Jacques Lacan
Seminar IX, Die Identifizierung
(X) Sitzung vom 21. Februar 1962
Übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von Max Kleiner und Rolf Nemitz
Pietro Testa, Platons Symposion, 1648, Radierung, 26 x 38 cm
Allgemeines zur Übersetzung
Das Seminar hat 26 Sitzungen. Etwa alle zwei Monate erscheint auf „Lacan entziffern“ die Übersetzung einer weiteren Sitzung. Die bereits veröffentlichten Übersetzungen von Sitzungen dieses Seminars findet man hier.
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, zunächst nur deutsch, dann gegenüberstellend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben, Belege und inhaltliche Erläuterungen.
Die Übersetzung stützt sich auf folgende Vorlagen:
- Stenotypie des Seminars auf der Seite der École lacanienne de psychanalyse, hier
- Jacques Lacan: L’identification, dit ‚Séminaire IX“. Prononcé à Ste. Anne en 1961–1962. Herausgegeben und erstellt von Michel Roussan. Mit Anmerkungen, kritischem Apparat und Index. Paris 1992. Nicht im Buchhandel, beziehbar durch den Herausgeber, m.roussan2@free.fr
Ausgaben des Identifizierungs-Seminars im Internet:
- französisch: hier (Stenotypie), hier (Staferla), hier (ALI) S. 1547–1966, hier (Chollet), hier (rue CB)
- englische Übersetzung: hier (Cormac Gallagher), hier (Ben Hooson)
- von Gallagher gelesene Audioaufnahme seiner Übersetzung hier
Eine von Jacques-Alain Miller herausgegebene offizielle Edition des Seminars gibt es nicht.
Vielen Dank an Peter Müller (Psychoanalytiker in Karlsruhe) für die Überlassung seiner Übersetzung dieses Seminars!
Zur Notation
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten der Transkription, die Roussan als „Daktylographie 1“ bezeichnet; diese Seitenzahlen sind am Rand seiner Ausgabe angegeben und beginnen dort mit einer linken eckigen Klammer, also etwa mit „[10“. Daktylographie 1 ist die Transkription, die man auf der Seite der ELP findet (mit Ausnahme der 20. Sitzung), hier.
– Ein doppelter Bindestrich, also: --, markiert, dass an dieser Stelle ein Satz grammatisch unvollständig abbricht.
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in runden Klammern enthalten Formulierungen des französischen Originals.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Einfügungen in spitzen Klammern: Ersatz für vermutlich ausgefallenen Text..
Sitzung vom 21. Februar 196
Deutsch
{1} Beim letzten Mal habe ich Sie mit dem Erfassen einer Paradoxie zurückgelassen, die sich auf die Erscheinungsweisen des Objekts bezieht.
Bei diesem Thema ging es um die Frage – ausgehend vom Objekt, insofern es metonymischen Charakter hat –, was wir tun, wenn wir dieses metonymische Objekt als gemeinsamen Faktor der Linie erscheinen lassen, die als die des Signifikanten bezeichnet wird, deren Platz ich mit dem des Zählers im großen Saussure’schen Bruch bezeichnete habe, Signifikant über Signifikat:
Das haben wir getan, als wir es als Signifikant erscheinen ließen, etwa als wir dieses Objekt als Objekt des Oraltriebs bezeichneten.
Da dieser neue Typus die Gattung des Objekts bezeichnete, habe ich Ihnen, um es Ihnen begreiflich zu machen, gezeigt, was in die Mathematik, in die Mengenlehre, in die Logik durch die Art der Verwendung des Signifikanten an Neuem eingebracht wird, eine Verwendungsweise, die nun einmal nicht denkbar ist, wenn wir nicht, als konstitutiv, die berühmte Russell’sche Paradoxie in den Vordergrund stellen, um für Sie spürbar zu machen, wovon ich ausgegangen bin, dass nämlich der Signifikant als solcher nicht nur nicht dem sogenannten |{2} Gesetz des Widerspruchs unterliegt, sondern er genau gesagt sogar dessen Träger ist, das heißt, A ist insofern als Signifikant verwendbar, als gilt: A ist nicht A.
Daraus ergab sich, dass das Objekt des Oraltriebs, wenn wir es als die grundlegende Brust auffassen, dass sich zu dieser generischen Mamma der psychoanalytischen Objektbildung die folgende Frage stellen konnte: Hat, unter diesen Voraussetzungen, die reale Brust „mammalen“ Charakter? Nein, habe ich Ihnen gesagt, wie ganz offensichtlich ist, denn wenn in der Oralerotik die Brust so sehr erotisiert wird, dann weil sie etwas ganz anderes ist als eine Brust, wie Ihnen ja nicht unbekannt ist.
Und nach der letzten Sitzung trat jemand an mich heran und sagte: „Ist, unter diesen Voraussetzungen, der Phallus phallisch?“ Natürlich nicht! Oder genauer muss man Folgendes sagen: Insofern, in einem bestimmten Stadium, der Phallus-Signifikant als Faktor für die Enthüllung des Sinns der Signifikantenfunktion auftritt, insofern der Phallus, bezogen auf die symbolische Funktion, an eben den Platz gelangt, an dem die Brust war; insofern das Subjekt sich als phallisch konstituiert, ist der Penis – der im Inneren der Klammer der Menge der Objekte ist, die für das Subjekt das phallische Stadium erreicht haben –, ist der Penis, so kann man sagen, genauso wenig phallisch wie die Brust „mammalisch“ ist; allerdings geht es auf dieser Ebene um Dinge, die weitaus gravierender sind, |{3} darum nämlich, dass der Penis, Teil des realen Körpers, jener Drohung ausgesetzt ist, die Kastration genannt wird. Aufgrund der Signifikantenfunktion des Phallus als solcher ist der reale Penis dem ausgesetzt, was zuerst in der analytischen Erfahrung als Drohung erfasst wurde, nämlich der Kastrationsdrohung.
*
#Dies also ist der Weg, auf dem ich Sie führe, ich zeige Ihnen hier seinen Zweck und sein Ziel. Nun gilt es, ihn Schritt für Schritt zu gehen, anders gesagt, auf das zurückzukommen, was ich seit unserem diesjährigen Beginn vorbereite und nach und nach angehe, nämlich die besondere Funktion des Phallus bei der Identifizierung des Subjekts.
Um es klar zu sagen, bei all dem, das heißt weshalb wir in diesem Jahr über Identifizierung sprechen, das heißt weshalb im Freud’schen Werk von einem bestimmten Moment an die Frage der Identifizierung in den Vordergrund tritt und die gesamte Freud’sche Theorie zu dominieren und umzuarbeiten beginnt, bei all dem geht es darum, man wird fast rot, es sagen zu müssen, dass sich von einem bestimmten Moment an – für uns nach Freud, für Freud vor uns – die Frage nach dem Subjekt als solche stellt, nämlich: Wer? Wer ist da? Wer funktioniert? Wer spricht? Wer… noch vieles andere, und aus diesem Grunde war dies durchaus zu erwarten. Bei einer |{4} Technik, die grob gesagt eine Technik der Kommunikation ist, der Wendung des einen an den anderen und, kurz gesagt, der Beziehung, musste man doch wohl wissen, wer es ist, der da spricht, und mit wem.
*
Und dies ist auch der Grund, aus dem wir in diesem Jahr Logik betreiben. Ich kann nichts dafür, es geht nicht darum, ob es mir gefällt oder ob es mir missfällt. Es missfällt mir nicht. Anderen mag es missfallen, aber eines ist sicher: es ist unvermeidlich. Die Frage ist, zu welcher Logik uns das führt. Sie haben ja sehen können, dass ich Ihnen bereits gezeigt habe – ich bemühe mich, die Sache so stark wie möglich abzukürzen, ich versichere Ihnen, dass ich nicht herumtrödeln werde –, wo wir uns im Verhältnis zur formalen Logik verorten und dass es sicherlich nicht so ist, dass wir dabei nicht ein Wörtchen mitzureden hätten.
Ich erinnere Sie an die kleine Kreisscheibe, die ich für Sie für verschiedene Zwecke konstruiert habe und auf die zurückzukommen wir vielleicht mehr als einmal Gelegenheit haben werden, obwohl dies vielleicht aufgrund des Tempos, das wir einhalten müssen, um in diesem Jahr unser Ziel zu erreichen, noch für einige Monate oder Jahre ein Vorschlag bleiben muss, der in der Schwebe bleibt – dem Einfallsreichtum derjenigen überlassen, die sich die Mühe machen, auf das, was ich Sie lehre, zurückzukommen.
Aber sicherlich handelt sich keineswegs nur um |{5} formale Logik. Handelt es sich… ist es das, was man seit Kant – ich meine gut herausgearbeitet seit Kant – als transzendentale Logik bezeichnet, anders gesagt, geht es um die Logik des Begriffs? Sicherlich auch das nicht. Es ist sogar recht auffällig, wie sehr der Terminus des Begriffs im Funktionieren unserer Kategorien offensichtlich abwesend ist.
Was wir betreiben – im Augenblick lohnt es sich überhaupt nicht, dass wir uns groß die Mühe machen, dem ein genaueres Etikett zu geben –, ist eine Logik, über die manche zuerst sagen, ich hätte versucht, eine Art elastische Logik zu erarbeiten. Aber schließlich reicht das nicht aus, um etwas darzustellen, das für den Geist wirklich beruhigend wäre. Wir erarbeiten eine Logik des Funktionierens des Signifikanten, Denn ohne diesen als primär, als grundlegend konstituierten Bezug auf das Verhältnis des Subjekts zum Signifikanten ist streng gesagt nicht einmal denkbar, so behaupte ich, dass es uns gelingt, den Irrtum zu lokalisieren, in den sich die gesamte Analyse zunehmend verstrickt hat und der eben darin besteht, dass sie nicht die Kritik der transzendentalen Logik, im kantischen Sinne, durchgeführt hat, eine Kritik, die aufgrund der neuen Tatsachen, die sie mit sich bringt, unbedingt erforderlich ist.
Dies – ich will Ihnen etwas anvertrauen, das an sich keinerlei historische Bedeutung hat, das ich aber glaube, Ihnen dennoch als Anregung |{6} mitteilen zu können –, dies hat mich dazu gebracht, während der kurzen oder langen Zeit, in der ich von Ihnen und unseren wöchentlichen Begegnungen getrennt war, meine Nase wieder einmal, nicht, wie ich es vor zwei Jahren getan hatte, in die Kritik der praktischen Vernunft, sondern in die Kritik der reinen Vernunft zu stecken.
Da es durch Zufall dazu kam, dass ich versehentlich nur mein deutsches Exemplar mitgenommen hatte, habe ich sie nicht vollständig wiedergelesen, sondern nur das Kapitel zur „Einführung in die transzendentale Analytik“.
Und obgleich ich bedaure, dass die etwa zehn Jahre, seit denen ich mich an Sie wende, hinsichtlich der Verbreitung des Deutschlernens unter Ihnen, nehme ich an, keine große Wirkung gehabt haben – was mich immer wieder in Erstaunen versetzt, was eines jener kleinen Dinge ist, die mich bisweilen dazu bringen, mir mein eigenes Bild als das einer Figur aus einem bekannten surrealistischen Film vor Augen zu führen, mit dem Titel Ein andalusischer Hund, das Bild eines Mannes, der mithilfe von zwei Seilen einen Flügel hinter sich herschleppt, auf dem, das soll jetzt keine Anspielung sein, zwei tote Esel liegen –, abgesehen davon sollten zumindest diejenigen, die bereits Deutsch können, nicht zögern, das von mir genannte Kapitel der Kritik der reinen Vernunft wieder aufzuschlagen, es wird ihnen sicherlich helfen, die Art der Umkehrung, die ich in diesem Jahr für Sie zu artikulieren versuche, richtig einzuordnen.
Aber in gewissem Sinne glaube ich – das ist kein Universalschlüssel, sondern ein Hinweis –, |{7} Sie ganz einfach daran erinnern zu können, dass das Wesentliche in der radikal anderen, exzentrischen Weise besteht, in der ich versuche, Ihnen einen Begriff nahezubringen, der bei Kant die gesamte Strukturierung der Kategorien beherrscht. Wobei er nichts anderes tut, als hinter das, wovon das philosophische Denken beherrscht wurde, den reinen Punkt zu setzen, den Punkt der Vollendung, bis dahin, dass er es hier in gewisser Weise vollendet, den Schlusspunkt hinter die Funktion der Einheit*, welche Grundlage jeder Synthese ist, der „Synthesis a priori“, wie er sich ausdrückt, und die sich tatsächlich, seit der Zeit, in der sie sich ausgehend von der platonischen Mythologie entwickelt hat, als notwendiger Weg aufzudrängen scheint: das Eine, das große Eine, welches das gesamte Denken von Platon bis Kant beherrscht, das Eine, das für Kant als Synthesefunktion das eigentliche Modell für das ist, was, wie er sagt, in jeder apriorischen Kategorie die Funktion einer Norm mit sich führt, das heißt einer allgemeinen Regel.
Sagen wir also, um dem, was ich seit Beginn dieses Jahres für Sie artikuliere, seine spürbare Zuspitzung hinzuzufügen: Wenn es stimmt, dass die Funktion des Einen in der Identifizierung, wie sie durch die Analyse der Freud’schen Erfahrung strukturiert und aufgeschlüsselt wird, nicht die der Einheit* ist, sondern die Funktion, die ich seit Beginn des Jahres versucht habe, für Sie konkret spürbar zu machen, als das Eigentliche dessen, was ich Ihnen gegenüber den trait unaire genannt habe – den einzigen Zug, den unären Zug –, das |{8} heißt etwas ganz anderes als der Kreis, welcher versammelt und auf den, auf der Ebene einer oberflächlichen imaginären Anschauung, die gesamte logische Formalisierung letztlich hinausläuft, nicht der Eulerkreis, sondern etwas ganz anderes, das nämlich, was ich ein Ein genannt habe, dieser trait – dieser Zug oder Strich –, diese unverortbare Sache, diese Aporie für das Denken, die eben darin besteht, dass sie, je mehr sie gereinigt und vereinfacht und, mit hinreichender Auslöschung ihrer Anhängsel, auf irgendetwas reduziert wird, desto mehr schließlich auf dies hier reduziert werden kann: auf |, auf ein Ein.
Das, was es an Wesentlichem gibt, was seine Originalität ausmacht, die Originalität der Existenz dieses unären Zugs und seiner Funktion und seiner Einführung – durch was? Eben das lasse ich in der Schwebe, denn es ist keineswegs klar, dass es durch den Menschen dazu kam, wenn es unter gewissem Gesichtspunkt möglich ist und wahrscheinlich ist – jedenfalls wird das von uns als Frage aufgeworfen –, dass daraus der Mensch hervorgegangen ist, also, dieses Ein, seine Paradoxie besteht genau darin: Je mehr es sich ähnelt, ich meine, je mehr all das, was zur Verschiedenheit der Erscheinungsweisen gehört, ausgelöscht wird, umso mehr stützt es, umso mehr ein-karniert es, möchte ich sagen, wenn Sie mir dieses Wort durchgehen lassen, die Differenz als solche. Wir nehmen an, dass wir mit der Umkehrung der Position in Bezug auf das Eine von der kantischen Einheit* zur Einzigkeit* übergehen, zu der als solcher ausgedrückten unicité. Wenn ich sozusagen auf diesem Weg versuche – um einen Ausdruck einem |{9} hoffentlich für Sie berühmten Titel zu entlehnen, einer literarischen Improvisation von Picasso –, wenn dies der Weg ist, den ich in diesem Jahr gewählt habe, um zu versuchen, das zu tun, was Sie, wie ich hoffe, dazu bringen wird, es auch zu tun, nämlich das Begehren beim Schwanz zu packen, wenn dies der Weg ist, das heißt nicht derjenige der ersten von Freud definierte Form der Identifizierung – die nicht leicht zu handhaben ist, die der Einverleibung*, des Verzehrs des Feindes, des Gegners, des Vaters –, wenn ich von der zweiten Form der Identifizierung ausgegangen bin, also von der Funktion des einzigen Zugs, dann natürlich mit diesem Ziel.
Sie sehen jedoch, wo die Umkehrung ist, sie besteht darin, dass, wenn diese Funktion – ich glaube, das ist der beste Ausdruck, den wir nehmen sollten, da er besonders abstrakt ist, besonders biegsam und besonders signifikant, im eigentlichen Sinne, einfach ein großes F –, wenn die Funktion, die wir dem Einen geben, nicht mehr die der Einheit* ist, sondern die der Einzigkeit*, dann heißt das – das sollten wir ja keinesfalls vergessen, nämlich die Neuartigkeit der Analyse – , dass wir von den Tugenden der Norm zu den Tugenden der Ausnahme übergegangen sind.
Etwas, das Sie immerhin ein klein wenig behalten haben und das mit Grund; die Spannung des Denkens arrangiert sich damit, indem sie sagt: Die Ausnahme bestätigt die Regel. Wie so viele Blödheiten ist das eine tiefe Blödheit; |{10} es genügt einfach, dass man in der Lage ist, sie auseinanderzunehmen. Hätte ich nichts anderes getan, als diese Blödheit ganz zum Leuchten zu bringen, wie einen dieser kleinen Scheinwerfer, die man auf dem Dach von Polizeiwagen sieht, dann wäre das auf der Ebene der Logik bereits ein kleiner Gewinn. Aber natürlich ist das ein Nebengewinn.
Sie werden es sehen, vor allem, wenn einige von Ihnen --; vielleicht könnten einige so weit gehen, sich dem zu widmen, so weit gehen, eines Tages an meiner Stelle eine kleine Zusammenfassung zu geben, darüber, wie man die kantische Analytik neu interpunktieren muss. Sie denken zu Recht, dass es für all das bereits die Ansatzpunkte gibt. Wenn Kant das allgemeine und das besondere Urteil unterscheidet und das einzelne Urteil davon absondert, indem er dessen tiefgehende Verwandtschaft mit dem allgemeinen Urteil zeigt – ich meine etwas, das bereits alle vor ihm gesehen haben –, er dabei jedoch zeigt, dass es nicht genügt, sie zusammenzubringen, da das einzelne Urteil durchaus seine Unabhängigkeit hat, dann gibt es hier so etwas wie den Wartestein, den Ansatzpunkt für die Umkehrung, von der ich spreche. Das ist nur ein Beispiel, es gibt noch viele andere Dinge, die bei Kant diese Umkehrung anbahnen. Merkwürdig ist, dass man es nicht schon früher gemacht hat.
*
Es ist offensichtlich, dass das, worauf ich beim vorletzten Mal vor Ihnen beiläufig hingewiesen habe, nämlich die Seite, die |{11} Herrn Jespersen, einen Sprachwissenschaftler, so empört hat – was beweist, dass die Sprachwissenschaftler keineswegs mit Unfehlbarkeit ausgestattet sind –, nämlich dass eine Paradoxie darin liege, dass Kant die Negation der Rubrik derjenigen Kategorien zuordnet, die die Qualität bezeichnen, nämlich als zweiten Moment, wenn man so sagen darf, der Kategorien der Qualität, wobei der erste die Realität ist, der zweite die Negation und der dritte die Limitation.
Die Sache, die überrascht und bei der es uns überrascht, dass es diesen Sprachwissenschaftler, also Herrn Jespersen, so sehr überrascht, in dieser umfangreichen Arbeit über die Negation, die er in den Mitteilungen der Dänischen Akademie veröffentlicht hat --; man ist umso mehr überrascht, als dieser lange Artikel über die Negation uns insgesamt zeigen soll, von Anfang bis Ende, dass die Negation, linguistisch gesehen, etwas ist, das sich, wenn ich so sagen darf, nur durch ständiges Überbieten aufrechterhält. Es scheint also gar nicht so einfach zu sein, sie unter die Rubrik der Quantität zu bringen, wo sie schlicht und einfach mit dem verwechselt würde, was sie der Quantität nach ist, das heißt mit der Null. Aber na ja, ich habe Ihnen bereits genügend Hinweise dazu gegeben. Denjenigen, die es interessiert, gebe ich den Beleg; die große Arbeit von Jespersen ist wirklich etwas Bemerkenswertes.
Wenn Sie jedoch das Wörterbuch der lateinischen Etymologie von Ernout und Meillet aufschlagen und sich einfach |{12} den Artikel „ne“ anschauen, wird Ihnen die historische Komplexität des Problems der Funktionsweise der Negation klarwerden, nämlich die tiefgehende Mehrdeutigkeit, die bewirkt, dass die Negation – nachdem sie zu Anfang die Funktion der Diskordanz gewesen ist, auf der ich bestanden habe, wie zugleich auf ihrer Ursprünglichkeit –, dass die Negation sich immer auf etwas stützen muss, das eben von der Natur des Einen ist, so wie es wir hier näher zu erfassen versuchen, dass die Negation also, linguistisch gesehen, keine Null ist, niemals, sondern ein nicht ein. Derart, dass, nimmt man zum Beispiel nur das lateinische non [nicht] – um zu veranschaulichen, was Sie in diesem Werk finden können, das bei der Dänischen Akademie während des Ersten Weltkriegs erschien und deshalb sehr schwer zu finden ist –, dass beispielsweise das lateinische non, das aussieht, als sei es die einfachste Negationsform der Welt, selbst bereits ein ne-oinom ist, mit oinom in Form von unum [eines]. Das ist bereits ein nicht ein, und nach einiger Zeit vergisst man, dass es ein nicht ein ist und setzt noch ein weiteres ein dahinter. Und die gesamte Geschichte der Negation ist die Geschichte dieser Aufzehrung durch etwas, das wo ist? Das ist genau das, was wir zu festzumachen versuchen: die Funktion des Subjekts als solches.
Und aus diesem Grunde sind die Bemerkungen von Pichon sehr interessant, die uns zeigen, dass man im Französischen sieht, wie die beiden Elemente der Negation derart gut zusammenspielen, also die Beziehung |{13} des ne zum pas, dass man sagen kann, dass das Französische tatsächlich das Privileg hat – übrigens keineswegs als einzige unter den Sprachen –, zu zeigen, dass es im Französischen keine wirkliche Negation gibt
Merkwürdig ist übrigens, dass er nicht sieht, dass die Dinge, wenn sie so sind, über das Feld der französischen Domäne ein wenig hinausgehen müssen, um es einmal so auszudrücken. Es ist ja bei allen möglichen Formen sehr einfach zu sehen, dass es damit notwendigerweise überall dasselbe ist, angesichts dessen, dass die Funktion des Subjekts nicht bis an die Wurzel von der Verschiedenheit der Sprachen abhängt. Es ist sehr einfach zu sehen, dass das not, in einem bestimmten Moment der Entwicklung der englischen Sprache, so etwas wie naught ist.
*
Lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen, um Sie zu versichern, dass wir unser Ziel nicht aus den Augen verlieren. Beginnen wir noch einmal im letzten Jahr, bei Sokrates, Alkibiades und der ganzen Truppe, die damals, so hoffe ich, für Ihre Unterhaltung gesorgt hat.
Es geht darum, die logische Umkehrung in Bezug auf die Funktion des Einen mit etwas zu verbinden, womit wir uns seit langem beschäftigen, nämlich mit dem Begehren.
Da es möglich ist, dass die Dinge für Sie, seit der Zeit, in der ich nicht zu Ihnen darüber gesprochen habe, etwas unscharf geworden sind, möchte ich sie ein klein wenig in Erinnerung bringen, wofür in diesem Jahr in diesem Vortrag genau der richtige Zeitpunkt |{14} gekommen ist, bezogen auf Folgendes. Sie erinnern sich – das ist eine Diskurstatsache –, dass ich Ende des letzten Studienjahres auf diesem Wege die Frage der Identifizierung eingeführt habe, als ich nämlich ansprach, was sich für uns hinsichtlich der narzisstischen Beziehung als Konsequenz der von Freud eingebrachten Äquivalenz von narzisstischer Libido und Objektlibido ergeben muss. Sie wissen, wie ich es damals symbolisiert habe: ein kleines intuitive Schema (schéma), ich meine etwas, das eine Vorstellung liefert; nicht etwa ein Schema (schème) im Sinne von Kant.
Kant ist eine sehr gute Referenz. Auf Französisch ist das grau. Die Herren Tremesaygues und Pacaud haben ja das Kunststück vollbracht, die Lektüre der Kritik der reinen Vernunft – bei der es keineswegs undenkbar ist zu sagen, dass man sie unter einem bestimmten Blickwinkel wie ein erotisches Buch lesen kann – in etwas absolut Eintöniges und Verstaubtes zu verwandeln. Vielleicht wird es Ihnen ja durch meine Kommentare gelingen, ihr auch im Französischen diese Art von Pfeffer wieder zurückzugeben, den sie, wie man ohne Übertreibung sagen kann, enthält. Jedenfalls hatte ich mir immer einreden lassen, dass es auf Deutsch schlecht geschrieben sei, zumal die Deutschen, von einigen abgesehen, den Ruf haben, schlecht zu schreiben. Das stimmt nicht, die Kritik der reinen Vernunft ist genauso gut geschrieben wie die Bücher von Freud, und das will etwas heißen.
{15} Das Schema ist das folgende:
Abbildung 1
Es ging um das, worüber Freud auf der Ebene der Einführung in den Narzissmus spricht, nämlich dass wir den anderen mit eben der feuchten Substanz lieben, deren Behälter wir sind und die Libido genannt wird, und dass sie, insofern sie hier ist [in 1], dort sein kann [in 2], das heißt das Gegenüber als Objekt umgebend, überschwemmend, nass machend.
Der Bezug der Liebe auf das Feuchte stammt nicht von mir, er steht im Gastmahl, das wir im letzten Jahr kommentiert haben.
Die Moral dieser Liebesmetaphysik – denn darum geht es, um das grundlegende Element der Liebesbedingung* –, die Moral ist: In gewissem Sinne liebe ich – das, was man lieben nennt, was wir hier lieben nennen, wobei es auch darum geht, welchen Rest es jenseits der Liebe gibt, das also, was man in gewisser Weise lieben nennt –, in gewissem Sinne liebe ich nur meinen Körper, selbst wenn ich diese Liebe auf den Körper des anderen übertrage.
Natürlich bleibt eine gute Dosis davon immer auf meinem zurück. Bis zu einem gewissen Punkt ist das sogar unabdingbar, und sei es im Extremfall auch nur auf der Ebene dessen, was nun einmal autoerotisch funktionieren muss, nämlich mein Penis, |{16} um zum Zwecke der Vereinfachung den androzentrischen Standpunkt einzunehmen. Diese Vereinfachung ist, wie Sie sehen werden, unproblematisch, denn es ist nicht das, was uns interessiert. Was uns interessiert, ist der Phallus.
Abbildung 2
Also, ich haben Ihnen implizit vorgeschlagen – wenn nicht sogar explizit, in dem Sinne, dass es jetzt noch expliziter ist als im vorigen Jahr –, ich habe Ihnen vorgeschlagen, <das Begehren> im Verhältnis zu dem zu definieren, was ich im anderen liebe, in demjenigen, der dieser hydraulischen Bedingung der Äquivalenz der Libido unterworfen ist, nämlich dass sie, wenn sie auf einer Seite zunimmt, auch auf der anderen zunimmt: Was ich begehre (und was sich von dem unterscheidet, was ich empfinde), ist (in Form des reinen Reflexes dessen, was von mir in jedem Falle besetzt bleibt) genau das, was dem Körper des anderen fehlt, insofern er durch diese Durchtränkung mit der Liebesfeuchtigkeit konstituiert wird.
Unter dem Gesichtspunkt des Begehrens, auf der Ebene des Begehrens, hat dieser gesamte Körper des anderen, zumindest wenn ich ihn auch nur ein bisschen liebe, einen Wert genau nur durch das, was ihm fehlt. Und genau aus diesem Grunde wollte ich sagen, dass Heterosexualität möglich ist.
Dass wir uns recht verstehen: Wenn es stimmt, wie die Analyse uns lehrt, dass das, was einigen Furcht einflößt, die Tatsache ist, dass, unter dem Penis-Aspekt, die Frau effektiv kastriert ist, wenn das, was wir darüber sagen, |{17} nicht unsinnig ist --; und es ist keineswegs unsinnig, es ist vielmehr offensichtlich, beim Neurotiker begegnen wir dem auf Schritt und Tritt, darauf bestehe ich, ich sage, dass wir es genau da entdeckt haben. Ich will sagen, dass wir uns dessen sicher sind, und zwar deshalb, weil sich hier die Mechanismen mit einer solchen Raffinesse abspielen, dass es keine andere mögliche Hypothese gibt, um zu erklären, wie der Neurotiker sein Begehren, ob hysterisch oder zwanghaft, etabliert und konstituiert. Was uns in diesem Jahr dazu bringen wird, den Sinn des Begehrens des Hysterischen wie des Begehrens im Falle des Zwangs für Sie vollständig zu artikulieren und das sehr schnell, denn ich möchte sagen, dass dies in gewissem Maße dringend ist.
Wenn dies bei einigen so ist, auch bei anderen als beim Neurotiker, so ist es beim Homosexuellen noch bewusster als beim Neurotiker. Der Homosexuelle sagt Ihnen selbst, dass die Konfrontation mit dieser schwanzlosen Schamzone nun doch eine sehr schmerzliche Wirkung auf ihn hat. Genau deshalb können wir uns nicht allzu sehr darauf verlassen, und im Übrigen haben wir Recht. Deshalb nehme ich als meinen Bezugspunkt den Neurotiker.
Abgesehen davon bleibt festzuhalten, dass es durchaus nicht wenige Leute gibt, denen das keine Furcht einflößt. Und dass es folglich nicht verrückt ist --. Sagen wir einfach, ich bin nun einmal gezwungen, die Sache so anzugehen, da es schließlich noch niemand so gesagt hat; wenn ich es Ihnen zwei- oder dreimal gesagt haben werde, wird es Ihnen am Ende, denke ich, als ganz offensichtlich |{18} erscheinen. Es ist nicht verrückt zu denken, dass das, was bei den Wesen, die eine normale, ich meine eine befriedigende Begehrensbeziehung zum Partner des entgegengesetzten Geschlechts haben können --; dass ihm das nicht nur keine Furcht einflößt, sondern das ist genau das, was interessant ist, das heißt, dass nicht etwa deshalb, weil der Penis nicht da ist, der Phallus nicht da ist. Ich möchte sogar sagen: im Gegenteil.
Abbildung 3
Dadurch ist es möglich, an einer Reihe von Kreuzungspunkten insbesondere dies wiederzufinden, dass das, was das Begehren sucht, im anderen weniger das Begehrenswerte ist als das Begehrende, das heißt das, was ihm fehlt. Und auch hier bitte ich Sie, sich daran zu erinnern, dass dies die erste Aporie ist, das erste ABC der Frage, wie sie artikuliert zu werden beginnt, wenn Sie das berühmte Gastmahl öffnen, das die Jahrhunderte nur durchquert zu haben scheint, damit man um es herum Theologie betreibt. Ich versuche, etwas anderes daraus zu machen, nämlich Ihnen deutlich zu machen, dass in jeder Zeile tatsächlich über das gesprochen wird, worum es geht, über den Eros.
Ich begehre den anderen als begehrend. Und wenn ich sage als begehrend, habe ich keineswegs gesagt, habe ich ausdrücklich nicht gesagt: „als mich begehrend“. Denn ich bin es, der begehrt, und wenn ich das Begehren begehre, kann dieses Begehren (das Begehren des anderen), natürlich nur dann ein Begehren nach mir sein, wenn ich mich an diesem Wendepunkt dort wiederfinde, wo ich natürlich bin, das heißt, wenn ich mich im anderen liebe, anders gesagt, wenn |{19} ich es bin, den ich liebe. Aber dann gebe ich das Begehren auf.
Was ich gerade hervorhebe, ist die Schranke, die Grenze, die das Begehren von der Liebe trennt. Was natürlich nicht heißt, dass sie sich nicht auf alle möglichen Weisen beeinflussen. Das ist hier ja sogar das ganze Drama, wie, so denke ich, die erste Bemerkung lauten sollte, die Sie zu sich selbst über Ihre Erfahrung als Analytiker machen sollten, wobei es natürlich so ist – wie bei vielen anderen Themen auf dieser Ebene des menschlichen Daseins –, dass der gemeine Mann oftmals dem näher ist, was ich hierbei den Knochen nennen möchte.
Was zu begehren ist, ist offensichtlich immer das, was fehlt, und eben deshalb heißt im Französischen [!] das Begehren desiderium, das heißt: Bedauern.
*
Und auch dies knüpft an das an, was ich im letzten Jahr als den zentralen Punkt hervorgehoben habe, auf den die Ethik der Leidenschaft seit jeher abzielt, darauf nämlich, diese, ich sage nicht diese Synthese, sondern diese Verbindung herzustellen, bei der es fraglich ist, ob sie nicht strukturell gerade unmöglich ist, ob sie nicht ein idealer Punkt bleibt, außerhalb der Grenzen des Entwurfs, den ich die Metapher der wahren Liebe genannt habe, nämlich diese berühmte Gleichung, mit dem ἐραστής [erastes] über dem ἐρώμενος [erōmenos],
wobei sich an diesem Punkt der ἐραστής --, wobei sich an diesem Punkt der Begehrende an die Stelle des Begehrten |{20} setzt und er durch diese Metapher gleichbedeutend wird mit der Vollkommenheit des Liebenden, wie im Gastmahl ebenfalls artikuliert wird, also diese Umkehrung der gesamten Beschaffenheit dessen, was man das natürlich Liebenswerte nennen könnte, das Herausreißen aus der Liebe, wodurch all das, was man selbst an Begehrenswertem sein kann, aus der Reichweite der minniglichen Zuwendung herausgebracht wird, wenn ich so sagen darf. Dieses noli me amare [lat., „liebe mich nicht“],welches das wahre Geheimnis, das wahre letzte Wort der idealen Leidenschaft der höfischen Liebe ist, ein Ausdruck, den ich nicht ohne Grund – so wenig aktuell, ich meine, so vollkommen verworren er geworden ist – in den Hintergrund dessen gerückt habe, was ich im letzten Jahr artikuliert habe, und es vielmehr vorzog, ihn, als aktueller und exemplarischer, durch die keineswegs ideale, sondern vollkommen zugängliche Ordnung derjenigen Erfahrung zu ersetzen, die, unter dem Namen der Übertragung, unsere eigene ist, und die ich Ihnen veranschaulicht habe, bei der ich Ihnen gezeigt habe, dass sie im Gastmahl längst veranschaulicht wurde, in der völlig paradoxen Form der im strengen Sinne des Wortes analytischen Deutung durch Sokrates nach der langen, wahnsinnig exhibitionistischen Erklärung, also der volles Rohr auf die Rede des Alkibiades angewandten analytischen Regel.
Sicherlich können Sie sich noch an die Ironie erinnern, die implizit darin enthalten ist und die im Text keineswegs versteckt ist, dass nämlich derjenige, den Sokrates in diesem Augenblick begehrt, um der Schönheit der Beweisführung willen Agathon ist, |{21} anders gesagt der Stussograph, der reine Geist, derjenige, der auf eine Weise über die Liebe spricht! – wie man sicherlich darüber sprechen muss, indem er sie mit dem Frieden auf den Wellen vergleicht!, in einem offensichtlich komischen Ton, allerdings ohne Absicht und ohne es überhaupt zu bemerken.
Mit anderen Worten, was will Sokrates damit sagen? Warum sollte Sokrates denn nicht Agathon lieben, wenn Dummheit eben das ist, was Sokrates fehlt, so wie Monsieur Teste: „Dummheit ist nicht meine starke Seite.“ – ? Das ist eine Lehre, denn es bedeutet, und dies wird dann buchstäblich zu Alkibiades gesagt: „Mein schöner Freud, schwätz nur weiter, denn es ist dieser da, den du liebst, auch du! Sie ist für Agathon, diese lange Rede! Der Unterschied ist nur der, dass du deinerseits nicht weißt, worum es geht. Deine Stärke, deine Herrschaft, dein Reichtum führen dich in die Irre.“
Und in der Tat wissen wir über das Leben von Alkibiades genug um zu wissen, dass es ihm an nur wenigem von dem gefehlt hat, was man äußerstenfalls haben kann. Auf seine eigene Art, ganz verschieden von Sokrates, war auch er nirgendwo zu Hause und wurde übrigens dort, wo er hinkam, mit offenen Armen empfangen, da die Leute über einen solchen Erwerb immer nur allzu glücklich waren. Eine gewisse ἀτοπία [atopia, „Ortlosigkeit“] war sein Los. Allerdings war er etwas zu sperrig. Als er nach Sparta kam, war er zum Beispiel der Meinung, er habe dem König von Sparta dadurch eine große Ehre erwiesen – die Sache wird klar und deutlich bei Plutarch berichtet –, dass er dessen Frau ein Kind machte (dies, um |{22} Ihnen einen Eindruck von seinem Stil zu geben), das war das Mindeste, was er tun konnte! Manche sind wirklich hart; um ihn zu erledigen, musste er mit Feuer eingekreist und mit Pfeilen niedergestreckt werden.
Für Sokrates ist das jedoch nicht das Wichtige. Das Wichtige ist zu sagen: „Alkibiades, kümmere dich ein wenig um deine Seele“, was – glauben Sie mir, ich bin fest davon überzeugt – bei Sokrates keineswegs dieselbe Bedeutung hat wie die, die es nach der Plotin’schen Ausarbeitung des Begriffs des Einen angenommen hat.
Wenn Sokrates ihm antwortet: „Ich weiß nichts, außer vielleicht, was es mit der Natur des Eros auf sich hat“, dann deshalb, weil die herausragende Funktion des Sokrates darin besteht, als erster die wahre Natur des Begehrens erkannt zu haben.
Und das ist genau der Grund, weshalb, ausgehend von dieser Enthüllung bis hin zu Freud, das Begehren als solches in seiner Funktion, das Begehren als Wesen des Menschen, wie Spinoza sagt – und jeder weiß, was das bedeutet, bei Spinoza ist der Mensch das Subjekt, das ist das Wesen des Subjekts –, weshalb das Begehren in der Geschichte der Erkenntnis während einer solch beeindruckenden Anzahl von Jahrhunderten zur Hälfte, zu drei Vierteln, zu vier Fünfteln verdunkelt geblieben ist.
Das Subjekt, um das es geht, das Subjekt, dem wir auf der Spur sind, ist das Subjekt des Begehrens und nicht das Subjekt der Liebe, aus dem einfachen Grund, dass man nicht Subjekt der Liebe ist. Gewöhnlicherweise, normalerweise ist man ihr Opfer, das ist etwas ganz anderes. |{23} Mit anderen Worten: Liebe ist eine Naturgewalt. Das rechtfertigt das, was Freuds biologisierende Sichtweise genannt wird. Liebe ist eine Realität. Das ist übrigens auch der Grund dafür, dass ich Ihnen sage: „Die Götter sind real.“ Liebe, das ist Aphrodite, die zuschlägt, in der Antike wusste man das sehr gut, das erstaunte niemanden.
Sie werden mir wohl ein sehr schönes Wortspiel gestatten. Es war einer meiner göttlichsten Zwangsneurotiker, in seiner Analyse sehr weit vorangeschritten, der es mir vor ein paar Tagen gemacht hat: „L’affreux doute de l’Hermaphrodite“ („Der schreckliche Zweifel des Hermaphroditen“). Ich meine, ich kann an nichts anderes mehr denken, da nun offensichtlich Dinge geschehen sind, die uns von l’Aphrodite zu l’affreux doute haben gleiten lassen.
Ich meine, zu Gunsten des Christentums gibt es Vieles zu sagen, ich kann nicht genug betonen, wie sehr ich es unterstütze, und ganz besonders in Bezug auf die Herauslösung des Begehrens als solchen. Ich möchte das Sujet nicht zu sehr deflorieren, aber ich bin fest entschlossen, Ihnen in allen Farben zu schildern, dass die arme Liebe, um dieses höchstlöbliche Ziel zu erreichen, immerhin in die Position gebracht wurde, zu einem Gebot zu werden, womit sie jedoch den Auftakt zur Erforschung des Begehrens teuer zu bezahlen hatte. Wir jedoch, wir Analytiker, sollten in der Lage sein, die Frage nach dem Sujet |{24} ein wenig zusammenzufassen; was wir über die Liebe tatsächlich vorgebracht haben, ist dies, dass sie die Quelle allen Übels ist. Die Mutterliebe und so weiter. Das bringt Sie zum Lachen? Noch die einfachste Fallstudie zeigt Ihnen, dass die Liebe der/zur Mutter die Ursache von allem ist. Ich behaupte nicht, dass wir immer Recht haben, aber auf diesem Weg drehen wir täglich unsere Runden, das ergibt sich aus unserer alltäglichen Erfahrung.
Damit ist also klar, wenn wir untersuchen, was in der Analyse das Subjekt ist – das heißt, womit es, wenn auch auf alternierende Weise, identifiziert werden sollte –, dass es sich nur um das Subjekt des Begehrens handeln kann.
Damit verabschiede ich mich für heute, nicht ohne Sie darauf hinzuweisen, dass wir – obwohl wir natürlich in der Position sind, es weitaus besser zu machen als es von dem Denker gemacht wurde, den ich gleich nennen werde –, dass wir nicht ganz und gar im Niemandsland sind. Ich meine, dass es gleich nach Kant jemanden gibt, der das erfasst hat, der Hegel heißt und dessen gesamte Phänomenologie des Geistes von diesem Punkt ausgeht: von der Begierde*. Er hatte absolut nur einen Fehler, nämlich – obwohl man <bei ihm> den Ort dafür angeben kann –, dass er keinerlei Kenntnis vom Spiegelstadium hatte. Daher diese irreduzible Verwirrung, die alles unter den Blickwinkel der Herr-Knecht-Beziehung bringt und die diesen Ansatz unbrauchbar macht, sodass man |{25} von da aus mit allem wieder anfangen muss.
Was uns angeht, so wollen wir hoffen, dass wir, begünstigt durch das Genie unseres Meisters, die Frage nach dem Subjekt des Begehrens auf eine befriedigendere Weise werden klären können.
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Französisch/deutsch
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{1} Je vous ai laissés la dernière fois sur l’appréhension d’un paradoxe concernant les modes d’apparition de l’objet.
Beim letzten Mal habe ich Sie mit dem Erfassen einer Paradoxie zurückgelassen, die sich auf die Erscheinungsweisen des Objekts bezieht.1
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Cette thématique, partant de l’objet en tant que métonymique, s’interrogeait sur ce que nous faisions quand, cet objet métonymique, nous le faisions apparaître en facteur commun de cette ligne dite du signifiant, dont je désignais la place par celle du numérateur dans la grande fraction saussurienne, signifiant sur signifié:
Bei diesem Thema ging es um die Frage – ausgehend vom Objekt, insofern es metonymischen Charakter hat –, was wir tun, wenn wir dieses metonymische Objekt als gemeinsamen Faktor der Linie erscheinen lassen, die als die des Signifikanten bezeichnet wird, deren Platz ich mit dem des Zählers im großen Saussure’schen Bruch bezeichnete habe, Signifikant über Signifikat2:
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C’est ce que nous faisions quand nous le faisions apparaître comme signifiant, quand nous désignions cet objet comme l’objet de la pulsion orale, par exemple.
Das haben wir getan, als wir es als Signifikant erscheinen ließen, etwa als wir dieses Objekt als Objekt des Oraltriebs bezeichneten.
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Comme ce type nouveau désignait le genre de l’objet, pour vous le faire saisir je vous ai montré ce qu’il y a de nouveau, d’apporté à la logique par le mode dans lequel est employé le signifiant, en mathématiques, dans la théorie des ensembles, mode qui est justement impensable si nous n’y mettons pas au premier plan, comme constitutif, le fameux paradoxe dit paradoxe de Russell… pour vous faire toucher du doigt ce dont je suis parti, à savoir : en tant que tel le signifiant, non seulement n’est pas soumis à la loi dite de |{2} contradiction, mais même en est à proprement parler le support, à savoir que A est utilisable en tant que signifiant pour autant que A n’est pas A.
Da dieser neue Typus die Gattung des Objekts bezeichnete, habe ich Ihnen, um es Ihnen begreiflich zu machen, gezeigt, was in die Mathematik, in die Mengenlehre, in die Logik durch die Art der Verwendung des Signifikanten an Neuem eingebracht wird, eine Verwendungsweise, die nun einmal nicht denkbar ist, wenn wir nicht, als konstitutiv, die berühmte Russell’sche Paradoxie in den Vordergrund stellen, um für Sie spürbar zu machen, wovon ich ausgegangen bin, dass nämlich der Signifikant als solcher nicht nur nicht dem sogenannten Gesetz des Widerspruchs unterliegt, sondern er genau gesagt sogar dessen Träger ist, das heißt, A ist insofern als Signifikant verwendbar, als gilt: A ist nicht A.3
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D’où il résultait que l’objet de la pulsion orale en tant que nous le considérons comme le sein primordial, à propos de cette mamme générique de l’objectalisation psychanalytique, la question pouvait se poser : le sein réel, dans ces conditions, est-il mammaire ?
Daraus ergab sich, dass das Objekt des Oraltriebs, wenn wir es als die grundlegende Brust auffassen, dass sich zu dieser generischen Mamma der psychoanalytischen Objektbildung die folgende Frage stellen konnte: Hat, unter diesen Voraussetzungen, die reale Brust „mammalen“ Charakter?
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Je vous disais : non, comme il est bien évident, puisque dans toute la mesure où le sein se trouve, dans l’érotique oral, érotisé, c’est pour autant qu’il est tout autre chose qu’un sein, comme vous ne l’ignorez pas…
Nein, habe ich Ihnen gesagt, wie ganz offensichtlich ist, denn wenn in der Oralerotik die Brust so sehr erotisiert wird, dann weil sie etwas ganz anderes ist als eine Brust, wie Ihnen ja nicht unbekannt ist.
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Et quelqu’un après la leçon est venu, s’approchant de moi, me dire : « Dans ces conditions, le phallus est-il phallique ? ».
Und nach der letzten Sitzung trat jemand an mich heran und sagte: „Ist, unter diesen Voraussetzungen, der Phallus phallisch?“
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Bien sûr, que non pas !
Natürlich nicht!
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Ou plus exactement, ce qu’il faut dire : c’est pour autant que c’est le signifiant phallus qui vient en facteur révélateur du sens de la fonction signifiante à un certain stade, c’est pour autant que le phallus vient à la même place, sur la fonction symbolique où était le sein, c’est pour autant que le sujet se constitue comme phallique, que le pénis, lui, qui est à l’intérieur de la parenthèse de l’ensemble des objets parvenus pour le sujet au stade phallique, que le pénis, peut–on dire, non seulement n’est pas plus phallique que le sein n’est mammaire, [mais] que les choses beaucoup plus gravement à ce niveau se posent, |{3} c’est à savoir que le pénis, partie du corps réelle, tombe sous le coup de cette menace qui s’appelle la castration.
Oder genauer muss man Folgendes sagen: Insofern, in einem bestimmten Stadium, der Phallus-Signifikant als Faktor für die Enthüllung des Sinns der Signifikantenfunktion auftritt, insofern der Phallus, bezogen auf die symbolische Funktion, an eben den Platz gelangt, an dem die Brust war; insofern das Subjekt sich als phallisch konstituiert, ist der Penis – der im Inneren der Klammer der Menge der Objekte ist, die für das Subjekt das phallische Stadium erreicht haben –, ist der Penis, so kann man sagen, genauso wenig phallisch wie die Brust „mammalisch“ ist; allerdings geht es auf dieser Ebene um Dinge, die weitaus gravierender sind, darum nämlich, dass der Penis, Teil des realen Körpers, jener Drohung ausgesetzt ist, die Kastration genannt wird.4
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C’est en raison de la fonction signifiante du phallus comme telle que le pénis réel tombe sous le coup de ce qui a d’abord été appréhendé dans l’expérience analytique comme menace, à savoir la menace de la castration.
Aufgrund der Signifikantenfunktion des Phallus als solcher ist der reale Penis dem ausgesetzt, was zuerst in der analytischen Erfahrung als Drohung erfasst wurde, nämlich der Kastrationsdrohung.
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Voici donc le chemin sur lequel je vous mène, je vous en montre ici le but et la visée.
Dies also ist der Weg, auf dem ich Sie führe, ich zeige Ihnen hier seinen Zweck und sein Ziel.
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Il s’agit maintenant de le parcourir pas à pas, autrement dit de rejoindre ce que depuis notre départ de cette année je prépare et aborde peu à peu, à savoir la fonction privilégiée du phallus dans l’identification du sujet.
Nun gilt es, ihn Schritt für Schritt zu gehen, anders gesagt, auf das zurückzukommen, was ich seit unserem diesjährigen Beginn vorbereite und nach und nach angehe, nämlich die besondere Funktion des Phallus bei der Identifizierung des Subjekts.
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Entendons bien qu’en tout ceci, c’est à savoir en ceci que cette année nous parlons d’identification, c’est à savoir en ceci qu’à partir d’un certain moment de l’œuvre freudienne, la question de l’identification vient au premier plan, vient à dominer, vient à remanier toute la théorie freudienne, c’est pour autant – on rougit presque d’avoir à le dire – qu’à partir d’un certain moment, pour nous après Freud, pour Freud avant nous, la question du sujet se pose comme telle, à savoir qu’est-ce qui. Qu’est-ce qui est là ? Qu’est-ce qui fonctionne ? Qu’est-ce qui parle ?, Qu’est-ce qui bien d’autres choses encore, et c’est pour autant qu’il fallait tout de même bien s’y attendre.
Um es klar zu sagen, bei all dem, das heißt weshalb wir in diesem Jahr über Identifizierung sprechen, das heißt weshalb im Freud’schen Werk von einem bestimmten Moment an die Frage der Identifizierung in den Vordergrund tritt und die gesamte Freud’sche Theorie zu dominieren und umzuarbeiten beginnt, bei all dem geht es darum, man wird fast rot, es sagen zu müssen, dass sich von einem bestimmten Moment an – für uns nach Freud, für Freud vor uns – die Frage nach dem Subjekt als solche stellt, nämlich: Wer? Wer ist da? Wer funktioniert? Wer spricht? Wer… noch vieles andere, und aus diesem Grunde war dies durchaus zu erwarten.5
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Dans une |{4} technique qui est une technique, grossièrement, de communication, d’adresse de l’un à l’autre et pour tout dire de rapport, il fallait tout de même bien savoir qui est-ce qui parle, et à qui ?
Bei einer Technik, die grob gesagt eine Technik der Kommunikation ist, der Wendung des einen an den anderen und, kurz gesagt, der Beziehung, musste man doch wohl wissen, wer es ist, der da spricht, und mit wem.
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C’est bien pour cela que cette année nous faisons de la logique.
Und dies ist auch der Grund, aus dem wir in diesem Jahr Logik betreiben.6
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Je n’y peux rien : il ne s’agit pas de savoir si ça me plaît ou si ça me déplaît.
Ich kann nichts dafür, es geht nicht darum, ob es mir gefällt oder ob es mir missfällt.
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Ça ne me déplaît pas.
Es missfällt mir nicht.
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Ça peut ne pas plaire à d’autres, mais ce qui est certain c’est que c’est inévitable.
Anderen mag es missfallen, aber eines ist sicher: es ist unvermeidlich.
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Il s’agit de savoir dans quelle logique ceci nous entraîne.
Die Frage ist, zu welcher Logik uns das führt.
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Vous avez bien pu voir que déjà je vous ai montré – je m’efforce d’être aussi court-circuitant que possible, je vous assure que je ne fais pas l’école buissonnière – où nous nous situons par rapport à la logique formelle, et qu’assurément nous ne sommes pas sans y avoir notre mot à dire.
Sie haben ja sehen können, dass ich Ihnen bereits gezeigt habe – ich bemühe mich, die Sache so stark wie möglich abzukürzen, ich versichere Ihnen, dass ich nicht herumtrödeln werde –, wo wir uns im Verhältnis zur formalen Logik verorten und dass es sicherlich nicht so ist, dass wir dabei nicht ein Wörtchen mitzureden hätten.
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Je vous rappelle le petit cadran que je vous ai construit à toutes fins utiles et sur lequel nous aurons peut-être plus d’une fois l’occasion de revenir, à moins que ceci, en raison du train que nous sommes forcés de mener pour arriver cette année à notre but, ne doive rester encore pendant quelques mois, ou années, une proposition suspendue pour l’ingéniosité de ceux qui se donnent la peine de revenir sur ce que je vous enseigne.
Ich erinnere Sie an die kleine Kreisscheibe, die ich für Sie für verschiedene Zwecke konstruiert habe und auf die zurückzukommen wir vielleicht mehr als einmal Gelegenheit haben werden, obwohl dies vielleicht aufgrund des Tempos, das wir einhalten müssen, um in diesem Jahr unser Ziel zu erreichen, noch für einige Monate oder Jahre ein Vorschlag bleiben muss, der in der Schwebe bleibt – dem Einfallsreichtum derjenigen überlassen, die sich die Mühe machen, auf das, was ich Sie lehre, zurückzukommen.7
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Mais sûrement, il ne s’agit point que de |{5} logique formelle.
Aber sicherlich handelt sich keineswegs nur um formale Logik.
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S’agit-il… et c’est ce qu’on appelle depuis Kant, je veux dire, d’une façon bien constituée depuis Kant, une logique transcendantale, autrement dit la logique du concept ?
Handelt es sich… ist es das, was man seit Kant – ich meine gut herausgearbeitet seit Kant – als transzendentale Logik bezeichnet, anders gesagt, geht es um die Logik des Begriffs?8
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Sûrement pas non plus.
Sicherlich auch das nicht.
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C’est même assez frappant de voir à quel point la notion du concept est absente apparemment du fonctionnement de nos catégories.
Es ist sogar recht auffällig, wie sehr der Terminus des Begriffs im Funktionieren unserer Kategorien offensichtlich abwesend ist.
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Ce que nous faisons – ce n’est pas du tout la peine de nous donner beaucoup de mal pour l’instant pour lui donner un épinglage plus précis –, c’est une logique, dont d’abord certains disent que j’ai essayé de constituer une sorte de logique élastique.
Was wir betreiben – im Augenblick lohnt es sich überhaupt nicht, dass wir uns groß die Mühe machen, dem ein genaueres Etikett zu geben –, ist eine Logik, über die manche zuerst sagen, ich hätte versucht, eine Art elastische Logik zu erarbeiten.
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Mais enfin, cela ne suffit pas à constituer quelque chose de bien rassurant pour l’esprit.
Aber schließlich reicht das nicht aus, um etwas darzustellen, das für den Geist wirklich beruhigend wäre.
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Nous faisons une logique du fonctionnement du signifiant.
Wir erarbeiten eine Logik des Funktionierens des Signifikanten,
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Car sans cette référence constituée comme primaire, fondamentale, du rapport du sujet au signifiant, ce que j’avance est qu’il est à proprement parler impensable même qu’on parvienne à situer où est l’erreur où s’est engagée progressivement toute l’analyse, et qui tient précisément en ceci qu’elle n’a pas fait cette critique de la logique transcendantale, au sens kantien, que les faits nouveaux qu’elle amène imposent strictement.
Denn ohne diesen als primär, als grundlegend konstituierten Bezug auf das Verhältnis des Subjekts zum Signifikanten ist streng gesagt nicht einmal denkbar, so behaupte ich, dass es uns gelingt, den Irrtum zu lokalisieren, in den sich die gesamte Analyse zunehmend verstrickt hat und der eben darin besteht, dass sie nicht die Kritik der transzendentalen Logik, im kantischen Sinne, durchgeführt hat, eine Kritik, die aufgrund der neuen Tatsachen, die sie mit sich bringt, unbedingt erforderlich ist.
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Ceci – je vais vous en faire la confidence, qui n’a pas en elle-même une importance historique, mais que je crois pouvoir tout de même vous communiquer |{6} à titre de stimulation –, ceci m’a amené – pendant le temps, court ou long, pendant lequel j’ai été séparé de vous et de nos rencontres hebdomadaires – m’a amené à remettre le nez, non point comme je l’avais fait il y a deux ans, dans la Critique de la Raison pratique mais dans la Critique de la Raison pure.
Dies – ich will Ihnen etwas anvertrauen, das an sich keinerlei historische Bedeutung hat, das ich aber glaube, Ihnen dennoch als Anregung mitteilen zu können –, dies hat mich dazu gebracht, während der kurzen oder langen Zeit, in der ich von Ihnen und unseren wöchentlichen Begegnungen getrennt war, meine Nase wieder einmal, nicht, wie ich es vor zwei Jahren getan hatte, in die Kritik der praktischen Vernunft, sondern in die Kritik der reinen Vernunft zu stecken.9
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Le hasard ayant fait que je n’avais apporté par oubli que mon exemplaire en allemand, je n’ai pas fait la relecture complète, mais seulement celle du chapitre dit de l’Introduction à l’analytique transcendantale.
Da es durch Zufall dazu kam, dass ich versehentlich nur mein deutsches Exemplar mitgenommen hatte, habe ich sie nicht vollständig wiedergelesen, sondern nur das Kapitel zur „Einführung in die transzendentale Analytik“.10
Et quoique déplorant que les quelques dix ans, depuis lesquels je m’adresse à vous, n’aient pas eu, je crois, beaucoup d’effet quant à la propagation parmi vous de l’étude de l’allemand… ce qui ne manque pas de me laisser toujours étonné, ce qui est un de ces petits faits qui me font quelquefois me faire à moi-même refléter ma propre image comme celle de ce personnage d’un film surréaliste bien connu qui s’appelle le Chien andalou, image qui est celle d’un homme qui, à l’aide de deux cordes, hale derrière lui un piano sur lequel reposent – sans allusion – deux ânes morts …à ceci près, que ceux tout au moins qui savent déjà l’allemand n’hésitent pas à rouvrir le chapitre que je leur désigne de la Critique de la Raison pure : cela les aidera sûrement à bien centrer l’espèce de renversement que j’essaie d’articuler pour vous cette année.
Und obgleich ich bedaure, dass die etwa zehn Jahre, seit denen ich mich an Sie wende, hinsichtlich der Verbreitung des Deutschlernens unter Ihnen, nehme ich an, keine große Wirkung gehabt haben – was mich immer wieder in Erstaunen versetzt, was eines jener kleinen Dinge ist, die mich bisweilen dazu bringen, mir mein eigenes Bild als das einer Figur aus einem bekannten surrealistischen Film vor Augen zu führen, mit dem Titel Ein andalusischer Hund, das Bild eines Mannes, der mithilfe von zwei Seilen einen Flügel hinter sich herschleppt, auf dem, das soll jetzt keine Anspielung sein, zwei tote Esel liegen –, abgesehen davon sollten zumindest diejenigen, die bereits Deutsch können, nicht zögern, das von mir genannte Kapitel der Kritik der reinen Vernunft wieder aufzuschlagen, es wird ihnen sicherlich helfen, die Art der Umkehrung, die ich in diesem Jahr für Sie zu artikulieren versuche, richtig einzuordnen.11
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Mais en un certain sens – ce n’est pas une clé universelle mais une indication –, |{7} je crois pouvoir très simplement vous rappeler que l’essence tient en la façon radicalement autre, excentrée, dont j’essaie de vous faire appréhender une notion qui est celle qui domine toute la structuration des catégories dans Kant.
Aber in gewissem Sinne glaube ich – das ist kein Universalschlüssel, sondern ein Hinweis –, Sie ganz einfach daran erinnern zu können, dass das Wesentliche in der radikal anderen, exzentrischen Weise besteht, in der ich versuche, Ihnen einen Begriff nahezubringen, der bei Kant die gesamte Strukturierung der Kategorien beherrscht.
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Ce en quoi il ne fait que mettre le point purifié, le point achevé, le point final, à ce qui a dominé la pensée philosophique jusqu’à ce qu’en quelque sorte, là, il l’achève à la fonction de l’Einheit qui est le fondement de toute synthèse, de la « synthèse a priori », comme il s’exprime, et qui semble bien en effet s’imposer, depuis le temps de sa progression à partir de la mythologie platonicienne, comme la voie nécessaire : – l’Un, le grand Un qui domine toute la pensée, de Platon à Kant, l’Un qui pour Kant, en tant que fonction synthétique, est le modèle même de ce qui dans toute catégorie a priori apporte avec soi, dit-il, la fonction d’une norme, entendez bien : d’une règle universelle.
Wobei er nichts anderes tut, als hinter das, wovon das philosophische Denken beherrscht wurde, den reinen Punkt zu setzen, den Punkt der Vollendung, bis dahin, dass er es hier in gewisser Weise vollendet, den Schlusspunkt hinter die Funktion der Einheit*, welche Grundlage jeder Synthese ist, der „Synthesis a priori“, wie er sich ausdrückt, und die sich tatsächlich, seit der Zeit, in der sie sich ausgehend von der platonischen Mythologie entwickelt hat, als notwendiger Weg aufzudrängen scheint: das Eine, das große Eine, welches das gesamte Denken von Platon bis Kant beherrscht, das Eine, das für Kant als Synthesefunktion das eigentliche Modell für das ist, was, wie er sagt, in jeder apriorischen Kategorie die Funktion einer Norm mit sich führt, das heißt einer allgemeinen Regel.12
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Eh bien disons, pour ajouter sa pointe sensible à ce que, depuis le début de l’année, pour vous j’articule : s’il est vrai que la fonction de l’un dans l’identification – telle que la structure et la décompose l’analyse de l’expérience freudienne –, est celle, non pas de l’Einheit, mais celle que j’ai essayé de vous faire sentir concrètement depuis le début de l’année comme l’accent original de ce que je vous ai appelé le trait unaire, c’est-à-|{8}dire tout autre chose que le cercle qui rassemble, sur lequel en somme débouche, à un niveau d’intuition imaginaire sommaire, toute la formalisation logique : non le cercle eulérien mais tout autre chose, à savoir, ce que je vous ai appelé un un : ce trait, cette chose insituable, cette aporie pour la pensée, qui consiste en ceci que justement d’autant plus il est épuré, simplifié, réduit à n’importe quoi, avec suffisamment d’abattement de ses appendices, il peut finir par se réduire à ça : |, un un.
Sagen wir also, um dem, was ich seit Beginn dieses Jahres für Sie artikuliere, seine spürbare Zuspitzung hinzuzufügen: Wenn es stimmt, dass die Funktion des Einen in der Identifizierung, wie sie durch die Analyse der Freud’schen Erfahrung strukturiert und aufgeschlüsselt wird, nicht die der Einheit* ist, sondern die Funktion, die ich seit Beginn des Jahres versucht habe, für Sie konkret spürbar zu machen, als das Eigentliche dessen, was ich Ihnen gegenüber den trait unaire genannt habe – den einzigen Zug, den unären Zug –, das heißt etwas ganz anderes als der Kreis, welcher versammelt und auf den, auf der Ebene einer oberflächlichen imaginären Anschauung, die gesamte logische Formalisierung letztlich hinausläuft, nicht der Eulerkreis, sondern etwas ganz anderes, das nämlich, was ich ein Ein genannt habe, dieser trait – dieser Zug oder Strich –, diese unverortbare Sache, diese Aporie für das Denken, die eben darin besteht, dass sie, je mehr sie gereinigt und vereinfacht und, mit hinreichender Auslöschung ihrer Anhängsel, auf irgendetwas reduziert wird, desto mehr schließlich auf dies hier reduziert werden kann: auf |, auf ein Ein.
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Ce qu’il y a d’essentiel, ce qui fait l’originalité de ceci, de l’existence de ce trait unaire et de sa fonction, et de son introduction, par où ?
Das, was es an Wesentlichem gibt, was seine Originalität ausmacht, die Originalität der Existenz dieses unären Zugs und seiner Funktion und seiner Einführung – durch was?
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C’est justement ce que je laisse en suspens, car il n’est pas si clair que ce soit par l’homme, s’il est d’un certain côté possible, probable, en tout cas mis en question par nous que c’est de là que l’homme soit sorti …donc, cet un, son paradoxe c’est justement ceci, c’est que plus il se ressemble, je veux dire, plus tout ce qui est de la diversité des semblances s’en efface, plus il supporte, plus il un-carne dirai-je, si vous me passez ce mot, la différence comme telle.
Eben das lasse ich in der Schwebe, denn es ist keineswegs klar, dass es durch den Menschen dazu kam, wenn es unter gewissem Gesichtspunkt möglich ist und wahrscheinlich ist – jedenfalls wird das von uns als Frage aufgeworfen –, dass daraus der Mensch hervorgegangen ist, also, dieses Ein, seine Paradoxie besteht genau darin: Je mehr es sich ähnelt, ich meine, je mehr all das, was zur Verschiedenheit der Erscheinungsweisen gehört, ausgelöscht wird, umso mehr stützt es, umso mehr ein-karniert es, möchte ich sagen, wenn Sie mir dieses Wort durchgehen lassen, die Differenz als solche.13
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Le renversement de la position autour de l’Un fait que, de l’Einheit kantienne, nous considérons que nous passons à l’Einzigkeit, à l’unicité exprimée comme telle.
Wir nehmen an, dass wir mit der Umkehrung der Position in Bezug auf das Eine von der kantischen Einheit* zur Einzigkeit* übergehen, zu der als solcher ausgedrückten unicité.
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Si c’est par là, si je puis dire, que j’essaie – pour emprunter une |{9} expression à un titre, j’espère célèbre pour vous, d’une improvisation littéraire de Picasso –, si c’est par là que j’ai choisi cette année d’essayer de faire ce que j’espère vous amener à faire, à savoir d’attraper le désir par la queue, si c’est par là, c’est-à-dire non pas par la première forme d’identification définie par Freud, qui n’est pas facile à manier, celle de l’Einverleibung, celle de la consommation de l’ennemi, de l’adversaire, du père, si je suis parti de la seconde forme de l’identification, à savoir de cette fonction du trait unaire, c’est évidemment dans ce but.
Wenn ich sozusagen auf diesem Weg versuche – um einen Ausdruck einem hoffentlich für Sie berühmten Titel zu entlehnen, einer literarischen Improvisation von Picasso –, wenn dies der Weg ist, den ich in diesem Jahr gewählt habe, um zu versuchen, das zu tun, was Sie, wie ich hoffe, dazu bringen wird, es auch zu tun, nämlich das Begehren beim Schwanz zu packen, wenn dies der Weg ist, das heißt nicht derjenige der ersten von Freud definierte Form der Identifizierung – die nicht leicht zu handhaben ist, die der Einverleibung*, des Verzehrs des Feindes, des Gegners, des Vaters –, wenn ich von der zweiten Form der Identifizierung ausgegangen bin, also von der Funktion des einzigen Zugs, dann natürlich mit diesem Ziel.14
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Mais vous voyez où est le renversement, c’est que si cette fonction… je crois que c’est le meilleur terme que nous ayons à prendre, parce que c’est le plus abstrait, c’est le plus souple, c’est le plus à proprement parler signifiant : c’est simplement un grand F …si la fonction que nous donnons à l’un n’est plus celle de l’Einheit mais de l’Einzigkeit, c’est que nous sommes passés – ce qu’il conviendrait quand même que nous n’oublions pas, qui est la nouveauté de l’analyse – des vertus de la norme aux vertus de l’exception.
Sie sehen jedoch, wo die Umkehrung ist, sie besteht darin, dass, wenn diese Funktion – ich glaube, das ist der beste Ausdruck, den wir nehmen sollten, da er besonders abstrakt ist, besonders biegsam und besonders signifikant, im eigentlichen Sinne, einfach ein großes F –, wenn die Funktion, die wir dem Einen geben, nicht mehr die der Einheit* ist, sondern die der Einzigkeit*, dann heißt das – das sollten wir ja keinesfalls vergessen, nämlich die Neuartigkeit der Analyse – , dass wir von den Tugenden der Norm zu den Tugenden der Ausnahme übergegangen sind.15
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Chose que vous avez retenue quand même un petit peu, et pour cause : la tension de la pensée s’en arrange en disant : l’exception confirme la règle.
Etwas, das Sie immerhin ein klein wenig behalten haben und das mit Grund; die Spannung des Denkens arrangiert sich damit, indem sie sagt: Die Ausnahme bestätigt die Regel.
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Comme beaucoup de conneries c’est une connerie profonde, |{10} il suffit simplement de savoir la décortiquer.
Wie so viele Blödheiten ist das eine tiefe Blödheit; es genügt einfach, dass man in der Lage ist, sie auseinanderzunehmen.
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N’aurais-je fait que de rendre cette connerie tout à fait lumineuse comme un de ces petits phares qu’on voit au sommet des voitures de police, que ce serait déjà un petit gain sur le plan de la logique.
Hätte ich nichts anderes getan, als diese Blödheit ganz zum Leuchten zu bringen, wie einen dieser kleinen Scheinwerfer, die man auf dem Dach von Polizeiwagen sieht, dann wäre das auf der Ebene der Logik bereits ein kleiner Gewinn.
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Mais évidemment c’est un bénéfice latéral.
Aber natürlich ist das ein Nebengewinn.
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Vous le verrez, surtout si certains d’entre vous… peut-être que certains pourraient aller jusqu’à se dévouer, jusqu’à faire à ma place un jour un petit résumé de la façon dont il faut re-ponctuer l’analytique kantienne.
Sie werden es sehen, vor allem, wenn einige von Ihnen --; vielleicht könnten einige so weit gehen, sich dem zu widmen, so weit gehen, eines Tages an meiner Stelle eine kleine Zusammenfassung zu geben, darüber, wie man die kantische Analytik neu interpunktieren muss.
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Vous pensez bien qu’il y a les amorces de tout cela : quand Kant distingue le jugement universel et le jugement particulier, et qu’il isole le jugement singulier en en montrant les affinités profondes avec le jugement universel, je veux dire : ce dont tout le monde s’était aperçu avant lui, mais en montrant que cela ne suffit pas qu’on les rassemble, pour autant que le jugement singulier a bien son indépendance, il y a là comme la pierre d’attente, l’amorce de ce renversement dont je vous parle.
Sie denken zu Recht, dass es für all das bereits die Ansatzpunkte gibt. Wenn Kant das allgemeine und das besondere Urteil unterscheidet und das einzelne Urteil davon absondert, indem er dessen tiefgehende Verwandtschaft mit dem allgemeinen Urteil zeigt – ich meine etwas, das bereits alle vor ihm gesehen haben –, er dabei jedoch zeigt, dass es nicht genügt, sie zusammenzubringen, da das einzelne Urteil durchaus seine Unabhängigkeit hat, dann gibt es hier so etwas wie den Wartestein, den Ansatzpunkt für die Umkehrung, von der ich spreche.16
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Ceci n’est qu’un exemple, il y a bien d’autres choses qui amorcent ce renversement dans Kant.
Das ist nur ein Beispiel, es gibt noch viele andere Dinge, die bei Kant diese Umkehrung anbahnen.
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Ce qui est curieux, c’est qu’on ne l’ait pas fait plus tôt, même.
Merkwürdig ist, dass man es nicht schon früher gemacht hat.
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Il est évident que ce à quoi je faisais allusion devant vous en passant, lors de l’avant dernière fois, à savoir le côté qui scandalisait tellement |{11} monsieur Jespersen, linguiste – ce qui prouve que les linguistes ne sont pas du tout pourvus d’aucune infaillibilité –, à savoir qu’il y aurait quelque paradoxe à ce que Kant mette la négation à la rubrique des catégories désignant les qualités, à savoir comme second temps, si l’on peut dire, des catégories de la qualité : la première étant la réalité, la seconde étant la négation, et la troisième étant la limitation.
Es ist offensichtlich, dass das, worauf ich beim vorletzten Mal vor Ihnen beiläufig hingewiesen habe, nämlich die Seite, die Herrn Jespersen, einen Sprachwissenschaftler, so empört hat – was beweist, dass die Sprachwissenschaftler keineswegs mit Unfehlbarkeit ausgestattet sind –, nämlich dass eine Paradoxie darin liege, dass Kant die Negation der Rubrik derjenigen Kategorien zuordnet, die die Qualität bezeichnen, nämlich als zweiten Moment, wenn man so sagen darf, der Kategorien der Qualität, wobei der erste die Realität ist, der zweite die Negation und der dritte die Limitation.17
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Cette chose qui surprend, et dont il nous surprend que ça surprenne beaucoup ce linguiste, à savoir monsieur Jespersen, dans ce très long travail sur la négation qu’il a publié dans les Annales de l’Académie danoise : on est d’autant plus surpris que ce long article sur la négation est justement fait pour, en somme de bout en bout, nous montrer que linguistiquement la négation est quelque chose qui ne se soutient que par, si je puis dire, une surenchère perpétuelle.
Die Sache, die überrascht und bei der es un-s überrascht, dass es diesen Sprachwissenschaftler, also Herrn Jespersen, so sehr überrascht, in dieser umfangreichen Arbeit über die Negation, die er in den Mitteilungen der Dänischen Akademie veröffentlicht hat --; man ist umso mehr überrascht, als dieser lange Artikel über die Negation uns insgesamt zeigen soll, von Anfang bis Ende, dass die Negation, linguistisch gesehen, etwas ist, das sich, wenn ich so sagen darf, nur durch ständiges Überbieten aufrechterhält.18
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Ce n’est donc pas quelque chose de si simple que de la mettre à la rubrique de la quantité où elle se confondrait purement et simplement avec ce qu’elle est dans la quantité, c’est-à-dire le zéro.
Es scheint also gar nicht so einfach zu sein, sie unter die Rubrik der Quantität zu bringen, wo sie schlicht und einfach mit dem verwechselt würde, was sie der Quantität nach ist, das heißt mit der Null.19
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Mais justement, je vous en ai déjà là-dessus indiqué assez.
Aber na ja, ich habe Ihnen bereits genügend Hinweise dazu gegeben.
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Ceux que ça intéresse, je leur donne la référence, le grand travail de Jespersen est vraiment quelque chose de considérable.
Denjenigen, die es interessiert, gebe ich den Beleg; die große Arbeit von Jespersen ist wirklich etwas Bemerkenswertes.
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Mais si vous ouvrez le dictionnaire d’étymologie latine de Ernout et Meillets vous référant simplement |{12} à l’article ne, vous vous apercevrez de la complexité historique du problème du fonctionnement de la négation, à savoir cette profonde ambiguïté qui fait qu’après avoir été cette fonction primitive de discordance sur laquelle j’ai insisté, en même temps que sur sa nature originelle, il faut bien toujours qu’elle s’appuie sur quelque chose qui est justement de cette nature de l’un, tel que nous essayons de le serrer ici de près : que la négation ça n’est pas un zéro, jamais, linguistiquement, mais un pas un.
Wenn Sie jedoch das Wörterbuch der lateinischen Etymologie von Ernout und Meillet aufschlagen und sich einfach den Artikel „ne“ anschauen, wird Ihnen die historische Komplexität des Problems der Funktionsweise der Negation klarwerden, nämlich die tiefgehende Mehrdeutigkeit, die bewirkt, dass die Negation – nachdem sie zu Anfang die Funktion der Diskordanz gewesen ist, auf der ich bestanden habe, wie zugleich auf ihrer Ursprünglichkeit –, dass die Negation sich immer auf etwas stützen muss, das eben von der Natur des Einen ist, so wie es wir hier näher zu erfassen versuchen, dass die Negation also, linguistisch gesehen, keine Null ist, niemals, sondern ein nicht ein.20
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Au point que, le seul non latin, par exemple – pour illustrer ce que vous pouvez trouver dans cet ouvrage paru à l’Académie danoise pendant la guerre de 1914, et pour cela très difficile à trouver – le non latin lui-même, qui a l’air d’être la forme de négation la plus simple du monde, est déjà un ne-oinom, dans la forme de unum.
Derart, dass, nimmt man zum Beispiel nur das lateinische non [nicht] – um zu veranschaulichen, was Sie in diesem Werk finden können, das bei der Dänischen Akademie während des Ersten Weltkriegs erschien und deshalb sehr schwer zu finden ist –, dass beispielsweise das lateinische non, das aussieht, als sei es die einfachste Negationsform der Welt, selbst bereits ein ne-oinom ist, mit oinom in Form von unum [eines].
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C’est déjà un pas un, et au bout d’un certain temps on oublie que c’est un pas un, et on remet encore un un à la suite.
Das ist bereits ein nicht ein, und nach einiger Zeit vergisst man, dass es ein nicht ein ist und setzt noch ein weiteres ein dahinter.21
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Et toute l’histoire de la négation, c’est l’histoire de cette consommation par quelque chose qui est où ? c’est ce que nous essayons justement de serrer : la fonction du sujet comme tel.
Und die gesamte Geschichte der Negation ist die Geschichte dieser Aufzehrung durch etwas, das wo ist? Das ist genau das, was wir zu festzumachen versuchen: die Funktion des Subjekts als solches.22
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C’est pour cela que les remarques de Pichon sont très intéressantes, qui nous montrent qu’en français on voit tellement bien jouer les deux éléments de la négation, le rapport |{13} du ne avec le pas, qu’on peut dire que le français en effet a ce privilège, pas unique d’ailleurs parmi les langues, de montrer qu’il n’y a pas de véritable négation en français.
Und aus diesem Grunde sind die Bemerkungen von Pichon sehr interessant, die uns zeigen, dass man im Französischen sieht, wie die beiden Elemente der Negation derart gut zusammenspielen, also die Beziehung des ne zum pas, dass man sagen kann, dass das Französische tatsächlich das Privileg hat – übrigens keineswegs als einzige unter den Sprachen –, zu zeigen, dass es im Französischen keine wirkliche Negation gibt.23
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Ce qui est curieux d’ailleurs, c’est qu’il ne s’aperçoive pas que si les choses en sont ainsi, cela doit aller un petit peu plus loin que le champ du domaine français, si l’on peut s’exprimer ainsi.
Merkwürdig ist übrigens, dass er nicht sieht, dass die Dinge, wenn sie so sind, über das Feld der französischen Domäne ein wenig hinausgehen müssen, um es einmal so auszudrücken.
Il est en effet très facile, sur toutes sortes de formes, de s’apercevoir qu’il en est forcément de même partout, étant donné que la fonction du sujet n’est pas suspendue jusqu’à la racine à la diversité des langues.
Es ist ja bei allen möglichen Formen sehr einfach zu sehen, dass es damit notwendigerweise überall dasselbe ist, angesichts dessen, dass die Funktion des Subjekts nicht bis an die Wurzel von der Verschiedenheit der Sprachen abhängt
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Il est très facile de s’apercevoir que le not, à un certain moment de l’évolution du langage anglais, est quelque chose comme naught.
Es ist sehr einfach zu sehen, dass das not, in einem bestimmten Moment der Entwicklung der englischen Sprache, so etwas wie naught ist.24
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Revenons en arrière, afin que je vous rassure que nous ne perdons pas notre visée.
Lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen, um Sie zu versichern, dass wir unser Ziel nicht aus den Augen verlieren.
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Repartons de l’année dernière, de Socrate, d’Alcibiade et de toute la clique qui, j’espère, a fait à ce moment votre divertissement.
Beginnen wir noch einmal im letzten Jahr, bei Sokrates, Alkibiades und der ganzen Truppe, die damals, so hoffe ich, für Ihre Unterhaltung gesorgt hat.25
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Il s’agit de conjoindre ce renversement logique concernant la fonction du un avec quelque chose dont nous nous occupons depuis longtemps, à savoir : du désir.
Es geht darum, die logische Umkehrung in Bezug auf die Funktion des Einen mit etwas zu verbinden, womit wir uns seit langem beschäftigen, nämlich mit dem Begehren.
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Comme, depuis le temps que je ne vous en parle pas, il est possible que les choses soient devenues pour vous un peu floues, je vais faire un tout petit rappel, que je crois juste le moment de faire dans cet exposé cette |{14} année, concernant ceci.
Da es möglich ist, dass die Dinge für Sie, seit der Zeit, in der ich nicht zu Ihnen darüber gesprochen habe, etwas unscharf geworden sind, möchte ich sie ein klein wenig in Erinnerung bringen, wofür in diesem Jahr in diesem Vortrag genau der richtige Zeitpunkt gekommen ist, bezogen auf Folgendes.
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Vous vous souvenez – c’est un fait discursif – que c’est par là que j’ai introduit, à la fin de l’année dernière, la question de l’identification : c’est à proprement parler quand j’ai abordé ce qui, concernant le rapport narcissique, doit se constituer pour nous comme conséquence de l’équivalence apportée par Freud entre la libido narcissique et la libido d’objet.
Sie erinnern sich – das ist eine Diskurstatsache –, dass ich Ende des letzten Studienjahres auf diesem Wege die Frage der Identifizierung eingeführt habe, als ich nämlich ansprach, was sich für uns hinsichtlich der narzisstischen Beziehung als Konsequenz der von Freud eingebrachten Äquivalenz von narzisstischer Libido und Objektlibido ergeben muss.26
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Vous savez comment je l’ai symbolisée à l’époque : un petit schéma intuitif, je veux dire quelque chose qui se représente, un schème, non pas un schème au sens kantien.
Sie wissen, wie ich es damals symbolisiert habe: ein kleines intuitive Schema (schéma), ich meine etwas, das eine Vorstellung liefert; nicht etwa ein Schema (schème) im Sinne von Kant.27
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Kant est une très bonne référence.
Kant ist eine sehr gute Referenz.
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En français, c’est gris.
Auf Französisch ist das grau.
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Messieurs Tremesaygues et Pacaud ont réalisé tout de même ce tour de force de rendre la lecture de la Critique de la Raison pure – dont il n’est absolument pas impensable de dire que, sous un certain angle, on peut le lire comme un livre érotique – en quelque chose d’absolument monotone et poussiéreux.
Die Herren Tremesaygues und Pacaud haben ja das Kunststück vollbracht, die Lektüre der Kritik der reinen Vernunft – bei der es keineswegs undenkbar ist zu sagen, dass man sie unter einem bestimmten Blickwinkel wie ein erotisches Buch lesen kann – in etwas absolut Eintöniges und Verstaubtes zu verwandeln.28
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Peut-être, grâce à mes commentaires, vous arriverez, même en français, à lui restituer cette sorte de piment qu’il n’est pas exagéré de dire qu’il comporte.
Vielleicht wird es Ihnen ja durch meine Kommentare gelingen, ihr auch im Französischen diese Art von Pfeffer wieder zurückzugeben, den sie, wie man ohne Übertreibung sagen kann, enthält.
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En tout cas je m’étais toujours laissé persuadé qu’en allemand c’était mal écrit, parce que d’abord les allemands, sauf certains, ont la réputation de mal écrire.
Jedenfalls hatte ich mir immer einreden lassen, dass es auf Deutsch schlecht geschrieben sei, zumal die Deutschen, von einigen abgesehen, den Ruf haben, schlecht zu schreiben.
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Ce n’est pas vrai : la Critique de la Raison pure est aussi bien écrite que les livres de Freud, et ce n’est pas peu dire.
Das stimmt nicht, die Kritik der reinen Vernunft ist genauso gut geschrieben wie die Bücher von Freud, und das will etwas heißen.
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{15} Le schéma est le suivant :
Abbildung 1
Das Schema ist das folgende:
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Il s’agissait de ce dont nous parle Freud, à ce niveau de l’Introduction au narcissisme, à savoir, que nous aimons l’autre de la même substance humide qui est celle dont nous sommes le réservoir, qui s’appelle la libido, et que c’est pour autant qu’elle est ici [en 1], qu’elle peut être là [en 2], c’est-à-dire environnant, noyant, mouillant l’objet d’en face.
Es ging um das, worüber Freud auf der Ebene der Einführung in den Narzissmus spricht, nämlich dass wir den anderen mit eben der feuchten Substanz lieben, deren Behälter wir sind und die Libido genannt wird, und dass sie, insofern sie hier ist [in 1], dort sein kann [in 2], das heißt das Gegenüber als Objekt umgebend, überschwemmend, nass machend.
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La référence de l’amour à l’humide n’est pas de moi, elle est dans le Banquet que nous avons commenté l’an dernier.
Der Bezug der Liebe auf das Feuchte stammt nicht von mir, er steht im Gastmahl, das wir im letzten Jahr kommentiert haben.29
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Moralité de cette métaphysique de l’amour… puisque c’est de cela qu’il s’agit : l’élément fondamental de la Liebesbedingung, de la condition de l’amour …moralité, en un certain sens je n’aime… ce qui s’appelle aimer, ce que nous appelons ici aimer, histoire de savoir aussi ce qu’il y a comme reste au-delà de l’amour, donc ce qui s’appelle aimer d’une certaine façon …je n’aime que mon corps, même quand, cet amour, je le transfère sur le corps de l’autre.
Die Moral dieser Liebesmetaphysik – denn darum geht es, um das grundlegende Element der Liebesbedingung* –, die Moral ist: In gewissem Sinne liebe ich – das, was man lieben nennt, was wir hier lieben nennen, wobei es auch darum geht, welchen Rest es jenseits der Liebe gibt, das also, was man in gewisser Weise lieben nennt –, in gewissem Sinne liebe ich nur meinen Körper, selbst wenn ich diese Liebe auf den Körper des anderen übertrage.30
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Bien sûr, il en reste toujours une bonne dose sur le mien !
Natürlich bleibt eine gute Dosis davon immer auf meinem zurück.
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C’est même jusqu’à un certain point indispensable, ne serait-ce, au cas extrême, qu’au niveau de ce qu’il faut bien qui fonctionne autoérotiquement, à savoir mon pénis, |{16} pour adopter pour la simplification le point de vue androcentrique.
Bis zu einem gewissen Punkt ist das sogar unabdingbar, und sei es im Extremfall auch nur auf der Ebene dessen, was nun einmal autoerotisch funktionieren muss, nämlich mein Penis, um zum Zwecke der Vereinfachung den androzentrischen Standpunkt einzunehmen.
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Cela n’a aucun inconvénient, cette simplification, comme vous allez le voir, puisque ça n’est pas cela qui nous intéresse.
Diese Vereinfachung ist, wie Sie sehen werden, unproblematisch, denn es ist nicht das, was uns interessiert.
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Ce qui nous intéresse, c’est le phallus.
Was uns interessiert, ist der Phallus.
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Abbildung 2
Alors, je vous ai proposé implicitement – sinon explicitement, en ce sens que c’est plus explicite encore maintenant que l’année dernière –, je vous ai proposé de définir par rapport à ce que j’aime dans autrui qui, lui, est soumis à cette condition hydraulique d’équivalence de la libido, à savoir que quand ça monte d’un côté, ça monte aussi de l’autre… ce que je désire – ce qui est différent de ce que j’éprouve –, c’est ce qui, sous forme du pur reflet de ce qui reste de moi investi en tout état de cause, est justement ce qui manque au corps de l’autre, en tant que, lui, est constitué par cette imprégnation de l’humide de l’amour.
Also, ich haben Ihnen implizit vorgeschlagen – wenn nicht sogar explizit, in dem Sinne, dass es jetzt noch expliziter ist als im vorigen Jahr –, ich habe Ihnen vorgeschlagen, <das Begehren> im Verhältnis zu dem zu definieren, was ich im anderen liebe, in demjenigen, der dieser hydraulischen Bedingung der Äquivalenz der Libido unterworfen ist, nämlich dass sie, wenn sie auf einer Seite zunimmt, auch auf der anderen zunimmt: Was ich begehre (und was sich von dem unterscheidet, was ich empfinde), ist (in Form des reinen Reflexes dessen, was von mir in jedem Falle besetzt bleibt) genau das, was dem Körper des anderen fehlt, insofern er durch diese Durchtränkung mit der Liebesfeuchtigkeit konstituiert wird.31
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Au point de vue du désir, au niveau du désir, tout ce corps de l’autre, du moins aussi peu que je l’aime, ne vaut que, justement, par ce qui lui manque.
Unter dem Gesichtspunkt des Begehrens, auf der Ebene des Begehrens, hat dieser gesamte Körper des anderen, zumindest wenn ich ihn auch nur ein bisschen liebe, einen Wert genau nur durch das, was ihm fehlt.
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Et c’est très précisément pour ça que j’allais dire que l’hétérosexualité est possible.
Und genau aus diesem Grunde wollte ich sagen, dass Heterosexualität möglich ist.
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Car il faut s’entendre : si c’est vrai, comme l’analyse nous l’enseigne que c’est le fait que la femme soit effectivement, du point de vue pénien, castrée, qui fait peur à certains, si ce que nous disons là |{17} n’est point insensé… et ce n’est point insensé, puisque c’est évident : on le rencontre à tous les tournants, chez le névrosé, j’insiste, je dis que c’est là bel et bien que nous l’avons découvert.
Dass wir uns recht verstehen: Wenn es stimmt, wie die Analyse uns lehrt, dass das, was einigen Furcht einflößt, die Tatsache ist, dass, unter dem Penis-Aspekt, die Frau effektiv kastriert ist, wenn das, was wir darüber sagen, nicht unsinnig ist --; und es ist keineswegs unsinnig, es ist vielmehr offensichtlich, beim Neurotiker begegnen wir dem auf Schritt und Tritt, darauf bestehe ich, ich sage, dass wir es genau da entdeckt haben.
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Je veux dire que nous en sommes sûrs, pour la raison que c’est là que les mécanismes jouent, avec un raffinement tel qu’il n’y a pas d’autre hypothèse possible pour expliquer la façon dont le névrosé institue, constitue son désir, hystérique ou obsessionnel.
Ich will sagen, dass wir uns dessen sicher sind, und zwar deshalb, weil sich hier die Mechanismen mit einer solchen Raffinesse abspielen, dass es keine andere mögliche Hypothese gibt, um zu erklären, wie der Neurotiker sein Begehren, ob hysterisch oder zwanghaft, etabliert und konstituiert.
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Ce qui nous mènera cette année à articuler complètement pour vous le sens du désir de l’hystérique, comme du désir de l’obsession, et très vite, car je dirai que, jusqu’à un certain point, c’est urgent.
Was uns in diesem Jahr dazu bringen wird, den Sinn des Begehrens des Hysterischen wie des Begehrens im Falle des Zwangs für Sie vollständig zu artikulieren und das sehr schnell, denn ich möchte sagen, dass dies in gewissem Maße dringend ist.
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S’il en est ainsi chez tel ou tel, aussi bien chez d’autres que chez le névrosé : c’est encore plus conscient chez l’homosexuel que chez le névrosé.
Wenn dies bei einigen so ist, auch bei anderen als beim Neurotiker, so ist es beim Homosexuellen noch bewusster als beim Neurotiker.
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L’homosexuel vous le dit lui-même : que ça lui fait quand même un effet très pénible d’être devant ce pubis sans queue.
Der Homosexuelle sagt Ihnen selbst, dass die Konfrontation mit dieser schwanzlosen Schamzone nun doch eine sehr schmerzliche Wirkung auf ihn hat.
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C’est justement à cause de cela que nous ne pouvons pas tellement nous y fier, et d’ailleurs nous avons raison.
Genau deshalb können wir uns nicht allzu sehr darauf verlassen, und im Übrigen haben wir Recht.32
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C’est pour cela que ma référence, je la prends chez le névrosé.
Deshalb nehme ich als meinen Bezugspunkt den Neurotiker.
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Tout ceci étant dit, il reste bien qu’il y a encore quand même pas mal de gens à qui ça ne fait pas peur !
Abgesehen davon bleibt festzuhalten, dass es durchaus nicht wenige Leute gibt, denen das keine Furcht einflößt.
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Et que par conséquent il n’est pas fou --.
Und dass es folglich nicht verrückt ist --.
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Disons, simplement, je suis bien forcé d’aborder la chose comme ça, puisque après tout personne ne l’a dit comme ça ; quand je vous l’aurai dit deux ou trois fois, je pense que cela finira par vous devenir tout à fait |{18} évident.
Sagen wir einfach, ich bin nun einmal gezwungen, die Sache so anzugehen, da es schließlich noch niemand so gesagt hat; wenn ich es Ihnen zwei- oder dreimal gesagt haben werde, wird es Ihnen am Ende, denke ich, als ganz offensichtlich erscheinen.
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Il n’est pas fou de penser que ce qui, chez les êtres qui peuvent avoir un rapport normal, satisfaisant j’entends, de désir, avec le partenaire du sexe opposé, non seulement ça ne lui fait pas peur, mais c’est justement ça qui est intéressant, à savoir que ce n’est pas parce que le pénis n’est pas là que le phallus n’y est pas.
Es ist nicht verrückt zu denken, dass das, was bei den Wesen, die eine normale, ich meine eine befriedigende Begehrensbeziehung zum Partner des entgegengesetzten Geschlechts haben können --; dass ihm das nicht nur keine Furcht einflößt, sondern das ist genau das, was interessant ist, das heißt, dass nicht etwa deshalb, weil der Penis nicht da ist, der Phallus nicht da ist.
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Je dirai même : au contraire.
Ich möchte sogar sagen: im Gegenteil.33
.Abbildung 3
Ce qui permet de retrouver, à un certain nombre de carrefours, en particulier ceci : que ce que cherche le désir c’est moins, dans l’autre, le désirable que le désirant, c’est-à-dire ce qui lui manque.
Dadurch ist es möglich, an einer Reihe von Kreuzungspunkten insbesondere dies wiederzufinden, dass das, was das Begehren sucht, im anderen weniger das Begehrenswerte ist als das Begehrende, das heißt das, was ihm fehlt.
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Et là encore je vous prie de vous rappeler que c’est la première aporie, le premier b–a–ba de la question, telle qu’elle commence à s’articuler quand vous ouvrez ce fameux Banquet qui semble n’avoir traversé les siècles que pour qu’on fasse autour de lui de la théologie.
Und auch hier bitte ich Sie, sich daran zu erinnern, dass dies die erste Aporie ist, das erste ABC der Frage, wie sie artikuliert zu werden beginnt, wenn Sie das berühmte Gastmahl öffnen, das die Jahrhunderte nur durchquert zu haben scheint, damit man um es herum Theologie betreibt.34
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J’essaie d’en faire autre chose, à savoir vous faire apercevoir qu’à chaque ligne on y parle effectivement de ce dont il s’agit, à savoir d’Éros.
Ich versuche, etwas anderes daraus zu machen, nämlich Ihnen deutlich zu machen, dass in jeder Zeile tatsächlich über das gesprochen wird, worum es geht, über den Eros.
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Je désire l’autre comme désirant.
Ich begehre den anderen als begehrend.
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Et quand je dis comme désirant, je n’ai même pas dit, je n’ai expressément pas dit : « comme me désirant ».
Und wenn ich sage als begehrend, habe ich keineswegs gesagt, habe ich ausdrücklich nicht gesagt: „als mich begehrend“.
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Car c’est moi qui désire, et désirant le désir, ce désir ne saurait être désir de moi que si je me retrouve à ce tournant là où je suis, bien sûr, c’est-à-dire si je m’aime dans l’autre, autrement dit si c’est |{19} moi que j’aime.
Denn ich bin es, der begehrt, und wenn ich das Begehren begehre, kann dieses Begehren (das Begehren des anderen), natürlich nur dann ein Begehren nach mir sein, wenn ich mich an diesem Wendepunkt dort wiederfinde, wo ich natürlich bin, das heißt, wenn ich mich im anderen liebe, anders gesagt, wenn ich es bin, den ich liebe.
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Mais alors j’abandonne le désir.
Aber dann gebe ich das Begehren auf.35
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Ce que je suis en train d’accentuer, c’est cette limite, cette frontière qui sépare le désir de l’amour.
Was ich gerade hervorhebe, ist die Schranke, die Grenze, die das Begehren von der Liebe trennt.
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Ce qui ne veut pas dire, bien sûr, qu’ils ne se conditionnent pas par toutes sortes de bouts.
Was natürlich nicht heißt, dass sie sich nicht auf alle möglichen Weisen beeinflussen.
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C’est même bien là tout le drame, comme je pense que ça doit être la première remarque que vous devez vous faire sur votre expérience d’analyste, étant bien entendu qu’il arrive, comme à bien d’autres sujets à ce niveau de la réalité humaine, que ce soit souvent l’homme du commun qui soit plus près de ce que j’appellerai dans l’occasion l’os.
Das ist hier ja sogar das ganze Drama, wie, so denke ich, die erste Bemerkung lauten sollte, die Sie zu sich selbst über Ihre Erfahrung als Analytiker machen sollten, wobei es natürlich so ist – wie bei vielen anderen Themen auf dieser Ebene des menschlichen Daseins –, dass der gemeine Mann oftmals dem näher ist, was ich hierbei den Knochen nennen möchte.36
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Ce qui est à désirer est évidemment toujours ce qui manque, et c’est bien pour cela qu’en français le désir s’appelle desiderium, ce qui veut dire regret.
Was zu begehren ist, ist offensichtlich immer das, was fehlt, und eben deshalb heißt im Französischen [!] das Begehren desiderium, das heißt: Bedauern.37
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Et ceci aussi rejoint ce que l’année dernière j’ai accentué comme étant ce point majeur visé depuis toujours par l’éthique de la passion qui est de faire, je ne dis pas cette synthèse, mais cette conjonction dont il s’agit de savoir si justement elle n’est pas structuralement impossible, si elle ne reste pas un point idéal hors des limites de l’épure, que j’ai appelé la métaphore du véritable amour, qui est la fameuse équation, ἐραστής [erastes] sur ἐρώμενος [erōmenos],
ἐραστής se substituant… le désirant se substituant au désiré à ce |{20} point, et par cette métaphore équivalant à la perfection de l’amant, comme il est également articulé au Banquet, à savoir ce renversement de toute la propriété de ce qu’on peut appeler l’aimable naturel, l’arrachement dans l’amour qui met tout ce qu’on peut être soi-même de désirable hors de la portée du chérissement, si je puis dire.38
Und auch dies knüpft an das an, was ich im letzten Jahr als den zentralen Punkt hervorgehoben habe, auf den die Ethik der Leidenschaft seit jeher abzielt, darauf nämlich, diese, ich sage nicht diese Synthese, sondern diese Verbindung herzustellen, bei der es fraglich ist, ob sie nicht strukturell gerade unmöglich ist, ob sie nicht ein idealer Punkt bleibt, außerhalb der Grenzen des Entwurfs, den ich die Metapher der wahren Liebe genannt habe, nämlich diese berühmte Gleichung, mit dem ἐραστής [erastes] über dem ἐρώμενος [erōmenos],
wobei sich an diesem Punkt der ἐραστής --, wobei sich an diesem Punkt der Begehrende an die Stelle des Begehrten setzt und er durch diese Metapher gleichbedeutend wird mit der Vollkommenheit des Liebenden, wie im Gastmahl ebenfalls artikuliert wird, also diese Umkehrung der gesamten Beschaffenheit dessen, was man das natürlich Liebenswerte nennen könnte, das Herausreißen aus der Liebe, wodurch all das, was man selbst an Begehrenswertem sein kann, aus der Reichweite der minniglichen Zuwendung herausgebracht wird, wenn ich so sagen darf.39
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Ce noli me amare, qui est le vrai secret, le vrai dernier mot de la passion idéale de cet amour courtois dont ce n’est pas pour rien que j’ai placé le terme, si peu actuel, je veux dire si parfaitement confusionnel qu’il soit devenu, à l’horizon de ce que j’avais l’année dernière articulé, préférant plutôt lui substituer comme plus actuel, plus exemplaire, cet ordre d’expérience, elle non pas du tout idéale mais parfaitement accessible, qui est la nôtre sous le nom de transfert, et que je vous ai illustrée, montrée d’ores et déjà illustrée dans le Banquet, sous cette forme tout à fait paradoxale de l’interprétation à proprement parler analytique de Socrate, après la longue déclaration follement exhibitionniste, enfin : la règle analytique appliquée à plein tuyau à ce qui est le discours d’Alcibiade.
Dieses noli me amare [lat., „liebe mich nicht“],welches das wahre Geheimnis, das wahre letzte Wort der idealen Leidenschaft der höfischen Liebe ist, ein Ausdruck, den ich nicht ohne Grund – so wenig aktuell, ich meine, so vollkommen verworren er geworden ist – in den Hintergrund dessen gerückt habe, was ich im letzten Jahr artikuliert habe, und es vielmehr vorzog, ihn, als aktueller und exemplarischer, durch die keineswegs ideale, sondern vollkommen zugängliche Ordnung derjenigen Erfahrung zu ersetzen, die, unter dem Namen der Übertragung, unsere eigene ist, und die ich Ihnen veranschaulicht habe, bei der ich Ihnen gezeigt habe, dass sie im Gastmahl längst veranschaulicht wurde, in der völlig paradoxen Form der im strengen Sinne des Wortes analytischen Deutung durch Sokrates nach der langen, wahnsinnig exhibitionistischen Erklärung, also der volles Rohr auf die Rede des Alkibiades angewandten analytischen Regel.40
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Sans doute avez-vous pu retenir l’ironie implicitement contenue en ceci, qui n’est pas caché dans le texte, c’est que celui que Socrate désire sur l’heure, pour la beauté de la démonstration, c’est Agathon, |{21} autrement dit le déconnographe, le pur esprit, celui qui parle de l’amour d’une façon telle !… comme on doit sans doute en parler, en le comparant à la paix des flots ! sur le ton franchement comique, mais sans le faire exprès, et même sans s’en apercevoir !
Sicherlich können Sie sich noch an die Ironie erinnern, die implizit darin enthalten ist und die im Text keineswegs versteckt ist, dass nämlich derjenige, den Sokrates in diesem Augenblick begehrt, um der Schönheit der Beweisführung willen Agathon ist, anders gesagt der Stussograph, der reine Geist, derjenige, der auf eine Weise über die Liebe spricht! – wie man sicherlich darüber sprechen muss, indem er sie mit dem Frieden auf den Wellen vergleicht!, in einem offensichtlich komischen Ton, allerdings ohne Absicht und ohne es überhaupt zu bemerken.41
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Autrement dit, qu’est-ce que Socrate veut dire ?
Mit anderen Worten, was will Sokrates damit sagen?
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Pourquoi Socrate n’aimerait-il pas Agathon, si justement la bêtise chez lui, comme Monsieur Teste, c’est justement ce qui lui manque ?
Warum sollte Sokrates denn nicht Agathon lieben, wenn Dummheit eben das ist, was Sokrates fehlt, so wie Monsieur Teste:
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« La bêtise n’est pas mon fort.»
„Dummheit ist nicht meine starke Seite.“ – ?42
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C’est un enseignement, car ça veut dire – et ceci alors est articulé en toutes lettres – à Alcibiade : « Mon bel ami, cause toujours, car c’est celui-là, toi aussi, que tu aimes !
Das ist eine Lehre, denn es bedeutet, und dies wird dann buchstäblich zu Alkibiades gesagt: „Mein schöner Freud, schwätz nur weiter, denn es ist dieser da, den du liebst, auch du!
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C’est pour Agathon, tout ce long discours !
Sie ist für Agathon, diese lange Rede!
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Seulement la différence, c’est que toi tu ne sais pas ce dont il s’agit.
Der Unterschied ist nur der, dass du deinerseits nicht weißt, worum es geht.
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Ta force, ta maîtrise, ta richesse t’abusent. »
Deine Stärke, deine Herrschaft, dein Reichtum führen dich in die Irre.“
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Et en effet, nous en savons assez long sur la vie d’Alcibiade pour savoir que peu de choses lui ont manqué de l’ordre du plus extrême de ce qu’on peut avoir.
Und in der Tat wissen wir über das Leben von Alkibiades genug um zu wissen, dass es ihm an nur wenigem von dem gefehlt hat, was man äußerstenfalls haben kann.
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À sa façon, toute différente de Socrate, il n’était lui non plus de nulle part, reçu d’ailleurs les bras ouverts où qu’il allât, les gens toujours trop heureux d’une pareille acquisition.
Auf seine eigene Art, ganz verschieden von Sokrates, war auch er nirgendwo zu Hause und wurde übrigens dort, wo er hinkam, mit offenen Armen empfangen, da die Leute über einen solchen Erwerb immer nur allzu glücklich waren.
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Une certaine ἀτοπία [atopia] fut son lot.
Eine gewisse ἀτοπία [atopia, „Ortlosigkeit“] war sein Los.
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Il était seulement trop encombrant.
Allerdings war er etwas zu sperrig.
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Quand il arriva à Sparte, il trouva simplement qu’il faisait un grand honneur au roi de Sparte – la chose est rapportée dans Plutarque, articulée en clair – en faisant un enfant à sa femme, par exemple – c’est pour |{22} vous donner le style –, c’était la moindre des choses !
Als er nach Sparta kam, war er zum Beispiel der Meinung, er habe dem König von Sparta dadurch eine große Ehre erwiesen – die Sache wird klar und deutlich bei Plutarch berichtet –, dass er dessen Frau ein Kind machte (dies, um Ihnen einen Eindruck von seinem Stil zu geben), das war das Mindeste, was er tun konnte!43
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Il y en a qui sont des durs : il a fallu, pour en finir avec lui, le cerner de feu et l’abattre à coups de flèches.
Manche sind wirklich hart; um ihn zu erledigen, musste er mit Feuer eingekreist und mit Pfeilen niedergestreckt werden.
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Mais pour Socrate, l’important n’est pas là.
Für Sokrates ist das jedoch nicht das Wichtige.
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L’important est de dire : « Alcibiade, occupe-toi un peu de ton âme », ce qui, croyez-moi, j’en suis bien convaincu, n’a pas du tout le même sens chez Socrate que ça a pris à la suite du développement plotinien de la notion de l’Un.
Das Wichtige ist zu sagen: „Alkibiades, kümmere dich ein wenig um deine Seele“, was – glauben Sie mir, ich bin fest davon überzeugt – bei Sokrates keineswegs dieselbe Bedeutung hat wie die, die es nach der Plotin’schen Ausarbeitung des Begriffs des Einen angenommen hat.
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Si Socrate lui répond : « Je ne sais rien, sinon peut-être ce qu’il en est de la nature de l’éros », c’est bien que la fonction éminente de Socrate est d’être le premier qui ait conçu quelle était la véritable nature du désir.
Wenn Sokrates ihm antwortet: „Ich weiß nichts, außer vielleicht, was es mit der Natur des Eros auf sich hat“, dann deshalb, weil die herausragende Funktion des Sokrates darin besteht, als erster die wahre Natur des Begehrens erkannt zu haben.44
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Et c’est exactement pour ça, qu’à partir de cette révélation jusqu’à Freud, le désir comme tel dans sa fonction… le désir en tant qu’essence même de l’homme, dit Spinoza – et chacun sait ce que cela veut dire, l’homme, dans Spinoza, c’est le sujet, c’est l’essence du sujet – que le désir est resté, pendant ce nombre respectable de siècles une fonction à demi, aux trois quarts, aux quatre cinquièmes, occultée dans l’histoire de la connaissance.
Und das ist genau der Grund, weshalb, ausgehend von dieser Enthüllung bis hin zu Freud, das Begehren als solches in seiner Funktion, das Begehren als Wesen des Menschen, wie Spinoza sagt – und jeder weiß, was das bedeutet, bei Spinoza ist der Mensch das Subjekt, das ist das Wesen des Subjekts –, weshalb das Begehren in der Geschichte der Erkenntnis während einer solch beeindruckenden Anzahl von Jahrhunderten zur Hälfte, zu drei Vierteln, zu vier Fünfteln verdunkelt geblieben ist.45
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Le sujet dont il s’agit, celui dont nous suivons la trace, est le sujet du désir, et non pas le sujet de l’amour ! pour la simple raison qu’on n’est pas sujet de l’amour.
Das Subjekt, um das es geht, das Subjekt, dem wir auf der Spur sind, ist das Subjekt des Begehrens und nicht das Subjekt der Liebe, aus dem einfachen Grund, dass man nicht Subjekt der Liebe ist.
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On est ordinairement, on est normalement sa victime, c’est tout à fait différent.
Gewöhnlicherweise, normalerweise ist man ihr Opfer, das ist etwas ganz anderes.
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{23} En d’autres termes : l’amour est une force naturelle.
Mit anderen Worten: Liebe ist eine Naturgewalt.
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C’est ce qui justifie le point de vue qu’on appelle « biologisant » de Freud.
Das rechtfertigt das, was Freuds biologisierende Sichtweise genannt wird.
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L’amour, c’est une réalité.
Liebe ist eine Realität.
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C’est pour cela d’ailleurs que je vous dis : « les dieux sont réels ».
Das ist übrigens auch der Grund dafür, dass ich Ihnen sage: „Die Götter sind real.“46
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L’amour, c’est Aphrodite qui frappe, on le savait très bien dans l’antiquité, cela n’étonnait personne.
Liebe, das ist Aphrodite, die zuschlägt, in der Antike wusste man das sehr gut, das erstaunte niemanden.
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Vous me permettrez un très joli jeu de mots.
Sie werden mir wohl ein sehr schönes Wortspiel gestatten.
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C’est un de mes plus divins obsessionnels, très avancé dans son analyse, qui me l’a fait il y a quelques jours : « L’affreux doute de l’Hermaphrodite ».
Es war einer meiner göttlichsten Zwangsneurotiker, in seiner Analyse sehr weit vorangeschritten, der es mir vor ein paar Tagen gemacht hat: „L’affreux doute de l’Hermaphrodite“ („Der schreckliche Zweifel des Hermaphroditen“).47
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Je veux dire que je ne peux pas faire moins que d’y penser, depuis qu’évidemment il s’est passé des choses qui nous ont fait glisser de l’Aphrodite à l’affreux doute.
Ich meine, ich kann an nichts anderes mehr denken, da nun offensichtlich Dinge geschehen sind, die uns von l’Aphrodite zu l’affreux doute haben gleiten lassen.48
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Je veux dire : il y a beaucoup à dire en faveur du christianisme ; je ne saurais trop le soutenir, et tout spécialement quant au dégagement du désir comme tel.
Ich meine, zu Gunsten des Christentums gibt es Vieles zu sagen, ich kann nicht genug betonen, wie sehr ich es unterstütze, und ganz besonders in Bezug auf die Herauslösung des Begehrens als solchen.
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Je ne veux pas trop déflorer le sujet, mais je suis bien décidé là-dessus à vous en avancer de toutes les couleurs ; que tout de même, pour obtenir cette fin louable entre toutes, ce pauvre amour ait été mis dans la position de devenir un commandement, c’est quand même avoir payé cher l’inauguration de cette recherche qui est celle du désir.
Ich möchte das Sujet nicht zu sehr deflorieren, aber ich bin fest entschlossen, Ihnen in allen Farben zu schildern, dass die arme Liebe, um dieses höchstlöbliche Ziel zu erreichen, immerhin in die Position gebracht wurde, zu einem Gebot zu werden, womit sie jedoch den Auftakt zur Erforschung des Begehrens teuer zu bezahlen hatte.49
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Nous bien sûr, quand même, les analystes, il faudrait que nous sachions un petit peu résumer la |{24} question sur le sujet : que ce que nous avons bel et bien avancé sur l’amour, c’est qu’il est la source de tous les maux ! m, a, u, x !
Wir jedoch, wir Analytiker, sollten in der Lage sein, die Frage nach dem Sujet ein wenig zusammenzufassen; was wir über die Liebe tatsächlich vorgebracht haben, ist dies, dass sie die Quelle allen Übels ist.
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L’amour maternel, etc.
Die Mutterliebe und so weiter.
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Ça vous fait rire ! ?
Das bringt Sie zum Lachen?
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La moindre observation est là pour vous démontrer que l’amour de la mère est la cause de tout.50
Noch die einfachste Fallstudie zeigt Ihnen, dass die Liebe der/zur Mutter die Ursache von allem ist.
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Je ne dis pas qu’on a toujours raison, mais c’est tout de même sur cette voie là que nous faisons du manège tous les jours, c’est ce qui résulte de notre expérience quotidienne.
Ich behaupte nicht, dass wir immer Recht haben, aber auf diesem Weg drehen wir täglich unsere Runden, das ergibt sich aus unserer alltäglichen Erfahrung.
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Donc, il est bien posé que, concernant la recherche de ce que c’est, dans l’analyse, que le sujet – à savoir à quoi il convient de l’identifier, ne fût-ce que d’une façon alternante –, il ne saurait s’agir que de celui du désir.
Damit ist also klar, wenn wir untersuchen, was in der Analyse das Subjekt ist – das heißt, womit es, wenn auch auf alternierende Weise, identifiziert werden sollte –, dass es sich nur um das Subjekt des Begehrens handeln kann.51
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C’est là que je vous laisserai aujourd’hui, non sans vous faire remarquer qu’encore que, bien entendu, nous soyons en posture de le faire beaucoup mieux qu’il n’a été fait par le penseur que je vais nommer, nous ne sommes pas tellement dans le no man’s land.
Damit verabschiede ich mich für heute, nicht ohne Sie darauf hinzuweisen, dass wir – obwohl wir natürlich in der Position sind, es weitaus besser zu machen als es von dem Denker gemacht wurde, den ich gleich nennen werde –, dass wir nicht ganz und gar im Niemandsland sind.
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Je veux dire que, tout de suite après Kant, il y a quelqu’un qui s’en est avisé, qui s’appelle Hegel, dont toute la Phénoménologie de l’Esprit part de là : de la Begierde.
Ich meine, dass es gleich nach Kant jemanden gibt, der das erfasst hat, der Hegel heißt und dessen gesamte Phänomenologie des Geistes von diesem Punkt ausgeht: von der Begierde*.
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Il n’avait absolument qu’un tort, c’est de n’avoir aucune connaissance, encore qu’on puisse en désigner la place, de ce que c’était que le stade du miroir.
Er hatte absolut nur einen Fehler, nämlich – obwohl man <bei ihm> den Ort dafür angeben kann –, dass er keinerlei Kenntnis vom Spiegelstadium hatte.52
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D’où cette irréductible confusion qui met tout sous l’angle du rapport du maître et de l’esclave, et qui rend inopérante cette démarche, et qu’il faut |{25} reprendre toutes les choses à partir de là.
Daher diese irreduzible Verwirrung, die alles unter den Blickwinkel der Herr-Knecht-Beziehung bringt und die diesen Ansatz unbrauchbar macht, sodass man von da aus mit allem wieder anfangen muss.
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Espérons, quant à nous, que favorisés par le génie de notre maître, nous pourrons mettre au point d’une façon plus satisfaisante la question du sujet du désir.
Was uns angeht, so wollen wir hoffen, dass wir, begünstigt durch das Genie unseres Meisters, die Frage nach dem Subjekt des Begehrens auf eine befriedigendere Weise werden klären können.
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Anmerkungen
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Vgl. Sitzung vom 24. Januar 1962, S. {12–14}.
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im großen Saussure’schen Bruch: Vgl. J.L.: Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten oder die Vernunft seit Freud. In: Ders.: Schriften. Band 1. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant 2016, S. 587: S/s.
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A ist nicht A: Die Formulierung „A ist nicht A“ findet sich hier bei Lacan zum ersten Mal.
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der Phallus-Signifikant als Faktor für die Enthüllung des Sinns der Signifikantenfunktion auftritt: Vgl. J.L.: Die Bedeutung des Phallus. In: Ders.: Schriften. Band 2. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 192–204.
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die Frage der Identifizierung: Freuds umfassendste Darstellung der Identifizierung findet sich in: Ders.: Massenpsychologie und Ich-Analyse (1921), Kapitel VII, „Die Identifizierung“, GW 13, S. 115–121.
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Auf die Logik hatte Lacan sich im laufenden Seminar zuerst in der Sitzung vom 17. Januar 1962 bezogen, ausgehend vom sogenannten logischen Quadrat.
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die kleine Kreisscheibe: Vgl. Sitzung vom 17. Januar 1962, S. {22}.
die ich für Sie für verschiedene Zwecke konstruiert habe: Tatsächlich stammt das Diagramm von Charles Sanders Peirce.
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Kants transzendentale Logik besteht einerseits aus der transzendentalen Analytik (Logik der Begriffe und Grundsätze), andererseits aus der transzendentalen Dialektik (Logik des Scheins).
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wie ich es vor ein paar Jahren getan hatte: in Seminar 7, Die Ethik der Psychoanalyse.
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In der Kritik der reinen Vernunft gibt es keine solche Kapitelbezeichnung. Der Abschnitt Die transzendentale Analytik ist in „Bücher“ unterteilt, die wiederum in „Hauptstücke“ gegliedert sind („Hauptstück“ ist die ältere Bezeichnung für das, was heute „Kapitel“ genannt wird). Möglicherweise ist das erste Hauptstück des ersten Buchs der Transzendentalen Analytik gemeint: „Von dem Leitfaden der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe“ (B 91–116).
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Ein andalusischer Hund: Un chien andalou, 1929, Regie: Luis Buñuel, Drehbuch: Luis Buñuel und Salvador Dalí.– Genau gesagt, zieht der Mann zwei Flügel hinter sich her und auf jedem liegt ein Esel; siehe hier.
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Die Formulierung „Synthesis a priori“ findet man in der „Einleitung“ der Kritik der reinen Vernunft, B 25.
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keineswegs klar, dass es durch den Menschen dazu kommt: Möglicherweise ist es nicht der Mensch, der das Ein hervorgerufen hat, möglicherweise ist der Mensch umgekehrt durch das Ein hervorgerufen worden.
Differenz: Von der „Differenz als solcher“ hatte Lacan im Identifizierungs-Seminar zuvor in der Sitzung vom 6. Dezember 1961 gesprochen, S. {22} und {23}, von der Einheit als der „reine Differenz“ in der Sitzung vom 29. November 1961, S. {23}, von der Eins als „reiner Differenz“ in der Sitzung vom 6. Dezember 1961, S. {25}.
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einer literarischen Improvisation von Picasso: Pablo Picasso, Le Désir attrapé par la queue, Theaterstück, geschrieben 1941, erste Lesung 1944, Erstveröffentlichung Gallimard, Paris 1945.– Dt.: Wie man Wünsche beim Schwanz packt: ein Drama in sechs Akten. Übersetzt von Paul Celan. Verlag der Arche, Zürich 1954.
Einer der Zuhörer der ersten Lesung war Lacan. Auf dem obenstehenden Foto, das von Brassaï nach der Lesung aufgenommen wurde, sieht man ihn ganz links (der fünfte von links, mit verschränkten Armen, ist Picasso; die Frau direkt neben Lacan ist Simone de Beauvoir; der direkt vor ihm auf dem Fußboden sitzende Mann ist Jean-Paul Sartre). Vgl. Elisabeth Roudinesco: Jacques Lacan. Bericht über ein Leben, Geschichte eines Denksystems. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1996, S. 260 f.
nicht derjenige der ersten von Freud definierte Form der Identifizierung: Vgl. S. Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse (1921), GW 13, S. 116.
von der zweiten Form der Identifizierung: Vgl. GW 13, S. 117.
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Mit diesem Satz beginnt offenbar das Nachdenken von Lacan über die Beziehung zwischen Logik und Ausnahme, das in den (ab 1971 entwickelten) Formeln der Sexuierung kulminieren wird, mit dem nicht-kastrierten Vater als Ausnahme.
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wenn Kant das allgemeine und das besondere Urteil unterscheidet und das einzelne Urteil davon isoliert: Vgl. die Urteilstafel in der Kritik der reinen Vernunft, B 95:
Kant unterscheidet hier Quantität, Qualität, Relation und Modalität von Urteilen; das Urteil kann drei Quantitäten haben, es gibt allgemeine, besondere und einzelne Urteile.
– allgemeines Urteil: Alle Menschen sind sterblich.
– besonderes Urteil: Einige Menschen sind sterblich.
– einzelnes Urteil: Sokrates ist sterblich.
Das allgemeine Urteil entspricht der universalen Aussage, das besondere Urteil der partikulären Aussage, das einzelne Urteil der singulären Aussage.Kant arbeitet also anders als die traditionelle Logik nicht mit einer binäre Gliederung der Urteile (allgemeines versus partikuläres Urteil), sondern mit einer ternären Struktur (allgemeines versus besonderes (=partikuläres) versus einzelnes (=singuläres) Urteil.
Lacan rückt hier den „einzigen“ Zug in die Nähe des „einzelnen“ Urteils. Es ist jedoch klar, dass die Bedeutungen von „einzig“ und „einzeln“ sich unterscheiden. Man kann in dem Satz „Er begrüßte jeden einzelnen Gast“ das Wort „einzelnen“ nicht durch „einzigen“ ersetzen, der Satz „Er begrüßte jeden einzigen Gast“ wäre falsches Deutsch. Einzig bedeutet „nur ein“, „nicht mehr als ein“, einzeln meint „gesondert“, „für sich“, „nicht mit anderen zusammen“, es ist nicht ausgeschlossen, dass es noch andere gibt. Wenn ich sage „Ein einzelner Baum stand im Hof“, liegt der Akzent darauf, dass er dort nicht mit anderen Bäumen zusammensteht. Wenn ich sage „Ein einziger Baum stand im Hof“ betone ich, dass es nur ein Baum ist, dass es nicht mehrere Bäume sind.
Die Striche einer Strichliste (vgl. Sitzung vom 6. Dezember 1961, S. {15 f.}) sind „einzelne“ Striche, nicht „einzige“ Striche.
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Otto Jespersen: Negation in English and other languages. Høst, Kopenhagen 1917 (= Det Kgl. Danske Videnskabernes Selskab. Historisk-filologiske Meddelelser. I.5), im Internet hier; darin zu Kants Kategorie der Negation: S. 69-71, 92.
die Qualität: Lacan spricht jetzt über die Kategorientafel in der Kritik der reinen Vernunft, B 106. Kant unterscheidet hier drei Kategorien der Qualität: Realität, Negation und Limitation:
– „Realität“ bezieht sich auf bejahende Urteile, z.B. „Alle Menschen sind sterblich“.
– „Negation“ bezieht sich auf verneinende Urteile, z.B. „Alle Menschen sind nicht sterblich“.
– „Limitation“ bezieht sich auf Urteile vom Typ „Alle Menschen sind unsterblich“.Im Falle der Negation ist es die Beziehung zwischen dem Subjekt und dem Prädikat, die verneint wird (dem Subjekt kommt das Prädikat nicht zu), im Falle der Limitation wird die Beziehung zwischen dem Subjekt und dem Prädikat bejaht (dem Subjekt kommt das Prädikat zu), das Prädikat selbst ist jedoch negativ. Insofern ist die Limitation eine Verbindung von Realität und Negation.
Auch hier arbeitet Kant, anders als die traditionelle Logik, nicht mit einer binären, sondern einer ternären Gliederung, also nicht mit dem Gegensatz von Bejahung und Verneinung, sondern mit der Dreiteilung von Bejahung (Realität), Verneinung (Negation) und Limitation.
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Der Hinweis bezieht sich wohl auf den sogenannten Jespersen-Zyklus, der die geschichtliche Entwicklung des Ausdrucks der Verneinung beschreibt. Jespersen:
„Die Geschichte der negativen Ausdrücke in verschiedenen Sprachen lässt uns die folgende merkwürdige Schwankung beobachten: Das ursprüngliche negative Adverb wird zuerst abgeschwächt, dann als unzureichend empfunden und daher verstärkt, in der Regel durch ein zusätzliches Wort; dies wiederum kann als das eigentliche Negativ empfunden werden und es kann dann im Laufe der Zeit die gleiche Entwicklung durchlaufen wie das ursprüngliche Wort.“
(Jespersen, Negation in English and Other Languages, a.a.O., S. 4, Übersetzung: Wikipedia
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Diese Bemerkung enthält vielleicht eine indirekte Kritik an Jespersen. Dieser hatte geschrieben:
„Kant betrachtet die Negation nicht als etwas, das bisweilen qualitativ und bisweilen quantitativ ist, er hält sie immer für qualitativ. Es erscheint logischer, sie immer als quantitativ aufzufassen, denn selbst in einem so einfachen Satz wie ‚Er schläft nicht‘ beziehen wir uns auf die Menge an Schlaf, die er bekommt, auch wenn diese Menge tatsächlich gleich 0 ist.“
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Alfred Ernout, Antoine Meillet: Dictionnaire étymologique de la langue latine. Histoire des mots Klincksieck, Paris 1931, zahlreiche Auflagen. Hier liest man:
« non : ne … pas, non. Renforcement de la négation ne par l’addition du neutre de unus, ancien oinos, d’où ne oinom, encore reconnaissable dans les formes anciennes noenum, noenu. La formation de non est exactement comparable à celle de nullum, ancien ne oinolom, ou de nihil, ancien ne hilum“ (Auflage von 1951, S. 788)
Diskordanz (…), auf der ich bestanden habe: Lacan bezieht sich hier vermutlich auf seine Deutung das expletiven ne (wie in Je crains qu’il ne vienne) als einer Partikel, die die „Diskordanz“ der Gefühle ausdrückt (vgl. Sitzung vom 17. Januar 1962, S. {7}).
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Man fügt , wenn man „nicht ein“ mit „non unum“ ausdrückt, ein „ein“ hinzu, weil man vergisst, dass das „ein“ bereits im „nicht“ enthalten ist.
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Demnach gibt es für Lacan einen engen Zusammenhang zwischen der Funktion des Subjekts und der Negation.
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Auf diese Auffassung von Pichon und Damourette über die Negation im Französischen hatte Lacan sich im Identifizierungs-Seminar bereits in der Sitzung vom 17. Januar 1962, bezogen, S. {6}.
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Vgl. Jespersen, a.a.O., S. 12.– Vgl. auch den Artikel „naught“ hier.
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Vgl. Lacans Kommentar zu Platons Gastmahl in Seminar 8, Die Übertragung, in den Sitzungen vom 23. November 1960 bis zum 8. Februar 1961, um Sokrates und Alkibiades geht es vor allem in den Sitzungen vom 1. und 8. Februar 1961.
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am Ende des letzten Studienjahres: Vgl. J. Lacan: Seminar 8, Die Übertragung, Sitzungen vom 21. und 28. Juni 1961.
Äquivalenz von narzisstischer Libido und Objektlibido: Vgl. S. Freud: Zur Einführung des Narzissmus (1914), GW 10, S. 137–170.
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Man findet das Schema in Seminar 8, Die Übertragung, in der Sitzung vom 28. Juni 1961, Version Miller/Gondek S. 470. Zu Beginn des laufenden Identifizierungs-Seminars hatte Lacan sich bereits wieder darauf bezogen (Sitzung vom 15. November 1961, S. {2}).
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Vgl. Emmanuel Kant: Critique de la raison pure. Übersetzt von André Tremesaygues und Bernard Pacaud. Zuerst Alcan, Paris 1905, zahlreiche Auflagen.
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Bezug der Liebe auf das Feuchte: Agathon sagt über den Gott Eros:
„So ist er denn der Jüngste und Zarteste, dazu auch von geschmeidiger Gestalt.“
(Platon: Symposion, 196 a, Übersetzung von Barbara Zehnpfennig. Griechisch/deutsch. Meiner, Hamburg 2000)
Das griechische Adjektiv, das hier mit „geschmeidig“ übersetzt wird, ist ὑγρὸς” (hygros), und die Hauptbedeutung dieses Wortes ist „nass“ oder „feucht“. (Hinweis von Ben Hooson in seiner englischen Übersetzung des Identifizierungs-Seminars)
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Liebesbedingung: Freud verwendet den Ausdruck am häufigsten in: Über einen besonderen Typus der Objektwahl beim Manne (1910). In: GW 8, S. 66–77.
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bei dieser hydraulischen Bedingung der Libido-Äquivalenz:Gemeint ist hier die Hydraulik der kommunizierenden Röhren. Freud beschreibt in Zur Einführung des Narzissmus eine entgegengesetzte Struktur:
„Wir sehen auch im groben einen Gegensatz zwischen der Ichlibido und der Objektlibido. Je mehr die eine verbraucht, desto mehr verarmt die andere. Als die höchste Entwicklungsphase, zu der es die letztere bringt, erscheint uns der Zustand der Verliebtheit, der sich uns wie ein Aufgeben der eigenen Persönlichkeit gegen die Objektbesetzung darstellt […].“ (GW 10, S. 141)
Libido-Äquivalenz: In Seminar 20, Encore, wird Lacan sagen:
„Die Liebe, gewiß, gibt Zeichen, und sie ist immer reziprok.“
(Sitzung vom 21. November 1972, Version Miller/Haas u.a. S. 9)
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Ausführlichere Bemerkungen von Lacan zur männlichen Homosexualität findet man in Seminar 5, Die Bildungen des Unbewussten, in der Sitzung vom 29. Januar 1958, Version Miller/Gondek S. 242–249.
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Vgl. den Artikel von Otto Fenichel, auf den Lacan immer wieder hinweist: Die symbolische Gleichung: Mädchen = Phallus. In: Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, 22. Jg. (1936) Heft 3.
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Vgl. Seminar 8, Die Übertragung, Sitzung vom 30. November 1960.
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Offenbar geht es in den letzten beiden Sätzen um den Unterschied zwischen begehren und lieben: Wenn ich mich im anderen begehre, dann liebe ich ihn, statt ihn zu begehren.
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L’os, wörtl. der Knochen, umgangssprachlich auch verwendet für das erigierte männliche Glied: l’os à moelle, wörtl.: der Markknochen.
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im Französischen: Lacan verspricht sich hier, desiderium ist ein lateinisches Wort. Gemeint ist also: das frz. désir kommt aus dem lat. desiderium, desidero – wörtl.: von den Sternen (sidera) erwarten, mit den Bedeutungen: sich sehnen nach, begehren; vermissen, entbehren; verlieren.
- Roussan hat ἔρόν statt ἐραστής.
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Metapher der wahren Liebe: Vgl. in Seminar 8, Die Übertragung, vor allem die Sitzungen vom 23. November, 30. November und 7. Dezember 1960 sowie vom 8. Februar 1961.
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noli me amare: Anspielung auf das „Noli me tangere“ des Johannesevangeliums, „Rühr mich nicht an“, das Jesus nach seiner Auferstehung Maria Magdalena entgegenhält (Joh. 20,17). Die nur im Johannesevangelium erwähnte Szene wurde zum Thema einer langen, weitverbreiteten und kontinuierlichen ikonografischen Tradition in der christlichen Kunst.
ideale Leidenschaft der höfischen Liebe: Dies war Thema in Seminar 7, Die Ethik der Psychoanalyse, in den Sitzungen vom 20. Januar bis zum 10. Februar 1960.
analytischen Regel: Gemeint ist die sogenannte analytische Grundregel, wonach der Analysant alles sagen soll, was ihm einfällt, ohne es zu zensieren, auch genannt „freie Assoziation“. Alkibiades gibt eine exhibitionistische (Liebes-)Erklärung ab; damit folgt er gewissermaßen der analytischen Grundregel. Diese Erklärung wird von Sokrates gedeutet.
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Agathon sagt über Eros:
„Es kommt mir aber in den Sinn, auch etwas im Versmaß zu äußern, nämlich daß Eros es ist,
‚der da schafft Frieden unter den Menschen, dem Meer
aber Stille, ein Schweigen der Stürme und leidlosen Schlaf.‘“ -
Erster Satz von: Paul Valéry: La soirée avec M. Teste, zuerst veröffentlicht 1896, im Internet hier.
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Plutarch: Eine deutsche Übersetzung von Plutarchs Alkibiades-Biographie findet man in: Plutarch: Große Griechen und Römer. Bd. 2. Hg. v. Konrat Ziegler u.a. 3. revidierte. Aufl. De Gruyter, Berlin 2010. Eine griechisch/englische Ausgabe gibt es im Internet hier.
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Sokrates:
„ich, der ich behaupte, nichts anderes zu verstehen als Liebesdinge“.
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Spinoza zufolge besteht das Wesen eines Dings darin, in seinem Sein zu verharren; er nennt dieses Bestreben conatus (vgl. Ethik, Teil III „Über den Ursprung und die Natur der Affekte“ sechster und siebenter Lehrsatz). Beim Menschen manifestiert sich der conatus als „Begierde“ (appetitus oder cupiditas, Ausdrücke, die Spinoza synonym verwendet).
„Begierde (cupiditas) ist des Menschen Wesen selbst, sofern es als durch irgendeine gegebene Erregung derselben zu einer Tätigkeit bestimmt begriffen wird.“
(Ethik, Teil III, „Definitionen der Affekte“, Übersetzung Jakob Stern. Röderberg, Frankfurt am Main 1982, S. 195)
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Im Übertragungs-Seminar hatte Lacan gesagt:
„[…] die Götter, das ist wohl gewiß, gehören dem Realen an. Die Götter, das ist ein Modus der Offenbarung des Realen.“
(Sitzung vom 30. November 1960, Version Miller/Gondek S. 64)
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Gleiten von l‘aphrodite zu l‘affreux doute, damit könnte der Übergang von der Liebe zum Begehren gemeint sein.
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zu einem Gebot zu werden: Das Gebot der Nächstenliebe findet sich bereits in der Tora:
„An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
(3. Moses 19, 18, Einheitsübersetzung)
Wenn Jesus sagt „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Markus 12, 31) zitiert er die Tora.
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„observation“ findet man im Typoskript Version J.L., hier, S. 24; Roussan hat „conversation“.
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auf alternierende Weise: In Freud’scher Terminologie bezieht sich dieser Hinweis möglicherweise auf den Wechsel von Erinnern und Abwehr im Verlauf einer psychoanalytischen Behandlung. Hieran anknüpfend wird Lacan in Seminar 11 vom „Pulsieren“ des Unbewussten sprechen: es zeigt sich um zu verschwinden (vgl. Seminar 11, Sitzung vom 15. April 1964, Version Miller/Haas S. 136; Sitzung vom 2. April 1964, Version Miller/Haas S.150; Sitzung vom 27. Mai 1964, Version Miller/Haas S. 218).
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Dieser Hinweis erinnert daran, dass Alexandre Kojève und Lacan 1936 planten, gemeinsam eine Gegenüberstellung von Hegel und Freud zu verfassen; die Veröffentlichung kam nicht zustande (vgl. Elisabeth Roudinesco: Jacques Lacan. Bericht über ein Leben, Geschichte eines Denksystems. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1996 S. 169–171). Kojéve hielt von 1933 bis 1939 seine Vorlesungen über die Phänomenologie des Geistes, Lacan hielt 1936 seinen Vortrag über das Spiegelstadium.