Jacques Lacan
Seminar XIX, … oder schlechter
(I) Sitzung vom 8. Dezember 1971
Übersetzung und Erläuterung
Christine Jorgensen, früher George Jorgensen, 1943, 1952 und 1975
Jacques Lacan:
Seminar XIX (1971/72): „… oder schlechter“
und
Vortragsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“ (1971/72)
(I) Sitzung vom 8. Dezember 1971
Übersetzt von Rolf Nemitz
Vollständige Übersetzung von Seminar 19 und
Übersetzung von „Das Wissen des Analytikers“ ab der vierten Sitzung
auf der Grundlage der Staferla-Version und von Tonaufnahmen
Teil 1 von 16 Übersetzungen. Etwa jeden Monat erscheint die Übersetzung einer weiteren Sitzung.
Die übrigen Übersetzungen findet man hier.
In Millers Version des Seminars ist dies Kapitel I, La petite différence („Der kleine Unterschied“), S. 11–23.
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, zunächst nur deutsch, dann gegenüberstellend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme und auf größere Abweichungen in Millers Version; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben und inhaltliche Erläuterungen.
Einen Überblick über die verschiedenen Ausgaben von Seminar 19 findet man hier.
Herzlichen Dank an Gerhard Herrgott für großzügige Hilfe beim Übersetzen! Viele Anregungen und Hinweise verdanke ich auch der englischen Übersetzung von Adrian Price.1
Inhalt
Zur Übersetzung
Seminar und Vortragsreihe
Jacques-Alain Miller hat in seine Ausgabe von Seminar XIX einen Teil einer Vortragsreihe integriert, die Lacan parallel, unter dem Titel Das Wissen des Analytikers, im Sainte-Anne-Krankenhaus in Paris hielt. Ab der vierten Sitzung vom 3. Februar 1972 beziehen sich diese Vorträge eng auf das Seminar, weshalb Miller sie ab dieser Sitzung in seine Seminar-Edition aufgenommen hat. Ich folge dem Vorbild von Miller und integriere die Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers ab der Sitzung vom 3. Februar 1972 in die Übersetzung von Seminar XIX.
Die ersten drei Sitzungen von Das Wissen des Psychoanalytikers wurden getrennt veröffentlicht: Je parle aux murs. Entretiens de la chapelle de Sainte-Anne. Le Seuil, Paris 2011. Deutsch: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013.
Textgrundlage
Grundlage der Übersetzung ist:
Version Staferla von Seminar 19:
Jacques Lacan: … ou pire. Auf der Website staferla.free.fr, PDF-Datei, Fassung vom 25.10.2015
Die Lacan-Seminare auf der Staferla-Website werden von Zeit zu Zeit überarbeitet, ohne dass dies kenntlich gemacht wird. Aus diesem Grunde habe ich oben das Datum der von mir verwendeten Fassung angegeben.2 Zur Sicherheit habe ich diese Fassung der Staferla-Version hier gespeichert.
Die Transkription der Staferla-Version wurde von mir mit einer Tonbandaufnahme der Sitzung und mit der von Jacques-Alain Miller erstellten (redaktionell bearbeiteten) Version verglichen und an wenigen Stellen geändert. In Zweifelsfällen wurde die Stenotypie des Seminars und der Vortragsreihe, die man auf der Website der École lacanienne de psychanalyse findet, zu Rate gezogen. Wortwiederholungen, bei denen offenkundig ist, dass Lacan nach einer Formulierung sucht, habe ich gestrichen. Der Schnitt der Sätze (Punkt oder Semikolon oder Komma) sowie die Orthografie wurden bisweilen verändert. Die Gliederung in Absätze ist von mir.
Stenotypien des Seminars und der Vortragsreihe gibt es auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) hier. Die Tonaufnahme von Seminar 19 und der Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers findet man auf der Website von Patrick Valas, valas.fr, hier. Millers Version ist: J. Lacan: Le séminaire, livre XIX. … ou pire. 1971–1972. Textherstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2011.
Zur Notation
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in runden Klammern enthalten Formulierungen des französischen Originals.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Einfügungen in spitzen Klammern: Ersatz für vermutlich ausgefallenen Text.
– Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z..B. [10], verweisen auf die Seitenzahlen des Typoskripts von Seminar 19 auf der Website von École lacanienne de psychanalyse, hier.
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Titel des Seminars
… ou pire
Die drei Punkt markieren eine Leerstelle und verweisen damit auf die Variable im Sinne der Logik; das wird in der Sitzung vom 8. Dezember 1971 ausführlich kommentiert. Man erfährt dort auch: Für die Leerstelle ist „sagen“ einzusetzen („dire ou pire“), und dabei geht es um das Sagen von „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“.
Ou pire könnte statt mit „oder schlechter“ auch mit „oder schlimmer“ übersetzt werden.
Sitzung vom 8. Dezember 1971
Tonaufnahme
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Deutsch
Seminar XIX von 1971/72, „… oder schlechter“, Sorbonne, Rechtsfakultät
{11} Ich könnte sofort anfangen und meinen Titel überspringen – nach einiger Zeit werden Sie ja sehen, was er bedeutet. Um Ihnen jedoch entgegenzukommen und weil der Titel im Gedächtnis bleiben soll, möchte ich ihn durch einen Kommentar einführen.
… ou pire – … oder schlechter, … oder schlimmer. Vielleicht haben ihn einige von Ihnen jedoch verstanden – … oder schlechter ist letztlich das, was ich immer machen kann. Es genügt, dass ich das zeige, um zum Kern des Themas zu kommen; letztlich zeige ich das in jedem Augenblick.
Um jedoch nicht bei diesem Sinn stehen zu bleiben, der wie jeder Sinn – Sie können das mit Händen greifen, denke ich – etwas Undurchschaubares ist, möchte ich ihn wörtlich kommentieren.
… ou pire – einige haben schlecht gelesen, sie dachten, das sei … ou le pire, „… oder das Schlechtere“, „… oder das Schlimmere“. Das ist keineswegs das Gleiche. Pire, „schlimmer“ oder „schlechter“, das ist greifbar, man bezeichnet das als Adverb, so wie „gut“ oder „besser“. Man sagt Je fais bien, „Ich machs gut“, man sagt Je fais pire, „Ich machs schlechter“.
Das ist ein Adverb, aber disjunkt, von etwas getrennt, was an einem bestimmten Platz eben als Verb bezeichnet wird – das Verb, das hier durch die drei Punkte ersetzt ist. Diese drei Punkte beziehen sich auf die übliche Verwendung, um – das ist merkwürdig, aber so sieht man das in allen gedruckten Texten –, um eine Leerstelle zu markieren, eine Leerstelle zu bilden. Das unterstreicht die Wichtigkeit dieser Leerstelle. Und das demonstriert außerdem, dass dies die einzige Art und Weise ist, mithilfe der Sprache etwas zu sagen. Und die Bemerkung, dass die Leere die einzige Art und Weise ist, mit der Sprache etwas zu erfassen, ist eben das, was es uns ermöglicht, in ihre Natur einzudringen, in die der Sprache, und ebenso, das wissen Sie, seit die Logik dazu gelangt ist, sich mit etwas auseinanderzusetzen, was einen Wahrheitsbezug stützt, als sie nämlich den Begriff der Variablen geschaffen hat. |{12} Das ist eine gebundene Variable. Die gebundene Variable x wird immer dadurch gebildet, dass das x in dem, worum es geht, eine Leerstelle markiert.
Die Bedingung dafür, dass das läuft, besteht darin, dass man an allen leer gelassenen Stellen exakt denselben Signifikanten einsetzt.
Das ist die einzige Art und Weise, wie die Sprache etwas erreicht, und deshalb habe ich mich mit der Formel ausgedrückt, dass es keine Metasprache gibt. Was heißt das? Es könnte scheinen, als ob ich, wenn ich das sage, nur eine Paradoxie formuliere. Denn von woher würde ich das sagen? Da ich es in der Sprache sage, würde das bereits hinreichend bestätigen, dass es eine Sprache gibt, von der aus ich es sagen kann. Dem ist jedoch offensichtlich nicht so. Da es natürlich notwendig ist, jedes Mal, wenn es um Logik geht, die Metasprache als Fiktion auszuarbeiten, heißt das, dass man im Inneren des Diskurses etwas konstruiert, das man Objektsprache nennt – wodurch es die Sprache ist, die meta wird, ich meine der Alltagsdiskurs, ohne den es überhaupt kein Mittel gäbe, diese Aufteilung einzurichten. Es gibt keine Metasprache bestreitet, dass diese Aufteilung sich halten lässt. Die Formel verwirft, dass es in der Sprache Diskordanz gibt.
Was wird also von dieser Leerstelle besetzt, in dem Titel, den ich gebildet habe, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Ich habe gesagt: zwangsläufig ein Verb, da es ja ein Adverb gibt. Allerdings ist das ein Verb, das durch die drei Punkte getilgt ist. Und das ist in der Sprache, von dem Moment an, in dem man sie in der Logik befragt, das Einzige, was man nicht tun kann.
Das Verb ist in diesem Falle nicht schwer zu finden, es genügt, den Buchstaben, mit dem das Wort pire beginnt, kippen zu lassen, das ergibt dann dire, „sagen“. Nur, da in der Logik das Verb genau der einzige Term ist, aus dem Sie keine Leerstelle machen können –; denn wenn Sie versuchen, aus einer Aussage (proposition) eine Funktion zu machen, bildet das Verb die Funktion und aus dem, was um es herum ist, können Sie das Argument bilden. Um dieses Verb also leer zu machen, mache ich daraus ein Argument, also irgendeine Substanz – das ist nicht sagen, das ist ein Sagen, un dire.
Dieses Sagen, das ich aus meinem Seminar vom letzten Jahr aufgreife, drückt sich, wie jedes Sagen, in einer vollständigen Aussage aus: Es gibt kein sexuelles Verhältnis.
Was mein Titel behauptet, ist, dass es keine Mehrdeutigkeit gibt: dass Sie, wenn Sie sich davon entfernen, nur Schlechteres äußern werden, nur Schlechteres sagen werden.
Es gibt kein sexuelles Verhältnis wird demnach als Wahrheit behauptet. Über die Wahrheit habe ich jedoch bereits gesagt, dass sie nur halbgesagt werden kann. Ich sage also, dass es insgesamt darum geht, dass die andere Hälfte Schlechteres sagt. Wenn es nicht Schlechteres gäbe, wie würde das die Dinge vereinfachen, das muss man schon sagen!
{13} Die Frage ist: Vereinfacht das die Dinge nicht bereits? Denn wenn ich von dem ausgegangen bin, was ich tun kann, und wenn dies [nämlich das Schlechtere] eben das ist, was ich nicht tue – genügt das nicht, um sie zu vereinfachen? Allerdings, il ne peut pas se faire, es kann nicht geschehen, que je ne puisse pas le faire, dass ich es nicht tun kann, dieses Schlechtere, genau wie alle anderen.
Wenn ich sage, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, dann bringe ich die Wahrheit vor, dass beim sprechenden Wesen das Geschlecht, le sexe, keinerlei Verhältnis definiert.
Das heißt nicht, dass ich den Unterschied bestreite, den es vom frühesten Alter an zwischen dem gibt, was man ein kleines Mädchen nennt, und dem, was man einen kleinen Jungen nennt; von da gehe ich sogar aus.
Machen Sie sich sofort klar, dass Sie – wenn ich von da ausgehe – nicht wissen, wovon ich spreche. Ich spreche nicht von dem berühmten kleinen Unterschied, von demjenigen, bei dem es einem der beiden, wenn er die sexuelle Reife erlangt hat, als eine Art Bonmot oder Witz erscheinen mag, auszustoßen: „Ein Hoch! Ein Hoch auf den kleinen Unterschied!“ Dass das komisch ist, genügt uns bereits als Hinweis; es denotiert, es bezieht sich auf das komplexhafte Verhältnis – das heißt auf die Tatsache, die in die analytische Erfahrung tief eingeschrieben ist, nämlich die, zu der uns die Erfahrung des Unbewussten gebracht hat, ohne welches es keinen Witz gäbe –, auf das komplexhafte Verhältnis zu diesem Organ.
Der kleine Unterschied, schon sehr früh als Organ herausgelöst – womit bereits alles gesagt ist: organon, Werkzeug. Hat ein Tier die Vorstellung, dass es Organe hat? Wann hätte man das gesehen? und um was zu tun?
Genügt es zu sagen: Jedes Tier …; in dieser Form greife ich auf, was ich kürzlich zu der Annahme gesagt habe, die als sexuell bezeichnete Jouissance – die als sexuell bezeichnete Lust, der als sexuell bezeichnete Genuss – habe beim Tier einen instrumentellen Charakter. Ich habe andernorts darüber gesprochen, hier möchte ich es auf andere Weise sagen: Jedes Tier, das Scheren hat, masturbiert nicht. [Gelächter] Das ist der Unterschied entre l’homme et le homard, zwischen dem Menschen / dem Mann und dem Hummer. [Gelächter] Na also, das hat immer einen kleinen Effekt.
Wodurch Ihnen entgeht, was dieser Satz an Historischem hat. Nicht etwa aufgrund dessen, was er behauptet – mehr sage ich nicht: er behauptet –, sondern aufgrund der Frage, die er auf der Ebene der Logik einführt. Das ist darin versteckt. Das ist jedoch das einzige, was Sie nicht gesehen haben, nämlich dass er das pas tout enthält, nicht jedes / nicht alle, das merkwürdigerweise genau das ist, dem die aristotelische Logik ausgewichen ist, als sie die Funktion der Prosdiorismen herausstellte, herauslöste, wobei die Prosdiorismen nichts anderes sind als etwas, das Sie kennen, nämlich die Verwendung von alle, [griechisch] pan, und von einige, [griechisch] ti, um die herum Aristoteles die ersten Schritte der formalen Logik getan hat.
Der Ausdruck, den Lacan an die Tafel schreibt
Der entsprechende Ausdruck in Freges Begriffsschrift
{14} Diese Schritte hatten beträchtliche Folgen, sie haben es ermöglicht, etwas auszuarbeiten, das man als Quantorenfunktion bezeichnet. Mit dem alle wird die Leerstelle eingesetzt, von der ich eben gesprochen habe. Jemand wie Frege versäumt es nicht, wenn er die Funktion des Urteils kommentiert, der assertion, wovor er platziert –; des Urteils im Verhältnis zu einer wahren oder falschen Funktion Phi von x [Φ(x)], dass es nötig ist, damit x als Argument Existenz hat – das x, das hier [im waagerechten Strich] in dieser kleinen Höhlung verortet ist, Bild der Leerstelle –, dass es etwas gibt, das alle x genannt wird, das der Funktion zukommt.
Wesentlich ist hier die Einführung des nicht-alle. Das nicht-alle ist nicht die negativierte Allgemeinaussage. Das nicht-alle ist nicht kein, das ist insbesondere nicht Kein Tier, das Scheren hat, masturbiert, das ist [vielmehr] Nicht jedes Tier, non pas tout animal, das Scheren hat, ist dadurch zu dem genötigt, was dann folgt. Es gibt Organ und Organ, so wie es diesen und diesen gibt – denjenigen, der die Schläge austeilt, und denjenigen, die sie empfängt. Und das führt uns zum Kern unseres Problems.
Denn Sie sehen, indem wir einfach den ersten Schritt andeuten, gleiten wir damit – ohne auch nur Zeit gehabt zu haben, uns umzudrehen – ins Zentrum, ins Zentrum von etwas, wo es eine Maschine gibt, die uns trägt. Das ist die Maschine, die ich auseinandernehme. Jedoch – diesen Hinweis stelle ich einigen zur Verfügung – nicht um zu zeigen, dass das eine Maschine ist, und noch weniger, damit ein Diskurs für eine Maschine gehalten wird, wie einige es tun, in der Absicht, sich an den meinen anzukoppeln. Womit sie demonstrieren, dass sie nicht an das ankoppeln, was einen Diskurs ausmacht, nämlich das Reale, das durch ihn hindurchgeht. Die Maschine zu demonstrieren ist keineswegs dasselbe wie das, was wir gerade getan haben, nämlich ohne Umschweife zum Loch des Systems zu gehen, also zu dem Ort, an dem das Reale durch Sie hindurchgeht. Und wie es hindurchgeht, denn das macht Sie platt!
Natürlich, was mich angeht, ich würde gern, ich würde sehr gern, ich würde viel lieber, ich würde gern Ihr natürliches Schurkentum retten, das ist ja wirklich das Sympathischste; das läuft jedoch darauf hinaus – ach, ach, immer wieder beginnend, wie mal jemand sagte –, sich auf die Dummheit zu reduzieren, eben durch die Wirkung des Diskurses, den ich demonstriere. Wodurch Sie unmittelbar spüren |{15} müssen, dass es mindestens zwei Arten gibt, diesen Diskurs zu demonstrieren, und wobei offen bleibt, ob meine Art noch eine dritte wäre.
Man darf mich natürlich nicht zwingen, auf dieser Energetik von Schurkerei und Dummheit zu beharren, auf die ich immer nur entfernt anspiele. Unter dem Aspekt der Energetik ist das natürlich nicht haltbar, die Energetik ist hier rein metaphorisch. Sie gehört jedoch zu der Art von Metapher, von der das sprechende Wesen zehrt, ich meine, die für es das tägliche Brot darstellt.
Ich habe Sie also, was das Insistieren betrifft, um Gnade gebeten. Das geschieht in der Hoffnung, dass die Theorie y supplée, dass sie hier einspringen möge. Sie hören den Akzent des Subjonctifs. Ich habe ihn isoliert, weil das durch die fragende Intonation hätte verdeckt sein können. Denken Sie doch an all das in dem Moment, in dem das geschieht, vor allem um das, was hier kommt, nicht zu verfehlen, nämlich das Verhältnis des Unbewussten zur Wahrheit.
Die gute Theorie, sie ist es, die den Weg bahnt, eben den Weg, auf dem das Unbewusste darauf reduziert war zu insistieren. Das müsste es nicht mehr tun, wenn der Weg gut gebahnt wäre, das heißt jedoch nicht, dass damit alles gelöst wäre, ganz im Gegenteil.
Da die Theorie diese Leichtigkeit geben würde, sollte sie selbst leicht sein, so leicht, dass es gar nicht den Anschein hat, dass sie daran rührt. Sie sollte das Natürliche haben, das bis heute nur die Irrtümer haben. Nicht alle – ein weiteres Mal, natürlich! Aber wird es dadurch sicherer, dass es welche gibt, die das Natürliche stützen, das von so vielen anderen vorgetäuscht wird?
Also ich behaupte, damit diese da – die anderen – etwas vortäuschen können / Schein bilden können (faire semblant), muss es unter diesen Irrtümern, die das Natürliche stützen, zumindest einen geben, homoinzune. [Lacan schreibt das Wort „homoinzune“ an die Tafel, lautgleich mit „au moins une (erreur)“, zumindest einen (Irrtum).] Sie sollten hier etwas wiedererkennen, das ich bereits im letzten Jahr angeschrieben habe, mit anderer Endung, nämlich zur Hysterikerin und zum hommoinzun – zum Zumindesteinen / zum Mensch/Mann-minus-einen –, den sie fordert. Dieser Zumindesteiner, diese Rolle, das ist evident, könnte nicht besser gestützt werden als durch das Natürliche selbst.
Deshalb habe ich zu Beginn bestritten, deshalb habe ich –, im Gegenteil, deshalb habe ich zu Beginn nicht den Unterschied bestritten, den es völlig bemerkbar und vom frühesten Alter an zwischen einem kleinen Mädchen und einem kleinen Jungen gibt; und dass dieser Unterschied, der sich als angeboren aufdrängt, ganz natürlich ist, das heißt, darauf antwortet, dass das, was an Realem in der Tatsache liegt, dass in der Gattung, die sich selbst bezeichnet – worin sie die Tochter ihrer Werke ist, wie in vielen anderen Dingen auch –, die sich selbst als homo sapiens bezeichnet, dass sich in dieser Gattung die Geschlechter in zwei ungefähr gleich große Anzahlen von Individuen aufzuteilen scheinen und dass sich diese Individuen ziemlich früh – früher als man erwartet – voneinander unterscheiden. Sie unterscheiden sich, das ist sicher.
Nur, ich mache Sie am Rande darauf aufmerksam, das gehört nicht zu einer Logik. Nur, sie erkennen sich als sprechende Wesen nur an, indem sie diese Unterscheidung verwerfen, durch alle Arten von Identifizierungen, wobei es in der Psychoanalyse gängige |{16} Münze ist, das so aufzufassen, dass dies die Haupttriebfeder der Phasen einer jeden Kindheit ist. Aber das ist nur eine Parenthese.
Das logisch Wichtige ist Folgendes, nämlich dass ich nicht bestreite – genau hier gibt es das Gleiten [der Bedeutung] –, dass sie sich unterscheiden. Hier gibt es ein Gleiten. Was ich nicht bestreite, ist nicht dies; was ich nicht bestreite ist, dass man sie unterscheidet, es sind nicht sie, die sich unterscheiden.
Man sagt ja so: O, ein richtiger kleiner Mann, man sieht ja schon, dass er ganz anders ist als ein kleines Mädchen, er ist unruhig, ein Forscher – nicht wahr! –, er hat bereits Probleme mit der Angeberei. Während das kleine Mädchen ihm überhaupt nicht ähnelt. Sie denkt bereits nur daran, mit dieser Art Fächer zu spielen, der darin besteht, dass sie ihr Gesicht in einem Loch versteckt und sich weigert, guten Tag zu sagen. Allerdings, man gerät nur deshalb darüber in Entzücken, weil das so ist, das heißt so, wie es später sein wird, nämlich in Übereinstimmung mit dem Typus des Mannes und der Frau, wie sie sich von etwas ganz anderem her bilden werden, nämlich von den Folgen her, von dem Preis her, den später der kleine Unterschied haben wird.
Überflüssig hinzuzufügen, dass es den kleine Unterschied, hurra!, für die Eltern bereits seit einer Ewigkeit gab und dass er sich bereits darauf auswirken konnte, wie Kleinermann und Kleinefrau behandelt wurden. Das ist nicht sicher, das ist nicht immer so. Aber das braucht es gar nicht dafür, dass das Anerkennungsurteil der Erwachsenen im Umfeld auf einem Irrtum beruht, der darin besteht, sie zwar von dem her anzuerkennen, worin sie sich unterscheiden, sie jedoch nur nach Kriterien anzuerkennen, die sich in Abhängigkeit von der Sprache gebildet haben, wenn es denn so ist, wie ich behaupte, nämlich dass es Kastrationskomplex von daher gibt, dass das [Menschen-]Wesen sprechend ist. Ich füge das hinzu um zu insistieren, damit Sie wirklich verstehen, was ich sagen will.
Auf diese Weise also macht der Zumindesteine des Irrtums das Natürliche konsistent, das Natürliche, das im Übrigen unbestreitbar ist, von dieser vorzeitigen Berufung her, wenn ich so sagen kann, die ein jeder für sein Geschlecht, für sein sexe, erfährt.
Man muss hier sicherlich hinzufügen, dass dann, wenn diese Berufung nicht offenkundig ist, der Irrtum dadurch nicht erschüttert wird, denn er kann mit Leichtigkeit vervollständigt werden, indem er der Natur als solcher zugeschrieben wird, und das sicherlich nicht weniger natürlich. Wenn das nicht hinhaut, sagt man An ihr ist ein Junge verloren gegangen, nicht wahr? Und in diesem Fall macht es keine Mühe, den Mangel als Erfolg anzusehen, insofern nichts daran hindert, diesem Mangel ein Supplement an Weiblichkeit zuzuschreiben. Die Frau, die wahre, das Frauchen, versteckt sich hinter eben diesem Mangel. Das ist eine Raffinesse, die übrigens mit dem, was uns das Unbewusste lehrt, ganz und gar übereinstimmt, nämlich dass man nie mehr Erfolg hat als dann, wenn man scheitert.
{17} Unter diesen Bedingungen muss man, um Zugang zum anderen Geschlecht zu haben, real den Preis zahlen, nämlich den der kleinen Differenz, die, durch Vermittlung des Organs, auf trügerische Weise ins Reale übergeht, und zwar dann, wenn das Organ aufhört, für ein solches gehalten zu werden, wobei es zugleich enthüllt, was es heißt, ein Organ zu sein – ein Organ ist Instrument nur durch das, worauf jedes Instrument sich gründet, nämlich dass es ein Signifikant ist.
Als Signifikant will der Transsexualist es nicht mehr und nicht, weil es ein Organ ist. Worin er einem Irrtum erliegt, dem ganz gewöhnlichen Irrtum. Die Leidenschaft des Transsexualisten besteht in dem Wahn, sich von diesem Irrtum befreien zu wollen, von dem üblichen Irrtum, der nicht sieht, dass der Signifikant die Jouissance ist und dass der Phallus nur ihr Signifikat ist, ihr signifié. Der Transsexualist will durch den sexuellen Diskurs – der, so behaupte ich, unmöglich ist – nicht mehr als Phallus bezeichnet werden, ne veut être signifié phallus. Er macht nur einen Fehler, dass er ihn zwingen will, den sexuellen Diskurs, der, als unmöglich, der Durchgang des Realen ist, dass er ihn durch Chirurgie zwingen will.
Das ist dasselbe wie das, was ich in einer bestimmten Programmschrift für einen bestimmten Kongress über weibliche Sexualität geäußert habe. Einzig, so sagte ich – natürlich zu denen, die zu lesen verstehen –, einzig die Homosexuelle, sagte ich, stützt mit völliger Sicherheit den sexuellen Diskurs. Deshalb hatte ich das Zeugnis der Preziösen aufgerufen – die, wie Sie wissen, für mich ein Modell bleiben –, der Preziösen, die, wenn ich so sagen darf, auf so bewundernswerte Weise das Ecce homo definieren – gestatten Sie mir, darin das mot festzuhalten, das „Wort“: l’excès au mot, den „Überschuss am Wort“ / das Ecce homo der Liebe, denn sie laufen nicht Gefahr, den Phallus für einen Signifikanten zu halten. Fi-donc! (Pfui!) / φ-donc! (phi also!), signiφ donc! (bedeute also!) Nur wenn man den Signifikanten bis zu seinem Buchstaben hin aufbricht, gelangt man schließlich zum letzten Term.
Es ist jedoch misslich, dass dies für sie – für die Homosexuelle – den psychoanalytischen Diskurs amputiert. Denn dieser Diskurs – das ist eine Tatsache – versetzt sie, die Teuersten, in eine vollständige Blindheit in Bezug auf die weibliche Jouissance.
Im Gegensatz zu dem, was man in einem berühmten Drama von Apollinaire, in welchem das Wort „surrealistisch“ eingeführt wird, sehen kann, wird Thérèse nicht etwa dadurch wieder zu Tiresias – ich habe gerade von Blindheit gesprochen, vergessen Sie das nicht –, nicht dadurch, dass sie die beiden Vögel ihrer Schwäche freilässt, ich zitiere Apollinaire, sondern dadurch, dass sie sie wieder einfängt – für diejenigen, die das möglicherweise nicht gelesen haben, also die kleinen dicken Ballons, durch die sie auf dem Theater repräsentiert werden und die vielleicht das sind, ich sage vielleicht – da ich Ihre Aufmerksamkeit nicht ablenken möchte, begnüge ich mich mit einem vielleicht –, die vielleicht das sind, wodurch die Frau nur in einer Abwesenheit Jouissance zu haben weiß.
{18} Die Homosexuelle ist ganz und gar nicht abwesend in dem, was ihr an Jouissance bleibt. Ich wiederhole es, das macht ihr den Liebesdiskurs leicht; es ist jedoch klar, dass sie dadurch aus dem psychoanalytischen Diskurs ausgeschlossen wird, den sie nur gerade eben stammeln kann.
Also versuchen wir voranzukommen! Angesichts der vorangeschrittenen Zeit kann ich jetzt nur schnell auf Folgendes hinweisen, dass bei all dem, was sich als dieses sexuelle Verhältnis hinstellt – wobei es angereizt und eingesetzt wird durch eine Art Fiktion, die sich „Ehe“ nennt –, dass eine gute Regel die wäre, dass der Psychoanalytiker sich dazu sagt: Mögen sie damit zurechtkommen wie sie können.
Das befolgt er in der Praxis. Er sagt es nicht und sagt es nicht einmal zu sich selbst, aus einer Art falscher Scham, denn er glaubt, er müsse bei sämtlichen Dramen Abhilfe schaffen. Das ist ein Erbe des reinen Aberglaubens. Er spielt den Arzt; nie [jedoch] hat der Arzt sich eingemischt, um das eheliche Glück zu sichern. Und da der Psychoanalytiker noch nicht mitbekommen hat, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, drängt es ihn natürlich, die Rolle des Schutzengels der Eheleute zu spielen.
Serinette
mechanische Orgel, um Girlitzen (serins) durch wiederholtes Vorspielen ein Lied beizubringen (seriner)
All dies, nicht wahr – die falsche Scham, der Aberglaube und die Unfähigkeit, hierzu eine präzise Regel aufzustellen, diejenige, die ich hier soeben formuliert habe: mögen Sie damit zurechtkommen –, all dies gehört zum Verkennen dessen, was ihm die Erfahrung immer wieder zeigt, ich könnte sogar sagen: was sie ihm serine – was sie ihm vorzwitschert –, nämlich dass es kein sexuelles Verhältnis gibt. Man muss sagen, dass die Etymologie von seriner uns direkt zu Sirene führt. Das ist wörtlich so, das steht so im Etymologischen Wörterbuch; das bin nicht ich, der ich mich hier plötzlich einem entsprechenden Gesang hingebe.
Das ist sicherlich der Grund dafür, dass der Psychoanalytiker – wie Odysseus das in einer solchen Konstellation macht – an einen Mast gebunden bleibt. Jawohl. Natürlich damit das fortdauert – das, was er als Sirenengesang vernimmt, das heißt, indem er verzaubert bleibt, das heißt, indem er es völlig falsch versteht –, also der Mast, der berühmte Mast, in welchem Sie unmöglich den Phallus verkennen können, das heißt das hauptsächliche, globale Signifikat, also er bleibt daran gebunden und das kommt allen sehr gelegen. Das kommt jedoch nur insofern allen gelegen, als das keine unerfreulichen Konsequenzen hat, denn dafür ist das gemacht, für das psychoanalytische Schiff selbst, das heißt für all diejenigen, die im selben Boot sitzen.
{19} Das ändert nichts daran, dass er es falsch versteht, dieses Einhämmern (serinage) der Erfahrung, und dass es deshalb bisher ein privater Bereich geblieben ist – ich meine, ein Privatbereich für diejenigen, die im selben Boot sind. Was auf diesem Boot geschieht, auf dem es außerdem Wesen beiderlei Geschlechts gibt, ist jedoch bemerkenswert. Was da geschieht, wovon ich aus dem Munde von Leuten höre, die mich von diesen Booten her bisweilen aufsuchen – mich, mein Gott, der ich auf einem anderen bin, auf dem nicht dieselben Regeln gelten –, das wäre allerdings ziemlich exemplarisch, falls die Art und Weise, wie ich davon Wind bekomme, nicht so speziell wäre.
Wenn ich das studiere, was aus einem Modus des Verkennens dessen hervorgeht, was den psychoanalytischen Diskurs ausmacht, nämlich die Konsequenzen, die dieser von daher für etwas hat, was ich den Stil dessen nennen möchte, was sich auf die Liaison bezieht – denn die Abwesenheit des sexuellen Verhältnisses ist ganz offenkundig nicht das, wodurch die Liaison verhindert wird, weit gefehlt, sondern das, was ihr die Bedingungen liefert –, dann lässt das vielleicht erahnen, was sich daraus ergeben könnte, dass der psychoanalytische Diskurs auf den Schiffen, auf denen er gegenwärtig segelt, beheimatet bleibt, und wobei etwas befürchten lässt, dass er das Privileg bleibt.
Es könnte sein, dass etwas von diesem Stil dazu gelangt, das Register der verschiedenen Liaisons zu beherrschen, in dem, was man unangemessenerweise die weite Welt nennt, und das ist wahrhaft nicht beruhigend.
Das wäre sicherlich noch unerfreulicher als der gegenwärtige Zustand, der so ist, dass aus dem Verkennen, auf das ich soeben hingewiesen habe, etwas hervorgeht, das letztlich nicht unberechtigt ist, etwas, das man häufig zu Beginn einer Psychoanalyse sieht: die Befürchtungen, die nun einmal von den Subjekten bekundet werden, die nicht wissen, dass dies insgesamt daran liegt, dass sie das institutionalisierte psychoanalytische Schweigen darüber, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, glauben und was bei diesen Subjekten diese Befürchtungen hervorruft, über all das, mein Gott, was die interessanten Beziehungen einschränken und affizieren kann, die leidenschaftlichen Akte, ja die schöpferische Unruhe, die aufgrund der Abwesenheit des Verhältnisses notwendig ist.
Ich möchte also, bevor ich gehe, hier etwas anschneiden.
Da es sich um eine Erkundung dessen handelt, was ich als neue Logik bezeichnet habe, eine Logik, die aus dem zu konstruieren ist, was geschieht, aus dem, was als erstes zu postulieren ist: nämlich dass nichts von dem, was aufgrund der Instanz der |{20} Sprache geschieht, jemals auf eine irgendwie befriedigende Formulierung des Verhältnisses hinauslaufen kann.
Ist nicht etwas von dem aufzugreifen – bei der logischen Erkundung, also bei der Befragung –, von dem, was der Sprache bei der Erfassung des Realen nicht nur eine Grenze aufnötigt, sondern wodurch das demonstriert wird, was es in der Struktur der Bemühung, dem Realem näher zu kommen – also im Umgang mit der Sprache selbst –, was es darin an Realem geben kann, insofern es die Sprache determiniert hat? Ist es nicht angemessen, ist es nicht wahrscheinlich, muss man nicht folgern, dass, wenn an einem bestimmten Riss des Realen, der im strengen Sinne unsagbar ist, da er jeden Diskurs determiniert, dass dort die Feldinien liegen, nämlich diejenigen, die wir in der psychoanalytischen Erfahrung entdecken? Könnte all das, was die Logik entworfen hat, indem sie die Sprache auf das vom Realen Gesetzte bezieht, uns nicht eine Verortung in bestimmten, noch zu erfindenden Linien ermöglichen? Und da liegt die theoretische Bemühung, die ich mit dieser Leichtigkeit bezeichne, die ein Insistieren fände. Ist es nicht möglich, hier Orientierung zu finden?
Bevor ich Sie heute verlasse, möchte ich nur darauf hinweisen, dass es drei Register gibt, die im Grunde genommen aus der Ausarbeitung der Logik bereits hervorgegangen sind, drei Register, um die sich in diesem Jahr meine Bemühung drehen wird, die Konsequenzen dessen zu entfalten, was ich als das Primäre gesetzt habe, nämlich dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.
Erstens etwas, das Sie in meinem Diskurs bereits haben auftauchen sehen: die Prosdiorismen.
Heute, bei diesem ersten Zugang, bin ich nur auf die Formulierung nicht-alle eingegangen, pas-tous. Bereits im letzten Jahr habe ich geglaubt, dass ich diese hier für Sie isolieren sollte, nämlich genau [schreibt an die Tafel: ], bei der Funktion Φx selbst, die ich hier völlig rätselhaft lasse, der Funktion nicht des sexuellen Verhältnisses, sondern der Funktion, die den Zugang zu ihm gerade unmöglich macht. Sie muss definiert werden, sie muss in diesem Jahr definiert werden. Stellen Sie sich hier vor: Jouissance. Warum sollte es nicht möglich sein, eine Funktion der Jouissance zu schreiben, um sie einer Prüfung auszusetzen, sodass wir ihre Haltbarkeit sehen, wenn ich so sagen darf, oder auch nicht.
Die Funktion des nicht-alle konnte ich also bereits im letzten Jahr vorbringen, und sicherlich von einem Punkt aus, der weitaus näher an dem war, worum es sich handelt. Heute will ich nur einen ersten Schritt in unser Gebiet tun; im letzten Jahr habe ich das vorgebracht mit einem Negationsstrich [‾], der über den Term [∀] gesetzt wurde, dieser Term bezeichnet in der Quantorentheorie das Äquivalent – das ist nur das Äquivalent, ich möchte sogar mehr sagen: die Reinigung, verglichen mit dem naiven Gebrauch, der bei Aristoteles davon gemacht wird – für den Prosdiorismus alle. |{21} Das Wichtige ist, dass ich Ihnen heute die Funktion des nicht-alle vorgestellt habe, das pas-tout [].
Jeder weiß, was bei der Aussage, die bei Aristoteles „partikulär“ heißt, herauskommt, wenn ich so naiv sprechen darf, nämlich: Es existiert etwas, quelque chose, was dem entspricht. Wenn Sie quelque verwenden, „einige“, scheint das ja selbstverständlich zu sein. Das scheint selbstverständlich zu sein, und das ist nicht selbstverständlich. Denn es ist völlig klar, dass es nicht genügt, das nicht-alle zu verneinen, damit für jedes der beiden Stücke – wenn ich mich so ausdrücken darf – die Existenz behauptet wird. Sicherlich, wenn die Existenz behauptet wird, stellt sich das nicht-alle her. Diesem es existiert werden wir nachgehen müssen.
Die Mehrdeutigkeiten hierzu dauern bereits so lange an, dass man dahin gekommen ist, Wesen und Existenz durcheinanderzuwerfen und zu glauben – was noch erstaunlicher ist –, dass es mehr ist, zu existieren als zu sein. Vielleicht besteht das ganze Problem genau darin, dass Männer und Frauen sicherlich existieren – und, um es klar zu sagen, nicht mehr tun als zu existieren. Denn schließlich, in dem korrekten Gebrauch, der [von es existiert] von dem Moment an zu machen ist, in dem die Logik es sich gestattet, ein bisschen vom Realen abzulösen, tatsächlich die einzige Weise, die sie im Verhältnis zu ihm hat, um sich verorten zu können; von dem Moment an, in dem sie sich nur von dem Teil des Realen her sichert, bei dem eine Wahrheit möglich ist, nämlich einer Mathematik, von diesem Moment an wird klar gesehen, dass das, was von einem es existiert bezeichnet wird, nichts anderes ist als beispielsweise eine Zahl, durch die eine Gleichung erfüllt wird.
Ich entscheide nicht darüber, ob die Zahl als etwas Reales aufzufassen ist oder nicht. Um Sie nicht in Ungewissheit zu lassen, kann ich Ihnen sagen, dass ich entscheide, dass die Zahl zum Realen gehört. Aber das ist das privilegierte Reale, bei dem der Umgang mit der Wahrheit dazu führt, dass die Logik Fortschritte macht. Wie auch immer, die Existenzweise einer Zahl ist streng genommen nicht das, wodurch für uns das gesichert werden kann, worum es bei der Existenz immer dann geht, wenn der Prosdiorismus einige vorgebracht wird.
Es gibt eine zweite Ebene, die ich hier nur als Bezugspunkt für den Bereich festhalte, in dem wir uns dann vorwärtsbewegen müssen, die Ebene einer Logik, die für uns geeignet wäre, nämlich die der Modalität.
Die Modalität – wie jeder weiß, sobald er Aristoteles aufschlägt –, das ist das, was sich auf das Mögliche bezieht, auf das, was sein kann. Auch hier will ich nur den ersten Zugang anzeigen, das Titelblatt. Aristoteles stellt vier Kategorien heraus: das Unmögliche, das er dem Möglichen entgegensetzt, und das Notwendige, das er dem Zufälligen entgegensetzt. Wir werden sehen, dass an diesen Gegensätzen nichts haltbar ist.
Und heute hebe ich für Sie |{22} einfach nur das hervor, worum es bei einer Formulierung des Notwendigen geht, die nämlich folgende ist: ne pas pouvoir ne pas, nicht in der Lage zu sein nicht zu. Nicht in der Lage zu sein nicht zu, das ist hier eben das, was für uns die Notwendigkeit definiert.
Wohin führt das? Vom Unmöglichen: ne pas pouvoir, nicht in der Lage zu sein, zum: pouvoir ne pas, in der Lage zu sein nicht zu. Ist das das Mögliche oder das Zufällige?
Folgendes jedoch ist sicher: Wenn Sie die Gegenrichtung einschlagen wollen, finden Sie dies: pouvoir ne pas pouvoir, in der Lage zu sein nicht in der Lage zu sein, das heißt, dass sich das mit dem Unwahrscheinlichen vereint, mit dem Unwirksamen bei dem, was geschehen kann, also nicht das Unmögliche, zu dem man zurückkommt, indem man die Schleife schließt, sondern ganz einfach das Unvermögen. Dies nur, um auf der Titelseite das zweite Feld der aufzuwerfenden Fragen anzuzeigen.
Der dritte Terminus ist die Negation.
Scheint Ihnen nicht bereits – auch wenn das, was ich hier von dem geschrieben habe, wodurch es in den Formeln vervollständigt wird, die letztes Jahr bereits an der Tafel notiert wurden [schreibt an die Tafel]: ∃x.Φx –, scheint Ihnen nicht bereits, dass es zwei ganz unterschiedliche mögliche Formen der Negation gibt, die von den Grammatikern bereits erahnt wurden? Aber in Wahrheit, da dies in einer Grammatik war, die vorgab, von den Worten zum Denken zu gehen, sagt das alles – die Einschiffung in die Semantik, das ist der garantierte Schiffbruch. An die <darin> getroffene Unterscheidung zwischen Verwerfung und Diskordanz ist jedoch zu Beginn dessen, was wir in diesem Jahr tun werden, zu erinnern. Ich muss allerdings präzisieren – und das wird Gegenstand der folgenden Gespräche sein, um jedem dieser Kapitel die angemessene Ausarbeitung zu geben –, die Verwerfung kann nicht, wie Damourette und Pichon sagen, von sich aus mit pas verbunden werden oder mit point oder mit goutte oder mit mie oder irgendwelchen anderen von diesen Zusätzen, die sie im Französischen zu stützen scheinen.
Gleichwohl ist zu beachten, dass das, was in die entgegengesetzte Richtung geht, genau unser nicht-alle ist. Unser nicht-alle ist die Diskordanz.
Aber was ist Verwerfung? Sicherlich ist die Verwerfung in einem Register zu verorten, das sich von dem der Diskordanz unterscheidet. Sie ist dort zu verorten, wo wir den Term geschrieben haben, der als Funktion bezeichnet wird. Hier wird die Wichtigkeit des Sagens formuliert, des dire. Verwerfung gibt es nur vom Sagen. Dass über das Etwas, welches existiert – wobei es mit der Existenz bereits so weit ist, dass wir ihr sicherlich einen Status verleihen müssen –, dass darüber etwas gesagt werden kann oder nicht, darum geht es in der Verwerfung. Und daraus, dass darüber etwas nicht gesagt werden kann, kann nur eine Frage über das Reale gefolgert werden.
Im Augenblick bedeutet die Funktion Φx, wie ich sie geschrieben habe, nur dies, dass das sexuelle Verhältnis für alles, worum es beim sprechenden Wesen geht, Fragen |{23} aufwirft. Das ist ja unsere gesamte Erfahrung, ich meine das Minimum, das wir aus ihr herausziehen können. Dass auf diese Frage, wie auf jede Frage – es gäbe keine Frage, wenn es keine Antwort gäbe –, dass die Modi, in denen diese Frage sich stellt, also die Antworten, eben das ist, was in dieser Funktion geschrieben werden soll.
Das wird es uns sicherlich ermöglichen, eine Verbindung herzustellen zwischen dem, was von der Logik ausgearbeitet wurde, und dem, was auf das Prinzip – als Wirkung des Realen angesehen –, was auf das Prinzip, dass es nicht möglich ist, das sexuelle Verhältnis zu schreiben, was auf dieses Prinzip gegründet werden kann, nämlich das, worum es bei der Funktion geht, bei der Funktion, die alles regelt, worauf sich unsere Erfahrung bezieht, insofern das sexuelle Verhältnis, indem es Fragen aufwirft – das sexuelle Verhältnis, das insofern nicht ist, als man es nicht schreiben kann –, insofern dieses sexuelle Verhältnis alles determiniert, was von einem Diskurs ausgearbeitet wird, der seiner Natur nach ein gebrochener Diskurs ist.
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Französisch/deutsch mit Anmerkungen
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift , z.B. {11}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [1], verweisen auf die Seiten der Stenotypie auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) (hier).
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Seminar XIX von 1971/72, „… oder schlechter“, Sorbonne, Rechtsfakultät
{11} [1] Je pourrais commencer tout de suite en passant sur mon titre dont après tout, dans un bout de temps, vous verriez bien ce qu’il veut dire.
Ich könnte sofort anfangen und meinen Titel überspringen – nach einiger Zeit werden Sie ja sehen, was er bedeutet.
Néanmoins, par gentillesse, puisqu’aussi bien il est fait pour retenir, je vais l’introduire par un commentaire portant sur lui.
Um Ihnen jedoch entgegenzukommen und weil der Titel im Gedächtnis bleiben soll, möchte ich ihn durch einen Kommentar einführen.
… ou pire.
… ou pire – … oder schlechter, … oder schlimmer.
Peut-être tout de même certains d’entre vous l’ont compris, … ou pire en somme c’est ce que je peux toujours faire.
Vielleicht haben ihn einige von Ihnen jedoch verstanden – … oder schlechter ist letztlich das, was ich immer machen kann.
Il suffit que je le montre pour entrer dans le vif du sujet ; je le montre en somme à chaque instant.
Es genügt, dass ich das zeige, um zum Kern des Themas zu kommen; letztlich zeige ich das in jedem Augenblick.
Pour ne pas rester dans ce sens qui, comme tout sens – vous le touchez du doigt, je pense – est une opacité, je vais donc le commenter textuellement.
Um jedoch nicht bei diesem Sinn stehen zu bleiben, der wie jeder Sinn – Sie können das mit Händen greifen, denke ich – etwas Undurchschaubares ist, möchte ich ihn wörtlich kommentieren.
… ou pire, il est arrivé que certains lisent mal, ils ont cru que c’était : … ou le pire.
… ou pire – einige haben schlecht gelesen, sie dachten, das wäre … ou le pire, „… oder das Schlechtere“, „… oder das Schlimmere“.
C’est pas du tout pareil.
Das ist keineswegs das Gleiche.
Pire, c’est tangible, c’est ce qu’on appelle un dverbe, comme bien, ou mieux.
Pire, „schechter“, das ist greifbar, man bezeichnet das als Adverb, so wie „gut“ oder „besser“.3
On dit Je fais bien, on dit Je fais pire.
Man sagt Je fais bien, „Ich machs gut“, man sagt Je fais pire, „Ich machs schlechter“.
C’est un adverbe, mais disjoint, disjoint de quelque chose qui est appelé, à quelque place, justement le verbe, le verbe qui est ici remplacé par les trois points.
Das ist ein Adverb, aber disjunkt, von etwas getrennt, was an einem bestimmten Platz eben als Verb bezeichnet wird – das Verb, das hier durch die drei Punkte ersetzt ist.4
Ces trois points se réfèrent à l’usage ordinaire pour marquer – c’est curieux, mais ça se voit dans tous les textes imprimés – pour faire une place vide.
Diese drei Punkte beziehen sich auf die übliche Verwendung, um – das ist merkwürdig, aber so sieht man das in allen gedruckten Texten –, um eine Leerstelle zu markieren, eine Leerstelle zu bilden.
Ça souligne l’importance de cette place vide.
Das unterstreicht die Wichtigkeit dieser Leerstelle.5
Et ça démontre aussi bien que c’est la seule façon de dire quelque chose avec l’aide du langage.
Und das demonstriert außerdem, dass dies die einzige Art und Weise ist, mithilfe der Sprache etwas zu sagen.
Et cette remarque que le vide c’est la seule façon d’attraper quelque chose avec le langage c’est justement ce qui nous permet de pénétrer dans sa nature, au langage, aussi bien – vous le savez ! – dès que la logique est arrivée à s’affronter à quelque chose qui supporte une référence de vérité, c’est quand elle a produit la notion de variable.
Und die Bemerkung, dass die Leere die einzige Art und Weise ist, mit der Sprache etwas zu erfassen, ist eben das, was es uns ermöglicht, in ihre Natur einzudringen, in die der Sprache, und ebenso, das wissen Sie, seit die Logik dazu gelangt ist, sich mit etwas auseinanderzusetzen, was einen Wahrheitsbezug stützt, als sie nämlich den Begriff der Variablen geschaffen hat.6
{12} C’est une variable apparente.
Das ist eine gebundene Variable.7
La variable apparente x est toujours constituée par ceci que l’x, dans ce dont il s’agit, marque une place vide.
Die gebundene Variable x wird immer dadurch gebildet, dass das x in dem, worum es geht, eine Leerstelle markiert.8
La condition que ça marche, c’est qu’on y mette exactement le même signifiant à toutes les places réservées vides.
Die Bedingung dafür, dass das läuft, besteht darin, dass man an allen leer gelassenen Stellen exakt denselben Signifikanten einsetzt.9
C’est la seule façon dont le langage arrive à quelque chose et c’est pourquoi je me suis exprimé dans cette formule qu’il n’y a pas de métalangage.
Das ist die einzige Art und Weise, wie die Sprache bei etwas ankommt, und deshalb habe ich mich mit der Formel ausgedrückt, dass es keine Metasprache gibt.10
|[2] Qu’est-ce que ça veut dire ?
Was heißt das?
II semblerait que ce disant, je ne formule qu’un paradoxe.
Es könnte scheinen, als ob ich, wenn ich das sage, nur eine Paradoxie formuliere.
Car d’où est-ce que je le dirais ?
Denn von woher würde ich das sagen?
Puisque je le dis dans le langage, ça serait déjà suffisamment affirmer qu’il y en a un d’où je peux le dire.
Da ich es in der Sprache sage, würde das bereits hinreichend bestätigen, dass es eine Sprache gibt, von der aus ich es sagen kann.
Il n’en est évidemment rien pourtant.
Dem ist jedoch offensichtlich nicht so.
Le métalangage, comme bien sûr il est nécessaire qu’on l’élabore comme une fiction chaque fois qu’il s’agit de logique, c’est à savoir qu’on forge à l’intérieur du discours ce qu’on appelle langage-objet, moyennant quoi c’est le langage qui devient méta, j’entends le discours commun, sans lequel il n’y a pas moyen même d’établir cette division.
Da es natürlich notwendig ist, jedes Mal, wenn es um Logik geht, die Metasprache als Fiktion auszuarbeiten, heißt das, dass man im Inneren des Diskurses etwas konstruiert, das man Objektsprache nennt11 – wodurch es die Sprache ist, die meta wird, ich meine der Alltagsdiskurs, ohne den es überhaupt kein Mittel gäbe, diese Aufteilung einzurichten.
Il n’y a pas de métalangage nie que cette division soit tenable.
Es gibt keine Metasprache bestreitet, dass diese Aufteilung sich halten lässt.
La formule forclot dans le langage qu’il y ait discordance.
Die Formel verwirft, dass es in der Sprache Diskordanz gibt.12
Qu’est-ce qui occupe donc cette place vide, dans le titre que j’ai produit pour vous retenir ?
Was wird also von dieser Leerstelle besetzt, in dem Titel, den ich gebildet habe, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen?
J’ai dit : forcément un verbe, puisqu’un adverbe il y a.
Ich habe gesagt: zwangsläufig ein Verb, da es ja ein Adverb gibt.
Seulement, c’est un verbe élidé par les trois points.
Allerdings ist das ein Verb, das durch die drei Punkte getilgt ist.
Et ça, dans le langage à partir du moment où on l’interroge en logique, c’est la seule chose qu’on ne puisse pas faire.
Und das ist in der Sprache, von dem Moment an, in dem man sie in der Logik befragt, das Einzige, was man nicht tun kann.13
Le verbe en l’occasion il n’est pas difficile à trouver, il suffit de faire basculer la lettre qui commence le mot pire, ça fait : dire.
Das Verb ist in diesem Falle nicht schwer zu finden, es genügt, den Buchstaben, mit dem das Wort pire beginnt, kippen zu lassen, das ergibt dire, „sagen“.14
Seulement, comme en logique le verbe c’est précisément le seul terme dont vous ne puissiez pas faire place vide parce que, quand une proposition vous essayez d’en faire fonction, c’est le verbe qui fait fonction et c’est de ce qui l’entoure que vous pouvez faire argument.
Nur, da in der Logik das Verb genau der einzige Term ist, aus dem Sie keine Leerstelle machen können –; denn wenn Sie versuchen, aus einer Aussage (proposition) eine Funktion zu machen, bildet das Verb die Funktion und aus dem, was um es herum ist, können Sie das Argument bilden.
À vider ce verbe donc, j’en fait argument, c’est-à-dire quelque substance – ce n’est pas dire, c’est un dire.
Um dieses Verb also leer zu machen, mache ich daraus ein Argument, also irgendeine Substanz – das ist nicht sagen, das ist ein Sagen, un dire.15
Ce dire, celui que je reprends de mon séminaire de l’année dernière, s’exprime, comme tout dire, dans une proposition complète : il n’y a pas de rapport sexuel.
Dieses Sagen, das ich aus meinem Seminar vom letzten Jahr aufgreife, drückt sich, wie jedes Sagen, in einer vollständigen Aussage aus: Es gibt kein sexuelles Verhältnis.16
Ce que mon titre avance, c’est qu’il n’y a pas d’ambiguïté : c’est qu’à sortir de là, vous n’énoncerez, vous ne direz, que pire.
Was mein Titel behauptet, ist, dass es keine Mehrdeutigkeit gibt: dass Sie, wenn Sie sich davon entfernen, nur Schlechteres äußern werden, nur Schlechteres sagen werden.17
Il n’y a pas de rapport sexuel se propose donc comme vérité.
Es gibt kein sexuelles Verhältnis wird demnach als Wahrheit behauptet.18
Mais j’ai déjà dit de la vérité qu’elle ne peut que se mi-dire.
Über die Wahrheit habe ich jedoch bereits gesagt, dass sie nur halbgesagt werden kann.19
Donc ce que je dis, c’est qu’il s’agit somme toute, que l’autre moitié dise pire.
Ich sage also, dass es insgesamt darum geht, dass die andere Hälfte Schlechteres sagt.20
S’il n’y avait pas pire, qu’est-ce que ça simplifierait les choses, c’est le cas de le dire.
Wenn es nicht Schlechteres gäbe, wie würde das die Dinge vereinfachen, das muss man schon sagen!
{13} La question est : est-ce que ça ne les simplifie pas déjà ?
Die Frage ist: Vereinfacht das die Dinge nicht bereits?
Puisque si dont je suis parti, c’est de ce que je peux faire, et que ce soit justement ce que je ne fasse pas, est-ce que ça ne suffit pas à les simplifier ?
Denn wenn ich von dem ausgegangen bin, was ich tun kann, und wenn dies [nämlich das Schlechtere] eben das ist, was ich nicht tue – genügt das nicht, um sie zu vereinfachen?
Seulement voilà, il ne peut pas se faire que je ne puisse pas le faire, ce pire, exactement, comme tout le monde.
Allerdings, il ne peut pas se faire, es kann nicht geschehen, que je ne puisse pas le faire, dass ich es nicht tun kann, dieses Schlechtere, genau wie alle anderen.
Quand je dis qu’il n’y a pas de rapport sexuel, j’avance, très précisément cette vérité |[3] chez l’être parlant, que le sexe n’y définit nul rapport.
Wenn ich sage, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, dann bringe ich die Wahrheit vor, dass beim sprechenden Wesen das Geschlecht, le sexe, keinerlei Verhältnis definiert.
Ce n’est pas que je nie la différence qu’il y a, dès le plus jeune âge, entre ce qu’on appelle une petite fille et un petit garçon, c’est même de là que je pars.
Das heißt nicht, dass ich den Unterschied bestreite, den es vom frühesten Alter an zwischen dem gibt, was man ein kleines Mädchen nennt, und dem, was man einen kleinen Jungen nennt; von da gehe ich sogar aus.
Attrapez tout de suite, comme ça, que vous ne savez pas, quand je pars de là, de quoi je parle.
Machen Sie sich sofort klar, dass Sie – wenn ich von da ausgehe – nicht wissen, wovon ich spreche.
Je ne parle pas de la fameuse petite différence qui est celle pour laquelle, à l’un des deux il paraîtra… quand il sera sexuellement mûr …il paraîtra tout à fait de l’ordre d’un bon mot, du mot d’esprit, de pousser :
Ich spreche nicht von dem berühmten kleinen Unterschied, von demjenigen, bei dem es einem der beiden, wenn er die sexuelle Reife erlangt hat, als eine Art Bonmot oder Witz erscheinen mag, auszustoßen:
« Hourra ! Hourra pour la petite différence ! »
„Ein Hoch! Ein Hoch auf den kleinen Unterschied!“21
Rien que ça soit drôle suffit à nous indiquer, dénote, fait référence, au rapport complexuel… c’est-à-dire au fait tout inscrit dans l’expérience analytique, et qui est ce à quoi nous a mené l’expérience de l’inconscient, sans lequel il n’y aurait pas de mot d’esprit …au rapport complexuel avec cet organe.
Dass das komisch ist, genügt uns bereits als Hinweis; es denotiert, es bezieht sich auf das komplexhafte Verhältnis – das heißt auf die Tatsache, die in die analytische Erfahrung tief eingeschrieben ist, nämlich die, zu der uns die Erfahrung des Unbewussten gebracht hat, ohne welches es keinen Witz gäbe –, auf das komplexhafte Verhältnis zu diesem Organ.
La petite différence, déjà détaché très tôt comme organe, ce qui est déjà tout dire : organon, instrument.
Der kleine Unterschied, schon sehr früh als Organ herausgelöst – womit bereits alles gesagt ist: organon, Werkzeug.22
Est-ce qu’un animal a l’idée qu’il a des organes ?
Hat ein Tier die Vorstellung, dass es Organe hat?
Depuis quand a‑t-on vu ça ? et pour quoi faire ?
Wann hätte man das gesehen? und um was zu tun?
Suffira-t-il d’énoncer : Tout animal… c’est une façon de reprendre ce que j’ai énoncé récemment à propos de la supposition de la jouissance dite sexuelle comme instrumentale chez l’animal.
Genügt es zu sagen: Jedes Tier …; in dieser Form greife ich auf, was ich kürzlich zu der Annahme gesagt habe, die als sexuell bezeichnete Jouissance – die als sexuell bezeichnete Lust, der als sexuell bezeichnete Genuss – habe beim Tier einen instrumentellen Charakter.
J’ai raconté ça ailleurs, ici je le dirai autrement : Tout animal qui a des pinces ne se masturbe pas. [Gelächter]
Ich habe andernorts darüber gesprochen23, hier möchte ich es auf andere Weise sagen: Jedes Tier, das Scheren hat, masturbiert nicht. [Gelächter]
C’est la différence entre l’homme et le homard ! [Gelächter]
Das ist der Unterschied entre l’homme et le homard, zwischen dem Menschen / dem Mann und dem Hummer.24 [Gelächter]
Voilà, ça fait toujours son petit effet.
Na also, das hat immer einen kleinen Effekt.
Moyennant quoi, vous échappe ce que cette phrase a d’historique.
Wodurch Ihnen entgeht, was dieser Satz an Historischem hat.
Ce n’est pas du tout à cause de ce qu’elle asserte – je ne dis rien de plus : elle asserte – mais de la question qu’elle introduit au niveau de la logique.
Nicht etwa aufgrund dessen, was er behauptet – mehr sage ich nicht: er behauptet –, sondern aufgrund der Frage, die er auf der Ebene der Logik einführt.
Ça y est caché.
Das ist darin versteckt.
Mais c’est la seule chose que vous n’y ayez pas vue – c’est qu’elle contient le pas-tout qui est très précisément et très curieusement ce qu’élude la logique aristotélicienne pour autant qu’elle a produit et détaché la fonction des prosdiorismes qui ne sont rien d’autre que ce que vous savez, à savoir l’usage de tout, [griechisch] pan, de quelques, [griechisch] ti, autour de quoi Aristote fait les premiers pas de la logique formelle.
Das ist jedoch das einzige, was Sie nicht gesehen haben, nämlich dass er das pas tout enthält, nicht jedes / nicht alle25, das merkwürdigerweise genau das ist, dem die aristotelische Logik ausgewichen ist, als sie die Funktion der Prosdiorismen herausstellte, herauslöste, wobei die Prosdiorismen nichts anderes sind als etwas, das Sie kennen, nämlich die Verwendung von alle, [griechisch] pan, und von einige, [griechisch] ti, um die herum Aristoteles die ersten Schritte der formalen Logik getan hat.
{14} Ces pas sont lourds de conséquences, c’est eux qui ont permis d’élaborer ce qu’on appelle la fonction des quantificateurs.
Diese Schritte hatten beträchtliche Folgen, sie haben es ermöglicht, etwas auszuarbeiten, das man als Quantorenfunktion bezeichnet.
C’est avec le tout, que s’établit la place vide dont je parlais tout à l’heure.
Mit dem alle wird die Leerstelle eingesetzt, von der ich eben gesprochen habe.26
Quelqu’un comme Frege ne manque pas quand il commente la fonction de l’assertion, devant laquelle il place – l’assertion en rapport à une fonction vraie ou fausse Phi de x [Φ(x)], il lui faut… pour que x ait existence d’argument, ici placé dans ce petit creux, image de la |[4] place vide …qu’il y ait quelque chose qui s’appelle tout x, qui convienne à la fonction.
Der Ausdruck, den Lacan an die Tafel schreibt
Der entsprechende Ausdruck in Freges Begriffsschrift27
Jemand wie Frege versäumt es nicht, wenn er die Funktion des Urteils kommentiert, der assertion, wovor er platziert –; des Urteils im Verhältnis zu einer wahren oder falschen Funktion Phi von x [Φ(x)], dass es nötig ist, damit x als Argument Existenz hat – das x, das hier [im waagerechten Strich] in dieser kleinen Höhlung verortet ist, Bild der Leerstelle –, dass es etwas gibt, das alle x genannt wird, das der Funktion zukommt.28
L’introduction du pas-tout est ici essentielle.
Wesentlich ist hier die Einführung des nicht-alle.
Le pas-tout n’est pas cette universelle négativée.
Das nicht-alle ist nicht die negativierte Allgemeinaussage.29
Le pas-tout, ça n’est pas nul, ça n’est pas nommément nul animal qui ait des pinces se masturbe, c’est : Non pas tout animal qui a des pinces… est par là nécessité à ce qui suit.
Das nicht-alle ist nicht kein30, das ist insbesondere nicht Kein Tier, das Scheren hat, masturbiert, das ist [vielmehr] Nicht jedes Tier, non pas tout animal, das Scheren hat, ist dadurch zu dem genötigt, was dann folgt.31
Il y a organe et organe, comme il y a fagot et fagot, celui qui porte les coups et celui qui les reçoit.
Es gibt Organ und Organ, so wie es diesen und diesen gibt32 – denjenigen, der die Schläge austeilt, und denjenigen, die sie empfängt.
Et ceci nous porte au cœur de notre problème.
Und das führt uns zum Kern unseres Problems.
Car vous voyez qu’à simplement en ébaucher le premier pas, nous glissons ainsi au centre – sans avoir même eu le temps de nous retourner – au centre de quelque chose où il y a bien une machine qui nous porte.
Denn Sie sehen, indem wir einfach den ersten Schritt andeuten, gleiten wir damit – ohne auch nur Zeit gehabt zu haben, uns umzudrehen – ins Zentrum, ins Zentrum von etwas, wo es eine Maschine gibt, die uns trägt.
C’est la machine que je démonte.
Das ist die Maschine, die ich auseinandernehme.
Mais – j’en fais la remarque à l’usage de certains – ce n’est pas pour démontrer que c’est une machine, encore bien moins pour qu’un discours soit pris pour une machine, comme le font certains justement à vouloir s’embrayer sur le mien, de discours.
Jedoch – diesen Hinweis stelle ich einigen zur Verfügung – nicht um zu zeigen, dass das eine Maschine ist, und noch weniger, damit ein Diskurs für eine Maschine gehalten wird, wie einige es tun, in der Absicht, sich an den meinen anzukoppeln.33
En quoi, ce qu’ils démontrent, c’est qu’ils n’embrayent pas sur ce qui fait un discours, à savoir le réel qui y passe.
Womit sie demonstrieren, dass sie nicht an das ankoppeln, was einen Diskurs ausmacht, nämlich das Reale, das durch ihn hindurchgeht.
Démontrer34 la machine n’est pas du tout la même chose que ce que nous venons de faire, c’est-à-dire d’aller sans plus de façons au trou du système, c’est-à-dire à l’endroit où le réel passe par vous.
Die Maschine zu demonstrieren ist keineswegs dasselbe wie das, was wir gerade getan haben, nämlich ohne Umschweife zum Loch des Systems zu gehen, also zu dem Ort, an dem das Reale durch Sie hindurchgeht.
Et comment qu’il passe, puisqu’il vous aplatit !
Und wie es hindurchgeht, denn das macht Sie platt!
Naturellement, moi j’aimerais, j’aimerais bien, j’aimerais beaucoup mieux, j’aimerais sauver votre canaillerie naturelle qui est bien ce qu’il y a de plus sympathique, mais qui hélas, hélas toujours recommençant comme dit l’autre, en vient à se réduire à la bêtise par l’effet même de ce discours qui est celui que je démontre.
Natürlich, was mich angeht, ich würde gern, ich würde sehr gern, ich würde viel lieber, ich würde gern Ihr natürliches Schurkentum retten, das ist ja wirklich das Sympathischste; das läuft jedoch darauf hinaus – ach, ach, immer wieder beginnend, wie mal jemand sagte35 –, sich auf die Dummheit zu reduzieren, eben durch die Wirkung des Diskurses, den ich demonstriere.36
En quoi vous devez sentir, sur |{15} l’instant, qu’il y a au moins deux façons de le démontrer ce discours, restant ouvert que la mienne, de façon, ça soit encore une troisième.
Wodurch Sie unmittelbar spüren müssen, dass es mindestens zwei Arten gibt, diesen Diskurs zu demonstrieren, und wobei offen bleibt, ob meine Art noch eine dritte wäre.
Il faut pas me forcer à insister, bien sûr, sur cette énergétique de la canaillerie et de la bêtise, auxquelles je ne fais jamais allusion que lointaine.
Man darf mich natürlich nicht zwingen, auf dieser Energetik von Schurkerei und Dummheit zu beharren, auf die ich immer nur entfernt anspiele.37
Du point de vue de l’énergétique, bien sûr, ça ne tient pas, elle est purement métaphorique.
Unter dem Aspekt der Energetik ist das natürlich nicht haltbar, die Energetik ist hier rein metaphorisch.
Mais elle est de cette veine de métaphore dont l’être parlant subsiste, je veux dire qu’elle fait pour lui le pain et le levain.
Sie gehört jedoch zu der Art von Metapher, von der das sprechende Wesen zehrt, ich meine, die für es das tägliche Brot darstellt.
Je vous ai donc demandé grâce, sur le point de l’insistance.
Ich habe Sie also, was das Insistieren betrifft, um Gnade gebeten.
C’est dans l’espoir que la théorie y supplée.
Das geschieht in der Hoffnung, dass die Theorie y supplée, dass sie hier einspringen möge.
Vous entendez l’accent du |[5] subjonctif.
Sie hören den Akzent des Subjonctifs.38
Je l’ai isolé parce que ça en aurait pu être recouvert par l’accent interrogatif.
Ich habe ihn isoliert, weil das durch die fragende Intonation hätte verdeckt sein können.
Pensez à tout ça, comme ça, au moment où ça passe, et spécialement pour ne pas manquer ce qui vient là, à savoir le rapport de l’inconscient à la vérité.
Denken Sie doch an all das in dem Moment, in dem das geschieht, vor allem um das, was hier kommt, nicht zu verfehlen, nämlich das Verhältnis des Unbewussten zur Wahrheit.
La bonne théorie, et c’est elle qui fraye la voie, la voie même où l’inconscient en était réduit à insister.
Die gute Theorie, sie ist es, die den Weg bahnt, eben den Weg, auf dem das Unbewusste darauf reduziert war zu insistieren.
Il n’aurait plus à le faire si la voie était bien frayée, mais ça ne veut pas dire que tout serait résolu pour ça, bien au contraire.
Das müsste es nicht mehr tun, wenn der Weg gut gebahnt wäre, das heißt jedoch nicht, dass damit alles gelöst wäre, ganz im Gegenteil.
La théorie, puisqu’elle donnerait cette aise, devrait elle-même être légère, légère au point de ne pas avoir l’air d’y toucher.
Da die Theorie diese Leichtigkeit geben würde, sollte sie selbst leicht sein, so leicht, dass es gar nicht den Anschein hat, dass sie daran rührt.
Elle devrait avoir le naturel que – jusqu’à ce jour – n’ont que les erreurs.
Sie sollte das Natürliche haben, das bis heute nur die Irrtümer haben.
Pas toutes, une fois de plus, bien sûr !
Nicht alle – ein weiteres Mal, natürlich!
Mais ça rend-il plus sûr qu’il y en ait certaines à soutenir ce naturel dont tant d’autres font semblant ?
Aber wird es dadurch sicherer, dass es welche gibt, die das Natürliche stützen, das von so vielen anderen vorgetäuscht wird?
Voilà, j’avance que pour que celles-ci – les autres – puissent faire semblant, il faut que de ces erreurs, à soutenir le naturel, il y en ait au moins une homoinzune. [Lacan schreibt das Wort an die Tafel.]
Also ich behaupte, damit diese da – die anderen – etwas vortäuschen können / Schein bilden können (faire semblant), muss es unter diesen Irrtümern, die das Natürliche stützen, zumindest einen geben, homoinzune. [Lacan schreibt das Wort „homoinzune“ an die Tafel, lautgleich mit „au moins une (erreur)“, zumindest einen (Irrtum).] 39
Reconnaissez ce que j’ai déjà écrit l’année dernière, avec une terminaison différente, très précisément à propos de l’hystérique et de l’hommoinzun qu’elle exige.
Sie sollten hier etwas wiedererkennen, das ich bereits im letzten Jahr angeschrieben habe, mit anderer Endung, nämlich zur Hysterikerin und zum hommoinzun – zum Zumindesteinen / zum Mann-minus-einen –, den sie fordert.40
Cette hommoinzune, le rôle, c’est évident, ne saurait en être mieux soutenu que par le naturel lui-même.
Dieser Zumindesteiner –, diese Rolle, das ist evident, könnte nicht besser gestützt werden als durch das Natürliche selbst.
C’est en quoi je niais au départ – c’est en quoi au contraire – c’est en quoi je ne niais pas au départ la différence qu’il y a… parfaitement notable et dès le premier âge …entre une petite fille et un petit garçon, et que cette différence qui s’impose comme native est bien en effet naturelle, c’est-à-dire répond à ceci que ce qu’il y a de réel dans le fait que dans l’espèce qui se dénomme elle-même… comme ça fille de ses œuvres, en ça comme en beaucoup d’autres choses …qui se dénomme homo sapiens, les sexes paraissent se répartir en deux nombres à peu près égaux d’individus et qu’assez tôt – plus tôt qu’on ne l’attend – ces individus se distinguent.
Deshalb habe ich zu Beginn bestritten, deshalb habe ich –, im Gegenteil, deshalb habe ich zu Beginn nicht den Unterschied bestritten, den es völlig bemerkbar und vom frühesten Alter an zwischen einem kleinen Mädchen und einem kleinen Jungen gibt; und dass dieser Unterschied, der sich als angeboren aufdrängt, ganz natürlich ist, das heißt, darauf antwortet, dass das, was an Realem in der Tatsache liegt, dass in der Gattung, die sich selbst bezeichnet – worin sie die Tochter ihrer Werke ist, wie in vielen anderen Dingen auch –, die sich selbst als homo sapiens bezeichnet, dass sich in dieser Gattung die Geschlechter in zwei ungefähr gleich große Anzahlen von Individuen aufzuteilen scheinen und dass sich diese Individuen ziemlich früh – früher als man erwartet – voneinander unterscheiden.
Ils se distinguent, c’est certain.
Sie unterscheiden sich, das ist sicher.
…
Seulement, je vous le fais remarquer en passant, ça ne fait pas partie d’une logique.
Nur, ich mache Sie am Rande darauf aufmerksam, das gehört nicht zu einer Logik.
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Seulement, ils ne se reconnaissent comme êtres parlants qu’à rejeter cette distinction par toutes sortes d’identifications dont c’est la monnaie |{16} courante de la psychanalyse que de s’apercevoir que c’est le ressort majeur des phases de chaque enfance.
Nur, sie erkennen sich als sprechende Wesen nur an, indem sie diese Unterscheidung verwerfen, durch alle Arten von Identifizierungen, wobei es in der Psychoanalyse gängige Münze ist, das so aufzufassen, dass dies die Haupttriebfeder der Phasen einer jeden Kindheit ist.
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Mais ça c’est une simple parenthèse.
Aber das ist nur eine Parenthese.
|[6] L’important logiquement est ceci : c’est que ce que je ne niais pas – c’est justement là le glissement – c’est qu’ils se distinguent.
Das logisch Wichtige ist Folgendes, nämlich dass ich nicht bestreite – genau hier gibt es das Gleiten [der Bedeutung] –, dass sie sich unterscheiden.
C’est un glissement.
Hier gibt es ein Gleiten.
Ce que je ne niais pas ce n’est justement pas cela, ce que je ne niais pas c’est qu’on les distingue, ce n’est pas eux qui se distinguent.
Was ich nicht bestreite, ist nicht dies; was ich nicht bestreite ist, dass man sie unterscheidet, es sind nicht sie, die sich unterscheiden.
C’est comme ça qu’on dit : Oh ! le vrai petit bonhomme, comme on voit déjà qu’il est tout à fait différent d’une petite fille, il est inquiet, enquêteur – hein ! – déjà en mal de gloriole.
Man sagt ja so: O, ein richtiger kleiner Mann, man sieht ja schon, dass er ganz anders ist als ein kleines Mädchen, er ist unruhig, ein Forscher – nicht wahr! –, er hat bereits Probleme mit der Angeberei.
Alors que la petite fille est loin de lui ressembler.
Während das kleine Mädchen ihm überhaupt nicht ähnelt.
Elle ne pense déjà qu’à jouer de cette sorte d’éventail qui consiste à se fourrer sa figure dans un trou et à refuser de dire bonjour.
Sie denkt bereits nur daran, mit dieser Art Fächer zu spielen, der darin besteht, dass sie ihr Gesicht in einem Loch versteckt und sich weigert, guten Tag zu sagen.
Seulement voilà, on ne s’émerveille de ça que parce que c’est comme ça, c’est-à-dire exactement comme ça sera plus tard, soit conforme aux types d’homme et de femme tels qu’ils vont se constituer de tout autre chose, à savoir de la conséquence, du prix qu’aura pris dans la suite la petite différence.
Allerdings, man gerät nur deshalb darüber in Entzücken, weil das so ist, das heißt so, wie es später sein wird, nämlich in Übereinstimmung mit dem Typus des Mannes und der Frau, wie sie sich von etwas ganz anderem her bilden werden, nämlich von den Folgen her, von dem Preis her, den später der kleine Unterschied haben wird.
Inutile d’ajouter que la petite différence, hourra !, était déjà là pour les parents depuis une paye, et qu’elle a déjà pu avoir des effets sur la façon dont a été traité petit bonhomme et petite bonne femme.
Überflüssig hinzuzufügen, dass es den kleine Unterschied, hurra!, für die Eltern bereits seit einer Ewigkeit gab und dass er sich bereits darauf auswirken konnte, wie Kleinermann und Kleinefrau behandelt wurden.
C’est pas sûr, c’est pas toujours comme ça.
Das ist nicht sicher, das ist nicht immer so.
Mais il n’y a pas besoin de ça pour que le jugement de reconnaissance des adultes circonvoisins repose donc sur une erreur, celle qui consiste à les reconnaître, sans doute de ce dont ils se distinguent, mais à ne les reconnaître qu’en fonction des critères formés sous la dépendance du langage, si tant est que comme je l’avance, c’est bien de ce que l’être soit parlant qu’il y a complexe de castration.
Aber das braucht es gar nicht dafür, dass das Anerkennungsurteil der Erwachsenen im Umfeld auf einem Irrtum beruht, der darin besteht, sie zwar von dem her anzuerkennen, worin sie sich unterscheiden, sie jedoch nur nach Kriterien anzuerkennen, die sich in Abhängigkeit von der Sprache gebildet haben, wenn es denn so ist, wie ich behaupte, nämlich dass es Kastrationskomplex von daher gibt, dass das [Menschen-]Wesen sprechend ist.
Je rajoute ça pour insister, pour que vous compreniez bien ce que je veux dire.
Ich füge das hinzu um zu insistieren, damit Sie wirklich verstehen, was ich sagen will.
Donc, c’est en ça que l’hommoinzune, d’erreur, rend consistant le naturel d’ailleurs incontestable de cette vocation prématurée, si je puis dire, que chacun éprouve pour son sexe.
Auf diese Weise also macht der Zumindesteine des Irrtums das Natürliche konsistent, das Natürliche, das im Übrigen unbestreitbar ist, von dieser vorzeitigen Berufung her, wenn ich so sagen kann, die ein jeder für sein Geschlecht, für sein sexe, erfährt.
Il faut d’ailleurs ajouter, bien sûr, que dans le cas où cette vocation n’est pas patente, ça n’ébranle pas l’erreur puisque, elle peut se compléter avec aisance de s’attribuer à la nature comme telle, ceci, bien sûr, non moins naturellement.
Man muss hier sicherlich hinzufügen, dass dann, wenn diese Berufung nicht offenkundig ist, der Irrtum dadurch nicht erschüttert wird, denn er kann mit Leichtigkeit vervollständigt werden, indem er der Natur als solcher zugeschrieben wird, und das sicherlich nicht weniger natürlich.
Quand ça ne colle pas, on dit C’est un garçon manqué – n’est-ce pas ?
Wenn das nicht hinhaut, sagt man An ihr ist ein Junge verloren gegangen, nicht wahr?
Et dans ce cas là, le manque a toute facilité pour être considéré comme réussite dans la mesure où rien n’empêche qu’on lui impute, à ce manque, un supplément de féminité.
Und in diesem Fall macht es keine Mühe, den Mangel als Erfolg anzusehen, insofern nichts daran hindert, diesem Mangel ein Supplement an Weiblichkeit zuzuschreiben.
La femme, la vraie, la petite bonne femme, se cache derrière ce manque même.
Die Frau, die wahre, das Frauchen, versteckt sich hinter eben diesem Mangel.
C’est un raffinement tout à fait d’ailleurs pleinement conforme à ce que nous enseigne l’inconscient, |[7] de ne réussir jamais mieux qu’à rater.
Das ist eine Raffinesse, die übrigens mit dem, was uns das Unbewusste lehrt, ganz und gar übereinstimmt, nämlich dass man nie mehr Erfolg hat als dann, wenn man scheitert.
|{17} Dans ces conditions, pour accéder à l’autre sexe, il faut réellement payer le prix, justement celui de la petite différence, qui passe trompeusement au réel par l’intermédiaire de l’organe, justement à ce qu’il cesse d’être pris pour tel, et du même coup révèle ce que veut dire d’être organe : un organe n’est instrument que par le truchement de ceci dont tout instrument se fonde, c’est que c’est un signifiant.
Unter diesen Bedingungen muss man, um Zugang zum anderen Geschlecht zu haben, real den Preis zahlen, nämlich den der kleinen Differenz, die, durch Vermittlung des Organs, auf trügerische Weise ins Reale übergeht, und zwar dann, wenn das Organ aufhört, für ein solches gehalten zu werden, wobei es zugleich enthüllt, was es heißt, ein Organ zu sein – ein Organ ist Instrument nur durch das, worauf jedes Instrument sich gründet, nämlich dass es ein Signifikant ist.
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Eh bien, c’est en tant que signifiant que le transsexualiste n’en veut plus et pas en tant qu’organe.
Als Signifikant will der Transsexualist es nicht mehr und nicht, weil es ein Organ ist.41
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En quoi il pâtit d’une erreur, qui est l’erreur justement commune.
Worin er einem Irrtum erliegt, dem ganz gewöhnlichen Irrtum.
Sa passion, au transsexualiste, est là folie de vouloir se libérer de cette erreur, l’erreur commune qui ne voit pas que le signifiant, c’est la jouissance et que le phallus n’en est que le signifié.
Die Leidenschaft des Transsexualisten besteht in dem Wahn, sich von diesem Irrtum befreien zu wollen, von dem üblichen Irrtum, der nicht sieht, dass der Signifikant die Jouissance ist und dass der Phallus nur ihr Signifikat ist, ihr signifié ist.42
Le transsexualiste ne veut plus être signifié phallus par le discours sexuel, qui – je l’énonce – est impossible.
Der Transsexualist will durch den sexuellen Diskurs – der, so behaupte ich, unmöglich ist – nicht mehr als Phallus bezeichnet werden, ne veut plus être signifié phallus.
Il n’a qu’un tort, c’est de vouloir le forcer le discours sexuel qui, en tant qu’impossible, est le passage du réel, à vouloir le forcer par la chirurgie.
Er macht nur einen Fehler, dass er ihn zwingen will, den sexuellen Diskurs, der, als unmöglich, der Durchgang des Realen ist, dass er ihn durch Chirurgie zwingen will.
Voilà, c’est la même chose que ce que j’ai énoncé dans un certain programme pour un certain congrès sur la sexualité féminine.
Das ist dasselbe wie das, was ich in einer bestimmten Programmschrift für einen bestimmten Kongress über weibliche Sexualität geäußert habe.43
Seule, disais-je – pour ceux qui savent lire, bien sûr – seule, disais-je, l’homosexuelle – à écrire là au féminin – soutient le discours sexuel en toute sécurité.
Einzig, so sagte ich – natürlich zu denen, die zu lesen verstehen –, einzig die Homosexuelle, sagte ich, stützt mit völliger Sicherheit den sexuellen Diskurs.44
Ce pourquoi j’invoquais le témoignage des Précieuses – qui vous le savez, restent pour moi un modèle – les Précieuses qui, si je puis dire, définissent si admirablement l’Ecce homo… permettez-moi d’arrêter là le mot : l’excès au mot / l’Ecce homo de l’amour, parce que elles, elles ne risquent pas de prendre le phallus pour un signifiant.
Deshalb hatte ich das Zeugnis der Preziösen aufgerufen45 – die, wie Sie wissen, für mich ein Modell bleiben –, der Preziösen46, die, wenn ich so sagen darf, auf so bewundernswerte Weise das Ecce homo definieren – gestatten Sie mir, darin das mot festzuhalten, das „Wort“: l’excès au mot, den „Überschuss am Wort“ / das Ecce homo der Liebe, denn sie laufen nicht Gefahr, den Phallus für einen Signifikanten zu halten.47
Fi-donc / φ‑donc ! signiφ donc !
Fi-donc! (Pfui!) / φ-donc! (phi also!), signiφ donc! (bedeute also!)
Ce n’est qu’à briser le signifiant dans sa lettre qu’on en vient à bout au dernier terme.
Nur wenn man den Signifikanten bis zu seinem Buchstaben hin aufbricht, gelangt man schließlich zum letzten Term.
Il est fâcheux pourtant que cela ampute pour elle – l’homosexuelle – le discours psychanalytique.
Es ist jedoch misslich, dass dies für sie – für die Homosexuelle – den psychoanalytischen Diskurs amputiert.
Car ce discours – c’est un fait – les remet, les très chères, dans un aveuglement total sur ce qu’il en est de la jouissance féminine.
Denn dieser Diskurs – das ist eine Tatsache – versetzt sie, die Teuersten, in eine vollständige Blindheit in Bezug auf die weibliche Jouissance.
Contrairement à ce qu’on peut lire dans un célèbre drame d’Apollinaire …celui qui introduit le mot « surréaliste » …Thérèse revient à Tirésias – je viens de parler d’aveuglement, n’oubliez pas – non en lâchant, mais en récupérant les deux oiseaux dit de sa faiblesse, je cite Apollinaire – pour ceux qui ne l’auraient pas lu, soit les petits gros ballons qui, sur le théâtre, les représentent et qui sont peut-être… je dis peut-être, parce que je ne veux |[8] pas détourner votre attention, je me contente d’un peut-être …qui sont peut-être ce grâce à quoi la femme ne sait jouir que dans une absence.
Im Gegensatz zu dem, was man in einem berühmten Drama von Apollinaire, in welchem das Wort „surrealistisch“ eingeführt wird, sehen kann, wird Thérèse nicht etwa dadurch wieder zu Tiresias – ich habe gerade von Blindheit gesprochen, vergessen Sie das nicht –, nicht dadurch, dass sie die beiden Vögel ihrer Schwäche freilässt, ich zitiere Apollinaire, sondern dadurch, dass sie sie wieder einfängt – für diejenigen, die das möglicherweise nicht gelesen haben, also die kleinen dicken Ballons, durch die sie auf dem Theater repräsentiert werden und die vielleicht das sind, ich sage vielleicht – da ich Ihre Aufmerksamkeit nicht ablenken möchte, begnüge ich mich mit einem vielleicht –, die vielleicht das sind, wodurch die Frau nur in einer Abwesenheit Jouissance zu haben weiß.48
|{18} L’homosexuelle n’est pas du tout absente dans ce qu’il lui reste de jouissance.
Die Homosexuelle ist ganz und gar nicht abwesend in dem, was ihr an Jouissance bleibt.49
Je le répète, cela lui rend aisé le discours de l’amour, mais il est clair que ça l’exclut du discours psychanalytique qu’elle ne peut guère que balbutier.
Ich wiederhole es, das macht ihr den Liebesdiskurs leicht; es ist jedoch klar, dass sie dadurch aus dem psychoanalytischen Diskurs ausgeschlossen wird, den sie nur gerade eben stammeln kann.50
Alors, essayons d’avancer.
Also, versuchen wir voranzukommen!
Vu l’heure, je ne pourrai qu’indiquer rapidement ceci : que pour ce qu’il en est de tout ce qui se pose comme ce rapport sexuel, l’incitant, l’instituant par une sorte de fiction qui s’appelle le mariage, la règle serait bonne que le psychanalyste se dise, sur ce point : qu’ils se débrouillent comme ils pourront.
Angesichts der vorangeschrittenen Zeit kann ich jetzt nur schnell auf Folgendes hinweisen, dass bei all dem, was sich als dieses sexuelle Verhältnis hinstellt – wobei es angereizt und eingesetzt wird durch eine Art Fiktion, die sich „Ehe“ nennt –, dass eine gute Regel die wäre, dass der Psychoanalytiker sich dazu sagt: Mögen sie damit zurechtkommen wie sie können.
C’est ça qu’il suit dans la pratique.
Das befolgt er in der Praxis.
Il ne le dit pas, ni même ne se le dit par une sorte de fausse honte, car il se croit en devoir de pallier à tous les drames.
Er sagt es nicht und sagt es nicht einmal zu sich selbst, aus einer Art falscher Scham, denn er glaubt, er müsse bei sämtlichen Dramen Abhilfe schaffen.
C’est un héritage de pure superstition.
Das ist ein Erbe des reinen Aberglaubens.
Il fait le médecin ; jamais le médecin ne s’était mêlé d’assurer le bonheur conjugal.
Er spielt den Arzt; nie [jedoch] hat der Arzt sich eingemischt, um das eheliche Glück zu sichern.
Et, comme le psychanalyste ne s’est pas encore aperçu qu’il n’y a pas de rapport sexuel, naturellement le rôle de providence des ménages le hante.
Und da der Psychoanalytiker noch nicht mitbekommen hat, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, drängt es ihn natürlich, die Rolle des Schutzengels der Eheleute zu spielen.
Serinette
mechanische Orgel, um Girlitzen (serins) durch wiederholtes Vorspielen ein Lied beizubringen (seriner)
Tout ça, n’est-ce pas… la fausse honte, la superstition et l’incapacité de formuler une règle précise sur ce point, celle que je viens d’énoncer là : qu’ils se débrouillent… …relève de la méconnaissance de ceci – que son expérience lui répète, mais je pourrais même dire : lui serine – qu’il n’y a pas de rapport sexuel.
All dies, nicht wahr – die falsche Scham, der Aberglaube und die Unfähigkeit, hierzu eine präzise Regel aufzustellen, diejenige, die ich hier soeben formuliert habe: mögen Sie damit zurechtkommen –, all dies gehört zum Verkennen dessen, was ihm die Erfahrung immer wieder zeigt, ich könnte sogar sagen: was sie ihm serine – was sie ihm vorzwitschert51 –, nämlich dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.
Il faut dire que l’étymologie de seriner nous conduit tout droit à « sirène ».
Man muss sagen, dass die Etymologie von seriner uns direkt zu Sirene führt.52
C’est textuel, c’est dans le Dictionnaire étymologique, c’est pas moi qui me livre ici tout d’un coup à un chant analogue.
Das ist wörtlich so, das steht so im Etymologischen Wörterbuch53; das bin nicht ich, der ich mich hier plötzlich einem entsprechenden Gesang hingebe.
C’est sans doute pour ça que le psychanalyste – comme Ulysse le fait en telle conjoncture – reste attaché à un mât. Oui.
Das ist sicherlich der Grund dafür, dass der Psychoanalytiker – wie Odysseus das in einer solchen Konstellation macht – an einen Mast gebunden bleibt. Jawohl.
Naturellement pour que ça dure – ce qu’il entend comme le chant des Sirènes, c’est-à-dire en restant enchanté, c’est-à-dire en l’entendant tout de travers – eh bien, le mât, ce fameux mât dans lequel naturellement vous ne pouvez pas ne pas reconnaître le phallus, c’est-à-dire le signifié majeur, global, eh bien, il y reste attaché et ça arrange tout le monde.
Natürlich damit das fortdauert – das, was er als Sirenengesang vernimmt, das heißt, indem er verzaubert bleibt, das heißt, indem er es völlig falsch versteht –, also der Mast, der berühmte Mast, in welchem Sie unmöglich den Phallus verkennen können, das heißt das hauptsächliche, globale Signifikat, also er bleibt daran gebunden und das kommt allen sehr gelegen.
Ça n’arrange quand même tout le monde qu’en ceci que ça n’a aucune conséquence fâcheuse, puisque c’est fait pour ça, pour le navire psychanalytique lui-même, c’est-à-dire pour tous ceux qui sont dans le même bateau.
Das kommt jedoch nur insofern allen gelegen, als das keine unerfreulichen Konsequenzen hat, denn dafür ist das gemacht, für das psychoanalytische Schiff selbst, das heißt für all diejenigen, die im selben Boot sitzen.54
{19} Il n’en reste pas moins qu’il l’entend de travers ce serinage de l’expérience, et que c’est pour ça que jusqu’à maintenant, ça reste un domaine privé – un domaine privé, j’entends, pour ceux qui sont sur le même bateau.
Das ändert nichts daran, dass er es falsch versteht, dieses Einhämmern (serinage) der Erfahrung, und dass es deshalb bisher ein privater Bereich geblieben ist – ich meine, ein Privatbereich für diejenigen, die im selben Boot sind.
Ce qui se passe sur ce bateau, où il y a aussi des |[9] êtres des deux sexes, est pourtant remarquable.
Was auf diesem Boot geschieht, auf dem es außerdem Wesen beiderlei Geschlechts gibt, ist jedoch bemerkenswert.
Ce qu’il arrive que j’en entende par la bouche de gens qui parfois viennent me visiter, de ces bateaux… moi qui suis – mon Dieu ! – sur un autre, que ne régissent pas les mêmes règles …serait pourtant assez exemplaire, si la façon dont j’en ai vent n’était pas si particulière.
Was da geschieht, wovon ich aus dem Munde von Leuten höre, die mich von diesen Booten her bisweilen aufsuchen – mich, mein Gott, der ich auf einem anderen bin, auf dem nicht dieselben Regeln gelten –, das wäre allerdings ziemlich exemplarisch, falls die Art und Weise, wie ich davon Wind bekomme, nicht so speziell wäre.55
À étudier ce qu’il ressort d’un mode de méconnaissance de ce qui fait le discours psychanalytique, à savoir les conséquences que ça en a sur ce que j’appellerai le style de ce qui se rapporte à la liaison – puisque, enfin l’absence du rapport sexuel est très manifestement ce qui n’empêche pas, bien loin de là, la liaison, mais ce qui lui donne ses conditions – ceci permettrait peut-être d’entrevoir ce qui pourrait résulter du fait que le discours psychanalytique reste logé sur ces bateaux où actuellement il vogue et dont quelque chose laisse craindre qu’il reste le56 privilège.
Wenn ich das studiere, was aus einem Modus des Verkennens dessen hervorgeht, was den psychoanalytischen Diskurs ausmacht, nämlich die Konsequenzen, die dieser von daher für etwas hat, was ich den Stil dessen nennen möchte, was sich auf die Liaison bezieht – denn die Abwesenheit des sexuellen Verhältnisses ist ganz offenkundig nicht das, wodurch die Liaison verhindert wird, weit gefehlt, sondern das, was ihr die Bedingungen liefert –, dann lässt das vielleicht erahnen, was sich daraus ergeben könnte, dass der psychoanalytische Diskurs auf den Schiffen, auf denen er gegenwärtig segelt, beheimatet bleibt, und wobei etwas befürchten lässt, dass er das Privileg bleibt.
Il se pourrait que quelque chose de ce style vienne à dominer le registre des liaisons dans ce qu’on appelle improprement le vaste champ du monde, et à la vérité ça n’est pas rassurant.
Es könnte sein, dass etwas von diesem Stil dazu gelangt, das Register der verschiedenen Liaisons zu beherrschen, in dem, was man unangemessenerweise die weite Welt nennt, und das ist wahrhaft nicht beruhigend.
Ça serait sûrement encore plus fâcheux que l’état présent qui est tel que c’est à cette méconnaissance que je viens de pointer, que c’est d’elle que ressortit ce qui après tout n’est pas injustifié, à savoir ce qu’on voit souvent à l’entrée de la psychanalyse : les craintes manifestées, ma foi, par les sujets, qui ne savent pas que c’est en somme d’en croire le silence psychanalytique institutionnalisé sur le point de ce qu’il n’y a pas de rapport sexuel qui évoque, chez ces sujets, ces craintes, à savoir – mon Dieu ! – de tout ce qui peut rétrécir, affecter les relations intéressantes, les actes passionnants, voire les perturbations créatrices que nécessite cette absence de rapport.
Das wäre sicherlich noch unerfreulicher als der gegenwärtige Zustand, der so ist, dass aus dem Verkennen, auf das ich soeben hingewiesen habe, etwas hervorgeht, das letztlich nicht unberechtigt ist, etwas, das man häufig zu Beginn einer Psychoanalyse sieht: die Befürchtungen, die nun einmal von den Subjekten bekundet werden, die nicht wissen, dass dies insgesamt daran liegt, dass sie das institutionalisierte psychoanalytische Schweigen darüber, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, glauben und was bei diesen Subjekten diese Befürchtungen hervorruft, über all das, mein Gott, was die interessanten Beziehungen einschränken und affizieren kann, die leidenschaftlichen Akte, ja die schöpferische Unruhe, die aufgrund der Abwesenheit des Verhältnisses notwendig ist.
Je voudrais donc avant de vous quitter amorcer ici quelque chose, puisqu’il s’agit d’une exploration de ce que j’ai appelé une nouvelle logique, celle qui est à construire de ce qui se passe57, de ceci à poser en premier : qu’en aucun cas rien de ce qui se passe, du fait |{20} de l’instance du langage, ne peut déboucher sur la formulation d’aucune façon satisfaisante du rapport.
Ich möchte also, bevor ich gehe, hier etwas anschneiden. da es sich um eine Erkundung dessen handelt, was ich als neue Logik bezeichnet habe, eine Logik, die aus dem zu konstruieren ist, was geschieht58, aus dem, was als erstes zu postulieren ist: nämlich dass nichts von dem, was aufgrund der Instanz der Sprache geschieht, jemals auf eine irgendwie befriedigende Formulierung des Verhältnisses hinauslaufen kann.
Est-ce qu’il n’y a pas quelque chose à prendre de ce qui… dans l’exploration logique, c’est-à-dire dans le questionnement …de ce qui, au langage, non pas seulement impose limite dans son appréhension du réel, mais démontre dans la structure même de cet effort de l’approcher, c’est-à-dire de repérer dans son propre maniement ce qu’il peut y avoir de |[10] réel à avoir déterminé le langage ?
Ist nicht etwas von dem aufzugreifen – bei der logischen Erkundung, also bei der Befragung –, von dem, was der Sprache bei der Erfassung des Realen nicht nur eine Grenze aufnötigt, sondern wodurch das demonstriert wird, was es in der Struktur der Bemühung, dem Realem näher zu kommen – also im Umgang mit der Sprache selbst –, was es darin an Realem geben kann, insofern es die Sprache determiniert hat?
Est-ce qu’il n’est pas convenable, probable, propre à être induit, que si c’est au point d’une certaine faille du réel … à proprement parler indicible, puisque ça serait elle qui déterminerait tout discours …que gît, que gisent les lignes de ces champs qui sont celles que nous découvrons dans l’expérience psychanalytique ?
Ist es nicht angemessen, ist es nicht wahrscheinlich, muss man nicht folgern, dass, wenn an einem bestimmten Riss des Realen, der im strengen Sinne unsagbar ist, da er jeden Diskurs determiniert, dass dort die Feldinien liegen, nämlich diejenigen, die wir in der psychoanalytischen Erfahrung entdecken?
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Est-ce que tout ce que la logique a dessiné – à rapporter le langage à ce qui est posé de réel – ne nous permettrait pas de repérer dans certaines lignes à inventer?
Könnte all das, was die Logik entworfen hat, indem sie die Sprache auf das vom Realen Gesetzte bezieht, uns nicht eine Verortung in bestimmten, noch zu erfindenden Linien ermöglichen?
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Et c’est là l’effort théorique que je désigne de cette aisance qui trouverait une insistance.
Und da liegt die theoretische Bemühung, die ich mit dieser Leichtigkeit bezeichne, die ein Insistieren fände.
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Est-ce qu’il n’est possible ici de trouver orientation ?
Ist es nicht möglich, hier Orientierung zu finden?
Je ne ferai avant de vous quitter aujourd’hui que pointer qu’il y a trois registres… à proprement parler déjà émergés de l’élaboration logique …trois registres autour desquels tournera cette année mon effort de développer ce qu’il en est des conséquences de ceci, posé comme premier, qu’il n’y a pas de rapport sexuel.
Bevor ich Sie heute verlasse, möchte ich nur darauf hinweisen, dass es drei Register gibt, die im Grunde genommen aus der Ausarbeitung der Logik bereits hervorgegangen sind, drei Register, um die sich in diesem Jahr meine Bemühung drehen wird, die Konsequenzen dessen zu entfalten, was ich als das Primäre gesetzt habe, nämlich dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.
Premièrement, ce que vous avez vu déjà dans mon discours pointer : les prosdiorismes.
Erstens etwas, das Sie in meinem Diskurs bereits haben auftauchen sehen: die Prosdiorismen.
Je n’ai aujourd’hui, au cours de ce premier abord, rencontré que l’énoncé du pas-tous.
Heute, bei diesem ersten Zugang, bin ich nur auf die Formulierung nicht-alle eingegangen, pas-tous.
Celui-là, déjà l’année dernière j’ai cru vous l’isoler – très précisément [schreibt an die Tafel: ] : auprès de la fonction Φx elle-même que je laisse ici totalement énigmatique …de la fonction, non pas du rapport sexuel, mais de la fonction qui proprement en rend l’accès impossible.
Bereits im letzten Jahr habe ich geglaubt, dass ich diese hier für Sie isolieren sollte, nämlich genau [schreibt an die Tafel: ], bei der Funktion Φx selbst, die ich hier völlig rätselhaft lasse, der Funktion nicht des sexuellen Verhältnisses, sondern der Funktion, die den Zugang zu ihm gerade unmöglich macht.
C’est celle-là – à définir – en somme à définir cette année.
Sie muss definiert werden, sie muss in diesem Jahr definiert werden.
Imaginez là : jouissance.
Stellen Sie sich hier vor: Jouissance.
Pourquoi ne serait-il pas possible d’écrire une fonction de la jouissance, c’est à l’épreuve que nous en verrons la soutenabilité, si je puis dire, ou non.
Warum sollte es nicht möglich sein, eine Funktion der Jouissance zu schreiben, um sie einer Prüfung auszusetzen, sodass wir ihre Haltbarkeit sehen, wenn ich so sagen darf, oder auch nicht.
La fonction du pas-tous, déjà l’année dernière je n’ai pu avancer… et certainement d’un point beaucoup plus proche quant à ce dont il s’agissait.
Die Funktion des nicht-alle konnte ich also bereits im letzten Jahr vorbringen, und sicherlich von einem Punkt aus, der weitaus näher an dem war, worum es sich handelt.
Je ne fais aujourd’hui qu’aborder notre terrain …je l’ai, l’année dernière, avancée d’une barre négative mise au-dessus du terme [∀x] qui, dans la théorie des quanteurs, désigne l’équivalent c’en est seulement l’équivalent, je dirai même plus : la purification au regard de l’usage naïf fait dans Aristote du prosdiorisme tout.
Heute will ich nur einen ersten Schritt in unser Gebiet tun; im letzten Jahr habe ich das vorgebracht mit einem Negationsstrich [‾], der über den Term [∀] gesetzt wurde, dieser Term bezeichnet in der Quantorentheorie das Äquivalent – das ist nur das Äquivalent, ich möchte sogar mehr sagen: die Reinigung, verglichen mit dem naiven Gebrauch, der bei Aristoteles davon gemacht wird – für den Prosdiorismus alle.
|{21} L’important, c’est que j’ai aujourd’hui avancé devant vous la fonction du pas-tout [].
Das Wichtige ist, dass ich Ihnen heute die Funktion des nicht-alle vorgestellt habe, das pas-tout [].
[11] Chacun sait qu’à propos de ce qu’il en est de la proposition dite – dans Aristote – particulière, ce qui en surgit, si je puis dire naïvement, c’est : il existe quelque chose qui y répondrait.
Jeder weiß, was bei der Aussage, die bei Aristoteles „partikulär“ heißt, herauskommt, wenn ich so naiv sprechen darf, nämlich: Es existiert etwas, quelque chose, was dem entspricht.59
Quand vous employez quelque, en effet ça semble aller de soi.
Wenn Sie quelque verwenden, „einige“, scheint das ja selbstverständlich zu sein.
Ça semble aller de soi et ça va pas de soi.
Das scheint selbstverständlich zu sein, und das ist nicht selbstverständlich.
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Parce qu’il est tout à fait clair qu’il ne suffit pas de nier le pas-tout pour que de chacun des deux morceaux – si je puis m’exprimer ainsi – l’existence soit affirmée.
Denn es ist völlig klar, dass es nicht genügt, das nicht-alle zu verneinen, damit für jedes der beiden Stücke – wenn ich mich so ausdrücken darf – die Existenz behauptet wird.
Bien sûr, si l’existence est affirmée, le pas-tout se produit.
Sicherlich, wenn die Existenz behauptet wird, stellt sich das nicht-alle her.
C’est autour de cet il existe que doit porter notre avancée.
Diesem es existiert werden wir nachgehen müssen.
Depuis si longtemps là-dessus les ambiguïtés se perpétuent qu’on est arrivé à confondre l’essence et l’existence, et d’une façon encore plus étonnante, à croire que c’est plus, d’exister que d’être.
Die Mehrdeutigkeiten hierzu dauern bereits so lange an, dass man dahin gekommen ist, Wesen und Existenz durcheinanderzuwerfen und zu glauben – was noch erstaunlicher ist –, dass es mehr ist, zu existieren als zu sein.60
C’est peut-être justement qu’il existe assurément des hommes et des femmes – et pour tout dire qui ne font rien de plus que d’exister – qu’est tout le problème.
Vielleicht besteht das ganze Problem genau darin, dass Männer und Frauen sicherlich existieren – und, um es klar zu sagen, nicht mehr tun als zu existieren.
Parce qu’après tout, dans l’usage correct qui est à faire à partir du moment où la logique se permet de décoller un peu du réel, seule façon à vrai dire qu’elle ait par rapport à lui de pouvoir se repérer, c’est à partir du moment où elle ne s’assure que de cette part du réel où il y ait possible une vérité, c’est-à-dire une mathématique, c’est à partir de ce moment que ce qu’on voit bien que désigne un il existe quelconque, ce n’est rien d’autre, par exemple, qu’un nombre à satisfaire une équation.
Denn schließlich, in dem korrekten Gebrauch, der [von es existiert] von dem Moment an zu machen ist, in dem die Logik es sich gestattet, ein bisschen vom Realen abzulösen, tatsächlich die einzige Weise, die sie im Verhältnis zu ihm hat, um sich verorten zu können; von dem Moment an, in dem sie sich nur von dem Teil des Realen her sichert, bei dem eine Wahrheit möglich ist, nämlich einer Mathematik, von diesem Moment an wird klar gesehen, dass das, was von einem es existiert bezeichnet wird, nichts anderes ist als beispielsweise eine Zahl, durch die eine Gleichung erfüllt wird.61
Je ne tranche pas de savoir si le nombre est à considérer ou non comme du réel.
Ich entscheide nicht darüber, ob die Zahl als etwas Reales aufzufassen ist oder nicht.
Pour ne pas vous laisser dans l’ambiguïté, je peux vous dire que je tranche que le nombre fait partie du réel.
Um Sie nicht in Ungewissheit zu lassen, kann ich Ihnen sagen, dass ich entscheide, dass die Zahl zum Realen gehört.62
Mais c’est ce réel privilégié à propos de quoi le maniement de la vérité fait progresser la logique.
Aber das ist das privilegierte Reale, bei dem der Umgang mit der Wahrheit dazu führt, dass die Logik Fortschritte macht.
Quoi qu’il en soit, le mode d’existence d’un nombre n’est pas à proprement parler ce qui peut pour nous assurer ce qu’il en est de l’existence chaque fois que le prosdiorisme quelque est avancé.
Wie auch immer, die Existenzweise einer Zahl ist streng genommen nicht das, wodurch für uns das gesichert werden kann, worum es bei der Existenz immer dann geht, wenn der Prosdiorismus einige vorgebracht wird.
Il y a un deuxième plan sur lequel ce que je ne fais ici qu’épingler comme repère, du champ dans lequel nous aurons à nous avancer, d’une logique qui nous serait propice, c’est celui de la modalité.
Es gibt eine zweite Ebene, die ich hier nur als Bezugspunkt für den Bereich festhalte, in dem wir uns dann vorwärtsbewegen müssen, die Ebene einer Logik, die für uns günstig wäre, nämlich die der Modalität.
La modalité, comme chacun sait aussi à ouvrir Aristote, c’est ce qu’il en est du possible, de ce qui se peut.
Die Modalität – wie jeder weiß, sobald er Aristoteles aufschlägt –, das ist das, was sich auf das Mögliche bezieht, auf das, was sein kann.63
Je ne ferai ici qu’en indiquer aussi l’entrée, le frontispice.
Auch hier will ich nur den ersten Zugang anzeigen, das Titelblatt.
Aristote joue des quatre catégories : de l’impossible qu’il oppose au possible, du nécessaire qu’il oppose au contingent.
Aristoteles stellt vier Kategorien heraus: das Unmögliche, das er dem Möglichen entgegensetzt, und das Notwendige, das er dem Zufälligen entgegensetzt.
Nous verrons qu’il n’est rien de tenable dans ces oppositions.
Wir werden sehen, dass an diesen Gegensätzen nichts haltbar ist.
.
Et aujourd’hui je vous |{22} pointe simplement ce qu’il en est d’une formulation du nécessaire qui est proprement ceci : ne pas pouvoir ne pas.
Und heute hebe ich für Sie einfach nur das hervor, worum es bei einer Formulierung des Notwendigen geht, die nämlich folgende ist: ne pas pouvoir ne pas, nicht in der Lage sein nicht zu.
Ne pas pouvoir ne pas, c’est là |[12] proprement ce qui, pour nous, définit la nécessité.
Nicht in der Lage zu sein nicht zu, das ist hier eben das, was für uns die Notwendigkeit definiert.
Ça va où ?
Wohin führt das?
De l’impossible : ne pas pouvoir, à pouvoir ne pas.
Vom Unmöglichen: ne pas pouvoir, nicht in der Lage zu sein, zum: pouvoir ne pas, in der Lage zu sein nicht zu.
Est-ce le possible ou le contingent ?
Ist das das Mögliche oder das Zufällige?
Mais ce qu’il y a de certain, c’est que si vous voulez faire la route contraire, ce que vous trouvez c’est pouvoir ne pas pouvoir, c’est-à-dire que ça conjoint l’improbable, le caduc, de ceci qui peut arriver, à savoir, non pas que cet impossible auquel on retournerait en bouclant la boucle, mais tout simplement l’impuissance.
Folgendes jedoch ist sicher: Wenn Sie die Gegenrichtung einschlagen wollen, finden Sie dies: pouvoir ne pas pouvoir, in der Lage zu sein nicht in der Lage zu sein, das heißt, dass sich das mit dem Unwahrscheinlichen vereint, mit dem Unwirksamen bei dem, was geschehen kann, also nicht das Unmögliche, zu dem man zurückkommt, indem man die Schleife schließt, sondern ganz einfach das Unvermögen.64
Ceci simplement pour indiquer, en frontispice, le deuxième champ des questions à ouvrir.
Dies nur, um auf der Titelseite das zweite Feld der aufzuwerfenden Fragen anzuzeigen.
Le troisième terme, c’est la négation.
Der dritte Terminus ist die Negation.
Est-ce que déjà il ne vous semble pas – bien que ce que j’ai ici écrit de ce qui le complète dans les formules, l’année dernière déjà notées au tableau [schreibt an die Tafel] : ∃x.Φx, c’est à savoir qu’il y a deux formes tout à fait différentes de négation possibles, presseties déjà par les grammairiens. geschrieben, also mit einer Negation des Prädikats. Die Tonaufnahme ermöglicht keine Entscheidung: während Lacan die Formel schreibt, ist er stumm. ">65
Scheint Ihnen nicht bereits – auch wenn das, was ich hier von dem geschrieben habe, wodurch es in den Formeln vervollständigt wird, die letztes Jahr bereits an der Tafel notiert wurden [schreibt an die Tafel]: ∃x.Φx –, scheint Ihnen nicht bereits, dass es zwei ganz unterschiedliche mögliche Formen der Negation gibt, die von den Grammatikern bereits erahnt wurden? und (vgl. Sitzungen vom 19. Mai und vom 9. Juni 1971, Version Miller S. 141 und 146).">66
Mais à la vérité, comme c’était dans une grammaire qui prétendait aller des mots à la pensée … c’est tout dire : l’embarquement dans la sémantique, c’est le naufrage assuré !
Aber in Wahrheit, da dies in einer Grammatik war, die vorgab, von den Worten zum Denken zu gehen, sagt das alles – die Einschiffung in die Semantik, das ist der garantierte Schiffbruch.67
La distinction pourtant faite de la forclusion et de la discordance est à rappeler à l’entrée de ce que nous ferons cette année.
An die <darin> getroffene Unterscheidung zwischen Verwerfung und Diskordanz ist jedoch zu Beginn dessen, was wir in diesem Jahr tun werden, zu erinnern.68
Encore faut-il que je précise – et ce sera l’objet des entretiens qui suivront, de donner à chacun de ces chapitres le développement qui convient – la forclusion ne saurait… comme le disent Damourette et Pichon …être liée en soi-même au pas, au point, au goutte, au mie ou à quelques-uns des autres de ces accessoires qui paraissent le supporter dans le français.
Ich muss allerdings präzisieren – und das wird Gegenstand der folgenden Gespräche sein, um jedem dieser Kapitel die angemessene Ausarbeitung zu geben –, die Verwerfung kann nicht, wie Damourette und Pichon sagen, von sich aus mit pas verbunden werden oder mit point oder mit goutte oder mit mie oder irgendwelchen anderen von diesen Zusätzen, die sie im Französischen zu stützen scheinen.69
Néanmoins, il est à remarquer que ce qui va contre, c’est notre – précisément – pas-tous.
Gleichwohl ist zu beachten, dass das, was in die entgegengesetzte Richtung geht, genau unser nicht-alle ist.
Notre pas-tous, c’est la discordance.
Unser nicht-alle ist die Diskordanz., entspricht der diskordantiellen Negation. Vermutlich gilt für Lacan allgemeiner: Die Negation des Quantors ist eine diskordantielle Negation, die Negation des Prädikats ist eine forklusive bzw. verwerfende Negation.">70
Mais qu’est-ce que c’est que la forclusion ?
Aber was ist Verwerfung?
Assurément, elle est à placer dans un registre différent de celui de la discordance.
Sicherlich ist die Verwerfung in einem Register zu verorten, das sich von dem der Diskordanz unterscheidet.
Elle est à placer au point où nous avons écrit le terme dit de la fonction.
Sie ist dort zu verorten, wo wir den Term geschrieben haben, der als Funktion bezeichnet wird., der verwerfenden Negation.">71
Ici se formule l’importance du dire.
Hier wird die Wichtigkeit des Sagens formuliert, des dire.
Il n’est de forclusion que du dire.
Verwerfung gibt es nur vom Sagen.72
Que de ce quelque chose qui existe – l’existence étant déjà promue à ce qu’assurément il nous faut lui donner de statut – que quelque chose puisse être dit ou non, c’est de cela qu’il s’agit dans la forclusion.
Dass über das Etwas, welches existiert – wobei es mit der Existenz bereits so weit ist, dass wir ihr sicherlich einen Status verleihen müssen –, dass darüber etwas gesagt werden kann oder nicht, darum geht es in der Verwerfung. kann so gelesen werden: „Bezogen auf das, was existiert, ist ein (hinsichtlich Φ) nichts möglich“ (ist kein Prädikationsakt möglich).">73
Et de ce que quelque chose n’en puisse être dit, assurément, il ne saurait être conclu qu’une question sur le réel.
Und daraus, dass darüber etwas nicht gesagt werden kann, kann nur eine Frage über das Reale gefolgert werden.74
Pour l’instant la fonction Φx, telle que je l’ai écrite, ne veut dire que ceci : que pour tout ce qu’il en est de l’être parlant, le rapport sexuel fait |{23} question.
Im Augenblick bedeutet die Funktion Φx, wie ich sie geschrieben habe, nur dies, dass das sexuelle Verhältnis für alles, worum es beim sprechenden Wesen geht, Fragen aufwirft.
C’est bien là toute notre expérience, je veux dire le minimum que nous puissions en tirer.
Das ist ja unsere gesamte Erfahrung, ich meine das Minimum, das wir aus ihr herausziehen können.
Qu’à cette question, |[13] comme à toute question – il n’y aurait pas de question s’il n’y avait de réponse – que les modes sous lesquels cette question se pose, c’est-à-dire les réponses, ce soit précisément ce qu’il s’agit d’écrire dans cette fonction.
Dass auf diese Frage, wie auf jede Frage – es gäbe keine Frage, wenn es keine Antwort gäbe –, dass die Modi, in denen diese Frage sich stellt, also die Antworten, eben das ist, was in dieser Funktion geschrieben werden soll.
C’est là ce qui va nous permettre sans aucun doute de faire jonction entre ce qui s’est élaboré de la logique et ce qui peut, sur le principe – considéré comme effet du réel – sur le principe qu’il n’est pas possible d’écrire le rapport sexuel, sur ce principe même de fonder ce qu’il en est de la fonction, de la fonction qui règle tout ce qu’il en est de notre expérience, en ceci qu’à faire question, le rapport sexuel… qui n’est pas, en ce sens qu’on ne peut l’écrire …ce rapport sexuel détermine tout ce qui s’élabore d’un discours dont la nature est d’être un discours rompu.
Das wird es uns sicherlich ermöglichen, eine Verbindung herzustellen zwischen dem, was von der Logik ausgearbeitet wurde, und dem, was auf das Prinzip – als Wirkung des Realen angesehen –, was auf das Prinzip, dass es nicht möglich ist, das sexuelle Verhältnis zu schreiben, was auf dieses Prinzip gegründet werden kann, nämlich das, worum es bei der Funktion geht, bei der Funktion, die alles regelt, worauf sich unsere Erfahrung bezieht, insofern das sexuelle Verhältnis, indem es Fragen aufwirft – das sexuelle Verhältnis, das insofern nicht ist, als man es nicht schreiben kann –, insofern dieses sexuelle Verhältnis alles determiniert, was von einem Diskurs ausgearbeitet wird, der seiner Natur nach ein gebrochener Diskurs ist.
Sekundärliteratur zum Seminar „… oder schlechter“
Brunschwig, Jacques: La proposition particulière et la preuve de non-concluance chez Aristote. In: Cahier pour l’Analyse, vol. 10 (hiver 1969), S. 3–26, im Internet hier, englische Zusammenfassung hier
Cadeau, Marie-Charlotte: kPetite introduction à la lecture d‘« Ou pire ». Séminaire XIX de J. Lacan, 1971–1972, Platon lacanien. In : La revue lacanienne 2007/2 (n° 2), S. 103–105, im Internet hier
Darmon, Marc: Note sur le μὴ παντες. Hommage à la mémoire de Jacques Brunschwig (2010). Auf der Website der Association lacanienne internationale, www.freud-lacan.com, Dossier Topologie, hier
Fierens, Christian: Le dire de pastout. De „… ou pire“ à „L’étourdit“. Pour une clinique inouïe. In: Essaim, Nr. 22, 2009, S. 65–79, im Internet hier
Le Gaufey, Guy: Le Pastout de Lacan. Consistance logique, conséquences cliniques. EPEL, Paris 2006
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Anmerkungen
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Vgl. Jacques Lacan: … or Worse. The Seminar of Jacques Lacan, Book XIX. Edited by Jacques-Alain Miller. Translated by Adrian R. Price. Polity Press, Cambridge (UK) 2018.
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Das Erstellungsdatum einer PDF-Datei findet man im Adobe Acrobat Reader DC Version 2015 unter Datei > Eigenschaften > Beschreibung > Erstellt am.
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Adrian Price merkt in seiner englischen Übersetzung hierzu an: „Von Grammatikern wird pire ganz streng als Adjektiv klassifiziert. Das entsprechende Adverb ist pis und der Kompoarativ plus mal. Da pis zumehmend veraltet, hat die irrtümliche adverbiale Verwendung von pire jedoch zugenommen. (Jacques Lacan: … or Worse. The Seminar of Jacques Lacan, Book XIX. Edited by Jacques-Alain Miller. Translated by Adrian R. Price. Polity Press, Cambridge (UK) 2018, Anmerkungen des Übersetzers, S. 233, Anm. 1.)
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Adrian Price merkt in seiner englischen Übersetzung des Seminars hierzu an, dass Lacan sich mit disjoint möglicherweise auf den Begriff „adverbe disjoint“ bezieht, für Adverbien, mit denen ein Sprecher sein Verhältnis zu seiner eigenen Aussage charakterisiert; solche Ausdrücke heißen modalisateur (vgl. Price, a.a.O., S. 233 Anm. 1). Ein Beispiel wäre „Hoffentlich regnet es bald.“ Im Deutschen heißen solche Adverbien „Satzadverbien“.
-
Lacan spielt auf den Begriff der Funktion im Sinne von Gottlob Frege an, auf den er sich in diesem Seminar dann für das Konzept der „phallischen Funktion“ stützen wird. Dabei geht es darum, wie eine Aussage funktioniert (in der Logik versteht man unter einer Aussage einen Ausdruck, der dadurch gekennzeichnet ist, dass er wahr oder falsch ist). In Funktion und Begriff (1891) entwickelt Frege eine neuartige Konzeption der Aussage, die für die moderne Logik bestimmend sein wird (vgl. Gottlob Frege: Funktion und Begriff (1891). In: Ders.: Funktion, Begriff, Bedeutung. Hg. v. G. Patzig. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1986, S. 18–39). Demnach setzt sich eine Aussage zusammen aus einer Funktion und einem Argument.
Unter einer Funktion versteht er einen Ausdruck mit einer Leerstelle, etwa „… ist die Hauptstadt von Deutschland“; ein solcher Ausdruck ist weder wahr noch falsch, also keine Aussage. An der Leerstelle können Ausdrücke wie „Berlin“ oder „Paris“ oder „Peking“ usw. eingefügt werden; wenn man das tut, erhält man Aussagen.
Frege bezeichnet den Terminus, durch den der Ausdruck mit Leerstelle – also die Funktion – in eine Aussage verwandelt wird, als „Argument“. Füge ich „Berlin“ als Argument ein, erhalte ich eine Aussage mit dem Wahrheitswert „wahr“, verwende ich „Paris“, hat die Aussage den Wahrheitswert „falsch“.
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Die „Leerstelle“ wird in der Logik als x notiert und als „Variable“ bezeichnet. Das ergibt etwa „x ist die Hauptstadt von Deutschland“.
Die Variable stützt einen Wahrheitsbezug: Ein Ausdruck mit Leerstelle ist weder wahr noch falsch. Dadurch, dass an der Stelle der Leerstelle, der Variablen ein Argument eingefügt wird, entsteht eine Aussage mit einem Wahrheitwert, d.h. eine Aussage, die entweder wahr oder falsch ist.
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Variable apparente, wörtlich „scheinbare Variable“. Die Terminologie „scheinbare“ versus „reale“ Variablen geht auf Peano zurück; sie wurde weitgehend ersetzt durch Hilberts Opposition zwischen „freien“ und „gebundenen Variablen“ (vgl. Price-Übersetzung, a.a.O., S. 233 Anm. 2).
Dabei geht es darum, ob der Ausdruck Quantoren enthält oder nicht. Quantoren sind die Ausdrücke „einige“ (Existenzquantor genannt) und „alle“ (Allquantor genannt). In „x ist die Hauptstadt von Deutschland“ gibt es keinen Quantor, also ist x eine freie Variable. Der Ausdruck „Es gibt ein x, das Hauptstadt von Deutschland ist“ enthält einen Existenzquantor, also ist x hier eine gebundene Variable.
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Variablen, die an mehreren Stellen eines bestimmten Textes vorkommen, muss man an allen Stellen durch dieselbe Konstante interpretieren.
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Die Frage der Metasprache beschäftigt Lacan seit Seminar 3 von 1955/56, Die Psychosen (Sitzung vom 2. Mai 1956, vgl. Version Miller/Turnheim S. 260).
Die Sentenz „Es gibt keine Metasprache“ findet man zuerst in Seminar 5 von 1957/58, Die Bildungen des Unbewussten. In den Schriften verwendet Lacan sie in Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens (geschrieben 1962) (in: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 325–368, hier: S. 350).
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Die Sentenz „Es gibt keine Metasprache“ findet man zuerst in Seminar 5 von 1957/58, Die Bildungen des Unbewussten. Hier heißt es:
„Lassen Sie mich Ihnen ebenfalls im Vorübergehen sagen, daß der Begriff Metasprache sehr häufig auf unangemessenste Weise verwandt wird, um so mehr, eben weil man dieses hier verkennt – entweder hat die Metasprache formale Anforderungen solcher Art, daß sie das gesamte Phänomen einer Strukturierung, in der sie ihren Ort finden soll, entstellen oder aber die Metasprache selbst bewahrt die Ambiguitäten der Sprache. Anders gesagt, es gibt keine Metasprache, es gibt Formalisierungen – entweder auf der Ebene der Logik oder auf der Ebene dieser Signifikantenstruktur, deren autonome Ebene ich Ihnen freizulegen versuche. Es gibt keine Metasprache im Sinne beispielsweise einer vollkommenen Mathematisierung des Phänomens der Sprache und dies genau deshalb, weil es kein Mittel gibt, über das hinaus zu formalisieren, was als ursprüngliche Struktur der Sprache gegeben ist. Nichtsdestoweniger ist diese Formalisierung nicht nur einzufordern, sondern ist sie auch notwendig.“ (Sitzung vom 27. November 1957; Version Miller/Gondek, S. 86, Übersetzung geändert)
Bertrand Russell hatte entdeckt, dass Freges Projekt einer mengentheoretischen Fundierung der Mathematik zu einer Paradoxie führt, der sogenannten Russellschen Antinomie (The principles of mathematics, 1903). Zur Vermeidung der Antinomie wurde die Unterscheidung von Metasprache und Objektsprache eingeführt, 1934 von Rudolf Carnap und 1935 von Alfred Tarski.
(Vgl. R. Carnap: Logische Syntax der Sprache. Springer, Wien 1934, Teil IV A.– A. Tarski: Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen (1935). In: Karel Berka und Lothar Kreiser (Hg.): Logik-Texte. Kommentierte Auswahl zur Geschichte der modernen Logik. Akademie-Verlag, Berlin 1983, S. 445–546).Tarski hatte Kontakte zum Wiener Kreis und damit zum logischen Positivismus. Das Konzept der Metaspache stützt sich auf Russells Idee einer unendlichen Hierarchie von Sprachebenen.
Heideggers Kritik der Metasprache in Das Wesen der Sprache ist später als Lacans erste Kritik (vgl. M. Heidegger: Das Wesen der Sprache. In: Ders.: Unterwegs zur Sprache. Neske, Stuttgart 1959, S. 157–216, hier: S. 160; Vortrag vom 4. Dezember 1957, der 1959 zuerst veröffentlicht wurde).
-
Gemeint ist vielleicht (sehr vielleicht): Die Formel „Es gibt keine Metasprache“ bestreitet, dass es eine Diskordanz zwischen zwei getrennten Spachebenen gibt, der Objektsprache und der Metasprache.
Zugleich nimmt Lacan hier die Unterscheidung zwischen der verwerfenden und der diskordantiellen Negation vorweg, auf die er am Ende dieser Sitzung ausführlicher zu sprechen kommt.
-
In der klassischen Logik wird das Verb der Umgangssprache zu einem logischen Prädikat, beispielsweise wird aus „Menschen sprechen“ der Ausdruck „Menschen sind Sprechende“. In der Quantorenlogik besetzt die Variable (oder Leerstelle) den Platz des klassischen logischen Subjekts, nicht aber den Platz des Prädikats; man findet hier „x sprechend“, nicht aber „Menschen x“.
-
Wenn man den Buchstaben p um 180 Grad dreht, erhält man den Buchstaben d.
-
Im Hintergrund steht die Begriffsopposition von „Sagen“ (dire) und „Gesagtem“ (dit). Das Paradigma für das „Sagen“ wäre demnach das Sagen der Aussage „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“.
Lacan verwendete das Begriffspaar zuerst, nur wenige Tage zuvor, in den Vorlesungen Das Wissen des Psychoanalytikers, dort in der Sitzung vom 2. Dezember 1971:
„ …ce qui est dit est de fait, du fait de le dire.“
„Was gesagt ist, ist de facto, aus der Tat, es zu sagen.“
(J. Lacan: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013, S. 64)
Die Opposition Sagen versus Gesagtes wird dann in einer späteren Sitzung des laufenden Seminars weiter ausgearbeitet (Seminar 19, … oder schlechter, Sitzung vom 21. Juni 1971. Im Aufsatz L’étourdit (geschrieben 1972, veröffentlicht 1973) wird sie eine Schlüsselrolle spielen; der erste Teil dieses Textes dreht sich um den folgenden Satz :
„Qu’on dise reste oublié derrière ce qui se dit dans ce qui s’entend.“ (J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2000, S. 449).
„Dass man sagt, bleibt vergessen hinter dem, was gesagt wird in dem, was gehört/verstanden wird.“ (Vgl. die Übersetzung von Max Kleiner hier.)
Für den Begriff des Sagens hat Lacan sich möglicherweise von Heidegger anregen lassen. Heidegger schreibt: „Das Sagen des Dichters ist Stiftung nicht nur im Sinne der freien Schenkung, sondern zugleich im Sinne der festen Gründung des menschlichen Daseins auf seinen Grund.“ (M. Heidegger: Hölderlin und das Wesen der Dichtung (1936), in: Ders.: Erläuterungen zu Hölderlins Dichtung. Klostermann, Frankfurt am Main 1981 (= Gesamtausgabe, Bd. 4), S. 41 f.)
Die These, dass das Sagen hinter dem Gesagten vergessen wird, findet man später, nämlich 1974, auch bei Emmanuel Lévinas. In Autrement qu’étre ou au-delà de l’essence gibt es ein Kapitel „Le dire et le dit“, das so beginnt:
„L’identité des etants renvoie à un dire, téléologiquement tourné vers le kerygme du dit, s’y absorbant au point de s’y faire oublier […].“ (Nijhoff, Den Haag 1974, S. 47)
„Die Identität der Seienden verweist auf ein Sagen, das teleologisch auf das Kerygma des Gesagten ausgerichtet ist und davon so sehr absorbiert wird, dass es darin zum Vergessen gebracht wird […].“ (Meine Übersetzung, vgl. E.L.: Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. Übers. v. Thomas Wiemer. Alber, Freiburg i.Br. 1998, S. 93)
-
Das ergibt „Ein Sagen (nämlich ‚Es gibt kein sexuelles Verhältnis‘) oder schlechter“. Sagen ist gewissermaßen eines der möglichen Argumente, womöglich das, welches den Wahrheitswert „wahr“ erzeugt. Falls das stimmt, unterstellt Lacan, dass der Ausdruck Un dire ou pire – „Ein Sagen oder schlechter“ – als Aussage aufgefasst werden kann, die einen Wahrheitswert hat, die also wahr oder falsch ist. Nun ist „Ein Sagen oder schlechter“ aber weder wahr noch falsch, also keine Aussage. Offenbar möchte Lacan den Ausdruck „Ein Sagen oder schlechter“ als abgekürzte Redeweise für eine Aussage verstanden wissen. Für welche? Die Antwort gibt der nächste Satz.
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„… oder schlechter“ steht also für „Sie werden sagen ‚Es gibt kein sexuelles Verhältnis‘ oder Sie werden nur Schlechteres sagen“.
-
Die Aussage lautet demnach: „Es muss zu einem Sagen der folgenden Wahrheit kommen: ‚Es gibt kein sexuelles Verhältnis‘ oder Sie werden nur Schlechteres sagen.“
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Das Diktum, dass die Wahrheit nur in einem Halbsagen geäußert werden kann, bringt Lacan zuerst in Seminar 17 von 1969/70 vor, Die Kehrseite der Psychoanalyse (Sitzung vom 11. März 1970, Version Miller S. 118). Vgl. in diesem Blog den Artikel „Die Wahrheit lässt sich nur halbsagen“.
-
Das Sagen von „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“ ist das kleinere Übel.
-
Anspielung auf Maupassants Novelle Sur l’eau (1876, zunächst unter dem Titel En canot). Darin gibt es den folgenden Dialog:
« “En résumé, messieurs, elle est bien petite la différence qui distingue l’homme de la femme.”
Une voix forte, enthousiaste, convaincue, s’éleva dans la foule et cria :
“Hurrah pour la petite différence !“ » (Guy de Maupassant : Sur l’eau. Blanc et bleu. Livre de bord. Conard, Paris 1908 (Œuvres complètes), S. 146, im Internet hier.„‚Um es zusammenzufassen, meine Herren, er ist ziemlich klein, der Unterschied, der den Mann von der Frau unterscheidet.‘
Eine starke, enthusiastische, überzeugte Stimme erhob sich in der Menge und rief:
‚Ein Hoch auf den kleinen Unterschied!‘“ (Übersetzung RN) -
Das Wort „Organ“ kommt vom griechischen Wort organon, „Werkzeug“.
-
Lacan bezieht sich auf die Vorlesungsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers, die er 1971/72, parallel zu Seminar 19, monatlich im Sainte-Anne-Krankenhaus hielt, darin auf den Vortrag vom 2. Dezember 1971; vgl. J. Lacan: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013, S. 69–71.
-
Wortspiel mit der Lautähnlichkeit von homme (Mensch/Mann) und homard (Hummer).
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Das nicht alle ist enthalten im „Jedes (Tier .…. masturbiert) nicht“.
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Die Leerstelle ist beispielsweise die Variable x in der Formulierung „Alle x masturbieren nicht“.
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Gottlob Frege: Begriffsschrift. Eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens. Verlag von Louis Nebert, Halle 1879, im Internet hier, § 11, S. 19.
-
Der waagerechte Strich links von Φ(a) wird von Frege als „Inhaltsstrich“ bezeichnet; der Inhaltsstrich sagt nichts darüber aus, ob das Urteil wahr oder falsch ist.
Die Einbuchtung im Inhaltsstrich repräsentiert bei Frege den Allquantor; er nennt sie „Höhlung“.
Für die Variable verwendet Frege kein x, sondern ein kleines a in Frakturschrift.
Φ(a) ist die Funktion, darin ist a die Variable.
Der senkrechte Strich zu Beginn des Inhaltsstrichs heißt bei Frege „Urteilsstrich“; der Urteilsstrich besagt, dass der Inhalt wahr ist.
Die Verwendung des Buchstabens Φ zur Erläuterung der Funktion findet sich tatsächlich bei Frege, vgl. Begriffsschrift, a.a.O., S. 19.
In der Logik ist „Urteil“ der ältere Terminus für das, was heute „Aussage“ oder „Proposition“ genannt wird.
-
Unter einer negativierten Allgemeinaussage versteht Lacan hier (wie aus dem Folgenden hervorgeht) eine Aussage vom Typ Alle S sind nicht P bzw., was dasselbe ist, Kein S ist P.
-
Lacan bezeichnet den Quantor „alle“ (∀) mit sämtlichen Formen des französischen Worts „tout“:
– tout (Maskulinum Singular): „jeder“
– tous (Maskulinum Plural): „alle“
– toute (Femininum Singular): „jede“
– toutes (Femininum Plural): „alle“. -
Il y a fagot et fagot, für „es gibt solche und solche“. Ein fagot ist ein Reisigbündel, wörtlich also „es gibt solche Reisigbündel und solche“. Redewendung, die auf Molière zurückgeht: Der Arzt wieder Willen (1666), Erster Akt, Szene 6.
Freud verwendet den Ausdruck in den Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1916–1917). Dort heißt es:
„Wissen und Wissen ist nicht dasselbe, es gibt verschiedene Arten von Wissen, die psychologisch gar nicht gleichwertig sind. Il y a fagots et fagots, heißt es einmal bei Molière. Das Wissen des Arztes ist nicht dasselbe wie das des Kranken und kann nicht dieselben Wirkungen äußern. Wenn der Arzt sein Wissen durch Mitteilung auf den Kranken überträgt, so hat dies keinen Erfolg.“
(XVIII. Vorlesung, „Die Fixierung an das Trauma, das Unbewusste“. In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 1. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 280)
-
Vermutlich eine Anspielung auf den Begriff der „Wunschmaschine“ (machine désirante) von Gilles Deleuze. Der Begriff wurde bekannt durch das Buch von Gilles Deleuze und Félix Guattari: Antiödipus. Kapitalismus und Schizophrenie 1, das jedoch erst 1972 veröffentlicht wurde (bei Les Èditions de Minuit), also nach dieser Sitzung vom 8. Dezember 1971, Deleuze hatte den Terminus machines désirantes jedoch bereits am 16. November 1971 in seinem Seminar verwendet (siehe hier).
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„Démontrer“ ist in der Audioaufnahme gut zu hören. Miller ändert zu „démonter“ (demontieren, zerlegen).
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Die Formulierung geht vielleicht zurück auf die Ode Alexander’s Feast; or, the Power of Music von John Dryden (1697), die von Händel 1736 vertont wurde. 1827 erschien bei Chalopin in Caen eine französische Übersetzung mit dem Titel Le festin d’Alexandre ou le pouvoir de la musique; der Name des Übersetzers wird nicht genannt. Diese Übersetzung enthält die Zeile „Jamais au but, toujours recommençant“ (S. 40), „Niemals am Ziel, immer wieder beginnend“. Im englischen Original heißt die Zeile: „Never ending, still beginning“.
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Anspielung auf eine Passage in Lacans Ethik-Seminar. Lacan unterscheidet dort zwischen dem Linksintellektuellen als fool, als Narr (sot), und dem Rechtsintellektuellen als knave, als Schurken (canaille), und er behauptet, eine Versammlung von Schurken laufe auf kollektive Narrheit hinaus und eine Versammlung von Narren auf kollektive Schurkerei (vgl. Die Ethik der Psychoanalyse, Seminar 7 von 1959/60, Sitzung vom 23. März 1960, Version Miller/Haas S. 221–223).
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„Energetik“ hier vielleicht im Sinne der (Energie-)Umwandlung: Schurkerei verwandelt sich in Dummheit und Dummheit in Schurkerei.
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Supplée ist (u.a.) die grammatische Form Subjonctif Präsenz aktiv.
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Die weibliche Endung von homoinzune kommt dadurch zustande, dass das Genus von l’erreur (der Fehler, der Irrtum) das Femininum ist.
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Vgl. Seminar 18, Sitzungen vom 19. Mai 1971 und vom 9. Juni 1971.
In der Sitzung vom 19. Mai findet man in der Miller-Version „hommoinzin“ (vgl. Seminar 18, Version Miller S. 144), in der Sitzung vom 9. Juni schlägt Lacan an der Tafel drei Schreibweisen vor: au moins un (zumindest einer), hommoinzin und und a(u moins un), mit einer Anspielung auf das Objekt a. In L’étourdit (1972) schreibt er hommoinsun (in: Ders.: Autres écrits. Le seuil, Paris 2001, S. 449–496, hier: S. 479.
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Zur Transsexualität hatte Lacan sich bereits in Seminar 18 von 1971 geäußert, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 20. Januar 1971, Version Miller S. 31, vgl. meine Übersetzung hier.
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Das könnte heißen: Das Kind ist mit der jouissance der Mutter konfrontiert; es fragt sich, was diese Lust zu bedeuten hat, damit wird die Jouissance zum Signifikanten; und es erahnt, dass die Jouissance sich auf den Phallus richtet, der Phallus wird damit das von dieser Jouissance Bedeutete, das Signifikat der Jouissance. (Vgl. Geneviève Morel: Ambiguités sexuelles. Sexuation et psychose. Anthropos, Paris 2000, S. 145 f.)
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Vgl. J. Lacan: Richtungweisende Themenvorschläge für einen Kongress über die weibliche Sexualität. In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 239–256.– Geschrieben 1958 für einen Kongress, der vom 5. bis 9. September 1960 in Amsterdam stattfand, veröffentlicht 1962 in der Zeitschrift La Psychanalyse.
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Einzig die Homosexuelle stützt mit völliger Sicherheit den sexuellen Diskurs: als unmöglich, als Durchgang des Realen. (Für sie ist klar, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.)
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Lacan, Richtungweisende Themenvorschläge:
„Wie soll man die soziale Effekte der weiblichen Homosexualität denen gegenüber einordnen, die Freud, über Voraussetzungen, die in großem Abstand zu der Allegorie stehen, auf die sie seitdem reduziert worden sind, der männlichen Homosexualität zuschreibt: nämlich eine Art Entropie, die in Richtung eines Verfalls der Gemeinschaft wirkt.
Könnte man nicht – ohne so weit zu gehen und dem die antisozialen Effekte entgegenzusetzen sowie der von ihm inspirierten Liebe ihr Verschwinden einbrachten –, wenn man an der zugänglicheren Bewegung der Preziösen den Blick auf den Eros der weiblichen Homosexualität richtet, das, was er an Information befördert, als im Gegensatz zur sozialen Entropie stehend erfassen?“
A.a.O., S. 252.
Die männliche Homosexualität wird hier auf die soziale Entropie bezogen, auf den Verlust an sozialer Ordnung, die weibliche Homosexulität wirkt in die entgegengesetzte Richtung, sie erzeugt soziale Ordnung.
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Miller verweist in seiner Ausgabe auf René Bray, La Préciosité et les Précieux, Albin Michel, Paris 1948, eine Arbeit, von der er annimmt, dass Lacan sie gelesen hat.
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Ecce homo, Johannes 19,5, Vulgata-Übersetzung („Siehe, der Mensch!“ ); Pilatus zum Volk über Jesus.
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Guillaume Apollinaire: Les Mammelles de Tirésias. Drame surréaliste en deux actes et un prologue (Die Brüste des Tiresias. Surrealistisches Drama in zwei Akten und einem Prolog), Uraufführung 1917, nach Apollinaires Angaben 1903 verfasst.
Zweisprachige Ausgabe: G. Apollinaire: Les Mamelles de Tirésias. Die Brüste des Tiresias. Französisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Renate Kroll. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1987.In diesem Stück verwandelt sich Thérèse in einen Mann, in Tiresias, indem sie ihre Brüste, die durch zwei Luftballons repräsentiert werden, in die Luft steigen lässt.
Blindheit: Der Teiresias der griechischen Mythen war blind.
Wenn eine Frau nur in einer Abwesenheit Jouissance haben kann, ist die Abwesenheit der Brüste nicht männlich, sondern weiblich; das Einfangen der Brüste hingegen ist männlich. Im Hintergrund steht offenbar die These: Die männliche Jouissance beruht auf einem anwesenden Objekt, die weibliche Jouissance auf einem abwesenden Objekt.
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Die Homosexuelle ist insofern blind für die weibliche Jouissance, als die Frau nur in einer Abwesenheit Jouissance zu haben weiß, die Homosexuelle jedoch in dem, was ihr an Jouissance bleibt, keineswegs abwesend ist.
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Über die Homosexuelle heißt es hier also:
(1) Sie stützt mit voller Sicherheit den sexuellen Diskurs als unmöglich, als real (es ist für sie eine Selbstverständlichkeit, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt).
(2) In ihrer Jouissance ist sie anwesend statt abwesend.
(Das könnte heißen: Für sie ist das Nicht-Verhältnis ein selbstverständlicher Ausgangspunkt, jedoch kein Fehlen, ihre sexuelle Jouissance ist nicht durch ein Fehlen strukturiert. ?)
Das hat drei Folgen:
(a) Aus diesem Grunde fällt ihr der Liebesdiskurs leicht; Beispiel: die Preziösen mit ihren Wort-Exzessen, die sich offenbar auf die Liebe beziehen (vermutlich: auf die Liebe unter Frauen).
(b) Aufgrund des psychoanalytischen Diskurses ist sie blind für die weibliche Jouissance, denn diese Jouissance bezieht sich auf eine Abwesenheit.
(Das könnte heißen: Die weibliche Jouissance ist strukturiert durch ein Fehlen, durch die Abwesenheit des sexuellen Verhältnisses, insofern es ihr fehlt. ?)
Wieso ist es ausgerechnet der psychoanalytische Diskurs, der sie für die weibliche Jouissance blind macht?
(c) Deshalb ist sie aus dem psychoanalytischen Diskurs ausgeschlossen, sie kann ihn nur stammeln.
(Damit könnte gemeint sein: Grundlage des psychoanalytischen Diskurses ist, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt, kein Verhältnis zwischen der männlichen und der weiblichen Jouissance, und dass diese Nicht-Existenz für das Subjekt ein Fehlen ist, dass sie nicht einfach (wie von der Homosexuellen) als Selbstverständlichkeit akzeptiert wird. ?)
Unklar ist, auf welche Position im psychoanalytischen Diskurs sich Lacan hier bezieht. Auf die der Analytikerin? Auf die der Analysantin? Auf beide?
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Seriner: jemandem etwas „durch ständige Wiederholung beibringen“, „einhämmern“, „einbläuen“. Ursprünglich: Einem Girlitz (lat. serinus, frz. serin), z.B. einem Kanarienvogel (lat serinus canaria, frz. serin des Canaries), mithilfe einer Serinette (einer Vogelorgel) durch häufige Wiederholung ein Lied beibringen.
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Das französische Wort serin (Girlitz) geht zurück auf das spätlateinische Wort sirena (die Sirene der griechischen Mythologie).
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Vgl. Oscar Bloch, Walther von Wartburg: Dictionnaire étymologique de la langue française. 2 Bände. Presses universitaires de France, Paris 1932, zahlreiche aktualisierte Auflagen.
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Offenbar grenzt Lacan sich hier von denjenigen psychoanalytischen Strömungen ab, für die der Bezug auf den Phallus keine unerfreulichen Konsequenzen hat, für die nicht gilt, dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.
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Das andere Boot, auf dem nicht dieselben Regeln gelten, ist vermutlich Lacans Schule, die École freudienne de Paris.
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Das „le“ ist in der Audioaufnahme gut zu hören; Miller ändert zu « leur ».
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Miller : « qui n’est pas ». Die Audioaufnahme ermöglicht keine Entscheidung.
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Eine „partikuläre“ Aussage ist in der klassischen Logik eine Aussage über „einige“: „Einige S sind P“, z.B. „Einige Pflanzen sind immergrün“. Die Aussage über „einige“ kann in eine Existenzaussage umgewandelt werden: „Es existiert“ – „Es existiert mindestens ein S, für das gilt, dass es P ist.“
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Anspielung auf Sartres These, dass die Existenz der Essenz (bzw. dem Wesen) vorausgeht; vgl. J.-P. Sartre, Der Existentialismus ist ein Humanismus, 1946.
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Eine mathematische Gleichung mit einer Unbekannten kann als Ausdruck mit einer gebundenen Variablen gedeutet werden. Beispielsweise kann die Gleichung (x2 = 3) so aufgefasst werden: Es existiert ein x, für das gilt, dass sein Quadrat 3 ergibt.
Offenbar deutet Lacan den Existenzquantor hier so: „Es existiert“ meint: Es gibt ein Argument, das in die Funktion eingesetzt werden kann und dafür sorgt, dass die Aussage wahr ist.
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Anspielung auf Gödels Theoreme der Unvollständigkeit und der Unentscheidbarkeit.
- Vgl. Aristoteles, Erste Analytik, Erstes Buch, 13. Kapitel.
- Lacan rekonstruiert hier also die Modalkategorien durch eine Kombinatorik des Möglichen (pouvoir, „können“, „vermögen“, „in der Lage sein“) und der Negation. Dabei fügt er eine unübliche Modalkategorie hinzu, das Unvermögen.
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In der Stenotypie auf der Seite der ELP findet man hier ∃x.Φx, also ohne Negationsstrich, und Version Staferla folgt dieser Schreibweise. In Version Miller wird hier
geschrieben, also mit einer Negation des Prädikats. Die Tonaufnahme ermöglicht keine Entscheidung: während Lacan die Formel schreibt, ist er stumm.
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In Seminar 18 hatte Lacan die Formeln so geschrieben, dass er den Quantor negiert hatte, also
und
(vgl. Sitzungen vom 19. Mai und vom 9. Juni 1971, Version Miller S. 141 und 146).
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Vgl. Jacques Damourette, Édouard Pichon: Des mots à la pensée. Essai de grammaire de la langue française. Atrey, Paris 1911–1927, im Internet hier.
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Vgl. Des mots à la pensée, vol. II: „Esquisse de la structure générale du français“, chapitre VII: „La négation“, §§ 114–119, S. 129–146,
Die Negation besteht im Französischen im typischen Fall aus zwei Ausdrücken, die eine Klammer bilden, vor allem in der Form ne … pas, etwa in je ne parle pas („ich spreche nicht“). An der zweiten Stelle können auch andere Ausdrücke stehen, etwa plus, rien, jamais, personne usw. Die erste Partikel, also das ne, wird von Damourette und Pichon als discordantiel bezeichnet (was man mit „einen Einspruch vorbringend“ übersetzen könnte), die zweite, etwa das pas, heißt bei ihnen forclusif („verwerfend“).
Sie bezeichnen das ne deshalb als „diskordantiell“, weil es dazu verwendet werden kann, einen Einspruch eines Nebensatzes gegenüber dem Hauptsatz vorzubringen. Ihr Beispiel: „[Ces choses] lui ont fait plus d’ennemis qu’il n’en méritait.“ ([Diese Sachen] machten ihm mehr Feinde, als er verdiente.) (A.a.O., S. 131.)
Die zweite Partikel (pas, jamais usw.) wird von ihnen aus dem Grunde forclusif genannt, „verwerfend“, „da sie auf Sachverhalte bezogen wird, von denen der Sprecher annimmt, dass sie nicht zur Realität gehören“ (a.a.O., S. 138). Ihr Beispiel: „Je n’ai jamais vu, en effet, un homme tomber de sommeil comme ce brave type.“ (Denn ich habe noch nie einen Mann so einschlafen sehen wie diesen guten Kerl.)
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Der Platz des forklusiven Elements kann, Damourette und Pichon zufolge, auch durch andere Ausdrücke als pas besetzt werden, etwa durch guére oder point oder goutte (ne … guère: „kaum“; ne … point und ne … goutte: „überhaupt nicht“). Im älteren Französisch findet man auch die Negation ne … mie („überhaupt nicht“).
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Offenbar ist gemeint: Das „nicht“ in „nicht-alle“ bzw. der Negationsstrich über dem ∀, also im Ausdruck
, entspricht der diskordantiellen Negation. Vermutlich gilt für Lacan allgemeiner: Die Negation des Quantors ist eine diskordantielle Negation, die Negation des Prädikats ist eine forklusive bzw. verwerfende Negation.
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Unter der Funktion versteht Lacan hier den Ausdruck Φx, also die Kombination des Prädikats „Phallus“ und der Variablen x. Demnach entspricht der Negationsstrich über Φx, also im Ausdruck
, der verwerfenden Negation.
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Das Prädikat wird hier offenbar als Akt der Prädikation gedeutet und der Prädikationsakt als ein Sagen.
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Demnach kann ∃x.Φx unter anderem so gelesen werden: „Bezogen auf das, was existiert, ist ein Sagen (nämlich Φ) möglich“ (ist ein Prädikationsakt möglich), und
kann so gelesen werden: „Bezogen auf das, was existiert, ist ein (hinsichtlich Φ) nichts möglich“ (ist kein Prädikationsakt möglich).
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Jacques Lacan
Seminar XIX, … oder schlechter
(I) Sitzung vom 8. Dezember 1971
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