Franz Kaltenbeck
Karl Kraus gegenüber Hitler
Oskar Kokoschka, Bildnis Karl Kraus, 1910
Lithographie, 35,5 x 28,5 cm
Karl Kraus gegenüber Hitler
Karl Kraus hat von 1915 bis 1921 an seiner Tragödie Die letzten Tage der Menschheit gearbeitet. Im Vorwort schreibt er, dass seine Darbietung zehn Abende und ein Theater auf dem Mars benötigen würde. Nur selten wurde das Werk in voller Länge aufgeführt. In diesem Stück ruft er Hunderte von Figuren auf den Plan, die Opfer und die Anstifter des Ersten Weltkrieges: einfache Soldaten, Generäle, österreichische, ungarische, preußische Kriegstreiber, Reporter, hohe Beamte, Pfarrer, Militaristen, Adelige des Wiener Hofes1, Kaiser Wilhelm II., sich selbst – als Nörgler maskiert – sowie seinen Widersacher, den Optimisten. Er lässt sie sagen, was er während all dieser Jahre auf der Straße gehört und in der Presse gelesen hat. Mit dem Schaffen dieses 800 Seiten starken Theaterstücks hat er nicht nur die unwahrscheinlichsten Handlungen und die Unterhaltungen darüber eingefangen, er hat auch die Konsequenzen des großen Gemetzels erahnt, die Katastrophe des Nationalsozialismus, die folgen sollte.
Hellsichtigkeit
In seiner monumentalen Biographie erbringt Edward Timms diverse Beweise für die Hellsichtigkeit von Kraus angesichts des Aufstiegs des Hakenkreuzes, und dies im Zuge seiner aufmerksamen Lektüre der Zeitschrift Die Fackel, die ab 1904, von wenigen Ausnahmen abgesehen, von Kraus allein verfasst und verlegt wurde.
Es würde sich lohnen, in chronologischer Reihenfolge sämtliche Indizien für die außergewöhnlichen Hellsichtigkeit des Polemikers Kraus anzuführen. Hier nur eine Auswahl.
Bereits im Jahre 1915 (!) notiert Kraus in einem seiner Tagebücher: „Deutschland, ein Konzentrationslager“.
Im selben Jahr liest man in der Fackel2 einen Aphorismus, mit dem er seine Leser vor den Gefahren warnt, die vom Kriegsheimkehrer ausgehen, der sich nie wieder ins zivile Leben wird einreihen lassen. „Vielmehr glaube ich: Er wird in das Hinterland einbrechen und dort den Krieg erst beginnen. Er wird die Erfolge, die ihm versagt werden, an sich reißen und der Krieg wird ein Kinderspiel gewesen sein gegen den Frieden, der da ausbrechen wird. Vor der Offensive, die dann bevorsteht, bewahre uns Gott! Eine furchtbare Aktivität, durch kein Kommando mehr gebändigt, wird in allen Lebenslagen nach der Waffe und nach dem Genuß greifen und es wird mehr Tod und Krankheit in die Welt kommen, als der Krieg je ihr zugemutet hat.“3
Im Winter des Jahres 1920 hält Kraus öffentliche Lesungen seines Dramas Die letzten Tage der Menschheit in verschiedenen Städten ab, unter anderem in Innsbruck, wo er eine satirische Passage liest, die sich gegen Wilhelm II. richtet. Die antisemitische Presse wütet. Am folgenden Tag verfällt ein ortsansässiger Dichter nach der Lesung von Kraus in eine Art Wahn. Nach den erlittenen Erniedrigungen, so schreit er, wünschen wir, dass der deutsche Retter komme. „Schon erahnen wir von Weitem seine Lichtgestalt.“
Ein Jahr später spricht ein österreichischer Politiker von der erhabenen Form des Kreuzes, die aus den Überresten des Weltenbrandes – des Krieges – emporsteige. Kraus antwortet ihm, in Deutschland werde man vor allem das Hakenkreuz sehen.
Einige Monate später verkündet Hitler, dass es sein Wille sei, den Deutschen die Vaterlandsliebe beizubringen. Kraus sieht voraus, dass Hitler dies gelingen wird. Er hatte bereits den Knüppel vor Augen, mit dem dieser bald den Deutschen die Vaterlandsliebe eintrichtern sollte.
1932 legt Hitler, der die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hatte, einen Eid auf die (noch) demokratische Verfassung der Weimarer Republik ab. Das sozialdemokratische Parteiorgan ist sicher, dass er diesen Eid auch halten werde. Kraus jedoch zitiert den betrogenen Bräutigam Nestroys: „Aber sie hat mir ja ewige Liebe geschworen!“4
Ein Buch von Kraus als Antwort auf Hitlers Machtergreifung
Am 30. Januar 1933 wird Hitler durch den Reichspräsidenten Paul Hindenburg zum Kanzler ernannt. Der Brand des Reichstages am 27. Februar, der Marinus van der Lubbe zugeschrieben wird, einem vereinsamten holländischen Arbeiter, der gegen das Elend der Arbeiterklasse habe protestieren wollen5, hatte die Aussetzung von Grundgesetzen und demokratischen Freiheiten zur Folge, die durch die Verfassung garantiert wurden.
Diese Ereignisse drängen den in Wien lebenden Kraus dazu, innerhalb von fünf Monaten die Dritte Walpurgisnacht zu schreiben, ein erschütterndes Buch, wie es die letzten Werke der großen Meister sind.6 Der Titel verweist ganz offensichtlich auf die zwei Walpurgisnächte in Goethes Faust, erster und zweiter Teil. Der zweite Klassiker, der zu Hilfe gerufen wird, ist Shakespeare mit Macbeth, dessen Figur Hitler vorwegnimmt, und mit König Lear, dem Kraus vor allem jene Verse entnimmt, in denen Edgar das Paradox des Schlimmsten ausspricht: „Gott, wer darf sagen: schlimmer kanns nicht werden? ’s ist schlimmer nun, als je. Und kann noch schlimmer gehn; ’s ist nicht das Schlimmste, Solang’ man sagen kann: dies ist das Schlimmste.“7 Es werden noch weitere Stücke zitiert, etwa Das Wintermärchen. Gewiss hat Kraus mit diesem Buch ein Pendant zu seiner Tragödie über den Ersten Weltkrieg bieten wollen, und das zu einem Zeitpunkt, da er selbst nicht wissen konnte, wie weit Hitler und die Deutschen gehen würden. Wenn Kraus auch wusste, dass der antisemitische Hass tödlich ist, so hatte er doch keine Ahnung, dass Hitler zwölf Jahre an der Macht bleiben würde.
Die 300 Seiten seines Werkes waren bereits verfasst, als Kraus im Herbst 1933 entschied, sie nicht in einer Sonderausgabe der Fackel8 zu veröffentlichen. Tatsächlich publiziert er nur ein Gedicht, das mit den folgenden Versen beginnt:
„Man frage nicht, was all die Zeit ich machte.
Ich bleibe stumm;
Und sage nicht, warum.“9
Verstört durch sein Schweigen, begannen zahlreiche Leser und Verehrer, ihm Protestbriefe zu schicken. Einerseits erschienen Kraus seine Anstrengungen beim Schreiben dieses Werkes „unzureichend“ angesichts des Schreckens, den er zu behandeln hatte. Andererseits wurde ihm bewusst, dass er aufgrund der voraussehbaren Vergeltungsschläge das Leben hunderter deutscher Juden in Gefahr brächte, wenn er sein Buch drucken würde. Auch sein eigenes Leben war bedroht, denn mehrere Schriftsteller waren aufgrund ihrer Stellungnahmen gegen den braunen Terror bereits ermordet oder in Konzentrationslager deportiert worden. Fünf Jahre vor dem Anschluss war Österreich durch die noch illegale Hitler-Bewegung bereits infiziert, und sein germanischer Nachbar tat alles, um die kleine Republik zu destabilisieren, die in drei politische Lager geteilt war: die autoritäre Rechte des Kanzlers Dollfuß; die Sozialdemokratie, die von Otto Bauer in einem ständigen Zauderwalzer zwischen Realpolitik und revolutionären Anwandlungen geführt wurde, worüber Kraus sich im 1932 verfassten Hüben und Drüben mokierte; und schließlich die anwachsende Zahl der Nazis, die das Eingreifen Hitlers auslösen wollten. Zum Leidwesen seiner progressiven Anhänger hoffte Kraus – wie im Übrigen auch Freud –, dass Dollfuß, unterstützt durch Mussolini, den Anschluss Österreichs an Deutschland verhindern könnte.
Erstmals 1952 veröffentlicht, also posthum, konnte die Dritte Walpurgisnacht demnach nicht den Lauf der Ereignisse revidieren. Der Appell, der sich in diesem Buch an die europäischen Länder und an Amerika richtet, sie mögen in Deutschland eingreifen, konnte also im Jahr 1933 wegen seines Rückzugs nicht gehört werden. Warum also heute davon sprechen? Aus den folgenden drei Gründen: 1) Die Dritte Walpurgisnacht enthält eine schonungslose Analyse der rhetorischen Mechanismen des Nationalsozialismus; 2) das Buch bietet, ausgehend von dem, was Kraus den „Untergang der Sprache“ heißt, eine Theorie des Nationalsozialismus, die man klinisch nennen könnte; 3) das Buch ist auch eine Warnung an die folgenden Generationen, darunter an die unsrige.
Lacan hatte seit 1967 eine Wiederkehr der Lager prophezeit: Er hat sie „zu (seinem) Entsetzen“ aufkommen sehen. Für ihn stellte der Nazismus „die Reaktion der Vorreiter hinsichtlich dessen dar, was sich als die Konsequenz des Einflusses der Wissenschaft auf die sozialen Gruppen entwickelte, insbesondere der Universalisierung, die sie hier einführte“10.
Das Unmögliche
Nachdem er sein Buch 1933 nicht veröffentlicht hat, bricht Kraus 1934 sein Schweigen, mit einem Pamphlet, das den Titel trägt „Warum Die Fackel nicht erscheint“. Darin greift er die am wenigsten polemischen Passagen seines fallen gelassenen Werkes auf11 und erklärt sein Schweigen. Die Schrift richtete sich in erster Linie an seine Leser, die sein Schweigen mehr oder weniger schlecht ausgehalten hatten. Er griff in seinem Pamphlet von Juli 1934 jene an, die ihn als feige beschimpft hatten. Es ist ein Text über sein Schweigen, ein Schweigen, das auf ein Unmögliches antwortet. Er geht von dieser pessimistischen Feststellung aus: „Über allem Erlebnis der Gewalt, der Lüge, des Irrsinns steht da, einzig gestaltbar, das Erlebnis des Inkommensurablen, der Unmöglichkeit diese Phänomene zu gestalten…“12
In seinem nicht veröffentlichten Buch spricht er von einem „Übel“, dessen Essenz eine „unmöglich aufzuhaltende Verhinderung“ sei, eine Gewalt, der das Denken sich nicht nähern kann, „eine gedankliche Lähmung“, und er fügt hinzu, dass dieses Inkommensurable „jede Regung geistigen Widerstands (…) matt setzt“13. Vier Jahre später verwendet Joseph Roth ebenfalls den Begriff „Lähmung“: „… von einem Augenblick zum andern wird es schwieriger, das Unsagbare dieser Welt sagbar zu machen. Der Bannkreis der Lüge, den die Missetäter um ihre Untaten ziehen, lähmt das Wort und die Schriftsteller, dessen Diener sie sind.“14 Als Leser von Freud und Kierkegaard konnte Kraus weder die Erscheinungen von Angst und Hemmung ausblenden noch das Unvermögen verschweigen, das er angesichts der Gewalt empfand, zumal er wusste, dass seine Schriften Leben in Gefahr bringen würden, ohne indes dem Feind der Menschheit etwas anhaben zu können. Dennoch hatte er mit der Dritten Walpurgisnacht die einschneidendste Anklage gegen die Verbrechen der SA und der SS verfasst, während sich der Nationalsozialismus in Deutschland festsetzte.
Das Ding
Die Dritte Walpurgisnacht bezieht sich auf die beiden Walpurgisnächte in Goethes Faust I und Faust II. Die „schrecklichen und grässlichen“ Figuren der Goetheschen Phantasmagorie dienen ihm dazu, den Nationalsozialismus als einen Alptraum darzustellen, von dem Deutschland erst erwachen wird, nachdem es dem Befehl zum Völkermord an den Juden gehorcht hat. Kraus verwebt Auszüge aus Goethes Werken, Wortfetzen von Goebbels (der Propagandist ist Mephisto), von Macbeth und von seiner Lektüre der Wiener Arbeiter-Zeitung, die noch über die in Deutschland begangenen nationalsozialistischen Ausschreitungen schreiben konnte. Man findet hier außerdem enthusiastische Gedankenflüge Heideggers aus dem Jahre 1933. Der Philosoph wünschte sich, dass das braune Deutschland fest entschlossen seine „erd- und bluthaften Kräfte als Macht der innersten Erregung und weitesten Erschütterung seines Daseins“ bewahre. Hierzu Kraus’ Kommentar: „Ich habe immer schon gewußt, daß ein böhmischer Schuster dem Sinn des Lebens näherkommt als ein neudeutscher Denker.“15
Selbst nach dem Krieg hat der einleitende Satz der Dritten Walpurgisnacht die von Kraus’ Schweigen enttäuschten Intellektuellen empört. Dieser Satz, „Mir fällt zu Hitler nichts ein“, ist von Kraus selbst in seiner großen Schrift von 1934 kommentiert worden.16 Dieses „Nichts“ erscheint im Übrigen an zwei weiteren Stellen des Textes „Warum Die Fackel nicht erscheint“17. Jedes Mal bezieht er sich auf den auch von Chaplin geschätzten Komiker Karl Valentin: „Ich sag gar nix. Das wird man doch noch sagen dürfen.“ Und als jemand Valentin fragt, warum er eine Brille ohne Gläser trage, antwortet er: „Besser ist’s schon wie gar nix.“ Kraus zufolge ist die Behauptung, „mir fällt zu Hitler nichts ein“18, eine Hyperbel. Der Satz enthält ein bekanntes Wort, das uns aus der Grundregel Freuds vertraut ist: „Sagen, was einem einfällt.“ Kraus kannte diese Anweisung sehr wohl. Noch wichtiger im historischen Kontext seiner Schrift ist das Pronomen „nichts“, das man im Deutschen wie ein Substantiv behandeln kann, ohne wie die französische Übersetzung auf eine Verneinung (rien…ne) zurückgreifen zu müssen.19 Es handelt sich in der Tat um eine Hyperbel, denn viele, ja sehr viele Dinge sind Kraus ganz gewiss in Bezug auf Hitler durch den Kopf gegangen, der die meisterwähnte Person in der Dritten Walpurgisnacht ist. Noch mehr als zu Goebbels, diesem ehemaligen Journalisten, der in den zwanziger Jahren acht Bewerbungsschreiben an das von Juden herausgegebene Berliner Tageblatt geschickt hatte. Ohne Erfolg, da das Blatt ihn nicht wollte. Für Kraus ist Goebbels der Handlanger des journalistischen Übels. Was einfällt, ist also (das) Nichts. Der Gedanke drängt sich einem auf, dass Hitler Kraus in einem Maße entsetzt, dass der Führer für ihn das Entsetzen vor dem „Ding“ (res) bedeutet, im Sinne Freuds und Lacans. Das „Ding“, schreibt Freud, ist dieser unsagbare „Bestandteil“ des Nebenmenschen, für den man weder Attribut noch Prädikat hat.20 Es ist besser, sich ihm nicht zu nähern. Als die Deutschen 1933 den Entschluss Hindenburgs beklatschen, am 30. Januar desselben Jahres Hitler zum Kanzler zu ernennen, und dies, obgleich die NSDAP bei den Wahlen 1932 nicht die Mehrheit im Reichstag erhalten hatte, haben sie nicht etwa ein beliebiges Objekt eines Führers, seinen Schnurrbart zum Beispiel, an die Stelle ihrer jeweiligen Ich-Ideale gesetzt, sondern vielmehr das Nichts (res), das Freud’sche „Ding“. Hitler hat nicht nur den europäischen Nihilismus, den Nietzsche vorausgesehen hatte, in die Tat umgesetzt. Der einleitende Satz der Dritten Walpurgisnacht sagt, dass er für Kraus das Nichts inkarnierte, das unsagbare Ding. Kraus verzichtete darauf, die Nazi-Anführer zu Satire-Objekten zu machen. Er ließ es bei den Poeten, Journalisten und opportunistischen Intellektuellen bewenden, also bei den Mitläufern, und machte sich über das schlechte Deutsch der nationalsozialistischen Würdenträger lustig. Die Gewalt konnte für Kraus ebenso wenig ein Gegenstand der Polemik sein wie der Irrsinn ein Gegenstand seiner Satiren. Unmöglich, Hitler mit Worten zu bekämpften, wenn dies dem bewaffneten Europa nicht gelingt!21 Kraus fügt indes an treffenden Stellen seines Textes die schlimmsten Beschimpfungen und antisemitischen Drohungen ein, die in den Zeitungen und auf Plakaten verbreitet wurden, in der Hoffnung, so die Aufmerksamkeit der Ausländer auf das zu lenken, was sich in Deutschland zuträgt. Nachdem er Auszüge aus einem Werk an der Sorbonne gelesen hatte, schlugen ihn neun Professoren dieser Universität22 für den Nobelpreis vor, der schließlich Thomas Mann verliehen wurde.
Dekonstruktion der Nazi-Rhetorik
Aber die Dritte Walpurgisnacht ist nicht nur ein Text der „engagierten Literatur“. Kraus zerstört hier die Illusionen derer, die noch an die Möglichkeit eines Arrangements mit der Macht durch die Kultur glauben. Er macht die deutschen völkischen Journalisten lächerlich, die den Ruhm des Führers besingen und gegen den inneren Feind wüten, gegen die Kommunisten, gegen die Widerstandskämpfer und gegen die Juden, die zu diesem Zeitpunkt noch deutsche Staatsbürger sind. Vor allem aber dekonstruiert er die Rhetorik im Dienste des Verbrechens: die Verneinung, die Lüge und die Doppelzüngigkeit.
Die Verneinung
Tatsächlich glaubt Goebbels, liberal zu sein, wenn er die Rundfunk-Journalisten kritisiert: Diese sollten nicht „nur in Gesinnung machen“. Es folgt dann ein Satz, der schlecht zu dieser vermeintlich progressiven Haltung passt: „Damit will ich aber nicht etwa sagen, dass Kunst Parademarsch sein müßte.“ Kraus schreitet also wie ein Psychoanalytiker ein, der die widersinnige Aneinanderreihung dieser beiden Sätze aufzeigt: „Welcher einem dadurch sympathisch wird, abgesehen von der Unehrlichkeit, die weiß, daß der Kunst nichts anderes übrig bliebe, als eben das zu sein und darin zu machen, selbst wenn sie von Natur anders könnte.“23 In Anbetracht des ersten Satzes, beginnt der zweite mit einer Verneinung, und diese zeigt, dass Goebbels eben doch von der Kunst erwartet, ein Parademarsch zu sein. Hätte Goebbels der Kunst eine gewisse Freiheit lassen wollen, so hätte er seine Idee eines ideologiefreien Raumes im Rundfunk mit dem Satz illustriert: „Ich will damit sagen, dass die Kunst kein Parademarsch sein sollte.“
Die Lüge
Hitler versucht häufig, moderat zu erscheinen, indem er zynische Lügen verbreitet. So bemüht er sich etwa, die jüdisch-amerikanischen Organisationen, welche versuchen, die deutschen Juden zu schützen, mit der „Garantie“ zu beruhigen, dass diese das Land verlassen könnten, wann sie wollen: „Wir würden jedem Einzelnen ein Freibillet und einen Tausendmarkschein als Taschengeld mitgeben, wenn wir sie loswerden können.“24
Aber es handelt sich um eine Doppelzüngigkeit
Kraus wirft ein, dass die Einhaltung dieses Versprechens viele Auswanderungsanwärter fände, welche, einmal außer Landes, die Gerüchte von Barbarei und Terror zum Schweigen brächten, wären sie nicht bereits in einem Konzentrationslager. Die Nazi-Macht bediente sich des double bind, indem sie „Juden raus“ schrie, aber jenen, die sich an die Grenzen begaben, die Frage entgegenstellte: „Sind Sie Jude?“ War dies der Fall, so musste man in Deutschland bleiben, wo einem Nationalität und Hab und Gut genommen wurden.
Die perverse Betrügerei des Regimes erreicht ihren ersten Höhepunkt, als Hitler und seine Komplizen die „Gräuelpropaganda“ denunzieren, die den Feinden des Nationalsozialismus zugeschrieben wird. Die Nazi-Partei gibt vor, dass die Grausamkeiten, die die gewalttätigen SA-Truppen (Sturmabteilung) gegen Widerstandskämpfer, Kommunisten und Juden begehen, von „inneren Feinden“ erfunden worden seien, um eine Einmischung des Auslandes auszulösen, das ihnen zur Hilfe käme. Kraus rückt gegen jene vor, die sich von dieser „Propaganda“ distanzieren und damit die Realität verleugnen. Er wusste, dass es nicht bloße Propaganda war, da die berichteten Schrecken sich von nun an täglich ereigneten. Kraus deckt die Verwerfung der Wahrheit auf, die von den Nazis in Lügen verwandelt wird und die selbst von den „nationaldeutschen Juden“ in einem Buch hingenommen wird, das den Titel trägt: „Die Gräuelpropaganda ist eine Lügenpropaganda“.
Die „nationaldeutschen Juden“ – eine Bezeichnung, die Kraus für ein Oxymoron hielt – hofften, dass sie vom Nazi-Terror verschont blieben, wenn sie auf ihrer Loyalität gegenüber der deutschen Nation beharren würden. Der deutsche Pressedienst reagiert auf dieses Buch, indem er schreibt, dass es die „Erfüllung einer natürlichen Ehrenpflicht [sei] … soweit man überhaupt von Ehre bei Juden reden kann“. Kraus ruft die Ungeheuerlichkeit dieser Aussagen in Erinnerung, die zum Beispiel die jüdischen Ärzte der Lügen und des Betrugs beschuldigt, obgleich sie so viele Leben gerettet haben. Kraus nennt dies eine „Orgie moralischer Begriffsverkehrung“25.
Die Verleugnung
Die Verwerfung der Wahrheit durch Hitlers Regime hat zur perversen Folge, dass die österreichische Presse – noch frei, aber sehr geschwächt – verleugnet, was in Deutschland geschieht. Kraus charakterisiert diese Verleugnung folgendermaßen: „Die Sprache geht sammetpfotig um den Brei, der nicht so heiß gegessen wird.“26 Er lehnt sich auf gegen die Fetischisierung des Sichtbaren als absolutem Beweis, indem er geltend macht, dass es Augenzeugen gibt, die bezeugen, Ereignissen beigewohnt zu haben, die niemals stattgefunden haben, und andere, die nichts von dem gesehen haben, was tatsächlich geschehen ist. Er schlägt daher vor, die Aufmerksamkeit nicht allein auf die visuelle Wahrnehmung, sondern vielmehr auf den Wortlaut der Agenten des Verbrechens zu richten. „Genügt denn nicht zur Vergewisserung ihres Tuns, was sie reden und wie sie leugnen? Haben die Greueltäter nicht die Greuel, die sie in Einem photographierten und dementierten, als ‚Folge der Propaganda‘ zugegeben?“27 Er erwähnt auch das Dementi eines blutigen Verbrechens durch die deutsche Polizei unter dem Vorwand, dass diese Untat „Ermordung“ genannt worden sei, während es sich „nur“ um „schwere Körperverletzung“ gehandelt habe. Augenzeugen hatten das Opfer „wie tot daliegen“ gesehen und gedacht, es sei tatsächlich tot. Ein Fehler, der es der Polizei erlaubte, den Wahrheitsgehalt dieses Verbrechens zu leugnen! Diese Verfälschungen überzeugten häufig die Angehörigen des Opfers, den polizeilichen Dementis beizupflichten und den Staat um nichts anderes als um das Recht zu bitten, die verstorbene Person in aller Diskretion zu beerdigen.
Der Untergang der Sprache
In der Naziära haben Philologen eine Hypertrophie von Ausdrücken im Dienste tödlicher Bürokratien ausgemacht. Zur „Sprache der Mörder“ geworden, sei die deutsche Sprache selbst gestorben, behaupten einige.28 Die diktatorialen Sprachproduktionen sind Kraus nicht entgangen, und er hat sich über die vielfältigen Abkürzungen lustig gemacht, welche die Nazis erfunden haben, um das Denken der Bürger zu steuern. Als er ein Kürzel wie USCHLA („Untersuchungs- und Schlichtungsausschuss“) analysiert, hat er nicht irgendeine administrative Instanz, sondern vielmehr eine Behörde gewählt, die im Falle eines Konflikts oder einer Ungerechtigkeit einen Schiedsspruch anbot, die sich jedoch niemals versagte, eine willkürliche Entscheidung zugunsten der Macht zu treffen.29 Es handelte sich also um die Einpflanzung eines „Anderen des Anderen“ im Inneren des Staates. Damit wurde die Gemeinheit (canaillerie) zur Institution. Kraus analysiert das Schicksal der Sprache auf einer tieferliegenden Ebene. Der Nationalsozialismus setzte sich mit bislang unbekannter Gewalt in der Gesellschaft fest, mit einer Gewalt, die den „Untergang der Sprache“ nach sich zog. Die Sprache ist jedoch für Kraus das „wahre Sein“30. Ihm zufolge wollten die Nazis die ihm so teure Sprache zerstören, weil sie die Fähigkeit besaß, jenes Neudeutsch zu entlarven, das sie erfunden hatten, um die Bevölkerung zu indoktrinieren. Dieser Untergang vollzieht sich in Form eines Betrugs. Betrogen wird „die alte Metapher“ mit einer neuen Wirklichkeit. Die alte Worthülse „füllt sich wieder mit dem Blut, das einst ihr Inhalt war“. Dieses Blut war so lange beglückend, wie es nur metaphorisch war31, „das Blut des Gedankens, der die Echtbürtigkeit des Wortes beglaubigt“. Es wird jedoch „gorgonisch, „wenn es der Aufbruch physischen Blutes ist, das aus der Sprachkruste zu fließen beginnt“. Dies ist die neue „Transsubstantiation“31. Worum geht es in dieser pathetischen und poetischen Passage? Kraus stellt fest, dass die deutsche Metapher in der brutalen Rede der Politiker auf Realität regrediert. Diese Politiker sagen zum Beispiel, dass sie dem Gegner die Faust zeigen wollen, ihm das Messer an die Kehle setzen oder ihm den Mund stopfen, dass sie mit harter Faust durchgreifen … Kraus findet es erstaunlich, dass die Politiker „Redensarten gebrauchen, die sie nicht mehr machen“! Wenn sie zum Beispiel sagen, dass sie jeden niederschlagen wollen, der sich ihnen entgegenstellt, so machen sie es tatsächlich und nicht nur im übertragenen Sinn! Ihre Sprache greift lediglich ihren Taten vor; es handelt sich nicht einmal mehr um eine Drohung, sondern vielmehr um eine Ankündigung. Die Metapher schafft sich in ihren realistischen Reden selbst ab. Und tatsächlich hat einer dieser Politiker geradezu den übertragenen Stil reformiert: „Wir sagen nicht: Auge um Auge, Zahn um Zahn, nein, wer uns ein Auge ausschlägt, dem werden wir den Kopf abschlagen.“32 Die ausgewählten Beispiele sind allesamt Wendungen, in denen „ein ursprünglich blutiger oder handgreiflicher Inhalt sich längst zum Sinn einer geistigen Offensive abgeklärt hat“33. Man dachte nicht mehr an den ursprünglichen Bezug des Ausdrucks – oft eine brutale Handlung. Genau diese Abklärung der Gewalt haben die Nazis jedoch rückgängig gemacht. Sie haben diese Abklärung verworfen im Sinne dessen, was Lacan forclusion nennt, Verwerfung. Die nationalsozialistische Vernichtung der Metapher, welche die archaische Tat, ihren Bezug zur archaischen Wirklichkeit verdrängt hatte, ließ diese im Realen wiederkehren. Um sich verständlich zu machen, zitiert Kraus eine schreckliche Zeugenaussage. Die Tat hat sich wahrscheinlich in einem Gefängnis oder in einem Lager zugetragen. Die Metapher besteht in dem Ausdruck „Salz in eine offene Wunde streuen“: „Als sich der alte Genosse beim Kartoffelschälen einen tiefen Schnitt in die Hand zufügte, zwang ihn eine hohnlachende Gesellschaft von Nazi, die stark blutende Hand in einen Sack mit Salz hineinzuhalten. Das Jammergeschrei des alten Mannes machte ihnen großen Spaß. Wir anderen aber mußten dann das blutige Salz für das Gefangenenessen verwenden.“33
Sigmund Freud und Karl Kraus
Karl Kraus hat sich sehr früh von der Psychoanalyse abgewendet, was Freud ihm niemals verzeihen konnte. Und dennoch hat Kraus sein ganzes Leben seine Hochachtung für Freud behalten. Diese war lediglich bis 1910 beidseitig. Freud dachte, dass Kraus eine „maßlose Eitelkeit und Zuchtlosigkeit“ besitze, aber „eine begabte Bestie“34 sei. Kraus bewunderte Freuds Schriften über den Traum und den Witz, aber er verglich deren Autor mit Goethes Zauberlehrling, der die Geister herbeirief und sie dann nicht mehr loswurde. Die Geister waren die Schüler Freuds, darunter der unbeschreibliche Fritz Wittels, der 1910 in einem Vortrag im Rahmen der Mittwochsgesellschaft Kraus einer wilden Analyse unterzog. Eros hat Freud und Kraus getrennt, aber Thanatos hat sie vereint, obwohl sich ihre Wege längst getrennt hatten. Edward Timms zitiert einen Brief von Freud an Lou Andreas-Salomé, in dem er im November 1914 schreibt: „Ich zweifle nicht daran, dass die Menschheit auch diesen Krieg überwinden wird, aber ich weiss sicher, dass ich und meine Artgenossen die Welt nicht mehr froh sehen werden. Es ist zu garstig…“35!
Auch für Kraus war der Erste Weltkrieg eine Katastrophe. Im Jahr 1920 hat Freud den fatalen Mechanismus des Faschismus theoretisch freigelegt. Was Kraus angeht, so hat er noch früher die Gefahr der von Adolf Hitler unter dem Hakenkreuz angeführten Massen verstanden. Während Freud sich aber dem Desaster der Zivilisation zuwendet und im Nationalsozialismus eine Regression ins Mittelalter sieht, schreibt Kraus weiterhin über die Aggressionen, die sich in Deutschland und Österreich tagtäglich zuspitzen. Er irrt sich nur in einem Punkt: wenn er hofft, dass sein Land gegen die braune Invasion verteidigt werde.
Das Bemerkenswerteste an jenen Arbeiten, die er am Ende seines Lebens verfasste, ist, dass er, wenn man so sagen darf, Freud die Fackel aus der Hand nimmt. Während dieser sich damit begnügt, eine Erklärung für das Phänomen des Faschismus zu finden, versteht Kraus sehr schnell, dass der Nationalsozialismus sich nicht auf das Phänomen Mussolini reduzieren lässt. Während Freud auf den Faschismus jene Begriffe anwendet, die er für seine Metapsychologie entwickelt hat, und später seine neue Theorie des Triebs als Aggressionstrieb, liegt der Ansatz von Kraus näher am Realen: Einerseits erfasst er die Dimension des Unsagbaren, ja des Unmöglichen, das von Hitler ausgeht. Angesichts Hitlers und seiner Gewalt weiß Kraus, dass sein Denken und seine Sprache keine Wirkung haben werden. Er zieht das Schweigen einer imaginären Konfrontation vor und ruft hiermit das Missverständnis seines Publikums auf den Plan. Sein Schweigen ist indes das Schweigen eines arbeitenden Mannes. Somit vermacht er seine Analyse des Nationalsozialismus den Nachkommen. Dabei kann man feststellen, dass seine Analyse der von Freud durchaus ähnelt. Kraus befasst sich in der Tat mit der tödlichen Logik der Hitlerbewegung, indem er ihre sprachlichen Pathologien offenlegt: ihre Doppelzüngigkeit, ihre Lügen und Perversitäten, die in der abartigen Grammatik ihrer Sätze angelegt sind. Und er entdeckt schließlich, dass der Nationalsozialismus die Sprache selbst hat untergehen lassen, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die Sprache ein subversives Potential besitzt. Dort, wo die Sprache das Doppeldeutige und die Metapher erlaubt, die zu Klärung führt, nachdem sie eine Ungewissheit geschaffen hat, operiert der Nationalsozialismus mit einer bösartigen List, der Doppelzüngigkeit und einem zynischen Trickbetrug. Der Nazismus verwirft die Metapher, lässt die Sprache untergehen, und schließt Satz und Handlung kurz. Hier zwei Beispiele :
Hitler sagte mehrfach, dass seine Foltertruppen „niemals einem Juden ein Haar krümmen würden“. Kraus antwortet: Alles nur das nicht!
Und als eine Gruppe junger Blinder dem Führer zum Geburtstag gratuliert, schickt der ihnen sein Foto! Kraus kommentiert diese Schande mit einem Satz von Gloster aus König Lear: „’s ist Fluch der Zeit, daß Tolle Blinde führen“36.
Aus dem Französischen übersetzt von Suzanne Müller
Alle Rechte für diesen Beitrag bei Franz Kaltenbeck
Über den Autor
Franz Kaltenbeck ist Psychoanalytiker in Paris und Lille, Mitgründer von ALEPH (Association pour l’étude de la psychanalyse et de son histoire), Herausgeber von Savoirs et clinique. Revue de psychanalyse.
Zu seinen Veröffentlichungen gehören: Reinhard Priessnitz. Der stille Rebell. Aufsätze zu seinem Werk (Droschl, Graz 2006); Sigmund Freud. Immer noch Unbehagen in der Kultur? (Mitherausgeber, diaphanes, Zürich 2009); David Foster Wallace: Dichter, Denker, Melancholiker (In: Y – Revue für Psychoanalyse, 1/2012); Lesen mit Lacan. Aufsätze zur Psychoanalyse (Parodos, Berlin 2013); Michael Turnheim: Jenseits der Trauer (Mitherausgeber, Zürich, diaphanes 2013); David Foster Wallace au-delà du principe de plaisir (In: Savoirs et clinique. Revue de psychanalyse, Nr. 15, 2012)
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Anmerkungen
- Kraus prangert die für die Kriegserklärung verantwortlichen Machthaber Österreichs und Ungarns als die „verbrecherischen Halbkretins der Doppelmonarchie“ an. (Hüben und Drüben, in Die Fackel, Nr. 876-884, Mitte Oktober 1932, S. 20.)
- F 406–412 (=Die Fackel, Nr. 406–412), S. 141.
- Eine Rede Hitlers von 1933, aus der Peter Longerich in Hitler. Biographie. München 2015, Siedler, S. 296, einige Zeilen zitiert, zeigt, dass der Diktator sich für einen solchen Kriegsveteranen hielt.
- Karl Kraus schreibt: „Bei Nestroy beruhigt sich ein verdachtschöpfender Bräutigam immer mit den Worten: ‚Sie hat mir ja ewige Liebe geschworen!‘ und ohne Zweifel würde der Staatsanwalt an dem ersten Tag, den das dritte Reich besteht, dessen Gründer wegen Verfassungsbruch hoppnehmen!“
- Diese Anschuldigung van der Lubbes als Brandstifter ist heute umstritten. Vgl. Longerich, Hitler, a.a.O., S. 303-306.
- Karl Kraus: Dritte Walpurgisnacht. Hg. v. Christian Wagenknecht. Frankfurt/M. 1989, Suhrkamp (=Werkausgabe Bd. 12). Im Folgenden mit DWN und der entsprechenden Seite zitiert.
- William Shakespeare, König Lear, zitiert nach DWN, S. 30. Diese Verse wurden von den Herausgebern der 20. Ausgabe unserer Zeitschrift Savoirs et Clinique nach den Attentaten von Paris im Jahr 2015 zitiert.
- Edward Timms, Karl Kraus. Die Krise der Nachkriegszeit und der Aufstieg des Hakenkreuzes. Weitra 2016, Verlag Bibliothek der Provinz, S. 542.
- Karl Kraus, Die Fackel, Nr. 888, S. 4.
- Jacques Lacan, „Proposition du 9 octobre sur le psychanalyste de l’École“, in: Ders.: Autres écrits. Paris 2001, Le Seuil, S. 257.
- Also der Dritten Walpurgisnacht.
- Warum die Fackel nicht erscheint. F 890-905, 1934, S. 8.
- DWN, S. 21.
- Joseph Roth, „Das Unsagbare“, zitiert von Jacques Bouveresse in seinem Vorwort zur französischen Ausgabe der Dritten Walpurgisnacht, S. 25. (Vgl. Joseph Roth, Werke Bd. 3. Köln, Amsterdam 1991, Allert de Lange, Kiepenheuer & Witsch, S. 849.)
- DWN, S. 71.
- Warum die Fackel nicht erscheint, a.a.O.
- F 888-922, S. 19, 110.
- Kraus, von Bouveresse zitiert, schreibt in Warum die Fackel nicht erscheint mit Bezug auf die „Dummköpfe“, die sein Schweigen auf Feigheit zurück führten: „Wenn man ihnen sagt, dass einem nichts dazu eingefallen ist, so ist das natürlich eine Hyperbel, man will damit nur sagen, dass man sein Wort für unzulänglich hält, weil einem bloss mehr als ihnen eingefallen ist und weil – so bescheiden ist man wieder – solches noch geringern praktischen Wert hat.“ Bouveresse zitiert hier aus Hüben und Drüben., a.a.O., S. 325.
- In seinem Vorwort, der französischen Ausgabe von DWN (S. 26) vorangestellt, zitiert Jacques Bouveresse die folgenden Zeilen Kraus’, die zeigen, dass dieser durchaus an den Gebrauch von „nichts“ als Substantiv gedacht hatte: „Das stolz bekannte Nichts, das mir zu Hitler einfiel, schlägt, denke ich, alles, was den aktiven Freiheitskämpfern nicht eingefallen ist. Sie sollen sich nicht meinen Kopf und nicht mein Herz zerbrechen!“ Die Fackel, 1935, Nr. 912–915, „Vorspruch und Nachruf“, S. 70.
- Sigmund Freud, Entwurf einer Psychologie (1895), in: Ders.: Gesammelte Werke. Nachtragsband. Texte aus dem Nachlass 1885–1938. Frankfurt/M. 1987, S. Fischer, S. 426–427.
- Warum die Fackel nicht erscheint, a.a.O., S. 62.
- Darunter Louis Schweitzer, der Großvater von Jean-Paul Sartre. (Vgl. Timms, Karl Kraus, die Krise der Nachkriegszeit…, a.a.O., S. 85, 86.)
- DWN, S. 56.
- DWN, S. 62.
- DWN, S. 98.
- DWN, S. 105.
- DWN, S. 108. Es handelt sich um die „Greuelpropaganda“, die dem Feind des Regimes zugeschrieben wird.
- Der argentinische Psychoanalytiker Dr. Nestor Braunstein, der lange in Mexiko arbeitete, ein aktives Mitglied des Lesekomitees von Savoirs et clinique. Revue de psychanalyse, beklagte an dieser Stelle den Mangel an Hinweisen auf eine Anzahl von Autoren, welche wie Kraus die Sprache des Dritten Reiches kritischen Untersuchungen unterwarfen. Braunstein erwähnte Wilhelm Reich, Arnold Schönberg und natürlich Victor Klemperer. Reich ging zu Kraus’ Lesungen, dürfte jedoch seine Hoffnung auf Dollfuß als Retter Österreichs nicht geteilt haben. Schönberg ließ sich von Kraus beeinflussen, wovon auch seine zwischen 1930 und 1932 geschriebene Oper Moses und Aron Zeugnis ablegt, und arbeitete mit Adolf Loos bei der Gründung eines „Kunstamtes“ zusammen. Solche Affinitäten zwischen Kraus und seinen großen Zeitgenossen im Widerstand gegen den Ungeist des Nationalsozialismus bräuchten mehr als eine eigene Arbeit. Das gilt natürlich besonders für die Lingua Tertii Imperii Victor Klemperers, an der dieser während des Krieges unter dem Einsatz seines Lebens arbeitete.
- DWN, S. 188, 190, 191.
- DWN, S. 137.
- DWN, S. 138.
- DWN, S. 139.
- DWN, S. 140.
- Sigmund Freud, Sandor Ferenczi, Briefwechsel, Band I/1, 1908 bis 1911, herausgegeben von Eva Brabant, Ernst Falzeder, Patrizia Giampieri-Deutsch. Transkription von Ingeborg Meyer-Palmedo. Wien, Köln, Weimar 1993, Böhlau, S. 213.
- Edward Timms, Karl Kraus: Satiriker der Apokalypse. Leben und Werk 1874-1918. Eine Biographie. Frankfurt/M. 1999, Suhrkamp, S. 174. Und Sigmund Freud, Lou Andreas Salomé, Briefwechsel. Frankfurt/M. 1966, S. Fischer, S. 22–23.
- „’Tis the time’s plague, when madmen lead the blind…“, King Lear, Akt IV, Szene I, zitiert nach DWN, S. 282.