Lacans Schemata
Das Schema von Auge und Blick
Francisco de Goya, Maja en el balcón (Majas auf einem Balkon), ca. 1800-1810
Öl auf Leinwand, 97 x 190 cm,
Metropolitan Museum of Art, New York
In Seminar 11 von 1964, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, stellt Lacan das folgende Schema vor1:
Lacans erstes Schema von Auge und Blick: getrennte Dreiecke
Das Subjekt ist gespalten, das ist die charakteristische Dimension der psychoanalytischen Entdeckung und Praxis.2 Einer der Bereiche, in denen die Teilung des Subjekts realisiert wird, ist das Feld des Sehens. Das Subjekt ist gespalten in zwei Formen des Sehens, in das Sehen, das auf dem Auge beruht, und das Sehen, das sich auf den Blick gründet.3 In der Zeichnung repräsentiert die obere Figur dasjenige Sehen, das durch das Auge bestimmt wird, die untere Figur bezieht sich auf das Sehen, das vom Blick ausgeht.4
In einem zweiten Konstruktionsschritt werden die beiden Dreiecke von Lacan aufeinandergelegt. Das Ergebnis wird von ihm durch folgendes Schema dargestellt:
Lacans zweites Schema von Auge und Blick: aufeinandergelegte Dreiecke
Wie sind die Figuren zu deuten? Für die folgenden Erläuterungen stütze ich mich auf die vier Vorlesungen über Auge und Blick in Seminar 11; ich gebe eine systematisierende Zusammenstellung von Lacans Hinweisen.5
Fragestellung
In der zweiten Vorlesung über Auge und Blick heißt es:
„Wir wollen nicht verheimlichen, daß dieser Exkurs über die Sehfunktion im Innern der Ausführungen über die Wiederholung anzusiedeln ist (…)“6.
In den vorangegangenen Ausführungen über die Wiederholung ging es um „Tyche“ und „Automaton“, um die Begegnung mit dem Realen und den Wiederholungszwang. Das Reale ist das, was weder an die Ordnung der Sprache und des Sprechens noch an die Ordnung der Bilder assimiliert werden kann; in der Psychoanalyse erscheint es zuerst als Trauma, als nicht integrierbarer Objektverlust.7 In Seminar 11 bezieht sich Lacan mit dem Begriff des Realen auf den Trieb – der Trieb ist eine traumatische Erfahrung, die weder in das Register der Bilder noch in das der Sprache integriert werden kann; er wird unterdrückt; im Wiederholungszwang ist er weiterhin wirksam.8
In den vier Vorlesungen über Auge und Blick geht es um den Schautrieb. Im Französischen heißt der Schautrieb scoptophilie oder scopophilie; Lacan sagt scoptophilie oder pulsion scoptophilitique9 oder pulsion scoptophilique10 oder pulsion scopique11.
Die Begegnung mit dem Realen des Triebs führt zur Spaltung des Subjekts, in Freuds Begrifflichkeit: zur Verdrängung (bzw. Abwehr) und, eins damit, zur Wiederkehr des Verdrängten im Wiederholungszwang. Im Falle des Schautriebs besteht die Spaltung, Freud zufolge, darin, dass das Organ Auge einerseits der Befriedigung der Schaulust dient, andererseits der Wahrnehmung der für die Lebenserhaltung wichtigen Veränderungen der Außenwelt, dass es also zugleich im Dienste der Sexualtriebe steht wie der damit im Konflikt liegenden Ichtriebe.12 Lacan formuliert es so: die Spaltung – die „Schize“13 – des Subjekts im Feld des Sehens ist die zwischen der Funktion des Blicks und der des Auges. Mit „Blick“ bezieht er sich auf die Schaulust als sexuellen Partialtrieb, mit „Auge“ auf das ichkonforme Sehen. Für die Terminologie (aber nicht nur dafür) stützt Lacan sich auf Sartre, der in Das Sein und das Nichts den Blick vom Auge unterscheidet.14
Freud zufolge hat der Schautrieb drei Aspekte: Schauen, Beschautwerden und Sichzeigen.15 Lacan ordnet das Schauen dem Ich zu, das Beschautwerden und das Sichzeigen der Schaulust. Welche Struktur hat das ichkonforme Schauen? Das Dreieck des Auges zeigt Lacans Auffassung. Welche Struktur hat die Beziehung zwischen dem Beschautwerden und dem Sichzeigen in der Schaulust? Hierauf gibt das Dreieck des Blicks eine Antwort. Wie sind die beiden Funktionen des Sehens miteinander verflochen? Dies zeigt das Schema der beiden aufeinandergelegten Dreiecke.
Die Funktion des Auges
Lacans Schema der Struktur des Auges
Das Schema des vom Auge her organisierten Sehfeldes zeigt folgende Beschriftungen: „Objekt“ (objet), „Bild“ (image) und „Geometralpunkt“ (point géometral). „Objekt“ bezieht sich auf die linke senkrechte Linie, „Bild“ auf die mittlere senkrechte Linie und „Geometralpunkt“ auf die rechte Spitze des Dreiecks. Ein weiteres Element des Diagramms sind die beiden vom Geometralpunkt zum Objekt führenden Linien, die einen Winkel bilden; sie tragen keine Bezeichnung.
In der Übersetzung wurde zum Ausdruck „Bild“ der französische Terminus image hinzugefügt. Damit soll die Verwechslung mit dem Begriff tableau vermieden werden, der im anderen Dreieck des Sehens verwendet wird, dem Schema des Blicks. Zu der Sehfunktion, die auf dem Auge beruht, gehört das Bild im Sinne der Optik, das image; die mit dem Blick verbundene Form des Sehens bezieht sich auf das Bild im Sinne von tableau.
Zentralprojektion
Lacans Schema des Augen-Sehens orientiert sich an der Zentralprojektion. Das folgende Diagramm zeigt dieses Projektionsverfahren.16
Zentralprojektion
Die Zeichnung illustriert, wie bei der Zentralprojektion ein dreidimensionales Objekt durch ein zweidimensionales Bild repräsentiert wird, und zwar so, dass es im Bild perspektivisch dargestellt wird. Vom Geometralpunkt aus führt ein Strahlenbündel zum dreidimensionalen Objekt. Dieses Strahlenbündel bildet einen Sehkegel, auch Sehpyramide genannt. In diesen Kegel wird eine Projektionsebene eingeschoben, die senkrecht zum zentralen Sehstrahl steht (die graue Fläche); der Schnitt dieser Ebene mit dem Sehkegel ist das Bild.
Die Verbindung zwischen dem Objekt und der Projektionsebene erfolgt durch Geraden; sie repräsentieren Lichtstrahlen. Die Geraden laufen in einem Punkt zusammen. Dieser Fokus ist das Auge, das also auf einen Punkt reduziert wird. Lacan nennt den Fokus Geometralpunkt; die im Deutschen übliche Bezeichnung ist Augenpunkt oder Augpunkt. Man könnte diesen Punkt auch als „Gesichtspunkt“ bezeichnen. Durch die Bündelung der Strahlen im Geometralpunkt, im Augenpunkt, wird das Objekt, je nach Entfernung vom Betrachter, im Bild größer oder kleiner dargestellt; anders gesagt, durch den Bezug auf den Geometralpunkt bekommt das Bild perspektivischen Charakter.
Das Objekt wird auf die Ebene projiziert, und die Projektion besteht darin, dass es zwischen Objekt und Ebene Entsprechungen gibt: Ein Punkt auf der Projektionsebene entspricht einem Punkt des Objekts. Lacan bezeichnet diese Punkt-für-Punkt-Entsprechungen als „Bildfunktion“17; das Bild ist eine Funktion des Objekts, es ist abhängig vom Objekt und diese Abhängigkeit lässt sich präzise angeben.18 Das Ergebnis einer Zentralprojektion, bei der die Punkt-für-Punkt-Entsprechungen in einem Zentralpunkt zusammenlaufen, wird von Lacan als „Bild“ (image) bezeichnet.19
Lacans Schema ist eine vereinfachte Darstellung der Zentralprojektion. Für die mit „Objekt“ bezeichnete linke senkrechte Linie kann man einen dreidimensionalen realen Gegenstand einsetzen. Die „Geometralpunkt“ genannte rechte Spitze des Dreiecks entspricht dem Punktauge.
Die „Bild“ genannte mittlere senkrechte Linie hat zwei Funktionen. Sie stellt die Projektionsebene dar; von Lacan wird die Projektionsebene einmal auch als „Schirm“ bezeichnet.20 Die mittlere senkrechte Linie steht zugleich für ein Bild auf der Projektionsebene.
Die namenlosen beiden Linien, die in Form eines Winkels den Geometralpunkt mit dem Objekt verbinden, deuten den Sehkegel an.
Für die Struktur dieser Art des Sehens verweist Lacan auf Dürers Apparat zur Herstellung von perspektivischen Zeichnungen, das Pförtchen.21 Dürers Graphik zeigt, wie mit diesem Gerät gearbeitet wird (zum Vergrößern anklicken).
Albrecht Dürer, Die Vermessung der Laute, aus: Ders.: Unterweisung der Messung, 1525
Der Mann links hält einen Faden an eine bestimmte Stelle einer Laute. Der Faden läuft rechts durch eine Öse an der Wand; ein Gewicht sorgt dafür, dass er straff bleibt. Der Faden führt durch einen Rahmen. Der Mann rechts bestimmt die Position des Fadens im Rahmen als Kreuzungspunkt zweier am Rahmen befestigter und verschiebbarer Fäden (das ist der in der Zeichnung festgehaltene Moment). Anschließend wird die Bildfläche (das helle Rechteck mit den Punkten) auf den Rahmen geklappt, und der Schnittpunkt des Fadenkreuzes wird auf die Bildfläche übertragen. Die Bildfläche wird wieder weggedreht, und die Prozedur wiederholt sich: Der Mann links hält den Faden an eine andere Stelle der Laute, usw. Bei der Erzeugung eines Punktes bewegt sich die Bildfläche einmal hin und her, der Rahmen geht zu und auf wie ein Törchen. Das Ergebnis ist eine perspektivische Darstellung der dreidimensionalen Laute auf einer Fläche – nicht durch Linien, sondern durch Punkte.
Der Faden entspricht einem Lichtstrahl. Die Öse repräsentiert den Geometralpunkt. Die auf dem Tisch liegende Laute ist das Objekt. Der Rahmen begrenzt die Projektionsebene, die Bildfläche verdoppelt die Projektionsebene. Die Schnittpunkte des Fadenkreuzes sowie die Punkte auf der Bildfläche ergeben das Bild.
Lacan bezeichnet das vom Auge bestimmte Sehen auch als „geometrales“ Sehen (vision géométrale) und die Optik, die diesen Typ des Sehens beschreibt, als „geometrale Optik“.22 Mit „geometral“ weist er darauf hin, dass dieser Typ des Sehens sich auf den Raum bezieht, und zwar auf einen Raum, der durch feste Abstände bestimmt ist. Während das Adjektiv géométrique, also „geometrisch“, sich auf die Geometrie als Zweig der Mathematik bezieht, verweist géométral meist auf die Architektur, insbesondere auf Architekturzeichnungen. Lacan scheint sich mit „geometral“ speziell auf die perspektivische Raumdarstellung zu beziehen.23 Früher wurde der Ausdruck „Geometral-Zeichnung“ auch im Deutschen verwendet. Allerdings sind Geometral-Zeichnungen Darstellungen ohne Perspektive; ihnen fehlt das, was bei Lacan „Geometralpunkt“ heißt – in Lacans Terminologie sind Geometral-Zeichnungen also gerade keine geometralen Zeichnungen.
Die Funktion des Auges und das Organ Auge
Der Geometralpunkt oder Augpunkt ist ein Punkt, nicht etwa das Auge als Organ. Allerdings kann auch das Sehen des Aug-Organs nach diesem Modell aufgefasst werden. Man findet das nicht bei Lacan, aber bei Descartes im fünften Diskurs seiner Dioptrik.24 Dem Objekt entspricht dann der gesehene Gegenstand außerhalb des Auges, dem Bild (image) das umgekehrte Bild auf der Netzhaut und dem Geometralpunkt die Pupille. Die Positionierung der Elemente ist hier also anders als im Schema der Zentralprojektion: bei der Modellierung des Sehens des Auges durch die Dioptrik liegt der Geometralpunkt zwischen dem Objekt und dem Bild. Diese Auffassung des Organs Auge kann erklären, wie es perspektivische Bilder erzeugt. Sie verfehlt das, was für Lacan die entscheidende Funktion des Aug-Organs ist, die Beziehung zum Blick.
Malerei: die Perspektive
Lacan weist darauf hin, dass die perspektivische Darstellung durch Zentralprojektion in der Malerei vom Ende des 15. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert hinein zur Anwendung kommt. Das Gemälde (tableau), wie es sich in der Renaissance herausbildete, entwickelt sich in der Auseinandersetzung mit der geometrischen Perspektive. Bei der Ausarbeitung der geometralen (perspektivischen) Optik arbeiten Wissenschaft und Kunst Hand in Hand.25 Im 17. Jahrhundert, so kann man ergänzen, wird diese Art der Optik zum Ausgangspunkt von Desargues projektiver Geometrie.26
Subjekt der Vorstellung
Lacan bezieht die auf das Auge zentrierte Form des Sehens nicht nur auf die Malerei, sondern auch auf die Philosophie und stützt sich hierbei auf Merleau-Ponty. Platons Begriff der Idee ist, wie Merleau-Ponty richtig gesehen habe, von der Vorstellung des Auges geleitet.27 Das cartesische Subjekt fasst die Welt (das Objekt) in Vorstellungen (in Bildern), die in ihm (als dem Geometralpunkt) zusammenlaufen, die ihm gehören.28 Die Subjektivität des Subjekts ist bei Descartes ein Nichtungsvermögen: es kann alles bezweifeln29; dies entspricht der Punktförmigkeit des Subjekts im Geometralpunkt.
Lacan bezeichnet das Subjekt im Sinne von Descartes als „Subjekt des Reflexionsbewusstseins“30 oder als „Subjekt der Vorstellung“ (sujet de la représentation)31. In der Rede vom „Subjekt der Vorstellung“ entspricht der Terminus „Subjekt“ dem Geometralpunkt, dem Punktauge, der Begriff „Vorstellung“ oder „Repräsentation“ dem Bild (image).
Die Struktur des Augen-Sehens wird von Lacan auch auf Kant bezogen: Ich vergewissere mich meiner selbst als ein Bewusstsein, das weiß, dass es nur Vorstellung ist, dass es aber darüber hinaus das Ding an sich gibt.32 Bezieht man das auf das Schema, verändern die Komponenten ihren Charakter. In der Anwendung des Schemas auf die Zentralprojektion ist das Objekt ein wohlbekanntes Ding, das auf die Bildebene projiziert wird; überträgt man das Schema auf die Kantische Erkenntnisphilosophie, wird das Objekt zum unerkennbaren Ding an sich.
Das auf das Auge bezogene Sehen ist dasjenige Sehen, das sich als Bewußtsein imaginiert.33 Lacan charakterisiert es durch eine Formulierung von Paul Valéry: „Ich sah mich mich sehen“34. Ich sehe mich, und das, was ich dabei von mir sehe, ist nicht mein Körper, sondern wie ich mich sehe. So wie das Selbstbewusstsein darin besteht, dass ich mich in meinem Denken denke, zeichnet diese Form des Sehens sich dadurch aus, dass ich mich in meinem Mich-Sehen anschaue. Valérys Formulierung verbindet das Augen-Sehen einerseits mit dem Selbstbewusstsein und andererseits mit dem Narzissmus, also mit dem Imaginären im Sinne von Lacan. Mein Sehen ist allmächtig, es sieht das, was im Sehen nicht gesehen werden kann, nämlich den Vorgang, dass ich sehe.
Lacans Kritik
Gegen die Konzeption des geometralen Sehens erhebt Lacan drei Einwände.
– Das geometrale Sehen beruht auf einer Optik der Raumabstände. Diese Optik steht auch einem Blinden zur Verfügung. Man könnte die Lichtstrahlen durch Fäden ersetzen und ein Blinder könnte die Punkt-für-Punkt-Entsprechungen abtasten. Damit entgeht dieser Optik das Eigentliche des Sehens, nämlich das Licht; das Licht reduziert sich keineswegs darauf, dass es sich in Form von Strahlen ausbreitet.35 Lacan übernimmt dieses Argument von Merleau-Ponty, der sich in dem Aufsatz Das Auge und der Geist in diesem Sinn mit Descartes Dioptrik auseinandersetzt.36
– Das Objekt kann nicht in einem Raum erfasst werden, der ein Raum aus (festen) Abständen ist.37 Mit diesem Einwand spielt Lacan auf die mathematische Topologie an, die keine festen Abstände kennt. In den Seminaren 9 und 10 hatte er versucht, mithilfe dieser Topologie den psychoanalytischen Objektbegriff zu bestimmen.
– Das Subjekt erscheint in der geometralen Optik als ein punktförmiges Wesen; es ist jedoch nicht einfach ein Punkt; es ist vielmehr im Tableau: unter dem Blick.38
Lacans Kritik läuft nicht darauf hinaus, dass die Konzeption des geometralen Sehens, des Augen-Sehens, einfach falsch ist. Schließlich geht es ihm darum, die Spaltung des Subjekts im Feld des Sehens aufzuzeigen, und das geometrale Sehen ist die eine Seite dieser Spaltung. Sein Einwand lautet vielmehr: die geometrale Dimension, die Ausrichtung des Sehens auf das Augenzentrum, erschöpft nicht die Beziehung des Subjekts zum Sehen. Sie verfehlt den Blick, und der Blick ist das Wesentliche des Sehens.39
Was hat das geometrale Sehen, das Sehen des Punktauges, mit der Psychoanalyse zu tun? Diese Form des Sehens hat narzisstischen Charakter. Auf die Zugehörigkeit zum Narzissmus, in Lacans Begrifflichkeit: zum Imaginären, verweist im Schema auch der Terminus image, für Bild. Das narzisstische geometrale Sehen hat eine Abwehrfunktion, es dient der Abwehr des Blicks, der Unterdrückung des Schautriebs.40
Die Beziehung zwischen dem Schema des geometralen Sehens und dem imaginären Register wird von Lacan in Seminar 11 nicht weiter ausgeführt. Mein Vorschlag: Der Geometralpunkt entspricht dem Ichideal und das Bild (image) dem Idealich.
Die Funktion des Blicks
Das folgende Diagramm zeigt die zweite Struktur des Sehfelds; man könnte sie als die Struktur des Blick-Sehens bezeichnen.
Lacans Schema der Struktur des Blicks
Das Dreieck des Blick-Sehens ist genauso gebaut wie das des Augen-Sehens, nur spiegelverkehrt, mit der Vertikalen als Symmetrieachse. Die Struktur des Blick-Sehens ist eine Umkehrung der Struktur des Augen-Sehens. Der Geometralpunkt – das auf einen Punkt reduzierte Auge – ist ein Punkt, von dem aus ich sehe; der Lichtpunkt oder Blick ist ein Punkt, von dem aus ich erblickt werde. Für die Umkehrungsstruktur im Feld des Sehens verweist Lacan auf Merleau-Pontys Metapher vom umgekehrten Handschuhfinger.41
Das Schema des durch den Blick bestimmten Sehens repräsentiert den Schautrieb. Lacans Hauptthese zum Schautrieb lautet: grundlegend für den Schautrieb ist das Erblicktwerden.
Lichtpunkt bzw. Blick
Im Schema wird die linke Spitze des Dreiecks als „Lichtpunkt“ bezeichnet. Damit ist irgendein Glitzern in der Umgebung des Subjekts gemeint, ein Flimmern, ein Reflex, ein Glänzen, ein Strahlen. Entscheidend ist, dass das Subjekt sich von diesem Punkt angeblickt fühlt.
Das Licht, um das es beim Lichtpunkt geht, ist nicht das Licht des geometralen Raums. Sein Hauptmerkmal besteht nicht darin, dass es sich in Strahlen ausbreitet. Das Licht blickt mich an, dies ist das für die Subjektivität grundlegende Merkmal des Lichts.42
Lacan bezeichnet den Punkt, von dem ich angeschaut werde, auch als „Blickpunkt“38 (point de regard) oder einfach als „Blick“43 (regard). Er stützt sich auch hierfür auf Merleau-Ponty. In Seminar 11 verweist er auf das Erscheinen von dessen Werk Das Sichtbare und das Unsichtbare und merkt dazu an:
„Was einzukreisen wäre auf den Bahnen des von ihm [Merleau-Ponty] gewiesenen Wegs, ist die Präexistenz eines Blicks – ich sehe nur von einem Punkt aus, bin aber in meiner Existenz von überall her erblickt.“44
Ich sehe von einem Punkt aus: Das ist die Struktur des geometralen Sehens; der Punkt, von dem aus ich sehe, ist der Geometralpunkt, das Punktauge.
Ich werde erblickt: Es gibt ein Sehen, dem ich unterworfen bin. Das, wovon ich gesehen werde, ist der Lichtpunkt, der Blick.
Ich werde von überall her erblickt: Gemeint ist nicht, dass meine Umwelt ein Sehen ist, das mich kugelförmig von allen Seiten einhüllt, sondern dass ein Sehen außerhalb von mir ist und dass es sich von überall her auf mich richten kann (das kugelförmige Einhüllen gehört zur Ordnung des Imaginären).
Ich werde in meiner Existenz erblickt: in meinem Bezug zur Sprache, in meinem Begehren.
Unter „Blick“ versteht Lacan nicht das, was in der Umgangssprache damit gemeint ist. Der Blick im Sinne Lacans besteht niemals darin, dass ich selbst etwas anblicke; der Blick kommt immer von außen. Der Blick im Sinne Lacans kann auch dadurch realisiert werden, dass sich die Augen eines anderen auf mich richten, aber nicht jeder Blick des anderen ist ein Blick im Lacanschen Sinne und der Blick im Lacanschen Sinne stützt sich nur in bestimmten Fällen auf den Blick im Sinne der Umgangssprache. Auch ein Reflex in einer Scheibe kann mich, meinem Eindruck nach, anblicken und ist damit ein Blick.
Das Gefühl, angeschaut zu werden, kann durch ein Geräusch hervorgerufen werden. Lacan bezieht sich hierfür auf ein Beispiel von Sartre45: Ich spähe durch ein Schlüsselloch und höre Schritte im Flur; vor Scham möchte im Boden versinken: weil ich das Gefühl habe, von einem Blick überrascht zu werden.46 Der Eindruck des Erblicktwerdens wird in diesem Fall nicht optisch erzeugt, nicht durch einen Lichtpunkt, sondern akustisch, durch einen Laut. Das Geräusch provoziert die Vorstellung eines Blicks, der mich anschaut; der Blick ist hier nicht ein gesehener, sondern ein vorgestellter Blick.47
„Durch den Blick trete ich ins Licht“48.
Der Blick eröffnet das Feld des Lichts und verortet das Subjekt in diesem Feld. Man könnte die beiden Linien, die im Schema vom Lichtpunkt ausgehen, mit „Feld des Lichts“ bezeichnen, müsste sich dabei allerdings klarmachen, dass diese Linien gerade keine Lichtstrahlen repräsentieren – andernfalls ginge es wieder um den geometralen Raum.
Nicht jeder Blick (im Sinne der Alltagssprache), der mich anschaut, ist ein Blick im Sinne von Lacan, auch nicht jeder Reflex in einer Scheibe und auch nicht jeder vorgestellte Blick. Der Blick, auf den sich das Schema bezieht, gehört zu einer Klasse von Objekten, die Lacan als Objekte a bezeichnet.
Das menschliche Subjekt ist Subjekt des Signifikanten: es ist von Signifikanten determiniert49, es ist von der Sprache und von der symbolischen Ordnung abhängig. Die Sprache erzeugt in ihm einem Mangel, ein Fehlen und damit das Begehren.50 Das primäre Symbol dieses Fehlens ist der Phallus. Der Phallus ist der urverdrängte Signifikant dessen, was dem Subjekt fehlt; der Phallus ist im Unbewussten ein Phallus, der ausfällt, ein „kastrierter“ Phallus51; er repräsentiert, dass das Subjekt in sexueller Hinsicht ungenügend ist. Die Objekte a wiederum symbolisieren den Phallus – den Phallus als das, was fehlt.52 Anders formuliert: die Grundtriebe werden durch den Kastrationskomplex zentriert.53 Lacan kennt vier solcher Objekte: Brust, Exkrement, Stimme und Blick. Die Objekte a sind verlorene Objekte54; sie entstehen durch eine ursprüngliche Trennung, durch eine Art Selbstverstümmelung und sind auf ewig verloren; das ermöglicht es ihnen, als Phallus-Symbole zu fungieren.55 Im Phantasma, dem Träger des Begehrens, projiziert das Subjekt sein eigenes Verschwinden auf diese Objekte.
„Für uns wird das Privileg des Blicks faßbar in der Funktion des Begehrens, indem wir, wenn ich so sagen kann, die Adern entlanggleiten, über die der Bereich des Sehens dem Feld des Begehrens integriert worden ist.“56
Der Blick wird also dann zum Objekt a, wenn er die Kastration symbolisiert.57 Dabei umgeht der Schautrieb, Lacan zufolge, am vollständigsten den Begriff der Kastration50; was damit gemeint ist, ist mir nicht klar.
Der Blick, um den es im Schema geht, ist der aggressive, bösartige, „kastrierende“ Blick, ein Blick, von dem das Subjekt in seinem Begehren erfasst wird und der es zu vernichten droht. In Sartres Beispiel des Voyeurs, der vom Blick auf dem Feld des Anderen erfasst wird, ist für Lacan entscheidend, dass der Schlüssellochgucker in seinem Begehren erblickt wird; nur deswegen erfasst die Scham ihn auf eine Weise, dass er in seinem Wesen erschüttert wird.
„Der Blick erscheint für uns allein in Form einer befremdlichen Kontingenz, Symbol dessen, was wir in unserm Gesichtskreis finden, gestoßen gleichsam durch unsere Erfahrung: jener konstitutive manque/Fehl der Kastrationsangst.“58
Im Traum kann der Blick beispielsweise als Schmetterling erscheinen, der einen phobischen Schrecken einjagt.59
Was ist am Blick so gefährlich, so erschütternd? Das Subjekt begehrt, vom Anderen begehrt zu werden.60 Im Blick manifestiert sich das Begehren des Anderen. Das, wovon das Subjekt bedroht wird, ist das Begehren des Anderen. Das Begehren, das vom Subjekt begehrt wird, ist ein das Subjekt vernichtendes Begehren.
Die ursprüngliche Form des aggressiven Blicks ist, Lacan zufolge, der neidische Blick; das lateinische Wort invidia, „Neid“, kommt von videre, „sehen“. Der beispielhafte neidische Blick ist, so Lacan, der des kleinen Kindes, das ein anderes Kind an der Brust der Mutter sieht; eine Szene, die bereits von Augustinus beschrieben wurde.61 Das Kind, das neidisch sein Geschwister betrachtet, hat, Lacan zufolge, kein Verlangen danach, an der Brust zu liegen. Vielmehr wird der Neid für gewöhnlich durch den Besitz von Gütern hervorgerufen, die dem, der neidet, keinen Nutzen bringen. Das, wovor das neidische Subjekt erbleicht, ist das Bild einer in sich geschlossenen Erfüllung, wobei die Erfüllung darin besteht, dass die Brust – ein vom Subjekt abgetrennte Objekt a – für den anderen ein Besitz ist, an dem er sich befriedigt. Das Bild der in sich geschlossenen Erfüllung konfrontiert das Subjekt mit seiner eigenen Zerrissenheit, mit seinem Mangel.62
Der Blick ist ein Objekt a, d.h. ein verlorenes Objekt, das Subjekt hat sich von diesem Blick getrennt. Es hat den vernichtenden neidischen Blick unterdrückt; der Mechanismus der Projektion sorgt dafür, dass der vernichtende Blick auf dem Feld des Anderen wiedererscheint. In Sartres Beispiel ist der Blick des anderen, der mich beim Schauen überrascht, das verlorene Objekt, das plötzlich, durch das Auftauchen des Anderen, im Aufflackern der Scham wiedergefunden wird.63 Die Scham, die ich unter dem Blick des anderen empfinde, geht hervor aus der Umwandlung meines eigenen neidischen Blicks.
Der Blick kommt also nicht immer von außen; ursprünglich ist er mein eigener Blick. Ich habe mich von ihm getrennt, und ich werde seiner dadurch inne, dass er mich von außen trifft.
Bei dieser Projektion hat er nicht nur die Seiten gewechselt; er ist auch durch den Kastrationskomplex hindurchgegangen und wird dadurch zum Symbol der Kastration.
Der Blick, um den es im Schema geht, ist, wie Lacan erläutert, auch außerhalb der Psychoanalyse bekannt; er heißt hier „böser Blick“.64 Der böse Blick ist ein Blick, der die Bewegung stocken lässt und der das Leben tötet; er bringt Krankheiten mit sich und Unglück, beispielsweise lässt er die Milch eines Tieres versiegen. Der Glaube an den bösen Blick ist Lacan zufolge universal; auch in den zivilisierten Ländern ist er weit verbreitet. Niemals bringt das Auge das Heil, sagt Lacan. Zwar gibt es auch ein gutes Auge, aber dieses hat sekundären Charakter: es bezieht sich auf den bösen Blick, es dient als homöopathischer Abwehrzauber.
Anders als die Brust und das Exkrement ist der Blick kein Gegenstand, den man berühren kann. Wenn das Subjekt sich dem Blick, dem es ausgesetzt ist, anzupassen versucht, wird der Blick zu einem punktförmigen und verschwindenden Objekt. Er ist flüchtig, noch weniger dauerhaft als die Stimme – nur ein Augenblick. Es ist dieser verschwindende Charakters des Blicks, der es ihm ermöglicht, seine Rolle als Objekt a zu spielen, d.h. ein Fehlen zu symbolisieren.65
Der Blick ist zwar nichts Materielles, aber er kann durch einen Gegenstand verkörpert werden, vorzugsweise durch eine Maske. Lacan verweist hierzu auf Bilder von Goya66; eines davon findet man am Beginn dieses Artikels.
Tableau
Die rechte senkrechte Linie des Schemas trägt die Bezeichnung „Tableau“. Der französische Ausdruck tableau meint „Bild“, „Gemälde“, „Tabelle“. Im Schema hat „Tableau“ einen speziellen Sinn. Mit „Tableau“ ist hier das gemeint, was vom Blick erfasst wird. Im Deutschen gibt es hierfür einen treffenden Ausdruck (auf den Lacan nicht verweist): Anblick. Das Tableau ist der Anblick, aber nicht der Anblick, den ich dadurch bekomme, dass ich etwas anschaue, sondern der Anblick, in dem ich selbst von einem Blick erfasst werde, der Anblick-den-ich-biete. Der im Feld des Anderen verortete Blick richtet sich auf das Subjekt, auf mich. Der Anblick, der sich für den Blick ergibt, ist das Tableau. Hingegen ist der Anblick, den ich habe, wenn ich selbst etwas anschaue, das Bild (image). Wenn ich sage: „Als ich aus dem Fenster schaute, bot sich mir ein grauenhafter Anblick“, bezieht sich das auf das Bild (image). Wenn ich sage: „Ich muss einen grauenhaften Anblick geboten haben“, geht es um das Tableau. Das Tableau ist der Anblick, den ich unwillentlich dem Blick biete und der mir peinlich ist.
Beispielsweise soll Holbeins Bild Die Gesandten uns zeigen,
„daß wir als Subjekte auf dem Bild [tableau] buchstäblich angerufen sind und also dargestellt werden als Erfaßte“67.
„Ich muss, für den Anfang, auf dem einen Punkt bestehen – auf dem Felde des Sehens ist der Blick draußen, ich werde erblickt, das heißt ich bin Bild/tableau.“48
Das Tableau ist nicht der Anblick schlechthin, sondern der Anblick, in dem das Subjekt erfasst wird, der Anblick, in dem ich erfasst werde. Das Tableau ist das Subjekt in der Beziehung zu seinem Umfeld (in seiner „Situation“, würde Sartre sagen), sofern es vom Blick ergriffen wird. Im Schauspiel der Welt sind wir in erster Linie angeschaute Wesen.68
Die linke und die rechte Seite des Diagramms sind also zwischen dem Anderen und dem Subjekt aufzuteilen; der Lichtpunkt oder Blick gehört zum Bereich des Anderen, das Tableau zum Feld des Subjekts.
Das Tableau, sagt Lacan mit Bezug auf Holbeins Gemälde,
„gibt unsere eigene Nichtigkeit wieder“67.
Anders gesagt, das Tableau ist
„die Funktion, in der das Subjekt als solches sich abzeichnet“69.
Im Tableau zeichnet sich das Subjekt „als solches“ ab: das Subjekt in seiner Nichtigkeit, seinem Nichtsein, seinem Seinsmangel, seinem Begehren. Das Subjekt als solches ist das der Sprache unterworfene und deshalb begehrende Subjekt, das Subjekt in seiner Existenz, seinem Sprachbezug. Das Tableau ist nicht der Anblick, in dem das Subjekt-im-Sinne-der-Umgangssprache erfasst wird, sondern der Anblick, in dem das Subjekt-im-Sinne-von-Lacan erfasst wird: das begehrendes Subjekt, das Subjekt, das genau deshalb Subjekt ist, weil ihm etwas fehlt.
Lacan verweist hierzu auf Sartres Geschichte des Schlüssellochguckers, der vom imaginierten Blick des Anderen getroffen wird. Das Subjekt, das hier vom Blick erfasst wird, ist ein begehrendes Subjekt, ein Subjekt im vollen (lacanschen) Sinne des Wortes. Nur deshalb, weil das Subjekt das Gefühl hat, in seinem Begehren erblickt zu werden, ist das Erblicktwerden für es so vernichtend.53
Schirm
Die mittlere senkrechte Linie des Schemas repräsentiert den Schirm (écran).
Das Subjekt begehrt das Begehren des Anderen. Die Konfrontation mit dem Begehren des Anderen, wie es sich im Blick des Anderen zeigt, ist für das Subjekt vernichtend: das Subjekt fragt sich, was der Andere von ihm will und wie der Andere es will, und das ruft Angst hervor.70 Die Lösung dieses Konflikts besteht darin, dass das Subjekt dem Blick etwas zu sehen gibt. Das, was es dem Blick zu sehen gibt, hat die Funktion, den Blick zu befrieden. Das Subjekt gibt dem gefräßigen Blick etwas zu speisen60; das Zu-sehen-Geben dient der Abwehr der Triebgefahr, wie Freud sagen würde. Die Leistung des Subjekts im Feld des Blicks ist nicht die Synthesis, sie besteht vielmehr darin, dass es dem Blick etwas zu sehen gibt: etwas, wodurch das Tableau vor dem Blick geschützt wird.
Damit ist klar, wie sich Bild (image), Tableau und Schirm voneinander unterscheiden. Das Bild ist der Anblick, der sich mir bietet. Das Tableau ist der Anblick, den ich dem Blick unwillentlich gebe, ein Anblick, von dem ich in meinem Mangel, meinem Begehren erfasst werde und der mir deshalb peinlich ist. Der Schirm (oder Fleck) ist der Anblick, den ich aktiv dem Blick gebe, um mich vor ihm zu schützen.
Lacan nennt also das, was das Subjekt dem gefräßigen Blick zu sehen gibt, den Schirm bzw. den Fleck.33 Das Subjekt schreibt sich in das Tableau ein, und zwar dadurch, dass es etwas zu sehen gibt, dass es zum Fleck wird, zum Schirm, der es gegenüber dem Blick abschirmt.71 Mit dem Schirm wird dem Blick etwas dargeboten, wo der aggressive Blick niedergelegt werden soll.
Das, was das Subjekt zu sehen gibt, ist eine Täuschung, ein Trugbild. Das Subjekt stellt sich als etwas anderes dar als das, was es ist.72 Die Beziehung zwischen dem Schirm und dem Tableau ist eine Beziehung von Schein und Sein73, wobei das Sein im Seinsmangel besteht, im Begehren.
Der Schirm trennt und verbindet die Ebene des Subjekts (des Tableaus) und die Ebene des Andern (des Blicks).74
Der Schirm ist undurchsichtig.75 Er erzeugt im Tableau eine Abwesenheit, einen Mangel. Er sorgt dafür, dass es für den Blick etwas gibt, was hinter dem Schirm ist und dem Blick durch den Schirm verborgen ist. Also ist das Tableau nicht, wie ich oben geschrieben habe, der Anblick, in dem das begehrende Subjekt vom Blick erfasst wird, sondern der Anblick, in dem das Subjekt vom Blick erfasst werden würde, wenn es sich nicht durch den Schirm davor geschützt hätte.
Lacans Hauptthese zur Zeigelust lautet demnach: Im Sich-Zeigen wird dem gefräßigen Blick etwas zu sehen gegeben, um ihn zu befrieden.
Die Struktur des Sehfeldes, durch den Blick bestimmt
Der Schirm ist undurchsichtig74, das Tableau ist für den Blick verdeckt. Ganz oder teilweise? Lacan beantwortet diese Frage mit der folgenden These:
„in ihrem Verhältnis zum Begehren erscheint die Realität nur als marginal.“76
Er veranschaulicht sie durch die folgende Zeichnung; in Millers Version des Seminars trägt das Diagramm die Bezeichnung „Die Realität ist marginal“.77
Ich nehme an, dass hier mit „Realität“ die verfehlte Realität gemeint ist, von der in einer früheren Vorlesung die Rede vor: diejenige Realität, die sich allein in der unendlichen Wiederholung herzustellen vermag, also das Reale.78 Hierzu hatte es geheißen:
„Im Folgenden geht es darum, den Ort des Realen zu bestimmen, der vom Trauma zum Phantasma führt – sofern nämlich das Phantasma immer nur einen Schirm darstellt, dessen Funktion es ist, ein absolut Erstes, in der Funktion der Wiederholung Determinierendes jedem Zugriff zu entziehen.“79
Das Phantasma ist ein Schirm, der das Reale dem Zugriff entzieht. In Seminar 11 bezieht sich der Begriff des Realen auf den Trieb.80 Das Erfasstwerden des Subjekts vom Blick im Tableau ist demnach die nicht-assimilierbare Begegnung, das Reale. Das, was das Subjekt dem Blick zu sehen gibt, der Schirm, ist das Phantasma.
Das Diagramm setzt voraus, dass man sich das vom Blick eröffnete Feld des Lichts als einen Kegel vorstellt (es beruht also, paradoxerweise, auf einer geometralen Struktur). In der folgenden Zeichnung habe ich das Schema des Blick-Sehens entsprechend modifiziert, es stellt jetzt einen Kegel dar, dessen Spitze nach links zeigt und dessen Grundfläche vom Tableau gebildet wird.
Der Kegel wird von einer Ebene durchschnitten, und hierdurch entsteht eine Kreisfläche, die kleiner ist als die des Tableaus: der Schirm. Von der Kegelspitze aus gesehen, also vom Blick aus betrachtet, verdeckt der Schirm den inneren Bereich des Tableaus. Durch diese Abdeckung ergibt sich das Diagramm „Die Realität ist marginal“. Der äußere Ring dieser Figur zeigt denjenigen Teil des Tableaus, der vom Schirm nicht verdeckt wird und der deshalb vom Blick erfasst werden kann. Der Schirm ist eine Täuschung über das Subjekt, die Realität des Subjekts jenseits der Täuschung, nämlich das Reale, erscheint immer nur am Rande, in der Wiederholung81, in dem mit dem Symptom verbundenen Wiederholungszwang.
Das Subjekt ist also auf dreifache Weise unter dem Blick: zum einen als Schirm, d.h. als das, was es dem Blick zu sehen gibt, das Phantasma; zum anderen als das, was durch den Schirm verdeckt wird und dem Blick entzogen ist, das Begehren; und schließlich als Rand, wo das, was der Schirm zu verbergen sucht, sich gleichwohl zeigt – in der Wiederholung.
Die Beziehung zwischen dem Phantasma und dem Schirm ist mir nicht klar.
Der Fleck
Der Schirm wird von Lacan auch als Fleck (tache) bezeichnet:
„Und sollte ich etwas sein in diesem Bild/tableau, dann auch in der Form dieses Schirms, den ich eben ‚Fleck‘ nannte.„82
Die Beziehung zwischen dem Lichtpunkt, dem Tableau und dem Fleck als Schirm wird von Lacan durch eine autobiographische Anekdote illustriert. Er ist noch jung und fährt mit Fischern aufs Meer hinaus. Im Wasser schwimmt eine Sardinenbüchse, in der sich die Sonne reflektiert. Einer der Fischer sagt zu ihm: „Siehst du die Büchse? Siehst du sie? Sie, sie sieht dich nicht! [Eh bien, elle, elle te voit pas!]“83
Bei der Kommentierung der Anekdote stützt Lacan sich auf die Unterscheidung von Auge und Blick. Die Büchse sieht ihn nicht: sie sieht ihn nicht wie ein Auge. Sie erblickt ihn vielmehr, der Lichtreflex auf der Büchse fungiert als Blick.
Über sich selbst sagt Lacan, er habe damals ein komisches Bild (tableau) abgegeben – die Hauptquelle des Komischen ist, Lacan zufolge, immer der Phallus84, der Phallus, insofern er fehlt, also die Kastration.
Lacan fügt hinzu, er habe gewissermaßen wenig Fleck im Bild gemacht (je faisais tant soi peu tache dans le tableau)85, ihm gelang es nicht ganz, seine Kastration abzuschirmen.
Der Fleck wird von Lacan aber nicht nur mit dem Schirm, sondern auch mit dem Blick identifiziert:
„Wenn die Funktion des Flecks in ihrer Autonomie erkannt und mit der Funktion des Blicks gleichgesetzt (identifiée) ist, können wir Führung, Bahn und Spur derselben auf allen Stufen der Konstitution von Welt im Sehfeld verfolgen.„86
Auch ein Fleck kann als Blick fungieren. „Fleck“ ist demnach ein phänomenologischer Terminus: ein Fleck kann sowohl die Funktion des Schirms realisieren wie auch die des Blicks.87
Die Funktion des Blicks und das Organ Auge
Lacan bezieht sich mit seiner Konzeption des Blicks nicht nur auf den Bereich der Psychoanalyse. Die Beziehung von Blick, Tableauu und Schirm ist für ihn eine allgemeinere Struktur. Wie Freud stützt auch Lacan seine Konzeption des psychoanalytischen Feldes auf Phänomene, die von der Biologie oder Physiologie beschrieben werden.
„Zweifellos pflanzt sich das Licht in der Geraden fort, aber es bricht sich, es diffundiert, es übergießt, es füllt – denken wir daran, daß unser Auge eine Schale ist, aus der das Licht auch überquillt. Um diese Schale erfordert das Licht eine Reihe von Organen, Apparaten und schützenden Vorrichtungen. Die Iris reagiert nicht einfach auf Entfernung, sondern auch auf das Licht, sie beschützt, was auf dem Grund der Schale vor sich geht und was unter gewissen Umständen Schaden leiden könnte – auch dient das Augenlid bei starkem Licht zum Blinzeln, wobei es sich dann zu jener wohlbekannten Grimasse verengt.“88
Das Organ Auge bezieht sich auf doppelte Weise auf das Licht. Es ist in der Lage, perspektivische Bilder zu produzieren, und insofern realisiert das Augorgan die Funktion des Auges im Sinne von Lacans Schema. Das Organ Auge erschöpft sich aber nicht darin. Es fungiert zugleich im Zusammenhang des Lichts und damit des Blicks. Es ist eine Schale, die von Licht überquellen kann, in der Terminologie des Schemas: es ist ein Tableau. Das Lid schützt vor zu viel Licht; wenn es blinzelt, dient es als Schirm im Sinne des Schemas. Die Iris reagiert auf Entfernung und operiert damit im Zusammenhang des Auges (im Sinne von Lacans Schema); sie schützt vor Licht und dient insofern als Schirm. Nicht nur das Auge bezieht sich auf das Licht, auch die Haut ist lichtempfindlich, fungiert also als Tableau, und auch sie verfügt über einen Schirm: die Pigmentierung.89
„Ich bin nicht einfach jenes punktförmige Wesen, das man an jenem geometralen Punkt festmachen könnte, von dem aus die Perspektive verlaufen soll. Zwar zeichnet sich in der Tiefe meines Auges das Bild/tableau. Das Bild ist sicher in meinem Auge. Aber ich, ich bin im Tableau.“90
In der Tiefe meines Auges zeichnet sich das Tableau ab: Wenn man das auf den vorangehenden Satz bezieht, ist damit das perspektivische Bild auf der Netzhaut gemeint; tableau stünde dann hier für image im Sinne des Schemas des Auges. Es könnte aber auch gemeint sein: Mein Augorgan funktioniert nicht nur in der Ordnung des perspektivischen Sehens, des Auges, sondern auch in der Ordnung des Blicks. In der Tiefe dieses Organs gibt es ein Tableau, eine Schale, die von Licht überquillt.
Ich bin im Tableau: nicht nur mein Auge wird vom Licht erfasst, ich werde insgesamt vom Blick erfasst und bin insofern im Tableau.
Mimese
Die Spaltung des Subjekts in Schirm und Tableau gibt es, Lacan zufolge, nicht nur beim Menschentier. Man findet sie auch bei den anderen Tieren, und darin hat die Spaltung des menschlichen Subjekts ihre Grundlage. Das nicht-menschliche Tier tritt auseinander in Schein und Wesen, also in das, was es zur Schau stellt – den Schirm –, und in das, was dahinter liegt, das Tableau. Die Täuschung spielt hierbei eine wesentliche Rolle – man denke etwa an das gesträubte Fell einer Katze beim Kampfspiel, beim Kommentkampf. Die Verdoppelung durch eine Maske ist wesentlich, auf ihr beruht die Fortpflanzung.73
Lacan bezieht sich vor allem auf Phänomene der Mimese und der Mimikry91 und stützt sich dabei auf die Studie von Roger Caillois zu diesem Thema.92 Bei der Mimese wird dem Blick etwas zu sehen gegeben, was sich von dem, was dahinter ist, unterscheidet. Beispielsweise lebt eine bestimmte Krebsart, Caprella acanthifera, bei Moostierchen (Bryozoa) und imitiert den Fleck dieser Lebewesen. Lacan beschreibt es so: der Krebs wird zum Fleck und schreibt sich damit in das Tableau ein. Die eigentliche Mimese besteht darin, dass sich das Subjekt als Fleck in ein Tableau einschreibt.93 Caillois zufolge dienen Mimese und Mimikry der Verkleidung (mit sexueller Funktion), der Tarnung oder der Einschüchterung.
Wie unterscheidet sich Schirm beim Menschen vom Schirm bei den nicht-menschlichen Tieren?
Die Funktion des Blicks im Sinne des Objekts a ist signifikantenabhängig, sie setzt die Unterwerfung unter die Sprache voraus; deshalb gibt es bei den nicht-menschlichen Tieren zwar den Bezug auf den Blick unter dem Gesichtspunkt der Täuschung, nicht aber das Verhältnis zum aggressiven Blick, zum bösen Blick.94
Der Mensch vermag mit dem Schirm, mit der Maske zu spielen: er kann sich so oder so verkleiden. Das nicht-menschliche Tier hingegen ist an eine bestimmte Maske gefesselt. Das Beispiel, das mir hierzu einfällt, ist der Pfauhahn: Bei der Balz präsentiert er immer dieselbe Schleppe, er kann nicht anders, er kann seine Garderobe nicht wechseln. Der Mensch vermag mit der Maske deshalb zu spielen, weil er sich auf den Blick als Objekt a bezieht.95 Die Beziehung zum Imaginären ist bei ihm durch die Sprache gebrochen, aufgelockert, und ein Effekt der Beziehung zu Sprache sind die Objekte a.
Malerei: die Geste als Schirm
Caillois behauptet: Was bei den Tieren die Mimikry, ist bei den Menschen die Kunst oder die Malerei. Lacan verweist auf diese These96 und erläutert, wie er den Zusammenhang auffasst.
Die Malerei dient, Lacan zufolge, dazu, die Schaulust des Betrachters zu befrieden, sie ist „Blickzähmung“97. Das tableau im Sinn des Gemäldes ist also kein tableau im Sinne von Lacans Blick-Schema. Das Gemälde ist vielmehr ein Schirm, der die Funktion hat, den Blick zu besänftigen und das Tableau (im Sinne von Lacans Schema) zu verdecken.
Von dieser Funktionsbestimmung nimmt Lacan den Expressionismus aus; dazu rechnet er Munch, Ensor, Kubin und eine Pariser Malergruppe, zu der André Masson gehört.98
Die befriedende Funktion der Malerei beruht, Lacan zufolge, auf der Geste. Der böse Blick bewirkt, dass das Leben erstarrt. Die Geste ist antwortet hierauf; sie ist keine unterbrochene Handlung, vielmehr kommt in der Geste eine Bewegung zum Abschluss, um dem Blick etwas zu sehen zu geben. Dieses Erstarren kann als Schirm verwendet werden: dazu, den bösen Blick um seine Wirkung zu bringen.99 In der Geste stellt sich das Subjekt für den Blick tot, um nicht von ihm getötet zu werden.
Die Verschränkung von Auge und Blick
Im Feld des Sehens ist das Subjekt gespalten: in ein narzisstisches Sehen, das von der Funktion des Auges bestimmt wird, und ein triebhaftes Gesehenwerden, das vom Blick beherrscht wird.
Symmetrie
Das Diagramm stellt die beiden Arten des Sehens als spiegelverkehrt symmetrisch dar.
Auf dem Feld des Sehens gliedert sich alles zwischen zwei Polen, die in einem gegensätzlichen Verhältnis zueinander stehen: auf Seiten der Dinge gibt es den Blick, das heißt die Dinge blicken mich an. Umgekehrt ist es so, dass ich die Dinge sehe.98
Die Symmetrie besteht auch darin, dass es in beiden Fällen des Sehens um ein Nichtungsvermögen geht. Das Auge beruht auf dem Nichtungsvermögen des Subjekts, der Blick auf dem Nichtungsvermögen des Seins, durch welches das Subjekt zu einem Mangel wird, zu einem Fehlen.
Verflechtung
Die beiden Formen des Sehens sind nicht einfach symmetrisch, sondern ineinander verflochten. Lacan bezeichnet diese Verschränkung als Flechtwerk, Überkreuzung, Chiasmus und verweist auch für diese Termini auf Merleau-Ponty.100 Das Subjekt ist zugleich das Subjekt der Vorstellung und das Wesen, das durch den Blick zum Tableau gemacht wird.101
Graphisch veranschaulicht Lacan die Verflechtung von Auge und Blick dadurch, dass er die beiden Dreiecke übereinanderlegt, so dass die zur Seite zeigende Spitze des einen Dreiecks die senkrechen Kante des anderen Dreiecks berührt.
Lacans zweites Schema von Auge und Blick: aufeinandergelegte Dreiecke
Die Bezeichnungen werden dabei von Lacan geändert. „Lichtpunkt“ wird durch „Blick“ ersetzt und „Geometralpunkt“ durch „Subjekt der Vorstellung“.
Die mittlere senkrechte Linie hat eine doppelte Funktion, was durch eine doppelte Beschriftung angezeigt wird: sie ist sowohl die Linie des Bildes (image) als auch die des Schirms. Bild (image) ist sie für das Subjekt der Vorstellung, Schirm ist sie für den Blick.
Das Übereinanderlegen der beiden Dreiecke hat zur Folge, dass der Blick (der Lichtpunkt) zu einem ein Punkt auf der linken senkrechten Linie wird und das Subjekt der Vorstellung (der Geometralpunkt) zu einem Punkt auf der rechten senkrechten Linie.
Der Blick als Punkt auf der Linie des Objekts
Vom Subjekt der Vorstellung aus gesehen hat der Blick seinen Ort auf der Ebene des Objekts hinter dem image, hinter der Vorstellung. Der Blick ist das, was von der Vorstellung immer umgangen wird102, die Funktion des Blicks (und damit auch des Flecks oder Schirms) entzieht sich jener Art des Sehens, die sich als Bewußtsein imaginiert.33 Lacan formuliert es so:
„es gibt jenseits des Scheins zwar kein Ding an sich, aber den Blick“103.
Dem Schein entspricht im Schema das Bild im Sinne von image. Jenseits des Scheins gibt es – vom Subjekt der Vorstellung aus betrachtet – nicht das Ding an sich, sondern den Blick.
Im Wachzustand ist der Blick elidiert, nicht nur, dass er anblickt, sondern auch, dass es zeigt104, nicht nur der Blick ist dann elidiert, sondern auch der Fleck, der Schirm.
Dass der Blick ausgeblendet wird, heißt nicht, dass er unwirksam ist. Es ist befriedigend, unter dem Blick zu sein, der aus uns angeschaute Wesen macht – sofern uns das nicht angezeigt wird.104 Wenn uns bewusst wird, dass wir angeschaute Wesen sind, kann das vernichtend sein, wir erstarren, wir versinken vor Scham im Boden. Anders, wenn das Erblicktwerden gewissermaßen unterschwellig bleibt.
„Selbst auf der Ebene der phänomenalen Erfahrung der Kontemplation blitzt diese Allsichtsperspektive auf in der Befriedigung einer Frau, die sich betrachtet weiß, vorausgesetzt, daß man es ihr nicht zeigt.“105
Das Erfasstwerden durch den Blick ist dann befriedigend, wenn es durch die narzisstische Funktion des Auges unsichtbar gemacht wird.
In der Malerei sieht Lacan die Verschränkung von Auge und Blick durch Holbeins Bild Die Gesandten verwirklicht.106 Vom gewöhnlichen frontalen Standpunkt des Betrachters aus ist der anamorphotisch verzerrte Totenschädel nicht als solcher zu erkennen. Das Bild macht dem Subjekt der Vorstellung sichtbar, dass etwas für es nicht zu sehen ist. Das, was für es unsichtbar ist, ist ein Totenschädel. Damit das Subjekt dieses Objekt sehen kann, muss es die frontale Betrachterposition verlassen, also den Ort des Subjekts der Vorstellung, und zur Seite gehen. Für Lacan ist der Totenschädel, der an die Endlichkeit des Daseins mahnt, eine Darstellung der imaginären Kastration und, mit seinen leeren Augen, zugleich ein Blick, also der Blick als Objekt a. Die Realität erscheint am Rande, in der Weise, dass das Subjekt, wenn es die Randposition einnimmt, vom Blick getroffen wird.
Das Subjekt der Vorstellung als Punkt auf der Linie des Tableaus
Vom Blick aus gesehen ist das Subjekt der Vorstellung ein Punkt im Tableau. Dieses Element des Diagramms bezieht sich auf die Frage, wie, in der Perspektive des Unbewussten, das Bewusstsein zu situieren ist.107 Die Antwort lautet: Vom Unbewussten aus erscheint das Bewusstsein als Prinzip der Verkennung, im Bereich des Sehens als Skotom, als Ausblendung, als partielle Blindheit.108 Für „Subjekt der Vorstellung“ könnte man demnach auch schreiben: „blinder Fleck“ – insofern er in seiner Blindheit erfasst wird.
Die Doppelfunktion von Bild (image) und Schirm
Durch die Überlagerung der beiden Dreiecke erhält die mittlere Linie eine Doppelfunktion. Vom Subjekt der Vorstellung aus betrachtet steht sie für das Bild (image), also für die Vorstellungen, sowie für den Schirm im Sinne der Projektionsebene, der Bildfläche, der Leinwand.109 Vom Blick aus repräsentiert die mittlere Linie den Schirm in einer anderen Bedeutung: als Fleck, der den Blick befrieden soll und der das Zentrum des Tableaus verdeckt.
Lacan erläutert diesen Doppelcharakter anhand der Malerei.
„Der Maler gibt dem, der sich vor sein Bild stellt, etwas, das für einen Teil der Malerei wenigstens in der Formel zusammenzufassen wäre – Du willst also etwas erblicken [regarder]. Nun gut, dann sieh [vois] das! Er gibt etwas, das eine Augenweide sein soll, er lädt aber den, dem er sein Bild vorsetzt, ein, seinen Blick in diesem zu deponieren, wie man Waffen deponiert. Dies eben macht die pazifizierende, apollinische Wirkung der Malerei aus. Etwas ist nicht so sehr dem Blick, sondern dem Auge gegeben, etwas, bei dem der Blick drangegeben, niedergelegt wird.“110
Der Betrachter will etwas erblicken, er ist, vom Maler aus gesehen, in der Position des Blicks. Der Maler konfrontiert ihn mit einem Gemälde, das die Funktion des Schirms hat, also dessen, was dem Blick zu sehen gegeben wird. Das Gemälde erfüllt seine Abschirmungsfunktion dadurch, dass es das Auge aktiviert, die narzisstische Funktion des Sehens, und auf solche Weise dem Blick etwas zu sehen gibt. Der Wechsel vom Blick zum Auge hat die Funktion, den Blick zu entschärfen, ihn zu befrieden.
Die Blickzähmung erfolgt in der Malerei durch die Augentäuschung (trompe-l’œil).51 Lacan spielt hier auf die Trompe-l’œil-Malerei an und behauptet: im Prinzip ist alle Malerei Trompe-l’œil.
Das, was gezähmt werden soll, ist, wie bereits dargelegt, der Blick. Er wird mithilfe des Auges gezähmt. Das tableau im Sinne des Gemäldes ist, in der Begrifflichkeit von Lacans Schema, ein image, das die Funktion hat, als écran zu dienen, als Schirm gegenüber dem Blick.
Bei der Malerei geht es aber zugleich darum, das Auge auf eine Weise zu täuschen, dass damit die Dimension des Blicks eröffnet wird. Lacan bezieht sich hierfür auf die antike Erzählung über den Malwettbewerb zwischen Zeuxis und Parrhasios. Zeuxis malte Trauben so, dass Vögel sich darauf stürzten. Parrhasios trug den Sieg davon, als er auf eine Mauer einen Vorhang malte, der so täuschend war, dass Zeuxis ihn bat, er möge ihm doch zeigen, was dahinter gemalt sei.111 Lacan kommentiert das so:
„Über das Auge triumphiert der Blick.“112
Ich verstehe Lacans Hinweis auf diese Geschichte so: Die Erzählung zielt auf den Unterschied zwischen zwei Arten von Täuschungen: Täuschungen bei nicht-menschlichen Tieren und solche beim Menschentier. Die Besonderheit des menschlichen Vermögens, getäuscht zu werden, beruht auf einer speziellen Topik, auf Raumbeziehungen, die durch den Vorhang charakterisiert sind oder, wie Lacan in ähnlichem Zusammenhang auch sagt, durch den Schleier. Ein Mensch kann dazu gebracht werden, anzunehmen, dass etwas dahinter ist, obwohl nichts hinter ist. Zeuxis wünscht sich so sehr, dass hinter dem Schleier etwas sein möge, dass er den gemalten Schleier für einen echten Schleier hält. Im nächsten Zug der Geschichte wird er damit konfrontiert werden, dass hinter dem Vorhang nichts ist. Die Täuschung durch den gemalten Schleier verschafft dem Getäuschten einen Zugang zum Mangel, zum Fehlen, zum Nichts. Der scheinbare Vorhang, hinter dem nichts ist, ermöglicht ihm – im imaginären Register – einen Zugang zur Kastration.113
Von Lacan wird das später in Seminar 11 nicht für den Schautrieb, wohl aber für den Voyeurismus als Perversion ausgeführt. Im Falle des Voyeurismus ist der Blick als Objekt a keineswegs das Sehen des Voyeurs, dieses Sehen gehört zur Ordnung des Auges. Der Blick wird vielmehr realisiert im Erblicktwerden durch den Anderen. Der Blick als verlorenes Objekt wird dann wiedergefunden im Gefühl der Scham.114 Anders gesagt, für den Voyeur besteht die Begehrensbedingung in der Gefahr, erwischt zu werden, erblickt zu werden, und dadurch von der Scham erfasst zu werden.
Asymmetrie
Die Symmetrie von Auge und Blick ist nur partiell, die beiden Formen des Sehens sind zugleich asymmetrisch.
Merleau-Ponty zeigt,
„daß vor dem Gesehenen ein Zu-sehen-Gegebenes / un donné-à-voir existiert.“115
Die Ordnung von Blick und Schirm ist primär, die Ordnung von Auge und Vorstellung hat sekundären Charakter. Im Zu-sehen-Geben zeichnet sich ab, dass der Blick primitiv ist, ursprünglich.116 Das Bewusstsein begründet sich auf eine Umkehrung der Struktur des Blicks117 – und nicht umgekehrt.
Die narzisstische Funktion des Sehens, die mit dem Spiegelbild verbunden ist, hat die Funktion, den Blick abzuwehren, die mit dem Schautrieb verbundene Triebgefahr. Das Sehen als „sich sich sehen sehen“ dient dazu, den Blick zu umgehen, ihn zu elidieren.118
Mit dem Wort des Psalmisten: Sie haben Augen und sehen nicht: sie sehen nicht, dass die Dinge sie anblicken.119
Das Schema der übereinandergelegten Dreiecke und das Organ Auge
Das Organ Auge funktioniert, wie erläutert, doppelt: es erzeugt perspektivische Bilder und realisiert so die Funktion des Auges im Sinne von Lacans Schema. Es reagiert auf Licht und schützt sich davor und realisiert damit den Zusammenhang von Blick (Licht), Tableau (das Auge als Schale, die von Licht überquellen kann) und Schirm (Lid, Iris). Lacan fährt an dieser Stelle so fort:
„Das Verhältnis des Subjekts zur eigentlichen Erscheinung des Lichts zeigt sich hier schon in seiner Ambiguität. Man sieht es übrigens schematisch an den beiden Dreiecken, die sich gegeneinander verkehren, sobald man sie übereinander schiebt. Sie haben da ein erstes Beispiel für jene Funktion der Verflechtung, der Kreuzung, des Schiasmus, von der ich eben gesprochen habe. Sie strukturiert den ganzen Bereich.“120
Resümee
Das Schema von Auge und Blick stellt die Spaltung des Subjekts im Bereich des Schautriebs dar. Die Lust zu schauen und die Lust, sich zu zeigen, sind für Lacan anfangs zwei Seiten der Skoptophilie.121 In Seminar 11 problematisiert er die Vorstellung, dass das Schauen und das Beschautwerden letztlich dieselbe Sache seien.122 Das Schema von Auge und Blick zeigt eine alternative Konzeption des Schautriebs.
Freud unterscheidet in Triebe und Triebschicksale drei Ausprägungen des Schautriebs: das Schauen, das Beschautwerden und das Sichzeigen.123 Im Schema von Auge und Blick ordnet Lacan das Schauen nicht dem Schautrieb zu, sondern der Funktion des Auges und damit der Unterdrückung des Schautriebs. Für den Schautrieb bleiben damit das Beschautwerden und das Sichzeigen. Lacan begreift das Sichzeigen als Antwort auf das Beschautwerden. In der Terminologie des Schemas ist das Beschautwerden die Beziehung zwischen dem Blick und dem Tableau. Das Sichzeigen wird im Schema als Schirm bezeichnet, im Text auch als Fleck; Lacan nennt es auch donner à voir, „zu sehen geben“, und se faire voire, „sich sehen machen“124, sich sehen lassen.
Die Spaltung des Subjekts im Feld des Sehens besteht also in der „Schize“ zwischen dem intentionalen Sehen einerseits (Funktion des Auges) und dem Schautrieb andererseits (Funktion des Blicks). Der Schautrieb wiederum beruht auf dem Spannungsverhältnis zwischen dem Beschautwerden (Blick – Tableau) und dem Sichzeigen (Schirm, Fleck).
Funktion des Blicks
– Die linke Seite des Schemas bezieht sich auf das Feld des Anderen, die rechte auf das des Subjekts.
Lichtpunkt
– Grundlage des Schautriebs ist das Erfasstwerden des Subjekts von einem Blick. Der Blick, von dem das Subjekt erfasst wird, wird im Schema als „Lichtpunkt“ bezeichnet.
– Mit „Blick“ ist nicht gemeint, dass mich ein anderer faktisch anschaut. Der Blick ist ein Blick, den das Subjekt im Feld des Anderen verortet, ein Blick, den ich auf den Anderen zuschreibe, auf ihn projiziere.
– Der Blick, den ich auf der Seite des Anderen imaginiere, ist aggressiv, ich fühle mich von ihm bedroht, und dieses Gefühl der Bedrohtheit beruht auf meinem eigenen Begehren. Natürlich kann der Andere mich auch sanft, liebend, fragend usw. anschauen, aber diese Arten des Blickens sind mit dem Schema nicht gemeint.
– Der Blick ist ein Objekt a, anders gesagt, der Blick ist etwas, wovon das Subjekt sich im Verlauf der Subjektwerdung getrennt hat. Der Blick als Objekt a ist der neidische Blick, mit dem das Subjekt den anderen zu vernichten sucht, ein Blick, den es unterdrückt und der auf dem Feld des Anderen durch Projektion wiedererscheint. Das Paradigma des neidischen Blicks ist der Blick des Kindes, mit dem es ein anderes Kind an der Brust der Mutter sieht. Das andere Kind zeigt ihm das Bild der Erfüllung – es verfügt über die Brust, von dem das blickende Kind sich hat trennen müssen –, und konfrontiert das Kind so mit seiner Zerrissenheit.
– Der archaische neidische Blick geht durch den Kastrationskomplex hindurch und wird auf diese Weise zum Symbol der Kastration.
– Außerhalb der Psychoanalyse wird der vernichtende Blick als „böser Blick“ bezeichnet.
Tableau
– Das, was vom Blick erfasst wird, ist das Subjekt. Im Schema heißt das Subjekt, sofern es vom Blick getroffen wird, „Tableau“. Der Ausdruck soll vielleicht auf die Erstarrung hinweisen, die das Subjekt erfasst, wenn der Blick auf es fällt, die Versteinerung unter dem Blick der Medusa.
– Das Subjekt, das erblickt wird, ist das begehrende Subjekt, das Subjekt in seinem „Mangel“, seinem „Fehlen“.
– Auf das Erfasstwerden durch den Blick reagiert das Subjekt mit der Scham. Das Tableau ist das durch die Scham in seinem Wesen erschütterte Subjekt.
Schirm
– Um sich vor dem Blick zu schützen, gibt das Subjekt etwas zu sehen: den Schirm oder Fleck. Der Schirm hat die Funktion, den aggressiven, gefräßigen Blick zu befrieden.
– Der Schirm verdeckt das Nichts auf der Ebene des Tableaus.
– Der Schirm hat eine biologische Basis: die Mimikry. Anders als nicht-menschliche Tiere kann der Mensch mit der Maske, mit dem Schirm jedoch spielen.
Funktion des Auges
– Unter der Funktion des Auges versteht Lacan das bewusste intentionale Sehen.
– Das Auge (im Sinne Lacans) bezieht sich auf Relationen im Raum, auf Abstände. Lacan bezeichnet dieses Sehen deshalb auch als „geometrales Sehen“.
– Die rechte Seite des Schemas steht für das Subjekt, die linke Seite für das, was vom Subjekt gesehen wird.
Bild (image)
– Das Produkt des Sehvorgangs heißt im Schema image, „Bild“. Das kann das mit dem Auge gesehene Bild sein, auf seinen perspektivischen Charakter reduziert, aber auch ein gemaltes perspektivisches Bild oder ein perspektivisches Foto.
Objekt
– Das Bild (image) fungiert als Repräsentant eines realen Gegenstandes; im Schema heißt er „Objekt“. Die Beziehung zwischen dem Objekt und dem Bild ist eine Beziehung von Sein und Schein: das Objekt wird vom Bild mehr oder weniger adäquat oder täuschend repräsentiert.
Geometralpunkt
– Die Beziehung zwischen dem Bild und dem Objekt ist auf einen Beobachter perspektivisch ausgerichtet. Lacan bezeichnet den Beobachterstandpunkt, von dem aus sich das perspektivische Bild des Objekts ergibt, als „Geometralpunkt“.
– Im Schema heißt der Beobachterstandpunkt des Augen-Sehens auch „Subjekt der Vorstellung“ (sujet de la représentation); gemeint ist das Subjekt, auf das die Vorstellungen, die Repräsentationen, die Bilder perspektivisch ausgerichtet sind.
– Das Sehen des Subjekts der Vorstellung ist selbstbezüglich, analog zur Reflexivität des Bewusstseins im Selbstbewusstsein. Das Subjekt sieht, dass es sieht. Lacan formuliert es, mit einer Wendung von Valéry, noch reflexiver: Es sieht sich, wie es sich sieht.
– Die Funktion des Auges hat narzisstischen Charakter, sie gehört zum Register des Imaginären.
– Der Narzissmus des Sehens zeigt sich u. a. darin, dass das Wahrgenommene (das image, die Vorstellung) dem Subjekt gehört, dass es die Bilder „vernichten“ kann, dass es sie durch andere Bilder ersetzen kann.
Die Verschränkung von Blick und Aug
Verschränkung von Blick und Auge
– Anders als in der klassischen Konzeption des Schautriebs ist das Sehen nicht die eine Seite des Schautriebs, Gesehenwerden und Sehen bilden kein komplementäres Paar. Vielmehr ist das Subjekt gespalten in, einerseits, das Zusehengeben (Schirm) als Antwort auf das Gesehenwerden (Blick – Tableau) und, andererseits, das Sehen (das Auge). Hierbei hat die narzisstische Funktion des Augen-Sehens die Funktion, den Zusammenhang von Gesehenwerden und Zusehengeben abzuwehren.
– Die Funktion des Auges ist also sekundär gegenüber der Funktion des Blicks.
– Das bewusste Sehen ist blind für das Gesehenwerden, es sieht weder den Blick noch den Schirm. Im Schema: Der Blick ist ein Punkt auf der Linie des Objekts der im Bild (image) nicht repräsentiert wird.
– Auf der Ebene des Unbewussten erscheint das bewusste Sehen als ein Verkennen. Im Schema: Das Subjekt des Vorstellens ist ein Skotom, eine Blindstelle, auf der Linie des Tableaus.
– Der Blick wird durch die „Augenweide“ befriedet, dadurch, dass dem Auge die Möglichkeit gegeben wird, die Sehlust zu befriedigen. Im Schema: Einheit von Bild (image) und Schirm 1: Das Bild (image) fungiert insofern als Schirm, als es den Blick besänftigt.
– Das Erfasstwerden durch einen Blick wird ganz unterschiedlich erlebt, je nachdem, ob der Vorgang bewusst oder unbewusst ist. Wenn das Subjekt sich des Erblicktwerdens bewusst wird, wird das als vernichtend erlebt. Wenn das Erblicktwerden – aufgrund der Funktion des Auges – unbewussten Charakter hat, kann es als befriedigend erfahren werden.
– Der Blick triumphiert über das Auge: Das Bild (image) eröffnet einen Zugang zum Blick. Im Schema: Einheit von Bild (image) und Schirm 2: Indem das Bild (image) als Schirm fungiert, ermöglicht es einen Zugang zur Dimension des Blicks, im Beispiel: dazu, dass hinter dem Vorhang – nichts ist.
Unklar:
– Inwiefern umgeht der Schautrieb am weitesten den Begriff der Kastration?
– Inwiefern fungiert das Phantasma als Schirm? In welchem Sinne ist das Phantasma das, was dem Blick zu sehen gegeben wird?
Anhang
Zur Herkunft des Diagramms der Dreiecke
Das Diagramm aus zwei gleichen Dreiecken, entgegengesetzt übereinanderliegend, hat zwei mögliche Quellen, Nikolaus von Kues und Charlotte Bühler.
In De coniecturis, „Über Mutmaßungen“, einem Text von etwa 1442, verwendet Nikolaus von Kues ein Schaubild aus zwei übereinander gelegten entgegengesetzten gleichen Dreiecken, das er figura paradigmatica nennt, „beispielhafte Figur“.125 In der Handschrift sieht das Schema so aus126:
Hier eine modernere Version127:
Beschriftung der Basen:
unitas (Einheit)
basis pyramis lucis (Basis der Pyramide des Lichts)
______
basis pyramis tenebrae (Basis der Pyramide der Finsternis)
alteritas (Andersheit)
Beschriftung der Seiten:
supremus mundus (die höchste Welt) |
medius >< mundus (die mittlere >< Welt) |
infimus mundus (die unterste Welt) |
tertium caelum (der dritte Himmel) |
secundum >< caelum (der zweite >< Himmel) |
primum caelum (der erste Himmel) |
Lacan verweist gelegentlich auf Nikolaus von Kues128, es ist nicht unwahrscheinlich, dass er das Schema kannte.
Hinzu kommt, dass sich die Figura paradigmatica auf den Gegensatz zwischen Licht und Finsternis bezieht und damit indirekt auf das Sehen. Nikolaus von Kues und Leon Battista Alberti kannten sich129, es ist sogar denkbar, dass Cusanus sich für sein Dreiecks-Diagramm von der Sehpyramide hat anregen lassen, die Alberti in De pictura (1435) vorgestellt hatte (und die auf Euklids Optik zurückgeht). Dies könnte erklären, warum er die Dreiecke als „Pyramiden“ bezeichnet. Das Dreiecks-Schema kann vielleicht als Überlagerung von zwei Sehpyramiden gedeutet werden, derjenigen Gottes und der des Menschen.
Ein Schaubild mit zwei gleichen entgegengesetzten Dreiecken, die zunächst getrennt und dann übereinander gelegt sind, verwendet Charlotte Bühler in einem Aufsatz aus dem Jahr 1928.130 Sie unterscheidet zwei Lebensprozesse, die sie durch die folgenden Figuren darstellt:
Den Zusammenhang der beiden Lebensprozesse stellt sie dar, indem sie die beiden Diagramme übereinanderlegt:
Lacan könnte die graphische Struktur seines Schemas direkt aus Bühlers Aufsatz übernommen haben131. Er könnte Bühlers Zeichnung aber auch in Kurt Lewins Principles of topological psychology (1936) gefunden haben, worin das Schema reproduziert wird.132 Allerdings zeigt Lewin nur das Endprodukt, nicht die beiden getrennten Dreiecke; also ist wahrscheinlicher, dass Lacan sich unmittelbar von Bühler hat inspirieren lassen.
Das Schema der ineinandergeschobenen Dreiecke, das man in der offiziellen Ausgabe des Seminars findet, ist möglicherweise eine von Jacques-Alain Miller vereinfachte Version der Zeichnung, die in Seminar 11 an der Tafel stand. In einer stenographischen Transkription des Seminars (Version LAB mixte) findet man an der entsprechenden Stelle die folgende Figur:
Schema von Auge und Blick – Version LAB mixte
Zum Bild zu Beginn des Artikels
In Seminar 11 erklärt Lacan, dass es möglich ist, den Blick trotz seiner Flüchtigkeit als Blick zu sehen.
„Allen voran waren es die Maler, die den Blick als solchen erfaßt haben in der Maske, ich brauche nur Goya zu nennen, um Sie das empfinden zu lassen.“133
In Goyas Gemälde Majas auf dem Balkon verkörpern demnach die Masken der beiden Männer im Hintergrund den Blick und die beiden Frauen, die sich geschmückt dem Blick der Zuschauer darbieten, den Schirm. Frage an die Kunsthistoriker: Wo zeigt sich die Realität am Rande? Wo zeigt sich ein Begehren, das vom Schirm nicht ganz abgedeckt wird? In der zärtlichen Zuwendung der beiden Frauen zueinander?
Masken erscheinen in Goyas Bildern häufig; beispielsweise könnte Lacan sich auch auf dieses Gemälde bezogen haben (zum Vergrößern anklicken):
Goya: El Paseo por Andalucía oder La Maja y los embozados (Der Weg nach Andalucía oder Die Maja und die Vermummten) (1777)
Öl auf Leinwand, 275 x 190 cm, Prado, Madrid
Es könnte ihm auch um diese Zeichnung gehen:
Goya: Aguarda que benga (Sie erwartet sein Kommen)
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Anmerkungen
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Abbildung aus Jacques Lacan, Seminar 11, Sitzung vom 11. März 1964; Version Miller/Haas, S. 112.
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Vgl. Jacques Lacan, Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 75
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Vgl. Jacques Lacan, Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 75, 110, 113.
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Abbildung aus Seminar 11, Sitzung vom 4. März 1964, Version Miller/Haas, S. 97.
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Die vier Vorlesungen sind vom 19. Februar 1964, vom 26. Februar 1964 (in Version Miller/Haas versehentlich auf den 28. Februar datiert), vom 4. März 1964 und vom 11. März 1964.
Zu den Schemata von Auge und Blick vgl.:
Rudolf Bernet: Zur Phänomenologie des Blicks bei Lacan und Merleau-Ponty. In: Riss. Heft 49, 15. Jg. (2000), S. 121-144;
Hubert Damisch: Qu’est-ce qu’un tableau? In: Colloque Cérisy-la-Salle (Hg.): 2001. Lacan dans le siècle. Éditions du Champ Lacanien, Paris 2002, S. 207-219;
Hans-Dieter Gondek: Der Blick – zwischen Sartre und Lacan. Ein Kommentar zum VII. Kapitel des Seminar XI. In: Riss. Heft 37/38, 12. Jg. (1997), S. 175-198;
Susanne Lüdemann: Inversionen des Blicks. Das Unbewusste im Feld des Sehens. In: Jörg Huber u.a. (Hg.): Archipele des Imaginären. Edition Voldemeer, Zürich 2009, S. 59-76;
August Ruhs: Triebquelle Auge / Triebobjekt Blick. In: texte. psychoanalyse, ästhetik, kulturkritik, 3. Jg. (1999), S. 107-123;Alenka Zupančič: Blindekuh der Philosophen. In: Claudia Blümle, Anne von der Heiden (Hg.): Blickzähmung und Augentäuschung. Zu Jacques Lacans Bildtheorie. Diaphanes, Berlin 2005, S. 425-448.
Einen guten Überblick über die kunsttheoretischen Aspekte von Lacans Bildtheorie geben Claudia Blümle und Anne von der Heiden in ihrer Einleitung zu: Claudia Blümle, Anne von der Heiden (Hg.): Blickzähmung und Augentäuschung. Zu Jacques Lacans Bildtheorie. Diaphanes, Berlin 2005, S. 7-42.
In diesem Band findet man auch eine umfangreiche Bibliographie zu Lacans Blick- und Bildtheorie, auf den Seiten 453 bis 462.
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Vgl. Jacques Lacan, Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 66.
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Les complexes familiaux dans la formation de l’individu (1938). In: Ders.: Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 43; dt: Die Familie. Übersetzt von Friedrich A. Kittler. In: J.L.: Schriften III, hg. v. N. Haas, S. 60.
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Von pulsion scoptophilique spricht Lacan etwa in Seminar 6, Version Miller, S. 495.
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Vgl. Jacques Lacan, Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 203.
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Vgl. S. Freud: Die psychogene Sehstörung in psychoanalytischer Auffassung (1910). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 6. Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2000, S. 205-213.
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Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 79; schize wird dort mit „Spaltung“ übersetzt.
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Vgl. Jean-Paul Sartre: Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie (1943). Übersetzt von Hans Schöneberg und Traugott König. Reinbek, Rowohlt 1994, 3.1.IV, „Der Blick“.
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Vgl. S. Freud: Triebe und Triebschicksale (1915). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 5. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. S 92 f.
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Die Graphik habe ich aus dem Wikipedia-Artikel „Sehpyramide“ übernommen und an Lacans Schema des Auges angepasst.
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Zupančič deutet die Punkt-für-Punkt-Entsprechung, von der bei Lacan die Rede ist, als Beziehung zwischen dem Bild (image) und dem Geometralpunkt; sie verkennt die Struktur der Zentralprojektion. Vgl. Zupančič, a.a.O., S. 427.
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Vgl. Jacques Lacan, Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 92.
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Zupančič zufolge steht bei Lacan der Begriff der geometralen Optik im Gegensatz zur perspektivischen Optik (vgl. Zupančič, a.a.O., S. 427. Ich nehme an, dass Lacan unter der geometralen Optik die perspektivische Optik versteht, im Gegensatz zur geometrischen Optik, die nicht auf einen Perspektivpunkt ausgerichtet ist.
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René Descartes: La dioptrique (1637). Vgl. hierzu Jeffrey McDonough: Descartes’ „Dioptrics“ and „Optics“. In: Larry Nolan (Hg.): The Cambridge Descartes Lexicon. Erscheinen geplant, im Internet hier.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 77; Lacan verweist hierfür auf Merleau-Pontys Das Sichtbare und das Unsichtbare.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 87, 92, 113.
Vgl. hierzu: Maurice Merleau-Ponty: Das Auge und der Geist (1961). In: Ders.: Das Auge und der Geist. Philosophische Essays. Neu herausgegeben von Christian Bermes. Meiner, Hamburg 2003, S. 275-317 und 353-356.
- Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 112.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 81, 86.
Die Zeile ist aus Valérys Gedicht La jeune Parque (Die junge Parze), 1917; sie lautet im Original: „Je me voyais me voir“.
Auf diese Zeile spielt Merleau-Ponty im Aufsatz Das Auge und der Geist an, a.a.O., S. 280.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 102.
Lüdemann deutet das zweite Dreieck, das mit dem Lichtpunkt, als Darstellung des Verfahrens zur Herstellung einer Anamorphose (vgl. Lüdemann, a.a.O., S. 61 f.). Nun beruht die Anamorphose aber auf dem geometralen Raum, wie Lüdemann selbst referiert. Demnach würde das Dreieck mit dem Lichtpunkt sich ebenfalls auf den geometralen Raum beziehen. Der durch den Lichtpunkt bestimmte Raum ist aber, Lacan zufolge, gerade nicht der geometrale Raum. Also kann das zweite Dreieck nicht die Herstellung einer Anamorphose veranschaulichen.
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Die Scham steht für Lacan mit der Enthüllung des Phallus in Zusammenhang, d.h. mit der Offenbarung des Begehrens; vgl. Lacan, Die Bedeutung des Phallus, Schriften II, S. 128 f.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 89, 110, 112, 188.
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Vgl. Augustinus, Bekenntnisse, I, Kap. 7:
„Mit eigenen Augen habe ich ein eifersüchtiges noch ganz kleines Kind gesehen und gut beobachtet; noch konnte es nicht sprechen und doch nur mit feindseig-bitterem Blick sein Auge auf seinen Milchbruder wenden“. Im Wortlaut: „Vidi ego et expertus sum zelantem parvulum : nondum loquebatur et intuebatur pallidus amaro aspectu conlactaneum suum.“
Ein Milchbruder ist ein von derselben Amme gestilltes Kind, mit dem das Subjekt nicht verwandt ist.
Auf diese Augustinus-Stelle verweist Lacan immer wieder, zuerst in Die Familie (1938), Schriften III, S. 54, von wo ich auch die Übersetzung übernommen habe.Lacan folgt hier Freud, bei dem zu lesen ist:
„Eine der unheimlichsten und verbreitetsten Formen des Aberglaubens ist die Angst vor dem ‚bösen Blick‘, welcher bei dem Hamburger Augenarzt S. Seligmann eine gründliche Behandlung gefunden hat. Die Quelle, aus welcher diese Angst schöpft, scheint niemals verkannt worden zu sein. Wer etwas Kostbares und doch Hinfälliges besitzt, fürchtet sich vor dem Neid der anderen, indem er jenen Neid auf sie projiziert, den er im umgekehrten Falle empfunden hätte. Solche Regungen verrät man durch den Blick, auch wenn man ihnen den Ausdruck in Worten versagt, und wenn jemand durch auffällige Kennzeichen, besonders unerwünschter Art, vor den anderen hervorsticht, traut man ihm zu, daß sein Neid eine besondere Stärke erreichen und dann auch diese Stärke in Wirkung umsetzen wird. Man fürchtet also eine geheime Absicht zu schaden, und auf gewisse Anzeichen hin nimmt man an, daß dieser Absicht auch die Kraft zu Gebote steht.“
(S. Freud: Das Unheimliche (1919). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 4. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 262 f.)
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 81; Lacan beruft sich hierfür auf Merleau-Ponty.
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Die Vermittlung von Blick und Tableau,
„also das, was zwischen beiden ist, ist anderer Natur als der geometrale Raum der Optik, es spielt exakt die umgekehrte Rolle, da es nicht durchlässig , traversierbar ist, sondern ganz im Gegenteil opak – es ist der Schirm/écran.“
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Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 101.
Der Satz wird manchmal so gedeutet, als habe der Fischer gesagt elle ne te regarde pas, mit dem Doppelsinn von „sie bickt dich nicht an“ / „sie geht dich nichts an“. Der Fischer sagt voir, ohne Doppelsinn, nicht regarder.
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Vgl. Seminar 6, Version Miller, S. 275.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 102, Übersetzung geändert.
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Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 80, übersetzung geändert.
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Lüdemann deutet den Zusammenhang von Blick und Fleck so: Der vom Subjekt abgelöste Blick manifestiert sich
„im Bild (auf der Leinwand) selbst als ‚Fleck‘ (tache), durch den oder mittels dessen das Bild selbst den Betrachter anblickt oder angeht (regarde).“ (Lüdemann, a.a.O., S. 61)
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Zur Unterscheidung von Mimese und Mimikry vgl. Peter Geble: Der Mimese-Komplex. In: ilinx. Heft 2 (2011), Mimesen.
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Roger Caillois: Méduse & Cie. Übersetzt von Peter Geble. Brinkmann & Bose, Berlin 2007.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 79 f., 105-107, 116.
Bernet deutet diese Passage so: „Lacan folgert daraus [aus der Mimikry], dass das Subjekt, das dem Blick des Gemäldes ausgesetzt wird, sich unter dessen Einfluss selbst ‚zum Gemälde macht (faire tableau)‘.“ (Bernet, a.a.O., S. 137 f.)
Lacan behauptet nicht, dass das Subjekt, das dem Blick des Gemäldes ausgesetzt ist, sich selbst zum Gemälde macht.
Die Stelle, die Bernet zitiert, bezieht sich auf jemand anderen, nicht auf einen Menschen, der vom Bild eines Gemäldes getroffen wird, sondern auf einen Krebs, der bei Moostierchen lebt, die Flecken haben.
„An diese gefleckte Form akkomodiert sich jenes Krustentier. Es wird zum Fleck, zum Tableau (il se fait tableau), es schreibt sich in das Tableau ein. Hier kann dann im eigentlichen und ursprünglichen Sinne von Mimese die Rede sein.“
(Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 105, Übersetzung geändert)
Der Krebs wird in dem Sinne zum Tableau, dass er sich als Fleck (in der Funktion des Schirms) in das Tableau einschreibt.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 99, 101.
Lacan bezieht sich auf Merleau-Ponty: Das Sichtbare und das Unsichtbare. Hg. v. Claude Lefort. Fink, München 1986, Kap. 4 „Die Verflechtung – der Chiasmus“, S. 172-203.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 89.
Zu den theoretischen Hintergründen des Begriffs Skotom vgl. Gondek, a.a.O., S. 175-177.
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Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 107 f., Übersetzung geändert.
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Vgl. Lacans Vorlesung über die Funktion des Schleiers in Seminar 4, Sitzung vom 30. Januar 1957; v.a. das Schema in Version Miller/Gondek, S. 183.
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Vgl. Seminar 11, Version Miller/Haas, S. 116 f.; vgl. Psalm 115, Vers 5. Lacan verweist irrtümlich statt auf die Psalmen auf das Evangelium.
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Vgl. Lacan: Die Familie (1938). In: Schriften III, hg. v. N. Haas, S. 60; Seminar 5, Version Miller/Gondek, S. 371.
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Vgl. Freud: Triebe und Triebschicksale (1915). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 3. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 92 f.
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Abbildung aus: Jasper Hopkins: Nicholas of Cusa. Metaphysical speculations. Volume two. Nicholas of Cusa: De coniectura (On surmises). The Arthur J. Banning Press, Minneapolis 2000, S. 183.
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Vgl. Seminar 2, Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse, Sitzung vom 29. Juni 1955, Version Miller/Metzger S. 401; Seminar 7, Die Ethik der Psychoanalyse, Sitzung vom 23. Dezember 1959, Version Miller/Haas S. 94; Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers, 4. November 1971 (Ich spreche zu den Wänden. Hg. v. J.-A. Miller, übers. v. H.-D. Gondek. Turia und Kant, Wien 2013, S. 11).
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Vgl. Ernst Cassirer: Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance. Springer, Wiesbaden 1927, S. 54.
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Ch. Bühler: Zwei Grundtypen von Lebensprozessen. In: Zeitschrift für Psychologie, 1928, 108, S. 222-239, Zeichnungen: S. 237-239.
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Sicher ist, dass Lacan einen anderen Aufsatz von Bühler gelesen hat, der 1927 erschien; vgl. Lacan: Die Familie (1938), Schriften III, hg. v. N. Haas, S. 55, 99.
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Vgl. K. Lewin: Grundzüge der topologischen Psychologie. Huber, Bern 1969, S. 93.