet diesen Vortrag im Internet auf der Seite der École lacanienne de psychanalyse, Pas-tout Lacan, hier; eine englische Übersetzung durch Jack Stone gibt es hier.)
Der Platz unten rechts ist demnach sowohl der Platz der Mehrlust als auch der Produktion.
Hier ein Überblick darüber, wie sich die Bezeichnung der vier Plätze im Diskurs-Schema bis zu diesem Zeitpunkt entwickelt hat:
- Die Bezeichnung des Platzes unten links mit „Wahrheit“ verwendet Lacan von Anfang an.
- Der Platz oben links wird in Seminar 17 zunächst mit „Begehren“ (S. 106) bezeichnet, dann mit „Agent“ (S. 196), mit „Agent“ auch in Radiophonie (S. 49); in Seminar 18 erhält dieser Platz die Bezeichnung „Schein“.
- Der Platz oben rechts heißt in Seminar 17 zunächst „Anderer“ (S. 106), dann „Arbeit“ (S. 196), in Radiophonie „anderer“. Die Zuordnung zur Jouissance erfolgt erstmals in dieser Sitzung.
- Der Platz unten rechts heißt in Seminar 17 zunächst „Verlust“ (S. 106), dann „Produktion“ (S. 196). Im dritten Vortrag von Ich spreche zu den Wänden (6. Januar 1972) wird dieser Platz mit plus-de-jouir bezeichnet.*
Diese Darstellung des Diskursschemas mit Pfeilverbindungen findet man zuerst in Seminar 18 von 1971, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 17. März 1971 (in Millers Ausgabe von Seminar 18 werden die Pfeilverbindungen falsch dargestellt; vgl. Version Miller S. 101).
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Da der Pfeil von unten rechts nach unten links getilgt worden ist, gehen von der Ecke unten links zwei Pfeile aus, ohne dass ein Pfeil bei ihr ankommt.
Das Dreieck auf der Gegenseite wird gebildet durch den Pfeil von „Mehrlust“ nach „Schein“, den Pfeil von „Schein“ nach „Jouissance“ und den Pfeil von „Jouissnace“ nach „Mehrlust“.
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Die unterscheidenden Merkmale sind:
Ecke unten links: zwei wegführende Pfeile, kein ankommender Pfeil;
Ecke oben links: ein wegführender Pfeil, zwei ankommende Pfeile;
Ecke oben rechts: ein wegführender Pfeil, zwei ankommende Pfeile;
Ecke unten rechts: ein wegführender Pfeil, ein ankommender Pfeil.Unter dem Gesichtspunkt der Pfeil-Beziehungen gibt es also keinen Unterschied zwischen den beiden oberen Ecken.
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Vgl. J. Lacan: Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse (1953). In: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 278–381.
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Damit ist Lacan beim Hauptthema dieses Vortrags, bei der Frage des Sinns. Dabei geht es, in psychoanalytischer Perspektive, um den Sinn der Deutung, wie Lacan am Schluss dieser Sitzung klarmachen wird.
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bis hin zum archaistschen: Aus den anschließenden Bemerkungen geht hervor, dass Lacan sich hier auf C.G. Jungs Lehre von den Archetypen bezieht.
nur ihre Überlagerung ergibt Sinn: Gemeint ist vermutlich die These, dass ein Diskurs nur durch einen anderen Diskurs Sinn erhält – der Sinn entsteht durch die Überlagerung von Diskursen.
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Vielleicht soll angedeutet werden, dass Mythen einen Sinn bekommen, wenn man sie auf einen zweiten Diskurs bezieht, auf die Mathematik (die Kombinatorik).
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Gemeint ist Claude Lévi-Strauss, vgl. dessen Aufsatz Die Struktur der Mythen (1955). In: Ders.: Strukturale Anthropologie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1969, S. 226–254, sowie die vier Bände von Mythologiques, .Plon, Paris 1964–1971; dt.: Mythologica, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971–1975.
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Zu den Jung’schen Archetypen vgl. u.a.: Carl Gustav Jung: Über die Archetypen des kollektiven Unbewussten. Eranos-Jahrbuch 1934, Rhein-Verlag, Zürich 1935, S. 179–229; überarbeitete Fassung: Von den Wurzeln des Bewußtseins. Studien über den Archetypus. In: C. G. Jung: Gesammelte Werke Band 9/1, Rascher Verlag, Zürich 1954, § 1-86.
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Möglicherweise eine verdeckte Selbstkritik an einer Bemerkung in der vorangegangenen Sitzung von Seminar 19:
„Die Detumeszenz beim Mann hat diesen Appell speziellen Typs hervorgebracht, nämlich die artikulierte Sprache, wodurch die Notwendigkeit des Sprechens in ihren Dimensionen eingeführt wird.“
(Sitzung vom 19. Januar 1972, Version Miller S. 54)
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Möglicherweise eine Anspielung auf das Werk von Ludwik Fleck, Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache, 1935.
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Damit kommt Lacan auf den Begriff des Sagens zurück und gibt eine Definition. Bisher hieß es zum Sagen:
– Im Seminartitel „… oder schlimmer“ stehen die drei Pünktchen für „Sagen“, nämlich für das Sagen von „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“ (vgl. 8. Dezember 1972, Version Miller S. 12).
– „Verwerfung gibt es nur in Bezug auf das Sagen. Ob über das Etwas, das existiert […], etwas gesagt werden kann oder nicht, darum geht es in der Verwerfung.“ (8. Dezember 1971, Version Miller S. 23)
– Das „Es existiert nicht“ in der Formel wird durch ein Sagen des Mannes affirmiert (vgl. 12. Januar 1972, Version Miller S. 48).
Jetzt also:
– Das Sagen ist ein Sprechen, durch das eine Tatsache begründet wird. -
Befehlen, Bitten, Beleidigen, ein Gelübde ablegen – das sind typische performative Akte im Sinne von John Austins Sprechakttheorie (How to do things with words. Clarendon Press Oxford 1962; dt.: Zur Theorie der Sprechakte. Reclam, Stuttgart 1972). Unter Sagen versteht Lacan demnach nicht einen performativen Akt im Sinne von Austin.
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Gemeint ist das Seminar in der Sorbonne am Place du Panthéon.
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Die Pointe dieser Bemerkung ist das „oder nicht“, wie man im nächsten Satz sehen wird. Die Erektion ist unahängig von der Rolle, unabhängig von der Beziehung zum anderen Geschlecht.
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Die Erektion steht in keinem Verhältnis zum anderen Geschlecht.
Bei der Erektion geht es in Lacans Terminologie, nicht um das Begehren, sondern um die Jouissance. In Seminar 14, Die Logik des Phantasmas (1966/66), heißt es:
„Die Erektion, na ja, mein Gott, das hat nichts mit dem Begehren zu tun. Das Begehren kann perfekt funktionieren, ins Spiel kommen, mit all seinen Auswirkungen, ohne davon irgendwie begleitet zu sein. Die Erektion ist ein Phänomen, dass man auf dem Weg der Jouissance verorten muss. Ich meine, dass sie, die Erektion, von sich aus Jouissance ist, und wenn sie gefordert (demandé) wird, damit der sexuelle Akt vollzogen wird, dann soll man sich dabei nicht aufhalten: das ist auto-erotische Jouissance.“
(Sitzung vom 21. Juni 1967, meine Übersetzung, RN, nach Version ALI)
Die mit der Erektion verbundene Jouissance bezieht sich nicht auf das andere Geschlecht; eben das meint der Ausdruck Φx in den Formeln der Sexuierung. Φx steht für die Kastration (vgl. Seminar 19, Sitzung vom 15. Dezember 1971, Version Miller S. 33) und, wie man vorläufig sagen kann, für die sexuelle Jouissance (vgl. Seminar 19, Sitzung vom 12. Januar 1972, Version Miller S. 46). Also besteht die Kastration darin, dass sich die mit der Erektion verbundene Jouissance, die sogenannte sexuelle Jouissance, nicht auf das andere Geschlecht bezieht und insofern nicht „sexuell“ ist.
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Lacan bezieht sich auf den Titel von: J. Lacan: Die Bedeutung des Phallus (Vortrag von 1958, veröffentlicht 1966). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 192–204.
Der Genitiv ist hier voll im Gleichgewicht: Es handelt sich um einen Genitiv, der zugleich subjektiv und objektiv ist, es geht zugleich um die Bedeutung, die der Phallus hat, und um die Bedeutung, die der Phallus gibt.
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Gemeint ist Roman Jakobson (1896–1982).– Hinweis von J.-A. Miller in seiner Ausgabe des Seminars: Auf Einladung von Claude Lévi-Strauss hielt Jakobson zu diesem Zeitpunkt eine Reihe von Vorträgen am Collège de France.
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In der Sitzung vom 12. Januar 1972 hieß es:
„Deshalb ist der Wert des anderen Partners – der Wert, den ich zu Beginn als Mann beziehungsweise als Frau bezeichnet habe – für die Sprache unerreichbar, genau insofern nämlich, als die Sprache von Anfang an als Stellvertretung für die sexuelle Jouissance fungiert und sie hierdurch das Eindringen der Jouissance in die körperliche Wiederholung ordnet.“
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Demnach könnte man das Schema der vier Plätze auch so darstellen, mit „phallische Jouissance“ oben rechts:
„Sexuelle Jouissance“ hier vermutlich im Sinne von: „durch den Bezug auf das biologische Gegengeschlecht spezifizierte Jouissance“.
Lacan versucht hier, nehme ich an, Freuds These von der gewissermaßen männlichen Natur der Libido zu reformulieren. Bei Freud kann man lesen:
„Ja, wüßte man den Begriffen ‚männlich und weiblich‘ einen bestimmteren Inhalt zu geben, so ließe sich auch die Behauptung vertreten, die Libido sei regelmäßig und gesetzmäßig männlicher Natur, ob sie nun beim Mann oder beim Weibe vorkomme und abgesehen von ihrem Objekt, mag dies der Mann oder das Weib sein.“
(Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 5. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 37–145, hier: S. 123)
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Damit irgendeines dieser Tiere, die Beute des Sprechens sind, fortbesteht: Damit sich Menschen, also sprechende Wesen, fortpflanzen.
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In Die Bedeutung des Phallus (1958) hatte Lacan statt von semblant (Schein) vom paraître (Erscheinen) gesprochen:
„Sagen wir, dass sich diese Beziehungen [zwischen den Geschlechtern] um ein Sein und ein Haben drehen werden, die sich dadurch, dass sie sich auf einen Signifikanten, den Phallus, beziehen, die gegenläufige Wirkung haben, auf der einen Seite dem Subjekt in diesem Signifikanten Realität zu verleihen, auf der anderen Seite die Beziehungen, die es zu bedeuten gilt, zu irrealisieren.
Dies durch die Intervention eines Erscheinens [paraître], das sich an die Stelle des Habens setzt, um es zu schützen einerseits, um dessen Mangel im Anderen zu verschleiern, und dessen Wirkung es ist, dass es die idealen und typischen Manifestationen des Verhaltens eines jeden der Geschlechter bis zum Äußersten des Aktes der Kopulation ganz und gar in die Komödie projiziert.“
(J. Lacan: Die Bedeutung des Phallus. In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 192–204, hier: S. 202, Übersetzung geändert, RN)
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Vgl. Robert Hans van Gulik: Sexual life in ancient China. A preliminary survey of Chinese sex and society from ca. 1500 B.C. till 1644 A.D. Brill, Leiden 1961.– La Vie sexuelle dans la Chine ancienne. Gallimard, Paris 1971.
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Unter dem „Anderen“ versteht Lacan hier vermutlich ein Individuum des anderen Geschlechts.
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Wohl im Sinne von: Was von keinem erfahrenen Psychoanalytiker bezweifelt wird.
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Vgl. J. Lacan: Gides Jugend. Buchstabe, Brief und Begehren (1958). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 257–288.
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Hier und im Folgenden bezieht Lacan sich auf die Opposition von normal und pathologisch.
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Vielleicht eine Anspielung auf den Begriff courbe en cloche, „Glockenkurve“, für die visuelle Darstellung der Normalverteilung.
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Pédaler bedeutet (beim Radfahren) „in die Pedale treten“, „radfahren“, „fahren“. Das Nomen pédale bezieht sich bisweilen (vulgär, informell) auf einen männlichen Homosexuellen. (Hinweis von Adrian Price in der englischen Übersetzung)
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Lacan bringt hier den Universitätsdiskurs mit dem Begriff des Normalen zusammen, in Anspielung auf den Begriff écoles normales für Schulen der Lehrerausbildung. Bis 1991 gab es écoles normales primaires für die Ausbildung von Schullehrern, heute nur noch écoles normales supérieures für die Ausbildung von Universitätslehrern, darunter die berühmte école normale supérieur de Paris, in deren Räumen Lacan von 1964 bis 1969 unterrichtete (Seminar 11 bis 16). Im deutschsprachigen Bereich hießen Schulen für Lehrerausbildung im 18. und 19. Jahrhundert Normalschulen, im Vereinigten Königreich und in den USA bis ins 20. Jahrhundert hinein normal schools, in Lateinamerika heißen sie bis heute escuelas normales.
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Menon, Dialog von Platon. Als doxa („Meinung“) bezeichnet Platon eine Auffassung, für die es keine Begründung gibt. Gegenbegriff zu doxa ist bei Platon epistēmē, (begründetes) Wissen.
Lacan macht hier ein Wortspiel mit der Lautgleichheit von Menon und mais non („aber nein“).
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Der Universitätsdiskurs dient demnach der Normalisierung der Doxa.
Normale leitet sich her vom lateinischen Wort normalis, aus norma mit dem Suffix -alis, vermutlich zurückgehend auf das griechische Wort gnôma („Marke“) oder gnôrimos („bekannt“).
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Lacans These lautet demnach, dass der Diskurs der Psychoanalyse aus einer Krise des Universitätsdiskurses hervorgeht.
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Gemeint ist Hegels Phänomenologie des Geistes (1807), darin Kapitel IV.A. „Selbständigkeit und Unselbständigkeit des Selbstbewusstseins; Herrschaft und Knechtschaft“.
Die Philosophie steht, Lacan zufolge, im Dienste des Herrendiskurses.
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Vielleicht eine Anspielung auf den psychoanalytischen Begriff der Übertragung.
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Im Diskurs des Analytikers repräsentiert der Analytiker am Platz des Scheins (in der Formel der Platz oben links) das Objekt a bzw. die Mehrlust. Vgl. Freud:
„Unsere Erfahrungen haben nun ergeben, daß von diesen das Liebesleben bestimmenden Regungen nur ein Anteil die volle psychische Entwicklung durchgemacht hat; dieser Anteil ist der Realität zugewendet, steht der bewußten Persönlichkeit zur Verfügung und macht ein Stück von ihr aus. Ein anderer Teil dieser libidinösen Regungen ist in der Entwicklung aufgehalten worden, er ist von der bewußten Persönlichkeit wie von der Realität abgehalten, durfte sich entweder nur in der Phantasie ausbreiten oder ist gänzlich im Unbewußten verblieben, so daß er dem Bewußtsein der Persönlichkeit unbekannt ist. Wessen Liebesbedürftigkeit nun von der Realität nicht restlos befriedigt wird, der muß sich mit libidinösen Erwartungsvorstellungen jeder neu auftretenden Person zuwenden, und es ist durchaus wahrscheinlich, daß beide Portionen seiner Libido, die bewußtseinsfähige wie die unbewußte, an dieser Einstellung Anteil haben.
Es ist also völlig normal und verständlich, wenn die erwartungsvoll bereitgehaltene Libidobesetzung des teilweise Unbefriedigten sich auch der Person des Arztes zuwendet. Unserer Voraussetzung gemäß wird sich diese Besetzung an Vorbilder halten, an eines der Klischees anknüpfen, die bei der betreffenden Person vorhanden sind, oder, wie wir auch sagen können, sie wird den Arzt in eine der psychischen »Reihen« einfügen, die der Leidende bisher gebildet hat.“
(Zur Dynamik der Übertragung (1912), GW 8, S. 365)
„Wir [die Psychoanalytiker] eröffnen ihm [dem Patienten] die Übertragung als den Tummelplatz, auf dem ihm gestattet wird, sich in fast völliger Freiheit zu entfalten, und auferlegt ist, uns alles vorzuführen, was sich an pathogenen Trieben im Seelenleben des Analysierten verborgen hat.“
(Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten (1914), GW 10, S. 134)
In Freuds Terminologie: Der Psychonalytiker wird zum Objekt unbewusster libidinöser Regungen des Patienten; mit Lacan: er repräsentiert für ihn die Mehrlust, das Objekt a.
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Eine frühe Formulierung des Problems findet man in Seminar 8, Die Übertragung. Dort heißt es:
„Wir wissen sehr wohl, dass wir in unserer Position als Analytiker auch nicht mehr so tätig werden können, wie Freud tätig wurde, der in der Analyse die Position des Vaters übernahm. Und es ist das, was uns an seiner Weise zu intervenieren verblüfft. Und eben deshalb, weil wir nicht mehr wissen, wo wir uns verkriechen können – weil wir nicht gelernt haben, davon ausgehend neu zu artikulieren, welches unsere uns eigene Position sein muß. Das Resultat ist, daß wir unsere Zeit damit verbringen, unsere Patienten zu sagen – Sie halten uns für eine schlechte Mutter –, was dennoch auch nicht mehr die Position ist, die wir annehmen müssen.“
(Sitzung vom 10. Mai 1961, Version Miller/Gondek S. 364)
Die Frage ist demnach: Welches ist die Position des Analytikers, wenn es nicht die des Vaters und nicht die der Mutter ist?
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Vielleicht ist gemeint: Es geht nicht um das Begehren im Sinne der Umgangssprache und nicht um sexuelle Annäherungen durch Worte, wie sie durch den Karneval erleichtert werden.
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Eines der vier Elemente, die in den vier Diskursen die vier Plätze besetzen, ist das Objekt a.
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Das Objekt a ist der Dreh- und Angelpunkt einer unbewussten Phantasievorstellung.
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Lacan spielt hier auf die Formel des Phantasmas an: $ ◊ a, das gespaltene Subjekt im Verhältnis zum Objekt a.
Es ist als Subjekt determiniert: durch das Objekt a, das Objekt a fungiert als Ursache, als Ursache des Begehrens bzw. der Subjektspaltung.
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Vielleicht ist gemeint: Der Zusammenhang zwischen dem Diskurs und dem Begehren stellt sich immer her, regulär, auch ohne umstürzlerische Worte. – ?
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In den vier Diskursen ist der Platz unten rechts der Platz der Produktion, und im Diskurs des Herrn steht das Objekt a am Platz der Produktion.
Was ist mit „auf mathematische Weise“ gemeint? Durch die Struktur des Diskurses und damit jenseits des Sinns?
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Vielleicht im Sinne von: Bis der Diskurs in eine Krise gerät und ein Diskurswechsel erfolgt – ?
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L’Autre suprême: Anspielung auf den lautähnlichen Terminus l’Être suprême, „Höchstes Wesen“ oder „Allerhöchstes Wesen“, für „Gott“. Der Ausdruck erscheint in der Präambel zur Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789; auf Betreiben von Robespierre führten die deistischen Montagnards 1794 den Kult des Être suprème ein. Einer der ersten, der von einem Être suprème gesprochen hatte, war D’Alembert (Traité de dynamique, nouvelle édition, 1758).
Karl Barth hatte in Der Römerbrief Gott als den „ganz Anderen“ bezeichnet (2. Fassung von 1922).
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Lacan bezieht sich auf das Seminar 1963, Die Namen des Vaters, das er nach der ersten Sitzung (20. November 1963) abbrach, da ihm die Société Française de Psychanalyse die Zulassung als Lehranalytiker entzogen hatte. Vgl. Jacques Lacan: Einführung in die Namen-des-Vaters. In: Ders.: Namen-des-Vaters. Nach der von Jacques-Alain erstellen Ausgabe übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2006, S. 63–106.
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Lacans These war dort: In der Mystik geht es überall um die jouissance Gottes, nicht jedoch in der jüdisch-christlichen Mystik, dort geht es um das Begehren Gottes. Vgl. Einführung in die Namen-des-Vaters, a.a.O., S. 87.
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Darin, dass Gott die Lust der anderen stört, ist er ein begehrender Gott, kein genießender Gott.
Möglicherweise bezieht Lacan sich hier auf das Theodizee-Problem, also auf die Frage, wie Gott, wo er doch allmächtig ist, das Leiden in der Welt zulassen kann (warum er die Lust der anderen stört).
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Es dürfte gemeint sein (wie die nächsten Sätze andeuten): Was zählt, sind die mit den Schererein verbundenen Erregungen. Vielleicht darf man sogar das „es zählt“ belasten: Was sich wiederholt (plus 1), sind die mit den Scherereien verbundenen Erregungen.
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Das Genießen, die Jouissance, ist eine Erregung jenseits des Lustprinzips, eine Erregung, die als Schmerz empfunden wird.
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Das Unbewusste wird, Freud zufolge, vom Primärvorgang beherrscht (freies Abfließen der Energie), das Bewusste vom Sekundärvorgang („Bindung“ der Energie). Das Unbewusste wird außerdem durch das Lustprinzip reguliert (Verminderung der Erregungsmenge). Die Zuordnung von Primärvorgang und Lustprinzip findet man bei Freud zuerst in: Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Geschehens (1911). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 3. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 13–24.
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Lacan buchstabiert „l apostrophe“ und betont damit die Lautgleichheit von l’art („die Kunst“) und lard („Speck“). Darauf bezieht sich vermutlich das Gelächter.
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Lacan bezieht sich auf Leonardos Trattato della pittura und darin auf die folgende Passage:
„Ich werde nicht ermangeln, unter diesen Vorschriften eine neuerfundene Art des Schauens herzusetzen, die sich zwar klein und fast lächerlich ausnehmen mag, nichtsdestoweniger aber doch sehr brauchbar ist, den Geist zu verschiedenerlei Erfindungen zu wecken. Sie besteht darin, dass du auf manche Mauern hinsiehst, die mit allerlei Flecken bekleckst sind, oder auf Gestein von verschiedenem Gemisch. Hast du irgendeine Situation zu erfinden, so kannst du die Dinge erblicken, die diversen Landschaften gleich sehen, geschmückt mit Gebirgen, Flüssen, Felsen, Bäumen, grossen Ebenen, Tal und Hügeln in mancherlei Art. Auch kannst du da allerlei Schlachten sehen, lebhafte Stellungen sonderbar fremdartiger Figuren, Gesichtsmienen, Trachten und unzählige Dinge, die du in vollkommene und gute Form bringen magst. Achte diese meine Meinung nicht gering, in der ich dir rate, es möge dir nicht lästig erscheinen, manchmal stehen zu bleiben und auf die Mauerflecken hinzusehen; du wirst, wenn du sie recht betrachtest, sehr wunderbare Erfindungen zu ihnen entdecken. Durch verworrene und unbestimmte Dinge wird nämlich der Geist zu neuen Erfindungen wach.“
(Leonardo da Vinci: Traktat von der Malerei. Nach der Übersetzung von Heinrich Ludwig neu herausgegeben und eingeleitet von Marie Herzfeld. Eugen Diederichs, Jena 1909, Paragraph 62. „Art und Weise, den Geist zu verschiedenerlei Erfindungen zu mehren und anzuregen“, S. 53)
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Den Ausdruck ravinement (Auswaschung) hatte Lacan in Lituraterre verwendet und dort hinzugefügt, dass er sich damit auf eine Auswaschung des Signifikats im Realen bezieht, hervorgerufen durch das „Regnen“ des Signifikanten, und dass diese Auswaschung die Schrift ist (Lituraterre (I), Seminar 18, Sitzung vom 12. Mai 1971, Version Miller S. 122, 124; Lituraterre (II), in: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 17 f.)
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Anspielung auf: Julien Besançon: Les murs ont la parole [Die Mauern/Wände haben das Wort]. Journal mural mai 68. Sorbonne, Odéon, Nanterre etc. Tchou, Paris 1968.– Besançon war 1968 Journalist beim Radio Europe n° 1, das während des Mai 68 ausführlich über die Barrikadenkämpfe zwischen Studenten und Polizei und über die großen Demonstrationen berichtete.
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Der vorhergehende Satz deutet an, dass es bei dem Realen um das Unmögliche geht, das durch die mathematische Logik demonstriert wird, etwa Gödels Unvollständigkeitssatz (vgl. Sitzung vom 12. Januar 1972, Version Miller S. 42).
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Die Zuordnung des Symbols S1 zum Terminus „Herrensignifikant“ und des Symbols S2 zu „Wissen“ hatte Lacan in Seminar 16 von 1968/69 vorgenommen, Von einem Anderen zum anderen.
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drüben: Gemeint ist die Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, Rechtsfakultät, Place du Panthéon.
im letzten Seminar: in der letzten Sitzung des Seminars „… oder schlimmer“ (19. Januar 1972).
0 und 1: Die Beziehung zwischen Null und Eins bildet den Dreh- und Angelpunkt von Freges Die Grundlagen der Arithmetik. In Seminar 12, Schlüsselprobleme für die Psychoanalyse (1964/65) hatte Lacan dieses Paar auf die Subjektspaltung bezogen, aufgefasst als Verhältnis zwischen Identifizierung und Mangel (Begehren). Die Eins entspricht demnach dem unären Zug, d.h. der Markierung durch eine primäre Identifizierung, die als Ideal fungiert; das Subjekt antwortet auf die Markierung mit dem, was darin fehlt, mit dem fehlenden Objekt, dem Objekt a im Phantasma. Vgl. J. Lacan: Schlüsselprobleme für die Psychoanalyse. Bericht über das Seminar 1964/65. Meine Übersetzung auf dieser Website hier.
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Vermutlich kommt Lacan damit auf die Frage zurück, wie das Eins seinen Einzug hält.
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Gottlob Frege (1848–1925), deutscher Logiker und Mathematiker.
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Vermutlich deutet Lacan hier an, dass die logische Begründung der natürlichen Zahlen durch Frege unzureichend war und man deshalb zur Begründung der Zahlen durch die Mengenlehre übergehen muss.
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René Thom (1923–2002), Mathematiker, wurde 1958 mit der Fields-Medaille ausgezeichnet. Lacan bezieht sich offensichtlich auf einen Vortrag, mit dem Thom sein Buch über Katastrophentheorie vorstellte: R. Thom: Stabilité structurelle et morphogénès – essai d’une théorie générale des modèles. Benjamin, Reading/Massachusetts 1972, engl. Structural stability and morphogenesis – an outline of a general theory of models. Addison-Wesley, Reading, Mass., 1975).
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Vgl. Thom, Structural stability, a.a.O., Kap. 8 bis 12.
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Möglicherweise spielt Lacan mit dem Gegensatz zwischen dem Bild der Madonna und dem Bild des Athletenrückens auf die Rolle des Scheins in der Opposition von Männern und Frauen an.
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Lacans Topologie der Wand ist demnach so gebaut: (/
– vor der Wand: Sinn – Sprechen und Sprache, Diskurse (also wohl das Symbolische),
– auf der Wand: Sinn – Imaginäres (Flecken) und Schrift, Geschriebenes (Auswaschungen),
– hinter der Wand: jenseits des Sinns – das Reale als das von Mathematik erfassbare Unmögliche, Diskurs der Wissenschaft, gegründet auf Zahl, Funktion, Topologie. -
Lacan bezeichnet hier die vier Diskursplätze so:
– oben links: Platz des Herrn,
– oben rechts: Platz des Knechts,
– unten rechts: Platz des Produkts,
– unten links: ohne Bezeichnung, jedoch in allen Bezeichnungsversionen als Platz der Wahrheit bezeichnet.Die Benennung der beiden oberen Plätze als die des Herrn und des Knechts ist, soweit ich es überblicke, neu. Die Benennung des Platzes unten rechts als Platz des Produkts verwendet Lacan bereits in Seminar 17 bei der Einführung der vier Diskurse.
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Lacan bezieht sich mit diesem Satz auf den Titel seiner Vortragsreihe, nämlich Das Wissen des Psychoanalytikers.
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Der Sinn von natürliche Auslese kommt also von einem anderen Diskurs her.
Welcher andere Diskurs ist gemeint? Natural selection ist bei Darwin Gegenbegriff zu artificial selection. Ist gemeint, dass der Züchterdiskurs derjenige Diskurs ist, von dem her der Diskurs der Evolutionstheorie seinen Sinn entlehnt?
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Was ist der Sinn, den wir, die Psychoanalytiker, durch die Deutung liefern?
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In Seminar 17 hieß es, das Wissen am Platz der Wahrheit sei ein Rätsel, die Wahrheit lasse sich nur halbsagen (17. Dezember 1969, Version Miller S. 39). Und in Seminar 23 von 1975/76, Das Sinthom, wird es heißen:
„Denn letztlich haben wir als Waffe gegen das Symptom nur dies: die Äquivokation.“
(Sitzung vom 18. November 1975, Version Miller S. 6)
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J. Lacan: Die Metapher des Subjekts (1961). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 429–434.
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Chaïm Perelman (1912–1984), Autor (zusammen mit Lucie Olbrechts-Tyteca) von: Traité de l’argumentation : La nouvelle rhétorique. Presses Universitaires de France, Paris 1958; dt.: Die neue Rhetorik. Eine Abhandlung über das Argumentieren. Übersetzt von Freyr R. Varwig. 2 Bde. Frommann Holzboog, Stuttgart 2004.
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Die Formulierung ist aus: George Berkeley: Three dialogues between Hylas and Philonous, in opposition to sceptics and atheists (1713), dritter Dialog: „an ocean of false learning“.
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Im Diskurs des Analytikers geht es hier um den Pfeil vom Platz unten links (Wissen am Platz der Wahrheit) zum Platz oben rechts (gespaltenes Subjekt am Platz der Jouissance):
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Surrogaton – Neologismus, Kofferwort aus dem lateinischen Wort surrogatus (Ersatz) und dem französischen Wort rogaton (Rest), also in etwa „Ersetzrest“, „Restersatz“.