Jacques Lacan
Seminar XIX, … oder schlimmer
(VIII) Sitzung vom 8. März 1972
Übersetzung und Erläuterung
Félicien Rops, La tentation de Saint Antoine, 1878
Pastell mit Gouache auf Papier, 74 x 54 cm, Brüssel, Bibliothèque royale
Jacques Lacan:
Seminar XIX (1971/72): „… oder schlimmer“
und
Vortragsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“ (1971/72)
(VIII) Sitzung vom 8. März 1972
Übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von Rolf Nemitz
Vollständige Übersetzung von Seminar 19 und
Übersetzung von „Das Wissen des Psychoanalytikers“ ab der vierten Sitzung
auf der Grundlage der Staferla-Version und von Tonaufnahmen
Teil 8 von 16 Übersetzungen. Etwa jeden Monat erscheint die Übersetzung einer weiteren Sitzung.
Die übrigen Übersetzungen findet man hier.
In Millers Version des Seminars ist dies Kapitel VIII, Ce qu’il en est de l’Autre („Worum es beim Anderen geht“), S. 111–121.
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, zunächst nur deutsch, dann vergleichend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme und auf größere Abweichungen in Millers Version; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben und inhaltliche Erläuterungen.
Einen Überblick über die verschiedenen Ausgaben von Seminar 19 findet man hier.
Herzlichen Dank an Gerhard Herrgott für großzügige Hilfe beim Übersetzen! Anregungen verdanke ich auch der englischen Übersetzung von Adrian Price.1
Zur Übersetzung
Seminar und Vortragsreihe
Jacques-Alain Miller hat in seine Ausgabe von Seminar XIX einen Teil einer Vortragsreihe integriert, die Lacan parallel, unter dem Titel Das Wissen des Analytikers, im Sainte-Anne-Krankenhaus in Paris hielt. Ab der vierten Sitzung vom 3. Februar 1972 beziehen sich diese Vorträge eng auf das Seminar, weshalb Miller sie ab dieser Sitzung in seine Seminar-Edition aufgenommen hat. Ich folge dem Vorbild von Miller und integriere die Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers ab der Sitzung vom 3. Februar 1972 in die Übersetzung von Seminar XIX.
Die ersten drei Sitzungen von Das Wissen des Psychoanalytikers wurden getrennt veröffentlicht: J. Lacan: Je parle aux murs. Entretiens de la chapelle de Sainte-Anne. Le Seuil, Paris 2011. Deutsch: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013.
Textgrundlage
Grundlage der Übersetzung ist:
Version Staferla von Seminar 19:
Jacques Lacan: … ou pire. Auf der Website staferla.free.fr, PDF-Datei, Fassung vom 25.10.2015
Die Lacan-Seminare auf der Staferla-Website werden von Zeit zu Zeit überarbeitet, ohne dass dies kenntlich gemacht wird. Aus diesem Grunde habe ich oben das Datum der von mir verwendeten Fassung angegeben.2 Zur Sicherheit habe ich diese Fassung der Staferla-Version hier gespeichert.
Die Transkription der Staferla-Version wurde von mir mit einer Tonbandaufnahme der Sitzung und mit der von Jacques-Alain Miller erstellten (redaktionell bearbeiteten) Version verglichen und an wenigen Stellen geändert. In Zweifelsfällen wurde die Stenotypie des Seminars und der Vortragsreihe, die man auf der Website der École lacanienne de psychanalyse findet, zu Rate gezogen. Wortwiederholungen, bei denen offenkundig ist, dass Lacan nach einer Formulierung sucht, habe ich gestrichen; Betonungs-Adverbien wie justement oder précisément habe ich nicht immer mitübersetzt. Der Schnitt der Sätze (Punkt oder Semikolon oder Komma) sowie die Orthografie wurden bisweilen verändert. Die Gliederung in Absätze ist von mir.
Stenotypien des Seminars und der Vortragsreihe gibt es auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) hier. Tonaufnahmen von Seminar 19 und von Das Wissen des Psychoanalytikers findet man auf der Website von Patrick Valas, valas.fr, hier. Millers Version ist: J. Lacan: Le séminaire, livre XIX. … ou pire. 1971–1972. Textherstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2011.
Zur Notation
– Zwei Bindestriche, also: --, markieren, dass an dieser Stelle ein Satz grammatisch unvollständig abbricht.
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
– Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z..B. [10], verweisen auf die Seitenzahlen der Stenotypie von Seminar 19 auf der Website der École lacanienne de psychanalyse, hier.
Sitzung vom 8. März 1972
Tonaufnahme und Stenotypie
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Eine Stenotypie der Sitzung vom 8. März 1972 findet man hier (von der Website der École lacanienne de psychanalyse).
Deutsch
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, Rechtsfakultät, Place du Panthéon
{111} Die Sache ist die, dass ich, da ich in diesem Jahr vorhabe, zu Ihnen über das Eins zu sprechen, heute damit beginnen werde, darzulegen, worum es beim Anderen geht.
Bei diesem Anderen mit großem A, bei dem ich die Besorgnis mitbekommen habe – das ist schon etwas her –, die Besorgnis, die von einem Marxisten geprägt war, dem ich den Ort verdankte, von dem aus ich meine Arbeit wiederaufnehmen konnte, die Besorgnis, die darin bestsand, dass dieser Andere der Dritte sei, den er, der Marxist, wenn dieser Dritte in die Paarbeziehung eingebracht wird, nur mit Gott gleichsetzen konnte. Ist diese Beunruhigung danach so weit gegangen, dass sie ihm ein unauflösliches Misstrauen eingeflößt hat gegenüber der Spur, die ich hinterlassen konnte? Diese Frage möchte ich für heute beiseitelassen, denn ich will damit beginnen, einfach aufzudecken, worum es bei diesem Anderen geht, den ich tatsächlich mit großem A schreibe.
{112} Der Andere, um den es sich handelt, der Andere ist der des sexuellen Paares, eben dieser, und eben deshalb wird es nötig sein, dass wir den Signifikanten produzieren, der von daher geschrieben werden kann, dass er es ausstreicht, dieses große A [Ⱥ].
Man – das ist nicht leicht, nicht wahr –, man – ich unterstreiche, ohne mich dabei aufzuhalten, denn sonst käme ich keinen Schritt voran –, man genießt nur den Anderen.
Schwieriger ist es, bei dem voranzukommen, was sich scheinbar aufdrängt, denn nach dem, was ich gerade gesagt habe, würde sich das, was die Jouissance kennzeichnet, entziehen – werde ich behaupten, dass man nur vom Anderen genossen wird? Denn das ist ja der Abgrund, vor den uns die Frage nach der Existenz Gottes stellt, eben diejenige, die ich am Horizont lasse, als unsagbar.
Denn wichtig ist nicht das Verhältnis zu dem, der das genießt, was wir für unser Sein halten könnten; wenn ich sage, dass man nur den Anderen genießt, ist das Wichtige, dass man ihn nicht sexuell genießt – es gibt kein sexuelles Verhältnis – noch von ihm sexuell genossen wird. Sie sehen, dass Lalangue, die ich in einem Wort schreibe, dass Lalangue, die doch ein braves Mädchen ist, hier Widerstand leistet. Sie bläst die Backen auf. Man genießt ihn, so muss man ja sagen, ihn, den Anderen, |{113} man genießt ihn mental.
Es gibt eine Bemerkung in diesem Parmenides, nicht wahr, der also --, der hier den Wert eines Modells bekommt; deshalb habe ich Ihnen empfohlen, dass Sie sich hierzu ein wenig Schliff geben. Natürlich, wenn Sie ihn mithilfe der Kommentare lesen, die an der Universität dazu verfasst worden sind, na ja, dann werden Sie ihn in die Abstammungslinie der Philosophen einordnen, Sie werden darin sehen, dass das als eine besonders brillante Übung angesehen wird, nach dieser kleinen Verbeugung sagt man Ihnen jedoch, dass nicht viel damit anzufangen sei, dass Platon dort einfach etwas, das man Ihnen aus seiner Formenlehre herleiten wird, bis zur letzten Zuspitzung vorangetrieben habe. Sie sollten ihn vielleicht anders lesen. Man muss ihn mit Unschuld lesen.
Beachten Sie, dass etwas Sie von Zeit zu Zeit berühren kann und sei es beispielsweise nur die folgende Bemerkung, als er einfach so, ganz beiläufig, zur Sprache bringt --. Zu Beginn der siebten Hypothese, die ausgeht von: Wenn das Eins nicht ist, da sagt er [Parmenides] ganz am Rande: Und wenn wir sagen würden, dass das Nicht-Eins nicht ist? [160b] Und hier macht er sich daran zu zeigen, dass die Verneinung von was auch immer, nicht nur die des Eins, sondern auch die Verneinung in Das Nicht-Große, in Das Nicht-Kleine, dass diese Verneinung sich dadurch auszeichnet, dass sie nicht denselben Terminus verneint.
Das ist ja, bezogen auf das, worum es geht, nämlich die Verneinung der sexuellen Jouissance, das ist das, wobei ich Sie im Augenblick bitte, einmal innezuhalten. Was ich so schreibe: S und in Klammern ausgestrichenes großes A, S(Ⱥ), und was dasselbe ist wie das, was ich gerade formuliert habe, nämlich dass man den Anderen mental genießt. Das schreibt etwas über den Anderen, und zwar, wie ich behauptet habe, als Term der Beziehung, der, da sie verschwindet, da sie nicht existiert, zu dem Ort wird, an dem sie geschrieben wird, wo sie so geschrieben wird, dass diese vier Formeln dort geschrieben sind, um ein Wissen zu übermitteln. Da ich hierzu, wie mir scheint, bereits genügend Andeutungen gemacht habe – das Wissen in diesem Bereich, dieses Wissen wird vielleicht gelehrt, was jedoch übermittelt wird, ist die Formel.
Eben deshalb, weil einer der Terme zu dem Ort wird, an dem die Beziehung geschrieben wird, kann sie nicht mehr Beziehung sein, da der Term seine Funktion ändert, und wird dieser Term zu dem Ort, an dem sie geschrieben wird, und besteht die Beziehung nur darin, anstelle dieses Terms geschrieben zu werden. Einer der Terme der Beziehung muss sich leeren, um es ihr, dieser Beziehung, zu ermöglichen, geschrieben zu werden.
Das ist ja das, worin dieses mental – das ich vorhin in Anführungszeichen vorgebracht habe, in Anführungszeichen, die das Sprechen nicht äußern kann –, das ist das, was diesem mental jeden Einschlag von Idealismus nimmt.
Dieser Idealismus, der unbestreitbar ist, wenn man sieht, wie sich unter der Feder von Berkeley Bemerkungen entwickeln, die Sie hoffentlich kennen und die alle darauf beruhen, dass nichts von dem, was gedacht wird, anders gedacht wird als von jemandem. Das ist hier ja ein irreduzibles Argument oder genauer eine irreduzible Argumentation, die mehr Biss hätte, wenn es um dies ginge, wenn er zugeben würde, worum es sich handelt: um die Jouissance.
Sie genießen nur von Ihren Phantasmen her. Das ist das, was dem Idealismus eine Tragweite gäbe, den übrigens niemand, obwohl er unbestreitbar ist, ernst nimmt.
Wichtig ist, dass Ihre Phantasmen Sie genießen.
Und hier kann ich auf das zurückkommen, was ich vorhin sagte, nämlich dass – wie Sie sehen, selbst Lalangue, die ein braves Mädchen ist, gibt dieses Wort nicht leicht von sich –, dass der Idealismus behauptet, dass es sich nur um nur Gedanken handelt, qu’il ne s’agit que de pensées. Um da herauszukommen, kann Ihnen Lalangue – die ein braves Mädchen ist, aber so brav nun auch wieder nicht – vielleicht etwas anbieten, das ich wohl nicht anschreiben muss, um Sie zu bitten, dieses que anders klingen zu lassen. Na ja, wenn es nötig ist, Sie es hören zu lassen: q, u, e, u, e, queue de pensées, Schwanz von Gedanken.
Das ist das, was das brave Mädchentum von Lalange auf Französisch gestattet. In dieser Sprache drücke ich mich aus, ich sehe keinen Grund, warum ich mir das nicht zunutze machen sollte; spräche ich eine andere, würde ich einen andren Dreh finden. Es handelt sich hier um einen Schwanz von Gedanken, nicht, wie der Idealist sagt, insofern man sie |{114} denkt, nicht einmal nur unter dem Aspekt, dass man sie denkt, also bin ich, was immerhin ein Fortschritt ist, sondern insofern sie realiter gedacht werden, réellement.
*
Das ist das, worin ich mich einordne – sofern das überhaupt relevant ist, denn ich sehe keinen Grund, warum ich mich einordnen sollte, warum ich mich philosophisch einordnen sollte, mich, durch den ein Diskurs auftaucht, der nicht der philosophische Diskurs ist, nämlich der psychoanalytische Diskurs, derjenige, dessen Schema ich rechts [an der Tafel] wiedergegeben habe, und den ich als Diskurs aus einem Grunde qualifiziere, den ich hervorgehoben habe, deshalb nämlich, weil nichts einen Sinn annimmt außer durch die Beziehungen eines Diskurses zu einem anderen Diskurs.
Das setzt natürlich die Übung voraus, von der ich nicht sagen kann und bei der ich nicht hoffen kann, dass ich Sie damit wirklich vertraut gemacht habe. All das tropft von Ihnen sicherlich ab wie das Wasser vom Gefieder einer Ente, denn – und das macht im Übrigen Ihre Existenz aus – Sie sind, ganz solide, in Diskurse eingefügt, die vorausgehen, die bereits seit einiger Zeit da sind, seit einer Ewigkeit, einschließlich des philosophischen Diskurses, insofern der universitäre Diskurs ihn an Sie übermittelt, und das heißt: in welchem Zustand! Sie sind ja fest darin untergebracht und das bildet Ihre Grundlage.
Man darf nicht glauben, dass diejenigen, die den Platz dieses Anderen einnehmen – des Anderen, den ich ans Licht bringe –, dass diese Ihnen gegenüber besonders im Vorteil wären, aber dennoch, diesen hat man ein Mobiliar an die Hand gegeben, das nicht leicht zu handhaben ist. Zu diesem Mobiliar gehört der Sessel, dessen Natur noch nicht wirklich gut bestimmt worden ist. Der Sessel ist jedoch wesentlich, denn das Spezifikum dieses Diskurses besteht darin, dass er es dem Etwas erlaubt, das [an der Tafel] dort geschrieben steht, oben rechts, in Form des ausgestrichenen S [$], und das wie jede Schrift eine ganz hinreißende Form ist --. Das S ist das, was Hogarth als Spur der Schönheit ausgibt, und das ist keineswegs ein Zufall, irgendwo muss das einen Sinn haben, und dann, dass man es durchstreichen muss, das hat sicherlich ebenfalls einen. Aber wie auch immer, das, was ausgehend von diesem ausgestrichenen Subjekt produziert wird, ist etwas, wobei es merkwürdig ist, zu sehen, dass ich es genauso schreibe wie das, was im Diskurs des Herrn einen anderen Platz einnimmt, den dominierenden Platz. Dieses S von Eins [S1], das ist eben das, was ich versuche, für Sie, indem ich hier spreche, das ist das, was ich für Sie zu produzieren versuche. Womit ich – wie ich schon oft gesagt habe –, womit ich an dem Platz bin, an eben dem – und darin ist er belehrend –, womit ich am Platz des Analysanten bin.
Was geschrieben ist, ist das gedacht? Das ist die Frage. Es ist möglich, dass sich nicht mehr sagen lässt, von wem das gedacht wurde, und das ist sogar das, womit Sie es bei allem, was geschrieben ist, zu tun haben. Der Schwanz von Gedanken, von dem ich sprach, |{115} das ist das Subjekt selbst, das Subjekt insofern, als es das hypothetische Subjekt dieser Gedanken ist. Dieses Hypothetische, seit Aristoteles ist man Ihnen damit dermaßen in den Ohren gelegen, mit diesem Hypokeimenon, das jedoch ganz klar war. Man hat daraus eine derartige Sache gemacht, nicht wahr, dass eine Katze ihre Jungen nicht mehr finden würde. Ich möchte das die Schleppe nennen, die Schleppe nämlich von diesem Schwanz von Gedanken, von diesem Etwas an Realem, das diesen Kometeneffekt hervorruft, den ich Schwanz von Gedanken genannt habe und der ja vielleicht der Phallus ist, falls es nicht möglich ist, das, was hier geschieht, durch das zurückzugewinnen, was ich soeben die Schleppe genannt habe – was nur deshalb begreiflich ist, weil der Effekt, der sie ist, genauso herausragend ist wie ihr Zustandekommen, nämlich die Verwirrung, wenn Sie mir gestatten, die Disjunktion des sexuellen Verhältnisses so zu bezeichnen –, wenn es also nicht möglich ist, das, was hier geschieht, nachträglich* zurückzugewinnen.
Wenn [hingegen] das, was gedacht wurde, zugänglich ist, in Reichweite der Mittel eines Wieder-Denkens – das eben darin besteht, zu bemerken, indem man es aufschreibt, dass dies Gedanken waren, weil das Geschriebene, was immer man auch sagen mag, erst kommt, nachdem diese Gedanken, diese realen Gedanken, sich hergestellt haben –, in diesem Bemühen um ein Wieder-Denken, in diesem nachträglich*, besteht die Wiederholung, welche die Grundlage dessen bildet, was uns die analytische Erfahrung aufdeckt. Dass es geschrieben wird, ist der Beweis – Beweis jedoch nur durch die Wirkung der Wiederaufnahme, nachträglich*. Das ist das, worauf die Psychoanalyse sich gründet.
Wie oft sehen Sie nicht in philosophischen Dialogen das Argument: Wenn du mir nicht bis hierhin folgst, gibt es keine Philosophie. Was ich Ihnen sagen möchte, ist genau dasselbe. Entweder – oder. Entweder dies, was von der Allgemeinheit noch akzeptiert wird, bei allem, was über die Psychoanalyse geschrieben wird, bei allem, was aus der Feder von Psychoanalytikern fließt, nämlich dass das, was denkt, nicht denkbar ist – und also gibt es keine Psychoanalyse. [Oder aber,] damit es Psychoanalyse geben kann und, um es klar zu sagen, Deutung, ist es nötig, dass das, wovon der Schwanz von Gedanken ausgeht, gedacht worden ist, gedacht worden ist als reales Denken.
Aus diesem Grunde habe ich Ihnen immer wieder den Descartes aufs Butterbrot geschmiert. Das Ich denke, also bin ich, bedeutet nichts, wenn es nicht wahr ist. Es ist wahr, weil also bin ich dies ist, dass ich denke, ehe es zu wissen, und ob ich will oder nicht, das ist dieselbe Sache.
Dieselbe Sache, das ist ja das, was ich die Freud’sche Sache genannt habe. Eben deshalb, weil es dieselbe Sache ist, das „ich denke“ und dies, dass ich denke, das heißt „also bin ich“, eben deshalb, weil es dieselbe Sache ist, ist das nicht äquivalent. Denn deshalb habe ich über die Freud’sche Sache gesprochen, weil nämlich bei einer Sache deux faces – schreiben Sie das, wie Sie wollen, f, a, c, e oder f, a, s, s, e –, |{116} deux faces, zwei Seiten, deux fassent, zwei machen, nicht nur nicht äquivalent sind, das heißt im Sagen gegeneinander austauschbar, nicht äquivalent sind, sie sind nicht einmal ähnlich.
Deshalb habe ich über die Freud’sche Sache nur auf eine bestimmte Weise gesprochen. Was ich geschrieben habe, das liest sich. Es ist sogar merkwürdig, dass es eine der Sachen ist, die dazu zwingen, es wiederzulesen. Eben dafür ist das gemacht. Und wenn man es wiederliest, sieht man, dass ich nicht über die Sache spreche, weil man nicht darüber sprechen kann – nicht darüber –, ich lasse sie selbst sprechen. Die Sache, um die es sich handelt, sagt: „Ich, die Wahrheit, ich spreche.“ Und sie sagt das natürlich nicht einfach so, aber das muss man sehen; das ist sogar der Grund, weshalb ich es geschrieben habe. Sie sagt es auf alle möglichen Arten, und ich möchte zu sagen wagen, das ist kein schlechtes Stück – nur in meiner Geheimnistuerei bin ich fassbar. Was man darüber schreibt, über die Sache, muss aufgefasst werden als etwas Geschriebenes, das von ihr kommt, nicht von dem, der schreibt.
Und das führt dazu, dass die Ontologie – anders gesagt die Auffassung des Subjekts als Sein –, dass die ontologie eine honte ist, eine Schande, wenn Sie mir das gestatten.
Sie haben es also richtig verstanden, nicht wahr, man muss wissen, worüber man spricht: Entweder ist das also bin ich nur ein Gedanke, der beweist, dass es das Undenkbare ist, was denkt. Oder die Tatsache, es zu sagen, kann auf die Sache einwirken, ausreichend dafür, dass sie anders läuft. Und insofern wird jedes Denken von seinen Beziehungen zu dem her gedacht, was davon geschrieben wird –andernfalls, ich wiederhole es, keine Psychoanalyse.
Wir sind in dem inane – in dem Belanglosen –, das derzeit am stärksten verbreitet ist, im inan-alysable, im Unanalysierbaren.
Es genügt nicht zu sagen, dass sie [die Psychoanalyse] unmöglich ist, denn das schließt nicht aus, dass sie praktiziert wird. Damit sie praktiziert wird, ohne belanglos zu sein, dafür ist nicht wichtig, dass sie als unmöglich qualifiziert wird; worum es vielmehr geht, ist ihr Verhältnis zum Unmöglichen, und das Verhältnis zum Unmöglichen ist ein Denkverhältnis. Dieses Verhältnis könnte keinen Sinn haben, wenn die bewiesene Unmöglichkeit nicht strikt eine Unmöglichkeit des Denkens wäre, denn das ist die einzig Beweisbare.
Wenn wir das Unmögliche auf sein Verhältnis zum Realen gründen, bleibt uns noch, dies zu sagen, was ich Ihnen, einfach so, als Geschenk überreiche. Ich habe es von einer bezaubernden Frau, tief in meiner Vergangenheit, jedoch immer noch markiert durch einen bezaubernden Duft von Seife [Gelächter], mit dem waadtländischen Akzent, den sie annehmen konnte; obwohl sie sich davon gereinigt hatte, konnte sie ihn wieder zurückholen: Nichts ist dem Menschen unmöglich, sagte sie – den waadtländischen Akzent kann ich Ihnen nicht nachmachen, ich bin ja nicht dort geboren –, was er nicht tun kann, das lässt er. [Gelächter] Dies, um für Sie |{117} ins Zentrum zu rücken, worum es beim Unmöglichen geht, insofern dieser Terminus für jemanden mit nüchternem Verstand annehmbar ist.
*
Gut, diese Annullierung des Anderen stellt sich nur auf der Ebene her, auf der es auf die einzige Weise geschrieben wird, in der es geschrieben werden kann, nämlich so, wie ich es schreibe: Φ von x und darüber der Querstrich []. Gut. Was bedeutet, dass man nicht schreiben kann, dass das, was hierbei das Hindernis bildet, nämlich die phallische Funktion, wahr ist.
Also, was bedeutet ∃ von x? Folgendes: Es existiert x, derart, dass es in diese Negation der Wahrheit der phallischen Funktion eingetragen werden könnte.
Es lohnt sich, das zeitlich aufzugliedern, und Sie sehen richtig, dass das, was wir befragen wollen, eben genau der Status der Existenz ist, insofern er nicht klar ist. Ich denke, dass man Ihnen die Ohren und den Hirnkasten mit der Unterscheidung zwischen Essenz und Existenz lange genug vollgequatscht hat, um damit unzufrieden zu sein. Dass es das hier gibt, in dem, was der analytische Diskurs uns zu den vorhergehenden Diskursen an Sinn zu bringen erlaubt, das ist etwas, das ich, von der Verbindung dieser Formeln her, letztlich nur mit dem Terminus einer Motivierung werde festhalten können, wobei das Übersehen dieser Motivierung das ist, wodurch beispielsweise die Hegel’sche Dialektik hervorgebracht wird, die sich aufgrund dieses Übersetzens nicht enthält, der Auffassung zu sein, wenn ich so sagen darf, dass der Diskurs als solcher die Welt regiert. Genau.
*
Wobei ich hier auf eine kleine Randbemerkung stoße. Ich sehe keinen Grund, warum ich sie nicht wieder aufgreifen sollte, diese Abschweifung, umso mehr, als Sie ja nur dies verlangen, Sie verlangen nur dies, denn wenn ich geradeaus gehe, dann ermüdet Sie das.
Was dem Hegel’schen Diskurs einen Schatten von Sinn lässt, ist eine Abwesenheit, und zwar die Abwesenheit des Mehrwerts, wie er herausgezogen ist aus der Jouissance im Realen des Herrendiskurses. Aber diese Abwesenheit erfasst dennoch etwas. Sie erfasst auf reale Weise den Anderen, nicht als abgeschafft, sondern eben als Unmöglichkeit eines Korrelats, und indem sie diese Unmöglichkeit vergegenwärtigt, färbt sie den Hegel’schen Diskurs.
Denn Sie werden nichts verlieren, wenn Sie, sagen wir, einfach die Vorrede zur Phänomenologie des Geistes wiederlesen in Zusammenhang mit dem, was ich hier vorbringe. Sie sehen alle Ferienaufgaben, die ich Ihnen gebe: Parmenides und die Phänomenologie – zumindest |{118} die Vorrede, denn die Phänomenologie lesen Sie natürlich nie. Aber die Vorrede ist verdammt gut, sie allein lohnt bereits die Mühe, sie wiederzulesen, und Sie werden sehen, dass sie das, was ich Ihnen sage, bestätigt, dass das von daher Sinn bekommt. Ich wage noch nicht, Ihnen zu versprechen, dass es mit dem Parmenides genauso sein wird, dass er Sinn annehmen wird, ich hoffe es jedoch, denn das ist das Spezifikum eines neuen Diskurses: zu erneuern, was in der Drehung der früheren Diskurse verloren geht, nämlich der Sinn.
Wenn ich Ihnen gesagt habe, dass es etwas gibt, das ihn färbt, diesen Hegel’schen Diskurs, dann deshalb, weil das Wort Farbe hier etwas anderes meint als Sinn. Die Beförderung dessen, was ich vorbringe, entfärbt ihn ja, vervollständigt die Wirkung des Marx’schen Diskurses – worin es etwas gibt, das ich hervorheben möchte und das seine Grenze ausmacht.
Sie besteht darin, dass er einen Protest enthält, bei dem sich herausstellt, dass er den Diskurs des Herrn konsolidiert, indem er ihn vervollständigt, und das nicht nur durch den Mehrwert, indem er – ich spüre, dass dies Unruhe hervorrufen wird –, indem er die Frau anstachelt, als gleich zu existieren. Gleich womit? Das weiß niemand, da man auch gut sagen kann, dass der Mann gleich Null ist, denn um als alle zu existieren, braucht er die Existenz von etwas, das ihn negiert. Mit anderen Worten, die Art von Verwirrung, die nicht ungewöhnlich ist. Wir leben in der Verwirrung, und man hätte Unrecht zu glauben, dass wir davon leben, das versteht sich nicht von selbst, ich sehe nicht, warum der Mangel an Verwirrung daran hindern sollte zu leben. Es ist sogar sehr merkwürdig, dass die Leute sich darauf stürzen, das muss man wirklich sagen, sie stürzen darauf los. Wenn ein Diskurs wie der analytische Diskurs auftaucht, legt er Ihnen nahe, ein Kreuz zu haben, das stark genug ist, um das Komplott der Wahrheit zu stützen. Jeder weiß, dass Komplotte – was? – nur von kurzer Dauer sind. Einfacher ist es, eine Menge Blabla zu machen, was dadurch beendet wird, dass man alle Verschwörer ganz leicht dingfest macht.
Man vermengt, man stürzt sich in die Negation der sexuellen Spaltung, der Differenz, wenn Sie so wollen. Wenn ich Spaltung gesagt habe, dann weil das operational ist; wenn ich Differenz sage, dann weil es genau das ist, was durch die Verwendung des Gleichheitszeichens, Frau = Mann, ausgelöscht werden soll.
Was es da an Großartigem gibt, nicht wahr, was großartig ist, ich will es Ihnen sagen, das sind nicht diese ganzen Albernheiten, großartig ist das Hindernis, das sie, mit einem grotesken Wort, behaupteten zu überschreiten. Ich habe Dinge gelehrt, die nicht behaupteten, irgendwas zu überschreiten, sondern eine Reihe von Knotenpunkten zu erfassen, von Punkten des Unmöglichen.
Wodurch es natürlich Leute gibt, die das störte, da sie die Repräsentanten, die „Eingesessenen“ des amtierenden psychoanalytischen Diskurses waren, nicht wahr, die mir dann so einen dieser Schläge verpasst haben, die einem die Stimme verschlagen.
{119} So etwas ist mir durch einen charmanten Kerl zugestoßen – physisch, so [Lacan schlägt auf den Tisch]; er hat das eines Tages mit mir gemacht, so ein Schatz!, er hat seinen ganzen Mut reingelegt. Er hat das gemacht, obwohl ich zugleich durch ein Ding bedroht wurde, an das ich nicht besonders glaubte, aber na ja, ich tat so als ob, durch einen Revolver.
Aber die Typen, die mir zu einem bestimmten Zeitpunkt die Stimme abgeschnitten haben, haben es nicht getan, obwohl, sie haben es getan, weil ich von einer Knarre bedroht wurde, und das einer echten, nicht, wie die andere, ein Spielzeug. Das bestand darin, mich der Prüfung zu unterwerfen, das heißt dem standard von Leuten, die vom psychoanalytischen Diskurs nichts hören wollten, obwohl sie darin die „eingesessene“ Position einnahmen. Also, was hätte ich tun sollen? [Gelächter] Sobald ich mich nicht dieser Prüfung unterwarf, wäre ich im Voraus verurteilt, nicht wahr, was es natürlich sehr viel leichter gemacht hätte, mir die Stimme abzuschneiden, ha! Denn das gibt es, eine Stimme. Das hat ja so mehrere Jahre gedauert, muss ich sagen, ich hatte so wenig Stimme.
Ich habe jedoch eine Stimme, aus der die Cahiers pour la psychanalyse hervorgegangen sind, eine sehr, sehr, sehr gute Literatur, ich empfehle sie Ihnen ganz entschieden. Weil ich so völlig mit meiner Stimme beschäftigt war, dass ich diese Cahiers pour la psychanalyse --; um es deutlich zu sagen, ich kann nicht alles machen, ich kann nicht den Parmenides lesen, die Phänomenologie und andere Sachen wiederlesen [Gelächter] und dann auch noch die Cahiers pour la psychanalyse lesen. Ich musste wieder zu Kräften kommen, jetzt habe ich sie. Ich habe sie gelesen, von vorne bis hinten, das ist großartig! [Gelächter] Das ist großartig, aber das ist marginal, weil das nicht von Psychoanalytikern gemacht wurde.
Während dieser Zeit haben die Psychoanalytiker geschwätzt, nie hat man in meinem Umfeld so viel über die Überschreitung gesprochen wie in der Zeit, in der ich … [Geste mit dem Finger, die das Durchschneiden der Kehle anzeigt]. Pfft! So also. Jawohl.
*
Denn stellen Sie sich vor, wenn es um das wahrhaft Unmögliche geht, um das Unmögliche, das bewiesen wird, um das Unmögliche, wie es artikuliert wird, dann braucht es dafür natürlich Zeit. Zwischen den ersten Schreibereien, die durch Befragung der Sprache die Geburt einer Logik ermöglicht haben, dann der Tatsache, dass man gesehen hat, dass diese Schreibereien auf etwas stießen, das zwar existierte, jedoch nicht in der Weise, wie man es bis dahin annahm, nicht in der Weise des Seins, das heißt dessen, wofür jeder von Ihnen sich hält, was er zu sein glaubt, unter dem Vorwand, dass Sie Individuen sind. Man hat gesehen, dass es Dinge gab, die in dem Sinne existierten, dass sie die Grenze dessen bilden, was im Voranschreiten der Artikulation eines Diskurses haltbar sein kann. Das ist das Reale. Der Zugang dazu auf dem |{120} Wege dessen, was ich das Symbolische nenne, und das bedeutet die Modi dessen, was durch dieses Feld geäußert wird, dieses Feld, das existiert, das der Sprache --; dieses Unmögliche, insofern es bewiesen wird, lässt sich nicht überschreiten.
Es gibt Dinge, die seit langem der Orientierung gedient haben, einer vielleicht mythischen Orientierung, aber durchaus einer Orientierung, nicht nur bei dem, worum es bei diesem Unmöglichen geht, sondern in Bezug auf seine Motivierung, die eben darin besteht, dass das sexuelle Verhältnis nicht geschrieben wird. In diesem Genre hat man nie etwas Besseres gemacht als – ich werde nicht sagen: als die Religion, denn wie ich Ihnen sagen werde, Ihnen lang und breit erklären werde, wenn man Psychoanalytiker ist, betreibt man nicht Ethnologie, und die Religion einfach so in einem allgemeinen Terminus zu ersäufen, das ist dasselbe wie Ethnologie zu betreiben. Ich kann auch nicht sagen, dass es nur eine gibt, es gibt jedoch diejenige, in der wir baden, die christliche Religion. Na ja, glauben Sie mir, die christliche Religion arrangiert sich verdammt gut mit Euren Überschreitungen. Das ist sogar alles, was sie sich wünscht, dadurch wird sie konsolidiert – je mehr Überschreitungen, desto besser für sie. Und eben das steht zur Diskussion.
Es geht darum, nachzuweisen, wo das Wahre dessen ist, was dafür sorgt, dass eine Reihe von Diskursen, in die Sie verwickelt sind, aufrechterhalten wird.
*
Enden möchte ich heute – ich hoffe, ich habe meinen Ring nicht ruiniert [Gelächter] –, enden möchte ich heute mit dem Punkt, mit dem ich angefangen habe. Ich bin vom Anderen ausgegangen, ich bin da nicht wieder herausgekommen, denn die Zeit vergeht, und schließlich darf man ja nicht glauben, dass es mir, wenn die Sitzung zu Ende ist, nicht reicht. Ich werde also noch einmal umrunden, was ich gesagt habe, ein lokales Merkmal, das den Anderen betrifft, und übergehe, was dann mit dem sein kann, was ich Ihnen über den Dreh- und Angelpunkt zu sagen habe, über den Punkt, den ich in diesem Jahr anziele, nämlich das Eins.
Nicht ohne Grund habe ich es heute nicht in Angriff genommen, denn Sie werden sehen, nicht wahr, dass man bei nichts so sehr ausgleitet wie bei diesem Eins. Das ist wirklich merkwürdig, wenn es eine Sache gibt, qui a des faces, die Seiten hat, derart, qu’elles se fassent, dass sie sich machen, zu was?, keineswegs unzählbar, jedoch ungemein divergent, dann ist das ja, wie Sie sehen werden, das Eins.
L’Autre, der/die/das Andere, nicht ohne Grund muss ich mich zunächst darauf stützen. L’Autre, hören Sie gut hin, das ist also ein entre, ein Zwischen, das Zwischen, um das es im sexuellen Verhältnis gehen würde, jedoch verschoben und zwar dadurch, de s’Autreposer, sich zu alterpostieren. Sich zu alterpostieren – es ist merkwürdig, wenn ich dieses Andere postiere, dann betrifft das, was ich heute vorzubringen hatte, nur die Frau, und sie ist ja diejenige, die |{121} uns für die Figur des Anderen die Illustration gibt, die in unserer Reichweite ist, da sie, wie ein Dichter mal geschrieben hat, „zwischen Zentrum und Abwesenheit“ ist.
Zwischen dem Sinn, den sie in dem ergreift, was ich diesen Mindestens einen genannt habe, wo sie ihn nur in dem Zustand findet, von dem ich Ihnen angekündigt habe – angekündigt, mehr nicht –, nur reine Existenz zu sein. Zwischen Zentrum und Abwesenheit, zu was wird das für sie? Zu diesem zweiten Querstrich, den ich nur so schreiben konnte, dass ich sie als nichtalle definiere []. Diejenige, die nicht in der phallischen Funktion enthalten ist, ohne jedoch deren Negation zu sein. Ihr Anwesenheitsmodus ist zwischen Zentrum und Abwesenheit, zwischen der phallischen Funktion, an der sie teilhat, insbesondere von daher, dass der Mindestens eine, der in der Liebe ihr Partner ist, diese Funktion für sie zurückweist. Wodurch es ihr wiederum möglich ist, das, wodurch sie nicht daran teilhat, in der Absenz zu lassen, die, als Jouissabsence, nicht weniger Jouissance ist.
Und ich denke, niemand wird sagen, dass das, was ich über die phallische Funktion sage, einem Verkennen dessen unterliegt, worum es bei der weiblichen Jouissance geht. Vielmehr geht es darum, dass die Jouisprésence der Frau, wenn ich mich so ausdrücken darf, in dem Anteil, durch den sie für die phallische Funktion pastoute ouverte ist, der sie dafür nichtganz offen macht, geht es darum, dass der Mindestens-eine dazu gedrängt wird, diese Jouisprésence zu bewohnen, in einer radikalen Fehldeutung dessen, wodurch seine Existenz gefordert wird. Aufgrund dieser Fehldeutung, die dazu führt, dass er nicht einmal mehr existieren kann, dass die Ausnahme seiner Existenz selbst ausgeschlossen ist, verflüchtigt sich dann dieser Status des Anderen – das Faktum, nicht allgemein zu sein –, und wird das Verkennen des Mannes erforderlich, was die Definition der Hysterikerin ist.
Damit möchte ich mich für heute verabschieden. Ich setze einen Punkt und in acht Tagen sehen wir uns wieder. Die Sitzung von Sainte-Anne fällt auf einen Tag – auf den ersten Donnerstag im April –, zu dem ich denen, die hier sind, eine Ankündigung mache, damit sie es die anderen, die Sainte-Anne aufsuchen, wissen lassen: sie wird nicht stattfinden.
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Französisch/deutsch mit erläuternden Anmerkungen
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift , z.B. {11}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [1], verweisen auf die Seiten der Stenotypie auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) (hier).
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Seminar XIX von 1971/72, „… oder schlimmer“,
Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, Rechtsfakultät, Place du Panthéon
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{111} [1] Les choses sont telles, que puisque je vise cette année à vous parler de l’Un, je commencerai aujourd’hui à énoncer ce qu’il en est de l’Autre.
Die Sache ist die, dass ich, da ich in diesem Jahr vorhabe, zu Ihnen über das Eins zu sprechen, heute damit beginnen werde, darzulegen, worum es beim Anderen geht.
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De cet Autre, avec un grand A, à propos duquel j’ai recueilli – il y a un temps – l’inquiétude, l’inquiétude marquée par un marxiste à qui je devais la place d’où j’avais pu reprendre mon travail, l’inquiétude qui était celle-ci : que cet Autre c’était ce tiers qu’à l’avancer dans le rapport du couple il – il le marxiste – lui ne pouvait l’identifier qu’à Dieu.
Bei diesem Anderen mit großem A, bei dem ich die Besorgnis mitbekommen habe – das ist schon etwas her –, die Besorgnis, die von einem Marxisten geprägt war, dem ich den Ort verdankte, von dem aus ich meine Arbeit wiederaufnehmen konnte, die Besorgnis, die darin bestsand, dass dieser Andere der Dritte sei, den er, der Marxist, wenn dieser Dritte in die Paarbeziehung eingebracht wird, nur mit Gott gleichsetzen konnte.3
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Cette inquiétude dans la suite a-t-elle cheminé assez pour lui inspirer méfiance irréductible à l’endroit de la trace que je pouvais laisser ?
Ist diese Beunruhigung danach so weit gegangen, dass sie ihm ein unauflösliches Misstrauen eingeflößt hat gegenüber der Spur, die ich hinterlassen konnte?
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C’est une question que je laisserai de côté pour aujourd’hui, parce que je vais commencer par le dévoilement tout simple de ce qu’il en est de cet Autre que j’écris en effet avec un grand A.
Diese Frage möchte ich für heute beiseitelassen, denn ich will damit beginnen, einfach aufzudecken, worum es bei diesem Anderen geht, den ich tatsächlich mit großem A schreibe.
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{112} L’Autre dont il s’agit, l’Autre est celui du couple sexuel – celui-là même – et que c’est bien pour cela qu’il va nous être nécessaire de produire le signifiant qui ne peut s’écrire que de ce qu’il le barre, ce grand A.
Der Andere, um den es sich handelt, der Andere ist der des sexuellen Paares, eben dieser4, und eben deshalb wird es nötig sein, dass wir den Signifikanten produzieren, der von daher geschrieben werden kann, dass er es ausstreicht, dieses große A [Ⱥ].5
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On – c’est pas facile, hein –, on – je souligne sans m’y arrêter car je ne ferais pas un pas –, on ne jouit que de l’Autre.
Man – das ist nicht leicht, nicht wahr –, man – ich unterstreiche, ohne mich dabei aufzuhalten, denn sonst käme ich keinen Schritt voran –, man genießt nur den Anderen.6
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Il est plus difficile d’avancer en ceci, qui semblerait s’imposer, parce que ce qui caractérise la jouissance – après ce que je viens de dire – se déroberait : avancerai-je que on n’est joui que par l’Autre ?
Schwieriger ist es, bei dem voranzukommen, was sich scheinbar aufdrängt, denn nach dem, was ich gerade gesagt habe, würde sich das, was die Jouissance kennzeichnet, entziehen – werde ich behaupten, dass man nur vom Anderen genossen wird?
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C’est bien l’abîme que nous offre en effet la question de l’existence de Dieu, précisément celle que je laisse à l’horizon comme ineffable.
Denn das ist ja der Abgrund, vor den uns die Frage nach der Existenz Gottes stellt, eben diejenige, die ich am Horizont lasse, als unsagbar.
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Parce que ce qui est important, ce n’est pas le rapport avec ce qui jouit de ce que nous pourrions croire notre |[2] être, l’important quand je dis qu’on ne jouit que de l’Autre, est ceci : c’est qu’on n’en jouit pas sexuellement – il n’y a pas de rapport sexuel – ni n’en est-on joui.
Denn wichtig ist nicht das Verhältnis zu dem, der das genießt, was wir für unser Sein halten könnten; wenn ich sage, dass man nur den Anderen genießt, ist das Wichtige, dass man ihn nicht sexuell genießt – es gibt kein sexuelles Verhältnis – noch von ihm sexuell genossen wird.
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Vous voyez que lalangue – lalangue que j’écris en un seul mot – lalangue qui est pourtant bonne fille, ici résiste.
Sie sehen, dass Lalangue, die ich in einem Wort schreibe, dass Lalangue, die doch ein braves Mädchen ist, hier Widerstand leistet.7
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Elle fait la grosse joue.
Sie bläst die Backen auf.8
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On en jouit – il faut bien le dire – de l’Autre : |{113} on en jouit mentalement.
Man genießt ihn, so muss man ja sagen, ihn, den Anderen, man genießt ihn mental.9
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Il y a une remarque dans ce Parménide, enfin n’est-ce pas, qui a… ici prend sa valeur de modèle, c’est pour ça que je vous ai recommandé d’aller vous y décrasser un peu.
Es gibt eine Bemerkung in diesem Parmenides, nicht wahr, der also --, der hier den Wert eines Modells bekommt; deshalb habe ich Ihnen empfohlen, dass Sie sich hierzu ein wenig Schliff geben.
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Naturellement, si vous le lisez à travers les commentaires qui en sont faits à l’université, ben vous le situerez dans la lignée des philosophes, vous y verrez que c’est considéré comme un exercice particulièrement brillant, mais après ce petit salut, on vous dit qu’il n’y a pas grand-chose à en faire, que Platon a simplement poussé là, jusqu’à son dernier degré d’acuité, ceci qu’on vous déduira de sa théorie des formes.
Natürlich, wenn Sie ihn mithilfe der Kommentare lesen, die an der Universität dazu verfasst worden sind, na ja, dann werden Sie ihn in die Abstammungslinie der Philosophen einordnen, Sie werden darin sehen, dass das als eine besonders brillante Übung angesehen wird, nach dieser kleinen Verbeugung sagt man Ihnen jedoch, dass nicht viel damit anzufangen sei, dass Platon dort einfach etwas, das man Ihnen aus seiner Formenlehre herleiten wird, bis zur letzten Zuspitzung vorangetrieben habe.10
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C’est peut être autrement qu’il vous faut le lire.
Sie sollten ihn vielleicht anders lesen.
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Il faut le lire avec innocence.
Man muss ihn mit Unschuld lesen.
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Remarquez que de temps en temps quelque chose peut vous toucher, ne serait-ce par exemple que cette remarque, quand il aborde, comme ça, tout à fait en passant --.
Beachten Sie, dass etwas Sie von Zeit zu Zeit berühren kann und sei es beispielsweise nur die folgende Bemerkung, als er einfach so, ganz beiläufig, zur Sprache bringt --.
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Au début de la septième hypothèse qui part de si l’Un n’est pas, tout à fait en marge il dit et si nous disions que le Non-Un n’est pas ?
Zu Beginn der siebten Hypothese, die ausgeht von: Wenn das Eins nicht ist, da sagt er [Parmenides] ganz am Rande: Und wenn wir sagen würden, dass das Nicht-Eins nicht ist? [160b]11
Et là il s’applique à montrer que la négation de quoi que ce soit, pas seulement de l’Un, du non-grand, du non-petit, cette négation comme telle se distingue de ne pas nier le même terme.
Und hier macht er sich daran zu zeigen, dass die Verneinung von was auch immer, nicht nur die des Eins, sondern auch die Verneinung in Das Nicht-Große, in Das Nicht-Kleine, dass diese Verneinung sich dadurch auszeichnet, dass sie nicht denselben Terminus verneint.
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C’est bien quant à ce dont il s’agit, de la négation de la jouissance sexuelle ce à quoi je vous prie à l’instant de vous arrêter.
Das ist ja, bezogen auf das, worum es geht, nämlich die Verneinung der sexuellen Jouissance, das ist das, wobei ich Sie im Augenblick bitte, einmal innezuhalten.
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Que j’écrive ce S parenthèse du grand A barré, S(Ⱥ), et qui est la même chose que ce que je viens de formuler : que de l’Autre on en jouit mentalement.
Was ich so schreibe: S und in Klammern ausgestrichenes großes A, S(Ⱥ)12
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Ceci écrit quelque chose sur l’Autre, et comme je l’ai avancé : en tant que terme de la relation qui, de s’évanouir, de ne pas exister, devient le lieu où elle s’écrit, où elle s’écrit telle que ces quatre formules sont là écrites, pour transmettre un savoir.
Das schreibt etwas über den Anderen, und zwar, wie ich behauptet habe, als Term der Beziehung13, der, da sie verschwindet, da sie nicht existiert, zu dem Ort wird, an dem sie geschrieben wird, wo sie so geschrieben wird, dass diese vier Formeln dort geschrieben sind, um ein Wissen zu übermitteln.
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Parce que j’y ai déjà fait, il me semble, suffisamment allusion – le savoir en la matière, ce savoir peut-être s’enseigne, mais ce qui se transmet c’est |[3] la formule.
Da ich hierzu, wie mir scheint, bereits genügend Andeutungen gemacht habe – das Wissen in diesem Bereich, dieses Wissen wird vielleicht gelehrt, was jedoch übermittelt wird, ist die Formel.
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C’est justement parce qu’un des termes devient le lieu où la relation s’écrit, qu’elle ne peut plus être relation, puisque le terme change de fonction, qu’il devient le lieu où elle s’écrit, et que la relation n’est que d’être écrite justement au lieu de ce terme.
Eben deshalb, weil einer der Terme zu dem Ort wird, an dem die Beziehung geschrieben wird, kann sie nicht mehr Beziehung sein, da der Term seine Funktion ändert, und wird dieser Term zu dem Ort, an dem sie geschrieben wird, und besteht die Beziehung nur darin, anstelle dieses Terms geschrieben zu werden.
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Un des termes de la relation doit se vider pour lui permettre, à cette relation, de s’écrire.
Einer der Terme der Beziehung muss sich leeren, um es ihr, dieser Beziehung, zu ermöglichen, geschrieben zu werden.
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C’est bien en quoi ce mentalement que j’ai avancé tout à l’heure entre des guillemets que la parole ne peut pas énoncer, c’est cela qui radicalement soustrait à ce mentalement toute portée d’idéalisme.
Das ist ja das, worin dieses mental – das ich vorhin in Anführungszeichen vorgebracht habe, in Anführungszeichen, die das Sprechen nicht äußern kann –, das ist das, was diesem mental jeden Einschlag von Idealismus nimmt.
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Cet idéalisme incontestable à le voir se développer sous la plume de Berkeley des remarques que j’espère vous connaissez, qui reposent toutes sur ceci que rien de ce qui se pense n’est que pensé par quelqu’un.
Dieser Idealismus, der unbestreitbar ist, wenn man sieht, wie sich unter der Feder von Berkeley Bemerkungen entwickeln, die Sie hoffentlich kennen und die alle darauf beruhen, dass nichts von dem, was gedacht wird, anders gedacht wird als von jemandem.14
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C’est bien là argument, ou plus exactement argumentation irréductible et qui aurait plus de mordant s’il s’agissait, s’il avouait ce dont il s’agit : de la jouissance.
Das ist hier ja ein irreduzibles Argument oder genauer eine irreduzible Argumentation, die mehr Biss hätte, wenn es um dies ginge, wenn er zugeben würde, worum es sich handelt: um die Jouissance.
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Vous ne jouissez que de vos fantasmes.
Sie genießen nur Ihre Phantasmen.
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Voilà ce qui donnerait portée à l’idéalisme que personne, par ailleurs, malgré qu’il soit incontestable, ne prend au sérieux.
Das ist das, was dem Idealismus eine Tragweite gäbe, den übrigens niemand, obwohl er unbestreitbar ist, ernst nimmt.
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L’important, c’est que vos fantasmes vous jouissent.
Wichtig ist, dass Ihre Phantasmen Sie genießen.
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Et c’est là que je peux revenir à ce que je disais tout à l’heure, c’est que – comme vous voyez, même lalangue qui est bonne fille ne laisse pas sortir cette parole facilement –, que l’idéalisme avance qu’il ne s’agit que de pensées.
Und hier kann ich auf das zurückkommen, was ich vorhin sagte, nämlich dass – wie Sie sehen, selbst Lalangue, die ein braves Mädchen ist, gibt dieses Wort nicht leicht von sich –, dass der Idealismus behauptet, dass es sich nur um nur Gedanken handelt, qu’il ne s’agit que de pensées.
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Pour en sortir, lalangue qui est bonne fille, mais pas si bonne fille que ça, peut peut-être vous offrir quelque chose, que je vais quand même pas avoir besoin d’écrire pour vous prier de faire consonner ce que autrement.
Um da herauszukommen, kann Ihnen Lalangue – die ein braves Mädchen ist, aber so brav nun auch wieder nicht – vielleicht etwas anbieten, das ich wohl nicht anschreiben muss, um Sie zu bitten, dieses que anders klingen zu lassen.
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Enfin… s’il faut vous le faire entendre : q, u, e, u, e, queue de pensées,
Na ja, wenn es nötig ist, Sie es hören zu lassen: q, u, e, u, e, queue de pensées, Schwanz von Gedanken.15
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C’est ce que permet la bonne fillerie de lalangue en français.
Das ist das, was das brave Mädchentum von Lalange auf Französisch gestattet.
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C’est dans cette langue que je m’exprime, je ne vois pas pourquoi je n’en profiterais pas, si j’en parlais une autre, je trouverais un autre truc.
In dieser Sprache drücke ich mich aus, ich sehe keinen Grund, warum ich mir das nicht zunutze machen sollte; spräche ich eine andere, würde ich einen andren Dreh finden.
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Il ne s’agit là queue de pensées, non, comme le dit l’idéaliste, en tant qu’on les |{114} pense, ni même seulement qu’on les pense, donc je suis, ce qui est un progrès pourtant, mais qu’elles se pensent réellement.
Es handelt sich hier um einen Schwanz von Gedanken, nicht, wie der Idealist sagt, insofern man sie denkt, nicht einmal nur unter dem Aspekt, dass man sie denkt – also bin ich –, was immerhin ein Fortschritt ist, sondern insofern sie realiter gedacht werden, réellement.16
Analytischer Diskurs17
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C’est en ça que je me classe18, pour autant que ça a le moindre intérêt, parce que je vois pas pourquoi je me classerais, pourquoi je me classerais philosophiquement, moi par qui émerge un discours qui n’est pas le discours philosophique, le discours psychanalytique nommément, – celui dont le schéme je l’ai reproduit à droite – |[4] que je qualifie de discours en raison de ceci que j’ai souligné, c’est que rien ne prend de sens que des rapports d’un discours à un autre discours.
Das ist das, worin ich mich einordne – sofern das überhaupt relevant ist, denn ich sehe keinen Grund, warum ich mich einordnen sollte, warum ich mich philosophisch einordnen sollte, mich, durch den ein Diskurs auftaucht, der nicht der philosophische Diskurs ist, nämlich der psychoanalytische Diskurs, derjenige, dessen Schema ich rechts [an der Tafel] wiedergegeben habe, und den ich als Diskurs aus einem Grunde qualifiziere, den ich hervorgehoben habe, deshalb nämlich, weil nichts einen Sinn annimmt außer durch die Beziehungen eines Diskurses zu einem anderen Diskurs.
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Ça suppose bien entendu cet exercice, à quoi je peux pas dire, ni espérer, que je vous aie vraiment rompus.
Das setzt natürlich die Übung voraus, von der ich nicht sagen kann und bei der ich nicht hoffen kann, dass ich Sie damit wirklich vertraut gemacht habe.
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Tout ça vous passe bien sûr comme l’eau sur les plumes d’un canard puisque – et d’ailleurs c’est ce qui fait votre existence – vous êtes bien solidement insérés dans des discours qui précèdent, qui sont là depuis un temps, une paye, le discours philosophique y compris, pour autant que vous le transmet le discours universitaire, c’est-à-dire dans quel état !
All das tropft von Ihnen sicherlich ab wie das Wasser vom Gefieder einer Ente, denn – und das macht im Übrigen Ihre Existenz aus – Sie sind, ganz solide, in Diskurse eingefügt, die vorausgehen, die bereits seit einiger Zeit da sind, seit einer Ewigkeit, einschließlich des philosophischen Diskurses, insofern der universitäre Diskurs ihn an Sie übermittelt, und das heißt: in welchem Zustand!19
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Vous y êtes bien solidement installés et ça fait votre assiette.
Sie sind ja fest darin untergebracht und das bildet Ihre Grundlage.
Ceux qui occupent la place de cet Autre, de cet Autre que moi je mets au jour, faut pas croire qu’ils soient tellement plus avantagés sur vous, mais quand même, on leur a mis entre les mains un mobilier qui n’est pas facile à manier.
Man darf nicht glauben, dass diejenigen, die den Platz dieses Anderen einnehmen – des Anderen, den ich ans Licht bringe –, dass diese Ihnen gegenüber besonders im Vorteil wären, aber dennoch, diesen hat man ein Mobiliar an die Hand gegeben, das nicht leicht zu handhaben ist.20
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Dans ce mobilier, il y a le fauteuil dont on n’a pas encore très bien repéré la nature.
Zu diesem Mobiliar gehört der Sessel, dessen Natur noch nicht wirklich gut bestimmt worden ist.
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Le fauteuil est pourtant essentiel, parce que le propre de ce discours, c’est de permettre à ce quelque chose qui est écrit là-bas en haut à droite, sous la forme du S barré [$], et qui est comme toute écriture, une forme bien ravissante --.
Der Sessel ist jedoch wesentlich, denn das Spezifikum dieses Diskurses besteht darin, dass er es dem Etwas erlaubt, das [an der Tafel] dort geschrieben steht, oben rechts, in Form des ausgestrichenen S [$], und das wie jede Schrift eine ganz hinreißende Form ist --.21
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Que le S soit ce que Hogarth donne pour la trace de la beauté, c’est pas tout à fait un hasard, ça doit avoir quelque part un sens, et puis qu’il faille le barrer, ça en a sûrement un aussi.
Das S ist das, was Hogarth als Spur der Schönheit ausgibt, und das ist keineswegs ein Zufall, irgendwo muss das einen Sinn haben, und dann, dass man es durchstreichen muss, das hat sicherlich ebenfalls einen.22
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Mais quoiqu’il en soit, ce qui se produit à partir de ce sujet barré, c’est quelque chose dont il est curieux de voir que je l’écris de la même façon que ce qui tient dans le discours du maître une autre place, la place dominante.
Aber wie auch immer, das, was ausgehend von diesem ausgestrichenen Subjekt produziert wird, ist etwas, wobei es merkwürdig ist, zu sehen, dass ich es genauso schreibe wie das, was im Diskurs des Herrn einen anderen Platz einnimmt, den dominierenden Platz.23
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Ce S de un [S1], c’est justement ce que j’essaie pour vous, en tant qu’ici je parle, c’est ce que j’essaie pour vous de produire.
Dieses S von Eins [S1], das ist eben das, was ich versuche, für Sie, indem ich hier spreche, das ist das, was ich für Sie zu produzieren versuche.
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En quoi – je l’ai déjà dit maintes fois – je suis à la place, la même – et c’est en cela qu’elle est enseignante – je suis à la place de l’analysant.
Womit ich – wie ich schon oft gesagt habe –, womit ich an dem Platz bin, an eben dem – und darin ist er belehrend –, womit ich am Platz des Analysanten bin.24
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Ce qui est écrit, s’est-il pensé ?
Was geschrieben ist, ist das gedacht?
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Voilà la question.
Das ist die Frage.
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On peut ne plus pouvoir dire par qui ça s’est pensé, et c’est même, en tout ce qui est écrit, ce à quoi vous avez affaire.
Es ist möglich, dass sich nicht mehr sagen lässt, von wem das gedacht wurde, und das ist sogar das, womit Sie es bei allem, was geschrieben ist, zu tun haben.25
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La queue de pensées dont je parlais, |{115} c’est le sujet lui-même, le sujet en tant que hypothétique de ces pensées.
Der Schwanz von Gedanken, von dem ich sprach, das ist das Subjekt selbst, das Subjekt insofern, als es das hypothetische Subjekt dieser Gedanken ist.26
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Cet hypothétique, on vous en a tellement rebattu les oreilles depuis Aristote, de l’hupokeimenon, qui était pourtant bien clair.
Dieses Hypothetische, seit Aristoteles ist man Ihnen damit dermaßen in den Ohren gelegen, mit diesem Hypokeimenon, das jedoch ganz klar war.27
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On en a fait une telle chose, n’est-ce pas, que une chatte n’y retrouverait plus ses petits.
Man hat daraus eine derartige Sache gemacht, nicht wahr, dass eine Katze ihre Jungen nicht mehr finden würde.
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Je vais l’appeler la traîne, la traîne justement |[5] de cette queue de pensées, de ce quelque chose de réel qui fait cet effet de comète que j’ai appelé la queue de pensées et qui est peut-être bien le phallus, si28 ce qui se passe là n’est pas capable d’être reconquis par ce que je viens d’appeler la traîne – ce qui n’est concevable que parce que l’effet qu’elle est, est de même saillie que son avènement, à savoir le désarroi, si vous me permettez d’appeler ainsi la disjonction du rapport sexuel –, si ce qui se passe là n’est pas capable d’être reconquis nachträglich.
Ich möchte das die Schleppe nennen, die Schleppe nämlich von diesem Schwanz von Gedanken, von diesem Etwas an Realem, das diesen Kometeneffekt hervorruft, den ich Schwanz von Gedanken genannt habe29 und der ja vielleicht der Phallus ist, falls es nicht möglich ist, das, was hier geschieht, durch das zurückzugewinnen, was ich soeben die Schleppe genannt habe – was nur deshalb begreiflich ist, weil der Effekt, der sie ist, genauso herausragend ist wie ihr Zustandekommen, nämlich die Verwirrung, wenn Sie mir gestatten, die Disjunktion des sexuellen Verhältnisses so zu bezeichnen –, wenn es also nicht möglich ist, das, was hier geschieht, nachträglich* zurückzugewinnen.30
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Si ce qui s’est pensé est ouvert, à portée des moyens d’une re-pensée – ce qui consiste justement à s’apercevoir, à l’écrire, que c’étaient des pensées, parce que l’écrit quoiqu’on en dise, vient après que ces pensées, ces pensées réelles, se soient produites –, c’est dans cet effort de repenser, ce nachträglich qu’est cette répétition qui est le fondement de ce que nous découvre l’expérience analytique.
Wenn [hingegen] das, was gedacht wurde, zugänglich ist, in Reichweite der Mittel eines Wieder-Denkens31 – das eben darin besteht, zu bemerken, indem man es aufschreibt, dass dies Gedanken waren, weil das Geschriebene, was immer man auch sagen mag, erst kommt, nachdem diese Gedanken, diese realen Gedanken, sich hergestellt haben –, in diesem Bemühen um ein Wieder-Denken, in diesem nachträglich*, besteht die Wiederholung, welche die Grundlage dessen bildet, was uns die analytische Erfahrung aufdeckt.32
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Que ça s’écrive c’est la preuve – mais preuve seulement de l’effet de reprise, nachträglich.
Dass es geschrieben wird, ist der Beweis – Beweis jedoch nur durch die Wirkung der Wiederaufnahme, nachträglich*.
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C’est ce qui fonde la psychanalyse.
Das ist das, worauf die Psychoanalyse sich gründet.
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Combien de fois dans les dialogues philosophiques voyez-vous l’argument, enfin : si tu ne me suis pas jusque là, il n’y a pas de philosophie.
Wie oft sehen Sie nicht in philosophischen Dialogen das Argument: Wenn du mir nicht bis hierhin folgst, gibt es keine Philosophie.
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Ce que je vais vous dire c’est exactement la même chose.
Was ich Ihnen sagen möchte, ist genau dasselbe.
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De deux choses l’une.
Entweder – oder.
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Ou ce qui est encore reçu dans le commun, dans tout ce qui s’écrit sur la psychanalyse, dans tout ce qui coule de la plume des psychanalystes, à savoir que ce qui pense n’est pas pensable, et alors il n’y a pas de psychanalyse.
Entweder dies, was von der Allgemeinheit noch akzeptiert wird, bei allem, was über die Psychoanalyse geschrieben wird, bei allem, was aus der Feder von Psychoanalytikern fließt, nämlich dass das, was denkt, nicht denkbar ist – und also gibt es keine Psychoanalyse.33
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[Ou] pour qu’il puisse y avoir psychanalyse, et pour tout dire interprétation, il faut que ce dont part la queue de pensées ait été pensé – pensé en tant que pensée réelle.
[Oder aber,] damit es Psychoanalyse geben kann und, um es klar zu sagen, Deutung, ist es nötig, dass das, wovon der Schwanz von Gedanken ausgeht, gedacht worden ist, gedacht worden ist als reales Denken.
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C’est bien pour ça que je vous ai fait des tartines avec ce Descartes.
Aus diesem Grunde habe ich Ihnen immer wieder den Descartes aufs Butterbrot geschmiert.34
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Le Je pense donc je suis ne veut rien dire s’il n’est vrai.
Das Ich denke, also bin ich, bedeutet nichts, wenn es nicht wahr ist.
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Il est vrai parce que donc je suis c’est ce que je pense avant de le savoir et – que je le veuille ou non – c’est la même chose.
Es ist wahr, weil also bin ich dies ist, dass ich denke, ehe es zu wissen, und ob ich will oder nicht, das ist dieselbe Sache.35
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La même chose, c’est ce que j’ai appelé justement la chose freudienne.
Dieselbe Sache, das ist ja das, was ich die Freud’sche Sache genannt habe.36
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C’est justement parce que c’est la même chose, ce « je pense » et ce que je pense, c’est-à-dire : « donc je suis », c’est justement parce que c’est la même chose, que ça n’est pas équivalent.
Eben deshalb, weil es dieselbe Sache ist, das ich denke und dies, dass ich denke, das heißt also bin ich, eben deshalb, weil es dieselbe Sache ist, ist das nicht äquivalent.
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[6] Parce que c’est pour ça que j’ai parlé de la chose freudienne, c’est parce que dans une chose deux faces – et écrivez ça comme vous voudrez : f, a, c, e, ou f, a, s, s, e – |{116} deux fassent37 c’est non seulement pas équivalent, c’est-à-dire remplaçable38 l’un par l’autre dans le dire ; c’est pas équivalent, c’est même pas pareil.
Denn deshalb habe ich über die Freud’sche Sache gesprochen, weil nämlich bei einer Sache deux faces – schreiben Sie das, wie Sie wollen, f, a, c, e oder f, a, s, s, e –, deux faces, zwei Seiten, deux fassent, zwei machen, nicht nur nicht äquivalent sind, das heißt im Sagen gegeneinander austasuchbar, nicht äquivalent sind, sie sind nicht einmal ähnlich.39
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C’est pour ça que je n’ai parlé de la chose freudienne que d’une certaine façon.
Deshalb habe ich über die Freud’sche Sache nur auf eine bestimmte Weise gesprochen.
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Ce que j’ai écrit, ça se lit.
Was ich geschrieben habe, das liest sich.
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C’est même curieux que ce soit une des choses qui forcent à le relire.
Es ist sogar merkwürdig, dass es eine der Sachen ist, die dazu zwingen, es wiederzulesen.
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C’est même pour ça que c’est fait.
Eben dafür ist das gemacht.
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Et quand on le relit, on s’aperçoit que je ne parle pas de la chose, parce qu’on peut pas en parler – en parler –, je la fais parler elle-même.
Und wenn man es wiederliest, sieht man, dass ich nicht über die Sache spreche, weil man nicht darüber sprechen kann – nicht darüber –, ich lasse sie selbst sprechen.
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La chose dont il s’agit énonce : « Moi la vérité, je parle.»
Die Sache, um die es sich handelt, sagt: „Ich, die Wahrheit, ich spreche.“40
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Et elle le dit pas, bien sûr, comme ça, mais ça doit se voir ; c’est même pour ça que je l’ai écrit .
Und sie sagt das natürlich nicht einfach so, aber das muss man sehen; das ist sogar der Grund, weshalb ich es geschrieben habe.
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Elle le dit de toutes les manières, et j’oserais dire que ce n’est pas un mauvais morceau – je ne suis appréhendable que dans mes cachotteries.
Sie sagt es auf alle möglichen Arten, und ich möchte zu sagen wagen, das ist kein schlechtes Stück – nur in meiner Geheimnistuerei bin ich fassbar.
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Ce qu’on en écrit, de la chose il faut le considérer comme ce qui s’en écrit venant d’elle, non pas de qui écrit.
Was man darüber schreibt, über die Sache, muss aufgefasst werden als etwas Geschriebenes, das von ihr kommt, nicht von dem, der schreibt.41
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C’est bien ce qui fait que l’ontologie – autrement dit la considération du sujet comme être – l’ontologie est une honte, si vous me le permettez.
Und das führt dazu, dass die Ontologie – anders gesagt die Auffassung des Subjekts als Sein –, dass die ontologie eine honte ist, eine Schande, wenn Sie mir das gestatten.42
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Vous l’avez donc bien entendu – n’est-ce pas ? – il faut savoir de quoi on parle.
Sie haben es also richtig verstanden, nicht wahr, man muss wissen, worüber man spricht:
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Ou le donc je suis n’est qu’une pensée, à démontrer que c’est l’impensable qui pense.
Entweder ist das also bin ich nur ein Gedanke, der beweist, dass es das Undenkbare ist, was denkt.33
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Ou c’est le fait de le dire qui peut agir sur la chose, assez pour qu’elle tourne autrement.
Oder die Tatsache, es zu sagen, kann auf die Sache einwirken, ausreichend dafür, dass sie anders läuft.43
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Et c’est en cela que toute pensée se pense de ses rapports à ce qui s’en écrit – autrement, je le répète, pas de psychanalyse.
Und insofern wird jedes Denken von seinen Beziehungen zu dem her gedacht, was davon geschrieben wird – andernfalls, ich wiederhole es, keine Psychoanalyse.
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Nous sommes dans l’inane qui est actuellement ce qu’il y a de plus répandu, l’inan-alysable. [Gelächter]
Wir sind in dem inane – in dem Belanglosen –, das derzeit am stärksten verbreitet ist, im inan-alysable, im Unanalysierbaren. [Gelächter]
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Il ne suffit pas de dire qu’elle est impossible, parce que ça n’exclut pas qu’elle se pratique.
Es genügt nicht zu sagen, dass sie [die Psychoanalyse] unmöglich ist, denn das schließt nicht aus, dass sie praktiziert wird.44
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Pour qu’elle se pratique sans être inane, c’est pas la qualification d’impossible qui importe, c’est son rapport à l’impossible qui est en cause, et le rapport à l’impossible est un rapport de pensée.
Damit sie praktiziert wird, ohne belanglos zu sein, dafür ist nicht wichtig, dass sie als unmöglich qualifiziert wird; worum es vielmehr geht, ist ihr Verhältnis zum Unmöglichen, und das Verhältnis zum Unmöglichen ist ein Denkverhältnis.45
.
Ce rapport ne saurait avoir aucun sens si l’impossibilité démontrée n’est pas strictement une impossibilité de pensée parce que c’est la seule démontrable.
Dieses Verhältnis könnte keinen Sinn haben, wenn die bewiesene Unmöglichkeit nicht strikt eine Unmöglichkeit des Denkens wäre, denn das ist die einzig Beweisbare.46
.
Si nous fondons l’impossible dans son rapport au réel, il nous reste à dire ceci que je vous donne en cadeau comme ça.
Wenn wir das Unmögliche auf sein Verhältnis zum Realen gründen, bleibt uns noch, dies zu sagen, was ich Ihnen, einfach so, als Geschenk überreiche.
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Je le tiens d’une charmante femme, lointaine dans mon passé, restée pourtant marquée d’une charmante odeur de savon [Gelächter], avec l’accent vaudois qu’elle savait prendre pour – tout en s’en étant purifiée – savoir le rattraper … Rien n’est impossible à l’homme, qu’elle disait, je peux pas vous imiter l’accent vaudois, moi je suis pas né là-bas, ce qu’il peut pas faire, il le laisse. [Gelächter]
Ich habe es von einer bezaubernden Frau, tief in meiner Vergangenheit, jedoch immer noch markiert durch einen bezaubernden Duft von Seife [Gelächter], mit dem waadtländischen Akzent, den sie annehmen konnte; obwohl sie sich davon gereinigt hatte, konnte sie ihn wieder zurückholen: Nichts ist dem Menschen unmöglich, sagte sie – den waadtländischen Akzent kann ich Ihnen nicht nachmachen, ich bin ja nicht dort geboren –, was er nicht tun kann, das lässt er.47 [Gelächter]
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Ceci pour vous |{117} centrer ce qu’il en est de l’impossible en tant que ce terme est recevable pour quelqu’un de sensé.
Dies, um für Sie ins Zentrum zu rücken, worum es beim Unmöglichen geht, insofern dieser Terminus für jemanden mit nüchternem Verstand annehmbar ist.
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Eh bien, cette annulation de l’Autre ne se produit qu’à ce niveau où s’inscrit de la seule façon qu’il se peut inscrire, à savoir comme je l’inscris : Φ de x et la barre dessus []. Bon.
Gut, diese Annullierung des Anderen stellt sich nur auf der Ebene her, auf der es auf die einzige Weise geschrieben wird, in der es geschrieben werden kann, nämlich so, wie ich es schreibe: Φ von x und darüber der Querstrich []. Gut.
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Ce qui veut dire qu’on ne |[7] peut pas écrire que ce qui y fait obstacle, à savoir que la fonction phallique ne soit pas vrai.48
Was bedeutet, dass man nicht schreiben kann, dass das, .was hierbei das Hindernis bildet, nämlich die phallische Funktion, wahr ist.49
.
Alors, qu’est-ce que veut dire ∃ de x ?
Also, was bedeutet ∃ von x?
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À savoir il existe x, tel qu’il pourrait s’inscrire dans cette négation de la vérité de la fonction phallique.
Folgendes: Es existiert x, derart, dass es in diese Negation der Wahrheit der phallischen Funktion eingetragen werden könnte.
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C’est ce qui mérite que nous l’articulions selon des temps, et vous voyez bien que ce que nous allons mettre en cause est très précisément ce statut de l’existence, en tant qu’il n’est pas clair.
Es lohnt sich, das zeitlich aufzugliedern, und Sie sehen richtig, dass das, was wir befragen wollen, eben genau der Status der Existenz ist, insofern er nicht klar ist.
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Je pense qu’il y a assez longtemps que vous avez les oreilles, la comprenoire, rebattues de la distinction de l’essence et de l’existence, pour ne pas en être satisfaits.
Ich denke, dass man Ihnen die Ohren und den Hirnkasten mit der Unterscheidung zwischen Essenz und Existenz lange genug vollgequatscht hat, um damit unzufrieden zu sein.50
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Qu’il y ait là dans ce que le discours analytique nous permet d’apporter de sens aux discours précédents, ce n’est quelque chose que je pourrai en fin de compte, de la connexion de ces formules, épingler que du terme d’une motivation dont l’inaperçu est ce qui engendre par exemple la dialectique hégélienne, qui en raison de cet inaperçu, ne s’en passe – si je puis dire – qu’à considérer que le discours comme tel régente le monde. Ouais.
Dass es das hier gibt, in dem, was der analytische Diskurs uns zu den vorhergehenden Diskursen an Sinn zu bringen erlaubt, das ist etwas, das ich, von der Verbindung dieser Formeln her, letztlich nur mit dem Terminus einer Motivierung werde festhalten können, wobei das Übersehen dieser Motivierung das ist, wodurch beispielsweise die Hegel’sche Dialektik hervorgebracht wird, die sich aufgrund dieses Übersehens nicht enthält, der Auffassung zu sein, wenn ich so sagen darf, dass der Diskurs als solcher die Welt regiert.51 Genau.
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Me voilà rencontrant une petite note latérale.
Wobei ich hier auf eine kleine Randbemerkung stoße.52
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Je ne vois pas pourquoi je ne la reprendrai pas, cette digression, d’autant plus que vous ne demandez que ça, vous demandez que ça parce que si je vais tout droit, ça vous fatigue.
Ich sehe keinen Grund, warum ich sie nicht wieder aufgreifen sollte, diese Abschweifung, umso mehr, als Sie ja nur dies verlangen, Sie verlangen nur dies, denn wenn ich geradeaus gehe, dann ermüdet Sie das.
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Ce qui laisse une ombre de sens au discours de Hegel, c’est une absence, et très précisément cette absence de la plus-value telle qu’elle est tirée de la jouissance dans le réel du discours du maître.
Was dem Hegel’schen Diskurs einen Schatten von Sinn lässt, ist eine Abwesenheit, und zwar die Abwesenheit des Mehrwerts, wie er herausgezogen ist aus der Jouissance im Realen des Herrendiskurses.53
.
Mais cette absence quand même note quelque chose.
Aber diese Abwesenheit erfasst dennoch etwas.
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Elle note réellement l’Autre non pas comme aboli, mais justement comme impossibilité de corrélat et c’est en présentifiant cette impossibilité qu’elle colore le discours de Hegel.
Sie erfasst auf reale Weise den Anderen, nicht als abgeschafft, sondern eben als Unmöglichkeit eines Korrelats, und indem sie diese Unmöglichkeit vergegenwärtigt, färbt sie den Hegel’schen Diskurs.54
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Parce que vous ne perdrez rien à relire, je ne sais pas, simplement la préface de la Phénoménologie de l’esprit en corrélation avec ce que j’avance ici.
Denn Sie werden nichts verlieren, wenn Sie, sagen wir,
einfach die Vorrede zur Phänomenologie des Geistes wiederlesen in Zusammenhang mit dem, was ich hier vorbringe.55
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Vous voyez tous les devoirs de vacances que je vous donne : Parménide et la Phénoménologie – la préface |{118} au moins parce que la Phénoménologie, naturellement vous ne lisez jamais.
Sie sehen alle Ferienaufgaben, die ich Ihnen gebe: Parmenides und die Phänomenologie – zumindest die Vorrede, denn die Phänomenologie lesen Sie natürlich nie.
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Mais la préface est foutrement bien, elle vaut à elle seule le boulot de la relire, et vous verrez que ça confirme, que ça prend sens de ce que je vous dis.
Aber die Vorrede ist verdammt gut, sie allein lohnt bereits die Mühe, sie wiederzulesen, und Sie werden sehen, dass sie das, was ich Ihnen sage, bestätigt, dass das von daher Sinn bekommt.
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J’ose pas encore vous promettre que le Parménide en fera autant, prendra sens, mais je l’espère, parce que c’est le propre d’un nouveau discours que de renouveler ce qui se perd dans le tournoiement des discours anciens : justement le sens.
Ich wage noch nicht, Ihnen zu versprechen, dass es mit dem Parmenides genauso sein wird, dass er Sinn annehmen wird, ich hoffe es jedoch, denn das ist das Spezifikum eines neuen Diskurses: zu erneuern, was in der Drehung der früheren Diskurse verloren geht, nämlich der Sinn.
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Si je vous ai dit qu’il y a quelque chose qui le colore, ce discours de Hegel, c’est que, là, le mot couleur veut dire autre chose que sens.
Wenn ich Ihnen gesagt habe, dass es etwas gibt, das ihn färbt, diesen Hegel’schen Diskurs, dann deshalb, weil das Wort Farbe hier etwas anderes meint als Sinn.
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La promotion de ce que j’avance, justement le décolore, achève l’effet du |[8] discours de Marx, où il y a quelque chose que je voudrais souligner et qui fait sa limite.
Die Beförderung dessen, was ich vorbringe, entfärbt ihn ja, vervollständigt die Wirkung des Marx’schen Diskurses56 – worin es etwas gibt, das ich hervorheben möchte und das seine Grenze ausmacht.
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C’est qu’il comporte une protestation, dont il se trouve qu’il consolide le discours du maître en le complétant, et pas seulement de la plus-value, en incitant – je sens que ça va provoquer des remous – en incitant la femme à exister comme égale.
Sie besteht darin, dass er einen Protest enthält, bei dem sich herausstellt, dass er den Diskurs des Herrn konsolidiert, indem er ihn vervollständigt, und das nicht nur durch den Mehrwert, indem er – ich spüre, dass dies Unruhe hervorrufen wird –, indem er die Frau anstachelt, als gleich zu existieren.
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Égale à quoi ?
Gleich womit?
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Personne ne le sait, puisqu’on peut très bien dire aussi que l’homme égale zéro, puisqu’il lui faut l’existence de quelque chose qui le nie pour qu’il existe comme tous.
Das weiß niemand, da man auch gut sagen kann, dass der Mann gleich Null ist, denn um als alle zu existieren, braucht er die Existenz von etwas, das ihn negiert.
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En d’autres termes, la sorte de confusion qui n’est pas inhabituelle.
Mit anderen Worten, die Art von Verwirrung, die nicht ungewöhnlich ist.
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Nous vivons dans la confusion et on aurait tort de croire que nous en vivons, ça ne va pas de soi, je vois pas pourquoi le manque de confusion empêcherait de vivre.
Wir leben in der Verwirrung, und man hätte Unrecht zu glauben, dass wir davon leben, das versteht sich nicht von selbst, ich sehe nicht, warum der Mangel an Verwirrung daran hindern sollte zu leben.
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C’est même très curieux qu’on s’y précipite ; c’est bien le cas de le dire : on s’y rue.
Es ist sogar sehr merkwürdig, dass die Leute sich darauf stürzen, das muss man wirklich sagen, sie stürzen darauf los.
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Quand un discours, tel que le discours analytique, émerge, ce qu’il vous propose, c’est d’avoir les reins assez fermes pour soutenir le complot de la vérité.
Wenn ein Diskurs wie der analytische Diskurs auftaucht, legt er Ihnen nahe, ein Kreuz zu haben, das stark genug ist, um das Komplott der Wahrheit zu stützen.57
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Chacun sait que les complots – hein ? – ça tourne court.
Jeder weiß, dass Komplotte – was? – nur von kurzer Dauer sind.
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C’est plus facile de faire tant de bla-bla-bla qu’on finit par très bien repérer tous les conjurés.
Einfacher ist es, eine Menge Blabla zu machen, was dadurch beendet wird, dass man alle Verschwörer ganz leicht dingfest macht.
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On confond, on se précipite dans la négation de la division sexuelle, de la différence si vous voulez.
Man vermengt, man stürzt sich in die Negation der sexuellen Spaltung, der Differenz, wenn Sie so wollen.
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Si j’ai dit « division », c’est que c’est opérationnel, si je dis « différence », c’est parce que c’est précisément ce que prétend effacer cet usage du signe égal : la femme = l’homme.
Wenn ich Spaltung gesagt habe, dann weil das operational ist; wenn ich Differenz sage, dann weil es genau das ist, was durch die Verwendung des Gleichheitszeichens, Frau = Mann, ausgelöscht werden soll.58
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Ce qu’il y a de formidable, n’est-ce pas, ce qui est formidable je vais vous le dire, c’est pas toutes ces conneries, ce qui est formidable c’est l’obstacle qu’elles prétendent de, ce mot grotesque, transgresser.
Was es da an Großartigem gibt, nicht wahr, was großartig ist, ich will es Ihnen sagen, das sind nicht diese ganzen Albernheiten, großartig ist das Hindernis, das sie, mit einem grotesken Wort, behaupteten zu überschreiten.
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J’ai enseigné des choses qui ne prétendaient rien transgresser, mais cerner un certain nombre de points-nœuds, points d’impossible.
Ich habe Dinge gelehrt, die nicht behaupteten, irgendwas zu überschreiten, sondern eine Reihe von Knotenpunkten zu erfassen, von Punkten des Unmöglichen.
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Moyennant quoi, bien sûr, il y a des gens que ça dérangeait, parce qu’ils étaient les représentants, les « assis » du discours psychanalytique en exercice n’est-ce pas, qui m’ont fait comme ça un de ces coups qui vous affaiblissent la voix.
Wodurch es natürlich Leute gibt, die das störte, da sie die Repräsentanten, die „Eingesessenen“ des amtierenden psychoanalytischen Diskurses waren, nicht wahr, die mir dann so einen dieser Schläge verpasst haben, die einem die Stimme verschlagen.
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{119} Il m’est arrivé par un charmant gars – physiquement, comme ça – il m’a fait ça un jour, c’est un amour ! – il y a mis un courage !
So etwas ist mir durch einen charmanten Kerl zugestoßen – physisch, so [Lacan schlägt auf den Tisch]; er hat das eines Tages mit mir gemacht, so ein Schatz!, er hat seinen ganzen Mut reingelegt.59
.
Il l’a fait malgré que j’étais en même temps sous la menace d’un truc auquel je croyais pas spécialement, mais enfin je faisais comme si, d’un revolver.
Er hat das gemacht, obwohl ich zugleich durch ein Ding bedroht wurde, an das ich nicht besonders glaubte, aber na ja, ich tat so als ob, durch einen Revolver.
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Mais les types qui m’ont coupé la voix dans un certain moment, ils l’ont pas fait malgré que, ils l’ont fait parce que j’étais sous la menace d’un flingue, celui-là, d’un vrai, pas d’un joujou, comme l’autre.
Aber die Typen, die mir zu einem bestimmten Zeitpunkt die Stimme abgeschnitten haben, haben es nicht getan, obwohl, sie haben es getan, weil ich von einer Knarre bedroht wurde, und das einer echten, nicht, wie die andere, ein Spielzeug.
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Ça consistait à me soumettre à l’examen, c’est-à-dire au standard précisément des gens qui voulaient rien entendre du discours analytique encore qu’ils en occupassent la position « assise ». [Gelächter]
Das bestand darin, mich der Prüfung zu unterwerfen, das heißt dem standard von Leuten, die vom psychoanalytischen Diskurs nichts hören wollten, obwohl sie darin die „eingesessene“ Position einnahmen.60 [Gelächter]
.
Alors, que vouliez-vous que je fisse ? [Gelächter].
Also, was hätte ich tun sollen? [Gelächter]
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Du moment que je me soumettais pas à cet examen, j’étais d’avance condamné, n’est-ce pas, ce qui naturellement rendait beaucoup plus facile de me couper la voix, ha !
Sobald ich mich nicht dieser Prüfung unterwarf, wäre ich im Voraus verurteilt, nicht wahr, was es natürlich sehr viel leichter gemacht hätte, mir die Stimme abzuschneiden, ha!
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|[9] Parce que ça existe une voix.
Denn das gibt es, eine Stimme.
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Ça a duré comme ça plusieurs années, je dois dire, j’avais si peu de voix.
Das hat ja so mehrere Jahre gedauert, muss ich sagen, ich hatte so wenig Stimme.
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J’ai tout de même une voix dont sont nés les Cahiers pour la psychanalyse, une très, très, très bonne littérature, je vous les recommande décidément.
Ich habe jedoch eine Stimme, aus der die Cahiers pour la psychanalyse hervorgegangen sind, eine sehr, sehr, sehr gute Literatur, ich empfehle sie Ihnen ganz entschieden.61
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Parce que j’étais tellement tout entier occupé à ma voix que, moi, ces Cahiers pour la psychanalyse, pour tout vous dire, je peux pas tout faire, je peux pas lire le Parménide, relire la Phénoménologie et autres trucs [Gelächter] et puis lire aussi les Cahiers pour la psychanalyse.
Weil ich so völlig mit meiner Stimme beschäftigt war, dass ich diese Cahiers pour la psychanalyse --; um es deutlich zu sagen, ich kann nicht alles machen, ich kann nicht den Parmenides lesen, die Phänomenologie und andere Sachen wiederlesen [Gelächter] und dann auch noch die Cahiers pour la psychanalyse lesen.
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Il fallait que j’aie repris du poil de la bête, j’en ai maintenant.
Ich musste wieder zu Kräften kommen, jetzt habe ich sie.
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Je les ai lus, de bout en bout, c’est formidable ! [Gelächter]
Ich habe sie gelesen, von vorne bis hinten, das ist großartig! [Gelächter]
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C’est formidable mais c’est marginal parce que c’était pas fait par des psychanalystes.
Das ist großartig, aber das ist marginal, weil das nicht von Psychoanalytikern gemacht wurde.
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Pendant ce temps-là les psychanalystes bavardaient, on n’a jamais autant parlé de la transgression autour de moi que pendant le temps où j’avais la [Geste mit dem Finger, die das Durchschneiden einer Kehle anzeigt]. Pfuit ! Voilà ! Ouais…
Während dieser Zeit haben die Psychoanalytiker geschwätzt, nie hat man in meinem Umfeld so viel über die Überschreitung gesprochen wie in der Zeit, in der ich … [Geste mit dem Finger, die das Durchschneiden der Kehle anzeigt]. Pfft! So also. Jawohl.62
.
Parce que figurez-vous, quand il s’agit du véritable impossible, de l’impossible qui se démontre, de l’impossible tel qu’il s’articule – et ça bien sûr on y met le temps.
Denn stellen Sie sich vor, wenn es um das wahrhaft Unmögliche geht, um das Unmögliche, das bewiesen wird, um das Unmögliche, wie es artikuliert wird, dann braucht es dafür natürlich Zeit.
.
Entre les premiers scribouillages qui ont permis la naissance d’une logique à l’aide du questionnement de la langue, puis le fait que, on s’est aperçu que ces scribouillages rencontraient quelque chose qui existait, mais pas à la façon dont on croyait jusqu’alors, à la façon de l’être, c’est-à-dire de ce que chacun d’entre vous se croit, se croit être, sous prétexte que vous êtes des individus.
Zwischen den ersten Schreibereien, die durch Befragung der Sprache die Geburt einer Logik ermöglicht haben, dann der Tatsache, dass man gesehen hat, dass diese Schreibereien auf etwas stießen, das zwar existierte, jedoch nicht in der Weise, wie man es bis dahin annahm, nicht in der Weise des Seins, das heißt dessen, wofür jeder von Ihnen sich hält, was er zu sein glaubt, unter dem Vorwand, dass Sie Individuen sind.
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On s’est aperçu qu’il y avait des choses qui existaient en ce sens qu’elles constituent la limite de ce qui peut tenir de l’avancée de l’articulation d’un discours.
Man hat gesehen, dass es Dinge gab, die in dem Sinne existierten, dass sie die Grenze dessen bilden, was im Voranschreiten der Artikulation eines Diskurses haltbar sein kann.
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C’est ça le réel.
Das ist das Reale.
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Son approche par la |{120} voie de ce que j’appelle le symbolique et qui veut dire les modes de ce qui s’énonce par ce champ, ce champ qui existe, du langage – cet impossible en tant qu’il se démontre, ne se transgresse pas.
Der Zugang dazu auf dem Wege dessen, was ich das Symbolische nenne, und das bedeutet die Modi dessen, was durch dieses Feld geäußert wird, dieses Feld, das existiert, das der Sprache --; dieses Unmögliche, insofern es bewiesen wird, lässt sich nicht überschreiten.
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Il y a des choses qui depuis longtemps ont fait repérage, repérage mythique peut-être, mais repérage très bien, pas seulement de ce qu’il en est de cet impossible mais de sa motivation, très précisément à savoir que ne s’écrit pas le rapport sexuel.
Es gibt Dinge, die seit langem der Orientierung gedient haben, einer vielleicht mythischen Orientierung, aber durchaus einer Orientierung, nicht nur bei dem, worum es bei diesem Unmöglichen geht, sondern in Bezug auf seine Motivierung, die eben darin besteht, dass das sexuelle Verhältnis nicht geschrieben wird.
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Dans le genre on n’a jamais rien fait de mieux que, je ne dirai pas la religion, parce que comme je vous le dirai, je vous l’expliquerai en long et en large, on ne fait pas d’ethnologie quand on est psychanalyste, et noyer la religion comme ça dans un terme général, c’est la même chose que de faire de l’ethnologie.
In diesem Genre hat man nie etwas Besseres gemacht als – ich werde nicht sagen: als die Religion, denn wie ich Ihnen sagen werde, Ihnen lang und breit erklären werde, wenn man Psychoanalytiker ist, betreibt man nicht Ethnologie, und die Religion einfach so in einem allgemeinen Terminus zu ersäufen, das ist dasselbe wie Ethnologie zu betreiben.
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Je peux pas dire non plus qu’il y en ait qu’une, mais il y a celle dans laquelle nous baignons, la religion chrétienne.
Ich kann auch nicht sagen, dass es nur eine gibt, es gibt jedoch diejenige, in der wir baden, die christliche Religion.
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Eh bien croyez-moi, la religion chrétienne, elle s’en arrange foutrement bien, de vos transgressions.
Na ja, glauben Sie mir, die christliche Religion arrangiert sich verdammt gut mit Euren Überschreitungen.
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C’est même tout ce qu’elle souhaite, c’est ce qui la consolide – plus il y a de transgressions, plus ça l’arrange.
Das ist sogar alles, was sie sich wünscht, dadurch wird sie konsolidiert – je mehr Überschreitungen, desto besser für sie.63
.
Et c’est bien de ça qu’il est question.
Und eben das steht zur Diskussion.
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[10] Il s’agit de démontrer où est le vrai de ce qui fait tenir debout un certain nombre de discours qui vous empêtrent.
Es geht darum, nachzuweisen, wo das Wahre dessen ist, was dafür sorgt, dass eine Reihe von Diskursen, in die Sie verwickelt sind, aufrechterhalten wird.
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Je finirai aujourd’hui – j’espère que j’ai pas abîmé ma bague [Gelächter] – je finirai aujourd’hui sur le même point par lequel j’ai commencé.
Enden möchte ich heute – ich hoffe, ich habe meinen Ring nicht ruiniert [Gelächter] –, enden möchte ich heute mit dem Punkt, mit dem ich angefangen habe.64
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Je suis parti de l’Autre, j’en suis pas sorti, parce que le temps passe et puis qu’après tout faut pas croire qu’au moment où la séance finit, moi j’en ai pas ma claque.
Ich bin vom Anderen ausgegangen, ich bin da nicht wieder herausgekommen, denn die Zeit vergeht, und schließlich darf man ja nicht glauben, dass es mir, wenn die Sitzung zu Ende ist, nicht reicht.
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Je rebouclerai donc ce que j’ai dit, trait65 local concernant l’Autre, laissant ce qu’il pourra en être de ce que j’ai à vous avancer de ce qui est le point pivot, le point que je vise cette année, à savoir l’Un.
Ich werde also noch einmal umrunden, was ich gesagt habe, ein lokales Merkmal, das den Anderen betrifft, und übergehe, was dann mit dem sein kann, was ich Ihnen über den Dreh- und Angelpunkt zu sagen habe, über den Punkt, den ich in diesem Jahr anziele, nämlich das Eins.
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Ce n’est pas pour rien que je ne l’ai pas abordé aujourd’hui, parce que vous verrez, hein, il y a rien qui soit aussi glissant que cet Un.
Nicht ohne Grund habe ich es heute nicht in Angriff genommen, denn Sie werden sehen, nicht wahr, dass man bei nichts so sehr ausgleitet wie bei diesem Eins.
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C’est très curieux ; en fait de chose qui a des faces à ce qu’elles se fassent non point innombrables mais singulièrement divergentes, vous le verrez c’est bien l’Un.
Das ist wirklich merkwürdig, wenn es eine Sache gibt, qui a des faces, die Seiten hat, derart, qu’elles se fassent, dass sie sich machen, zu was?, keineswegs unzählbar, jedoch ungemein divergent, dann ist ja, wie Sie sehen werden, das Eins.66
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L’Autre, ce n’est pas pour rien qu’il faut d’abord que j’en prenne l’appui.
L’Autre, der/die/das Andere, nicht ohne Grund muss ich mich zunächst darauf stützen.
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L’Autre, entendez-le bien, l’Autre, entendez-le bien c’est donc un entre, l’entre dont il s’agirait dans le rapport sexuel, mais déplacé et justement de s’Autreposer.
L’Autre, hören Sie gut hin, das ist also ein entre, ein Zwischen, das Zwischen, um das es im sexuellen Verhältnis gehen würde, allerdings verschoben und zwar dadurch, de s’Autreposer, sich zu alterpostieren.67
.
De s’Autreposer, il est curieux qu’à poser cet Autre, ce que j’ai eu à avancer aujourd’hui ne concerne que la femme, et c’est bien elle qui, de |{121} cette figure de l’Autre, nous donne l’illustration à notre portée, d’être comme l’a écrit un poète, « entre centre et absence ».
Sich zu alterpostieren – es ist merkwürdig, wenn ich dieses Andere postiere, dann betrifft das, was ich heute vorzubringen hatte, nur die Frau, und sie ist ja diejenige, die uns für die Figur des Anderen die Illustration gibt, die in unserer Reichweite ist, da sie, wie ein Dichter mal geschrieben hat, „zwischen Zentrum und Abwesenheit“ ist.68
.
Entre le sens qu’elle prend dans ce que j’ai appelé cet au moins un où elle ne le trouve qu’à l’état de ce que je vous ai annoncé – annoncé, pas plus ! – de n’être que pure existence.
Zwischen dem Sinn, den sie in dem ergreift, was ich diesen Mindestens einen genannt habe, wo sie ihn nur in dem Zustand findet, von dem ich Ihnen angekündigt habe – angekündigt, mehr nicht –, nur reine Existenz zu sein.69
.
Entre centre et l’absence, que devient quoi pour elle ?
Zwischen Zentrum und Abwesenheit, zu was wird das für sie?
.
Justement cette seconde barre que je n’ai pu écrire qu’à la définir comme pastoute [].
Zu diesem zweiten Querstrich, den ich nur so schreiben konnte, dass ich sie als nichtalle definiere [].
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Celle qui n’est pas contenue dans la fonction phallique sans pourtant être sa négation.
Diejenige, die nicht in der phallischen Funktion enthalten ist, ohne jedoch deren Negation zu sein.
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Son mode de présence est entre centre et absence, entre la fonction phallique dont elle participe, singulièrement de ce que l’au moins un qui est son partenaire dans l’amour, y renonce pour elle.
Ihr Anwesenheitsmodus ist zwischen Zentrum und Abwesenheit, zwischen der phallischen Funktion, an der sie teilhat, insbesondere von daher, dass der Mindestens eine, der in der Liebe ihr Partner ist, diese Funktion für sie zurückweist.70
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Ce qui lui permet à elle de laisser ce par quoi elle n’en participe pas, dans l’absence qui n’est pas moins jouissance, d’être jouissabsence.
Wodurch es ihr wiederum möglich ist, das, wodurch sie nicht daran teilhat, in der Absenz zu lassen, die, als Jouissabsence, nicht weniger Jouissance ist.
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Et je pense que personne ne dira que ce que j’énonce de la fonction phallique relève d’une méconnaissance de ce qu’il en est de la jouissance féminine.
Und ich denke, niemand wird sagen, dass das, was ich über die phallische Funktion sage, einem Verkennen dessen unterliegt, worum es bei der weiblichen Jouissance geht.
.
C’est au contraire de ce que la jouisprésence, si je puis ainsi m’exprimer, de la femme, dans cette partie qui ne la fait pas toute ouverte à la fonction phallique, c’est de ce que cette jouisprésence, l’au moins un soit pressé de l’habiter, dans un contresens radical sur ce qui exige son |[11] existence.
Vielmehr geht darum, dass die Jouisprésence der Frau, wenn ich mich so ausdrücken darf, in dem Anteil, der sie pastoute ouverte für die phallische Funktion macht, der sie dafür nichtganz offen macht, geht es darum, dass der Mindestens-eine dazu gedrängt wird, diese Jouisprésence zu bewohnen, in einer radikalen Fehldeutung dessen, wodurch seine Existenz gefordert wird.71
.
C’est en raison de ce contresens qui fait qu’il ne peut même plus exister, que l’exception de son existence même est exclue, qu’alors ce statut de l’Autre – fait de n’être pas universel – s’évanouit et que la méconnaissance de l’homme en est nécessitée, ce qui est la définition de l’hystérique.
Aufgrund dieser Fehldeutung, die dazu führt, dass er nicht einmal mehr existieren kann, dass die Ausnahme seiner Existenz selbst ausgeschlossen ist, verflüchtigt sich dann dieser Status des Anderen – das Faktum, nicht allgemein zu sein –, und wird das Verkennen des Mannes erforderlich, was die Definition der Hysterikerin ist.
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C’est là-dessus que je vous laisserai aujourd’hui.
Damit möchte ich mich für heute verabschieden.
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Je mets un point et je vous donne rendez-vous dans huit jours.
Ich setze einen Punkt und in acht Tagen sehen wir uns wieder.
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La séance de Sainte-Anne tombe un jour tel – le premier jeudi d’Avril – que j’en avertis ceux qui sont ici pour qu’ils le fassent savoir aux autres qui fréquentent Sainte-Anne : elle n’aura pas lieu.
Die Sitzung von Sainte-Anne fällt auf einen Tag – auf den ersten Donnerstag im April –, zu dem ich denen, die hier sind, eine Ankündigung mache, damit sie es die anderen, die Sainte-Anne aufsuchen, wissen lassen: sie wird nicht stattfinden.72
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Anmerkungen
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Vgl. Jacques Lacan: … or Worse. The Seminar of Jacques Lacan, Book XIX. Edited by Jacques-Alain Miller. Translated by Adrian R. Price. Polity Press, Cambridge (UK) 2018.
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Das Erstellungsdatum einer PDF-Datei findet man im Adobe Acrobat Reader DC Version 2015 unter Datei > Eigenschaften > Beschreibung > Erstellt am.
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von einem Marxisten: Gemeint ist Louis Althusser. Im September 1963 wurde Lacan aus der Liste der Lehranalytiker der Société française de psychanalyse gestrichen und verlor damit zugleich die Möglichkeit, sein Seminar in einem Hörsaal des Krankenhauses Sainte-Anne abzuhalten. Althusser, Philosophie-Professor an der École normale supérieur de Paris (ENS), sorgte daraufhin dafür, dass Lacan von Fernand Braudel einen Lehrauftrag an der École pratique des hautes études erhielt und dass er sein Seminar ab Januar 1964 in den Räumen der ENS abhalten konnte.
Vgl. Louis Althusser: Freud und Lacan (geschrieben Januar 1964, korrigiert Februar 1969). Übersetzt von Hanns-Henning Ritter und Herbert Nagel. In: L. Althusser u.a.: Freud und Lacan. Merve, Berlin 1976, S. 5–42.
nur mit Gott gleichsetzten konnte: Karl Barth hatte in Der Römerbrief (2. Fassung von 1922) Gott als den „ganz Anderen“ bezeichnet.
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Der Terminus „Anderer“ bezieht sich hier auf den Partner des anderen Geschlechts.
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Das durchgestrichene A meint hier vermutlich: im Unbewussten gibt es keinen Signifikanten für die Opposition männlich/weiblich, also nicht für den Partner des anderen Geschlechts.
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Das dreimal wiederholte on (man) ist möglicherweise eine Anspielung auf Heideggers Begriff des Man als Form der Beziehung zu den Anderen (vgl. Martin Heidegger: Sein und Zeit (1927). Niemeyer, Tübingen 1979, § 27, „Das alltägliche Selbstsein und das Man“, S. 126–130).
Heidegger schreibt Andere groß; vielleicht möchte Lacan hier auch andeuten, wer die Quelle für die (von Althusser monierte) Großschreibung von Autre ist, nämlich Heidegger.
Im Abschnitt über das Man schreibt Heidegger übrigens: „Wir genießen und vergnügen uns, wie man genießt […].“ (A.a.O., S. 126)
Zur Seinsart des Man gehört bei Heidegger das Gerede (vgl. Sein und Zeit, § 35, „Das Gerede“, a.a.O., S. 167–170.)
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Das Französische hat für „Sprache“ zwei verschiedene Wörter, langange und langue.
Lacan verwendet langage und langue so:
– le langage: die Sprache überhaupt, das, was den Menschen von den übrigen Tieren unterscheidet;
– la langue: die Einzelsprache, das, was für diejenigen, die in dieser Einzelsprache aufgewachsen sind, die Muttersprache ist; „die deutsche Sprache“ heißt bei ihm la langue allemande. (Vgl. J. Lacan: Du discours psychanalytique, Vortrag in Mailand am 12. Mai 1972, im Internet hier.)Das entspricht der Verwendung von langague und langue bei Saussure; bei Saussure spricht von le langage humain und les langues. Allerdings setzen Saussure und Lacan unterschiedliche Akzente. Für Saussure ist la langue, die Einzelsprache, vor allem der Sitz von Regelsystemen; Lacan legt in la langue das Gewicht auf die Mehrdeutigkeit der Signifikanten.
Die Schreibweise lalangue evoziert lallation, das „Brabbeln“ oder „Lallen“ des Säuglings; damit wird betont, dass die Einzelsprache der Ort der Mehrdeutigkeiten ist, der Äquivokationen.
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Elle fait la grosse joue, wörtlich übersetzt: „Sie macht die dicke Backe“. Die Mimik bedeutet in etwa „Weiß nicht, kenn’s nicht, bin perplex“.
Offenbar gibt Lacan hier ein Bild für das, was er häufig mit S(Ⱥ) symbolisiert, „Signifikant eines Mangels im Anderen“.
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Einige Sätze später wird Lacan sagen, dass er dieses mental in Anführungszeichen vorgebracht hat.
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„Formenlehre“ ist ein Synonym für „Ideenlehre“; die griechischen Termini idea und eidos (Idee) sind mit forma ins Lateinische übersetzt worden.
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Dieses Argument wird üblicherweise als fünfte Hypothese bezeichnet.
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Eingeführt wird das Symbol S(Ⱥ) von Lacan in den Seminaren 5 (Die Bildungen des Unbewussten, 1957/58) und 6 (Das Begehren und seine Deutung, 1958/59). Der Ausdruck bezieht sich dort auf den sogenannten Graphen des Begehrens, darin auf den Schnittpunkt oben links:
Graph des Begehrens
(aus: Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens im Freud’schen Unbewussten)Lacan liest das Symbol in Seminar 6 so: „Signifikant eines Mangels im Anderen“. Gemeint ist damit das Fehlen eines Elements im Symbolischen, in der Sprache, im Unbewussten; in Seminar 6 ist dies das Fehlen eines Signifikanten, der die Wahrheit garantiert (der den Zugang zum Realen herstellt). Vgl. hierzu auf dieser Website den Artikel Signifikant eines Mangels im Anderen, S(Ⱥ).
Im aktuellen Kontext ist der fehlende Signifikant der Signifikant der Differenz männlich/weiblich.
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George Berkeley (1685–1753), Hauptwerk: A treatise concerning the principles of human knowledge (1710).
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que (hier: „als“) wird [kə] gesprochen, queue („Schwanz“) wird beim langssamen und deutlichen Sprechen etwas anders gesprochen, nämlich [kø]. Wenn man schnell spricht, verschwindet der Unterschied.
Ein (unbewusster) Gedanke ist, Lacan zufolge, Freuds Terminus für das, was Lacan selbst als Signifikantenkette bezeichnet, vgl. etwa die folgende Bemerkung:
„Erkennt der Analytiker an, was ich lehre, nämlich dass das Unbewusste strukturiert ist wie eine Sprache? Das ist die entscheidende Formel, nicht wahr, durch die ich glaubte, die Frage einführen zu müssen. Die Frage ist Folgende: Was Freud entdeckt hat und was er, so gut er konnte, mit dem Terminus des Unbewussten etikettiert hat, kann in keinem Fall auf das zurückgeführt werden, was er selbst vorgebracht hat, etwa auf die Lebensregungen oder auf die Todestriebe, das kann keinesfalls damit gleichgesetzt werden. Was Freud entdeckt hat, ist Folgende: Das sprechende Wesen kennt nicht die Gedanken – diesen Ausdruck hat er verwendet –, kennt nicht die Gedanken, von denen es bestimmt wird. Er besteht darauf, dass es Gedanken sind, und wenn man ihn liest, wird einem klar, dass diese Gedanken, wie alle anderen, dadurch charakterisiert sind, dass es keinen Gedanken gibt, der nicht wie das Sprechen funktioniert, der nicht zum Feld der Sprache gehört.“
(J. Lacan: Interview im Rundfunksender France Culture im Juli 1973, zum 28. Internationalen Kongress der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung in Paris am 22.–27. Juli 1973. Veröffentlicht in: Le coq-héron, 1974, Nr. 46/47, S. 3–8, hier: S. 4, meine Übersetzung (RN) nach der Abschrift in Pas-tout Lacan, Website der ELP, hier)
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Später in dieser Sitzung bezieht Lacan den Terminus Gedanken ausdrücklich auf das Reale (er spricht dann vom Schwanz von Gedanken als „etwas an Realem“, danach von „realen Gedanken“ und „realem Denken“, alles S. 115 von Millers Version). Die Formulierung, dass die Gedanken „realiter (réellement)“ gedacht werden, dürfe sich also ebenfalls auf das Reale beziehen.
Das Diskursschema mit sechs Pfeilen in dieser Anordnung findet man zuerst in Seminar 18, Sitzung vom 17. März 1971, dort für den Diskurs des Herrn, vgl. meine Übersetzung hier. In Millers Version von Seminar 18, S. 101, sind die Pfeile falsch eingetragen.
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Miller fügt in seiner Seminarausgabe an dieser Stelle hinzu: „parmi les réalistes » (nicht in der Tonaufnahme, vgl. 20:59).
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Unter „Existenz“ versteht Lacan hiernach das Eingefügtsein in einen Diskurs.
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Mit dem Anderen ist hier offenbar der Analytiker gemeint, darauf verweist im nächsten Satz die Rede vom Sessel, nämlich dem des Analytikers.
Inwiefern bringt Lacan den Analytiker ans Licht? Vielleicht insofern, als er die Struktur des Diskurses der Psychoanalytikers herausgearbeitet hat.
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Das ist ein Hinweis auf den psychoanalygtischen Diskurs und darin auf das $ am Platz oben rechts. Damit ist im analytischen Diskurs der Analysant gemeint, insofern er durch die Aufforderung, alles zu sagen, was ihm einfällt, in die Position des gespaltenen Subjekts gebracht wird.
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Lacan bezieht sich auf die „line of beauty and grace“, die „Schönheitslinie“, von William Hogarth. Vgl. William Hogarth: The analysis of beauty. Reaves, Leicester-Fields 1753; die Titelseite des Werks zeigt die Schönheitsline, eingeschrieben in ein Dreieck oder eine Pyramide.
Vgl. auch den Hinweis auf die Hogarth’sche Schönheitslinie in: J. Lacan: Seminar 23, Das Sinthom, Sitzung vom 13. Januar 1976, Version Miller S. 71 f., Übersetzung hier.
Man muss die Schönheitslinie durchstreichen – welchen Sinn könnte das haben? Vielleicht diesen: Einen Zugang zum Subjekt des Unbewussten hat man nur jenseits des Narzissmus.
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Im psychoanalytischen Diskurs ist die rechte Seite die des Analysanten. Hier findet man oben das Symbol $, der Analysant spricht als gespaltenes Subjekt. Im Verlauf der psychoanalytischen Kur wird der S1 produziert (der Herrensignifikant, der Name-des-Vaters, das Ichideal, die symbolischen Identifizierungen), dieses Symbol steht am Platz unten rechts, dem Platz der Produktion. Zu S1 als Ichideal vgl. auf dieser Website den Artikel Herrensignifikant, S1: Ichideal.
Im Diskurs des Herrn hingegen ist S1 am dominierenden Platz verortet, am Platz oben links, d.h. am Platz des Agenten (wie dieser Platz in Seminar 17 genannt wird) bzw. am Platz des Scheins (wie er ab Seminar 18 heißt).
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Dass er in seinem Seminar am Platz des Signifikanten sei, hatte Lacan bereits in Seminar 18 vorgebracht (Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre), in der Sitzung vom 13. Januar 1971, Übersetzung hier, vgl. Seminar 18, Version Miller S. 11.
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Zum Geschriebenen:
Ein Jahr zuvor, in dem Aufsatz Lituraterre von 1971, hatte Lacan zum ersten Mal eine scharfe Unterscheidung zwischen Signifikant und Buchstabe (bzw. Schrift, écriture) vorgestellt.
(Lituraterre gibt es in zwei leicht voneinander abweichenden Fassungen, zum einen die im Seminar vorgetragene etwas ausführlichere Version [meine Übersetzung hier], zum anderen den veröffentlichten Text [meine Übersetzung hier].)
Der Begriff des Buchstabens zielt demnach ab auf einen bestimmten Aspekt der psychoanalytischen Interpretation, beim Buchstaben geht es darum, „dass all ihre Deutungen [die der Psychoanalyse] auf die Jouissance hinauslaufen“ (Seminar 18, Sitzung vom 12. Mai 1971; Version Miller S. 117).
Hierzu trägt Lacan in Lituraterre unter anderem die folgenden Thesen vor:
Negativ
– Der Buchstabe ist nicht mit dem Signifikanten zu verwechseln.
– Der Buchstabe (bzw. die Schrift) ist nicht Einprägung.
– Der Buchstabe hat keinen Primat gegenüber dem Signifikanten.Positiv
– Der Buchstabe bildet das Litoral (die Uferzone) zwischen zwei heterogenen Bereichen: zwischen Jouissance und Wissen.
(Mit „Wissen“ sind hier die unbewussten Signifikanten genannt; vgl. in Lacan entziffern den Artikel Wissen, S2: das Unbewusste.)
– Die Schrift ist die Auswaschung des Signifikats im Realen.
– „Die Schrift, der Buchstabe, das ist im Realen, und der Signifikant im Symbolischen.“
(Seminar 18, Sitzung vom 12. Mai 1971; Version Miller S. 122)
– Das Unbewusste [also: der Signifikant, das Wissen] steuert die Funktion des Buchstabens. -
Lacan unterschiedet hier also drei Ebenen: das Geschriebene, die Gedanken und das Subjekt der Gedanken. Die Beziehung zwischen dem Geschriebenen und dem Subjekt der Gedanken ist problematisch, hypothetisch.
Die Rede vom Geschriebenen verweist letztlich auf die Jouissance.
Mit dem Begriff des Gedankens bezieht sich Lacan hier, so nehme ich an, auf einen der Grundbegriffe von Freud, vor allem in der Traumdeutung, auf das Konezpt des unbewussten Gedankens.
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Hypokeimenon bedeutet „das Zugrundeliegende“; bei Aristoteles bezeichnet der Begriff das, worüber etwas ausgesagt wird; der Terminus wurde mit subiectum ins Lateinische übersetzt. Von Descartes wurde subiectum erstmals auf das Ich bezogen.
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Das si ist auf der Tonaufnahme gut zu hören (vgl. 30:57 bis 31:03). Miller setzt nach Phallus einen Punkt und ersetzt das „si“ (wenn, falls) durch „ou bien“ (oder aber, beziehungsweise), was den Sinn stark verändert.
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Das „Etwas an Realem“ ruft den „Schwanz von Gedanken“ hervor. Das Reale, um das es in diesem Seminar vor allem geht, ist das Reale des sexuellen Verhältnisses. Das Reale des sexuellen Verhältnisses beruht auf das Kastration (auf der phallischen Funktion, Φx. Die Schwanz-Metapher hat sicherlich auch die Funktion, die Kastration zu evozieren.
Wie verhält sich die „Schleppe“ zum „Schwanz von Gedanken“? Setzt Lacan die beiden Ausdrücke miteinander gleich oder unterscheidet er sie? Das lässt sich, soweit ich sehe, an dieser Stelle nicht entscheiden, und Lacan verwendet dieser Metapher in keiner anderen Passage seines Werks. Was wäre (bezogen auf die Psychoanalyse) die Schleppe im Unterschied zum Schwanz von Gedanken? Vielleicht die freie Assoziation, insofern sie einen Zugang zu den unbewussten Gedanken ermöglicht?
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Der „Schwanz von Gedanken“ ist der Phallus, allerdings nur unter einer bestimmten Bedingung: dann, wenn es nicht möglich ist, durch durch Schleppe (die freie Assoziation?) das, was hier geschieht, zurückzugewinnen, d.h. falls Urverdrängung vorliegt (das Urverdrängte kann Freud zufolge auch durch freie Assoziation nicht erinnert werden).
Die Beziehung zwischen dem Phallus und der Urverdrängung war von Lacan erstmals hergestellt worden in dem Aufsatz Die Bedeutung des Phallus (1958). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 192–205, zur Urverdrängung: S. 198 und 201.
Freud bezieht sich häufig auf die Nachträglichkeit, besonders ausführlich in der Fallstudie über den „Wolfsmann“. Die Nachträglichkeit besteht dort darin, dass ein Kind von eineinhalb Jahren einen Koitus beobachtet und dass diese Wahrnehmung dann, als das Kind vier Jahre alt geworden ist, durch einen Traum „zur nachträglichen Wirkung“ gebracht wird (S. Freud: Aus der Geschichte einer infantilen Neurose (1918). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 8. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 125–232, hier: S. 220).
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Es geht hier, denke ich, um den Unterschied zwischen dem Urverdrängten (das sich nicht zurückgewinnen lässt) und dem Verdrängten (das „wieder-gedacht“ werden kann).
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Reale Gedanken: Acht Sätze zuvor hieß es, das „Etwas an Realem“ rufe den „Schwanz von Gedanken“ hervor. Also dürfte mit „reale Gedanken“ gemeint sein: Gedanken, die durch etwas Reales hervorgerufen werden, Gedanken, die sich auf eine Unmöglichkeit beziehen.
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Möglicherweise eine Anspielung auf Kants Subjektbegriff und das Ding an sich.
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Es gibt kaum ein Seminar, in dem Lacan sich nicht auf Descartes bezieht, vor allem auf das Descartes’sche Cogito.
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Ich denke, ehe es zu wissen – vermutlich eine Anspielung auf Freuds Begriff der unbewussten Gedanken.
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Vgl. J. Lacan: Die Freud’sche Sache oder Sinn der Rückkehr zu Freud in der Psychoanalyse (1956). In: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 472–513.
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Ich transkribiere an dieser Stelle nicht mit fasse, sondern mit dem lautgleichen fassent, da deux fasse keinen Sinn ergibt und da Lacan später in dieser Sitzung (Version Miller S. 120) ein Wortspiel mit face/fassent macht.
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fasse: Subjunktiv Präsens Aktiv von faire (machen, tun): je fasse, il/elle fasse, ils/elles fassent; deux fassent: „beide tun“.
Zwei Seiten, die sich nicht einmal ähnlich sind - vermutlich das Bewusste und das Unbewusste.
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Im Aufsatz Die Freud’sche Sache steigt die Allegorie der Wahrheit aus einem Brunnen und sagt: „Ich, die Wahrheit, ich spreche.“ (A.a.O., S. 481)
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Lacan wehrt sich hier offenbar gegen die Deutung, dass er in Die Freud’sche Sache geschrieben habe, er, Lacan, sage die Wahrheit.
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Etwa ein Jahr später wird Lacan über die Ontologie sagen:
„In allgemeiner Weise erweist sich die Sprache als ein Feld, sehr viel reicher an Ressourcen, als einfach dasjenige zu sein, wo sich eingeschrieben hat, im Laufe der Zeit, der philosophische Diskurs. Aber, von diesem Diskurs sind gewisse Anhaltspunkte ausgesagt, die schwerlich völlig zu eliminieren sind aus jedem Sprachgebrauch. Dadurch gibt es nichts Leichteres als zurückzufallen in das, was ich ironisch Weltauffassung genannt habe, was jedoch einen moderateren und präziseren Namen hat, die Ontologie.
Die Ontologie ist das, was in der Sprache zur Geltung gebracht hat den Gebrauch der Kopula, sie isolierend als Signifikant. Halten beim Verb sein — diesem Verb, das nicht einmal, im vollständigen Feld der Mannigfaltigkeit der Sprachen, von einem Gebrauch ist, den man als universal qualifizieren könnte — es hervorbringen als solches, das ist eine Akzentuierung voll von Risiken.
Um sie auszutreiben, genügte es vielleicht vorzubringen, daß, wenn man sagt von was immer, daß es ist, was es ist, nichts in irgendeiner Weise dazu nötigt, das Verb sein zu isolieren. Das spricht sich aus es ist was es ist, und es könnte sich ebensogut schreiben esiswasesis. Man würde bei diesem Gebrauch der Kopula nur Flimmern sehen. Man würde dabei nur Flimmern sehen, wenn ein Diskurs, der der discours du maitre ist, m’etre, nicht den Akzent setzen würde auf das Verb sein.“
(Seminar 20 von 1972/73, Encore, Sitzung vom 9. Januar 1973; Übersetzung Haas/Haas/Metzger, Quadriga, Weinheim 1986, S. 36).
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Sicherlich eine Anspielung auf die Deutung, also auf die für die Psychoanalyse grundlegende Tatsache, dass eine Deutung auf die Art der Triebbefriedigung einwirkt, auf die Jouissance.
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Anspielung auf eine Bemerkung von Freud:
„Es hat doch beinahe den Anschein, als wäre das Analysieren der dritte jener ‚unmöglichen‘ Berufe, in denen man des ungenügenden Erfolgs von vornherein sicher sein kann. Die beiden anderen, weit länger bekannten, sind das Erziehen und das Regieren.“
(S. Freud: Die endliche und die unendliche Analyse (1937). In: Ders.: Studienausgabe. Schriften zur Behandlungstechnik. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 351–392, hier: S. 388)
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Lacan wechselt jetzt vom „realen“ Denken“ zum Denken des „Unmöglichen“; gemäß der Formel Das Reale ist das Unmögliche meinen diese Formulierungen dasselbe.
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Früher in dieser Sitzung hieß es:
„Dass es geschrieben wird, ist der Beweis – Beweis jedoch nur durch die Wirkung der Wiederaufnahme, nachträglich*. Das ist das, worauf die Psychoanalyse sich gründet.“ (vgl. S. 115 von Millers Version)
Die bewiesene Unmöglichkeit ist demnach die schriftlich bewiesene Unmöglichkeit, wobei der „Beweis“ in den Formeln der Sexuierung besteht dürfte.
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Auf dieses Sprichwort hatte Lacan sich bereits im Ethik-Seminar bezogen: Seminar 7, Die Ethik der Psychoanalyse, Sitzung vom 8. Juni 1960, Version Miller/Haas S. 329.
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Der Satz ist in der Tonaufnahme klar zu verstehen (47:17). Miller ändert zu: „Cela veut dire qu’on ne peut pas écrire que ce qui fait obstacle à la fonction phallique ne soit pas vrai.“ („Das bedeutet, dass man nicht schreiben kann, dass das, was ein Hindernis für die phallische Funktion bildet, nicht wahr ist.“)
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Die phallische Funktion verhindert, dass es ein sexuelles Verhältnis gibt.
Die Negation der phallische Funktion wird hier von Lacan so gedeutet, dass die phallische Funktion falsch ist, und dies wiederum so, dass sie nicht geschrieben werden kann.
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Anspielung auf einen berühmten Satz von Jean-Paul Sartre: „Die Existenz geht der Essenz voraus“, in: Ders.: Der Existentialismus ist ein Humanismus (1946).
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Später in dieser Sitzung wird Lacan sagen, dass die Motivierung des Unmögliche darin besteht, dass das sexuelle Verhältnis nicht geschrieben wird (Version Miller S. 120).
Möglicherweise ist aber auch gemeint: Hegel bemerkt nicht den Mehrwert als Motivierung für den Diskurs des Herrn, das heißt als das, was diesen Diskurs in Bewegung hält.
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Möglicherweise bezieht Lacan sich hier auf seine Notizen zur Vorbereitung dieser Sitzung.
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Lacan spielt hier an auf die Formel des Herrendiskurses, wie er sie in Radiophonie (1970) dargestellt hatte. Die vier Diskurse werden dort so gezeichnet:
(J. Lacan: Radiophonie (1970). Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: Ders.: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim 1988, S. 5–54, hier: S. 49)
Im Herrendiskurs gibt es zwischen dem Platz oben links (S1 als Befehl des Herrn) und dem Platz oben rechts (Platz des Anderen, des Knechts, mit S2 als Wissen des Knechts) eine Unmöglichkeit, also etwas Reales.
Abwesenheit des Mehrwerts – in der Formel des Herrendiskurses entspricht a (für Objekt a bzw. für Mehrlust) am Platz unten rechts dem Mehrwert.
herausgezogen aus der Jouissance – in den vier Diskursen ist der Platz oben rechts der Platz der Jouissance, so zuerst in der Sitzung vom 3. Februar 1972 des laufenden Seminars, in Millers Version S. 67:
(Bei der Einführung der Diskursformeln in Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse, hatte Laacan den Platz oben rechts als den des Anderen bezeichnet.)Im Herrendiskurs ist der Mehrwert (bzw. die Mehrlust) herausgezogen aus der Jouissance, das entspricht dem Pfeil vom Platz oben rechts (Jouissance) zum Platz unten rechts (Mehrlust).
im Realen des Herrendiskurses – dort, wo der Herrendiskurs sich auf eine Unmöglichkeit bezieht, also in der Beziehung von S1 am Platz oben links (Befehl des Herrn) zu S2 am Platz oben rechts (Wissen des Knechts).
Lacan stützt sich hier auf die Marx’sche Hegel-Kritik.
In Seminar 16, Von einem Anderen zum anderen, hatte Lacan das Objekt a an den Marx’schen Begriff des Mehrwerts angenähert, indem er das Objekt a dort als Mehrlust bezeichnete (vgl. auf dieser Website den Artikel Über Mehrlust und Mehrwert).
Die von Hegel übersehene Motivierung ist demnach die durch den Mehrwert, und damit ist die vom analytischen Diskurs eingebrachte Motivierung (vgl. drei Sätze vorher) die durch das Objekt a.
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Sie erfasst auf reale Weise den Anderen: Sie erfasst den Anderen (den Knecht) durch Vergegenwärtigung einer Unmöglichkeit (das Reale ist das Unmögliche).
Unmöglichkeit eines Korrelats: Die Beziehung zwischen Herr und Knecht ist nicht die Beziehung zu einem Korrelat, sie ist vielmehr durch den Mehrwert bestimmt; in der Formel des Herrendiskurses: a am Platz unten rechts.
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Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Die Phänomenologie des Geistes (1807). Im Internet bei Zeno hier.
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vervollständigt die Wirkung des Marx’schen Diskurses – durch die Verbindung des Mehrwerts mit dem Objekt a als Mehrlust
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In den Diskursformeln ist der Platz der Wahrheit der Platz unten links. Im Diskurs der Analyse findet man an diesem Platz S2, das Wissen. Das „Komplott der Wahrheit“ besteht in diesem Fall vermutlich darin, dass der Platz der Wahrheit von S2 besetzt wird.
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Zu Lacans Terminologie: Es gibt kein sexuelles Verhältnis, es gibt jedoch eine sexuelle Spaltung bzw. eine sexuelle Differenz.
Das Buch von Luce Irigaray über die sexuelle Differenz erschien zwei Jahre später. (L. Irigaray: Speculum. De l’autre femme. Minuit, Paris 1974; dt.: Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts. Übersetzt von Xenia Rajewsky. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980.
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Mehr zu diesem bewaffneten Raubüberfall, vermutlich im Jahre 1961 oder 1962, erfährt man in einem Interview von Colin MacCabe mit Moustafa Safouan, auf der Seite zamyn.org (auf englisch).
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Lacan war Mitglied der Société française de psychanalyse (SFP), die sich 1953 von der Société psychanalytique de Paris (SPP) abgespalten hatte und dadurch die Mitgliedschaft in der International Psychoanalytic Association (IPA) verlor. Die SFP beantragte daraufhin die Aufnahme in die IPA. Diese überprüfte, ob die Tätigkeit der SFP-Mitglieder den „Standards“ der IPA entsprach. Lacan bezieht sich an dieser Stelle vermutlich auf die Arbeit des zweiten Prüfungskomitees, das zwischen 1961 und 1963 tätig war. Im August 1963 fällte die IPA eine Entscheidung, sie knüpfte die Aufnahme der SFP unter anderem an die Bedingung, dass Lacan von der Liste der Lehranalytiker gestrichen würde. Im September 1963 akzeptierte die SFP die Bedingungen der IPA. Im Juni 1964 trat Lacan aus der SFP aus und gründete zugleich eine eigene Schule, die École freudienne de Paris (EFP).
(Vgl. Elisabeth Roudinesco: Jacques Lacan. Bericht über ein Leben, Geschichte eines Denksystems. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Kiepenheuer & Witsch 1996, Kap. IV, „Das Gastmahl, der Sturm“, S. 367–375)
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Der korrekte Titel der Zeitschrift ist Cahiers pour l’analyse (1966-1969), sie wurde herausgegeben vom Cercle d’épistémologie de l’École Normale Supérieure. Redaktion von Band 1: A. Grosrichard, J.–A. Miller, J.C. Milner, F. Regnault, ab Band 8 auch A. Badiou.
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Überschreitung (transgression) ist ein Schlüsselbegriff bei George Bataille. Foucault kommentiert das Konzept in Vorrede zur Überschreitung (1963), in: ders.: Von der Subversion des Wissens, hg. v. Walter Seitter. München, Hanser 1974, S. 32–53.
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Möglicherweises ist gemeint: Die christlichen Religion baut auf dem Zusammenhang von Sünde (Überschreitung) und Schuldgefühl auf.
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Meinen Ring nicht ruiniert – als er während der Sitzung auf den Tisch geschlagen hatte.
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Lacan kommt auf das Wortspiel face/fassent zurück (s.o. Seite 115/116 von Millers Version).
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S’Autreposer – Neologismus aus Autre (Anderer) und se poser (sich setzen); lautähnlich mit s‘entreposer (sich ablegen, lagern).
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Gemeint ist: Henri Michaux: Entre centre et absence (Gedicht), 1936.
Auf diese Formulierung von Michaux hatte Lacan sich bereits ein Jahr zuvor in Lituraterre bezogen;
– Version I von Lituraterre in: J. Lacan: Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 12. Mai 1971, Version Miller S. 121, Übersetzung hier,
– Version II von Lituraterre in: J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 11–20, hier: S. 16, Übersetzung hier. -
In den Formeln der Sexuierung wird der Mindestens eine (bzw. Zumindest eine) durch die Formel oben links dargestellt, also durch . Eingeführt wurde der Terminus Mindestens einer in Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, in der Sitzung vom 19. Mai 1971 (am Schluss der Sitzung), Übersetzung hier; dort wurde der Ausdruck auch bereits dieser Formel der Sexuierung zugeordnet.
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In diesem Satz verwendet Lacan bei der Erläuterung der Sexuierungsformeln zum ersten Mal den Terminus Liebe: der Mindestens eine () ist für die Frau der Partner in der Liebe.
Vielleicht ist folgende Struktur gemeint:
– Beziehung der Formel unten rechts () zur Formel unten links (): Begehren und (phallische) Jouissance einer Frau im Verhältnis zu männlichen Partnern
– Beziehung der Formel unten rechts () zur Formel oben links (): Liebe einer Frau im Verhältnis zu männlichen PartnernBegehren, Jouissance und Liebe wären demnach drei Beziehungen einer Frau zur phallischen Funktion bzw. zur Kastration.
Zur Erinnerung:
Mit der phallischen Funktion (Φx) ist die Kastration gemeint.
„Weshalb Sie glauben werden, dass es hell wird, wenn ich Ihnen sagen werde, dass Φ von x diejenige Funktion bedeutet, die Kastration heißt.“
(Seminar 19, Sitzung vom 15. Dezember 1971, meine Übersetzung von hier, Version Miller S. 33)
Unter Kastration wird hier nicht der Lacans Hörern vertraute Begriff der Kastration verstanden. Gleich im Anschluss an die zuletzt zitierte Bemerkung heißt es:
„Da Sie zu wissen glauben, was Kastration ist, nehme ich ja an, dass Sie zufrieden sind – einen Moment lang zumindest. [Gelächter] Gut, stellen Sie sich vor, dass ich, wenn ich all das an die Tafel schreibe – und damit fortfahren werde –, dass ich das deshalb tue, weil ich überhaupt nicht weiß, was Kastration ist, und weil ich hoffe, mit diesem Buchstabenspiel zu erreichen, dass endlich der Tag anbricht, nämlich dass man weiß, dass die Kastration etwas ist, durch das man hindurchgehen muss.“
Was ist dann mit Kastration gemeint? Ich nehme an: ein Mangel auf der Ebene der sexuellen Jouissance.
Das hieße: Das Begehren einer Frau und ihre (phallische) Jouissance stützen sich auf die Kastration.
Ihre Liebe hingegen verneint die Kastration (stützt sich also indirekt auf die Kastration), eben darin bestünde die mit der Liebe einhergehende Idealisierung. Vom Kontext der bisherigen Erläuterungen der Sexuierungsformeln in den Seminaren 18 und 19 ist klar, dass sich die Idealisierung auf die Jouissance bezieht: das Modell für den Zumindest-Einen ist der Urvater, dessen Triebbefriedigung keiner Einschränkung unterliegt.
Ein zweites Modell ist Don Juan. In Seminar 18 hieß es:
„Dass sie [nämlich Die Frau] existiert, ist ein Frauentraum, das ist ja der Traum, aus dem Don Juan hervorgegangen ist. Wenn es einen Mann gäbe, für den Die Frau existiert, wäre das ein Wunder. Man wäre sich des Begehrens dieses Mannes sicher. Das ist ein weibliches Hirngespinst.“
(Seminar 18, Sitzung vom 17. Februar 1971, meine Übersetzung von hier; vgl. Version Miller S. 74 f.)
Auf welche Weise kann einer Frau die Kastration dazu dienen, eine begehrende und (phallisch) genießende Beziehung zu einem männlichen Partner herzustellen? In Seminar 18 konnte man lesen:
„Sehen Sie, was sich von daher für das ergibt, was ich Ihnen gesagt habe, da die Zeit voranschreitet, nämlich wenn wir die Hysterikerin durch das definieren, was den Neurotiker definiert – das findet man nicht nur bei ihr –, nämlich das Vermeiden der Kastration, dann gibt es mehrere Arten, sie zu vermeiden. Die Hysterikerin hat ein einfaches Verfahren, nämlich dass sie die Kastration zur anderen Seite hin vereinseitigt, zur Seite des Partners – sagen wir: Die Hysterikerin braucht den kastrierten Partner. Das ist klar: dass er kastriert ist, ist bei der Hysterikerin grundlegend ist für die Möglichkeit der Jouissance.“
(Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 16. Juni 1971, meine Übersetzung von hier, vgl. Version Miller S. 174 f.)
Die hysterische Form, vermittels der Kastration eine Beziehung zu einem männlichen Partner herzustellen, besteht für eine Frau demnach darin, die Kastration auf ihn abzuschieben, und damit kommt nicht nur das Begehren ins Spiel (wie immer mit der Kastration), sondern auch ihre (phallische) Jouissance.
Die Beziehung zwischen der rechten unteren Formel der Sexuierung zur linken unteren Formel der Sexuierung (also von zu ) könnte man in diessem Falle umgangssprachlich vielleicht so ausdrücken: „Nicht ich bin kastriert, er ist kastriert. Und das genieße ich.“
Worin besteht für Lacan die nicht-hysterische Form, in der sich für eine Frau auf dem Weg über die Kastration eine begehrende und genießende Beziehung zu einem Mann herstellt?
In laufenden Seminar 19 hieß es in einer früheren Sitzung:
„Für die Frau braucht es zumindest dies, dass dies möglich ist, die Kastration – das ist ihr Zugang zum Mann. Wenn es darum geht, sie zur Tat werden zu lassen – de la faire passer à l’acte –, besagte Kastration, so kümmert sie sich drum.“
(Seminar 19, Sitzung vom 12. Januar 1972, meine Übersetzung von hier; vgl. Version Miller S. 47)
Setzt Lacan hier die Frau und die Hysterikerin miteinander gleich? Oder bezieht sich die Bemerkung über das Zur-Tat-werden-Lassen der Kastration auf eine bestimmte Gruppe von Frauen, auf die Hysterikerinnen?
Bleibt also die Frage, was (in den Augen von Lacan) für eine Frau der nicht-hysterische Weg ist, vermittels der Kastration eine begehrende und genießende Beziehung zu einem Mann herzustellen. Besteht die begehrende Beziehung zu einem Mann (für Lacan) nicht zuletzt darin, dass sie die Kastration auf sich nimmt und von ihm ein Kind will?
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Der „Zumindest eine / Mindestens eine“ soll den Anteil ihrer Jouissance bewohnen, durch den sie für die phallische Funktion nicht ganz offen ist, was vermutlich heißt: er soll die weibliche Jouissance bewohnen.
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Dieser Hinweis bezieht sich auf die parallel zum Seminar laufende Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers im Pariser Sainte-Anne-Krankenhaus.