Kommentar zu Lacans Seminar Das Sinthom
X. Zur Sitzung vom 13. April 1976
S. Freud: Das Ich als Neuronennetz1
Kommentar zu Lacans Seminar 23 von 1975/76, „Das Sinthom“
Kommentar von Rolf Nemitz
gestützt auf die Treffen der Lesegruppe des Psychoanalytischen Salons Berlin von März 2013 bis Ende 2016 in der Psychoanalytischen Bibliothek Berlin
Einen Überblick über die Kommentare zu den einzelnen Sitzungen dieses Seminars findet man hier, über den gesamten Kommentar hier.
Eine Übersicht über die verschiedenen Ausgaben des Sinthom-Seminars gibt es hier.
Sitzung vom 13. April 1976
In der von Miller erstellten Version ist dies IX. De l’inconscient au réel, S. 129–139, in der Übersetzung dieser Ausgabe durch Mitelman und Dielmann IX. Vom Unbewussten zum Realen, S. 143–155.
QUELLEN
Französischer Text
Zitiert wird der Text der Staferla-Version:
Le sinthome. 1975 – 76. Herausgegeben und veröffentlicht von der Website staferla.free.fr. Variante vom 25.10.2015, PDF-Datei hier.
Die Staferla-Version ist eine Wort-für-Wort-Transkription. Sie unterscheidet sich damit von der offiziellen Ausgabe dieses Seminars, bei welcher der Text redaktionell überarbeitet wurde. Gestrichen sind in der Staferla-Version Wortwiederholungen, wenn sie offensichtlich dazu dienen, während des Sprechens einen Satz zu konstruieren (vom Typ „dass er, dass er kommt“) sowie einige der Rückversicherungsfloskeln wie n’est-ce pas („nicht wahr“). Die Transkription wurde von mir mit der Audioaufnahme verglichen und geringfügig überarbeitet. Den Schnitt der Sätze – Punkt, Komma, Semikolon, Doppelpunkt, Gedankenstrich – habe ich gelegentlich verändert.
Deutscher Text
Die Übersetzung ist von Rolf Nemitz, auf der Grundlage einer von Max Kleiner erstellten Übersetzung, ebenso die Einteilung in Absätze.
Es gibt damit von dieser Sitzung drei deutsche Übersetzungen:
– diese hier (auf der Grundlage einer Wort-für-Wort-Transkription)
– die Übersetzung von Max Kleiner, ebenfalls auf der Grundlage einer Wort-für-Wort-Transkription (herausgegeben vom Lacan-Archiv/Psychoanalytische Bibliothek Bregenz, 2007, und von dort beziehbar)
– die Übersetzung von Myriam Mitelman und Harold Dielmann, auf der Grundlage einer redaktionell überarbeiteten Version (Jacques Lacan: Das Sinthom. Das Seminar, Buch XXIII (1975–1976). Texterstellung durch Jacques-Alain Miller. Übersetzt von Myriam Mitelman und Harold Dielmann. Turia und Kant, Wien 2017)
Zeichnungen
Die Zeichnungen sind, wenn nicht anders vermerkt, aus der Staferla-Version dieser Sitzung. Die Untertitel zu den Zeichnungen sind von mir.
Anmerkungen
Die Anmerkungen sind von mir. Anmerkungen zum französischen Text beziehen sich auf Fragen der Transkription; Anmerkungen zur Übersetzung und zur Paraphrase liefern Literaturangaben und Querverweise auf ähnliche Passagen in Lacans Texten.
Seitenzahlen
Um die Arbeit in Lektüregruppen mit unterschiedlichen Übersetzungen zu erleichtern, werden in dieser Übersetzung im französischen Text die Seitenzahlen der Miller-Version angegeben (in eckigen Klammern), im deutschen Text die Seitenzahlen der Übersetzung von Mitelman/Dielmann (in geschweiften Klammern).
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ZUR NOTATION
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch. Eine längere im Original deutsche Wortfolge ist in Sternchen eingeschlossen.
– Der Schrägstrich / verbindet Homophonien und Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in runden Klammern enthalten Formulierungen des französischen Originals.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Einfügungen in spitzen Klammern: Ersatz für vermutlich ausgefallenen Text.
– Drei Punkte in eckigen Klammern […]: Tonaufnahme unverständlich.
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, beziehen sich auf die Seiten der Übersetzung von Myriam Mitelman und Harold Dielmann.
– Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [10], beziehen sich auf die Seiten der von Jacques-Alain Miller erstellten Ausgabe des Seminars.
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TONAUFNAHMEN
Die Aufnahmen sind von der Website von Patrick Valas, hier.
Version Lutecium:
Version Ducan & Valas:.
DEUTSCH
Die Zahlen in {geschweiften Klammern} und grauer Schrift beziehen sich auf die Seiten der Übersetzung von Myriam Mitelman und Harold Dielmann.
{143} Für gewöhnlich habe ich Ihnen etwas zu sagen. Heute jedoch würde ich mir wünschen, ich würde mir wünschen – da ich ja einen Anlass habe: es ist mein Geburtstag [Applaus] –, ich würde mir wünschen, ich könnte feststellen, ob ich weiß, was ich sage. Trotz allem zielt es ja darauf ab, gehört zu werden.
Kurz, ich möchte feststellen, ob ich mich nicht etwa darauf beschränke, für mich zu sprechen – wie es natürlich alle tun, falls das Unbewusste einen Sinn hat, ist es das. Ich sage, falls das Unbewusste einen Sinn hat.
Ich würde es also vorziehen, dass heute jemand –; ich verlange keine Wunder, ich verlange keineswegs, dass Funken sprühen – es hätte mich sicherlich gefreut, wenn jemand etwas schreibt, das letztlich die Mühe rechtfertigen würde, die ich mir seit etwa zweiundzwanzig Jahren gebe, ein bisschen länger noch. Die einzige Art, sie zu rechtfertigen, würde darin bestehen, dass jemand etwas erfindet, das mir von Nutzen sein könnte; ich bin überzeugt, dass das möglich ist.
Ich habe das erfunden, was als das Reale geschrieben wird.
Natürlich genügt es nicht, es zu schreiben, Reales, denn das haben nicht wenige bereits vor mir getan. Dieses Reale jedoch habe ich in Form dessen geschrieben, was man als borromäischen Knoten bezeichnet – der kein Knoten ist, der eine Verkettung ist, eine Verkettung mit bestimmten Eigenschaften.
Und in der minimalen Gestalt, in der ich diese Verkettung angezeichnet habe – es braucht mindestens |{144} drei [Elemente] –, besteht das Reale darin, eines dieser drei Reales zu nennen. Das heißt hier, dass es drei Elemente gibt und dass die drei Elemente letztlich – so wie sie, wie man sagt, verknotet sind, in Wirklichkeit aber verkettet sind – eine Metapher bilden. Natürlich ist das nichts weiter als Metapher der Verkettung.
Wie kann es sein, dass es eine Metapher von etwas gibt, das nur Zahl ist? Aufgrund dessen bezeichnet man die Metapher als Ziffer. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, diese Ziffern zu zeichnen. Die einfachste Art ist diejenige, die ich als unären Zug bezeichnet habe und die darin besteht, dass man eine Reihe von Strichen oder auch von Punkten macht; das genügt, um eine Zahl anzuzeigen.
Wichtig ist Folgendes, dass nämlich das, was man Energetik nennt, nichts anderes ist als das Hantieren mit einer Reihe von Zahlen, einer Reihe von Zahlen, aus denen man eine konstante Zahl herauszieht. Darauf hat Freud – indem er sich auf die Wissenschaft bezog, auf die Wissenschaft, wie man sie damals verstand –, darauf hat Freud sich bezogen. Das heißt, dass er nur eine Metapher daraus gemacht hat. Er hat sie nie wirklich, wirklich begründet, die Idee einer psychischen Energetik. Nicht einmal ihre Metapher hätte er mit einer gewissen vraisemblance, mit einer gewissen Plausibilität aufrechterhalten können. Die Idee einer Konstanten beispielsweise, die den Reiz mit dem, was er Reaktion nennt, verknüpft, ist etwas völlig Unhaltbares.
Mit der Metapher der Verkettung, der borromäischen Verkettung, habe ich, wie gesagt, etwas erfunden. Was heißt erfinden? Ist das eine Idee?
Das sollte Sie jedoch nicht daran hindern, dass Sie gleich versuchen, mir eine Frage zu stellen, die mich belohnt – nicht für die Mühe, die ich mir im Augenblick gebe, da ich ja im Augenblick denke, dass das, was ich Ihnen gerade sage, keine große Chance hat, eine Antwort zu erhalten.
Ist das eine Idee, diese Idee des Realen, ich meine so wie sie mit dem geschrieben wird, was man den borromäischen Knoten nennt, der – ich betone das – eine Verkettung ist? Das ist keine Idee, das ist keine Idee, die sich halten ließe, denn hier rührt man letztlich daran, dass die Idee – die Idee, die einem einfach so kommt, die Idee, die einem kommt, wenn man liegt, denn das ist es letztlich –, dass die Idee, zumindest wenn man sie auf ihren analytischen Wert reduziert, eine Idee ist, die einem kommt, wenn man liegt.
Ob man nun liegt oder steht, die Wirkung der Verkettung, die man durch die Schrift erhält, kann nicht so leicht gedacht werden. Ich meine, dass es zumindest meiner Erfahrung nach gar nicht so einfach ist, zu sagen, wie eine Verkettung –; eine Verkettung, die aus einer bestimmten Anzahl von Elementen besteht, selbst wenn man sie auf drei |{145} reduziert, das lässt sich nicht leicht vorstellen, das lässt sich nicht leicht schreiben. Und es ist besser, sich frühzeitig damit vertraut zu machen, um sicher zu sein, dass es einem gelingt, ihre geschriebene Form zu liefern. Eben davon haben Sie von mir tausendmal das Zeugnis erhalten, in den Irrtümern, den Verschreibern, die ich hundertmal vor Ihnen gemacht habe – als ich was zu tun versuchte? Als ich versucht habe, eine Schreibung vorzunehmen, eine Schreibung, durch die diese Verkettung symbolisiert wird.
Ich nehme an, dass die Tatsache, dass ich das fragliche Reale in Form einer Schrift artikuliert habe, den Wert dessen hat, was man allgemein als Trauma bezeichnet. Nicht dass es meine Absicht gewesen wäre, irgendjemanden zu traumatisieren, vor allem nicht meine Zuhörer, bei denen ich keinerlei Grund habe, ihnen dermaßen übelzuwollen, um bei ihnen das hervorzurufen, was man allgemein als Trauma bezeichnet.
Sagen wir, dass es eine Forcierung ist, die Forcierung einer neuen Art von Schrift, einer Schrift, die als Metapher eine Tragweite hat, die man wirklich als symbolisch bezeichnen muss. Das ist, wenn ich so sagen darf, die Forcierung eines neuen Typs von Idee, einer Idee, die nicht, gewissermaßen spontan, allein schon durch das erblüht, was letztlich Sinn erzeugt, das heißt durch das Imaginäre. Es ist aber auch nicht so, dass dies etwas gänzlich Fremdartiges wäre.
Ich möchte noch mehr sagen: Das macht spürbar, das lässt mit Händen greifen – allerdings in einer ganz und gar illusorischen Weise –, was das, was man Reminiszenz nennt, sein könnte. Die Reminiszenz besteht darin, sich vorzustellen – im Hinblick auf etwas, das als Idee fungiert, das jedoch keine ist –, man stellt sich vor, dass man sie sich reminisziert, wenn ich mich so ausdrücken darf.
Darin unterscheiden sich die beiden Funktionen bei Freud – denn er hatte einen Sinn für Unterscheidungen –, darin unterscheidet sich die Reminiszenz vom Sicherinnern. Das Sicherinnern ist offenkundig etwas, das Freud völig forciert hat, das er durch den Terminus Eindruck forciert hat.
Abb. 1: Freud, Diagramm im „Entwurf“
Er nahm an, dass es im Nervensystem Dinge gibt, die eingedrückt werden, und die Dinge, die in das Nervensystem eingedrückt werden, versieht er mit Buchstaben, was bereits zu viel gesagt ist, denn es gibt keinerlei Grund dafür, einen Eindruck als etwas darzustellen, das vom Eindruck bereits so weit entfernt ist wie ein Buchstabe, denn ein Buchstabe – zwischen einem Buchstaben und einem phonologischen Symbol liegt bereits eine Welt.2
{146} Die Idee, die Freud im Entwurf dadurch bekundet, dass er sie durch Netze darstellt – dieses Netze haben mich möglicherweise dazu angeregt, ihnen eine neue, strengere Form zu geben, dazu, aus diesen Netzen etwas zu machen, das sich verkettet statt sich einfach zu verflechten.
Das Sicherinnern im eigentlichen Sinne besteht darin, etwas einzubringen, und es ist gewiss nicht leicht, ich denke, dass ich das hier bezeugt habe, es ist nicht leicht, die Verkettung bzw. den Knoten, der unter das Patronat der Borromäer gestellt ist, einzubringen, es ist nicht leicht, ihn in das, was bereits da ist, einzubringen – die Lapsus, die ich oft gemacht habe, als ich versucht habe, sie auf so etwas wie dieses Stück Papier da zu zeichnen, belegen das –, ihn in etwas einzubringen, das bereits da ist und das Wissen genannt wird. Ich habe versucht, streng vorzugehen, indem ich darauf aufmerksam gemacht habe, dass das, was Freud als das Unbewusste behauptet, immer ein Wissen voraussetzt und zwar ein gesprochenes Wissen als solches, dass dies das Minimum ist, das in der Tatsache, dass das Unbewusste gedeutet werden kann, als Voraussetzung enthalten ist. Es ist gänzlich auf ein Wissen reduzierbar.
Danach ist klar, dass dieses Wissen mindestens zwei Träger erfordert, Terme genannt, wobei sie durch Buchstaben symbolisiert werden. Deshalb meine Schreibung des Wissens als das, was gestützt wird durch S, nicht in zweiter Potenz, durch S mit diesem Index, der es stützt, diesem Index einer tiefgestellten kleinen 2; das ist nicht das S zum Quadrat, es ist das S, von dem angenommen wird, zwei zu sein: S2. Die Definition, die ich von dem Signifikanten gebe, den ich mit dem S Index 1 stütze, S1, ist die, dass er ein Subjekt als solches repräsentiert und dass er es wahrhaft repräsentiert. „Wahrhaft“ meint hierbei: in Übereinstimmung mit der Realität. Das Wahre ist: Sagen in Übereinstimmung mit der Realität, und die Realität ist hierbei das, was funktioniert, was wahrhaft funktioniert.
Aber das, was wahrhaft funktioniert, hat nichts mit dem zu tun, was ich als das Reale bezeichne. Dass mein Reales – ich muss es ja mir zurechnen –, dass mein Reales die Realität bedinge, etwa die Realität Ihres Zuhörens, ist eine ganz prekäre Annahme. Es gibt hier einen Abgrund, und wir sind weit davon entfernt zusichern zu können, dass er überbrückt wird. Mit anderen Worten, die Instanz des Wissens, die Freud erneuert, ich meine, die er in Gestalt des Unbewussten neu fasst, ist etwas, wofür das Reale, dessen ich mich bediene, keineswegs eine zwingende Voraussetzung ist.
{147} Ich habe viel von dem übermittelt, was man Freud’sche Sachen nennt. Ich habe sogar einer der Sachen, die ich geschrieben habe, den Titel Die Freud’sche Sache gegegeben. Doch bei dem, was ich das Reale nenne, habe ich etwas erfunden, nicht weil –; es hat sich mir aufgedrängt.
Vielleicht gibt es hier einige, die sich daran erinnern, wie und in welchem Moment der immer wieder erwähnte Knoten aufgetaucht ist, der das Bildhafteste ist, was es gibt; er ist das Maximum dessen, was man bildlich davon darstellen kann, wenn man sagt, dass dem Imaginären und dem Symbolischen – also Dingen, die einander sehr fremd sind – das Reale dasjenige Element liefert, das dafür sorgt, dass sie zusammenhalten.
Das ist etwas, wovon ich sagen kann, dass ich es als etwas auffasse, das nichts mehr ist als mein Symptom. Ich meine, falls es tatsächlich etwas gibt, das man ein Freud’sches Elaborat nennen könnte, dass dies meine Art und Weise ist, [es] auf seine Stufe an Symbolik zu bringen, auf die zweite Stufe. Insofern als Freud das Unbewusste artikuliert hat, reagiere ich darauf, aber wir sehen da bereits, dass dies eine Art ist, das Sinthom selbst auf die zweite Stufe zu bringen. In dem Maße, in dem Freud wahrhaft eine Entdeckung gemacht hat – und wenn man annimmt, dass diese Entdeckung wahr ist –, kann man sagen, dass das Reale meine symptomatische Antwort ist.
Aber sie darauf zu reduzieren, dass sie symptomatisch ist, heißt offensichtlich einiges; sie darauf zu reduzieren, symptomatisch zu sein, heißt auch, jede Erfindung auf das Sinthom zu reduzieren.
Wechseln wir den Platz.
Von dem Moment an, da man eine Erinnerung hat – hat man eine Erinnerung? Kann man sagen, dass man mehr tut, wenn man sagt, dass man sie hat, als wenn man sich vorstellt, dass man sie hat, wenn man sich vorstellt, dass man darüber disponiert? Ich möchte sagen, dass man darüber dire-sponiert, im-Sagen-verfügt.
On a à dire, man hat zu sagen / wir müssen sagen. Hierbei hat die Sprache, die ich lalanglaise genannt habe, eine ganze Reihe von Möglichkeiten. I have to tell. „J’ai à dire“, so hat man das übersetzt, was übrigens ein Anglizismus ist. Aber |{148} dass man nicht nur have sagen kann, sondern awe – a, w, e –, I awe to tell, ergibt das Gleiten: j’ai à dire, „ich habe zu sagen“ / „ich muss sagen“ wird zu je dois dire, „ich muss sagen“ / „ich soll sagen.
Und dass man in dieser Sprache die Betonung in der Weise auf das Verb legen kann, dass man sagen kann: I do make – ich bestehe letztlich darauf, dass dieses making nur ein Machwerk ergibt. Und dass man auf gleiche Weise die Negation abtrennen kann, so nämlich, dass man sagt: I don’t, was bedeutet: „Ich verzichte darauf, etwas zu tun“ – I don’t talk, „ich entscheide mich nicht fürs Sprechen“. Was zu sprechen? Im Falle von Joyce war es das Gälische.
Das unterstellt, das impliziert, dass man sich dafür entscheidet, die Sprache zu sprechen, die man tatsächlich spricht. Tatsächlich bildet man sich nur ein, sich für sie zu entscheiden. Und die Sache wird dadurch gelöst, dass man diese Sprache letztendlich erschafft. Man erschafft eine Sprache insofern, als man ihr in jedem Augenblick einen Sinn gibt. Das beschränkt sich nicht auf die Phasen, in denen die Sprache geschaffen wird; in jedem Moment gibt man ihr einen kleinen Stups, andernfalls wäre die Sprache keine lebende Sprache, lebend ist sie insofern, als man sie in jedem Augenblick erschafft. Und deshalb gibt es kein kollektives Unbewusstes; es gibt nur besondere Unbewusste, insofern ein jeder der Sprache, die er spricht, in jedem Moment einen kleinen Stups versetzt.
Für mich geht es also darum, zu wissen, ob ich das, wovon ich sage, dass es wahr ist, nicht weiß. Es liegt bei jedem von all denen, die hier sind, mir zu sagen, wie Sie es verstehen. Und insbesondere darüber, ob ich, wenn ich spreche –; denn letztlich ist nicht sicher, ob das, was ich über das Reale sage, mehr ist als bloßes Gerede.
Zu sagen, dass das Reale ein Sinthom ist, das meine, ist kein Einwand dagegen, dass die Energetik, von der ich vorhin gesprochen habe, nicht weniger eins ist. Worin bestünde das Privileg der Energetik, wenn nicht darin, dass man – sofern man die richtigen Hantierungen vornimmt, die Hantierungen, die mit einer bestimmten mathematischen Lehre übereinstimmen –, dass man stets eine konstante Zahl findet. Man spürt jedoch in jedem Moment, dass dies eine, wenn man so sagen kann, prästabilierte Forderung ist, nämlich dass man die Konstante erhalten muss und dass die Energetik eben darin besteht, dass man einen Trick finden muss, um die Konstante zu finden. Vom geeigneten Trick, von dem, der gelingt, wird angenommen, dass er mit dem übereinstimmt, was man Realität nennt.
Ich treffe jedoch eine Unterscheidung |{149} zwischen diesem Organ, wenn ich so sagen darf, diesem Organ, das absolut nichts mit einem leiblichen Organ zu tun hat, ich unterscheide ganz klar zwischen diesem Organ, wodurch Imaginäres und Symbolisches, wie man sagt, miteinander verknüpft sind, ich unterscheide ganz klar zwischen diesem angenommenen Realen und dem, was dazu dient, die Wissenschaft von der Realität zu begründen.3
Abb. 2: Feld des Sinns im Diagramm der borromäischen Ringe
Das Reale, um das es geht, wird durch diesen geplätteten Knoten illustriert, es wird dadurch illustriert, dass ich darin ein Feld zeige, das vom Realen wesentlich unterschieden ist, nämlich das Feld des Sinns. In dieser Hinsicht kann man sagen, dass das Reale einen Sinn sowohl hat als auch nicht hat, insofern nämlich, als das Feld des Sinns davon unterschieden ist. Dass das Reale keinen Sinn hat, wird hier dadurch verbildlicht, dass der Sinn hier ist und das Reale dort und dass sie nicht –, dass sie insbesondere als Felder unterschieden sind.
Das Verblüffende ist, dass das Symbolische sich dadurch auszeichnet, dass es, wenn man so sagen kann, darauf spezialisiert ist, Loch zu sein, dass jedoch das wahre Loch hier ist [der Überschneidungsbereich des Realen und des Imaginären abzüglich des zentralen Feldes für das Objekt a].
Abb. 3: „Wahres Loch“ im Diagramm der borromäischen Ringe
Hier wird offenbar, dass es keinen Anderen des Anderen gibt: dass dies hier der Platz wäre – ebenso wie der Sinn das Andere des Realen ist –, dass das hier sein Platz wäre, aber dass es etwas Derartiges nicht gibt. Am Platz des Anderen des Anderen gibt es keinerlei Art von Existenz.
{150} Insofern kann ich denken, dass das Reale auch keine hat, dass es, wenn man so sagen kann, in der Schwebe ist, dass das Reale das sein kann, worauf ich es in, in Form einer Frage, reduziert habe, nämlich darauf, nur eine Antwort auf das Elaborat von Freud zu sein, von dem man immerhin sagen kann, dass es sich der Energetik widersetzt, dass es, bezogen auf diese Energetik, ganz und gar in der Luft hängt und dass die einzige Konzeption, durch die sie, die besagte Energetik, ersetzt werden könnte, diejenige ist, die ich mit dem Terminus des Realen vorgebracht habe.
Fragen und Antworten
Die Fragen liegen schriftlich vor und werden von Lacan vorgelesen.
Also. „Wenn die Psychoanalyse ein Symptom ist, ist das, was Sie mit Ihrem Knoten und Ihren Mathomen [Versprecher von Lacan], ihren Mathemen machen …?“ [Gelächter] „Wenn die Psychoanalyse“, stellt man mir die Frage, „ein Sinthom ist“ – ich habe nicht gesagt, die Psychoanalyse sei ein Symptom –, „ist das, was Sie mit Ihrem Knoten und Ihren Mathemen machen, nicht ein Dechiffrieren, mit der Konsequenz, die Bedeutung daraus zu vertreiben?“
Ich denke nicht, dass die Psychoanalyse ein Sinthom ist. Ich denke, dass die Psychoanalyse eine Praxis ist, deren Wirksamkeit – die ja trotz allem spürbar ist – impliziert, dass ich das mache, was man meinen Knoten nennt, nämlich diesen Dreifachknoten, deren Wirksamkeit das für mich impliziert.
Insofern lasse ich den Zugang zu dem Dritten in der Schwebe, das sich von der Realität unterscheidet und das ich das Reale nenne.
Daran liegt es, dass ich nicht sagen kann, ich denke, da es ein noch ganz und gar verschlossenes Denken ist, also ein letztlich rätselhaftes.
Die Unterscheidung des Realen von der Realität ist etwas, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob es zusammenfällt mit, sagen wir, mit dem Eigenwert, den ich dem Terminus „Reales“ gebe.Da dem Realen der Sinn abgeht, bin ich mir nicht sicher, ob der Sinn dieses Realen sich nicht dadurch aufklären könnte, dass man ihn für nichts weniger als für ein Sinthom hielte. Das ist das, was ich auf die mir gestellte Frage antworte.
Insofern ich glaube, damit – mit dem, was eine grobe Topologie ist – das stützen zu können, was zur Diskussion steht, nämlich die Funktion des Realen als unterschieden, als von mir unterschieden von dem, was ich glaube vom Terminus des Unbewussten mit Gewissheit |{151} festhalten zu können – mit Gewissheit, da ich davon die Praxis habe, nicht wahr.
In dem Maße –; und in dem Maße, wie das Unbewusste nicht ohne Bezug auf den Körper geht, denke ich, dass die Funktion des Realen davon unterschieden werden kann.
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.„Wenn, der Genesis zufolge“ – ich lese Ihnen die Dinge vor, die man die Güte hatte, mir zu schreiben, was nicht schlechter ist als etwas anderes, bedenkt man, was ich gesagt habe, nämlich dass das Reale an der Schrift hängt –, „wenn, der Genesis zufolge, wie André Chouraqui übersetzt hat, Gott dem Menschen eine ‚Hilfe gegen ihn‘ schuf, wie steht es dann mit dem Psychoanalytiker als ‚eine Hilfe gegen‘?“
Ich denke, dass sich der Psychoanalytiker tatsächlich nicht anders begreifen kann denn als ein Sinthom. Nicht die Psychoanalyse ist ein Sinthom, sondern der Psychoanalytiker.
Damit möchte ich auf das antworten, was mir soeben als Frage gestellt wurde, nämlich dass es der Psychoanalytiker ist, der letzten Endes eine Hilfe ist, von der man in den Termini der Genesis sagen kann, dass dies letztlich eine Umkehrung ist, da ja der Andere des Anderen eben das ist, was ich vor einem Moment definiert habe als das da, als das kleine Loch.
Dass dieses kleine Loch für sich ganz allein eine Hilfe liefern kann, genau darin hat die Hypothese des Unbewussten ihre Stütze. Die Hypothese des Unbewussten – Freud hebt das hervor – kann nur halten, wenn der Name-des-Vaters vorausgesetzt wird. Den Namen-des-Vaters voraussetzen, sicherlich, das ist Gott. Eben darin beweist die Psychoanalyse durch ihr Gelingen, dass man auf den Namen-des-Vaters auch verzichten kann – man kann unter der Bedingung auch darauf verzichten, dass man sich seiner bedient.
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.„Ist nicht jeder Sprechakt, Kraftakt eines besonderen Unbewussten“, so lautet die Frage, die man mir stellt, „ist nicht jeder Sprechakt eine Kollektivierung des Unbewussten?“
Aber das heißt, wenn jeder Sprechakt ein Krafttakt eines besonderen Unbewussten ist, dann ist völlig klar, dass jeder Sprechakt – da wir die Theorie darüber haben –, dass jeder Sprechakt erhoffen kann, ein Sagen zu sein.
Und das Sagen führt zu dem, wovon es die Theorie gibt, die Theorie, die |{152} für jede Art von Revolution die Stütze ist, nämlich eine Theorie des Widerspruchs. Man kann sehr unterschiedliche Dinge sagen, die alle gelegentlich widersprüchlich sind, und daraus geht dann eine Realität hervor, eine Realität, die man für revolutionär hält. Das ist jedoch genau das, was niemals bewiesen worden ist. Ich meine damit, dass es nicht so ist, dass deshalb, weil es ein widersprüchliches Durcheinander gibt, daraus jemals etwas hervorgegangen wäre, das eine Realität bilden würde. Man hofft, dass eine Realität daraus hervorgeht, aber das ist genau das, was sich nie erwiesen hat.
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.„Welche Grenze weisen Sie den Feldern der Metapher zu?“
Das ist eine sehr gute Frage. Es ist ja nicht so, dass die Gerade, weil sie unendlich ist, keine Grenzen hätte, denn die Frage geht so weiter: „Sind sie unendlich“, die Felder der Metapher, „sind sie unendlich wie beispielsweise die Gerade?“
Es ist sicher, dass der Status der Geraden eine Überlegung wert ist. Dass eine abgeschnittene Gerade mit Bestimmtheit endlich ist, da sie Grenzen hat, heißt ja nicht, dass eine unendliche Gerade ohne Grenze wäre. Es ist keineswegs so, dass deshalb, weil das Endliche Grenzen hat, dass deshalb eine unendliche Gerade – da von ihr angenommen werden kann, das zu haben, was man einen Punkt im Unendlichen nennt, also letztlich einen Kreis zu bilden –, deshalb genügt die Gerade nicht, um das Unendliche zu metaphorisieren.
Was die Frage der Geraden als Frage aufwirft, ist eben dies, dass die Gerade nicht gerade ist. Abgesehen vom Lichtstrahl, der uns – und jeder weiß, dass er das nicht tut – ein Bild zu geben scheint. Er gibt uns keins, sofern man ihn, wie es nach den letzten Nachrichten über Einstein zu sein scheint, sofern man ihn als biegsam annimmt. Er biegt sich, dieser Lichtstrahl, er selbst biegt sich, auch wenn er bei kurzer Reichweite, bei unserer kurzen Reichweite, auch wenn er da den Anschein erweckt, nicht gebogen zu sein und also die Gerade zu realisieren scheint. Wie ist eine Gerade aufzufassen, die sich unter bestimmten Bedingungen krümmt? Das ist offensichtlich ein Problem, das durch meine Frage nach dem Realen aufgeworfen wird.
Die Frage impliziert gewissermaßen, dass man, mein Gott, Fragen wie die stellen kann, die Lenin aufgeworfen hat, nämlich dass – so wird gesagt, ausdrücklich formuliert –, dass eine Gerade gekrümmt sein kann. Das ist bei ihm in einer Metapher enthalten, die von ihm stammt, und die sich darauf stützt, dass sogar ein Stab es sein kann und dass ein Stab, den man ja grob als Bild einer Geraden bezeichnet, dass ein Stab – allein schon von daher, |{153} dass er ein Stab ist – gekrümmt sein kann und dass er zugleich in der Position sein kann, dass er wieder geradegebogen werden kann.
Abb. 4: Borromäische Verkettung von zwei unendlichen Geraden und einem Kreis
Was ist der Sinn von diesem geradebiegen, bezogen auf den Gebrauch, den wir davon beim borromäischen Knoten machen können, den ich hier bereits ausdrücklich so dargestellt habe, dass hier zwei Geraden intervenieren? Denn das ist die Frage: Was kann die Definition der Geraden sein, außerhalb der Stütze durch das, was man, bei kurzer Entfernung, den Lichtstrahl nennt? Dafür gibt es nichts anderes als das, was man den kürzesten Weg von einem Punkt zu einem anderen nennt. Aber wie kann man wissen, was der kürzeste Weg von einem Punkt zu einem anderen ist?
*
.„Ich warte immer darauf, dass Sie mit Mehrdeutigkeiten spielen. Sie haben gesagt: Y a d’l’Un, „’s gibt Ein“. Sie sprechen zu uns über das Reale als impossible, als unmöglich – Sie akzentuieren nicht das Un-possible/impossible, das Ein-möglich/unmöglich. Bezogen auf Joyce sprechen Sie von paroles imposées, von aufgezwungenen Worten – Sie akzentuieren nicht den Namen-des-Vaters als Un-posé, als Ein-gesetzt.“
Das eine Sache, die unterschrieben ist. Wer ist das, der immer darauf wartet, dass ich mit den heiligen Mehrdeutigkeiten spiele?
Ich hänge nicht besonders an den heiligen Mehrdeutigkeiten. Ich glaube, dass –, mir scheint, dass ich sie entmystifiziere.
Y a d’l’Un, „’s gibt Ein“ – sicher ist, dass dieses Un, dieses Ein, mich stark in Verlegenheit bringt. Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll, da ja, wie jeder weiß, das Ein keine Zahl ist und dass ich das bei Gelegenheit sogar hervorhebe.
Ich spreche insoweit vom Realen als unmöglich, als ich glaube, dass das Reale – na ja, ich glaube, falls das mein Symptom ist, sagen Sie’s mir –, als ich glaube, dass das Reale, das muss ja gesagt werden, gesetzlos ist. Das wahre Reale impliziert die Abwesenheit von Gesetz. Das Reale hat keine Ordnung.
Und das meine ich, wenn ich sage, dass das einzige, was mir eines Tages vielleicht vor Ihnen zu artikulieren gelingen wird, etwas ist, das mit dem zu tun hat, was ich un bout de réel genannt habe, „ein Ende Reales“, „ein Stück Reales“.
*
.„Was denken Sie über das widersprüchliche Durcheinander, das sich seit einigen Jahren in China ereignet?“
Ich warte, aber ich erhoffe nichts. [Gelächter]
*
.„Der Punkt wird definiert durch den Schnitt von drei Ebenen. Kann man sagen, dass er real ist? Das Schreiben von Strichen als Aneinanderreihung von Punkten, die Schrift, der Strich als |{154} Aneinanderreihung von Punkten, sind sie real, in dem Sinne“ – ich nehme an, hier müsste stehen, „in dem Sinne, wie Sie es verstehen?“ Hier steht: „in dem Sinne, dass Sie es verstehen?“ [Gelächter]
Nein, da gibt’s nichts zu lachen, es ist gewiss, dass dies eine Frage ist, die es wirklich lohnt, gestellt zu werden: dass der Punkt durch die Überschneidung dreier Ebenen definiert wird, und mit der Frage, die am Ende gestellt wird: kann man sagen, dass er real ist?
Da die von mir so genannte borromäische Verkettung sicherlich impliziert, dass es bei allem, was in dieser Verkettung konsistent ist, dass es darin strenggenommen keinen gemeinsamen Punkt gibt, schließt das sicherlich den Punkt als solchen aus dem Realen aus. Da sich eine bildliche Darstellung des Realen nur auf die Hypothese stützen könnte, dass es keinen gemeinsamen Punkt gibt, dass es keine Abzweigung gibt, in der Schrift kein Y, impliziert das natürlich, dass das Reale nicht den Punkt als solchen enthält. Ich bin überaus dankbar.
*
.„Hat le membre, das Glied, hat le nombre, die Zahl“, wenn ich richtig verstanden habe [Gelächter], „die konstante Zahl, von der Sie sprechen, einen Bezug zum Phallus oder zur phallischen Funktion?“
Ich denke: absolut nicht – nun ja, ich denke insofern, als mein Denken mehr ist als ein Symptom –, ich denke absolut nicht, dass der Phallus eine hinreichende Stütze für das sein könnte, was Freud als Energetik auffasste, und außerdem ist wirklich verblüffend, dass er selbst das nie gleichgesetzt hat.
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Jemand schreibt mir auf Chinesisch, was sehr, sehr nett ist. Jemand schreibt mir auf Chinesisch – nein, auf Japanisch, ich will sagen, dass ich kleine Schriftzeichen wiedererkenne. Ich hätte gern, dass die Person, die mir diesen Text geschickt hat, ihn mir übersetzt.
*
.„Sind Sie Anarchist?“
Sicherlich nicht.
*
.„Was könnte der Status einer Antwort auf ein Elaborat sein, von der aus die Antwort als Sinthom definiert werden würde?“
Bei dem Elaborat, das ich vorhin erwähnt habe, handelt es sich um das des Unbewussten.
Und sicherlich haben Sie bemerkt, dass ich das Sinthom um eine Stufe heruntersetzen musste, um zu berücksichtigen, dass es mit dem Elaborat des Unbewussten homogen ist, ich will sagen, dass |{155} es sich als mit ihm verknüpft bildlich darstellt. Ich habe eben vorausgesetzt, dass ich das Sinthom – das hier ist – auf etwas reduziert habe, das antwortet, und zwar nicht auf das Elaborat des Unbewussten, sondern auf die Realität des Unbewussten.
Es ist sicher, dass dies sogar in dieser Form einen dritten Term impliziert, einen dritten Term, der diese beiden Ringe – um sie bei ihrem Namen zu nennen, die Schnur-Ringe –, der sie getrennt hält.
Abb. 5: Sinthom und Symbolisches,
durch eine unendliche Gerade getrennt gehalten
Nun, dieser dritte Term kann sein, was immer man will, aber wenn das Sinthom als Äquivalent des Realen aufgefasst wird, kann der dritte Term in diesem Falle nur das Imaginäre sein. Und schließlich kann man die Theorie von Freud dadurch bilden, dass man aus diesem Imaginären, also aus dem Körper, all das macht, was die beiden getrennt hält, das Ensemble, das ich hier durch den Knoten des Symptoms und des Symbolischen gebildet habe.
*
Ich danke Ihnen, dass Sie das hier geschickt haben – bis auf dies noch: „Ist Ihre krumme Zigarre ein Symptom Ihres Realen?“ [Gelächter]
Aber sicher, aber sicher! Meine krumme Zigarre steht in engster Beziehung zu der Frage, die ich zur Geraden gestellt habe, zur Geraden, die gleichermaßen gekrümmt ist, mit demselben Namen.
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FRANZÖSISCH/DEUTSCH
Die Zahlen in [eckigen Klammern] und grauer Schrift beziehen sich auf die Seiten der von Jacques-Alain Miller erstellten Ausgabe des Seminars.
Die Zahlen in {geschweiften Klammern} und grauer Schrift beziehen sich auf die Seiten der Übersetzung von Myriam Mitelman und Harold Dielmann.
[129] D’habitude, j’ai quelque chose à vous dire.
{143} Für gewöhnlich habe ich Ihnen etwas zu sagen.
Mais je souhaiterais comme ça, aujourd’hui… je souhaiterais parce que comme ca j’ai une occasion : c’est le jour de mon anniversaire [Applaus] …je souhaiterais que je puisse vérifier si je sais ce que je dis.
Heute jedoch würde ich mir wünschen, ich würde mir wünschen – da ich ja einen Anlass habe: es ist mein Geburtstag [Applaus] –, ich würde mir wünschen, ich könnte feststellen, ob ich weiß, was ich sage.
Malgré tout, dire, ça vise à être entendu.
Trotz allem zielt es ja darauf ab, gehört zu werden.
Je voudrais vérifier, en somme, si je ne me contente pas de parler pour moi – comme tout le monde le fait, bien sûr, si l’inconscient a un sens, c’est bien ça.
Kurz, ich möchte feststellen, ob ich mich nicht etwa darauf beschränke, für mich zu sprechen – wie es natürlich alle tun, falls das Unbewusste einen Sinn hat, ist es das.
Je dis si l’inconscient a un sens.
Ich sage, falls das Unbewusste einen Sinn hat.
Je préférerais donc que aujourd’hui quelqu’un… je ne demande pas des merveilles, je ne demande pas du tout que l’étincelle jaillisse …j’aurais aimé sans doute que quelqu’un écrive quelque chose qui en somme justifierait cette peine que je me donne depuis environ vingt-deux ans, un peu plus.
Ich würde es also vorziehen, dass heute jemand –; ich verlange keine Wunder, ich verlange keineswegs, dass Funken sprühen – es hätte mich sicherlich gefreut, wenn jemand etwas schreibt, das letztlich die Mühe rechtfertigen würde, die ich mir seit etwa zweiundzwanzig Jahren gebe, ein bisschen länger noch.
La seule façon de le justifier ça serait que quelqu’un invente quelque chose qui puisse, à moi, me servir ; je suis persuadé que c’est possible.
Die einzige Art, sie zu rechtfertigen, würde darin bestehen, dass jemand etwas erfindet, das mir von Nutzen sein könnte; ich bin überzeugt, dass das möglich ist.
J’ai inventé ce qui s’écrit comme le réel.
Ich habe das erfunden, was als das Reale geschrieben wird.
Naturellement, il ne suffit pas de l’écrire réel, parce que pas mal de gens l’on fait avant moi.
Natürlich genügt es nicht, es zu schreiben, Reales, denn das haben nicht wenige bereits vor mir getan.
Mais ce réel, je l’ai écrit sous la forme de ce que on appelle le nœud borroméen – qui n’est pas un nœud, qui est une chaîne, une chaîne ayant certaines propriétés.
Dieses Reale jedoch, ich habe es in Form dessen geschrieben, was man als borromäischen Knoten bezeichnet – der kein Knoten ist, der eine Verkettung ist, eine Verkettung mit bestimmten Eigenschaften.4
Et sous la forme minimale sous laquelle j’ai tracé cette chaîne, il en faut au moins trois, le réel c’est ça, c’est ça qui consiste à appeler un de ces trois réel. |
Und in der minimalen Gestalt, in der ich diese Verkettung angezeichnet habe – es braucht mindestens |{144} drei [Elemente] –, besteht das Reale darin, eines dieser drei Reales zu nennen.
[130] Ça veut dire là qu’il y a trois éléments, et que ces trois éléments, en somme, tels qu’ils sont dits noués – en réalité enchaînés – font métaphore.
Das heißt hier, dass es drei Elemente gibt und dass die drei Elemente letztlich – so wie sie, wie man sagt, verknotet sind, in Wirklichkeit aber verkettet sind – eine Metapher bilden.
Ça n’est rien de plus, bien sûr, que métaphore de la chaîne.
Natürlich ist das nichts weiter als Metapher der Verkettung.
Comment se peut-il qu’il y ait une métaphore de quelque chose qui n’est que nombre ?
Wie kann es sein, dass es eine Metapher von etwas gibt, das nur Zahl ist?5
Cette métaphore on l’appelle, à cause de ça, le chiffre.
Aufgrund dessen bezeichnet man die Metapher als Ziffer.6
Il y a un certain nombre de façons de tracer ces chiffres.
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, diese Ziffern zu zeichnen.
Enfin, la façon la plus simple c’est celle que j’ai appelée du trait unaire : de faire un certain nombre de traits, ou de points d’ailleurs, et ça suffit à indiquer un nombre.
Die einfachste Art ist diejenige, die ich als unären Zug bezeichnet habe und die darin besteht, dass man eine Reihe von Strichen oder auch von Punkten macht; das genügt, um eine Zahl anzuzeigen.7
Il y a quelque chose d’important, c’est que ce qu’on appelle l’énergétique, ça n’est rien d’autre que la manipulation d’un certain nombre de nombres, un certain nombre de nombres d’où on extrait un nombre constant.
Wichtig ist Folgendes, dass nämlich das, was man Energetik nennt, nichts anderes ist als das Hantieren mit einer Reihe von Zahlen, einer Reihe von Zahlen, aus denen man eine konstante Zahl herauszieht.8
C’était ça à quoi Freud, se référant à la science, à la science telle qu’on la concevait de son temps, à quoi Freud se référait.
Darauf hat Freud – indem er sich auf die Wissenschaft bezog, auf die Wissenschaft, wie man sie damals verstand –, darauf hat Freud sich bezogen.
C’est-à-dire qu’il n’en faisait qu’une métaphore.
Das heißt, dass er nur eine Metapher daraus gemacht hat.
L’idée d’une énergétique psychique, il ne l’a jamais vraiment, vraiment fondée.
Er hat sie nie wirklich, wirklich begründet, die Idee einer psychischen Energetik.
Il n’aurait même pas pu en tenir la métaphore avec quelque vraisemblance.
Nicht einmal ihre Metapher hätte er mit einer gewissen vraisemblance, mit einer gewissen Plausibilität aufrechterhalten können.
L’idée d’une constante, par exemple, liant le stimulus à ce qu’il appelle la réponse, est quelque chose de tout à fait insoutenable.
Die Idee einer Konstanten beispielsweise, die den Reiz mit dem, was er Reaktion nennt, verknüpft, ist etwas völlig Unhaltbares.
Dans la métaphore de la chaîne, de la chaîne borroméenne, je dis que j’ai inventé quelque chose.
Mit der Metapher der Verkettung, der borromäischen Verkettung, habe ich, wie gesagt, etwas erfunden.
Qu’est-ce que c’est qu’inventer ?
Was heißt erfinden?
Est-ce que c’est une idée ?
Ist das eine Idee?
Que ceci ne vous empêche pas quand même, d’essayer dans un instant de me poser une question qui me récompense, qui me récompense non pas de l’effort que je fais pour l’instant parce que, justement ce que je pense pour l’instant, c’est que ce que je vous dis, pour l’instant, n’a pas beaucoup de chance d’obtenir une réponse.
Das sollte Sie jedoch nicht daran hindern, dass Sie gleich versuchen, mir eine Frage zu stellen, die mich belohnt – nicht für die Mühe, die ich mir im Augenblick gebe, da ich ja im Augenblick denke, dass das, was ich Ihnen gerade sage, keine große Chance hat, eine Antwort zu erhalten.
Est-ce que c’est une idée, cette idée du réel, j’entends : telle qu’elle s’écrit dans ce qu’on appelle le nœud borroméen, qui – je le souligne – est une chaîne ?
Ist das eine Idee, diese Idee des Realen, ich meine so wie sie mit dem geschrieben wird, was man den borromäischen Knoten nennt, der – ich betone das – eine Verkettung ist?
C’est pas une idée, c’est pas une idée qui se soutienne parce que c’est en somme là qu’on touche que l’idée, l’idée qui vient comme ça, l’idée qui vient quand on est couché, parce qu’en fin de compte c’est ça – l’idée, au moins réduite à sa valeur analytique, c’est une idée qui vous vient quand on est couché.
Das ist keine Idee, das ist keine Idee, die sich halten ließe, denn hier rührt man letztlich daran, dass die Idee – die Idee, die einem einfach so kommt, die Idee, die einem kommt, wenn man liegt, denn das ist es letztlich –, dass die Idee, zumindest wenn man sie auf ihren analytischen Wert reduziert, eine Idee ist, die einem kommt, wenn man liegt.
Qu’on soit couché ou debout, l’effet de chaîne qu’on obtient par l’écriture ne se pense pas aisément.
Ob man nun liegt oder steht, die Wirkung der Verkettung, die man durch die Schrift erhält, kann nicht so leicht gedacht werden.
Je veux dire que – à mon expérience tout au moins – il n’est pas du tout aisé de dire comment une chaîne, une chaîne composée d’un certain nombre d’éléments – même à les réduire à trois – ça ne s’imagine pas facilement, ça ne s’écrit pas facilement.
Ich meine, dass es zumindest meiner Erfahrung nach gar nicht so einfach ist, zu sagen, wie eine Verkettung –; eine Verkettung, die aus einer bestimmten Anzahl von Elementen besteht, selbst wenn man sie auf drei |{145} reduziert, das lässt sich nicht leicht vorstellen, das lässt sich nicht leicht schreiben.
Et il vaut mieux y être rompu d’avance pour être sûr de réussir à en donner l’écriture.
Und es ist besser, sich frühzeitig damit vertraut zu machen, um sicher zu sein, dass es einem gelingt, ihre geschriebene Form zu liefern.
C’est très exactement ce dont vous avez eu mille fois le témoignage par moi-même, dans des erreurs – les lapsus de plume – que j’ai faites cent fois devant vous en essayant de faire – quoi ? – de faire une écriture qui symbolise cette chaîne.
Eben davon haben Sie von mir tausendmal das Zeugnis erhalten, in den Irrtümern, den Verschreibern, die ich hundertmal vor Ihnen gemacht habe – als ich was zu tun versuchte? Als ich versucht habe, eine Schreibung vorzunehmen, eine Schreibung, durch die diese Verkettung symbolisiert wird.
Je considère que d’avoir énoncé, sous la forme d’une écriture, le réel en question, a la valeur de ce qu’on appelle généralement un traumatisme.
Ich nehme an, dass die Tatsache, dass ich das fragliche Reale in Form einer Schrift artikuliert habe, den Wert dessen hat, was man allgemein als Trauma bezeichnet.9
Non pas que ç’ait été ma visée de traumatiser quiconque, surtout de mes auditeurs, auxquels je n’ai aucune raison d’en vouloir au point |[131] de leur causer ce qu’on appelle généralement un traumatisme.
Nicht dass es meine Absicht gewesen wäre, irgendjemanden zu traumatisieren, vor allem nicht meine Zuhörer, bei denen ich keinerlei Grund habe, ihnen dermaßen übelzuwollen, um bei ihnen das hervorzurufen, was man allgemein als Trauma bezeichnet.
Disons que c’est un forçage, un forçage d’une nouvelle écriture, une écriture qui, par métaphore, a une portée qu’il faut bien appeler symbolique.
Sagen wir, dass es eine Forcierung ist, die Forcierung einer neuen Art von Schrift, einer Schrift, die als Metapher eine Tragweite hat, die man wirklich als symbolisch bezeichnen muss.
C’est un forçage d’un nouveau type, si je puis dire, d’idée qui n’est pas une idée qui fleurit, en quelque sorte spontanément du seul fait de ce qui fait sens en somme, c’est-à-dire de l’imaginaire.
Das ist, wenn ich so sagen darf, die Forcierung eines neuen Typs von Idee, einer Idee, die nicht, gewissermaßen spontan, allein schon durch das erblüht, was letztlich Sinn erzeugt, das heißt durch das Imaginäre.
Ce n’est pas non plus que ce soit quelque chose de tout à fait étranger.
Es ist aber auch nicht so, dass dies etwas gänzlich Fremdartiges wäre.
Je dirai même plus, c’est ça qui rend sensible, qui fait toucher du doigt – mais de façon tout à fait illusoire – ce que peut être ce qu’on appelle la réminiscence.
Ich möchte noch mehr sagen: Das macht spürbar, das lässt mit Händen greifen – allerdings in einer ganz und gar illusorischen Weise –, was das, was man Reminiszenz nennt, sein könnte.10
La réminiscence consiste à imaginer à propos de quelque chose qui fait fonction d’idée, mais qui n’en est pas une, on s’imagine qu’on se la réminisce, si je puis m’exprimer ainsi.
Die Reminiszenz besteht darin, sich vorzustellen – im Hinblick auf etwas, das als Idee fungiert, das jedoch keine ist –, man stellt sich vor, dass man sie sich reminisziert, wenn ich mich so ausdrücken darf.
C’est en ça que les deux fonctions sont distinguées dans Freud… parce que il avait le sens des distinctions …c’est en ça que la réminiscence est distincte de la remémoration.
Darin unterscheiden sich die beiden Funktionen bei Freud – denn er hatte einen Sinn für Unterscheidungen –, darin unterscheidet sich die Reminiszenz vom Sichererinnern.11
La remémoration, c’est évidemment quelque chose que Freud à tout à fait forcé, qu’il a forcé grâce au terme impression.
Das Sichererinnern ist offenkundig etwas, das Freud völlig forciert hat, das er durch den Terminus Eindruck forciert hat.12
Il supposait que dans le système nerveux, il y avait des choses qui s’imprimaient et ces choses qui s’imprimaient dans le système nerveux, il les pourvoit de lettres, ce qui est déjà trop dire, parce que il n’y a aucune raison qu’une impression se figure comme ce quelque chose de si déjà éloigné de l’impression qu’est une lettre, parce que une lettre, il y a déjà un monde entre une lettre et un symbole phonologique.
Abb. 1: Freud, Diagramm im „Entwurf“
Er nahm an, dass es im Nervensystem Dinge gibt, die eingedrückt werden, und die Dinge, die sich in das Nervensystem eingedrückt werden, versieht er mit Buchstaben13, was bereits zu viel gesagt ist, denn es gibt keinerlei Grund dafür, einen Eindruck als etwas darzustellen, das vom Eindruck bereits so weit entfernt ist wie ein Buchstabe, denn ein Buchstabe – zwischen einem Buchstaben und einem phonologischen Symbol liegt bereits eine Welt.
L’idée dont Freud porte le témoignage dans l’Esquisse, en figurant par des réseaux, bien sûr que ces réseaux, c’est peut-être ce qui m’a incité à leur donner une nouvelle forme plus rigoureuse, c’est-à-dire à faire de ces réseaux quelque chose qui s’enchaîne, au lieu de simplement se tresser.
{146} Die Idee, die Freud im Entwurf dadurch bekundet, dass er sie durch Netze darstellt – dieses Netze haben mich möglicherweise dazu angeregt, ihnen eine neue, strengere Form zu geben, dazu, aus diesen Netzen etwas zu machen, das sich verkettet statt sich einfach zu verflechten.
La remémoration à proprement parler, c’est faire entrer… et c’est certain que ce n’est pas facile – je pense que je vous en ai donné le témoignage – ce n’est pas facile de faire entrer la chaîne ou le nœud mis sous le patronage des Borromées c’est pas facile de le faire entrer dans ce qui est déjà là… les lapsus que j’ai faits, fréquents, en essayant de les tracer sur quelque chose comme ce bout de papier, en sont la preuve …quelque chose qui est déjà là et qui se nomme le savoir.
Das Sicherinnern im eigentlichen Sinne besteht darin, etwas einzubringen, und es ist gewiss nicht leicht, ich denke, dass ich das hier bezeugt habe, es ist nicht leicht, die Verkettung bzw. den Knoten, der unter das Patronat der Borromäer gestellt ist, einzubringen, es ist nicht leicht, ihn in das, was bereits da ist, einzubringen – die Lapsus, die ich oft gemacht habe, als ich versucht habe, sie auf so etwas wie dieses Stück Papier da zu zeichnen, belegen das –, ihn in etwas einzubringen, das bereits da ist und das Wissen genannt wird.
J’ai essayé d’être rigoureux en faisant remarquer que ce que Freud supporte comme l’inconscient suppose toujours un savoir, et un savoir parlé, comme tel, que c’est le minimum que suppose le fait que l’inconscient puisse être interprété.
Ich habe versucht, streng vorzugehen, indem ich darauf aufmerksam gemacht habe, dass das, was Freud als das Unbewusste behauptet, immer ein Wissen voraussetzt und zwar ein gesprochenes Wissen als solches, dass dies das Minimum ist, das in der Tatsache, dass das Unbewusste gedeutet werden kann, als Voraussetzung enthalten ist.
Il est entièrement réductible à un savoir.
Es ist gänzlich auf ein Wissen reduzierbar.
Après quoi, il est clair que ce savoir exige au minimum deux supports, n’est-ce pas, qu’on appelle termes, en les symbolisant de lettres.
Danach ist klar, dass dieses Wissen mindestens zwei Träger erfordert, Terme genannt, wobei sie durch Buchstaben symbolisiert werden.
D’où mon écriture du savoir comme se supportant de S – non pas à la deuxième puissance – de S avec cet indice qui le supporte, cet indice d’un petit 2 dans le bas ; ça n’est pas le S au carré, c’est le S supposé être 2 : S2.
Deshalb meine Schreibung des Wissens als das, was gestützt wird durch S, nicht in zweiter Potenz, durch S mit diesem Index, der es stützt, diesem Index einer tiefgestellten kleinen 2; das ist nicht das S zum Quadrat, es ist das S, von dem angenommen wird, zwei zu sein: S2.14
La définition que je donne de ce signifiant, comme tel, et que je supporte du S indice 1 : S1, c’est de représenter un sujet |[132] comme tel, et de le représenter vraiment.
Die Definition, die ich von dem Signifikanten gebe, den ich mit dem S Index 1 stütze, S1, ist die, dass er ein Subjekt als solches repräsentiert und dass er es wahrhaft repräsentiert.
«Vraiment » veut dire dans l’occasion : conformément à la réalité.
„Wahrhaft“ meint hierbei: in Übereinstimmung mit der Realität.
Le vrai est dire conforme à la réalité, la réalité qui est dans l’occasion ce qui fonctionne, ce qui fonctionne vraiment.
Das Wahre ist: Sagen in Übereinstimmung mit der Realität, und die Realität ist hierbei das, was funktioniert, was wahrhaft funktioniert.
Mais ce qui fonctionne vraiment n’a rien à faire avec ce que je désigne du réel.
Aber das, was wahrhaft funktioniert, hat nichts mit dem zu tun, was ich als das Reale bezeichne.
C’est une supposition tout à fait précaire que mon réel – faut bien que je me le mette à mon actif – que mon réel conditionne la réalité, la réalité de votre audition par exemple.
Dass mein Reales – ich muss es ja mir zurechnen –, dass mein Reales die Realität bedinge, etwa die Realität Ihres Zuhörens, ist eine ganz prekäre Annahme.
Il y a là un abîme dont on est loin de pouvoir assurer qu’il se franchit.
Es gibt hier einen Abgrund, und wir sind weit davon entfernt zusichern zu können, dass er überbrückt wird.
En d’autres termes, l’instance du savoir… que Freud renouvelle, je veux dire rénove sous la forme de l’inconscient …est une chose qui ne suppose pas du tout obligatoirement le réel dont je me sers.
Mit anderen Worten, die Instanz des Wissens, die Freud erneuert, ich meine, die er in Gestalt des Unbewussten neu fasst, ist etwas, wofür das Reale, dessen ich mich bediene, keineswegs eine zwingende Voraussetzung ist.
J’ai véhiculé beaucoup de ce qu’on appelle choses freudienne.
{147} Ich habe viel von dem übermittelt, was man Freud’sche Sachen nennt.
J’ai même intitulé une chose que j’ai écrite La Chose freudienne.
Ich habe sogar einer der Sachen, die ich geschrieben habe, den Titel Die Freud’sche Sache gegegeben.
Mais dans ce que j’appelle le réel, j’ai inventé, j’ai inventé quelque chose, non pas parce que… ça s’est imposé à moi.
Doch bei dem, was ich das Reale nenne, habe ich etwas erfunden, nicht weil –; es hat sich mir aufgedrängt.
Peut-être qu’il y en a qui se souviennent comment, et à quel moment a surgi ce fameux nœud qui est tout ce qu’il y a de plus figuratif, c’est le maximum qu’on puisse en figurer, de dire que à l’imaginaire et au symbolique, c’est-à-dire à des choses qui sont très étrangères, le réel – lui – apporte l’élément qui peut les faire tenir ensemble.
Vielleicht gibt es hier einige, die sich daran erinnern, wie und in welchem Moment der immer wieder erwähnte Knoten aufgetaucht ist15, der das Bildhafteste ist, was es gibt; er ist das Maximum dessen, was man bildlich davon darstellen kann, wenn man sagt, dass dem Imaginären und dem Symbolischen – also Dingen, die einander sehr fremd sind – das Reale dasjenige Element liefert, das dafür sorgt, dass sie zusammenhalten.
C’est quelque chose dont je peux dire que je le considère comme n’étant rien de plus que mon symptôme.
Das ist etwas, wovon ich sagen kann, dass ich es als etwas auffasse, das nichts mehr ist als mein Symptom.
Je veux dire que… si tant est que il y ait ce qu’on puisse appeler une élucubration freudienne …que c’est ma façon à moi de porter à son degré de symbolisme, au second degré.
Ich meine, falls es tatsächlich etwas gibt, das man ein Freud’sches Elaborat nennen könnte, dass dies meine Art und Weise ist, [es] auf seine Stufe an Symbolik zu bringen, auf die zweite Stufe.
C’est dans la mesure où Freud a articulé l’inconscient que j’y réagis, mais déjà nous voyons là que c’est une façon de porter le sinthome lui-même au second degré.
Insofern als Freud das Unbewusste artikuliert hat, reagiere ich darauf, aber wir sehen da bereits, dass dies eine Art ist, das Sinthom selbst auf die zweite Stufe zu bringen.
C’est dans la mesure où Freud a vraiment fait une découverte – et à supposer que cette découverte soit vraie – qu’on peut dire que le réel est ma réponse symptomatique.
In dem Maße, in dem Freud wahrhaft eine Entdeckung gemacht hat – und wenn man annimmt, dass diese Entdeckung wahr ist –, kann man sagen, dass das Reale meine symptomatische Antwort ist.
Mais la réduire à être symptomatique n’est évidemment pas rien ; la réduire à être symptomatique, c’est aussi réduire toute invention au sinthome.
Aber sie darauf zu reduzieren, dass sie symptomatisch ist, heißt offensichtlich einiges; sie darauf zu reduzieren, symptomatisch zu sein, heißt auch, jede Erfindung auf das Sinthom zu reduzieren.
[133] Changeons le place.
Wechseln wir den Platz.
À partir du moment où on a une mémoire : a-t-on une mémoire ?
Von dem Moment an, da man eine Erinnerung hat – hat man eine Erinnerung?
Peut-on dire qu’on fasse plus à dire qu’on l’a que d’imaginer qu’on l’a, d’imaginer qu’on en dispose ?
Kann man sagen, dass man mehr tut, wenn man sagt, dass man sie hat, als wenn man sich vorstellt, dass man sie hat, wenn man sich vorstellt, dass man darüber disponiert?
Je devrais dire qu’on en dire-spose.
Ich möchte sagen, dass man darüber dire-sponiert, im-Sagen-verfügt.
On a à dire.
On a à dire, man hat zu sagen / wir müssen sagen.16
Et c’est en quoi la langue – la langue que j’ai appelée lalanglaise – a toutes sortes de ressources.
Hierbei hat die Sprache, die ich lalanglaise genannt habe, eine ganze Reihe von Möglichkeiten.
I have to tell.
I have to tell.
« J’ai à dire », c’est comme ça que on traduit, c’est d’ailleurs un anglicisme.
„J’ai à dire“, so hat man das übersetzt, was übrigens ein Anglizismus ist.
Mais qu’on puisse dire non seulement have mais awe, a, w, e: I awe to tell donne le glissement : « j’ai à dire » devient « je dois dire ».
Aber |{148} dass man nicht nur have sagen kann, sondern awe – a, w, e –, I awe to tell, ergibt das Gleiten: j’ai à dire, „ich habe zu sagen“ / „ich muss sagen“ wird zu je dois dire, „ich muss sagen“ / „ich soll sagen“.17
Et qu’on puisse, dans cette langue, mettre l’accent sur le verbe d’une façon telle qu’on puisse dire : I do make, j’insiste en somme sur le fait que par ce making, il n’y a que fabrication.
Und dass man in dieser Sprache die Betonung in der Weise auf das Verb legen kann, dass man sagen kann: I do make – ich bestehe letztlich darauf, dass dieses making nur ein Machwerk ergibt.
Qu’on puisse également séparer la négation sous cette forme qu’on dise : I don’t, ce qui veut dire « je m’abstiens de faire quelque chose »; I don’t talk, « je ne choisis pas de parler ».
Und dass man auf gleiche Weise die Negation abtrennen kann, so nämlich, dass man sagt: I don’t, was bedeutet: „Ich verzichte darauf, etwas zu tun“ – I don’t talk, „ich entscheide mich nicht fürs Sprechen“.
De parler quoi ?
Was zu sprechen?
Dans le cas de Joyce, c’est le gaëlique.
Im Falle von Joyce war es das Gälische.
Ceci suppose, implique qu’on choisit de parler la langue qu’on parle effectivement.
Das unterstellt, das impliziert, dass man sich dafür entscheidet, die Sprache zu sprechen, die man tatsächlich spricht.
En fait, on ne fait que s’imaginer la choisir.
Tatsächlich bildet man sich nur ein, sich für sie zu entscheiden.
Et ce qui résout la chose, c’est que cette langue, en fin de compte, on la crée.
Und die Sache wird dadurch gelöst, dass man diese Sprache letztendlich erschafft.
On crée une langue pour autant qu’à tout instant on lui donne un sens.
Man erschafft eine Sprache insofern, als man ihr in jedem Augenblick einen Sinn gibt.
Il n’est pas réservé aux phases où la langue se crée : à tout instant on donne un petit coup de pouce, sans quoi la langue serait pas vivante ; elle est vivante pour autant qu’à chaque instant on la crée.
Das beschränkt sich nicht auf die Phasen, in denen die Sprache geschaffen wird; in jedem Moment gibt man ihr einen kleinen Stups, andernfalls wäre die Sprache keine lebende Sprache, lebend ist sie insofern, als man sie in jedem Augenblick erschafft.18
C’est en cela qu’il n’y a pas d’inconscient collectif, qu’il n’y a que des inconscients particuliers, pour autant que chacun, à chaque instant, donne un petit coup de pouce à la langue qu’il parle.
Und deshalb gibt es kein kollektives Unbewusstes; es gibt nur besondere Unbewusste, insofern ein jeder der Sprache, die er spricht, in jedem Moment einen kleinen Stups versetzt.
Donc, il s’agit pour moi de savoir si je ne sais pas ce que je dis comme vrai.
Für mich geht es also darum, zu wissen, ob ich das, wovon ich sage, dass es wahr ist, nicht weiß.
C’est à chacun de ceux qui sont ici de me dire comment vous l’entendez.
Es liegt bei jedem von all denen, die hier sind, mir zu sagen, wie Sie es verstehen.
Et spécialement sur ceci : que quand je parle… parce qu’après tout, ce n’est pas sûr que ce que je dise du réel soit plus que de parler à tort et à travers.
Und insbesondere darüber, ob ich, wenn ich spreche –; denn letztlich ist nicht sicher, ob das, was ich über das Reale sage, mehr ist als bloßes Gerede.
Dire que le réel est un sinthome, le mien, n’empêche pas que l’énergétique, dont j’ai parlé tout à l’heure, le soit moins.
Zu sagen, dass das Reale ein Sinthom ist, das meine, ist kein Einwand dagegen, dass die Energetik, von der ich vorhin gesprochen habe, nicht weniger eins ist.
Quel serait le privilège de l’énergétique, si ce n’est que, on l’a… à condition de faire les bonnes manipulations, les manipulations conformes à un certain enseignement mathématique …on trouve toujours un nombre constant.
Worin bestünde das Privileg der Energetik, wenn nicht darin, dass man – sofern man die richtigen Hantierungen vornimmt, die Hantierungen, die mit einer bestimmten mathematischen Lehre übereinstimmen –, dass man stets eine konstante Zahl findet.
Mais on sent bien à tout instant que c’est une exigence, si on peut dire, préétablie, |[134] c’est-à-dire que… il faut qu’on obtienne la constante, et que c’est ça qui constitue en soi l’énergétique, c’est que, il faut trouver un truc pour trouver la constante.
Man spürt jedoch in jedem Moment, dass dies eine, wenn man so sagen kann, prästabilierte Forderung ist, nämlich dass man die Konstante erhalten muss und dass die Energetik eben darin besteht, dass man einen Trick finden muss, um die Konstante zu finden.
Le truc convenable, celui qui réussit, est supposé conforme à ce qu’on appelle la réalité.
Vom geeigneten Trick, von dem, der gelingt, wird angenommen, dass er mit dem übereinstimmt, was man Realität nennt.
Mais je fais distinction de cet organe, si je puis dire… de cet organe qui n’a absolument rien à faire avec un organe charnel …je fais tout à fait distinction de cet organe… par quoi imaginaire et symbolique sont, comme on dit, noués, …je fais tout à fait distinction de ce supposé réel, par rapport à ce qui sert à fonder la science de la réalité.
Ich treffe jedoch eine Unterscheidung |{149} zwischen diesem Organ19, wenn ich so sagen darf, diesem Organ, das absolut nichts mit einem leiblichen Organ zu tun hat, ich unterscheide ganz klar zwischen diesem Organ, wodurch Imaginäres und Symbolisches, wie man sagt, miteinander verknüpft sind, ich unterscheide ganz klar zwischen diesem angenommenen Realen und dem, was dazu dient, die Wissenschaft von der Realität zu begründen.
Le réel dont il s’agit est illustré par ce nœud mis à plat, est illustré du fait que dans ce nœud mis à plat, j’y montre un champ comme essentiellement distinct du réel, qui est le champ du sens.
Abb. 2: Feld des Sinns im Diagramm der borromäischen Ringe
Das Reale, um das es geht, wird durch diesen geplätteten Knoten illustriert, es wird dadurch illustriert, dass ich darin ein Feld zeige, das vom Realen wesentlich unterschieden ist, nämlich das Feld des Sinns.
À cet égard, on peut dire que le réel a et n’a pas un sens au regard de ceci : c’est que le champ en est distinct.
In dieser Hinsicht kann man sagen, dass das Reale einen Sinn sowohl hat als auch nicht hat, insofern nämlich, als das Feld des Sinns davon unterschieden ist.
Que le réel n’ait pas de sens, c’est ce qui est figuré par ceci : c’est que le sens est là, et que le réel est là, et qu’ils ne sont pas… qu’ils sont distincts comme champs notamment.
Dass das Reale keinen Sinn hat, wird hier dadurch verbildlicht, dass der Sinn hier ist und das Reale dort und dass sie nicht –, dass sie insbesondere als Felder unterschieden sind.
Le frappant est ceci : c’est que le symbolique se distingue d’être spécialisé, si l’on peut dire, comme trou, mais que le vrai trou est ici,
Das Verblüffende ist, dass das Symbolische sich dadurch auszeichnet, dass es, wenn man so sagen kann, darauf spezialisiert ist, Loch zu sein,20, dass jedoch das wahre Loch hier ist [der Überschneidungsbereich des Realen und des Imaginären abzüglich des Feldes für das Objekt a].
Il est ici où se révèle que : il n’y a pas d’Autre de l’Autre, que ça serait là la place – de même que le sens c’est l’Autre du réel – que ce serait là sa place, mais qu’il n’y a rien de tel.
Abb. 3: „Wahres Loch“ im Diagramm der borromäischen Ringe
Hier wird offenbar, dass es keinen Anderen des Anderen gibt: dass dies hier der Platz wäre – ebenso wie der Sinn das Andere des Realen ist –, dass das hier sein Platz wäre, aber dass es etwas Derartiges nicht gibt.
À la place de l’Autre de l’Autre, il n’y a aucun ordre d’existence.
Am Platz des Anderen des Anderen gibt es keinerlei Art von Existenz.
C’est bien en quoi je peux penser que le réel, lui non plus21, est en suspens si l’on peut dire, que le réel peut être ce à quoi je l’ai réduit – sous forme de question – à savoir à n’être qu’une réponse à l’élucubration de Freud, dont on peut dire que tout de même |[135] elle répugne à l’énergétique, qu’elle est tout à fait en l’air au regard de cette énergétique, et que la seule conception qui puisse y suppléer – à ladite énergétique – c’est celle que j’ai énoncé sous le terme de réel.
{150} Insofern kann ich denken, dass das Reale auch keine hat, dass es, wenn man so sagen kann, in der Schwebe ist, dass das Reale das sein kann, worauf ich es in, in Form einer Frage, reduziert habe, nämlich darauf, nur eine Antwort auf das Elaborat von Freud zu sein, von dem man immerhin sagen kann, dass es sich der Energetik widersetzt, dass es, bezogen auf diese Energetik, ganz und gar in der Luft hängt und dass die einzige Konzeption, durch die sie, die besagte Energetik, ersetzt werden könnte, diejenige ist, die ich mit dem Terminus des Realen vorgebracht habe.
[Die Fragen liegen schriftlich vor und werden von Lacan vorgelesen.]
Voilà ! « Si la psychanalyse est un symptôme, qu’est-ce vous faites… est-ce que ce que vous faites avec votre nœud et vos mathomes… [lapsus de Lacan] …et vos mathèmes.“ [Rires]
Also. „Wenn die Psychoanalyse ein Symptom ist, ist das, was Sie mit Ihrem Knoten und Ihren Mathomen [Versprecher von Lacan], ihren Mathemen machen …?“ [Gelächter]
« Si la psychanalyse », me pose-t-on comme question, « est un sinthome » – je n’ai pas dit que la psychanalyse était un sinthome …« est-ce que ce que vous faites avec votre nœud et vos mathèmes, ce n’est pas déchiffrer, avec la conséquence d’en dissiper la signification ? »
„Wenn die Psychoanalyse“, stellt man mir die Frage, „ein Sinthom ist“ – ich habe nicht gesagt, die Psychoanalyse sei ein Symptom –, „ist das, was Sie mit Ihrem Knoten und Ihren Mathemen machen, nicht ein Dechiffrieren, mit der Konsequenz, die Bedeutung daraus zu vertreiben?“22
Je ne pense pas que la psychanalyse soit un sinthome.
Ich denke nicht, dass die Psychoanalyse ein Sinthom ist.
Je pense que la psychanalyse est une pratique dont l’efficacité, malgré tout tangible, implique que je fasse ce qu’on appelle mon nœud, à savoir ce nœud triple, implique ceci pour moi.
Ich denke, dass die Psychoanalyse eine Praxis ist, deren Wirksamkeit – die ja trotz allem spürbar ist – impliziert, dass ich das mache, was man meinen Knoten nennt, nämlich diesen Dreifachknoten, deren Wirksamkeit das für mich impliziert.
Et c’est en ça que je suspends cet abord de ce tiers qui se distingue de la réalité, et que j’appelle le réel.
Insofern lasse ich den Zugang zu dem Dritten in der Schwebe, das sich von der Realität unterscheidet und das ich das Reale nenne.
C’est en ça que je peux pas dire je pense, puisque c’est une pensée encore tout à fait fermée, c’est-à-dire au dernier terme énigmatique.
Daran liegt es, dass ich nicht sagen kann, ich denke, da es ein noch ganz und gar verschlossenes Denken ist, also ein letztlich rätselhaftes.
La distinction du réel par rapport à la réalité est quelque chose dont je suis pas sûr que ça se confonde avec, je dirai la propre valeur que je donne au terme réel.
Die Unterscheidung des Realen von der Realität ist etwas, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob es zusammenfällt mit, sagen wir, mit dem Eigenwert, den ich dem Terminus „Reales“ gebe.
Le réel étant dépourvu de sens, je ne suis pas sûr que le sens de ce réel ne pourrait pas s’éclairer d’être tenu pour rien moins que sinthome.
Da dem Realen der Sinn abgeht, bin ich mir nicht sicher, ob der Sinn dieses Realen sich nicht dadurch aufklären könnte, dass man ihn für nichts weniger als für ein Sinthom hielte.
C’est là ce que – à la question qui m’est posée – je réponds.
Das ist das, was ich auf die mir gestellte Frage antworte.
C’est dans la mesure où je crois pouvoir – de quelque chose qui est une topologie grossière – supporter ce qui est en cause, à savoir la fonction même du réel comme distingué – distingué par moi – de ce que je crois pouvoir tenir avec certitude – avec certitude parce que j’en ai la pratique – du terme d’Inconscient, n’est-ce pas.
Insofern ich glaube, damit – mit dem, was eine grobe Topologie ist – das stützen zu können, was zur Diskussion steht, nämlich die Funktion des Realen als unterschieden, als von mir unterschieden von dem, was ich glaube vom Terminus des Unbewussten mit Gewissheit |{151} festhalten zu können – mit Gewissheit, da ich davon die Praxis habe, nicht wahr.
C’est dans cette mesure… et dans la mesure où l’Inconscient ne va pas sans référence au corps …que je pense que la fonction du réel peut en être distinguée.
In dem Maße –; und in dem Maße, wie das Unbewusste nicht ohne Bezug auf den Körper geht, denke ich, dass die Funktion des Realen davon unterschieden werden kann..
[136] « Si selon la Genèse »… je vous lis les choses qu’on a eu la bonté de m’écrire, ce qui n’est pas plus mal qu’autre chose, étant donné ce que j’ai dit que le réel tient à l’écriture … « si selon la Genèse, traduite par André Chouraqui, Dieu créa à l’homme une aide, ‚une aide contre lui‘, qu’en est-il du psychanalyste comme ‚aide contre‘ ? »
.„Wenn, der Genesis zufolge“ – ich lese Ihnen die Dinge vor, die man die Güte hatte, mir zu schreiben, was nicht schlechter ist als etwas anderes, bedenkt man, was ich gesagt habe, nämlich dass das Reale an der Schrift hängt –, „wenn, der Genesis zufolge, wie André Chouraqui übersetzt hat, Gott dem Menschen eine ‚Hilfe gegen ihn‘ schuf23, wie steht es dann mit dem Psychoanalytiker als ‚eine Hilfe gegen‘?“
Je pense qu’effectivement le psychanalyste ne peut pas se concevoir autrement que comme un sinthome.
Ich denke, dass sich der Psychoanalytiker tatsächlich nicht anders begreifen kann denn als ein Sinthom.24
C’est pas la psychanalyse qui est un sinthome, c’est le psychanalyste.
Nicht die Psychoanalyse ist ein Sinthom, sondern der Psychoanalytiker.
C’est en ça que je répondrai à ce qui m’avait été posé comme question tout à l’heure : c’est que c’est le psychanalyste qui est en fin de compte une aide, dont, aux termes de la Genèse, on peut dire que c’est en somme un retournement, puisqu’aussi bien l’Autre de l’Autre, c’est ce que je viens de définir à l’instant comme là, le petit trou.
Damit möchte ich auf das antworten, was mir soeben als Frage gestellt wurde, nämlich dass es der Psychoanalytiker ist, der letzten Endes eine Hilfe ist, von der man in den Termini der Genesis sagen kann, dass dies letztlich eine Umkehrung ist, da ja der Andere des Anderen eben das ist, was ich vor einem Moment definiert habe als das da, als das kleine Loch.
Que ce petit trou à lui tout seul puisse fournir une aide, c’est justement en ça que l’hypothèse de l’Inconscient a son support.
Dass dieses kleine Loch für sich ganz allein eine Hilfe liefern kann, genau darin hat die Hypothese des Unbewussten ihre Stütze.
L’hypothèse de l’Inconscient – Freud le souligne – c’est quelque chose qui ne peut tenir qu’à supposer le Nom-du-Père.
Die Hypothese des Unbewussten – Freud hebt das hervor – kann nur halten, wenn der Name-des-Vaters vorausgesetzt wird.
Supposer le Nom-du-Père, certes, c’est Dieu.
Den Namen-des-Vaters voraussetzen, sicherlich, das ist Gott.
C’est en ça que la psychanalyse, de réussir, prouve que le Nom-du-Père on peut aussi bien s’en passer – on peut aussi bien s’en passer à condition de s’en servir.
Eben darin beweist die Psychoanalyse durch ihr Gelingen, dass man auf den Namen-des-Vaters auch verzichten kann – man kann unter der Bedingung auch darauf verzichten, dass man sich seiner bedient.
.
« Chaque acte de parole, coup de force d’un Inconscient particulier, n’est-il pas » – me pose-t-on la question – « n’est-il pas collectivisation de l’Inconscient ? »
„Ist nicht jeder Sprechakt, Kraftakt eines besonderen Unbewussten“, so lautet die Frage, die man mir stellt, „ist nicht jeder Sprechakt eine Kollektivierung des Unbewussten?“
Mais c’est que si chaque acte de parole est un coup de force d’un Inconscient particulier, il est tout à fait clair que – comme nous en avons la théorie – chaque acte de parole peut espérer être un dire.
Aber das heißt, wenn jeder Sprechakt ein Kraftakt eines besonderen Unbewussten ist, dann ist völlig klar, dass jeder Sprechakt – da wir die Theorie darüber haben –, dass jeder Sprechakt erhoffen kann, ein Sagen zu sein.25
Et le dire aboutit à ce dont il y a la théorie, la théorie qui est le support de toute espèce de révolution, enfin, c’est une théorie de la contradiction.
Und das Sagen führt zu dem, wovon es die Theorie gibt, die Theorie, die |{152} für jede Art von Revolution die Stütze ist, nämlich eine Theorie des Widerspruchs.26
On peut dire des choses très diverses, chacune étant à l’occasion contradictoire, et que de là il sorte une réalité, une réalité qu’on présume être révolutionnaire.
Man kann sehr unterschiedliche Dinge sagen, die alle gelegentlich widersprüchlich sind, und daraus geht dann eine Realität hervor, eine Realität, die man für revolutionär hält.
Mais c’est très précisément ce qui n’a jamais été prouvé.
Das ist jedoch genau das, was niemals bewiesen worden ist.
Je veux dire que ce n’est pas parce qu’il y a du remue-ménage contradictoire que rien en soit jamais sorti comme constituant une réalité.
Ich meine damit, dass es nicht so ist, dass deshalb, weil es ein widersprüchliches Durcheinander gibt, daraus jemals etwas hervorgegangen wäre, das eine Realität bilden würde.
On espère qu’une réalité en sortira, mais c’est bien ce qui ne s’est jamais avéré comme tel.
Man hofft, dass eine Realität daraus hervorgeht, aber das ist genau das, was sich nie erwiesen hat..
« Quelle limite assignez-vous aux champs de la métaphore ? »
„Welche Grenze weisen Sie den Feldern der Metapher zu?“
Ça, c’est une très bonne question.
Das ist eine sehr gute Frage.
Ça n’est pas parce que la droite est infinie qu’elle n’a pas de limite, car la question continue par : « Sont-ils infinis », les champs de la métaphore, « sont-ils infinis comme la droite, par exemple ? »
Es ist ja nicht so, dass die Gerade, weil sie unendlich ist, keine Grenzen hätte, denn die Frage geht so weiter: „Sind sie unendlich“, die Felder der Metapher, „sind sie unendlich wie beispielsweise die Gerade?“
Il est certain que le statut de la droite mérite réflexion.
Es ist sicher, dass der Status der Geraden eine Überlegung wert ist.
Qu’une droite coupée soit assurément finie, comme ayant des limites, ne dit pas pour autant qu’une droite infinie soit sans limite.
Dass eine abgeschnittene Gerade mit Bestimmtheit endlich ist, da sie Grenzen hat, heißt ja nicht, dass eine unendliche Gerade ohne Grenze wäre.
C’est pas parce que le fini |[137] a des limites qu’une droite infinie… puisqu’elle peut être supposée comme ayant ce qu’on appelle un point à l’infini, c’est-à-dire en somme faisant cercle …ça n’est pas pour autant que la droite suffise à métaphoriser l’infini.
Es ist keineswegs so, dass deshalb, weil das Endliche Grenzen hat, dass deshalb eine unendliche Gerade – da von ihr angenommen werden kann, das zu haben, was man einen Punkt im Unendlichen nennt, also letztlich einen Kreis zu bilden –, deshalb genügt die Gerade nicht, um das Unendliche zu metaphorisieren.27
Ce que pose comme question cette question de la droite, c’est justement ceci : c’est que la droite n’est pas droite.
Was die Frage der Geraden als Frage aufwirft, ist eben dies, dass die Gerade nicht gerade ist.
Mis à part le rayon lumineux qui semble nous donner – et chacun sait qu’il ne nous donne pas – une image.
Abgesehen vom Lichtstrahl, der uns – und jeder weiß, dass er das nicht tut – ein Bild zu geben scheint.
Il ne nous donne pas, à condition de le supposer – comme il semble bien, aux dernières nouvelles d’Einstein – de le supposer flexible.
Er gibt uns keins, sofern man ihn, wie es nach den letzten Nachrichten über Einstein zu sein scheint, sofern man ihn als biegsam annimmt.
Il s’infléchit ce rayon lumineux, lui-même s’infléchit quoiqu’il donne à la courte portée – à la nôtre de courte portée – quoiqu’il donne toute apparence, de ne pas l’être, à savoir de réaliser la droite.
Er biegt sich, dieser Lichtstrahl, er selbst biegt sich, auch wenn er bei kurzer Reichweite, bei unserer kurzen Reichweite, auch wenn er da den Anschein erweckt, nicht gebogen zu sein und also die Gerade zu realisieren scheint.
Comment concevoir une droite qui, à l’occasion, se tord ?
Wie ist eine Gerade aufzufassen, die sich unter bestimmten Bedingungen krümmt?
C’est évidemment un problème que soulève ma question du réel.
Das ist offensichtlich ein Problem, das durch meine Frage nach dem Realen aufgeworfen wird.
Elle implique, en quelque sorte, qu’on puisse poser des questions comme – mon Dieu – celle que Lénine posait, à savoir que… il est dit, expressément formulé, qu’une droite pouvait être tordue.
Die Frage impliziert gewissermaßen, dass man, mein Gott, Fragen wie die stellen kann, die Lenin aufgeworfen hat, nämlich dass – so wird gesagt, ausdrücklich formuliert –, dass eine Gerade gekrümmt sein kann.
II l’a impliqué dans une métaphore qui était la sienne et qui se supportait de ceci : que même un bâton peut l’être, et qu’un bâton étant ce qu’on appelle grossièrement l’image d’une droite, un bâton peut être – du seul fait d’être bâton – tordu, et du même coup en position de pouvoir être redressé.
Das ist bei ihm in einer Metapher enthalten, die von ihm stammt, und die sich darauf stützt, dass sogar ein Stab es sein kann und dass ein Stab, den man ja grob als Bild einer Geraden bezeichnet, dass ein Stab – allein schon von |{153} daher, dass er ein Stab ist – gekrümmt sein kann und dass er zugleich in der Position sein kann, dass er wieder geradegebogen werden kann.28
Quel est le sens de ce redresser par rapport à l’usage que nous pouvons faire dans le nœud borroméen que j’ai déjà ici représenté comme deux droites y intervenant expressément :
Abb. 4: Borromäische Verkettung von zwei unendlichen Geraden und einem Kreis
Was ist der Sinn von diesem geradebiegen, bezogen auf den Gebrauch, den wir davon beim borromäischen Knoten machen können, den ich hier bereits ausdrücklich so dargestellt habe, dass hier zwei Geraden intervenieren ?
C’est en effet la question : quelle peut être la définition de la droite en dehors du support de ce qu’on appelle – à courte portée – le rayon lumineux ?
Denn das ist die Frage: Was kann die Definition der Geraden sein, außerhalb der Stütze durch das, was man, bei kurzer Entfernung, den Lichtstrahl nennt?
II n’y en a aucun autre que ce qu’on appelle le plus court chemin d’un point à un autre.
Dafür gibt es nichts anderes als das, was man den kürzesten Weg von einem Punkt zu einem anderen nennt.
Mais comment savoir quel est le plus court chemin d’un point à un autre ?
Aber wie kann man wissen, was der kürzeste Weg von einem Punkt zu einem anderen ist?
.
« Je m’attends toujours à ce que vous jouiez sur les équivoques.
„Ich warte immer darauf, dass Sie mit Mehrdeutigkeiten spielen.
Vous avez dit : Y a d’l’Un, vous nous parlez du réel comme impossible – vous n’appuyez pas sur Un-possible.
Sie haben gesagt: Y a d’l’Un, „’s gibt Ein“29 Sie sprechen zu uns über das Reale als impossible, als unmöglich30 – Sie akzentuieren nicht das Un-possible, das Ein-möglich/unmöglich.31
À propos de Joyce vous parlez de paroles imposées… vous n’appuyez pas sur le Nom-du Père comme un-posé. »
Bezogen auf Joyce sprechen Sie von paroles imposées, von aufgezwungenen Worten – Sie akzentuieren nicht den Namen-des-Vaters als un-posé, als ein-gesetzt/aufgezwungen.“32
Ça, c’est une chose qui est signée.
Das eine Sache, die unterschrieben ist.
Qui est-ce qui s’attend toujours à ce que je joue sur les équivoques saintes ?
Wer ist das, der immer darauf wartet, dass ich mit den heiligen Mehrdeutigkeiten spiele?
Je ne tiens pas spécialement aux équivoques saintes.
Ich hänge nicht besonders an den heiligen Mehrdeutigkeiten.
Je crois que… il me semble que je les démystifie.
Ich glaube, dass –, mir scheint, dass ich sie entmystifiziere.
Y a d’l’Un - il est certain que cet Un m’embarrasse fort.
Y a d’l’Un, „’s gibt Ein“ – sicher ist, dass dieses Un, dieses Ein, mich stark in Verlegenheit bringt.
Je ne sais qu’en faire, puisque, comme chacun sait, l’Un n’est pas un nombre et même que, à l’occasion, je le souligne.
Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll, da ja, wie jeder weiß, das Ein keine Zahl ist und dass ich das bei Gelegenheit sogar hervorhebe.
Je parle du réel comme impossible dans la mesure où je crois justement que le réel – enfin je crois : si c’est mon symptôme, dites-le moi – où je crois que le réel est, il faut bien le dire, sans loi.
Ich spreche insoweit vom Realen als unmöglich, als ich glaube, dass das Reale – na ja, ich glaube, falls das mein Symptom ist, sagen Sie’s mir –, als ich glaube, dass das Reale, das muss ja gesagt werden, gesetzlos ist.
Le vrai réel implique l’absence de |[138] loi.
Das wahre Reale impliziert die Abwesenheit von Gesetz.
Le réel n’a pas d’ordre.
Das Reale hat keine Ordnung.
Et c’est ce que je veux dire, en disant que la seule chose que – peut-être – j’arriverai un jour à articuler devant vous, c’est quelque chose qui concerne ce que j’ai appelé un bout de réel.
Und das meine ich, wenn ich sage, dass das einzige, was mir eines Tages vielleicht vor Ihnen zu artikulieren gelingen wird, etwas ist, das mit dem zu tun hat, was ich un bout de réel genannt habe, „ein Ende Reales“, „ein Stück Reales“..
« Que pensez-vous du remue-ménage contradictoire qui s’effectue depuis quelques années en Chine ? » [Gelächter]
„Was denken Sie über das widersprüchliche Durcheinander, das sich seit einigen Jahren in China ereignet?“33 [Gelächter]
J’attends, mais je n’espère rien. [Gelächter]
Ich warte, aber ich erhoffe nichts. [Gelächter].
« Le point se définit de l’intersection de trois plans.
„Der Punkt wird definiert durch den Schnitt von drei Ebenen.34
Peut-on dire qu’il est réel ?
Kann man sagen, dass er real ist?
L’écriture de traits, en tant qu’alignement de points…l’écriture, le trait en tant qu’alignement de points sont-ils réels, au sens » – je suppose que ça doit être écrit : « au sens où vous l’entendez ? »
Das Schreiben von Strichen als Aneinanderreihung von Punkten, die Schrift, der Strich als |{154} Aneinanderreihung von Punkten, sind sie real, in dem Sinne“ – ich nehme an, hier müsste stehen, „in dem Sinne, wie Sie es verstehen?“
C’est écrit : « au sens que vous l’entendez ? » [Gelächter]
Hier steht: „in dem Sinne, dass Sie es verstehen?“ [Gelächter]
Non, y a pas de quoi rire, il est certain que c’est une question qui vaut tout à fait la peine d’être posée : que le point se définit de l’intersection de trois plans, et avec la question qui est posée à son terme : peut-on dire qu’il est réel ?
Nein, da gibt’s nichts zu lachen, es ist gewiss, dass dies eine Frage ist, die es wirklich lohnt, gestellt zu werden: dass der Punkt durch die Überschneidung dreier Ebenen definiert wird, und mit der Frage, die am Ende gestellt wird: kann man sagen, dass er real ist?
Comme certainement l’implication de ce que j’appelle la chaîne borroméenne est qu’il n’y ait entre tout ce qui est consistant dans cette chaîne, qu’il n’y ait à proprement parler aucun point commun, exclut certainement le point, comme tel, du réel.
Da die von mir so genannte borromäische Verkettung sicherlich impliziert, dass es bei allem, was in dieser Verkettung konsistent ist, dass es darin strenggenommen keinen gemeinsamen Punkt gibt, schließt das sicherlich den Punkt als solchen aus dem Realen aus.35
Parce que, qu’une figuration du réel ne puisse se supporter que de cette hypothèse qu’il n’y ait aucun point commun, qu’il n’y ait aucun branchement, aucun i grec dans l’écriture, implique certes, que le réel ne comporte pas le point comme tel.
Da sich eine bildliche Darstellung des Realen nur auf die Hypothese stützen könnte, dass es keinen gemeinsamen Punkt gibt, dass es keine Abzweigung gibt, in der Schrift kein Y, impliziert das natürlich, dass das Reale nicht den Punkt als solchen enthält.
Je suis tout à fait reconnaissant.
Ich bin überaus dankbar..
« Est-ce que le membre… est-ce que le nombre » si j’ai bien compris [Gelächter] « le nombre constant dont vous parlez a un rapport avec le phallus ou avec la fonction phallique ? »
„Hat le membre, das Glied, hat le nombre, die Zahl“, wenn ich richtig verstanden habe [Gelächter], „die konstante Zahl, von der Sie sprechen, einen Bezug zum Phallus oder zur phallischen Funktion?“
Je ne pense, justement, absolument pas… enfin je pense : pour autant que ma pensée est plus qu’un symptôme …je ne pense absolument pas en effet que le phallus puisse être un support suffisant à ce que Freud concevait comme énergétique et même, ce qui est tout à fait frappant, c’est qu’il ne l’ait jamais lui-même identifié.
Ich denke: absolut nicht – nun ja, ich denke insofern, als mein Denken mehr ist als ein Symptom –, ich denke absolut nicht, dass der Phallus eine hinreichende Stütze für das sein könnte, was Freud als Energetik auffasste, und außerdem ist wirklich verblüffend, dass er selbst das nie gleichgesetzt hat..
Quelqu’un m’écrit en chinois, ce qui est très très gentil.
Jemand schreibt mir auf Chinesisch, was sehr, sehr nett ist.
Quelqu’un m’écrit en chinois – non, en japonais, je veux dire que je reconnais des petits caractères.
Jemand schreibt mir auf Chinesisch – nein, auf Japanisch, ich will sagen, dass ich kleine Schriftzeichen wiedererkenne.
J’aimerais bien que la personne qui m’a envoyé ce texte me le traduise.
Ich hätte gern, dass die Person, die mir diesen Text geschickt hat, ihn mir übersetzt..
« Est-ce que vous êtes anarchiste ? »
„Sind Sie Anarchist?“
Sûrement pas.
Sicherlich nicht..
[139] « Quel peut être le statut d’une réponse faite à une élucubration à partir de laquelle elle se définirait comme sinthome ? »
.„Was könnte der Status einer Antwort auf ein Elaborat sein, von der aus die Antwort als Sinthom definiert werden würde?“
Il s’agit – dans ce que j’ai remarqué tout à l’heure – d’une élucubration qui est celle de l’Inconscient.
Bei dem Elaborat, das ich vorhin erwähnt habe, handelt es sich um das des Unbewussten.
Et vous vous êtes certainement aperçu qu’il fallait que je baisse le sinthome d’un cran, pour considérer qu’il était homogène à l’élucubration de l’Inconscient, je veux dire qu’il se figurait comme noué avec lui.
Und sicherlich haben Sie bemerkt, dass ich das Sinthom um eine Stufe heruntersetzen musste, um zu berücksichtigen, dass es mit dem Elaborat des Unbewussten homogen ist, ich will sagen, dass |{155} es sich als mit ihm verknüpft bildlich darstellt.
Ce que j’ai supposé tout à l’heure, c’est ceci, c’est que je réduisais le sinthome qui est ici à quelque chose qui réponde non pas à l’élucubration de l’inconscient, mais à la réalité de l’inconscient.
Ich habe eben vorausgesetzt, dass ich das Sinthom – das hier ist – auf etwas reduziert habe, das antwortet, und zwar nicht auf das Elaborat des Unbewussten, sondern auf die Realität des Unbewussten.
Il est certain que même sous cette forme, ceci implique un troisième terme, un troisième terme qui – ces deux ronds – pour les appeler de leur nom : les ronds de ficelle – les maintienne séparés.
Abb. 5: Sinthom und Symbolisches,
durch eine unendliche Gerade getrennt gehalten
Es ist sicher, dass dies sogar in dieser Form einen dritten Term impliziert, einen dritten Term, der diese beiden Ringe – um sie bei ihrem Namen zu nennen, die Schnur-Ringe –, der sie getrennt hält.36
Alors, ce troisième terme peut être ce qu’on veut, mais si le sinthome est considéré comme étant l’équivalent du réel, ce troisième terme ne peut être dans l’occasion que l’imaginaire.
Nun, dieser dritte Term kann sein, was immer man will, aber wenn das Sinthom als Äquivalent des Realen aufgefasst wird, kann der dritte Term in diesem Falle nur das Imaginäre sein.
Et après tout, on peut faire la théorie de Freud en faisant de cet Imaginaire, à savoir du corps, tout ce qui tient séparés les deux, l’ensemble que j’ai constitué ici par le nœud du symptôme et du Symbolique.
Und schließlich kann man die Theorie von Freud dadurch bilden, dass man aus diesem Imaginären, also aus dem Körper, all das macht, was die beiden getrennt hält, das Ensemble, das ich hier durch den Knoten des Symptoms und des Symbolischen gebildet habe.
Je vous remercie d’avoir envoyé… mis à part ceci :
Ich danke Ihnen, dass Sie das hier geschickt haben – bis auf dies noch:
« Votre cigare tordu est-il un symptôme de votre réel ? » [Gelächter]
„Ist Ihre krumme Zigarre ein Symptom Ihres Realen?“ [Gelächter]
Certainement ! Certainement !
Aber sicher, aber sicher!
Mon cigare tordu a le plus étroit rapport avec la question que j’ai posée sur la droite, également tordue, du même nom.
Meine krumme Zigarre steht in engster Beziehung zu der Frage, die ich zur Geraden gestellt habe, zur Geraden, die gleichermaßen gekrümmt ist, mit demselben Namen.
.
PARAPHRASE MIT ERGÄNZUNGEN
Passagen in schwarzer Schrift sind Zusammenfassungen.
Passagen in eckigen Klammern in grüner Schrift sind meine Ergänzungen.
Passagen in eckigen Klammern, die mit einem Fragezeichen beginnen und hellgrün unterlegt sind, enthalten meine Fragen zum Textverständnis.
Die Zahlen in geschweiften Klammern in grauer Schrift verweisen auf die entsprechenden Seiten von:
Jacques Lacan: Das Sinthom. Das Seminar, Buch XXIII (1975–1976). Textherstellung durch Jacques-Alain Miller. Übersetzt von Myriam Mitelman und Harold Dielmann. Turia und Kant, Wien 2017.
{143} Lacan bittet seine Zuhörer, ihm Fragen zu stellen; er möchte herausfinden, ob er sich darauf beschränkt, für sich zu sprechen, wie es alle tun – falls das Unbewusste einen Sinn hat, ist es dieser [dass man gewissermaßen für sich spricht]. Er betont, dass er gesagt hat, „falls das Unbewusste einen Sinn hat“ [das „Für-sich-Sprechen“ ist demnach der Sinn des Unbewussten]. [? Will er andeuten, dass das Unbewusste nicht nur einen Sinn hat, dass es also über das Für-sich--Sprechen hinausgeht?] Am liebsten hätte er, so sagt er, dass jemand etwas erfindet, was ihm von Nutzen wäre. [Das liest sich für mich wie eine Botschaft an Pierre Soury und Michel Thomé, die beiden Mathematiker, die ihn bei der Aneignung der Knotentheorie unterstützen.]
Das Reale
Eine Erfindung von Lacan
.„Ich habe das erfunden, was sich als das Reale schreibt.“ [Lacan verdichtet hier zwei seiner Erfindungen: die Erfindung der Triade Symbolisches – Imaginäres – Reales, die auf das Jahr 1953 zurückgeht, und die Beziehung dieser Triade auf die borromäische Verkettung, die er zuerst in Seminar 21 von 1973/74 ausgearbeitet hatte, Les non-dupes errent. Beim „Schreiben“ des Realen geht es um die „geplättete“ (zweidimensionale) Darstellung der borromäischen Verkettung und ihrer Zuordnung zur Trias SIR. Die Mathematiker sprechen statt von der „Plättung“ eines Knotens meist vom „Diagramm“; der Ausdruck kommt vom Altgriechischen diagramma, und darin steckt gramma, „Schrift“ oder „Schreiben“.]
Er hat das Reale als das geschrieben, was man „borromäischen Knoten“ nennt, der genau gesagt kein Knoten (nœud) ist, sondern eine Verkettung (chaîne) [von mindestens drei Knoten] ist. [Man kann chaîne auch mit „Verschlingung“ oder „Link“ übersetzen; die Bezeichnung als „Kette“, die Mitelman und Dielmann in ihrer Übersetzung verwenden, ist in der Topologie, soweit ich das feststellen konnte, nicht üblich.] [Lacan hatte die borromäischen Ringe zunächst, d.h. in den Seminaren 21 und 22, als borromäischen „Knoten“ bezeichnet. Das stand im Gegensatz zur Terminologie der Knotentheorie, in deren Perspektive die einzelnen Ringe Knoten snd (genau gesagt, es handelt sich bei den Ringen um „triviale Knoten“ oder „Unknoten“, was sich darauf bezieht, dass sie nicht in sich selbst verschlungen sind). In der letzten Sitzung von Seminar 22 hatte Lacan begonnen, die in der Topologie übliche Terminologie zu übernehmen, er sprach hier zum ersten Mal von einer borromäischen „Verkettung“. Danach hatte er die beiden Termini nebeneinander verwendet und gelegentlich darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei den borromäischen Ringen strenggenommen nicht um einen „Knoten“, sondern um eine „Verkettung“ handelt.] Die borromäische Verkettung ist eine Verkettung mit bestimmten Eigenschaften [sie hat die „Brunn’sche Eigenschaft“, welche darin besteht, dass sich alle Elemente (alle Ringe, alle Knoten) voneinander lösen, wenn man ein beliebiges Element auftrennt]. Eine borromäische Verkettung hat mindestens |{144} drei Komponenten [sie besteht aus mindestens drei Elementen]. [Eine Verkettung mit der Brunn’schen Eigenschaft kann aus beliebig vielen Elementen bestehen, es müssen jedoch mindestens drei sein.]
Etwas Geschriebenes
Worin besteht in Bezug auf die borromäische Verkettung von drei Komponenten das Reale? Darin, dass man eines der Elemente „Reales“ nennt. [Lacan betont den Benennungsvorgang.] Das heißt, dass die drei Elemente eine Metapher bilden. [Die Beziehung zwischen den drei Elementen der borromäischen Ringe einerseits und der Unterscheidung von Realem, Symbolischem und Imaginärem andererseits ist also die einer Metapher. Unter einer Metapher versteht Lacan eine Beziehung der Ersetzung, der Substitution; die Beziehung zwischen dem Realen, dem Imaginären und dem Symbolischen wird ersetzt durch die Beziehung zwischen den drei Elementen der borromäischen Verkettung. Die Metaphernfunktion der borromäischen Verkettung beruht auf einer Benennung. In Seminar 22, RSI, hatte Lacan erklärt, das Benennen sei die Funktion des Vaters, die Namen seien die Namen-des-Vaters.37] Die Metapher ist hier nichts als eine Metapher der Verkettung. [Der metaphorische Charakter bezieht sich nicht auf die einzelnen Ringe, sondern auf deren Verkettetsein: Das Reale, das Imaginäre und das Symbolische sind auf die Weise miteinander verkettet wie die drei Komponenten einer borromäischen Verkettung.]
Wie bildet man man die Metapher von etwas, „das nur Zahl ist“? [Die Zahl gehört zum Realen, hatte Lacan in Seminar 19 erklärt.38 Warum springt er hier von der Topologie zur Zahl? Vielleicht deshalb, weil er sich bei der Fundierung der Psychoanalyse durch die Mathematik nicht nur auf die „Geometrie“ bezieht (auf die Topologie], sondern (seit den Seminaren 12 und 13) auch auf die Zahlentheorie (auf Freges Logik der Arithmetik).]
Die Metapher einer Zahl ist die Ziffer. Die einfachste Form einer Ziffer ist eine Reihe von einzelnen Strichen, von traits unaires, oder auch von Punkten. [Eine Zahl, etwa die Zahl vier, kann auf unterschiedliche Weise dargestellt werden, etwa durch vier ausgestreckte Finger, durch das gesprochene englische Wort „four“, durch das geschriebene Zahlzeichen „4“ oder durch vier Striche auf einem Bierdeckel: „IIII“. Das geschriebene Zahlzeichen wird als „Ziffer“ bezeichnet, „4“ und „IIII“ sind Ziffern für die Zahl vier. Lacan deutet hier die Beziehung zwischen dem Schriftzeichen für eine Zahl (etwa „4“ oder „IIII“) und der Zahl (in diesem Fall: vier) als Metapher. Ähnlich ist die Zeichnung einer borromäischen Verkettung ein Schriftzeichen für die Beziehungen zwischen dem Realen, dem Symbolischen und dem Imaginären, also eine Metapher.]
[Normalerweise würde man, bezogen auf die Herstellung des Diagramms einer borromäischen Verkettung, von „Zeichnen“ sprechen; Lacan legt Wert darauf, dass es sich um ein „Schreiben“ handelt; das entspricht der in der Mathematik üblichen Bezeichnung als „Diagramm“ (das altgriechische Wort gramma verweist auf die Schrift). Damit will er vermutlich auf den grundlegenden Charakter der Schrift hinweisen, den er früher bereits für die symbolische Logik herausgearbeitet hatte, die auf der Manipulation von Schriftzeichen beruht.]
Was ist die Energetik? [Freud zufolge beruhen die psychischen Prozesse auf der Verteilung einer Energie. Diese Energie hat eine bestimmte Größe, sie kann vergrößert oder verringert werden, sie kann umgewandelt werden. Freud nennt diese Betrachtungsweise den „ökonomischen Gesichtspunkt“.] Der physikalische Energiebegriff beruht auf Manipulation mit Zahlen [auf Berechnungen], und zwar so, dass man hierbei eine konstante Zahl herauszieht. [Lacan deutet den Energieerhaltungssatz als eine Technik der Berechnung, als eine Technik im Umgang mit Geschriebenem.] Darauf hat Freud sich bezogen. Er hat den Energiebegriff als Metapher verwendet, aber niemals eine akzeptable Theorie der psychischen Energie ausgearbeitet. Selbst als Metapher ist der Energiebegriff [für Psychisches] wenig plausibel. Beispielsweise ist die Idee, dass es eine Konstante gibt, die Reiz und Reaktion verbindet, nicht haltbar. [? Wo bezieht sich Freud auf das Verhältnis von „Reiz“ und „Reaktion“?] [Vielleicht spielt Lacan hier darauf an, dass Freud zwei Energieformen unterscheidet, „freie Energie“ (Primärvorgang, unbewusst) und „gebundene Energie“ (Sekundärvorgang, bewusst), und dass er die beiden Energiearten nach der Art des „Abflusses“ unterscheidet. Der „Abfluss“ würde dann der „Reaktion“ entsprechen.]
Lacan wiederholt seine Behauptung, dass er mit der Metapher der borromäischen Verkettung des Realen, des Symbolischen und des Imaginären etwas erfunden hat [er hatte diese Entsprechung zuerst in Seminar 21 behauptet, Les non-dupes errent, 1973/74]. Was ist eine Erfindung? Eine Idee? [„Idee“ hier im Sinne von John Locke: Gedanke oder Vorstellung als Element des Psychischen, das durch Assoziationen mit anderen Ideen verbunden ist.]. Unter einer Idee versteht er unter psychoanalytischen Aspekt eine Idee, die einem kommt, wenn man liegt [beispielsweise wenn man auf der Couch liegt und assoziiert]. Die Metapher der borromäischen Verkettung von RSI ist keine Idee, keine Idee, die sich halten ließe. [Aus den folgenden Bemerkungen wird klar, dass sich das auf den Sinn bezieht; die Sehreibung der borromäischen Verkettung ermöglicht es, über das Sinnverstehen hinauszugehen.]
Eine Verkettung [borromäischen Typs] kann man zwar schreiben, |{145} man kann sie sich jedoch nicht leicht vorstellen. [Das heißt wohl: Eine borromäische Verkettung ist keine Idee, sondern eher etwas Geschriebenes.] Es ist jedoch nicht einfach, sie zu schreiben, man muss es regelrecht üben; Lacan erinnert daran, wie oft er im Seminar Schwierigkeiten hatte, diese Verkettungen korrekt anzuschreiben.
Lacan vermutet, dass die Gleichsetzung des Realen mit einer Schrift [mit der Zeichnung eines Elements einer borromäischen Verkettung] für seine Hörer ein Trauma war, „Trauma“ im Sinne der Umgangssprache – was, wie er beteuert, nicht seine Absicht war. [In Seminar 11, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse (1964), hatte Lacan erklärt, dass sich für Freud das Reale als das Nicht-Assimilierbare gezeigt habe, als das Trauma.39 Die borromäische Verkettung ist insofern „traumatisch“, als sie keinen Sinn hat.] Es handelt sich dabei um eine forçage, um eine Erzwingung – um das beschleunigte Vorantreiben einer neuen Schrift.
Diese Schrift fungiert als Metapher [für das Verhältnis zwischen dem Realem, dem Symbolischem und dem Imaginärem], und die Tragweite dieser Metapher kann man als symbolisch bezeichnen. Man könnte sagen: Es handelt sich um die Forçierung eines neuen Typs von Idee, einer Idee, die sich nicht dadurch entwickelt, dass sie auf dem Sinn beruht und damit auf dem Imaginären [im Diagramm der borromäischen Ringe als RSI beruht der Sinn auf der Überschneidung des Imaginären und des Symbolischen]. Sie ist aber auch nicht völlig fremdartig [nicht real]. [Das heißt vielleicht, die Tragweite dieser Metapher ist insofern symbolisch, als sie sich vom Imaginären löst, ohne real zu sein.]
Dadurch wird spürbar, was es mit dem auf sich haben könnte, was man Reminiszenzen nennt. Im Entwurf einer Psychologie (1895) hatte Freud die Reminiszenz vom Gedächtnis unterschieden. [Der Terminus „Reminiszenz“ findet sich nicht im Entwurf, sondern in den Studien über Hysterie – der Hysteriker, heißt es dort, leide an „Reminiszenzen“.] [? Bezieht Lacan sich hier auf Freuds Unterscheidung zwischen „Erinnerungsbesetzungen“ und „Wunschbesetzungen“ im Entwurf? Dann wäre die Reminiszenz eine Vorstellung mit Wunschbesetzung.]
Mit dem Terminus des Eindrucks hat Freud das Gedächtnis forciert [insofern Freud im Entwurf schreibt, das „Gedächtnis“ hänge von der Größe und von der Wiederholung des „Eindrucks“ ab]. Er nahm an, dass es Dinge gibt, die sich in das Nervensystem eindrücken, und er hat sie [im Entwurf durch ein Diagramm dargestellt und] mit Buchstaben versehen [wie „Commis“, „Greisler“, „lachen“, „Laden“]:
Abb. 1: Freud, Diagramm im „Entwurf”
Aber das geht einen Schritt zu weit [denn die Eindrücke haben phonologischen Charakter]; zwischen einem phonologischen Symbol [dem Laut eines Lautsystems] und einem Buchstaben liegt bereits eine Welt. [Nachdem Lacan zunächst gesagt hatte, die Zeichnung der borromäischen Ringe sei eine Schrift, betont er jetzt den Abstand zwischen der gesprochenen Sprache und der geschriebenen Sprache, zwischen dem (sinndifferenzierenden) Phonem und dem Buchstaben.]
{146} Die Netze, die Freud im Entwurf gezeichnet hat, haben ihn, Lacan, möglicherweise dazu angeregt, daraus etwas zu machen, was sich verkettet [die borromäische Verkettung] statt sich [wie bei Freud] einfach zu verflechten.
Eine Antwort auf das Unbewusste
Es ist nicht leicht, die borromäische Verkettung in das Wissen einzubringen, das bereits da ist; davon zeugen die Fehler, die er, Lacan, immer wieder gemacht hatte, wenn er versuchte, die Verkettung im Seminar zu zeichnen. [Lacan fragt jetzt nach dem Verhältnis zwischen dem Realen und dem Wissen, d.h. dem Unbewussten. In den borromäischen Ringen wird das Reale durch einen der drei Ringe repräsentiert, das Unbewusste als Wissen durch einen anderen Ring, durch den des Symbolischen.]
Das, was Freud als das Unbewusste behauptet, setzt immer ein Wissen voraus, ein gesprochenes Wissen; das ist darin impliziert, dass das Unbewusste gedeutet werden kann. [Man kann sogar sagen:] Das Unbewusste ist gänzlich auf Wissen reduzierbar. Dieses Wissen lässt sich durch zwei Terme darstellen [durch eine Verbindung von mindestens zwei Signifikanten] und wird deshalb als S2 geschrieben [darin steht „S“ für „Signifikant“ und „2“ dafür, dass es um mindestens zwei Signifikanten geht]. Und außerdem gibt es den Signifikanten S1 [den Herrensignifikanten]; er repräsentiert [qua Ichideal] das Subjekt. [Im Hintergrund steht hier die Formel: Ein Signifikant ist, was für einen anderen Signifikanten das Subjekt repräsentiert. Anders gesagt: S1, der Herrensignifikant bzw. das Ichideal, repräsentiert für S2, also für das Wissen bzw. für das Unbewusste, das Subjekt. Das Subjekt ist zwischen dem Ideal und dem Unbewussten gespalten.]
Nicht die Realität
Der Signifikant S1 repräsentiert das Subjekt wahrhaft, d.h. in Übereinstimmung mit der Realität. [Lacan bringt hier zusammen: den Herrensignifikanten (das Ichideal), das Wahre (die Deutung als Aufdeckung eines verborgenen Sinns) und die Realität.] Die Realität ist hierbei das, was wahrhaft funktioniert. [Das Ichideal bezieht sich auf die „Realität“, die Realität ist das, was funktioniert, was also das Unmögliche (das Reale) aus sich ausschließt – das Funktionieren ist für Lacan eine der Formen des Sinns.]
Das, was wahrhaft funktioniert, hat nichts mit dem zu tun, was er, Lacan, das Reale nennt [das Reale stellt sich phänomenologisch als ein Nicht-Funktionieren dar]. Lacan sagt, dass er sich das Reale wohl zurechnen muss [er hat diesen Begriff erfunden].
Welche Beziehung gibt es zwischen dem Realen im Sinne von Lacan und der Realität? Kann man behaupten, dass das Reale die Realität bedingt, etwa die Realität des Zuhörens seiner Seminarteilnehmer, gibt es zwischen dem Realen und der Realität also ein Bedingungsverhältnis? Das wäre eine unsichere Annahme. Es gibt hier eine Kluft [zwischen dem Realen und der Realität, zwischen dem, was unmöglich ist, und dem, was möglich ist, was funktioniert], und es ist nicht klar, ob sie überwunden werden kann. Anders gesagt: Freud erneuert die Instanz des Wissens durch das Wissen in Gestalt des Unbewussten; für das Unbewusste als Wissen ist das Reale im Sinne von Lacan jedoch keine zwingende Voraussetzung. [Lacan springt von „Realität“ zurück zu „Wissen“ – offenbar steht für ihn die Realität in Verbindung mit dem Wissen.]
Lacans Symptom
{147} Man spricht von „Freud’schen Sachen“ und er, Lacan, hat viele dieser Sachen vermittelt; er hat sogar einen seiner Aufsätze so betitelt: Die Freud’sche Sache. Das Reale jedoch ist keine Freud’sche Sache, sondern eine Erfindung von Lacan. Wie es zu dieser Erfindung kam? Sie hat sich ihm aufgedrängt.
Das Symbolische und das Imaginäre sind einander fremd; das Reale hält sie zusammen. [Ein Grund für die Verwendung des Begriffs des Realen liegt also darin, dass man die Frage beantworten muss, wie zwei so heterogene Ordnungen wie das Symbolische und das Imaginäre zusammenhalten.]
Die borromäische Verkettung von drei Ringen ist die bildhafteste Form, wie sich dieser Zusammenhang darstellen lässt. [Man muss sich an dieser Stelle daran erinnern, dass die borromäische Verkettung des Realen, des Symbolischen und des Imaginären besagt, dass jeder der drei Ringe die beiden anderen zusammenhält; zwischen den drei Formen des Zusammenhalts gibt es keine Hierarchie.]
Die borromäischen Verkettung als Darstellung des Verhältnisses von Realem, Symbolischem und Imaginärem ist Lacans Symptom, sagt Lacan über sich selbst. Ausgangspunkt hierfür ist das Freud’sche Elaborat [Freuds Erfindung] des Unbewussten, hierauf reagiert Lacan, sagt er, mit der borromäischen RSI-Verkettung, und hierdurch wird das Freud’sche Elaborat auf eine zweite symbolische Stufe gehoben [Lacans RSI-Symptom baut auf Freuds Ubw-Symptom auf]. Freud hat eine Entdeckung gemacht [er hat das Unbewusste entdeckt]; wenn man annimmt, dass diese Entdeckung wahr ist, kann man sagen, dass das Reale die symptomatische Antwort von Lacan ist [eine Antwort, die den Charakter eines Symptoms hat]. Damit reduziert er, Lacan, jede Erfindung auf ein Sinthom bzw. auf ein Symptom. [? In welchem Sinne ist jede Erfindung ein Sinthom bzw. ein Symptom?]
Außerhalb des Sinns
Man kann sagen, dass man eine Erinnerung hat, und man stellt sich dabei vor, dass man über eine Erinnerung verfügt, disponiert. Lacan sagt, dass man über eine Erinnerung dire-spose, [nur] im-Sagen-verfügt. [Der Begriff des Habens unterstellt, dass man über etwas verfügt; in der nächsten Sitzung wird Lacan darauf zurückkommen, anlässlich von „einen Körper haben“.]
[Lacan erläutert jetzt die Unterstellung, die mit dem Sprechen einhergeht. Nehmen wir den Satz:] „Man muss sagen.“ Das kann im Englischen auf unterschiedliche Weise ausgedrückt werden, man kann sagen I have to tell [it], „ich habe [es] zu sagen“, |{148} man kann aber auch sagen I ought to tell [it], „ich muss [es] sagen“ [„ich sollte es sagen“].
Und man kann das Verb in der Weise betonen, dass man I do make sagt; dieses [mit do verstärkte] making ist nur ein Schwindel [eine Illusion]. [Mit diesem do wird auch die Negation gebildet:] Man negiert, indem man sagt I don’t talk. Damit sagt man [indirekt], „ich verzichte darauf, etwas zu tun“, „ich entscheide mich nicht dafür, zu sprechen“. [Die Ergänzung des Verbs durch das do enthält für Lacan die Behauptung, dass das Tun, auf das sich das Verb bezieht, auf einer bewussten Entscheidung beruht.] Im Falle von Joyce wäre dies: I don’t talk Gaelic, „Ich spreche nicht Gälisch“, „Ich spreche kein Gälisch“. Das impliziert, dass man sich dafür entscheidet, die Sprache zu sprechen, die man tatsächlich spricht. Man bildet sich jedoch nur ein, dass man sich dafür entscheidet.
[? Worin also besteht die imaginäre Dimension des Sinns? In der Illusion, über die Sprache zu verfügen?]
[Wie also hat man die Beziehung zwischen der Sprache und dem Sprechen aufzufassen? Will Lacan sagen, dass der Sprecher von der gegebenen Sprache vollständig determiniert wird? Keineswegs:] Letztlich erschafft man die Sprache, die man spricht, und zwar insofern, als man ihr in jedem Augenblick einen Sinn verleiht, nicht nur in den Phasen, in denen eine neue Sprache entsteht, sondern tatsächlich in jedem Augenblick des Sprechens. Damit gibt man der Sprache einen kleinen Stups, und eben dadurch ist eine Sprache ein lebende Sprache. [Das erinnert an Humboldts These von der Sprache als Energeia, als Tätigkeit. In der nächsten Sitzung wird Lacan darauf zurückkommen: Das Leben der Sprache besteht darin, dass der unterdrückte Trieb beständig versucht, sich auf der Ebene des Sprechens auszudrücken, z.B. in Versprechern (vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 165).]
Und deshalb gibt es [anders als C.G. Jung annimmt] kein kollektives Unbewusstes [Joyce übernimmt von Jung das Konzept des kollektiven Unbewussten, Lacan hatte in der vorangehenden Sitzung darauf hingewiesen]. Es gibt nur besondere Unbewusste, insofern nämlich als jeder der Sprache, die er spricht, in jedem Augenblick [des Sprechens] einen kleinen Stups versetzt. [Der Sinn, den man durch das Sprechen schafft, ist individuell; damit ist auch der Sinn des Unbewussten individuell.]
.„Für mich geht es also darum, zu wissen, ob ich das, was ich als wahr sage, nicht weiß.“ [Vielleicht ist gemeint: Ich möchte wissen, was mir bei dem, was ich als Sinn zu übermitteln versuche (was ich als wahr sage), entgeht.]
Lacan möchte eine Rückmeldung seiner Hörer haben, da nicht sicher ist, ob das, was er über das Reale sagt, mehr ist als bloßes Geschwätz.
Auch Freuds Energielehre ist ein Symptom. [Im Unterschied zu Freuds Symptom des Unbewussten hält Lacan Freuds Symptom der Energetik für falsch. Die Frage ist für Lacan offenbar, ob er seine Erfindung des geschriebenen Realen auf die Seite von Freuds Erfindung des Unbewusstem zu verorten hat (als haltbar) oder auf der Seite von Freuds Erfindung der Energetik (als unhaltbar).]
Lacan kommt auf seine These zurück, dass es bei der Energielehre darum geht, so zu rechnen, dass man immer eine Konstante erhält. Das ist eine bereits vorher feststehende Forderung; man muss einen Trick finden, um die Konstante zu bilden, und wenn der Trick funktioniert, wird angenommen, dass er mit der Realität übereinstimmt.
Lacan unterscheidet jedoch klar |{149} zwischen, auf der einen Seite, dem Organ [griechisch für „Werkzeug“], durch welches das Imaginäre und das Symbolische miteinander verknüpft sind und das nichts mit einem körperlichen Organ zu tun hat, also dem angenommenen Realen, und andererseits dem, wodurch die Wissenschaft von der Realität begründet wird. [Die Wissenschaft von der Realität ist die Wissenschaft insofern, als sie sich am Funktionieren orientiert.]
.
In der geplätteten borromäischen Verkettung wird das Reale als ein Feld angezeigt, dass sich dadurch auszeichnet, dass es sich vom Feld des Sinns wesentlich unterscheidet. Man kann also sagen: Das Reale hat einen Sinn und es hat keinen Sinn, insofern sich das Feld des Sinns vom Feld des Realen unterscheidet. [Es geht hier wohl um die Dialektik der Differenz à la Hegel: Das Reale hat einen Sinn, insofern es sich (durch Negation) wesentlich auf den Sinn bezieht (als das, was das Reale nicht ist); das Reale hat keinen Sinn, insofern der Sinn aus ihm ausgeschlossen ist.] Dass das Reale keinen Sinn hat, wird dadurch angezeigt, dass in der Plättung die Felder des Realen und des Sinns außerhalb voneinander liegen.
Das Symbolische ist darauf spezialisiert, Loch zu sein. [In Seminar 22 hatte Lacan jeden Ring durch drei Merkmale charakterisiert: Konsistenz (Zusammenhalt), Ex-sistenz (Äußerlichkeit im Verhältnis zu anderen Ringen, keine Durchdringung) und Loch (die „Öffnung“, durch die man hindurchfassen kann). Diese drei Merkmale hatte er außerdem den drei Registern zugeordnet: die Konsistenz entspricht dem Imaginären, die Ex-sistenz entspricht dem Realen und das Loch dem Symbolischen.] Das wahre Loch jedoch ist der Überschneidungsbereich des Realen und des Imaginären abzüglich des Feldes für das Objekt a.
Hier enthüllt sich, dass es keinen Anderen des Anderen gibt. [Das Symbol dafür ist S(Ⱥ), Lacan hatte in der vorangegangenen Sitzung ausführlich darüber gesprochen.]
[Früher hatte er dieses Feld mit JȺ bezeichnet, für „Jouissance des versperrten Anderen“; der Genitiv war in diesem Falle ein Genitivus objectivus, mit dem „Anderen“ war der Körper des anderen Geschlechts gemeint; das Feld repräsentierte dort also die Jouissance des Körpers des anderen Geschlechts, insofern dem Subjekt diese Jouissance unzugänglich ist.40]
Hier wäre der Platz für den Anderen des Anderen, aber etwas Derartiges gibt es nicht. [Das „wahre Loch“ ist ein Loch im Wahren, es besteht darin, dass es keine Wahrheitsgarantie gibt, keine Metasprache, von der aus man die gesprochene Sprache von außen erfassen könnte.] Am Platz des Anderen des Anderen gibt es keinerlei Existenz [der Überschneidungsbereich von Imaginärem und Realem (abzüglich Objekt a) ist gewissermaßen eine leere Menge].
{150} Insofern kann er, Lacan, denken, dass das Reale ebenfalls keine Existenz hat, dass es gewissermaßen in der Schwebe ist [der Anschluss ist vielleicht: auch für das Reale gibt es keine Wahrheitsgarantie]. Vielleicht ist das Reale Lacans Antwort auf Freuds Elaborat [vom Unbewussten, also eine Antwort auf Freuds Symptom, auf Freuds Erfindung des Unbewussten].
Statt Freuds Energielehre
Über Freuds Elaborat [nämlich das Unbewusste] kann man immerhin sagen, dass es der Energetik widerstrebt, dass es, von dieser Energetik aus gesehen, in der Luft hängt. [Die beiden Erfindungen von Freud, die beiden Symptome von Freud, widersprechen einander: die Erfindung des Unbewussten und die Erfindung von den beiden Energiearten, freier und gebundener Energie (eine Unterscheidung, für die Freud sich auf Breuer stützt, die von ihm aber neu gefasst wird41).] [? Worin genau besteht die Unvereinbarkeit von Freuds Konzeption des Unbewussten und Freuds Energielehre?] Das einzige, wodurch die Freud’sche Energetik ersetzt werden kann, ist Lacans Konzeption des Realen. [? Inwiefern kann der Begriff des Realen die Energielehre ersetzen?]
Fragen und Antworten
Frage 1: [In dem Vortrag Die Dritte (1974) hatte Lacan gefragt, ob die Psychoanalyse ein Symptom sei.] Wenn die Psychoanalyse ein Sinthom ist, ist dann das, was Sie mit Ihren Knoten und Mathemen machen, nicht ein Dechiffrieren, welches dazu führt, dass Sie die Bedeutung daraus vertreiben?
Lacans Antwort: „Ich denke nicht“, dass die Psychoanalyse ein Symptom ist, „ich denke“, dass sie eine Praxis ist, die eine bestimmte Wirksamkeit hat, und diese Wirksamkeit impliziert die Dreifachverkettung [also die borromäische Verkettung des Realen, des Symbolischen und des Imaginären].
Hierzu, zum Begriff des Realen, könne er, Lacan, nicht „ich denke“ sagen [im Gegensatz zur Psychoanalyse als Praxis], da es noch ein geschlossenes Denken sei, ein letztlich rätselhaftes.
Der Wert des Realen reduziert sich nicht darauf, dass es sich von der Realität unterscheidet. Vielleicht lässt sich der Sinn des Realen dadurch aufklären, dass man es für ein Sinthom hält.
Das Reale ist vor allem vom Unbewussten zu unterscheiden [also vom Symbolischen]. Am Begriff des Unbewussten kann Lacan, so sagt er, mit Gewissheit |{151} festhalten, da er davon die Praxis hat [Lacan nähert sich hier einem pragmatischen Wahrheitsbegriff, wie er etwa von John Dewey ausgearbeitet wurde]. Das Unbewusste [das Symbolische] geht nicht ohne Bezug auf den Körper [auf das Imaginäre] [diese Verbindung wird in der borromäischen Verkettung durch das Feld des Sinns angezeigt, als Überschneidung des Symbolischen und des Imaginären]. Von dieser Verbindung zwischen dem Unbewussten und dem Körper kann man wiederum die Funktion des Realen unterscheiden.
Nicht die Psychoanalyse ist ein Sinthom; der Psychoanalytiker jedoch kann sich nur als sinthome begreifen [als saint-homme, als Heiliger, d.h. als Auswurf, als Objekt a]. [Im Diskurs des Analytikers nimmt der Analytiker den Platz des Objekts a ein.]
Frage 2: In einer bestimmten Genesis-Übersetzung heißt es, Gott schuf dem Menschen eine „Hilfe gegen ihn“ [gegen den Menschen]. Kann man sagen, die Psychoanalyse sei eine „Hilfe gegen“ [den Patienten]?
Lacans Antwort: Der Psychoanalytiker ist insofern eine Hilfe gegen ihn [gegen den Patienten], als am Platz des Anderen des Anderen ein Loch ist [S(Ⱥ)]. [Der Patient erwartet am Platz des Anderen des Anderen einen Signifikanten (z.B. ein letztes Wort); die Hauptursache der Neurose ist die Unterstellung eines Anderen, der gewissermaßen die Position eines Gottes einnimmt. Die Psychoanalyse zeigt ihm, dass dieser Platz leer ist; damit richtet sich die Psychoanalyse insofern gegen den Patienten, als sie nicht seine Erwartung erfüllt.] Dieses Loch liefert [dem Patienten] insofern eine Hilfe, als es die Hypothese des Unbewussten stützt [der Analytiker hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Unbewusste des Analysanten ins Spiel kommt]. Denn die Hypothese des Unbewussten lässt sich nur halten, wenn, wie Freud betont, der Name-des-Vaters vorausgesetzt wird [das bezieht sich vielleicht auf die Übertragung, also (mit Lacan) auf den Analytiker in der Funktion des sujet supposé savoir]. Der Name-des-Vaters ist Gott. Die Psychoanalyse beweist durch ihr Gelingen, dass man auf den Namen-des-Vaters verzichten kann. [Vielleicht in dem Sinne, dass die Unterstellung des Allwissens als Ursache der Neurose aufgelöst oder gelockert werden kann]. Die Voraussetzung dafür ist, dass man sich des Namens-des-Vaters bedient [möglicherweise insofern, als man sich der Übertragung bedient].
Frage 3: Wenn jeder Sprechakt der Gewaltakt eines besonderen Unbewussten ist, ist dann nicht jeder Sprechakt eine Kollektivierung des Unbewussten?
Lacans Antwort: Wenn jeder Sprachakt ein Gewaltakt eines besonderen Unbewussten ist, dann ist klar, dass jeder Sprechakt erhoffen kann, ein Sagen zu sein [ein Äußerungsvorgang, der verändernd in die psychische Struktur eingreift]. Das Sagen läuft auf den Widerspruch hinaus [vermutlich insofern, als es die gegebene Struktur in Frage stellt]. Die Theorie des Widerspruchs |{152} ist die Stütze für jede Art von Revolution. [Anders gesagt:] Man hofft, dass aus dem Sagen der unterschiedlichsten Dinge, die widersprüchlich sind, eine Realität hervorgeht. Aber aus dem widersprüchlichen Durcheinander ist nie eine Realität [ein halbwegs stabiler Sinn] hervorgegangen [und kein Funktionieren].
Frage 4: Sind die Felder der Metapher unendlich wie die Gerade?
Lacans Antwort: Eine unendliche Gerade genügt nicht, um das Unendliche metaphorisch darzustellen. [? Stoßrichtung dieser Bemerkung?]
Das Problem der Geraden ist ihr Verhältnis zur Krümmung. Der Lichtstrahl ist, Einstein zufolge, gekrümmt – aber was ist eine gekrümmte Gerade? Dieses Problem, sagt Lacan, wird durch Lacans Frage nach dem Realen aufgeworfen. [? Inwiefern?] Eine Metapher für die gekrümmte Gerade ist Lenins Bild vom [gebogenen] Stab, |{153} den man wieder gerade biegen kann. [Man findet das bei Althusser, der sich dafür auf Lenin beruft. Wahrheit, sagt Althusser, funktioniert wie ein gebogener Stab, den man in die entgegengesetzte Richtung biegen muss, um ihn gerade zu biegen. Anders gesagt: Wahrheit hat polemischen Charakter, sie ist immer ein Eingriff in ein Kräfteverhältnis.]
Was hat man unter diesem „Geradebiegen“ zu verstehen, fragt Lacan, bezogen auf die borromäische Verkettung, in der zwei Elemente durch unendliche Geraden dargestellt werden? [Eine unendliche Gerade, deren Endpunkte sich berührten, wodurch sie eine Art Kreis bildet, ist gewissermaßen eine gekrümmte Gerade.] Und wie kann man eine Gerade definieren, fragt er weiter, wenn man sich dabei nicht auf den Lichtstrahl bei kurzer Entfernung bezieht? Man kann nur sagen: Eine Gerade ist der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten. Aber wie kann man wissen, welches zwischen den beiden Punkten der kürzeste Weg ist?
Kein Gesetz
Frage 5: Warum bringt Lacan nicht mehr Doppeldeutigkeiten mit der Silbe un vor, etwa die Homophonien impossible / un-possible oder imposé / un-posé.
Lacans Antwort: An den „heiligen Mehrdeutigkeiten“ hänge er nicht besonders, vielmehr entmystifiziere er sie. [? Was meint Lacan damit, dass er Mehrdeutigkeiten entmystifiziert?]
Mit dem Un, dem „Ein“, hat er, Lacan, Schwierigkeiten (sagt Lacan über sich). Das un ist keine Zahl. [Im Deutschen ist das leichter zu erkennen als im Französischen, da man im Deutschen „ein“ und „eins“ unterscheiden kann.]
Was ist damit gemeint, wenn er sagt, dass das Reale unmöglich ist? Dass er glaubt, dass das Reale gesetzlos ist, dass es die Abwesenheit von Gesetz impliziert, dass es keine Ordnung hat. Eben das meine er, wenn er sagt, das einzige, was ihm vielleicht zu artikulieren gelingen werde, sei „ein Ende Reales“.– Lacan fällt auf, dass er gerade wieder mal gesagt hat, „ich glaube“ – falls dies sein Symptom sei, möge man ihm das sagen.
Frage 6: Was sagt Lacan zum Durcheinander in China?
Lacans Antwort: „Ich warte, aber ich erhoffe nichts.“
Frage 7: Wenn der Punkt der Schnitt von drei Ebenen ist, |{154} kann man dann sagen, dass der Punkt real ist? [In Seminar 22 hatte Lacan den Punkt als das definiert, was durch drei Ebenen eingekeilt wird.]
Lacans Antwort: Die borromäische Verkettung ist so beschaffen, dass es darin keinen gemeinsamen Punkt [zwischen den Ringen] gibt, und damit ist der Punkt aus dem Realen ausgeschlossen. [Die Knotentheorie beruht auf der Annahme, dass die Ringe sich nicht durchdringen können.]
Frage 8: Steht die konstante Zahl der Energetik in einer Beziehung zum Phallus beziehungsweise zur phallischen Funktion?
Lacans Antwort: Nein, der Phallus ist keine hinreichende Stütze für Freuds Energielehre.
Frage 9: Sind Sie Anarchist?
Lacans Antwort: Sicherlich nicht.
Frage 10: Welchen Status hat die Antwort [von Lacan] auf das Elaborat [von Freud], wenn Lacans Antwort ein Sinthom ist?
Lacans Antwort: Freuds Elaborat [Freuds Erfindung] ist das Unbewusste. Lacan musste das Sinthom um eine Stufe herabsetzen, um es als etwas darstellen zu können, |{155} das mit dem Unbewussten verknüpft ist; diese Herabsetzung erfolgte dadurch, dass er sein Sinthom, also das Sinthom von Lacan, darauf reduzierte, eine Antwort zu sein – eine Antwort nicht etwa auf das Elaborat des Unbewussten, sondern auf die Realität des Unbewussten. [Lacans Erfindung des Realen antwortet auf die Erfahrungen der psychoanalytischen Kur und der Übertragung.] In der borromäischen Verkettung von drei Schnur-Ringen [für RSI] lässt sich das Sinthom als Äquivalent des Realen auffassen [und das Unbewusste entspricht dem Symbolischen]. [Die Gleichsetzung des Sinthoms mit dem Realen erinnert daran, dass Lacan zuvor das Sinthom als sein eigenes Reales bezeichnet hatte.] [? Inwiefern kann das Sinthom als Äquivalent des Realen aufgefasst werden?] Es muss dann einen dritten Term geben, der die beiden getrennt hält, und dieser dritte Terminus kann bei dieser Zuordnung des Symbolischen und des Realen (bzw. des Sinthoms) nur das Imaginäre sein. [Der dritte Term sorgt dafür, dass das falsche Loch, das die beiden Ringe bilden, stabilisiert wird und hält insofern die beiden Ringe getrennt.]
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Das Imaginäre entspricht dem Körper [qua Körperbild].
[Das Sinthom ist, bezogen auf die borromäische Verkettung, also nicht zwangsläufig ein vierter Ring, der einen Verkettungsfehler repariert; es kann auch als dritter Ring einer korrekten borromäischen Verkettung aufgefasst werden. In diesem Falle muss man das Sinthom mit dem Realen gleichsetzen.]
Frage 11: Ist Ihre krumme Zigarre ein Symptom Ihres Realen?
Lacans Antwort: Aber sicher. Die krumme Zigarre steht in enger Beziehung zur gekrümmten Geraden, über die er vorhin gesprochen hat.
ZUSAMMENSTELLUNG ZU SYMPTOM/SINTHOM
Im Folgenden werden alle Stellen aufgeführt, an denen Lacan in dieser Sitzung die Ausdrücke „Symptom“ oder „Sinthom“ verwendet. Die Zahlen in runden Klammern sind Seitenzahlen, sie verweisen auf die Übersetzung von Mitelman/Dielmann.
Die These, dass das Imaginäre und das Symbolische durch das Reale zusammengehalten werden, ist Lacans Symptom (sagt Lacan über sich). Soll heißen, dass er damit auf das Freud’sche Elaborat des Unbewussten reagiert und es auf die nächste Stufe hebt, auf die symbolische Stufe. Damit wird das Sinthom selbst auf die nächste Stufe gehoben. Freud hat eine Entdeckung gemacht, und das Reale ist Lacans symptomatische Antwort darauf (sagt Lacan). Wenn man diese Antwort darauf reduziert, symptomatisch zu sein, reduziert man jede Entdeckung auf ein Sinthom. (147)
Wenn man sagt, dass es sich beim Realen um Lacans Sinthom handelt, schließt man damit nicht aus, dass die Freud’sche Energielehre ebenfalls ein Sinthom ist. (148)
Lacan glaubt nicht (sagt er), dass die Psychoanalyse ein Symptom ist; sie ist eine bestimmte Praxis mit bestimmter Wirksamkeit. (150)
Das Reale ist ohne Sinn; vielleicht lässt sich der Sinn des Realen dadurch aufhellen, das es für ein Sinthom gehalten wird. (150)
Der Psychoanalytiker kann sich nur als ein Sinthom begreifen – nicht die Psychoanalyse ist ein Sinthom, sondern der Psychoanalytiker. (151)
Lacan sagt, er glaube, dass das Reale ohne Gesetz ist, und merk dazu an, wenn das „ich glaube“ sein Symptom sei, möge man es ihm sagen. (153)
Lacan sagt, dass er das Sinthom um einen Grad reduziert hat, damit es mit dem Elaborat des Unbewussten homogen ist, damit es sich als mit ihm verknüpft darstellt. Er habe das Sinthom auf etwas beschränkt, das auf die Realität des Unbewussten reagiert, nicht etwa auf das Elaborat des Unbewussten. (154 f.)
Das Sinthom ist, bezogen auf die borromäische Verkettung, also nicht zwangsläufig ein vierter Ring, der einen Verkettungsfehler repariert; es kann auch als dritter Ring einer korrekten borromäischen Verkettung aufgefasst werden. In diesem Falle muss man das Sinthom mit dem Realen gleichsetzen. (155)
Lacan beantwortet die Frage, ob die krumme Zigarre ein Symptom seines Realen sei, mit: Gewiss doch. (155)
LITERATURVERZEICHNIS
Lacan, Sinthom-Seminar
Version ALI
Herausgegeben von der Association Freudienne Internationale, 2001 umbenannt in Association Lacanienne Internationale.
Als PDF auf der Internetseite der ELP, hier. S. 212–380.
Version Miller 2005
Jacques Lacan: Le séminaire, livre XXIII. Le sinthome. 1975-1976. Texterstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2005
Version Miller/Mitelman/Dielmann
Jacques Lacan: Das Sinthom. Das Seminar, Buch XIII (1975–1976). Texterstellung durch Jacques-Alain Miller. Übersetzt von Miriam Mitelman und Harold Dielmann. Turia und Kant, Wien 2017
Version Miller/Price
Jacques Lacan: The Sinthome. The seminar of Jacques Lacan, Book XXIII. Edited by Jacques-Alain Miller, translated by Adrian R. Price. Polity Press, Cambridge (UK) 2016
Version NN
Lacan: Le sinthome. Wort-für-Wort-Transkription eines anonymen Herausgebers, ohne Ort, ohne Jahr. Schreibmaschine, durch Fotokopien verbreitet. Auf diese Version bezieht sich Max Kleiners Übersetzung, linke Spalte.
Version NN/Kleiner und Version Miller 1976-77/Kleiner
Le sinthom. 1975 - 1976. Seminar XXIII von Jacques Lacan. Übersetzt von Max Kleiner. Herausgegeben vom Lacan-Archiv/Psychoanalytische Bibliothek Bregenz, 2007
Der Text enthält zwei Übersetzungen. Das Layout ist dreispaltig. Erste Spalte: Übersetzung der Transkription eines anonymen Herausgebers (=Version NN/Kleiner), zweite Spalte: Übersetzung der Version Miller 1976/77, dritte Spalte: Anmerkungen des Übersetzers. Zu bestellen beim Lacan-Archiv Bregenz; für 20 Euro erhält man eine PDF-Datei.
Version Staferla
Jacques Lacan: Le sinthome. 1975 — 76. Wort-für-Wort-Transkription, herausgegeben und veröffentlicht von der Website staferla.free.fr, ohne Ort. Diese Transkription wird von Zeit zu Zeit überarbeitet, es gibt also mehrere Varianten der Staferla-Version. Für diesen Kommentar wurde die Variante vom 28.6.2013 verwendet; man findet sie hier.
Version Staferla/Nemitz
Jacques Lacan: Das Sinthom. Seminar 23 von 1975/76. Übersetzt von Rolf Nemitz auf der Grundlage von Version Staferla. In: Lacan entziffern, 2019, hier
Version Stenotypie ELP
Jacques Lacan: Le sinthome. Stenotypie auf der Website der École lacanienne de psychanalyse, hier
Lacan, weitere Texte
Die Dritte (Vortrag von 1974). Übersetzung von Rolf Nemitz in „Lacan entziffern“, Beitrag vom 6. Oktober 2016.– Frz. Original: J. Lacan: La Troisième. In: Lettres de l’École freudienne. Bulletin intérieur de l’École Freudienne de Paris, Nr. 16, 1975, S. 177–203.
Die Freud’sche Sache oder Sinn der Rückkehr zu Freud in der Psychoanalyse (1956). In: J. Lacan: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien u.a. 2015, S. 472–513
L’étourdit (geschrieben 1972). In: J. Lacan: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2000, S. 449–495.– Teilübersetzung von Max Kleiner in: Lacan entziffern, Beitrag vom 23. März 2018, hier
Television (gesendet 1974) . Übersetzt von Jutta Prasse und Hinrich Lühmann. In: J. Lacan: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim u.a. 1988, S. 55–95
Seminare
Seminar 9 = L’identification. 1961–62. Herausgegeben von der Website Staferla (staferla.free.fr), auf der Grundlage der Versionen JL, rue CB und Roussan. Ohne Ort, ohne Jahr
Seminar 11 = Das Seminar, Buch XI (1964). Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse. Texterstellung von Jacques-Alain Miller. Übersetzt von Norbert Haas. Walter, Olten u.a. 1978
Seminar 19 = Le séminare, livre XIX. … ou pire. 1971–1971. Texterstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2011.– Teilübersetzung von Rolf Nemitz auf der Grundlage von Version Staferla in Lacan entziffern, hier
Seminar 21 = Les non-dupes errent. 1973–74. Hg. v. der Website Staferla (staferla.free.fr), auf der Grundlage einer Tonaufnahme sowie der Transkriptionen auf den Websites Lutecium und Gaogoa. Ohne Ort, ohne Jahr
Seminar 22 = Seminar XXII. RSI. 1974–75. Übersetzt von Max Kleiner nach einer von Jacques-Alain Miller erstellten vorläufigen Version. Herausgegeben vom Lacan-Archiv Bregenz 2012
Andere Autoren
Althusser, Louis: Ist es einfach, in der Philosophie Marxist zu sein? (1975) In: Ders.: Ideologie und ideologische Staatsapparate. Übersetzt von Peter Schöttler. VSA, Hamburg und Berlin 1977, S. 51–88
Althusser, Louis: Widerspruch und Überdeterminierung. Anmerkungen für eine Untersuchung (1968). In: Ders.: Für Marx. Suhrkamp, Berlin 2011, S. 105–144
Chouraqui, André (Übersetzer): La Bible. Desclée de Brouwer, Paris 2010 (im Internet hier)
Freud, Sigmund: Entwurf einer Psychologie (1895). In: Ders.: Aus den Anfängen der Psychoanalyse. S. Fischer, Frankfurt am Main 1962, S. 297–384
Freud, Sigmund, und Joseph Breuer: Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene. Vorläufige Mitteilung (1893). In: S. Freud: Gesammelte Werke, chronologisch geordnet. Erster Band: Werke aus den Jahren 1892–1899. Imago, London 1952, S. 81–98
Humboldt, Wilhelm von: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts (1835). In: Ders.: Schriften zur Sprachphilosophie. Werke in fünf Bänden, III. Hg. v. Andreas Flitner und Klaus Giel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1963, S. 368–756
Mao Tse-Tung: Über den Widerspruch (1937), im Internet hier
Proudhon, Pierre-Joseph: System der ökonomischen Widersprüche oder Philosophie des Elends (1846)
Verwandte Beiträge
Anmerkungen
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S. Freud: Entwurf einer Psychologie (1895). In: Ders.: Aus den Anfängen der Psychoanalyse. S. Fischer, Frankfurt am Main 1962, S. 297–384, hier: S. 330.
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Abbildung 1 ist aus: Freud, Entwurf einer Psychologie, a.a.O., S. 354.
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Alle folgenden Abbildungen sind aus der Staferla-Version von Seminar 23.
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In den Seminaren 21 und 22 hatte Lacan vom noeud borroméen gesprochen, vom „borromäischen Knoten“; in der letzten Sitzung von Seminar 22 sprach er zum ersten Mal, sich dem Sprachgebrauch der Mathematiker anpassend, von chaîne borroméen, von borromäischer „Verkettung“ (man kann chaîne auch mit „Verschlingung“ oder „Link“ übersetzen) (vgl. Sitzung vom 13. Mai 1975); danach verwendete er beide Termini nebeneinander. In der Sitzung vom 13. Januar 1976 des Sinthom-Seminars hatte er ausdrücklich auf den Unterschied zwischen einem „Knoten“ und einer „Verkettung“ hingewiesen.
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In L’étourdit (1972) schreibt Lacan, die Zahl gehöre zum Realen, anders gesagt: Die Zahl ist bestimmt durch etwas Unmögliches. Das Unmögliche bestehe hier darin, dass die Folge der Zahlen, wie Cantor gezeigt habe, eine Unerreichbarkeit repräsentiert. (Vgl. J. Lacan: L’étourdit. In: J. Lacan: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2000, S. 449–495, hier: 477.– dt.: L’étourdit. Übersetzt von Max Kleiner. In: Lacan entziffern, hier)
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Eine Ziffer ist ein Schriftzeichen für eine Zahl. Beispielsweise kann die Zahl Zwei durch die Ziffern 2 (arabisch) oder II (römisch) notiert werden. Eine Metapher ist in Lacans Terminologie ein Ersetzung, die Zahl Zwei wird durch die Ziffern 2 (oder II) ersetzt.
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Über den einzelnen Zug bzw. den unären Zug spricht Lacan erstmals in Seminar 8, Die Übertragung, in der Sitzung vom 21. Juni 1961; eine Erläuterung anhand einer Strichliste gibt er in Seminar 9, Die Identifizierung, in der Sitzung vom 6. Dezember 1961, vgl. die Übersetzung in Lacan entziffern in dem Beitrag Der unäre Zug (I): primäre Identifizierung.
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Vgl. auch J. Lacan, Seminar 20 von 1972/73, Encore, Sitzung vom 8. Mai 1973, Version Miller/Haas u.a. S. 120.
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In einer früheren Sitzung dieses Seminars hieß es, die Imagination leiste Widerstand gegen die Imagination des Knotens, Widerstand im eigentlichen Sinne (Sitzung vom 9. Dezember 1975; vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 42).
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Aus dem Folgenden geht hervor, dass Lacan sich auf Freuds Entwurf einer Psychologie (1895) bezieht, wo der Ausdruck „Reminiszenz“ allerdings nicht verwendet wird. Man findet ihn in dem von Freud und Breuer verfassten Artikel Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene (1893), wo es heißt, „der Hysterische leide größtenteils an Reminiszenzen“ (Sigmund Freud und Josef Breuer: Studien über Hysterie (1895). In: S. Freud: Gesammelte Werke, chronologisch geordnet. Erster Band: Werke aus den Jahren 1892–1899. Imago, London 1952, S. 81–98, hier: S. 86).
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Bezieht Lacan sich hier auf die Unterscheidung von „Erinnerungsbesetzung“ und „Wunschbesetzung“ im Freuds Entwurf einer Psychologie?
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Im Entwurf schreibt Freud, dass das „Gedächtnis“ von der „Größe des Eindrucks“ und von der „Wiederholung des Eindrucks“ abhängt (a.a.O., S. 308).
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S2 meint also, sofern es als Symbol für „Wissen“ verwendet wird: „mindestens zwei Signfiikanten“.
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Die Gleichsetzung der drei Knoten der borromäischen Verkettung mit dem Begriffen des Realen, des Symbolischen und des Imaginären hatte Lacan zuerst in Seminar 21 von 1973/74 vorgenommen, Les non-dupes errent, in der Sitzung vom 13. November 1973.
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On a à dire: „man hat zu sagen“ ist die wörtliche Übersetzung; der übliche Sinne ist „wir müssen (schon) sagen“.
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Lacan buchstabiert a, w, e, und meint offenbar I ought, „ich sollte“. Adrian Price weist in seiner englischen Übersetzung darauf hin, dass Lacan sich hier auf eine Formulierung in Finnegans Wake beziehen könnte: „where Used awe to be he“ (16.22). Vgl. Price-Übersetzung, a.a.O., S. 114 Fn. 1 und S. 226, Chapter IX., Fn. 1.
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Das erinnert an Humboldts Sprachphilosophie, wonach die Sprache ihrem Wesen nach „Energeia“ ist, Tätigkeit:
„Die Sprache, in ihrem wirklichen Wesen aufgefasst, ist etwas beständig und in jedem Augenblicke Vorübergehendes. Selbst ihre Erhaltung durch die Schrift ist immer nur eine unvollständige, mumienartige Aufbewahrung, die es doch erst wieder bedarf, dass man dabei den lebendigen Vortrag zu versinnlichen sucht. Sie selbst ist kein Werk (Ergon), sondern eine Tätigkeit (Energeia). Ihre wahre Definition kann daher nur eine genetische sein. Sie ist nämlich die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, den artikulierten Laut zum Ausdruck des Gedankens fähig zu machen. Unmittelbar und streng genommen, ist dies die Definition des jedesmaligen Sprechens; aber imwahren und wesentlichen Sinne kann man auch nur gleichsam die Totalität dieses Sprechens als die Sprache ansehen.“
(Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts (1835). In: Ders.: Schriften zur Sprachphilosophie. Werke in fünf Bänden, III. Hg. v. Andreas Flitner und Klaus Giel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1963, S. 368–756, hier: S. 418, Orthographie modernisiert.)
In der anschließenden Sitzung (11. Mai 1976) wird Lacan diesen Gedanken fortsetzen: Das Leben der Sprache beruht auf der Spaltung des Subjekts und damit beispielsweise im Versprecher (vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 165).
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Das Symbolische bezieht sich doppelt auf das Loch. Zum einen unterscheidet Lacan drei Aspekte eines jeden Rings: Konsistenz, Ex-sistenz und Loch; die Konsistenz ordnet er dem Imaginären zu, die Ex-sistenz dem Symbolischen und das Loch dem Symbolische (vgl. Seminar 22, RSI, Sitzung vom 18. Februar 1975).
Außerdem hat jeder Ring ein Loch; über das Loch im Ring des Symbolischen heiß es, es sei die Urverdrängung (so im laufenden Seminar 23, in der Sitzung vom 9. Dezember 1975; vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 43).
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In dem Vortrag Die Dritte (November 1974) hatte Lacan die Frage gestellt, ob die Psychoanalyse ein Symptom sei; vgl. meine Übersetzung in Lacan entziffern hier.
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Genesis 1, 18.
Vgl. André Chouraqui (Übersetzer): La Bible. Desclée de Brouwer, Paris 2010. Chouraquis Übersetzung findet man im Internet hier.
Lacan hatte sich darauf in der Sitzung vom 9. Dezember 1975 bezogen (vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 31) . -
Man beachte den Gleichklang von sinthome und saint homme, „heiliger Mann“. Der Psychoanalytiker ist ein Heiliger, heißt es in Television (1973) (vgl. J. Lacan: Television. Übersetzt von Jutta Prasse und Hinrich Lühmann. In: Ders.: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim u.a. 1988, S. 55–95, zum Heiligen: S. 70–72).
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Unter „Sagen“ (dire) im Gegensatz zum „Gesagten“ (dit) versteht Lacan einen Sprechakt, der in die psychische Struktur verändernd eingreift. Er entwickelt dieses Begriffspaar in Seminar 19 von 1971/72, … oder schlimmer (in der Sitzung vom 21. Juni 1972) sowie in L’étourdit (1972).
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Vgl. etwa Pierre-Joseph Proudhon: System der ökonomischen Widersprüche oder Philosophie des Elends (1846); Mao Tse-Tung: Über den Widerspruch (1937), im Internet hier; Louis Althusser: Widerspruch und Überdeterminierung. Anmerkungen für eine Untersuchung (1968). In: Ders.: Für Marx. Suhrkamp, Berlin 2011, S. 105–144.
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Das Postulat, dass unendliche Geraden einen einzigen Punkt im Unendlichen haben und deshalb eine Art Kreis bilden, geht auf Desargues zurück, den Begründer der projektiven Geometrie; in Seminar 22 von 1974/75, RSI, hatte Lacan ausdrücklich darauf verwiesen (Sitzung vom 10. Dezember 1974).
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Diese Metapher findet man bei Althusser, der sie Lenin zuschreibt. Vgl. Louis Althusser: Ist es einfach, in der Philosophie Marxist zu sein? (1975) In: Ders.: Ideologie und ideologische Staatsapparate. Übersetzt von Peter Schöttler. VSA, Hamburg und Berlin 1977, S. 51–88, hier: S. 56.
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Die Formel y a d’l’Un („’s gibt Ein“) hatte Lacan häufig in den beiden Veranstaltungsreihen von 1971/72 verwendet, in der Vorlesungsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“ und im Seminar „… oder schlimmer“. Er sprach hier über Platons Dialog Parmenides, dessen Thema das Verhältnis von „Sein“ und „Einem“ ist; Lacans Formel behauptet das Sein (nicht des „Einen“ und nicht der „Eins“, sondern) des „Ein“. Zuerst findet man die Formel in der Sitzung vom 15. März 1972 des Seminars (vgl. J. Lacan: Le séminaire, livre XIX. … ou pire. 1971–1972. Textherstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2011, S. 127).
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Vom Realen als dem Unmöglichen hatte Lacan zuerst in Seminar 9 von 1961/62, Die Identifizierung, gesprochen (vgl. den Artikel „Das Reale ist das „Unmögliche“ in Lacan entziffern).
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Un-possible („Ein-möglich“, Neologismus) ist lautgleich mit impossible („unmöglich“).
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Imposé („aufgezwungen“) und un-posé („ein-gesetzt“, Neologismus) sind lautgleich.
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Die Frage bezieht sich auf die politischen Konflikte in der VR China in den Jahren vor Maos Tod, zwischen den „Linken“ (Viererbande) und den „Rechten“ (Deng Xiaoping). Etwa eine Woche vor dieser Sitzung, am 7. April 1976, war Deng Xiaoping gestürzt worden.
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In Seminar 22 von 1974/75, RSI, hatte Lacan den Punkt als das definiert, was durch drei Ebenen eingekeilt wird (Sitzung vom 8. Dezember 1974).
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Die Knotentheorie beruht auf der Annahme, dass die Knoten sich nicht durchdringen können.
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Dieses Diagramm (ohne Zuordnungen) hatte Lacan bereits in früheren Sitzungen verwendet (Sitzung vom 18. November 1975, vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 25; Sitzung vom 10. Februar 1976, vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 88; Sitzung vom 9. März 1976; vgl. Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 128).
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„… ou pire“, Seminar von 1971/72, Sitzung vom 8. Dezember 1971, Übersetzung in Lacan entziffern hier; Version Miller S. 21.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 61.
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Vgl. im RSI-Seminar die Sitzungen vom 17. Dezember 1974 und vom 11. Februar 1975; im Sinthom-Seminar die Sitzung vom 16. Dezember 1975 (Version Miller/Mitelman/Dielmann S. 51 und 59 (vgl. auch in Lacan entziffern den Artikel Die Jouissance des versperrten Anderen (JȺ) .
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Vgl. den Artikel „Energie, freie – gebundene“ in: J. Laplanche, J.-B. Pontalis: Das Vokabular der Psychoanalyse. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972, S. 131–134.