Jacques Lacan
Seminar XIX, … oder schlimmer
(III) Sitzung vom 12. Januar 1972
Übersetzung und Erläuterung
Schlafender Hermaphrodit („Hermaphroditus Borghese“), Marmor, 169 cm,
Zeit: vermutlich frühe römische Kaiserzeit (ca. 0 –150 n. Chr.),
vermutlich Kopie einer Bronzestatue aus dem 2. Jh. v. Chr;
Matratze: Gian Lorenzo Bernini, 1620,
Standort: Louvre
Jacques Lacan:
Seminar XIX (1971/72): „… oder schlimmer„
und
Vortragsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“ (1971/72)
(III) Sitzung vom 12. Januar 1972
Übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von Rolf Nemitz
Vollständige Übersetzung von Seminar 19 und
Übersetzung von „Das Wissen des Psychoanalytikers“ ab der vierten Sitzung
auf der Grundlage der Staferla-Version und von Tonaufnahmen
Teil 3 von 16 Übersetzungen. Etwa jeden Monat erscheint die Übersetzung einer weiteren Sitzung.
Die übrigen Übersetzungen findet man hier.
In Millers Version des Seminars ist dies Kapitel III, De l’anecdote à la logique („Von der Anekdote zur Logik“), S. 39–48.
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, zunächst nur deutsch, dann gegenüberstellend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme und auf größere Abweichungen in Millers Version; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben und inhaltliche Erläuterungen.
Einen Überblick über die verschiedenen Ausgaben von Seminar 19 findet man hier.
Herzlichen Dank an Gerhard Herrgott für großzügige Hilfe beim Übersetzen! Anregungen verdanke ich auch der englischen Übersetzung von Adrian Price.1
Zur Übersetzung
Seminar und Vortragsreihe
Jacques-Alain Miller hat in seine Ausgabe von Seminar XIX einen Teil einer Vortragsreihe integriert, die Lacan parallel, unter dem Titel Das Wissen des Analytikers, im Sainte-Anne-Krankenhaus in Paris hielt. Ab der vierten Sitzung vom 3. Februar 1972 beziehen sich diese Vorträge eng auf das Seminar, weshalb Miller sie ab dieser Sitzung in seine Seminar-Edition aufgenommen hat. Ich folge dem Vorbild von Miller und integriere die Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers ab der Sitzung vom 3. Februar 1972 in die Übersetzung von Seminar XIX.
Die ersten drei Sitzungen von Das Wissen des Psychoanalytikers wurden getrennt veröffentlicht: J. Lacan: Je parle aux murs. Entretiens de la chapelle de Sainte-Anne. Le Seuil, Paris 2011. Deutsch: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013.
Textgrundlage
Grundlage der Übersetzung ist:
Version Staferla von Seminar 19:
Jacques Lacan: … ou pire. Auf der Website staferla.free.fr, PDF-Datei, Fassung vom 25.10.2015
Die Lacan-Seminare auf der Staferla-Website werden von Zeit zu Zeit überarbeitet, ohne dass dies kenntlich gemacht wird. Aus diesem Grunde habe ich oben das Datum der von mir verwendeten Fassung angegeben.2 Zur Sicherheit habe ich diese Fassung der Staferla-Version hier gespeichert.
Die Transkription der Staferla-Version wurde von mir mit einer Tonaufnahme der Sitzung und mit der von Jacques-Alain Miller erstellten (redaktionell bearbeiteten) Version verglichen und an wenigen Stellen geändert. In Zweifelsfällen wurde die Stenotypie des Seminars und der Vortragsreihe, die man auf der Website der École lacanienne de psychanalyse findet, zu Rate gezogen. Wortwiederholungen, bei denen offenkundig ist, dass Lacan nach einer Formulierung sucht, habe ich gestrichen; Betonungs-Adverbien wie justement oder précisément habe ich nicht immer mitübersetzt. Der Schnitt der Sätze (Punkt oder Semikolon oder Komma) sowie die Orthografie wurden bisweilen verändert. Die Gliederung in Absätze ist von mir.
Stenotypien des Seminars und der Vortragsreihe gibt es auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) hier. Tonaufnahmen von Seminar 19 und der Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers findet man auf der Website von Patrick Valas, valas.fr, hier. Millers Version ist: J. Lacan: Le séminaire, livre XIX. … ou pire. 1971–1972. Textherstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2011.
Zur Notation
– Ein doppelter Bindestrich, also: --, markiert, dass an dieser Stelle ein Satz grammatisch unvollständig abbricht.
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in runden Klammern enthalten Formulierungen des französischen Originals.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Einfügungen in spitzen Klammern: Ersatz für vermutlich ausgefallenen Text.
– Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z..B. [10], verweisen auf die Seitenzahlen der Stenotypie von Seminar 19 auf der Website der École lacanienne de psychanalyse, hier.
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Sitzung vom 12. Januar 1972
Tonaufnahme und Stenotypie
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Stenotypie der Sitzung vom 12. Januar 1972 hier (von der Website der École lacanienne de psychanalyse)
Deutsch
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
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Seminar XIX von 1971/72, „… oder schlimmer„
Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, Rechtsfakultät, Place du Panthéon
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{39} Wenn wir in der Logik ein Mittel fänden, um zu artikulieren, was das Unbewusste an sexuellen Werten aufweist, würde uns das nicht überraschen. Das würde uns nicht überraschen, ich meine eben hier, in meinem Seminar, also dicht an der Erfahrung der von Freud eingeführten Analyse, von der her eine Diskursstruktur eingesetzt wird, die ich definiert habe.
Nehmen wir noch einmal auf, was ich in der Gedrängtheit meines ersten Satzes gesagt habe. Ich möchte anmerken, dass diese Werte übliche Werte sind, Werte, die in jeder Sprache üblich sind – der Mann, die Frau, |{40} das ist das, was wir sexuelle Werte nennen. Dass es am Ausgangspunkt den Mann und die Frau gibt – das ist die These, von der ich heute ausgehe –, ist zunächst eine Sache der Sprache. Die Sprache ist so, dass für jedes sprechende Subjekt gilt, es ist entweder er oder es ist sie. Das gibt es in allen Sprachen der Welt. Das ist das Prinzip für das Funktionieren des Genus: weiblich oder männlich.
Dass es den Hermaphroditen gibt, wird nur ein Anlass sein, mehr oder weniger geistvoll damit zu spielen, wie sich das er und das sie im selben Satz unterbringen lassen. Man wird ihn auf keinen Fall es nennen, außer um damit eine Art heiligen Schrecken zu bekunden, man wird ihn nicht ins Neutrum setzen.
Allerdings, der Mann und die Frau – wir wissen nicht, was das ist.
Eine Zeitlang wurde diese Bipolarität der Werte als etwas aufgefasst, womit das, worum es beim Geschlecht (sexe) geht, hinreichend gestützt wird, vernäht wird. Eben daraus ist diese taube Metapher hervorgegangen, die der Theorie der Erkenntnis jahrhundertelang zugrunde lag. Wie ich an anderer Stelle angemerkt habe, war die Welt das, was als etwas wahrgenommen, ja gesehen wurde, das am Platz des anderen sexuellen Werts war. Was den Nous angeht – das Erkenntnisvermögen –, so wurde er auf der positiven Seite verortet, auf der aktiven Seite dessen, was ich heute untersuchen möchte, indem ich frage, welches sein Verhältnis zum Eins ist.
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Ich habe gesagt, wenn der Schritt, den die Analyse uns hat tun lassen, uns bei jedem gedrängten ersten Zugang zum Sexuellen den Umweg, die Barriere, die Bahnen, die Schikane, den Engpass der Kastration zeigt und enthüllt, dann ist das wirklich etwas, das nur von der Artikulation her gemacht werden kann, wie ich sie vom analytischen Diskurs gegeben habe. Das bringt uns dazu, dass wir annehmen, dass die Kastration keinesfalls auf eine Anekdote reduziert werden kann, auf einen Unfall, auf das ungeschickte Einwirken einer Drohung oder auch einer Zensur.
Die Struktur ist logisch.
Was ist der Gegenstand der Logik?
Sie wissen aus Erfahrung, falls Sie ein Buch mit dem Titel Einführung in die Logik auch nur aufgeschlagen haben, wie fragil, wie unsicher, wie ausweichend in einer solchen Abhandlung der erste Teil sein kann, der etwa so tituliert ist: l’art de bien conduire sa pensée, „Die Kunst, sein Denken gut zu lenken“ – es wohin zu lenken und indem man es dabei an welchem Ende anpackt? Oder auch irgendein Bezug auf eine Normalität, von der her sich das Rationale definieren soll, unabhängig vom Realen. Es ist klar, dass nach einem solchen Versuch, es als Gegenstand der Logik zu definieren, das, was dann dargestellt wird, zu einer anderen Ordnung gehört und auf andere Weise konsistent ist.
Ich würde, wenn es nötig wäre, vorschlagen – wenn ich hier nicht ganz einfach eine Leerstelle lassen könnte, aber das tue ich nicht –, ich schlage vor [den Gegenstand der Logik so zu bestimmen]: das, was an Notwendigkeit eines Diskurses produziert wird.
{41} Das ist mehrdeutig, gewiss, aber es ist nicht blöd, denn das geht mit der Implikation einher, dass die Logik den Sinn vollständig ändern kann, je nachdem von woher jeder Diskurs seinen Sinn annimmt.
Also, da es dies ist, von woher jeder Diskurs seinen Sinn annimmt, nämlich ausgehend von einem anderen Diskurs, behaupte ich seit langem, auf eine Weise, die hinreichend klar ist, sodass es genügt, hier daran zu erinnern: Das Reale – die Kategorie in der Triade, von der mein Unterricht ausgegangen ist: das Symbolische, das Imaginäre und das Reale –, das Reale behauptet sich durch einen Effekt, der nicht der schwächste ist, indem es sich in den Sackgassen der Logik behauptet.
Ich will das erläutern. Was die Logik sich in ihrem Eroberungsstreben zu Beginn vornahm, war nichts weniger als das Netz des Diskurses, insofern es artikuliert wird. Und dass dieses Netz, um artikuliert zu werden, sich zu einem Universum schließen musste, von dem angenommen wurde, wie mit einem Netz das einzuschließen und abzudecken, was es mit dem auf sich haben konnte, was der Erkenntnis dargeboten wurde.
Die Erfahrung – die Erfahrung der Logiker – hat gezeigt, dass es anders war. Und ohne dass ich mich hier in die Einzelheiten vertiefen muss – heute, wo ich mir durch Zufall die Lunge aus dem Hals schreien muss –, ist diese Zuhörerschaft doch hinreichend darüber informiert, von wo aus in unserer Zeit die logische Bemühung wieder aufgenommen werden konnte, sodass Sie wissen, dass bei der Behandlung von etwas, das als Reales im Prinzip so vereinfacht ist wie die Arithmetik, dass hierbei bewiesen werden konnte, dass in der Arithmetik immer etwas geäußert und der logischen Ableitung angeboten oder nicht angeboten werden kann, was sich wie verfrüht über das äußert, wovon die Prämissen – die Axiome, die grundlegenden Terme, auf die besagte Arithmetik sich stützen kann –, wovon die Prämissen es ermöglichen, es als beweisbar oder widerlegbar anzunehmen. In einen Bereich, der dem Anschein nach der sicherste ist, rühren wir hier an das, was sich der vollständigen Erfassung des Diskurses, der logischen Exhaustion, widersetzt, wir rühren an das, was hier eine irreduzible Klaffung einführt.
Und hier bezeichnen wir das Reale.
Natürlich, bevor wir dieses Versuchsfeld betreten – das denen, die seine letzten Versuche nicht näher verfolgt haben, als etwas erscheinen mag, das am Horizont liegt und sogar ungewiss ist –, wird es genügen, an den naiven Diskurs zu erinnern. Der naive Diskurs behauptet von vornherein Wahrheit, schreibt sich als solcher als Wahrheit ein. Es schien immer schon einfach zu sein, ihm, diesem Diskurs, dem naiven Diskurs, nachzuweisen, dass er nicht weiß, was er sagt; ich spreche nicht vom Subjekt, ich spreche vom Diskurs. Das ist der Saum – warum es nicht so sagen –, der Saum der Kritik, nämlich dass der Sophist gegenüber jedem, der das äußert, was stets als Wahrheit hingestellt wird, dass der Sophist ihm nachweist, dass er nicht weiß, was er sagt. Das ist sogar der Ursprung jeder Dialektik.
Und das steht dann immer bereit, wiedergeboren zu werden. Wenn jemand vor den Schranken eines Gerichts eine Zeugenaussage macht, besteht das ABC der Anwaltskunst darin, ihm nachzuweisen, dass er nicht weiß, was er sagt. Damit fallen wir jedoch auf die Ebene des Subjekts, des Zeugen, der |{42} in Verwirrung gebracht werden soll.
Wie ich zur Ebene des sophistischen Handelns gesagt habe, ist es immer der Diskurs selbst, den der Sophist sich vornimmt. Wir werden in diesem Jahr vielleicht aufzeigen müssen – da ich angekündigt habe, dass ich mich mit dem Parmenides befassen müsste –, worum es im sophistischen Handeln geht.
Das Bemerkenswerte in der Entwicklung der logischen Äußerung, auf die ich mich vorhin bezogen habe – wobei einige vielleicht gesehen haben, das es sich um nichts anderes handelt als um den Gödel’schen [Unvollständigkeits-]Satz über die Arithmetik –, das Bemerkenswerte besteht darin, dass Gödel seinen Beweis nicht ausgehend von Wahrheitswerten entwickelt, also den Beweis, dass es im Bereich der Arithmetik immer etwas gibt, das in ihren eigenen Termini ausgesagt werden kann, jedoch nicht von dem erfasst wird, was für sie ein gültiger Modus der Beweisführung ist. Das geht nicht von der Wahrheit aus, sondern vom Begriff der Ableitung; das Theorem ist beweisbar, indem man den Wert wahr oder falsch in der Schwebe nässt.
Womit das, was ich über die logische Klaffung sage, bei diesem Punkt betont wird, der insofern ein vitaler Punkt ist, als er das, was ich behaupten möchte, illustriert, nämlich: Wenn das Reale, wie sicherlich leicht nachvollziehbar ist, als das Unmögliche definiert werden kann – das Unmögliche insofern, als es vom Diskurs selbst, vom Diskurs der Logik, erfasst werden kann –, dann muss dieses Unmögliche hier, dieses Reale hier von uns präferiert werden. Von uns – von wem? Von den Analytikern. Denn es liefert auf exemplarische Weise, dass es das Paradigma dessen ist, wodurch das, was aus der Sprache hervorgehen kan, in Frage gestellt wird.
Daraus gehen bestimmte Arten von Diskursen hervor, die ich definiert habe als das, wodurch ein bestimmter Typ des sozialen Bandes eingesetzt wird.
Die Sprache befragt sich jedoch selbst über das, was durch sie als Diskurs gegründet wird. Es ist verblüffend, dass sie das nur tun kann, indem sie den Schatten einer Sprache ersinnt, die sich selbst überschreiten würde, die Metasprache wäre. Ich habe oft darauf aufmerksam gemacht, dass sie das nur tun kann, indem sie sich in ihrer Funktion reduziert, das heißt bereits, indem sie einen partikularisierten Diskurs hervorbringt.
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Ich schlage vor – indem wir uns dem Realen zuwenden, wie es durch die logische Befragung der Sprache affirmiert wird –, ich schlage vor, hier das Modell für das zu finden, was uns wichtig ist, nämlich für das, was sich durch die Erkundung des Unbewussten ergibt, das keineswegs – wie ein Jung dachte es wiederaufgreifen zu können, womit er in die älteste Spur zurückzufiel –, das keineswegs ein universaler sexueller Symbolismus ist, sondern das eben das ist, was ich vorhin zur Kastration in Erinnerung gerufen habe, indem ich einfach nur betont habe, dass es erforderlich ist, dass sie sich nicht auf eine Anekdote reduziert, auf die Anekdote eines Wortes, das gehört wurde. Warum sonst sollte man sie isolieren, ihr die Vorrangstellung eines wie auch immer gearteten Traumas geben, ja die Wirksamkeit einer Klaffung? Wo doch nur allzu klar ist, dass sie nichts Anekdotisches hat, dass sie im strengen Sinne grundlegend ist, für das, wodurch die Aussage der sexuellen Bipolarität als solcher nicht etwa eingeführt, sondern unmöglich gemacht wird.
{43} Wie wir sie uns ja merkwürdigerweise auf tierischer Ebene weiterhin vorstellen. Als ob jede Illustration dessen, was bei jeder Art den Tropismus eines Geschlechts in Richtung auf das andere ausmacht, als ob das nicht bei jeder Art ebenso variabel wäre wie ihre körperliche Verfassung. Als ob wir nicht außerdem gelernt hätten, und das schon seit geraumer Zeit, dass es beim Geschlecht – nicht auf der Ebene dessen, was ich soeben als das Reale definiert habe, sondern auf der Ebene dessen, was innerhalb jeder Wissenschaft artikuliert wird, wenn ihr Gegenstand einmal definiert ist –, dass es beim Geschlecht mindestens zwei oder drei Ebenen gibt, durch die es konstituiert wird, vom Genotyp zum Phänotyp. Und dass nach den letzten Schritten der Biologie – muss ich in Erinnerung rufen, welche? – immerhin sicher ist, dass bei dem, wodurch es möglich ist, dass sich das, was man einen lebendigen Körper nennt, reproduziert, dass hierbei das Geschlecht nur als ein besonderer Modus einen Platz einnimmt; dafür ist das Geschlecht keineswegs das typische Instrument, es ist dafür nur eine der Formen. Und was man allzu oft verwechselt – obgleich Freud einen Hinweis dazu gegeben hat, wenn auch nur andeutungshaft –, was man allzu oft verwechselt ist ja die Funktion des Geschlechts und die der Reproduktion.
Die Dinge sind keineswegs so, dass es einerseits die Bahn der Gonade gibt – dessen, was Weismann Keimzelle nannte – und als anderen Zweig den Körper. Es ist klar, dass der Körper, dass sein Genotyp etwas transportiert, wodurch das Geschlecht determiniert wird, und dass dies nicht genügt. Von seiner Körperproduktion, von seiner körperlichen Statik löst er Hormone ab, die in diese Determination eingreifen können.
Es gibt also nicht einerseits das Geschlecht – das, da es im Körper ist, unauflöslich mit dem Leben verbunden wäre, das imaginierte Geschlecht als Bild dessen, was in der Reproduktion des Lebens die Liebe wäre –, es gibt nicht einerseits dies und andererseits den Körper, den Körper insofern er gegen den Tod Widerstand zu leisten hat. Die Reproduktion des Lebens, so, wie es uns gelingt, sie auf der Ebene des Erscheinens ihrer ersten Formen zu befragen, geht aus etwas hervor, das weder Leben noch Tod ist, das vielmehr dies ist, dass ganz unabhängig vom Geschlecht – und sogar bei etwas bereits Lebendigem – etwas eingreift, das wir dann als Programm oder auch als Codon bezeichnen, wie bestimmte Punkte auf den Chromosomen genannt werden.
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Und dann stellt sich der Dialog Leben und Tod auf der Ebene dessen her, was reproduziert ist, und das bekommt, unserer Kenntnis nach, den Charakter eines Dramas erst von dem Moment an, in dem in das Gleichgewicht Leben und Tod die Jouissance eingreift. Der vitale Punkt, der Punkt der Emergenz von etwas, wofür gilt, dass wir alle hier mehr oder weniger glauben, dazu zu gehören – des sprechenden Wesens, um es klar zu sagen –, das ist dieses gestörte Verhältnis zum eigenen Körper, das Jouissance genannt wird.
Und das hat als Zentrum, das hat als Ausgangspunkt – wie der analytische Diskurs uns zeigt –, das hat als Ausgangspunkt ein besonderes Verhältnis zur sexuellen Jouissance.
Deshalb ist der Wert |{44} des anderen Partners – der Wert, den ich zu Beginn als Mann beziehungsweise als Frau bezeichnet habe – für die Sprache unerreichbar, genau insofern nämlich, als die Sprache von Anfang an als Ersatz (en suppléance) für die sexuelle Jouissance fungiert und sie hierdurch das Eindringen der Jouissance in die körperliche Wiederholung ordnet.
Deshalb werde ich heute damit beginnen, Ihnen zu zeigen, wie es durch Verwendung logischer Funktionen möglich ist, das, worum es bei der Kastration geht, anders als anekdotisch zu artikulieren.
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Bei der logischen Erkundung des Realen hat der Logiker mit den Aussagen angefangen. Die Logik hat erst begonnen, als es gelungen war, in der Sprache die Funktion dessen zu isolieren, was man als Prosdiorismen bezeichnet, die nichts anderes sind als das ein, das einige, das alle sowie die Negation dieser Aussagen. Wie Sie wissen, definiert Aristoteles, um sie einander entgegenzusetzen, die allgemeinen Aussagen und die partikulären Aussagen, innerhalb von beiden die bejahenden und die verneinenden.
Was ich hervorheben kann, ist der Unterschied zwischen dieser Verwendung der Prosdiorismen und dem, was sich für Bedürfnisse der Logik, und zwar für einen Zugang, der nichts anderes war als der zu dem Realen, das Zahl genannt wird, was sich hier an völlig anderem ereignet hat.
Die logische Analyse dessen, was man Aussagefunktion nennt, wird von daher artikuliert, dass in der Aussage etwas isoliert wird, oder genauer, wird von dem Fehlen, der Leere, dem Loch, der Aushöhlung her artikuliert, die aus dem bestehen, was als Argument fungieren soll. Insbesondere wird dann gesagt, dass jedes Argument eines Bereichs – das wir nennen können wie Sie wollen, x oder ein a in Frakturschrift –, dass jedes Argument dieses Bereichs, das in einer Aussage an der Leerstelle eingesetzt wird, die Aussage erfüllt, das heißt, ihr einen Wahrheitswert gibt.
Das ist das, was von dem her geschrieben wird, was hier unten links steht, dieses umgedrehte A Phi von x [∀x.Φx] – unabhängig davon, welches hier die Aussage ist, für alle x des Bereichs nimmt die Funktion einen wahren Wert an.
Was ist dieses x? Ich habe gesagt, dass es als etwas definiert wird, das einem bestimmten Bereich angehört. Heißt das, dass man deswegen weiß, was das ist? Wissen wir, was ein Mensch ist, wenn wir sagen, dass jeder Mensch sterblich ist? Dadurch, dass wir sagen, dass er sterblich ist, lernen wir etwas darüber und zwar dadurch, dass wir wissen, dass dies für jeden Menschen wahr ist. Bevor wir aber das jeder Mensch einführen, kennen wir davon nur ganz annähernde Merkmale, solche, die auf |{45} ganz unterschiedliche Weise definiert werden können. Das ist – ich nehme an, dass sie Ihnen längst bekannt ist –, das ist die Geschichte, die Platon berichtet, nicht wahr, die von dem gerupften Huhn.
Nun, und das heißt ja, dass man sich Fragen zu den Phasen der logischen Artikulation stellen muss, dazu nämlich, dass das, was mit dem Prosdiorismos verbunden ist, keinerlei Sinn hat, bevor es als Argument funktioniert; es bekommt erst dann einen, wenn es in die Funktion eintritt. Es nimmt den Sinn des Wahren oder des Falschen an.
Mir scheint, dies ist geeignet, um uns an die Klaffung rühren zu lassen, die zwischen dem Signifikanten und seiner Denotation liegt, denn wenn der Sinn irgendwo ist, dann ist er in der Funktion, wohingegen die Denotation erst in dem Moment beginnt, in dem das Argument eingetragen wird.
Das heißt zugleich, dies in Frage zu stellen, was sich davon unterscheidet, nämlich die Verwendung des Buchstabens groß E, ebenfalls umgedreht [∃], Es existiert. Es existiert etwas, das in der Funktion als Argument dienen kann und dabei Wahrheitswert annehmen oder nicht annehmen kann. Ich möchte Sie den Unterschied spüren lassen, den es gibt bei dieser problematisierenden Einführung des Es existiert, dass nämlich damit die Funktion der Existenz in Frage gestellt wird, verglichen mit dem, was bei Aristoteles in der Verwendung der partikulären Aussagen impliziert war, dass nämlich die Verwendung von einige die Existenz mit sich zu führen schien, wie auch vom alle angenommen wurde, dass es das einige umfasst, womit das alle den Wert von etwas annahm, was es nicht ist, nämlich den einer Existenzbehauptung.
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Wir werden das, angesichts der fortgeschrittenen Zeit, erst beim nächsten Mal sehen können – einen Status des alle, das heißt des Allgemeinen, gibt es nur auf der Ebene des Möglichen. Es ist möglich zu sagen, unter anderem, dass alle Menschen sterblich sind. Aber weit davon entfernt, dass die Frage der Existenz des Menschenwesens damit entschieden wäre, muss merkwürdigerweise zunächst gesichert werden, dass es existiert. Ich möchte gern zeigen, welchen Weg wir beim nächsten Mal einschlagen werden.
Ich möchte sagen, dass ausgehend von der Artikulation dieser vier Argument-Funktions-Verbindungen unter dem Zeichen des Quantors, dass von hier aus und nur von hier aus der Bereich definiert werden kann, von dem her jedes dieser x einen Wert annimmt.
An der Tafel
Es ist möglich, die folgende Wahrheitsfunktion zu behaupten, nämlich dass jeder Mensch/Mann durch die phallische Funktion definiert ist [], wobei die phallische Funktion eben das ist, wodurch das sexuelle Verhältnis verstopft wird.
Auf andere Weise wird dann dieser Buchstabe hier definiert: umgekehrtes A [∀], Universalquantor genannt, ausgestattet, so wie ich es mache, mit dem Querstrich, der ihn negiert []. Ich habe das wesentliche Merkmal |{46} des nichtalle [] angegeben, als das, womit eine Aussage artikuliert werden kann, die grundlegend ist für die Möglichkeit der Denotation, die von einer Variablen in der Funktion des Arguments übernommen wird. Die Frau verortet sich von daher, dass es nichtalle sind, die – bei dem, was von der phallischen Funktion geäußert wird – in der Funktion des Arguments mit Wahrheit gesagt werden können [].
Was ist dieses nichtalle []? Das ist sehr genau das, was es verdient, als Struktur befragt zu werden. Denn – das ist hier der äußerst wichtige Punkt – im Gegensatz zur Funktion der negativen partikulären Aussage, also dass es einige gibt, die es nicht sind, ist es unmöglich, aus dem nichtalle diese Behauptung herauszuziehen. Diesem nichtalle ist vorbehalten, anzuzeigen, dass sie irgendwo – und nichts mehr – ein Verhältnis zur phallischen Funktion hat.
Und von da gehen die Werte aus, die meinen übrigen Symbolen zu geben sind.
Das heißt, dass das alle [∀] durch nichts an das nichtalle [] angepasst werden kann, dass vielmehr – zwischen dem, was symbolisch die Argumentfunktion der Terme Mann und Frau fundiert –, dass vielmehr in ihrem gemeinsamen Verhältnis zur Jouissance diese Klaffung einer Unbestimmtheit bleibt. Wie sie sich im Verhältnis zur Jouissance definieren, gehört nicht zur selben Ordnung.
Nötig ist Folgendes – wie ich bereits über einen Term gesagt habe, der in dem, was wir in der Folge zu sagen haben, eine beträchtliche Rolle spielen wird –, nötig ist Folgendes, dass trotz des alle der phallischen Funktion, von dem die Denotation des Mannes abhängt, dass trotz dieses alle mindestens einer existiert – und Er existiert bedeutet hier, er existiert exakt wie in der Lösung einer mathematischen Gleichung –, dass mindestens einer existiert, bei dem die Wahrheit seiner Denotation nicht auf der phallischen Funktion beruht [].
Ist es nötig, für Sie das Tüpfelchen aufs i zu setzen und zu sagen, dass der Ödipusmythos das ist, was man hat bilden können, um von dieser logischen Bedingung eine Vorstellung zu geben, nämlich der des Zugangs, des indirekten Zugangs, den die Frau zum Mann herstellen kann?
Wenn der Mythos notwendig war, dieser Mythos, von dem man sagen kann, dass bereits für sich allein genommen ungewöhnlich ist, dass die Aussage nicht komisch erscheint, nämlich die über den Ur-Mann, der genau das genießen würde, was nicht existiert, nämlich alle Frauen; was nicht möglich ist, nicht einfach, weil klar ist, dass man –, dass man seine Grenzen hat [Gelächter], sondern weil es von den Frauen kein alle gibt.
Also, das, worum es geht, ist natürlich etwas anderes, nämlich dass es auf der Ebene des mindestens ein möglich ist, dass die Prävalenz der phallischen Funktion subvertiert ist, dass sie nicht mehr wahr ist. Und wenn ich gesagt habe, dass die sexuelle Jouissance der Dreh- und Angelpunkt jeder Jouissance ist, so habe ich damit keineswegs hinreichend definiert, worum es bei der phallischen Funktion geht. Nehmen wir vorläufig an, das sei dasselbe.
Was auf der Ebene des mindestens ein des Vaters eingeführt wird, ist jenes mindestens ein, welches bedeutet, dass es auch ohne [die phallische Funktion] gehen kann.
Das bedeutet, wie der Mythos |{47} demonstriert, denn er ist einzig dazu da, um dies zu versichern, nämlich dass die sexuelle Jouissance möglich sein wird, dass sie jedoch begrenzt sein wird. Was für jeden Mann in seinem Verhältnis zur Frau zumindest eine gewisse Beherrschung dieser Jouissance unterstellt.
Für die Frau braucht es zumindest dies, dass dies möglich ist, die Kastration – das ist ihr Zugang zum Mann. Wenn es darum geht, sie zur Tat werden zu lassen – de la faire passer à l’acte –, besagte Kastration, so kümmert sie sich drum.
Und um Sie nicht zu verlassen, bevor ich artikuliert habe, was es mit dem vierten Term auf sich hat, möchten wir das sagen, was alle Analytiker gut kennen, nämlich was das ∃ von x quergestrichen [] bedeutet. Darauf muss ich natürlich zurückkommen, da wir heute etwas spät waren. Ich hatte damit gerechnet – wie jedes Mal übrigens –, ein weitaus größeres Feld abzudecken, aber da Sie geduldig sind, werden Sie das nächste Mal wiederkommen. Was heißt das?
Das Es existiert ist, wie gesagt, problematisch. Das wird uns in diesem Jahr Gelegenheit geben, zu befragen, was es mit der Existenz auf sich hat. Was existiert denn letztlich?
Hat man denn je wahrgenommen, dass – verglichen mit dem Fragilen, dem Nichtssagenden, dem Unwesentlichen, das durch das Es existiert gebildet wird –, dass hingegen das Es existiert nicht durchaus etwas bedeutet? Was bedeutet es, zu behaupten, dass kein x existiert, durch das die Funktion Φ von x mit Querstrich erfüllt werden kann, wobei der Querstrich sie als nicht wahr einsetzt []?
Denn das ist eben genau das, was ich vorhin in Frage gestellt habe: Wenn nichtalle Frauen mit der phallischen Funktion zu tun haben, impliziert dies, dass es welche gibt, die mit der Kastration zu tun haben?
Also, das ist ganz genau der Punkt, durch den der Mann Zugang zur Frau hat.
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Ich meine, ich sage das für alle Analytiker, für diejenigen, die ins Stocken geraten sind, für diejenigen, die sich im Kreise drehen, die sich in den ödipalen Verhältnissen auf der Seite des Vaters verfangen haben. Wenn sie aus dem, was auf der Seite des Vaters geschieht, nicht herauskommen, dann hat das einen ganz präzisen Grund, den nämlich, dass das Subjekt akzeptieren müsste, dass das Wesen der Frau nicht die Kastration ist und, um es deutlich zu sagen, dass dies vom Realen her so ist; das heißt, abgesehen von einem insignifikanten kleinen Nichts – ich sage das nicht zufällig –, sind sie nicht kastrierbar. Denn den Phallus – bei dem ich betone, dass ich noch keineswegs gesagt habe, was das ist –, na ja, sie haben ihn nicht. Von dem Moment an, in dem, vom Unmöglichen als Ursache her, die Frau nicht wesentlich mit der Kastration verbunden ist, ist der Zugang zur Frau in ihrer Unbestimmtheit möglich.
Bringt Sie das nicht auf den Gedanken – ich streue das aus, damit das hier beim nächsten Mal Resonanz finden kann –, dass das, was oben links steht, das ∃ von x, Φ von x quergestrichen [], dass das mindestens ein, um das es geht, aus einer Notwendigkeit hervorgeht? Und genau insofern ist das eine Sache des Diskurses. Notwendigkeit gibt es nur als gesagte, und es ist diese |{48} Notwendigkeit, durch welche die Existenz des Mannes als sexueller Wert ermöglicht wird.
Das Mögliche ist – im Gegensatz zu dem, was Aristoteles behauptet – das Gegenteil des Notwendigen. Darin, dass ∃ von x sich ∀ von x entgegensetzt, besteht die Triebfeder des Möglichen.
Wie ich Ihnen gesagt habe, wird das Es existiert nicht [] durch ein Sagen affirmiert, durch ein dire, durch ein Sagen des Mannes; das Unmögliche besteht darin, dass die Frau ihr Verhältnis zur Kastration vom Realen her nimmt, und das liefert uns den Sinn des umgekehrten A x quergestrichen [], also des nichtalle. Das nichtalle bedeutet – wie es damit eben in der linken Spalte war –, das nichtalle bedeutet das nicht unmöglich: Es ist nicht unmöglich, dass die Frau die phallische Funktion kennt.
Das nicht unmöglich, was ist das? Das hat einen Namen, den uns die aristotelische Tetrade nahelegt, hier jedoch anders angeordnet. So wie sich dem Notwendigen das Mögliche entgegensetzte, ist es beim Unmöglichen das Zufällige. Insofern sich die Frau bei der phallischen Funktion in der Art eines Arguments im Zufälligen darstellt, kann artikuliert werden, worum es beim sexuellen Wert Frau geht.
Es ist zwei Uhr sechzehn, ich werde das heute nicht weiter vorantreiben. Der Einschnitt wird an einer Stelle gesetzt, die wirklich nicht besonders wünschenswert ist.
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Ich denke, dass ich mit der Einführung in das Funktionieren dieser Terme weit genug vorangekommen bin, sodass Sie spüren konnten, dass die Verwendung der Logik nicht ohne Beziehung zum Inhalt des Unbewussten ist. Daraus, dass Freud gesagt hat, dass das Unbewusste den Widerspruch nicht kennt, folgt nicht, dass es für die Eroberung durch die Logik kein verheißenes Land wäre. Sind wir in diesem Jahrhundert angekommen, ohne zu wissen, dass eine Logik vollkommen ohne den Satz vom Widerspruch auskommen kann?
Um zu sagen, dass in all dem, was Freud über das Unbewusste geschrieben hat, die Logik nicht existiert, müsste man niemals gelesen haben, wie er bestimmte Termini verwendet – ich liebe sie, ich liebe nicht ihn, sämtliche Formen, um beispielsweise das ich liebe ihn zu verneinen, das heißt auf den Wegen der Grammatik –, nur dann kann man sagen, dass das Unbewusste auf den Wegen einer Logik nicht erkundet werden kann.
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Französisch/deutsch mit erläuternden Anmerkungen
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift , z.B. {11}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [1], verweisen auf die Seiten der Stenotypie auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) (hier).
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Seminar XIX von 1971/72, „… oder schlimmer„
Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, Rechtsfakultät, Place du Panthéon
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An der Tafel3
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{39} [1] Si nous trouvions dans la logique moyen d’articuler ce que l’inconscient démontre de valeurs sexuelles, nous n’en serions pas surpris.
Wenn wir in der Logik ein Mittel fänden, um zu artikulieren, was das Unbewusste an sexuellen Werten aufweist, würde uns das nicht überraschen.
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Nous n’en serions pas surpris, je veux dire ici même, à mon séminaire, c’est-à-dire au ras de cette expérience, l’analyse, instituée par Freud, et dont s’instaure une structure de discours que j’ai définie.
Das würde uns nicht überraschen, ich meine eben hier, in meinem Seminar, also dicht an der Erfahrung der von Freud eingeführten Analyse, von der her eine Diskursstruktur eingesetzt wird, die ich definiert habe.4
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Reprenons ce que j’ai dit dans la densité de ma première phrase.
Nehmen wir noch einmal auf, was ich in der Gedrängtheit meines ersten Satzes gesagt habe.
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J’ai parlé de valeurs sexuelles.
Ich habe von sexuellen Werten gesprochen.
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Je ferai remarquer que ces valeurs sont des valeurs reçues, reçues dans tout langage – l’homme, la femme, |{40} c’est ça qu’on |[2] appelle valeurs sexuelles.
Ich möchte anmerken, dass diese Werte übliche Werte sind, Werte, die in jeder Sprache üblich sind – der Mann, die Frau, das ist das, wir sexuelle Werte nennen.
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Au départ qu’il y ait l’homme et la femme – c’est la thèse dont aujourd’hui je pars – c’est d’abord affaire de langage.
Dass es am Ausgangspunkt den Mann und die Frau gibt – das ist die These, von der ich heute ausgehe –, ist zunächst eine Sache der Sprache.
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Le langage est tel que pour tout sujet parlant, ou bien c’est lui ou bien c’est elle.
Die Sprache ist so, dass für jedes sprechende Subjekt gilt, es ist entweder er oder es ist sie.
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Ça existe dans toutes les langues du monde.
Das gibt es in allen Sprachen der Welt.
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C’est le principe du fonctionnement du genre : féminin ou masculin.
Das ist das Prinzip für das Funktionieren des Genus: weiblich oder männlich.
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Qu’il y ait l’hermaphrodite, ce sera seulement une occasion de jouer avec plus ou moins d’esprit à faire passer dans la même phrase le lui et l’elle.
Dass es den Hermaphroditen gibt, wird nur ein Anlass sein, mehr oder weniger geistvoll damit zu spielen, wie sich das er und das sie im selben Satz unterbringen lassen.
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On ne l’appellera ça, en aucun cas, sauf à manifester par là quelque horreur du type sacrée, on ne le mettra pas au neutre.
Man wird ihn auf keinen Fall es nennen, außer um damit eine Art heiligen Schrecken zu bekunden, man wird ihn nicht ins Neutrum setzen.5
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Ceci dit, l’homme et la femme, nous ne savons pas ce que c’est.
Allerdings, der Mann und die Frau – wir wissen nicht, was das ist.
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Pendant un temps, cette bipolarité de valeurs a été prise pour suffisamment supporter, suturer ce qu’il en est du sexe.
Eine Zeitlang wurde diese Bipolarität der Werte als etwas aufgefasst, womit das, worum es beim Geschlecht (sexe) geht, hinreichend gestützt wird, vernäht wird.
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C’est de là-même qu’est résultée cette sourde métaphore qui pendant des siècles a sous-tendu la théorie de la connaissance.
Eben daraus ist diese taube Metapher hervorgegangen, die der Theorie der Erkenntnis jahrhundertelang zugrunde lag.
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Comme je l’ai fait remarquer ailleurs, le monde était ce qui était perçu, voire aperçu comme à la place de l’autre valeur sexuelle.
Wie ich an anderer Stelle angemerkt habe, war die Welt das, was als etwas wahrgenommen, ja gesehen wurde, das am Platz des anderen sexuellen Werts war.
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Ce qu’il en était du nous – du pouvoir de connaître – étant placé du côté positif, du côté actif de ce que j’interrogerai aujourd’hui en demandant quel est son rapport avec l’Un.
Was den Nous angeht – das Erkenntnisvermögen –, so wurde er auf der positiven Seite verortet, auf der aktiven Seite dessen, was ich heute untersuchen möchte, indem ich frage, welches sein Verhältnis zum Eins ist.
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J’ai dit que si le pas que nous a fait faire l’analyse nous montre, nous révèle, en tout abord serré de l’approche sexuelle, le détour, la barrière, le cheminement, la chicane, le défilé de la castration, c’est là et proprement ce qui ne peut se faire qu’à partir de l’articulation telle que je l’ai donnée du discours analytique.
Ich habe gesagt, wenn der Schritt, den die Analyse uns hat tun lassen, uns bei jedem gedrängten ersten Zugang zum Sexuellen den Umweg, die Barriere, die Bahnen, die Schikane, den Engpass der Kastration zeigt und enthüllt, dann ist das wirklich etwas, das nur von der Artikulation her gemacht werden kann, wie ich sie vom analytischen Diskurs gegeben habe.
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C’est là ce qui nous conduit à penser que la castration ne saurait en aucun cas être réduite à l’anecdote, à l’accident, à l’intervention maladroite d’un propos de menace ni même de censure.
Das bringt uns dazu, dass wir annehmen, dass die Kastration keinesfalls auf eine Anekdote reduziert werden kann, auf einen Unfall, auf das ungeschickte Einwirken einer Drohung oder auch einer Zensur.
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La structure est logique.
Die Struktur ist logisch.
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Quel est l’objet de la logique ?
Was ist der Gegenstand der Logik?
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Vous savez, vous savez d’expérience, d’avoir ouvert seulement un livre qui s’intitule Traité de logique, combien fragile, incertain, éludé, peut être le premier temps de tout traité qui s’intitule de cet ordre : l’art de bien conduire sa pensée… la conduire où, et en la tenant par quel bout ?
Sie wissen aus Erfahrung, falls Sie ein Buch mit dem Titel Einführung in die Logik auch nur aufgeschlagen haben, wie fragil, wie unsicher, wie ausweichend in einer solchen Abhandlung der erste Teil sein kann, der etwa so tituliert ist: l’art de bien conduire sa pensée, „Die Kunst, sein Denken gut zu lenken“ – es wohin zu lenken und indem man es dabei an welchem Ende anpackt?
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Ou bien encore, tel recours à une normalité dont se définirait le rationnel indépendamment du réel.
Oder auch irgendein Bezug auf eine Normalität, von der her sich das Rationale definieren soll, unabhängig vom Realen.
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Il est clair que… après une telle tentative de le définir comme objet de la logique …ce qui se présente est d’un autre ordre et autrement consistant.
Es ist klar, dass nach einem solchen Versuch, es als Gegenstand der Logik zu definieren, das, was dann dargestellt wird, zu einer anderen Ordnung gehört und auf andere Weise konsistent ist.
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Je proposerais s’il fallait… si je ne pouvais tout simplement laisser là un blanc, mais je ne le laisse pas …je propose : ce qui se produit de la nécessité d’un discours.
Ich würde, wenn es nötig wäre, vorschlagen – wenn ich hier nicht ganz einfach eine Leerstelle lassen könnte, aber das tue ich nicht –, ich schlage vor [den Gegenstand der Logik so zu bestimmen]: das, was an Notwendigkeit eines Diskurses produziert wird.6
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{41} C’est ambigu sans doute, mais ce n’est pas idiot puisque cela comporte l’implication que la logique peut complètement changer de sens, selon d’où prend son sens tout discours.
Das ist mehrdeutig, gewiss, aber es ist nicht blöd, denn das geht mit der Implikation einher, dass die Logik den Sinn vollständig ändern kann, je nachdem von woher jeder Diskurs seinen Sinn annimmt.
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Alors, puisque c’est là ce dont prend son sens tout discours, à savoir à partir d’un autre, je propose assez |[3] clairement depuis longtemps pour qu’il suffise de le rappeler ici, le réel … la catégorie que dans la triade dont est parti mon enseignement : le symbolique, l’imaginaire et le réel …le réel s’affirme, par un effet qui n’est pas le moindre de s’affirmer dans les impasses de la logique.
Also, da es dies ist, von woher jeder Diskurs seinen Sinn annimmt, nämlich ausgehend von einem anderen Diskurs, behaupte ich seit langem, auf eine Weise, die hinreichend klar ist, sodass es genügt, hier daran zu erinnern: Das Reale – die Kategorie in der Triade, von der mein Unterricht ausgegangen ist: das Symbolische, das Imaginäre und das Reale –, das Reale behauptet sich durch einen Effekt, der nicht der schwächste ist, indem es sich in den Sackgassen der Logik behauptet.7
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Je m’explique.
Ich will das erläutern.
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Ce qu’au départ, dans son ambition conquérante, la logique se proposait, ce n’était rien de moins que le réseau du discours en tant qu’il s’articule.
Was die Logik sich in ihrem Eroberungsstreben zu Beginn vornahm, war nichts weniger als das Netz des Diskurses, insofern es artikuliert wird.
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Et qu’à s’articuler, ce réseau devait se fermer en un univers supposé enserrer et recouvrir comme d’un filet ce qu’il pouvait en être de ce qui était, à la connaissance, offert.
Und dass dieses Netz, um artikuliert zu werden, sich zu einem Universum schließen musste, von dem angenommen wurde, wie mit einem Netz das einzuschließen und abzudecken, was es mit dem auf sich haben konnte, was der Erkenntnis dargeboten wurde.
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L’expérience, l’expérience logicienne, a montré qu’il en était différemment.
Die Erfahrung – die Erfahrung der Logiker – hat gezeigt, dass es anders war.
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Et sans avoir ici… aujourd’hui où par accident je dois m’époumoner …à entrer plus dans le détail, ce public est tout de même suffisamment averti d’où en notre temps a pu reprendre l’effort logique, pour savoir qu’à aborder quelque chose en principe d’aussi simplifié comme réel que l’arithmétique, il a pu être démontré que dans l’arithmétique, quelque chose peut toujours s’énoncer, offert ou non offert à la déduction logique, qui s’articule comme en avance sur ce dont les prémisses, les axiomes, les termes fondateurs, dont peut s’asseoir ladite arithmétique, permettent de présumer comme démontrable ou réfutable.
Und ohne dass ich mich hier in die Einzelheiten vertiefen muss – heute, wo ich mir durch Zufall die Lunge aus dem Hals schreien muss –, ist diese Zuhörerschaft doch hinreichend darüber informiert, von wo aus in unserer Zeit die logische Bemühung wieder aufgenommen werden konnte, sodass Sie wissen, dass bei der Behandlung von etwas, das als Reales im Prinzip so vereinfacht ist wie die Arithmetik, dass hierbei bewiesen werden konnte, dass in der Arithmetik immer etwas geäußert und der logischen Ableitung angeboten oder nicht angeboten werden kann, was sich wie verfrüht über das äußert, wovon die Prämissen – die Axiome, die grundlegenden Terme, auf die besagte Arithmetik sich stützen kann –, wovon die Prämissen es ermöglichen, es als beweisbar oder widerlegbar anzunehmen.8
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Nous touchons là du doigt, en un domaine en apparence le plus sûr, ce qui s’oppose à l’entière prise du discours, à l’exhaustion logique, ce qui y introduit une béance irréductible.
In einen Bereich, der dem Anschein nach der sicherste ist, rühren wir hier an das, was sich der vollständigen Erfassung des Diskurses, der logischen Exhaustion, widersetzt, wir rühren an das, was hier eine irreduzible Klaffung einführt.9
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C’est là que nous désignons le réel.
Und hier bezeichnen wir das Reale.10
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Bien sûr avant d’en venir à ce terrain d’épreuve qui peut paraître à l’horizon, voire incertain, à ceux qui n’ont pas serré de près ses dernières épreuves, il suffira de rappeler ce qu’est le discours naïf.
Natürlich, bevor wir dieses Versuchsfeld betreten – das denen, die seine letzten Versuche nicht näher verfolgt haben, als etwas erscheinen mag, das am Horizont liegt und sogar ungewiss ist –, wird es genügen, an den naiven Diskurs zu erinnern.
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Le discours naïf propose d’emblée, s’inscrit comme tel comme vérité.
Der naive Diskurs behauptet von vornherein Wahrheit, schreibt sich als solcher als Wahrheit ein.
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Il est depuis toujours apparu facile de lui démontrer, à ce discours, discours naïf, qu’il ne sait pas ce qu’il dit – je ne parle pas du sujet, je parle du discours.
Es schien immer schon einfach zu sein, ihm, diesem Diskurs, dem naiven Diskurs, nachzuweisen, dass er nicht weiß, was er sagt; ich spreche nicht vom Subjekt, ich spreche vom Diskurs.
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C’est l’orée - pourquoi ne pas le dire - de la critique que le sophiste… à quiconque énonce ce qui est toujours posé comme vérité …que le sophiste lui démontre qu’il ne sait pas ce qu’il dit.
Das ist der Saum – warum es nicht so sagen – der Kritik, nämlich dass der Sophist gegenüber jedem, der das äußert, was stets als Wahrheit hingestellt wird, dass der Sophist ihm nachweist, dass er nicht weiß, was er sagt.11
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C’est même là l’origine de toute dialectique.
Das ist sogar der Ursprung jeder Dialektik.
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Et puis c’est toujours prêt à renaître.
Und das steht dann immer bereit, wiedergeboren zu werden.
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Que quelqu’un vienne témoigner à la barre d’un tribunal, c’est l’enfance de l’art de l’avocat que de lui montrer qu’il ne sait pas ce qu’il dit.
Wenn jemand vor den Schranken eines Gerichts eine Zeugenaussage macht, besteht das ABC der Anwaltskunst darin, ihm nachzuweisen, dass er nicht weiß, was er sagt.
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Mais là, nous tombons au niveau du sujet, du témoin, qu’il s’agit |{42} d’embrouiller.
Damit fallen wir jedoch auf die Ebene des Subjekts, des Zeugen, der in Verwirrung gebracht werden soll.
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Ce que j’ai dit au niveau de l’action sophistique, c’est au discours lui-même que le sophiste s’en prend.
Wie ich zur Ebene des sophistischen Handelns gesagt habe, ist es immer der Diskurs selbst, den der Sophist sich vornimmt.
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Nous aurons peut-être cette année, puisque |[4] j’ai annoncé que j’aurais à faire état du Parménide, à montrer ce qu’il en est de l’action sophistique.
Wir werden in diesem Jahr vielleicht aufzeigen müssen – da ich angekündigt habe, dass ich mich mit dem Parmenides befassen müsste –, worum es im sophistischen Handeln geht.
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Le remarquable… dans le développement auquel tout à l’heure je me suis référé, de l’énonciation logicienne, où peut-être d’aucuns se seront aperçu qu’il ne s’agit de rien d’autre que du théorème de Gödel concernant l’arithmétique, c’est que ce n’est pas à partir des valeurs de vérité que Gödel procède à sa démonstration qu’il y aura toujours dans le champ de l’arithmétique quelque chose d’énonçable dans les termes propres qu’elle comporte, qui ne sera pas à la portée de ce qu’elle se pose à elle-même comme mode à tenir pour reçu de la démonstration.
Das Bemerkenswerte in der Entwicklung der logischen Äußerung, auf die ich mich vorhin bezogen habe – wobei einige vielleicht gesehen haben, das es sich um nichts anderes handelt als um den Gödel’schen [Unvollständigkeits-]Satz über die Arithmetik –, das Bemerkenswerte besteht darin, dass Gödel seinen Beweis nicht ausgehend von Wahrheitswerten entwickelt, also den Beweis, dass es im Bereich der Arithmetik immer etwas gibt, das in ihren eigenen Termini ausgesagt werden kann, jedoch nicht von dem erfasst wird, was für sie ein gültiger Modus der Beweisführung ist.12
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Ce n’est pas à partir de la vérité, c’est à partir de la notion de dérivation, c’est en laissant en suspens la valeur vrai ou faux comme telle, que le théorème est démontrable.
Das geht nicht von der Wahrheit aus, sondern vom Begriff der Ableitung; das Theorem ist beweisbar, indem man den Wert wahr oder falsch in der Schwebe lässt.13
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Ce qui accentue ce que je dis de la béance logicienne sur ce point là, point vif… point vif en ce qu’il illustre ce que j’entends avancer …c’est que si le réel – assurément d’un accès facile – peut se définir comme l’impossible… cet impossible en tant qu’il s’avère de la prise même du discours, du discours logicien …cet impossible-là, ce réel-là doit être par nous privilégié.
Womit das, was ich über die logische Klaffung sage, bei diesem Punkt betont wird, der insofern ein vitaler Punkt ist, als er das, was ich behaupten möchte, illustriert, nämlich: Wenn das Reale, wie sicherlich leicht nachvollziehbar ist, als das Unmögliche definiert werden kann – das Unmögliche insofern, als es vom Diskurs selbst, vom Diskurs der Logik, erfasst werden kann –, dann muss dieses Unmögliche hier, dieses Reale hier von uns präferiert werden.
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Par nous – par qui ?
Von uns – von wem?
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Par les analystes.
Von den Analytikern.
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Car il donne d’une façon exemplaire, qu’il est le paradigme de ce qui met en question ce qui peut sortir du langage.
Denn es liefert auf exemplarische Weise, dass es das Paradigma dessen ist, wodurch das, was aus der Sprache hervorgehen kann, in Frage gestellt wird.
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Il en sort certains types – que j’ai définis – de discours, comme étant ce qui instaure un type de lien social défini.
Daraus gehen bestimmte Arten von Diskursen hervor, die ich definiert habe als das, wodurch ein bestimmter Typ des sozialen Bandes eingesetzt wird.14
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Mais le langage s’interroge sur ce qu’il fonde comme discours.
Die Sprache befragt sich jedoch selbst über das, was durch sie als Diskurs gegründet wird.
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II est frappant qu’il ne puisse le faire qu’à fomenter l’ombre d’un langage qui se dépasserait, qui serait métalangage.
Es ist verblüffend, dass sie das nur tun kann, indem sie den Schatten einer Sprache ersinnt, die sich selbst überschreiten würde, die Metasprache wäre.15
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J’ai souvent fait remarquer qu’il ne peut le faire qu’à se réduire dans sa fonction, c’est-à-dire déjà à engendrer un discours particularisé.
Ich habe oft darauf aufmerksam gemacht, dass sie das nur tun kann, indem sie sich in ihrer Funktion reduziert, das heißt bereits, indem sie einen partikularisierten Diskurs hervorbringt.16
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Je propose… en nous intéressant à ce réel en tant qu’il s’affirme de l’interrogation logicienne du langage …je propose d’y trouver le modèle de ce qui nous importe, à savoir de ce que livre l’exploration de l’inconscient qui, loin d’être… comme a pensé pouvoir le reprendre un Jung, à revenir à la plus vieille ornière …loin d’être un symbolisme sexuel universel, est très précisément ce que j’ai tout à l’heure rappelé de la castration, à souligner seulement qu’il est exigible qu’elle ne se réduise pas à l’anecdote d’une parole entendue.
Ich schlage vor – indem wir uns dem Realen zuwenden, wie es durch die logische Befragung der Sprache affirmiert wird –, ich schlage vor, hier das Modell für das zu finden, was uns wichtig ist, nämlich für das, was sich durch die Erkundung des Unbewussten ergibt, das keineswegs – wie ein Jung dachte es wiederaufgreifen zu können, womit er in die älteste Spur zurückzufiel –, das keineswegs ein universaler sexueller Symbolismus ist, sondern das eben das ist, was ich vorhin zur Kastration in Erinnerung gerufen habe, indem ich einfach nur betont habe, dass es erforderlich ist, sie sich nicht auf eine Anekdote reduziert, auf die Anekdote eines Wortes, das gehört wurde.
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Sans quoi pourquoi l’isoler, lui donner ce privilège de je ne sais quel traumatisme, voire efficace de béance ?
Warum sonst sollte man sie isolieren, ihr die Vorrangstellung eines wie auch immer gearteten Traumas geben, ja die Wirksamkeit einer Klaffung?
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Alors qu’il est trop clair qu’elle n’a rien d’anecdotique, qu’elle est rigoureusement fondamentale dans ce qui, non pas instaure, mais rend impossible l’énoncé de la bipolarité sexuelle comme telle.
Wo doch nur allzu klar ist, dass sie nichts Anekdotisches hat, dass sie im strengen Sinne grundlegend ist, für das, wodurch die Aussage der sexuellen Bipolarität als solcher nicht etwa eingeführt, sondern unmöglich gemacht wird.17
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{43} À |[5] savoir comme – chose curieuse – nous continuons de l’imaginer au niveau animal.
Wir wir sie uns nämlich merkwürdigerweise auf tierischer Ebene weiterhin vorstellen.
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Comme si chaque illustration de ce qui, dans chaque espèce, constitue le tropisme d’un sexe pour l’autre n’était pas aussi variable pour chaque espèce qu’est leur constitution corporelle.
Als ob jede Illustration dessen, was bei jeder Art den Tropismus eines Geschlechts in Richtung auf das andere ausmacht, als ob das nicht bei jeder Art ebenso variabel wäre wie ihre körperliche Verfassung.18
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Comme si, de plus, nous n’avions pas appris – appris déjà depuis un bout de temps – que le sexe… au niveau non pas de ce que je viens de définir comme le réel, mais au niveau de ce qui s’articule à l’intérieur de chaque science, son objet étant une fois défini …que le sexe, il y a au moins deux ou trois étages de ce qui le constitue, du génotype au phénotype.
Als ob wir nicht außerdem gelernt hätten, und das schon seit geraumer Zeit, dass es beim Geschlecht – nicht auf der Ebene dessen, was ich soeben als das Reale definiert habe, sondern auf der Ebene dessen, was innerhalb jeder Wissenschaft artikuliert wird, wenn ihr Gegenstand einmal definiert ist –, dass es beim Geschlecht mindestens zwei oder drei Ebenen gibt, durch die es konstituiert wird, vom Genotyp zum Phänotyp.
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Et qu’après tout, après les derniers pas de la biologie – est-ce que j’ai besoin d’évoquer lesquels ? – il est sûr que le sexe ne fait que prendre place comme un mode particulier dans ce qui permet la reproduction de ce qu’on appelle un corps vivant ; loin que le sexe en soit l’instrument type, il n’en est qu’une des formes.
Und dass nach den letzten Schritten der Biologie – muss ich in Erinnerung rufen, welche? – immerhin sicher ist, dass bei dem, wodurch es möglich ist, dass sich das, was man einen lebendigen Körper nennt, reproduziert, dass hierbei das Geschlecht nur als ein besonderer Modus einen Platz einnimmt; dafür ist das Geschlecht keineswegs das typische Instrument, es ist dafür nur eine der Formen.19
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Et ce qu’on confond trop… encore que Freud là-dessus ait donné l’indication, mais approximative …ce qu’on confond trop, c’est très précisément la fonction du sexe et celle de la reproduction.
Und was man allzu oft verwechselt – obgleich Freud einen Hinweis dazu gegeben hat, wenn auch nur andeutungshaft –, was man allzu oft verwechselt ist ja die Funktion des Geschlechts und die der Reproduktion.
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Loin que les choses soient telles qu’il y ait la filière de la gonade d’un côté, ce que Weismann appelait le germen, et le branchement du corps.
Die Dinge sind keineswegs so, dass es einerseits die Bahn der Gonade gibt – dessen, was Weismann Keimzelle nannte – und als anderen Zweig den Körper.20
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Il est clair que le corps, que son génotype véhicule quelque chose qui détermine le sexe et que ça ne suffit pas.
Es ist klar, dass der Körper, dass sein Genotyp etwas transportiert, wodurch das Geschlecht determiniert wird, und dass dies nicht genügt.
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De sa production de corps, de sa statique corporelle, il détache des hormones qui, dans cette détermination, peuvent interférer.
Von seiner Körperproduktion, von seiner körperlichen Statik löst er Hormone ab, die in diese Determination eingreifen können.
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Il n’y a donc pas d’un côté le sexe… irrésistiblement associé, parce qu’il est dans le corps, à la vie, le sexe imaginé comme l’image de ce qui, dans la reproduction de la vie, serait l’amour …il n’y a pas cela d’un côté et de l’autre côté le corps, le corps en tant qu’il a à se défendre contre la mort.
Es gibt also nicht einerseits das Geschlecht – das, da es im Körper ist, unauflöslich mit dem Leben verbunden wäre, das imaginierte Geschlecht als Bild dessen, was in der Reproduktion des Lebens die Liebe wäre –, es gibt nicht einerseits dies und andererseits den Körper, den Körper insofern er gegen den Tod Widerstand zu leisten hat.21
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La reproduction de la vie telle que nous arrivons à l’interroger, au niveau de l’apparition de ses premières formes, émerge de quelque chose qui n’est ni vie ni mort, qui est ceci : que très indépendamment du sexe, et même à l’occasion de quelque chose de déjà vivant, quelque chose intervient que nous appellerons le programme ou le codon encore, comme ils disent à propos de tel ou tel point repéré des chromosomes.
Die Reproduktion des Lebens, so, wie es uns gelingt, sie auf der Ebene des Erscheinens ihrer ersten Formen zu befragen, geht aus etwas hervor, das weder Leben noch Tod ist, das vielmehr dies ist, dass ganz unabhängig vom Geschlecht – und sogar bei etwas bereits Lebendigem – etwas eingreift, das wir dann als Programm oder auch als Codon bezeichnen, wie bestimmte Punkte auf den Chromosomen genannt werden.
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Et puis le dialogue vie et mort, ça se produit au niveau de ce qui est reproduit, et ça ne prend, à notre connaissance, un caractère de drame qu’à partir du moment où, dans l’équilibre vie et mort, la jouissance intervient.
Und dann stellt sich der Dialog Leben und Tod auf der Ebene dessen her, was reproduziert ist, und das bekommt, unserer Kenntnis nach, den Charakter eines Dramas erst von dem Moment an, in dem in das Gleichgewicht Leben und Tod die Jouissance eingreift.
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Le point vif, le point d’émergence de quelque chose… qui est ce dont tous ici nous croyons plus ou moins faire partie …l’être parlant pour le dire, c’est ce rapport dérangé à son propre corps qui s’appelle jouissance.
Der vitale Punkt, der Punkt der Emergenz von etwas, wofür gilt, dass wir alle hier mehr oder weniger glauben, dazu zu gehören – des sprechenden Wesens, um es klar zu sagen –, das ist dieses gestörte Verhältnis zum eigenen Körper, das Jouissance genannt wird.
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Et cela, ça a pour centre, ça a pour point de départ – c’est ce que nous démontre le discours analytique – ça a pour |[6] point de départ un rapport privilégié à la jouissance sexuelle.
Und das hat als Zentrum, das hat als Ausgangspunkt – wie der analytische Diskurs uns zeigt –, das hat als Ausgangspunkt ein besonderes Verhältnis zur sexuellen Jouissance .22
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C’est en quoi la valeur |{44} du partenaire autre… celle que j’ai commencé de désigner respectivement par l’homme et par la femme …est inapprochable au langage, très précisément en ceci : que le langage fonctionne, d’origine, en suppléance de la jouissance sexuelle, que c’est par là qu’il ordonne cette intrusion, dans la répétition corporelle, de la jouissance.
Deshalb ist der Wert des anderen Partners – der Wert, den ich zu Beginn als Mann beziehungsweise als Frau bezeichnet habe – für die Sprache unerreichbar, genau insofern nämlich, als die Sprache von Anfang an als Ersatz (en suppléance) für die sexuelle Jouissance fungiert und sie hierdurch das Eindringen der Jouissance in die körperliche Wiederholung ordnet.23
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C’est en quoi je vais aujourd’hui commencer de vous montrer comment, à user de fonctions logiques, il est possible de donner de ce qu’il en est de la castration une autre articulation qu’anecdotique.
Deshalb werde ich heute damit beginnen, Ihnen zu zeigen, wie es durch Verwendung logischer Funktionen möglich ist, das, worum es bei der Kastration geht, anders als anekdotisch zu artikulieren.
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Dans la ligne de l’exploration logique du réel, le logicien a commencé par les propositions.
Bei der logischen Erkundung des Realen hat der Logiker mit den Aussagen angefangen.
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La logique n’a commencé qu’à avoir su, dans le langage, isoler la fonction de ce qu’on appelle les prosdiorismes, qui ne sont rien d’autre que le un, le quelque, le tous et la négation de ces propositions.
Die Logik hat erst begonnen, als es gelungen war, in der Sprache die Funktion dessen zu isolieren, was man als Prosdiorismen bezeichnet, die nichts anderes sind als das ein, das einige, das alle sowie die Negation dieser Aussagen.
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Vous le savez, Aristote définit pour les opposer, les universelles et les particulières, à l’intérieur de chacune : affirmative et négative.
Wie Sie wissen, definiert Aristoteles, um sie einander entgegenzusetzen, die allgemeinen Aussagen und die partikulären Aussagen, innerhalb von beiden die bejahenden und die verneinenden.
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Ce que je peux marquer, c’est la différence qu’il y a de cet usage des prosdiorismes à ce qui… pour des besoins logiques, à savoir pour un abord qui n’était autre que de ce réel qui s’appelle le nombre …ce qui s’est passé de complètement différent.
Was ich hervorheben kann, ist der Unterschied zwischen dieser Verwendung der Prosdiorismen und dem, was sich für Bedürfnisse der Logik, und zwar für einen Zugang, der nichts anderes war als der zu dem Realen, das Zahl genannt wird, was sich hier an völlig anderem ereignet hat.24
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L’analyse logique de ce qu’on appelle fonction propositionnelle s’articule de l’isolement dans la proposition, ou plus exactement du manque, du vide, du trou, du creux qui est fait de ce qui doit fonctionner comme argument.
Die logische Analyse dessen, was man Aussagefunktion nennt, wird von daher artikuliert, dass in der Aussage etwas isoliert wird, oder genauer, wird von dem Fehlen, der Leere, dem Loch, der Aushöhlung her artikuliert, die aus dem bestehen, was als Argument fungieren soll.
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Nommément, il sera dit que tout argument d’un domaine… que nous appellerons comme vous le voulez, x ou un a gothique …tout argument de ce domaine mis à la place laissée vide dans une proposition, y satisfera, c’est-à-dire lui donnera valeur de vérité.
Insbesondere wird dann gesagt, dass jedes Argument eines Bereichs – das wir nennen können wie Sie wollen, x oder ein a in Frakturschrift –, dass jedes Argument dieses Bereichs, das in einer Aussage an der Leerstelle eingesetzt wird, die Aussage erfüllt, das heißt, ihr einen Wahrheitswert gibt.25
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C’est ce qui s’inscrit de ce qui est là en bas à gauche, ce A renversé Φ de x [∀x Φx], peu importe quelle est là, la proposition …la fonction prend une valeur vraie pour tout x du domaine.
Das ist das, was von dem her geschrieben wird, was hier unten links steht, dieses umgedrehte A Φ von x [∀x.Φx] – unabhängig davon, welches hier die Aussage ist, für alle x des Bereichs nimmt die Funktion einen wahren Wert an.26
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Qu’est-ce que cet x ?
Was ist dieses x?
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J’ai dit qu’il se définit comme d’un domaine.
Ich habe gesagt, dass es als etwas definiert wird, das einem bestimmten Bereich angehört.
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Est-ce à dire pour autant qu’on sache ce que c’est ?
Heißt das, dass man deswegen weiß, was das ist?
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Savons-nous ce que c’est qu’un homme, à dire que tout homme est mortel ?
Wissen wir, was ein Mensch ist, wenn wir sagen, dass jeder Mensch sterblich ist?
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Nous en apprenons quelque chose du fait de dire qu’il est mortel et justement de savoir que pour tout homme, c’est vrai.
Dadurch, dass wir sagen, dass er sterblich ist, lernen wir etwas darüber und zwar dadurch, dass wir wissen, dass dies für jeden Menschen wahr ist.
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Mais avant d’introduire le tout homme nous n’en savons que les traits les plus approximatifs et qui peuvent se définir de |{45} la façon la plus variable.
Bevor wir aber das jeder Mensch einführen, kennen wir davon nur ganz annähernde Merkmale, solche, die auf ganz unterschiedliche Weise definiert werden können.
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Ça, je suppose que vous le savez depuis longtemps, c’est l’histoire que Platon rapporte, n’est-ce pas, du poulet plumé.
Das ist – ich nehme an, dass sie Ihnen längst bekannt ist –, das ist die Geschichte, die Platon berichtet, nicht wahr, die von dem gerupften Huhn.27
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Alors, c’est bien dire qu’il faut qu’ |[7] on s’interroge sur les temps de l’articulation logique, à savoir ceci : que ce que détient le prosdiorisme n’a – avant de fonctionner comme argument – aucun sens, il n’en prend un que de son entrée dans la fonction.
Nun, und das heißt ja, dass man sich Fragen zu den Phasen der logischen Artikulation stellen muss, dazu nämlich, dass das, was mit dem Prosdiorismos verbunden ist, keinerlei Sinn hat, bevor es als Argument funktioniert; es bekommt erst dann einen, wenn es in die Funktion eintritt.28
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Il prend le sens de vrai ou de faux.
Es nimmt den Sinn des Wahren oder des Falschen an.29
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Il me semble que ceci est fait pour nous faire toucher la béance qu’il y a du signifiant à sa dénotation puisque le sens, s’il est quelque part, il est dans la fonction, mais que la dénotation ne commence qu’à partir du moment où l’argument vient s’y inscrire.
Mir scheint, dies ist geeignet, um uns an die Klaffung rühren zu lassen, die zwischen dem Signifikanten und seiner Denotation liegt, denn wenn der Sinn irgendwo ist, dann ist er in der Funktion, wohingegen die Denotation erst in dem Moment beginnwird jetzt t, in dem das Argument eingetragen wird.30
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C’est du même coup mettre en question ceci, qui est différent, qui est l’usage de la lettre E, également inversée [∃], il existe.
Das heißt zugleich, dies in Frage zu stellen, was sich davon unterscheidet, nämlich die Verwendung des Buchstabens groß E, ebenfalls umgedreht [∃], Es existiert.
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Il existe quelque chose qui peut servir dans la fonction comme argument et en prendre ou n’en pas prendre valeur de vérité.
Es existiert etwas, das in der Funktion als Argument dienen kann und dabei Wahrheitswert annehmen oder nicht annehmen kann.31
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Je voudrais vous faire sentir la différence qu’il y a de cette introduction de l’il existe comme problématique : à savoir, mettant en question la fonction même de l’existence par rapport à ce qu’impliquait l’usage des particulières dans Aristote, à savoir que l’usage du quelque semblait avec soi entraîner l’existence de sorte, que comme le tous était censé comprendre ce quelque, le tous lui-même prenait valeur de ce qu’il n’est pas, à savoir d’une affirmation d’existence.
Ich möchte Sie den Unterschied spüren lassen, den es gibt bei dieser problematisierenden Einführung des Es existiert, dass nämlich damit die Funktion der Existenz in Frage gestellt wird, verglichen mit dem, was bei Aristoteles in der Verwendung der partikulären Aussagen impliziert war, dass nämlich die Verwendung von einige die Existenz mit sich zu führen schien, wie auch vom alle angenommen wurde, dass es das einige umfasst, womit das alle den Wert von etwas annahm, was es nicht ist, nämlich den einer Existenzbehauptung.32
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Nous ne pourrons – vu l’heure – le voir que la prochaine fois, il n’y a de statut du tous, à savoir de l’universel, qu’au niveau du possible.
Wir werden das, angesichts der fortgeschrittenen Zeit, erst beim nächsten Mal sehen können – einen Status des alle, das heißt des Allgemeinen, gibt es nur auf der Ebene des Möglichen.33
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Il est possible de dire – entre autre – que tous les humains sont mortels.
Es ist möglich zu sagen, unter anderem, dass alle Menschen sterblich sind.
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Mais bien loin de trancher la question de l’existence de l’être humain, il faut d’abord, chose curieuse, qu’il soit assuré qu’il existe.
Aber weit davon entfernt, dass die Frage der Existenz des Menschenwesens damit entschieden wäre, muss merkwürdigerweise zunächst gesichert werden, dass es existiert.
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Ce que je veux indiquer, c’est la voie où nous allons entrer la prochaine fois.
Ich möchte gern zeigen, welchen Weg wir beim nächsten Mal einschlagen werden.
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Je voudrais dire que de l’articulation de ces quatre conjonctions argument–fonction sous le signe des quanteurs : c’est de là, et de là seulement, que peut se définir le domaine dont chacun de ces x prend valeur:
An der Tafel
Ich möchte sagen, dass ausgehend von der Artikulation dieser vier Argument-Funktions-Verbindungen unter dem Zeichen des Quantors, dass von hier aus und nur von hier aus der Bereich definiert werden kann, von dem her jedes dieser x einen Wert annimmt.
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Il est possible de proposer la fonction de vérité qui est celle-ci, à savoir : que tout homme se définit de la fonction phallique, et la fonction phallique est proprement ce qui obture le rapport sexuel.
Es ist möglich, die folgende Wahrheitsfunktion zu behaupten, nämlich dass jeder Mensch/Mann durch die phallische Funktion definiert ist [], wobei die phallische Funktion eben das ist, wodurch das sexuelle Verhältnis verstopft wird.34
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C’est autrement que va se définir cette lettre : A renversé [∀], dite quanteur universel, munie, comme je le fais de la barre qui la nie [].
Auf andere Weise wird dann dieser Buchstabe hier definiert: umgekehrtes A [∀], Universalquantor genannt, ausgestattet, so wie ich es mache, mit dem Querstrich, der ihn negiert [].
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J’ai avancé |{46} le trait essentiel du pastous [] comme étant ce dont peut s’articuler un énoncé fondamental quant à la possibilité de dénotation que prend une |[8] variable en fonction d’argument.
Ich habe das wesentliche Merkmal des nichtalle [] angegeben, als das, womit eine Aussage artikuliert werden kann, die grundlegend ist für die Möglichkeit der Denotation, die von einer Variablen in der Funktion des Arguments angenommen wird.35
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La femme se situe de ceci que ce n’est pastoutes qui peuvent être dites avec vérité en fonction d’argument dans ce qui s’énonce de la fonction phallique [].
Die Frau verortet sich von daher, dass es nichtalle sind, die – bei dem, was von der phallischen Funktion geäußert wird – in der Funktion des Arguments mit Wahrheit gesagt werden können [].
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Qu’est-ce que ce pastoutes []?
Was ist dieses nichtalle []?
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C’est très précisément ce qui mérite d’être interrogé comme structure.
Das ist sehr genau das, was es verdient, als Struktur befragt zu werden.
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Car, contrairement – c’est là le point très important – à la fonction de la particulière négative, à savoir qu’il y en a quelques qui ne le sont pas, il est impossible d’extraire du pastoutes cette affirmation.
Denn – das ist hier der äußerst wichtige Punkt – im Gegensatz zur Funktion der negativen partikulären Aussage, also dass es einige gibt, die es nicht sind, ist es unmöglich, aus dem nichtalle diese Behauptung herauszuziehen.
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C’est le pastoutes à quoi il est réservé d’indiquer que quelque part, et rien de plus elle a rapport à la fonction phallique.
Diesem nichtalle ist vorbehalten, anzuzeigen, dass sie irgendwo – und nichts mehr – ein Verhältnis zur phallischen Funktion hat.
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Or c’est de là que partent les valeurs à donner à mes autres symboles.
Und von da gehen die Werte aus, die meinen übrigen Symbolen zu geben sind.
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C’est à savoir que rien ne peut approprier ce tous [∀] à ce pastoutes [], qu’il reste… entre ce qui fonde symboliquement la fonction argumentaire des termes : l’homme et la femme …qu’il reste cette béance d’une indétermination de leur rapport commun à la jouissance.
Das heißt, dass das alle [∀] durch nichts an das nichtalle [] angepasst werden kann, dass vielmehr – zwischen dem, was symbolisch die Argumentfunktion der Terme Mann und Frau fundiert –, dass vielmehr in ihrem gemeinsamen Verhältnis zur Jouissance diese Klaffung einer Unbestimmtheit bleibt.
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Ce n’est pas du même ordre qu’ils se définissent par rapport à elle.
Wie sie sich im Verhältnis zur Jouissance definieren, gehört nicht zur selben Ordnung.
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Ce qu’il faut… comme je l’ai déjà dit d’un terme qui jouera un grand rôle dans ce que nous avons à dire par la suite …ce qu’il faut c’est que malgré ce tous de la fonction phallique en quoi tient la dénotation de l’homme, malgré ce tous, il existe… et il existe là veut dire il existe exactement comme dans la solution d’une équation mathématique …il existe au moins un, il existe au moins un pour qui la vérité de sa dénotation ne tient pas dans la fonction phallique.
Nötig ist Folgendes – wie ich bereits über einen Term gesagt habe, der in dem, was wir in der Folge zu sagen haben, eine beträchtliche Rolle spielen wird –, nötig ist Folgendes, dass trotz des alle der phallischen Funktion, von dem die Denotation des Mannes abhängt, dass trotz dieses alle mindestens einer existiert – und Er existiert bedeutet hier, er existiert exakt wie in der Lösung einer mathematischen Gleichung –, dass mindestens einer existiert, bei dem die Wahrheit seiner Denotation nicht auf der phallischen Funktion beruht [].36
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Est-ce qu’il est besoin de vous mettre les points sur les i et de dire que le mythe d’Œdipe, c’est ce qu’on a pu faire pour donner l’idée de cette condition logique qui est celle de l’approche, de l’approche indirecte que la femme peut faire de l’homme ?
Ist es nötig, für Sie das Tüpfelchen aufs i zu setzen und zu sagen, dass der Ödipusmythos das ist, was man hat bilden können, um von dieser logischen Bedingung eine Vorstellung zu geben, nämlich der des Zugangs, des indirekten Zugangs, den die Frau zum Mann herstellen kann?37
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Si le mythe était nécessaire, ce mythe dont on peut dire qu’il est déjà à soi tout seul extraordinaire que l’énoncé ne paraisse pas bouffon, à savoir celle de l’homme originel qui jouirait précisément de ce qui n’existe pas, à savoir toutes les femmes, ce qui n’est pas possible, pas simplement parce qu’il est clair que … que l’on a ses limites [Gelächter], mais parce qu’il n’y a pas de tout des femmes.
Wenn der Mythos notwendig war, dieser Mythos, von dem man sagen kann, dass bereits für sich allein genommen ungewöhnlich ist, dass die Aussage nicht komisch erscheint, nämlich die über den Ur-Mann, der genau das genießen würde, was nicht existiert, nämlich allen Frauen; was nicht möglich ist, nicht einfach, weil klar ist, dass man –, dass man seine Grenzen hat [Gelächter], sondern weil es von den Frauen kein alle gibt.
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Alors, ce dont il s’agit, c’est bien sûr autre chose, à savoir qu’au niveau d’au-moins-un il soit possible que soit subvertie, que ne soit plus vraie la prévalence de la fonction phallique.
Also, das, worum es geht, ist natürlich etwas anderes, nämlich dass es auf der Ebene des mindestens ein möglich ist, dass die Prävalenz der phallischen Funktion subvertiert ist, dass sie nicht mehr wahr ist.
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Et ce n’est pas parce que j’ai dit que la jouissance sexuelle est le pivot de toute jouissance que j’ai pour autant suffisamment défini ce qu’il en est de la fonction phallique.
Und wenn ich gesagt habe, dass die sexuelle Jouissance der Dreh- und Angelpunkt jeder Jouissance ist, so habe ich damit keineswegs hinreichend definiert, worum es bei der phallischen Funktion geht.
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Provisoirement, admettons que ce soit la même chose.
Nehmen wir vorläufig an, das sei dasselbe.
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Ce qui s’introduit au niveau de l’au moins un du père, c’est cet |[9] au moins un qui veut dire que ça peut marcher sans.
Was auf der Ebene des mindestens ein des Vaters eingeführt wird, ist jenes mindestens ein, welches bedeutet, dass es auch ohne [die phallische Funktion] gehen kann.38
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Ça veut dire, comme le mythe le |{47} démontre, car il est uniquement fait pour assurer ça, c’est à savoir : que la jouissance sexuelle sera possible mais qu’elle sera limitée.
Das bedeutet, wie der Mythos demonstriert, denn er ist einzig dazu da, um dies zu versichern, nämlich dass die sexuelle Jouissance möglich sein wird, dass sie jedoch begrenzt sein wird.39
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Ce qui suppose pour chaque homme, dans son rapport avec la femme, quelque maîtrise, pour le moins, de cette jouissance.
Was für jeden Mann in seinem Verhältnis zur Frau zumindest eine gewisse Beherrschung dieser Jouissance unterstellt.
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Il faut à la femme au moins ça que ça soit possible la castration – c’est son abord de l’homme.
Für die Frau braucht es zumindest dies, dass dies möglich ist, die Kastration – das ist ihr Zugang zum Mann.40
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Pour ce qui est de la faire passer à l’acte, ladite castration, elle s’en charge.
Wenn es darum geht, sie zur Tat werden zu lassen – de la faire passer à l’acte –, besagte Kastration, so kümmert sie sich drum.41
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Et pour ne pas vous quitter avant d’avoir articulé ce qu’il en est du quatrième terme, nous dirons ce que connaissent bien tous les analystes, c’est ce que veut dire le ∃ de x barré [].
Und um Sie nicht zu verlassen, bevor ich artikuliert habe, was es mit dem vierten Term auf sich hat, möchten wir das sagen, was alle Analytiker gut kennen, nämlich was das ∃ von x quergestrichen [] bedeutet.
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Faudra que j’y revienne bien sûr, puisque aujourd’hui nous avons été un peu retardés.
Darauf muss ich natürlich zurückkommen, da wir heute etwas spät waren.
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Je comptais couvrir, comme chaque fois d’ailleurs, un champ beaucoup plus vaste, mais comme vous êtes patients, vous reviendrez la prochaine fois.
Ich hatte damit gerechnet – wie jedes Mal übrigens –, ein weitaus größeres Feld abzudecken, aber da Sie geduldig sind, werden Sie das nächste Mal wiederkommen.
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Ça veut dire quoi ?
Was heißt das?
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Le il existe, nous l’avons dit, est problématique.
Das Es existiert ist, wie gesagt, problematisch.
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Ce sera une occasion cette année d’interroger ce qu’il en est de l’existence.
Das wird uns in diesem Jahr Gelegenheit geben, zu befragen, was es mit der Existenz auf sich hat.
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Qu’est-ce qui existe après tout ?
Was existiert denn letztlich?
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Est-ce qu’on s’est même jamais aperçu qu’à côté du fragile, du futile, de l’inessentiel, que constitue l’il existe, l’il n’existe pas, lui, veut dire quelque chose ?
Hat man denn je wahrgenommen, dass – verglichen mit dem Fragilen, dem Nichtssagenden, dem Unwesentlichen, das durch das Es existiert gebildet wird –, dass hingegen das Es existiert nicht durchaus etwas bedeutet?
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Qu’est-ce que veut dire d’affirmer qu’il n’existe pas d’x qui soit tel qu’il puisse satisfaire à la fonction Φ de x pourvue de la barre qui l’institue comme n’étant pas vraie [] ?
Was bedeutet es, zu behaupten, dass kein x existiert, durch das die Funktion Φ von x mit Querstrich erfüllt werden kann, wobei der Querstrich sie als nicht wahr einsetzt []?
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Car c’est très précisément ce que j’ai mis en question tout à l’heure : si pastoutes les femmes n’ont affaire avec la fonction phallique, est-ce que ça implique qu’il y en a qui ont affaire avec la castration ?
Denn das ist eben genau das, was ich vorhin in Frage gestellt habe: Wenn nichtalle Frauen mit der phallischen Funktion zu tun haben, impliziert dies, dass es welche gibt, die mit der Kastration zu tun haben?
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Ben, c’est très précisément le point par où l’homme a accès à la femme.
Also, das ist ganz genau der Punkt, durch den der Mann Zugang zur Frau hat.
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Je veux dire, je le dis pour tous les analystes, ceux qui traînent, ceux qui tournent, empêtrés dans les rapports œdipiens du côté du père.
Ich meine, ich sage das für alle Analytiker, für diejenigen, die ins Stocken geraten sind, für diejenigen, die sich im Kreise drehen, die sich in den ödipalen Verhältnissen auf der Seite des Vaters verfangen haben.
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Quand ils n’en sortent pas de ce qui se passe du côté du père, ça a une cause très précise, c’est qu’il faudrait que le sujet admette que l’essence de la femme ça ne soit pas la castration, et pour tout dire, que ce soit à partir du réel, à savoir : mis à part un petit rien insignifiant - je ne dis pas ça au hasard - ben, elles sont pas castrables.
Wenn sie aus dem, was auf der Seite des Vaters geschieht, nicht herauskommen, dann hat das einen ganz präzisen Grund, den nämlich, dass das Subjekt akzeptieren müsste, dass das Wesen der Frau nicht die Kastration ist und, um es deutlich zu sagen, dass dies vom Realen her so ist; das heißt, abgesehen von einem insignifikanten kleinen Nichts – ich sage das nicht zufällig –, sind sie nicht kastrierbar.42
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Parce que le phallus… dont je souligne que je n’ai point encore dit ce que c’est …eh bien, elles ne l’ont pas.
Denn den Phallus – bei dem ich betone, dass ich noch keineswegs gesagt habe, was das ist –, na ja, sie haben ihn nicht.
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[10] C’est à partir du moment où c’est de l’impossible comme cause, que la femme n’est pas liée essentiellement à la castration, que l’accès à la femme est possible dans son indétermination.
Von dem Moment an, in dem, vom Unmöglichen als Ursache her, die Frau nicht wesentlich mit der Kastration verbunden ist, ist der Zugang zur Frau in ihrer Unbestimmtheit möglich.43
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Est-ce que ceci ne vous suggère pas… je le sème pour que ça puisse avoir ici la prochaine fois sa résonance …que ce qui est en haut et à gauche le ∃ de x, Φ de x barré [], l’au moins un en question, résulte d’une nécessité ?
Bringt Sie das nicht auf den Gedanken – ich streue das aus, damit das hier beim nächsten Mal Resonanz finden kann –, dass das, was oben links steht, das ∃ von x, Φ von x quergestrichen [], dass das mindestens ein, um das es geht, aus einer Notwendigkeit hervorgeht?
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Et c’est très proprement en quoi c’est une affaire de discours.
Und genau insofern ist das eine Sache des Diskurses.
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Il n’y a de nécessité que dite, et cette |{48} nécessité est ce qui rend possible l’existence de l’homme comme valeur sexuelle.
Notwendigkeit gibt es nur als gesagte, und es ist diese Notwendigkeit, durch welche die Existenz des Mannes als sexueller Wert ermöglicht wird.
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Le possible – contrairement à ce qu’avance Aristote – c’est le contraire du nécessaire.
Das Mögliche ist – im Gegensatz zu dem, was Aristoteles behauptet – das Gegenteil des Notwendigen.
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C’est en cela que ∃ de x s’oppose à ∀ de x, qu’est le ressort du possible.
Darin, dass ∃ von x sich ∀ von x entgegensetzt, besteht die Triebfeder des Möglichen.
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Je vous l’ai dit, le il n’existe pas [] s’affirme d’un dire, d’un dire de l’homme ; l’impossible, c’est à savoir que c’est du réel que la femme prend son rapport à la castration, et c’est ce qui nous livre le sens du A renversé x barré [] c’est-à-dire du pastoutes.
Wie ich Ihnen gesagt habe, wird das Es existiert nicht [] durch ein Sagen affirmiert, durch ein dire, durch ein Sagen des Mannes; das Unmögliche besteht darin, dass die Frau ihr Verhältnis zur Kastration vom Realen her nimmt, und das liefert uns den Sinn des umgekehrten A x quergestrichen [], also des nichtalle.44
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Le pastoutes veut dire… comme il en était tout à l’heure dans la colonne de gauche …veut dire le pas impossible : il n’est pas impossible que la femme connaisse la fonction phallique.
Das nichtalle bedeutet – wie es damit eben in der linken Spalte war –, das nichtalle bedeutet das nicht unmöglich: Es ist nicht unmöglich, dass die Frau die phallische Funktion kennt.
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Le pas impossible, qu’est-ce que c’est ?
Das nicht unmöglich, was ist das?
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Ça a un nom que nous suggère la tétrade aristotélicienne, mais disposée autrement ici.
Das hat einen Namen, den uns die aristotelische Tetrade nahelegt, hier jedoch anders angeordnet.45
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De même que c’est au nécessaire que s’opposait le possible, à l’impossible, c’est le contingent.
So wie sich dem Notwendigen das Mögliche entgegensetzte, ist es beim Unmöglichen das Zufällige.
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C’est en tant que la femme, à la fonction phallique se présente en manière d’argument dans la contingence, que peut s’articuler ce qu’il en est de la valeur sexuelle femme.
Insofern sich die Frau bei der phallischen Funktion in der Art eines Arguments im Zufälligen darstellt, kann artikuliert werden, worum es beim sexuellen Wert Frau geht.46
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Il est deux heures seize, je ne pousserai pas plus loin aujourd’hui.
Es ist zwei Uhr sechzehn, ich werde das heute nicht weiter vorantreiben.
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La coupure est faite à un endroit qui n’est pas tout à fait spécialement souhaitable.
Der Einschnitt wird an einer Stelle gesetzt, die wirklich nicht besonders wünschenswert ist.
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Je pense avoir assez avancé avec cette introduction du fonctionnement de ces termes pour vous avoir fait sentir que l’usage de la logique n’est pas sans rapport avec le contenu de l’inconscient.
Ich denke, dass ich mit der Einführung in das Funktionieren dieser Terme weit genug vorangekommen bin, sodass Sie spüren konnten, dass die Verwendung der Logik nicht ohne Beziehung zum Inhalt des Unbewussten ist.
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Ce n’est pas parce que Freud a dit que l’inconscient ne connaissait pas la contradiction, pour qu’il ne soit pas terre promise à la conquête de la logique.
Daraus, dass Freud gesagt hat, dass das Unbewusste den Widerspruch nicht kennt47, folgt nicht, dass es für die Eroberung durch die Logik kein verheißenes Land wäre.
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Est-ce que nous sommes arrivés en ce siècle, sans savoir qu’une logique peut parfaitement se passer du principe de contradiction ?
Sind wir in diesem Jahrhundert angekommen, ohne zu wissen, dass eine Logik vollkommen ohne den Satz vom Widerspruch auskommen kann?48
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Quant à dire que dans tout ce qu’a écrit Freud sur l’inconscient, la logique n’existe pas, il faudrait n’avoir jamais lu l’usage qu’il a fait de tel ou tel terme… je l’aime elle, je ne l’aime pas lui, toutes les façons qu’il y a de nier le je l’aime lui, par exemple, c’est-à-dire par des voies grammaticales …pour dire que l’inconscient n’est pas explorable par les voies d’une logique.
Um zu sagen, dass in all dem, was Freud über das Unbewusste geschrieben hat, die Logik nicht existiert, müsste man niemals gelesen haben, wie er bestimmte Termini verwendet – ich liebe sie, ich liebe nicht ihn, sämtliche Formen, um beispielsweise das ich liebe ihn zu verneinen, das heißt auf den Wegen der Grammatik49 –, nur dann kann man sagen, dass das Unbewusste auf den Wegen einer Logik nicht erkundet werden kann.
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Anmerkungen
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Vgl. Jacques Lacan: … or Worse. The Seminar of Jacques Lacan, Book XIX. Edited by Jacques-Alain Miller. Translated by Adrian R. Price. Polity Press, Cambridge (UK) 2018.
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Das Erstellungsdatum einer PDF-Datei findet man im Adobe Acrobat Reader DC Version 2015 unter Datei > Eigenschaften > Beschreibung > Erstellt am.
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Die Zahlen des Tafelanschriebs stellen ein arithmetisches Dreieck dar, auf das Lacan jedoch erst in der nächsten Sitzung (19. Januar 1972) zu sprechen kommen wird (vgl. Version Miller S. 59–61).
Die Position der Zahlen ist in der Transkription vermutlich falsch wiedergegeben; man darf annehmen, dass Lacan eine Zahl immer unter der Lücke zwischen den beiden darüberstehenden Zahlen notiert hat, dies ist zumindest die übliche Darstellungsweise des arithmetischen Dreicks. Also etwa so (die Nullen muss man ergänzen): Unter einer Nade versteht Lacan eine leere Menge, unter einer Monade ein Element einer Menge (2 Monaden = 2 Elemente), unter einer Dyade, Triade, Tetrade eine zwei-elementige, drei-elementige, vier-elementige Teilmenge. Der Nade entsprechen die Diagonalen 1-1-1 usw., der Monade die Diagonalen 1-2-3 usw., der Dyade die Diagonale 1-3-6-10-15, der Triade die Diagonale 1-4-10-20, der Tetrade die Diagonale 1-5-15. Ausführlicher erläutert Lacan das Schema in der Sitzung vom 19. April 1972 (vgl. Version Miller S. 146 f.).
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Lacan bezieht sich hier auf den Diskurs des Analytikers, den er in Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse (1969/70), definiert hatte:
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Man denke aber an das im Englischen seit dem 14. Jahrhundert gebräuchliche geschlechtsneutrale they im Singular: „Somebody left their umbrella in the office.“
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Der Gegenstand der Logik wird hier durch eine Modalkategorie näher bestimmt, die der Notwendigkeit.
In der ersten Sitzung des laufenden Seminars hatte Lacan die Notwendigkeit so bestimmt: ne pas pouvoir ne pas, „nicht in der Lage sein, nicht zu“ (8. Dezember 1972, Version Miller S. 22).
In der nächsten Sitzung des laufenden Seminars wird Lacan seine Definition der Logik weiter erläutern (19. Januar 1972, Version Miller S. 50 f.).
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Das Reale behauptet sich in den Sackgassen der Logik: Damit bezieht Lacan sich auf die Paradoxien, Antinomien, Unentscheidbarkeiten, Unbeweisbarkeiten usw., um die es in der Entwicklung der neueren Logik geht.
Der psychoanalytische Diskurs (genauer der Lacan’sche Begriff des Realen) nimmt von einem anderen Diskurs her Sinn an, ausgehend von der Logik. Das heißt, Lacan bezieht sich auf die Logik nicht als Produktion des Notwendigen, sondern des Unmöglichen – als Produktion des beweisbar Unmöglichen.
Vgl. J.Lacan: Radiophonie (1970). Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: J.L.: Radiophonie. Television. Quadriga, Berlin 1988, S. 5–54, hier: S. 30.– J.Lacan: L’Ètourdit. In: Ders.: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 449–496, hier: S. 452; vgl. die Übersetzung von Max Kleiner auf dieser Website hier.
Auf Gödels Begriff der Unentscheidbarkeit hatte Lacan sich zuerst in der Proposition du 9 octobre 1967 sur le psychanalyste de l’École bezogen (in: Ders.: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 243–260, hier: S. 246, vgl. die Übersetzung von Ulrike Oudée Dünkelsbühler auf dieser Website hier), dann wieder in Seminar 15 von 1967/68, Der psychoanalytische Akt (ausführlich in der Sitzung vom 20. März 1968).
In Seminar 16, Von einem Anderen zum anderen, hieß es:
„Die Neurosen offenbaren also den Unterschied zwischen Grammatik und Logik. Man müsste noch einen Schritt weitergehen und, wie ich das versuche, eine Homologie aufdecken.
Diese Homologie ist nicht offenkundig, die Neurosen offenbaren sie nicht auf Anhieb. Nur wenn man ein bisschen Logik betrieben hat, kann man beispielsweise wissen, dass die Konsistenz eines der am besten gesicherten Systeme, nämlich der Arithmetik, von der Verortung von etwas Unentscheidbarem abhängt. Um das zu beweisen, hatte es eine korrekte Logik gebraucht, die nicht älter ist als ein Jahrhundert und die eine Reihe von Rissen ans Licht gebracht hat.
Also, es gibt eine Homologie zwischen den Rissen der Logik und denjenigen der Struktur des Begehrens, nämlich dass das Begehren letztlich Konnotation über die Verhältnisse des Mannes und der Frau ist, durch etwas, welches das Überraschendste ist, nämlich das Fehlen oder Nicht-Fehlen eines organon, eines Instruments, anders gesagt des Phallus, dass die Jouissance des Instruments ein Hindernis ist für die Jouissance, welche Jouissanc des Anderen ist, insofern der Andere durch einen Körper repräsentiert wird, und – um es klar zu sagen, wie ich das, denke ich, mit genügend Nachdruck geäußert habe – dass es nichts Strukturierbares gibt, das im eigentlichen Sinne der sexuelle Akt wäre. Wenn all dies korrekt bewiesen wird, ist denkbar, dass die Schleife sich herstellt, und dass dieses Etwas Wahrheit und Wissen hinter dem Rücken vereint.“
(Seminar 16, Von einem Anderen zum anderen, Sitzung vom 23. April 1969, Version Miller S. 277, meine Übersetzung, RN)
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Die Arithmetik ist der Bereich der Mathematik, der sich mit dem Rechnen mit den natürlichen Zahlen in den Grundrechenarten befasst. (Grundrechenarten sind Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, natürliche Zahlen sind die positiven ganzen Zahlen (1, 2, 3, usw.), mit oder ohne die Null.)
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Lacan bezieht sich hier auf Gödels Satz der Unvollständigkeit; etwas später wird er das ausdrücklich sagen.
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Damit ist klar, warum die Zahl zum Realen gehört: Weil die Struktur der Zahlen in Bereich der Arithmetik durch eine Unvollständigkeit charakterisiert ist. Das Reale ist hier die Unvollständigkeit.
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Gödel’scher Satz: Der Gödel’sche Unvollständigkeitssatz besagt, dass es in der Arithmetik Aussagen gibt, die sich mit den Mitteln der Logik weder beweisen noch widerlegen lassen, die man aber gleichwohl akzeptieren muss. Der Beweis für diesen Satz wurde 1931 von Kurt Gödel veröffentlicht. Der Satz besagt außerdem, dass nicht möglich ist, die Widerspruchsfreiheit der Axiomensysteme der Mathematik zu beweisen, dass also das Hilbertprogramm der vollständigen widerspruchsfreien Axomatisierung der Mathematik nicht einlösbar ist.
Empfehlenswerte Einführung für Nicht-Mathematiker: Ernest Nagel, James R. Newman: Der Gödelsche Beweis (1958). Oldenbourg, München 8. Auflage 2007.
Wahrheitswert: ein von Frege eingeführter Terminus:
„Ich verstehe unter dem Wahrheitswerte eines Satzes den Umstand, dass er wahr oder dass er falsch ist. Weitere Wahrheitswerte gibt es nicht. Ich nenne der Kürze halber den einen das Wahre, den anderen das Falsche.“
(Vgl. Gottlob Frege: Über Sinn und Bedeutung (1892). In: Ders.: Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien. Herausgegeben und eingeleitet von Günther Patzig. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1962, S. 38–63, hier: S. 48.)
Verwandte Konzepte finden sich bereits bei Boole und bei Peirce (vgl. den Artikel „Truth values“ in der Stanford Encyclopedia of Philosophy).
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Gegenstand von Gödels Unvollständigkeitssatz ist die Ableitbarkeit von Aussagen in formalen Systemen.
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Die von Lacan in Seminar 17 (Die Kehrseite der Psychoanalyse, 1969/70) eingeführte Theorie der vier Diskurse bezieht sich auf vier Arten des „sozialen Bandes“, der Sozialbindung.
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Das Konzept der Metasprache besagt, dass es möglich ist, die Sprache in eine „Objektsprache“ und eine „Metasprache“ zu spalten; die Metasprache spricht über die Objektsprache.
Die Sentenz Es gibt keine Metasprache findet man bei Lacan zuerst in Seminar 5 von 1957/58, Die Bildungen des Unbewussten, in der Sitzung vom 27. November 1957. Dort heißt es:
„Es gibt keine Metasprache beispielsweise im Sinne einer vollkommenen Mathematisierung des Phänomens der Sprache, und dies genau deshalb, weil es kein Mittel gibt, über das hinaus zu formalisieren, was als ursprüngliche Struktur der Sprache gegeben ist. Nichtsdestoweniger ist diese Formalisierung nicht nur einzufordern, sondern ist sie auch notwendig.“
(Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2006, S. 86)
In Seminar 18 von 1971 (Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre) hatte Lacan seinen Einwand gegen die Metasprache so formuliert:
„All dies, um Sie daran zu erinnern, dass das ins Auge springt, wenn ich sage, dass es keine Metasprache gibt. Es genügt, dass ich Ihnen einen mathematischen Beweis vorführe, Sie werden dann sehen, dass ich gezwungen bin, darüber zu schwatzen, denn das ist etwas Geschriebenes. Ohne das würde es nicht rüberkommen.
Wenn ich darüber spreche, ist das keineswegs Metasprache. Das, was man als Rede bezeichnet, was die Mathematiker selbst, wenn sie eine logische Theorie erläutern, als Rede bezeichnen, als allgemeine Rede, als gewöhnliche Rede, das ist die Funktion des Sprechens, insofern es angewendet wird, natürlich nicht auf völlig unbegrenzte, undisziplinierte Weise, das ist das, was ich eben beweisen genannt habe, aber die Sprache ist hier das, worum es geht, die Schrift ist das, worum es geht, das, worüber gesprochen wird. Es gibt keine Metasprache, in dem Sinne, dass man immer nur ausgehend von der Schrift spricht.“
(Sitzung vom 10. März 1971, meine Übersetzung von hier; vgl. Version Miller S. 92)
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Dieser partikularisierte Diskurs ist eine geschriebene logische Sprache.
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Der Begriff der Kastration (und damit die phallische Funktion, Φx, und damit die Inexistenz des sexuellen Verhältnisses) soll also durch Bezug auf das Reale im Sinne der logischen Unmöglichkeit aufgehellt werden; das Paradigma für eine solche Unmöglichkeit ist Gödels Unvollständigkeitssatz.
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Unter „Tropismus“ versteht man die Beeinflussung der Bewegung eines Lebewesens durch eine Reizquelle – viele Blüten öffnen sich bei Sonne und schließen sich bei Schatten.
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Zu den „letzten Schritten der Biologie“ verweist Miller in seiner Ausgabe des Seminars auf die Entdeckung der Struktur der DNA durch Crick und Watson (1953) und auf die Forschungen, durch die Jacob, Lwoff und Monod 1965 den Nobelpreis erhielten. Lacan hatte Die Logik des Lebenden. Eine Geschichte der Vererbung von François Jacob gelesen (frz. 1970, dt. 1972).
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Lacan kritisiert hier Weismanns Theorie vom Gegensatz zwischen den unsterblichen Keimzellen und dem sterblichen Körper, auf die sich Freud zustimmend in Jenseits des Lustprinzips (1920) bezogen hatte, als Stütze für die Unterscheidung von Lebenstrieben und Todestrieben.
Vgl. August Weismann: Über die Dauer des Lebens. Jena 1882; ders.: Über Leben und Tod. Jena 1884.
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Anspielung auf einen Satz des Mediziners Xavier Bichat (1771 – 1802):
„Leben ist die Gesamtheit all derjenigen Funktionen, die dem Tod Widerstand leisten.“
(In: Ders.: Recherches physiologiques sur la vie et la mort (1800). 5. Aufl. Magendie, Paris 1829, S. 2.)
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In der vorangegangenen Sitzung war die sexuelle Jouissance von der Jouissance unterschieden worden; die Jouissance habe die sexuelle Jouissance zur Voraussetzung. Beispiel für die Jouissance ohne Beiwort war dort die Sade’sche Jouissance an der Zerstückelung eines Körpers.
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In welchem Sinne ist die Wiederholung körperlich? Vielleicht insofern, als es in ihr um eine Jouissance geht (Ersatzbefriedigung durch das Symptom) und die Jouissance an den Körper gebunden ist.
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Die Zahl gehört demnach für Lacan zum Realen (so bereits in der ersten Sitzung dieses Seminars, 8. Dezember 1971, Version Miller S. 21).
Der Satz bezieht sich auf die Entwicklung der mathematischen Logik seit Ende des 19. Jahrhunderts, die vor allem verbunden ist mit den Namen Frege, Peirce, Russell und Gödel, und das heißt, mit dem Realen der Zahl, mit den logischen Unmöglichkeiten in den Beziehungen zwischen den Zahlen.
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Eine Funktion (im Sinne von Frege) ist ein Ausdruck mit einer Leerstelle (etwa „… ist durch den Kastrationskomplex bestimmt“). Eine Funktion ist weder wahr noch falsch. Als „Argument“ wird das bezeichnet, was an der Leerstelle eingefügt wird, dies kann ein Eigenname sein („Hans ist durch den Kastrationskomplex bestimmt“) oder eine Variable („x ist durch den Kastrationskomplex bestimmt“). Die Einsetzung des Arguments an der Leerstelle führt dazu, dass eine Aussage entsteht, d.h. ein Ausdruck, der einen Wahrheitswert hat, der also wahr oder falsch ist.
Während die Aussage traditionell als Beziehung zwischen Subjekt, Kopula und Prädikat ausgefasst wurde, wird sie damit als Beziehung zwischen Argument und Funktion gedeutet. Eingeführt wurde diese neue Strukturierung der Aussage von Frege in der Begriffsschrift (1879), § 9 (Frege sagt dort statt Aussage „Urteil“).
Der Ausdruck „Bereich“ bezieht sich auf die Variable an der Stelle des Arguments. Der „Bereich“ ist das Spektrum der möglichen Argumente, also der Argumente, die eingesetzt werden können, und dies unabhängig davon, ob die Argumente dazu führen, dass die Aussage wahr wird oder ob sie falsch wird.
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Lacan springt hier vom „Wahrheitswert“ (also wahr oder falsch) zum Wahrheitswert wahr.
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Einer antiken Anekdote zufolge hatte Platon den Menschen als „federloses, zweibeiniges Lebewesen“ definiert. Der Kyniker Diogenes von Sinope soll darauf hin ein gerupftes Huhn in Platons Akademie gebracht haben und erklärt haben, dies sei Platons Mensch. (Vgl. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren der Philosophen, 6,40.)
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Lacan beginnt mit diesem Satz, Freges Opposition von Sinn und Bedeutung (bzw. Denotation) auf Freges Opposition von Funktion und Argument zu beziehen. Vgl. Frege, Über Sinn und Bedeutung, a.a.O.
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Für Frege ist das Wahre oder Falsche nicht der Sinn einer Aussage, sondern ihre Bedeutung.
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Der Sinn wird von Lacan jetzt der Funktion zugeordnet. Die Bedeutung (oder Denotation) wird auf die Eintragung des Arguments bezogen, ohne dass sich in diesem Satz erkennen lässt ob die Denotation des Arguments oder der Aussage gemeint ist.
(Auch die Aussage hat, Frege zufolge, eine Bedeutung (eine Denotation), nämlich ihren Wahrheitswert.)
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Offenbar meint Lacan hier mit „Wahrheitwert“ speziell den Wahrheitswert wahr (nicht nur wahr, sondern auch falsch ist in der üblichen Terminologie ein Wahrheitswert).
Offenbar ordnet Lacan hier den Wahrheitswert des Argument zu. Frege ordnet den Wahrheitswert nicht dem Argument, sondern der Aussage zu.
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Kierkegaards These von der Existenz, die sich dem Begriff entzieht, bekommt hier eine logische Fassung: Die Allaussage impliziert keine Existenzbehauptung.
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Lacan beginnt hier, das in der ersten Sitzung dieses Seminars angekündigte Vorhaben umzusetzen, die quantorenlogischen Aussagen auf Modalitäten zu beziehen (vgl. Sitzung vom 8. Dezember 1972, Version Miller S. 21 f.). Dem alle entspricht demnach der Modus des Möglichen.
In Seminar 18 hatte Lacan die Beziehung zwischen Allaussage und Existenzaussage so dargestellt:
[…], ‚Jeder Mensch ist gut‘, dann gehört das ‚jeder Mensch‘ zur allgemeinen Aussage, und ich habe Ihnen gegenüber hinreichend betont – ich habe Sie jedenfalls hinreichend vorbereitet, um es zu verstehen, sodass ich ohne Weiteres daran erinnern kann –, dass die allgemeine Aussage, um Bestand zu haben, nicht auf die Existenz irgendeines Menschen angewiesen ist. ‚Jeder Mensch ist gut‘ kann bedeuten, dass es nur gute Menschen gibt, alles was nicht gut ist, ist halt kein Mensch.“
(Seminar 18, Sitzung vom 19. Mai 1971, meine Übersetzung von hier; vgl. Version Miller S. 136)
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Es ist möglich: Ein weiteres Mal bezieht Lacan die Formel mit dem Allquantor auf die Möglichkeit: „Es ist möglich, dass …“.
jeder Mensch/Mann: Hier wird die Variable x als homme (Mensch/Mann) gedeutet.
Phallische Funktion: Lacan verwendet hier zum ersten Mal in Seminar 19 die Bezeichnung phallische Funktion. Wenn x für „Mensch“ steht, entspricht Φ der „phallischen Funktion“. In „phallische Funktion“ wird der Ausdruck „Funktion“ hier also im Sinne von Frege verwendet, im Unterschied zum Argument (zu x).
In der vorangegangenen Sitzung dieses Seminars hatte Lacan den Ausdruck Φx bedeute die Funktion der Kastration (vgl. 15. September 1971, Version Miller S. 33); phallische Funktion ist demnach synonym mit Kastration als Effekt der Einwirkung des Signifikanten auf die sexuelle Jouissance.
Die Bezeichnung des Ausdrucks Φx mit dem Terminus phallische Funktion hatte Lacan zuerst in Seminar 18 vorgenommen (vgl. Seminar 18, Sitzung von 19. Mai 1971, Version Miller S. 142 und 144).
In der vorangegangenen Sitzung von Seminar 19 konnte man erfahren: Der Ausdruck Φx bezeichnet die Kastration, insofern sie eine Beziehung des Signifikanten zur Jouissance ist (vgl. Sitzung vom 15. Dezember 1971, Version Miller S. 32 und 33). In der laufenden Sitzung hieß es früher, dass man die phallische Funktion vorläufig mit der sexuellen Jouissance gleichsetzen kann (Version Miller S. 46). Insgesamt kann man also sagen: In den Formeln der Sexuierung bezeichnet Φx, auch phallische Funktion genannt, die Kastration, insofern es sich bei ihr um eine Beziehung des Signifikanten zur sexuellen Jouissance handelt. Dies ist verbunden mit der These, dass durch die phallische Funktion das sexuelle Verhältnis „verstopft“ wird – es gibt kein sexuelles Verhältnis, stattdessen gibt es die phallische Funktion, die Strukturierung der sexuellen Jouissance durch den Kastrationskomplex.
Den Ausdruck phallische Funktion hatte Lacan bereits früher häufig verwendet, dort jedoch ohne Bezug auf den Ausdruck Φx. Vgl.:
– Seminar 4, Die Objektbeziehung, Sitzung vom 26. Juni 1957 (vgl. Version Miller/Gondek S. 473);
– Seminar 6, Le désir et son interprétation, Sitzungen vom 7. Januar 1959 (Version Miller S. 146), vom 4. Februar 1959 (Version Miller S. 234) und vom 10. Juni 1959 (Version Miller S. 508);
– Seminar 8, Die Übertragung, Sitzung vom 26. April 1961, dort mit Bezug auf den mathematischen Begriff der Funktion (Version Miller/Gondek S. 317);
– Sem 9, L’identification, Sitzung vom 4. April 1962;
– Seminar 10, Die Angst, 9. Januar 1963 (Version Miller/Gondek S. 123), 20. März 1963 (Version Miller/Gondek S. 230), 15. Mai 1963 (Miller/Gondek S. 294), 22 Mai 1963 (Miller/Gondek S. 307), 29. Mai 1963 (Miller/Gondek S 325);
– Seminar 13, L’objet de la psychanalyse, Sitzungen vom 0. April 1966, vom 8. Juni 1966 und vom 15 Juni 1966;
– Seminar 14, La logique du fantasme, Sitzung vom 22. Februar 1967;
– Seminar 15, L’acte psychanalytique, Sitzung vom 22. November 1967;
Seminar 16, D’un Autre à l’autre, Sitzung vom 14. Mai 1969 (Version Miller S. 321). -
Die Variable hat die Funktion des Arguments: sie wird an der Leerstelle der Funktion eingesetzt, sodass ein Ausdruck entsteht, der wahr oder falsch ist.
Der Begriff der Denotation wird auch hier wieder auf die Variablen bzw. auf das Argument bezogen.
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Das „es existiert“ wird hier mit der Notwendigkeit zusammengebracht (il faut). Dem „alle“ entspricht der Modus der Möglichkeit, dem „es existiert“ der Modus der Notwendigkeit.
Über das „es existiert“ in Bezug auf eine mathematische Gleichung hatte Lacan bereits in Seminar 18 gesprochen, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre (Sitzung vom 19. Mai 1971, hier, Version Miller S. 139 f.), sowie im laufenden Seminar in der Sitzung vom 8. Dezember 1971, hier (Version Miller S. 21). Er folgt hier Frege, der die Aussagen der Logik von mathematischen Gleichungen her deutet.
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Mit dem Terminus Ödipusmythos bezieht sich Lacan hier, wie schon in früheren Sitzungen dieses Seminars, auf Freuds Erzählung über den Urvatermord in Totem und Tabu; der anschließende Satz zeigt das deutlich. In Seminar 15, Der psychoanalytische Akt (1967/68), hatte Lacan Freuds Geschichte vom Urvater, der alle Frauen genießt, als den Ödipusmythos aus der Feder von Freud bezeichnet (Sitzung vom 21. Februar 1968).
Der indirekte Zugang, den die Frau zum Mann herstellen kann, läuft demnach über den „Urvater“ bzw. über , in Freud’scher Terminologie: über die Beziehung zum Vater, insofern er nicht kastriert ist (ihr als nicht kastriert erscheint).
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Wenn man „phallische Funktion“ und „sexuelle Jouissance“ vorläufig miteinander gleichsetzt, ergibt sich (vorläufig), dass der Vater derjenige ist, bei dem es ohne sexuelle Jouissance geht. Ist das gemeint?
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Die Kategorie der Möglicheit wird jetzt auf die sexuelle Jouissance bezogen – die sexuelle Jouissance ist möglich.
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Notwendigkeit und Möglichkeit werden in diesem Satz kombiniert: Für die Frau ist es notwendig, dass die Kastration des Mannes möglich ist.
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Die passage à l’acte wird in Seminar 18 mit dem Realen gleichgesetzt; das von Lacan angeführte Beispiel ist dort die Vergewaltigung (Sitzung vom 20. Januar 1971, Übersetzung hier, Version Miller S. 32 f.)
Ähnliche Bemerkungen finden sich im vorangegangenen Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre. Bezogen auf Poes Geschichte vom gestohlenen Brief heißt es dort:
„Die Königin macht sich nicht klar, dass es nahezu unvermeidlich ist, dass sie nach diesem Minister verrückt werden wird; jetzt – wo sie ihn in der Hand hat [Gelächter], wo sie ihn kastriert hat, nicht wahr – ist das eine Liebe.“
(Seminar 18, Sitzung vom 17. März 1971, Version Miller S. 104, Übersetzung von hier)
Über die Hysterikerin heißt es in Seminar 18, dass sie
„dazu bestimmt ist, den Herrn mattzusetzen und dass er sich ihretwegen mit dem Wissen begnügt.“
(Seminar 18, Sitzung vom 9. Juni 1971, Version Miller S. 153 f., Übersetzung von hier)
Und:
“ […] wenn wir die Hysterikerin durch das definieren, was den Neurotiker definiert – das findet man nicht nur bei ihr –, nämlich das Vermeiden der Kastration, dann gibt es mehrere Arten, sie zu vermeiden. Die Hysterikerin hat ein einfaches Verfahren, nämlich dass sie die Kastration zur anderen Seite hin vereinseitigt, zur Seite des Partners – sagen wir: Die Hysterikerin braucht den kastrierten Partner. Das ist klar – dass er kastriert ist, ist bei der Hysterikerin grundlegend ist für die Möglichkeit der Jouissance.“
(Seminar 18, Sitzung vom 12. Juni 1971, Version Miller S. 174 f., Übersetzung von hier)
In Seminar 8, Die Übertragung, konnte man lesen, die Mutter sei für das Kind „um so kastrierender, als sie nicht damit beschäftigt ist, den Vater zu kastrieren“ (Sitzung vom 10. Mai 1961, Version Miller/Gondek S 363).
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Aus dem, was auf der Seite des Vaters geschieht, nicht herauskommen: Damit ist offenbar gemeint: aus der Fixierung auf die Kastration nicht herauskommen.
Das Wesen der Frau ist nicht die Kastration: Die Formel kann möglicherweise so gelesen werden: Das Wesen der Frau ist nicht die Kastration. (Und das heißt, das Wesen des Mannes ist dadurch die Kastration, dass er sich mit einer Ausnahmeexistenz identifiziert, die nicht kastriert wäre.)
vom Realen her: vom Unmöglichen her (das Reale ist das Unmögliche).
insignifikantes kleines Nichts: Anspielung auf den Begriff des Signifikanten, wohl im Sinne von „die Klitoris ist kein Signifikant“.
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Hier wird die Formel mit dem Modus des Unmöglichen verbunden. In der ausführlichen Darstellung der Formeln der Sexuierung (Sitzung vom 1. Juni 1972) sieht das so aus:
.
.
Ich nehme an, dass die Verbindung zwischen der Formel und dem unmöglich so zu verstehen ist: Es gibt kein x, dass nicht kastriert ist, da es unmöglich ist, dass eine Frau kastriert wird.
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Hier bringt Lacan die Formel mit dem Sagen zusammen. In der ersten Sitzung des Seminars hatte er erläutert, dass für die drei Punkte im Seminartitel, „… oder schlimmer“ das Wort „sagen“ einzusetzen ist.
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Eine Tetrade ist eine „Vierheit“, ein Arrangement von vier Bestandteilen.
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Die Zuordnungen der Modalitäten zu den Formeln sind also:
Möglichkeit: ‚
Notwendigkeit: ‚
Unmöglichkeit: ‚
Zufälligkeit: . -
Freud:
„Höchst auffällig ist das Verhalten des Traumes gegen die Kategorie von Gegensatz und Widerspruch. Dieser wird schlechtweg vernachlässigt, das ‚Nein‘ scheint für den Traum nicht zu existieren. Gegensätze werden mit besonderer Vorliebe zu einer Einheit zusammengezogen oder in einem dargestellt. Der Traum nimmt sich ja auch die Freiheit, ein beliebiges Element durch seinen Wunsch-gegensatz darzustellen, so daß man zunächst von keinem eines Gegenteils fähigen Element weiß, ob es in dem Traumgedanken positiv oder negativ enthalten ist.“
(S. Freud: Die Traumdeutung (1900). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 2. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 316)
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Der Satz vom Widerspruch besagt, dass eine Aussage und ihre Verneinung nicht zugleich wahr sein können.
Logische Kalküle, die ohne den Satz vom Widerspruch auskommen, werden als parakonsistente Logiken bezeichnet. Instruktiv ist der Artikel „Paraconsistent Logic“ in der Stanford Encyclopedia of Philosophy.
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Freud zufolge könnten die Hauptformen der Paranoia als Widersprüche gegen den Satz „Ich (ein Mann) liebe ihn (einen Mann)“ dargestellt werden, sie erschöpfen die möglichen Formulierungen dieses Widerspruchs:
(a) „Ich liebe ihn nicht – ich hasse ihn ja“, durch Projektion verwandelt in: „Ich liebe ihn ja nicht – ich hasse ihn ja – weil er mich verfolgt“. (Verfolgungswahn)
(b) „Ich liebe nicht ihn – ich liebe ja sie“, durch Projektion verwandelt in: „Ich liebe nicht ihn – ich liebe ja sie – weil sie mich liebt“. (Erotomanie)
(c) „Nicht ich liebe den Mann – sie liebt ihn ja.“ (Eifersuchtswahn)
(d) „Ich liebe überhaupt nicht und niemand“, psychologisch äquivalent mit „Ich liebe nur mich“. (Größenwahn)
Vgl. S. Freud: Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia (1911). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 7. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 133–203, hier: S. 186–188.
Die Negation wird hierbei an unterschiedlichen Stellen des Satzes „Ich liebe ihn“ eingesetzt, sie bezieht sich auf das Subjekt („ich“ – „nicht ich“), auf das Verb („liebe“ – „liebe nicht“), auf das Objekt („ihn“ – „nicht ihn“); und neben diesen bestimmten Negationen gibt es eine abstrakte Negation („Ich liebe überhaupt nicht und niemanden“). Ähnlich unterscheidet Lacan zwei Formen der Negation, je nachdem, ob sie sich auf den Qantor oder auf das Prädikat bezieht.