Jacques Lacan
Seminar XIX, … oder schlimmer
(II) Sitzung vom 15. Dezember 1971
Übersetzung und Erläuterung
Paul Klee, Der Pfeil vor dem Ziel, 1921,
24 x 32 cm, Ölpause und Aquarell auf Papier auf Karton,
Museum of Modern Art, New York
Jacques Lacan:
Seminar XIX (1971/72): „… oder schlimmer“
und
Vortragsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“ (1971/72)
(II) Sitzung vom 15. Dezember 1971
Übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von Rolf Nemitz
Vollständige Übersetzung von Seminar 19 und
Übersetzung von „Das Wissen des Psychoanalytikers“ ab der vierten Sitzung
auf der Grundlage der Staferla-Version und von Tonaufnahmen
Teil 2 von 16 Übersetzungen. Etwa jeden Monat erscheint die Übersetzung einer weiteren Sitzung.
Die übrigen Übersetzungen findet man hier.
In Millers Version des Seminars ist dies Kapitel II, La fonction Φx („Die Funktion Φx“), S. 25–37.
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, zunächst nur deutsch, dann gegenüberstellend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme und auf größere Abweichungen in Millers Version; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben und inhaltliche Erläuterungen.
Einen Überblick über die verschiedenen Ausgaben von Seminar 19 findet man hier.
Herzlichen Dank an Gerhard Herrgott für großzügige Hilfe beim Übersetzen! Anregungen verdanke ich auch der englischen Übersetzung von Adrian Price.1
Zur Übersetzung
Seminar und Vortragsreihe
Jacques-Alain Miller hat in seine Ausgabe von Seminar XIX einen Teil einer Vortragsreihe integriert, die Lacan parallel, unter dem Titel Das Wissen des Analytikers, im Sainte-Anne-Krankenhaus in Paris hielt. Ab der vierten Sitzung vom 3. Februar 1972 beziehen sich diese Vorträge eng auf das Seminar, weshalb Miller sie ab dieser Sitzung in seine Seminar-Edition aufgenommen hat. Ich folge dem Vorbild von Miller und integriere die Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers ab der Sitzung vom 3. Februar 1972 in die Übersetzung von Seminar XIX.
Die ersten drei Sitzungen von Das Wissen des Psychoanalytikers wurden getrennt veröffentlicht: J. Lacan: Je parle aux murs. Entretiens de la chapelle de Sainte-Anne. Le Seuil, Paris 2011. Deutsch: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013.
Textgrundlage
Grundlage der Übersetzung ist:
Version Staferla von Seminar 19:
Jacques Lacan: … ou pire. Auf der Website staferla.free.fr, PDF-Datei, Fassung vom 25.10.2015
Die Lacan-Seminare auf der Staferla-Website werden von Zeit zu Zeit überarbeitet, ohne dass dies kenntlich gemacht wird. Aus diesem Grunde habe ich oben das Datum der von mir verwendeten Fassung angegeben.2 Zur Sicherheit habe ich diese Fassung der Staferla-Version hier gespeichert.
Die Transkription der Staferla-Version wurde von mir mit einer Tonbaufnahme der Sitzung und mit der von Jacques-Alain Miller erstellten (redaktionell bearbeiteten) Version verglichen und an wenigen Stellen geändert. In Zweifelsfällen wurde die Stenotypie des Seminars und der Vortragsreihe, die man auf der Website der École lacanienne de psychanalyse findet, zu Rate gezogen. Wortwiederholungen, bei denen offenkundig ist, dass Lacan nach einer Formulierung sucht, habe ich gestrichen; Betonungs-Adverbien wie justement oder précisément habe ich nicht immer mitübersetzt. Der Schnitt der Sätze (Punkt oder Semikolon oder Komma) sowie die Orthografie wurden bisweilen verändert. Die Gliederung in Absätze ist von mir.
Stenotypien des Seminars und der Vortragsreihe gibt es auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) hier. Tonaufnahmen von Seminar 19 und der Vortragsreihe Das Wissen des Psychoanalytikers findet man auf der Website von Patrick Valas, valas.fr, hier. Millers Version ist: J. Lacan: Le séminaire, livre XIX. … ou pire. 1971–1972. Textherstellung durch Jacques-Alain Miller. Le Seuil, Paris 2011.
Zur Notation
– Ein doppelter Bindestrich, also: --, markiert, dass an dieser Stelle ein Satz grammatisch unvollständig abbricht.
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in runden Klammern enthalten Formulierungen des französischen Originals.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Einfügungen in spitzen Klammern: Ersatz für vermutlich ausgefallenen Text.
– Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z..B. [10], verweisen auf die Seitenzahlen der Stenotypie von Seminar 19 auf der Website der École lacanienne de psychanalyse, hier.
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe des Seminars bei Le Seuil.
Sitzung vom 15. Dezember 1971
Tonaufnahme und Stenotypie
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Stenotypie der Sitzung vom 15. Dezember 1971 hier (von der Website der École lacanienne de psychanalyse)
Deutsch
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Seminar XIX von 1971/72, „… oder schlimmer“
Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, Rechtsfakultät, Place du Panthéon
{25} Man hat mir das heute früh gegeben, man hat mir das heute früh gebracht, man hat mir damit heute früh ein Geschenk gemacht: mit einem kleinen Stift. Wenn Sie wüssten, dass es für mich schwierig ist, einen Stift zu finden, der mir gefällt, dann würden Sie spüren, na ja, wie sehr mir das gefallen hat; und bei der Person, die ihn mir gebracht hat und die vielleicht hier ist, bedanke ich mich. Das ist eine Person, die mich, wie man sagt, bewundert. [Gelächter] Dass man mich bewundert, ist mir egal. [Gelächter] Was ich mag, ist, dass man mich gut behandelt. [Gelächter] Doch selbst bei denen kommt das selten vor.
Gut, wie auch immer, ich habe ihn sofort verwendet um zu schreiben, und von da gehen meine Überlegungen aus. Es ist eine Tatsache – zumindest für mich –, dass ich, wenn ich schreibe, etwas finde. Das heißt nicht, dass ich, wenn ich nicht schriebe, nichts fände, aber na ja, ich würde es vielleicht nicht bemerken.
Die Idee, die ich letztlich zur Funktion von l’écrit habe, zur Funktion der Schrift / des Geschriebenen – die ja dank einiger kleiner Schlauköpfe auf der Tagesordnung steht und wozu ich vielleicht nicht allzu sehr Partei ergreifen wollte, aber man zwingt mich, warum auch nicht –, die Idee, die ich dazu habe, kurz gesagt – und das hat in einigen Fällen vielleicht zur Verwirrung geführt –, ich möchte sie so formulieren, ganz direkt, ganz massiv. Denn gerade heute habe ich mir gesagt, dass die Schrift sehr nützlich sein kann, dafür, dass ich etwas finde. Aber etwas zu schreiben, um mir hier, sagen wir, die Ermüdung zu ersparen oder das Risiko oder noch andere Dinge, über die ich zu Ihnen sprechen möchte, das bringt letztlich keine besonders guten Ergebnisse. Es ist besser, dass ich nichts zum Vorlesen habe. Im Übrigen ist das nicht dieselbe Art von Geschriebenem: das Geschriebene, bei dem ich von Zeit zu Zeit|{26} einige Funde mache, und das Geschriebene, mit dem ich vorbereiten kann, was ich hier zu sagen habe. Und dann gibt es auch noch das Geschriebene, das für den Druck bestimmt ist, was noch mal etwas ganz anderes ist, und das in keinem Verhältnis --, oder genauer, bei dem es unpassend wäre anzunehmen, dass das, was ich vielleicht mal geschrieben habe, um zu Ihnen zu sprechen, ein völlig akzeptables Geschriebenes ausmacht und dass ich es sammeln würde. Also gehe ich das Risiko ein, einfach so zu sprechen, womit ein Sprung gewagt wird.
Die Idee, die ich zum Geschriebenen habe – um sie zu verorten, um von da auszugehen, später könnte man ja, sagen wir, zwei Punkte sicherlich diskutieren: das ist die Wiederkehr des Verdrängten.
Und in einigen meiner Schriften hat das ja vielleicht zur Verwirrung führen können. Das heißt, wenn es manchmal so schien, als habe ich Anlass dazu gegeben, dass man annimmt, ich würde den Signifikanten und den Buchstaben gleichsetzen, dann ist das deshalb so, weil er mich als Buchstabe am meisten berührt, mich als Analytiker. Den Signifikanten, den verdrängten Signifikanten, sehe ich am häufigsten als Buchstabe wiederkehren, derart, dass ich ihn, diesen Signifikanten, in Das Drängen des Buchstabens schließlich mit einem Buchstaben / einem Brief verbildliche. Und im Übrigen muss ich sagen, das ist umso mehr berechtigt, als alle es so machen.
Als man zum ersten Mal das Gebiet der Logik im engeren Sinne betritt – es geht um Aristoteles und um die Analytiken –, na ja, da bedient man sich ebenfalls des Buchstabens, keineswegs auf dieselbe Art und Weise wie die, bei welcher der Buchstabe an den Platz des wiederkehrenden Signifikanten zurückkehrt. Er kommt dahin, um einen Platz zu markieren, den Platz eines Signifikanten, eines Signifikanten nämlich, der herumliegt, der zumindest überall herumliegen kann. Gut. Man sieht jedoch, dass der Buchstabe gewissermaßen dafür gemacht ist, und man nimmt wahr, dass er umso mehr dafür gemacht ist, als er sich zunächst auf diese Weise manifestiert.
Ich weiß nicht, ob Ihnen das ganz klar ist, aber ich hoffe ja, dass Sie darüber nachdenken werden, denn das setzt immerhin etwas voraus, das in dem, was ich vorbringe, nicht gesagt ist. Wenn der Signifikant nicht da ist, wenn er abgedriftet ist, nicht wahr, wenn er abgehauen ist, dann muss es vom Signifikanten zum Buchstaben eine Art Transmutation geben, wobei man sich fragen sollte, wie das zustande kommen kann. Das ist jedoch nicht das, worauf ich mich heute einlassen möchte, dazu komme ich vielleicht ein andermal. Gut.
Jedenfalls lässt sich nicht vermeiden, dass man mit dem Thema des Buchstabens in einem Feld zu tun bekommt, das sich Mathematik nennt, an einem Ort, an dem man nicht einfach irgendwas schreiben kann. Natürlich, das ist nicht --; auch darauf werde ich mich nicht einlassen. Ich weise Sie einfach darauf hin, dass es das ist, wodurch dieser Bereich sich auszeichnet, und wahrscheinlich ist das sogar das, wodurch etwas konstituiert wird, worauf |{27} ich mich hier, also hier im Seminar, noch nicht bezogen habe, das ich aber doch in einigen Bemerkungen vorgebracht habe, bei denen sicherlich manche von denen, die hier sind, anwesend waren, nämlich in Sainte-Anne, als ich die Frage stellte, was man als Mathem bezeichnen könnte, wobei ich bereits behauptet habe, dass es der Dreh- und Angelpunkt jeder Lehre ist, anders gesagt, dass es Lehre nur als mathematische gibt, das Übrige ist ein Scherz.
Das liegt natürlich an einem Status der Schrift, der anders ist als der, den ich zunächst angegeben habe. Und die Verbindung – na ja, im Verlauf dieses Jahres, bei dem, was ich Ihnen zu sagen habe –, das ist das, was ich versuchen werde herzustellen.
*
Bis dahin besteht meine Schwierigkeit – also diejenige, an der ich trotz allem festhalte, ich weiß nicht, ob das an mir liegt oder eher an Ihrem Andrang –, besteht meine Schwierigkeit darin, dass mein eigenes Mathem, angesichts des Diskursfeldes, das ich zu etablieren habe, na ja, immer an Blödsinn grenzt.
Mit dem, was ich Ihnen gesagt habe, versteht sich das von selbst, denn insgesamt geht es um Folgendes: Das sexuelle Verhältnis, il y en a pas, es gibt keins. Man müsste das h, i, h, a, n und appât schreiben, mit zwei p, einem Zirkumflex und am Schluss einem t: hi-han appât, „i-a-Köder“. [Gelächter]
Man darf das natürlich nicht verwechseln – sexuelle Beziehungen, es gibt nichts anderes, aber sexuelle Begegnungen, dass geht immer daneben, selbst und vor allem dann, wenn es ein Akt ist. Gut, na ja, gehen wir weiter. [Gelächter] Das ist das, was mir immerhin eine solche Bemerkung eingebracht hat. Ich hätte gern, während noch Zeit ist, dass --, denn man wird es sehen müssen, man wird immerhin Dinge sehen müssen bezogen auf --.
*
Das ist eine sehr gute Einführung, das ist etwas Wesentliches und das ist die Metaphysik von Aristoteles. Mir wäre es wirklich lieb, wenn Sie das gelesen hätten. Um hier – also wenn ich dahin kommen werde, ich weiß nicht, Anfang März –, um hier zu sehen, wie sich das auf unsere eigene Sache bezieht, dafür müssten Sie das wirklich gelesen haben. Natürlich ist es nicht das, worüber ich zu Ihnen sprechen werde. Nicht, dass ich die Blödheit nicht bewundere, ich möchte sogar mehr sagen: Ich werfe mich ihr zu Füßen.
Sie jedoch werfen sich ihr nicht zu Füßen, Sie sind bewusste und organisierte Wähler, Sie stimmen nicht für Blödmänner, das ist das, was Ihnen abgeht. [Gelächter] Ein glückliches politisches System müsste es der Blödheit erlauben, ihren Platz zu haben, und im Übrigen laufen die Dinge nur gut, wenn es die Blödheit ist, die dominiert. Was allerdings kein Grund ist, sich ihr zu Füßen zu werfen.
{28} Also, der Text, den ich nehmen werde, ist wirklich eine Glanzleistung, ein exploit – eine Glanzleistung, wie es viele gibt, die, wenn ich so sagen kann, unerschlossen sind, inexploités: Was uns hier helfen wird, ist Platons Parmenides. Um ihn jedoch wirklich zu verstehen, um letztlich das Profil zu verstehen, das es bei diesem Text gibt, der nun wirklich nicht blöd ist, muss man die Metaphysik von Aristoteles gelesen haben.
Und schließlich hoffe ich --; ich hoffe, da ich, wenn ich empfehle, die Kritik der reinen Vernunft wie einen Roman zu lesen, einen Roman der praktischen Vernunft – das ist äußerst humorvoll –, da ich nicht weiß, ob jemand diesen Rat je befolgt hat und es ihm gelungen ist, ihn wie ich zu lesen, man hat mich darüber nicht unterrichtet. Das steht irgendwo in Kant mit Sade, worüber ich nie weiß, ob jemand das gelesen hat. Also ich werde dasselbe noch mal tun, ich werde Ihnen sagen: Lesen Sie die Metaphysik von Aristoteles, und ich hoffe, dass Sie dann wie ich spüren, das ist echt blöd. Also ich möchte mich nicht lange darüber ausbreiten, das sind so kleine Randbemerkungen, natürlich, die mir einfallen. Das kann, wenn man das liest, alle nur verblüffen – wenn man den Text liest natürlich.
Es geht nicht um die Metaphysik von Aristoteles schlechthin in ihrem Wesen, im Signifikat, in all dem, was man Ihnen ausgehend von diesem großartigen Text erläutert hat, das heißt in all dem, was für diesen Teil der Welt, in dem wir sind, die Metaphysik ausgemacht hat, denn von da ist alles ausgegangen, das ist wirklich sagenhaft. Man spricht vom Ende der Metaphysik – mit welchem Recht? Solange es dieses Buch gibt, wird man immer Metaphysik betreiben können.
Dieses Buch ist ein Buch, das unterscheidet sich klar von der Metaphysik; das, worüber ich eben gesprochen habe, ist ein geschriebenes Buch. Man hat ihm einen Sinn gegeben, den man „Metaphysik“ nennt, man muss den Sinn und das Buch jedoch unterscheiden. Natürlich, sobald man ihm einmal all diesen Sinn gegeben hat, ist es nicht leicht, zum Buch zurückzufinden. Falls Sie wirklich zu ihm zurückfinden, werden Sie sehen, dass jedoch Leute, die eine Disziplin haben, die existiert und die sich Methode nennt – historische, kritische, exegetische Methode, alles was Sie wollen –, Leute, die in der Lage sind, den Text offensichtlich auf eine bestimmte Weise zu lesen, bei der sie sich aus dem Sinn aussperren –; und wenn man sich den Text anschaut, nun ja, da kommen einem natürlich Zweifel.
Ich möchte sagen, da ja --, weil es das Hindernis aus all dem, was man davon verstanden hat, nur auf universitärer Ebene geben kann und da es die Universität nicht immer schon gibt, hat man ja in der Antike, drei oder vier Jahrhunderte nach Aristoteles, angefangen, Zweifel an diesem Text zu äußern, die allerernsthaftesten natürlich, da man noch zu lesen verstand. Man hat Zweifel daran geäußert, man hat gesagt, es handle sich um Serien von Notizen oder auch, es sei ein Schüler, der das gemacht hat, der Sachen zusammengestellt habe. Ich muss sagen, dass ich keineswegs überzeugt bin, vielleicht deshalb nicht, weil ich gerade ein Buch eines gewissen Michelet gelesen habe – |{29} nicht der unsrige, nicht unser Dichter; wenn ich sage „unser Dichter“, will ich damit sagen, dass ich ihn, den unsrigen, sehr hoch einstufe. Das ist [vielmehr] ein Typ, der an der Universität von Berlin war, der ebenfalls Michelet hieß und der ein Buch über die Metaphysik von Aristoteles geschrieben hat, genau darüber, weil die historische Methode, die damals florierte, ihn mit den Zweifeln, die geäußert wurden, ein bisschen geärgert hatte, mit Zweifeln nicht ohne Grundlage, denn sie gehen bis weit in die Antike zurück. Ich muss sagen, dass Michelet nicht dieser Ansicht ist, und ich auch nicht.
Denn wirklich, wie soll ich sagen: Wenn es um die Authentizität geht, liefert der Blödsinn den Beweis. Was dominiert, ist, wenn ich so sagen kann, die Authentizität des Blödsinns. Mag sein, dass der Ausdruck authentisch, der bei uns immer so ein klein wenig kompliziert ist, mit griechischen etymologischen Resonanzen --; es gibt Sprachen, in denen das besser repräsentiert wird, nämlich als echt*, ich weiß nicht, wie man daraus ein Nomen bildet, das muss Echtigkeit* sein oder etwas derartiges, nicht so wichtig. Es gibt ja nichts Authentischeres als den Blödsinn. Also, diese Authentizität ist vielleicht nicht die Authentizität von Aristoteles, aber die Metaphysik – ich spreche vom Text – ist authentisch, das kann nicht aus Teilen oder Stücken gemacht sein, das ist immer auf der Höhe dessen, was ich jetzt so nennen muss – wobei ich jetzt begründen muss, warum ich es so nenne –, auf der Höhe des Blödsinns.
Der Blödsinn, das ist Folgendes, das ist das, worin man eintritt, wenn man die Fragen auf einer bestimmten Ebene stellt, auf derjenige nämlich, die durch die Tatsache der Sprache bestimmt ist, und wenn man sich ihrer wesentlichen Funktion nähert, die darin besteht, all das auszufüllen, was die Tatsache, dass es hier kein sexuelles Verhältnis geben kann, an Klaffendem zurücklässt; und das besagt, dass kein Geschriebenes dem irgendwie auf befriedigende Weise Rechnung tragen kann, auf eine Weise, die als Produkt der Sprache geschrieben wäre.
Denn selbstverständlich können wir, seit wir die Gameten gesehen haben, an die Tafel schreiben: homme – Mann/Mensch = Träger von Spermatozoen, was allerdings eine etwas eigenartige Definition wäre, denn nicht nur er trägt sie, es gibt haufenweise Tiere mit diesen Spermatozoen, Spermatozoen von Männern. Fangen wir also an, über Biologie zu sprechen – warum sind die Spermatozoen von hommes eben diejenigen, die der homme trägt? Denn da es Spermatozoen des homme sind, die den homme ausmachen, dreht sich das hier im Kreis. Aber was soll’s, man kann das schreiben.
Allerdings hat das nichts mit irgendetwas zu tun, das, wenn ich so sagen kann, an Sinnvollem geschrieben werden könnte, das heißt, das in einem Verhältnis zum Realen stände. Weil es biologisch ist, ist es deswegen nicht realer, es ist die Frucht der Wissenschaft, die sich Biologie nennt; das Reale ist etwas anderes.
Das Reale ist das, wovon die gesamte Funktion der Signifikanz beherrscht wird. Das Reale ist das, dem Sie eben darin begegnen, dass Sie in der Mathematik nicht einfach |{30} irgendwas schreiben können.
Das Reale ist darin verwickelt, dass Sie, bei dem, was unsere allgemeinste Funktion ist – Sie baden in der Signifikanz –, na ja, dass Sie da nicht alle Signifikanten zugleich erwischen können, nicht wahr, das ist eben durch ihre Struktur untersagt. Wenn Sie ein paar davon haben, ein Paket davon, dann haben Sie nicht mehr die anderen, sie sind verdrängt. Das heißt nicht, dass Sie sie nicht dennoch sagen, Sie sagen sie ja inter, dazwischen, sie sind inter-dits, unter-sagt. Das hindert Sie nicht daran, sie zu sagen, aber Sie sagen sie zensiert. Entweder hat alles, was Psychoanalyse ist, keinen Sinn, gehört in den Papierkorb, oder was ich Ihnen da sage, muss Ihre erste Wahrheit sein. Also das ist das, worum es in diesem Jahr gehen wird.
Von daher, dass man sich auf einer bestivmmten Ebene verortet – Aristoteles oder nicht, jedenfalls der Text ist da, authentisch –, wenn man sich auf einer bestimmten Ebene verortet, versteht sich das nicht von selbst. Es ist fesselnd zu sehen, wie jemand, der so scharfsinnig ist, so gelehrt, so aufgeweckt, so klar, wie er hier derart ins Schwimmen gerät. Und warum? Weil er Fragen zum Prinzip aufwirft. Natürlich hat er nicht die geringste Vorstellung davon, dass das Prinzip dies ist, nämlich dass es kein sexuelles Verhältnis gibt. Er hat keine Vorstellung davon, man sieht jedoch, dass er sich sämtliche Fragen einzig und allein auf dieser Ebene stellt.
Und dann das, was aus ihm herauskommt wie die Taube aus dem Zylinder, wo er doch einfach eine Frage gestellt hat, deren Natur er nicht kennt. Sie verstehen, dass ist wie der Zauberer, der glaubt, es reingesteckt zu haben – man muss das Kaninchen, das rauskommen soll, ja vorher reinstecken, das ist klar –, und dann holt er ein Nashorn raus. Genau so ist das bei Aristoteles.
Denn wo ist das Prinzip? Wenn es die Gattung ist, aber nun ja, wenn es die Gattung ist, wird er ärgerlich, denn – ist es dann die allgemeine Gattung oder die speziellste Gattung? Es ist offensichtlich, dass die allgemeinste die wesentlichste ist, dass jedoch die speziellste das liefert, was jeder an Einmaligem hat. Also ohne sich auch nur klarzumachen --; Gott sei Dank, denn deswegen wirft er sie nicht durcheinander, denn die Geschichte mit der Wesentlichkeit und die Geschichte mit der Einmaligkeit, das ist dasselbe oder genauer, das ist bei dem, was er untersucht, homonym, Gott sei Dank wirft er sie nicht durcheinander. Das ist nicht das, woraus er sie hervorgehen lässt.
Er sagt sich: Ist das Prinzip das Eins oder ist das Prinzip vielmehr das Sein? Und in diesem Moment verheddert sich das gewaltig. Da es um jeden Preis so sein soll, dass das Eins ist und dass das Sein Eins ist, geraten wir ins Schleudern. Denn das Mittel, um keinen Blödsinn zu reden, besteht ja darin, sie rigoros zu trennen. Genau das werden wir später versuchen.
Soviel zu Aristoteles.
*
{31} Ich habe Ihnen angekündigt – diesen Schritt habe ich bereits letztes Jahr getan –, dass man dieses Nicht-Verhältnis, wenn ich mich so ausdrücken kann, schreiben muss. Man muss es auf jeden Fall schreiben, ich meine, man muss das andere Verhältnis schreiben, dasjenige, durch das die Möglichkeit, dieses hier zu schreiben, verstopft wird.
Und bereits im letzten Jahr habe ich einige Dinge an die Tafel geschrieben, bei denen ich es letztlich nicht schlecht finde, sie zunächst einmal hinzusetzen.
Natürlich gibt es hier etwas Willkürliches. Ich werde mich nicht dadurch entschuldigen, dass ich bei Mathematikern Schutz suche. Die Mathematiker tun, was sie wollen, und ich mach’s genauso. Dennoch, einfach für diejenigen, die das Bedürfnis haben, mir Entschuldigungen zu liefern: Ich kann darauf hinweisen, dass man in den Elementen von Bourbaki damit anfängt, die Buchstaben hinzuknallen, ohne auch nur das Geringste darüber zu sagen, wozu sie dienen können. Ich spreche --. Nennen wir das geschriebene Symbole, denn das ähnelt nicht einmal irgendeinem Buchstaben, und diese Symbole repräsentieren etwas, das man Operationen nennen kann. Es wird absolut nichts darüber gesagt, um welche es sich handelt; erst zwanzig Seiten später wird es damit losgehen, dass man das ableiten kann, rückwirkend, ausgehend davon, wie sie verwendet werden.
So weit werde ich überhaupt nicht gehen, ich möchte sofort versuchen, die Frage aufzuwerfen, was die Buchstaben, die ich geschrieben haben werde, bedeuten. Da ich jedoch annehme, dass es für Sie weitaus komplizierter wäre, wenn ich sie nacheinander anbrächte, in dem Maße, in dem sie Leben gewinnen, in dem sie den Wert von Funktionen annehmen, ziehe ich es vor, diese Buchstaben als das hinzustellen, worum sich meine Ausführungen später werden drehen müssen.
Da Sie aufhören, mich zu verstehen, wenn ich mich zur Tafel drehe, gibt es zwei Vorgehensweisen, entweder ich schreibe schweigend und danach spreche ich, oder ich spreche ein klein bisschen weiter, falls Sie es Ihnen gelingt, sich in Reichweite meiner Stimme zu halten. [Gelächter] Also, verstehen Sie mich?
Bereits im letzten Jahr habe ich geglaubt, das, worum es sich handelt, festhalten zu können und was ich – aus Gründen, die den Charakter von Versuchen haben – glaube schreiben zu können wie in der Mathematik, die Funktion nämlich, die dadurch gebildet wird, dass eine Jouissance existiert – ein Genuss, eine Lust –, die als sexuelle Jouissance bezeichnet wird und die eben das ist, was für das [sexuelle] Verhältnis ein Hindernis bildet.
Dass die sexuelle Jouissance dem sprechenden Wesen die Tür zur Jouissance auftut, und spitzen Sie hier ein wenig die Ohren, achten Sie darauf, dass die Jouissance, wenn wir sie kurz einfach so nennen, für einige |{32} vielleicht die Jouissance ist, ich schließe das nicht aus, aber das ist wirklich nicht die sexuelle Jouissance.
Man kann dem Text von Sade das Verdienst anrechnen, dass er die Dinge beim Namen genannt hat: jouir – genießen –, das heißt, einen Körper zu genießen, jouir, das heißt, ihn zu umarmen, das heißt, ihn zu umklammern, das heißt, ihn in Stücke zu zerlegen. Im Recht bedeutet, jouissance an etwas zu haben – den Nießbrauch an etwas zu haben –, eben dies, dass man etwas wie einen Körper behandeln kann, das heißt, es zerstören kann, nicht wahr. Das ist die regulärste Art von Jouissance, darum haben diese Aussagen immer eine Sade’sche Resonanz. Man darf Sade’sche nicht mit sadistische verwechseln, denn über den Sadismus ist ja so viel Blödsinn geredet worden, dass der Ausdruck entwertet ist. Mehr sage ich nicht zu diesem Punkt.
Das, was durch die Beziehung des Signifikanten zur Jouissance hergestellt wird, ist das, was ich mit der folgenden Notation ausdrücke: Φ von x [geschrieben: Φx].
Das heißt, das x bezeichnet nur einen Signifikanten. Ein Signifikant / ein Bezeichnendes, das kann jeder von Ihnen sein, jeder von Ihnen genau auf der Ebene, auf der dünnen Ebene, auf der Sie als sexuiert existieren. Was die Dicke angeht, ist sie, wenn ich so sagen darf, sehr dünn. Der Fläche nach ist sie jedoch weitaus größer als bei den Tieren, bei denen Sie, wenn sie nicht in der Brunft sind, nicht das unterscheiden, was ich im letzten Seminar den kleinen Jungen und das kleine Mädchen genannt habe. Die jungen Löwen beispielsweise sind sich in ihrem Verhalten völlig ähnlich, Sie jedoch nicht, und zwar deshalb nicht, weil Sie sich eben als Signifikant / als Bezeichnende sexuieren.
Also es geht hier nicht darum, die Unterscheidung zu treffen, den Mann-Signifikanten als etwas zu kennzeichnen, das vom Frau-Signifikanten unterschieden ist, das eine X zu nennen und das andere Y, denn genau das ist hier die Frage, nämlich wie man sich unterscheidet. Deshalb setzte ich das x an den Platz des Lochs, das ich im Signifikanten bilde, das heißt, dass ich dieses x hier als gebundene Variable einsetze. Was besagt, dass ich jedes Mal, wenn ich mit diesem sexuellen Signifikanten zu tun haben werde – also mit diesem Etwas, das sich auf die Jouissance bezieht –, dass ich dann mit Φ von x zu tun haben werde.
Und es gibt unter diesen x einige, bestimmte, spezifizierte, die so sind, dass man schreiben kann: „Für jedes beliebige x: Φ von x“. Das heißt, dass [hier] das funktioniert, was in der Mathematik als Funktion bezeichnet wird, das heißt, dass das so geschrieben werden kann: ∀x.Φx.
Also ich werde Ihnen sofort sagen, je vais éclairer, ich werde aufklären. Also aufklären – nur Sie werden natürlich aufgeklärt sein, einen kleinen Moment lang werden Sie aufgeklärt sein. Wie die Stoiker sagten, nicht wahr: „Wenn es Tag wird, wird es hell.“ Was mich angeht, so gehöre ich offensichtlich, wie ich das auf den Rückdeckel meiner Schriften gesetzt habe, zur parti des Lumières, zur Partei der Aufklärung: j’éclaire, ich leuchte – natürlich in der Hoffnung auf den Tag X. Allerdings ist genau er das, was in Frage steht, der Tag X, es wird ihn nicht bereits morgen geben. Der erste Schritt, der bei der |{33} philosophie des Lumières getan werden muss, bei der Philosophie der Aufklärung, besteht darin, dass man weiß, dass der Tag nicht angebrochen ist; der Tag, um den es geht, ist derjenige de quelque petites lumières, der einiger kleiner Lichter in einem Feld, das völlig dunkel ist. Weshalb Sie glauben werden, dass es hell wird, wenn ich Ihnen sage, dass Φ von x diejenige Funktion bedeutet, die Kastration heißt.
Da Sie zu wissen glauben, was Kastration ist, nehme ich an, dass Sie zufrieden sind – einen Moment lang zumindest. [Gelächter] Gut, stellen Sie sich vor, dass ich, wenn ich all das an die Tafel schreibe und damit fortfahre, dass ich es deshalb tue, weil ich überhaupt nicht weiß, was Kastration ist, und weil ich hoffe, mit diesem Buchstabenspiel zu erreichen, dass endlich der Tag anbricht, nämlich dass man weiß, dass die Kastration etwas ist, wobei man durch das hier hindurchgehen muss. Und dass es keinen soliden Diskurs geben wird – das heißt, einen Diskurs, der nicht die Hälfte seines Status und seiner Konditionierung im Schatten ließe –, solange man das nicht weiß. Und man wird es nur wissen, wenn man auf verschiedenen Ebenen von topologischen Beziehungen etwas hat spielen lassen, nämlich eine bestimmte Art, die Buchstaben zu ändern und zu sehen, wie sich das aufteilt.
Bis dahin sind Sie dabei auf kleine Geschichten reduziert, also dass Papa gesagt hat: „Man wird ihn dir abschneiden“, na ja, als ob das nicht der typische Blödsinn wäre. Nun, irgendwo gibt es einen Ort, an dem man sagen kann, dass alles, was an Signifikant artikuliert wird, unter das Φx fällt, unter die Funktion der Kastration [∀x Φx].
Wenn man die Dinge so formuliert, hat das einen kleinen Vorteil. Es mag Ihnen ja in den Sinn kommen, dass ich, als ich vorhin – nicht ohne Absicht, ich bin raffinierter als ich aussehe –, als ich Ihnen zum Thema der Untersagung mit der Bemerkung kam, dass nicht alle Signifikanten zusammen da sein können, niemals, dass dies vielleicht in einem Verhältnis [zur Kastration] steht. Ich habe nicht gesagt, „das Unbewusste gleich die Kastration“, ich habe gesagt, dass das viel miteinander zu tun hat. Natürlich, wenn man so schreibt, Φ von x, dann heißt das, eine Funktion zu schreiben, deren Tragweite, wie Aristoteles sagen würde, unglaublich allgemein ist.
Was besagt, dass das Verhältnis zu einem bestimmten Signifikanten – Sie sehen, dass ich ihn noch nicht genannt habe, aber sprechen wir ihn endlich aus –, zu einem Signifikanten, der beispielsweise ein Mann ist --. All das ist mühsam, weil vieles aufzurühren ist, und weil das außerdem nie jemand vor mir gemacht hat; das läuft jeden Moment Gefahr, dass es mir auf den Kopf rasselt.
Ein Mann, ich habe nicht gesagt: der Mann. Allerdings ist doch ziemlich komisch, dass man zum Jungen, bei der üblichen Verwendung des Signifikanten, „Sei ein Mann!“ sagt. Man sagt zu ihm nicht: „Sei der Mann!“, nein, man sagt zu ihm: „Sei ein Mann!“ – warum? Es ist merkwürdig, dass nicht oft gesagt wird: „Sei eine Frau!“, dass man jedoch von „der“ Frau spricht, bestimmter Artikel. Über den |{34} bestimmten Artikel ist viel spekuliert worden, aber nun ja, wir werden darauf zurückkommen, wenn es nötig sein sollte. Was ich Ihnen einfach sagen möchte, ist dies, dass das, was als Φ von x geschrieben wird, Folgendes bedeutet. Ich sage nicht einmal: Genau diese beiden Signifikanten, sondern: Diese und eine Reihe weiterer Signifikanten, die sich damit verbinden, haben also zur Wirkung, dass man nicht mehr über das Gesamt der Signifikanten verfügen kann und dass dies vielleicht ein erster Zugang zu dem ist, worum es bei der Kastration geht, natürlich unter dem Gesichtspunkt dieser mathematischen Funktion, die von meinem Geschriebenen imitiert wird.
Zunächst einmal bitte ich Sie um nicht mehr als darum, zu erkennen, dass hier eine Imitation vorliegt. Das heißt nicht, dass das für mich, der ich bereits darüber nachgedacht habe, nicht sehr viel weiter geht. Denn es gibt ja die Möglichkeit zu schreiben, dass es für alle x funktioniert [∀x].
*
Das ist das Eigentümliche einer Schreibweise, die aus dem ersten Logik-Abriss hervorgegangen ist, für den Aristoteles verantwortlich ist, was ihm dieses Ansehen verliehen hat, was daran liegt, dass sie, die Logik, ungeheuer jouissif ist, ungeheuer lusterregend, eben deshalb, weil das mit dem Feld der Kastration verbunden ist.
Denn wie könnten Sie im Verlauf der Geschichte begründen, dass eine Periode, die als Zeit so reichhaltig war, als Intelligenz so glühend, als Produktion so üppig wie unser Mittelalter, dass eine solche Periode in Sachen Logik, und zwar der aristotelischen, dermaßen in Erregung geraten konnte? Dass sie das in diesen Zustand versetzt hat – denn das hat Massen in Bewegung versetzt, da das, durch Vermittlung der Logiker, theologische Konsequenzen hatte, wobei das -logische das theo- in weitem Maße beherrschte, nicht wie bei uns, wo es nur noch das theo gibt, das in seiner Blödheit ganz solide fortbesteht und wo die Logik sich etwas verflüchtigt hat –, das sie das in diesen Zustand versetzt hat, liegt daran, dass diese Geschichte jouissif ist, lusterregend.
Daher rührt übrigens das gesamte Ansehen, das sich, in der Konstruktion von Aristoteles, auf die berühmte Metaphysik ausgewirkt hat, wo er voll loslegt.
Auf dieser Ebene jedoch, denn ich werde Ihnen heute keine Vorlesung zur Geschichte der Logik halten --; wenn Sie einfach zur Ersten Analytik greifen würden, die genauer Analytica priora genannt wird. Selbst denjenigen, die, auch wenn das faszinierend ist, nie den Mut haben werden, sie zu lesen – die meisten natürlich –, ihnen empfehle ich dennoch, in dem, was Buch I, Kapitel 46 genannt wird, nicht wahr, nachzulesen, was Aristoteles darüber vorbringt, was es mit der Negation auf sich hat, das heißt über den Unterschied, den es gibt, wenn man sagt „Der Mensch ist nicht weiß“, nämlich ob dies das Gegenteil ist von „Der Mensch ist weiß“ oder ob – wie viele Leute annahmen, bereits zu seiner Zeit annahmen, das hat das jedoch nicht zu einem Abschluss geführt –, oder ob das Gegenteil von „Der Mensch ist weiß“ darin besteht, dass man sagt „Der Mensch ist nicht-weiß“. |{35} Das ist absolut nicht dasselbe. Ich denke, dass allein schon dadurch, dass man das so formuliert, der Unterschied spürbar ist.
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Es ist jedoch sehr wichtig, dieses Kapitel zu lesen, denn man hat Ihnen so viel über die Prädikatenlogik erzählt, zumindest denjenigen, die bereits versucht haben, sich an Orten herumzudrücken, wo man über diese Dinge spricht, dass Sie denken könnten, in der Prädikatenlogik sei der Syllogismus vollständig enthalten. Das ist ein kleiner Hinweis, den ich am Rande gebe, da ich mich dabei nicht aufhalten wollte; vielleicht werde ich Zeit haben, das eines Tages wieder aufzugreifen.
Ich möchte einfach sagen, dass es Anfang des neunzehnten Jahrhunderts – als Voraussetzung dafür, dass ich das so schreiben kann [∀x Φx] – einen wesentlichen Umbruch gegeben hat, nämlich den Versuch, diese Logik auf etwas anzuwenden, wobei ich Sie bereits hingewiesen habe, dass es einen Sonderstatus hat, nämlich auf den mathematischen Signifikanten. Das hat zu dieser Schreibweise geführt, von der ich denke, dass ich später Zeit haben werde, Sie deren Profil und Originalität spüren zu lassen, nämlich dass das keineswegs mehr dasselbe aussagt wie die Propositionen – denn darum geht es –, die im Syllogismus funktionieren.
Nämlich, wie ich das bereits im letzten Jahr geschrieben habe, das Negationszeichen auf die Ebene zu setzen, auf der es das große A gibt [], das ist eine Möglichkeit, die uns durch die Einführung der Quantoren eröffnet wird, bei der Verwendung der Quantoren, die im Französischen allgemein Quantifikatoren genannt werden, die ich jedoch lieber Quantoren nenne – ich bin nicht der einzige und nicht der erste –, da das Entscheidende darin besteht, dass Sie wissen, was offensichtlich ist: dass das mit Quantität absolut nichts zu tun hat. Man nennt das so, weil man nichts Besseres gefunden hat, und das ist nun wirklich ein Zeichen!
Also, diese Artikulation der Quantoren erlaubt uns etwas, das in der Quantorenlogik nie gemacht worden ist, nämlich das, was ich mache, da ich meine, dass dies für uns wirklich fruchtbar sein kann, und das ist die Funktion des nichtalle []. Es gibt ein Ensemble solcher Signifikanten, das für die Funktion des Sexuierten einen Ersatz bildet, das hier einen Ersatz für das bildet, was zur Jouissance gehört, an einem Ort, an dem das, was in der Funktion der Kastration funktioniert, nichtalle ist []
Ich fahre fort, mich der Quantoren zu bedienen. Es gibt eine [weitere] Art, sie zu artikulieren, nämlich dass man ∃ von x schreibt [∃x], das bedeutet es existiert. Es existiert was? Ein Signifikant.
Wenn Sie mit mathematischen Signifikanten umgehen – mit denen, die einen anderen Status haben als unsere kleinen sexuierten Signifikanten, die einen anderen Status haben, der auf andere Weise ins Reale eingreift –, dann sollte man vielleicht doch versuchen, in Ihrem Geist in den Vordergrund zu rücken, dass es zumindest eine Sache gibt, die etwas Reales ist, und dass sie die einzige ist, derer wir sicher sind, nämlich die Zahl. Was man damit alles machen kann! Nicht schlecht, was man damit gemacht hat. Um bis dahin zu kommen, die reellen Zahlen zu konstruieren, das heißt eben |{36} diejenigen, die es nicht sind, muss die Zahl etwas Reales sein. Na ja, am Rande wende ich mich damit an die Mathematiker, die mich vielleicht mit Tomaten bewerfen werden, aber was soll’s, da ich sie hier einschüchtere, werden sie’s privat tun.
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Kommen wir auf das zurück, was wir zu sagen haben. Es existiert. Dieser Bezug, den ich gerade hergestellt habe, ist nicht einfach eine Diskretion – vielmehr eine Digression, vielmehr Ihnen sagen, dass es existiert, das ist da, dass es einen Sinn hat. Das hat einen prekären Sinn, nämlich dass Sie als Signifikant / als signifizierend existieren, Sie alle. Sie existieren. Sicherlich existieren Sie, aber das führt nicht weit – Sie existieren als Signifikant.
Versuchen Sie doch mal, sich selbst einfach so vorzustellen, von dieser ganzen Sache gereinigt, das wird Ihnen gefallen. Nach dem Krieg hat man uns ja ermuntert, ganz zeitgemäß zu existieren. Schauen Sie sich doch an, was davon geblieben ist, verstehen Sie?
Ich möchte mal behaupten, dass die Leute ja doch ein ganz klein bisschen mehr Ideen im Kopf hatten, als sie die Existenz Gottes bewiesen. Es ist offensichtlich, dass Gott existiert, allerdings nicht mehr als Sie, das führt nicht weit. Dies also, um deutlich zu machen, was es mit der Existenz auf sich hat.
Was kann denn für uns, in der Frage des Signifikanten, an diesem es existiert von Interesse sein? Das wäre, dass mindestens einer existiert, bei dem das nicht funktioniert, diese Kastrationsgeschichte – eben deshalb hat man sie erfunden –, und das ist das, was Vater heißt. Deshalb existiert der Vater mindestens ebenso sehr wie Gott, das heißt nicht viel.
Natürlich gibt es einige kleine Schlauköpfe --. Ich bin umgeben von kleinen Schlauköpfen, denjenigen, die das, was ich vortrage, in intellektuelle Verschmutzung verwandeln [Gelächter], wie sich eine meiner Patientinnen ausdrückte, der ich dafür danke, dass sie mir das angebracht hat. Sie hat das ganz allein gefunden, weil das eine Sensible ist, nicht wahr, übrigens sind es im Allgemeinen nur die Frauen, die begreifen, was ich sage. [Gelächter]
Also es gibt welche, die entdeckt haben, dass ich gesagt habe, der Vater sei ein Mythos. Denn es springt ja in die Augen, dass Φ von x auf der Ebene des Ödipusmythos nicht funktioniert – der Vater ist nicht kastriert, wie könnte er sie sonst alle haben, haben Sie sich das klargemacht? Sie existieren sogar nur hier als alle, denn zu den Frauen gehört das nichtalle, aber das werde ich demnächst weiter kommentieren. Also ausgehend davon, dass einer existiert, von da aus können alle anderen funktionieren, das heißt durch Bezug auf diese Ausnahme, auf dieses es existiert [∃x]. Allerdings nur, wenn man wirklich begreift, dass man die Verwerfung der Funktion schreiben kann – Φ von x negiert []: es ist nicht wahr, dass das kastriert wird. Das ist der Mythos. Was die kleinen Schlauköpfe jedoch nicht gesehen haben, ist, dass dies mit der Existenz korreliert und dass damit das Es existiert von diesem es ist nicht wahr der Kastration behauptet wird [].
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{37} Gut, es ist zwei Uhr. Also, ich werde für Sie einfach die vierte Art anschreiben, wie man die auf Quantoren gegründete Negation verwenden kann und die darin besteht, dass man schreibt es existiert nicht [].
Wer oder was existiert nicht? Warum sollte es nicht wahr sein, dass der Signifikantengebrauch von der Funktion Φ von x dominiert wird? Nur – ist es das, was das bedeutet? Denn gerade habe ich für Sie die Existenz von der Ausnahme unterschieden, und wenn die Negation hier bedeuten würde ohne Ausnahme von dieser Signifikantenposition, dann kann sie sich in die Negation der Kastration [] einschreiben, in die Verwerfung, in das es ist nicht wahr, dass die Kastration alles beherrscht.
Bei diesem kleinen Rätsel möchte ich Sie heute stehen lassen, denn das ist für dieses Thema wirklich aufklärend. Nämlich dass die Negation nicht etwas ist, das man einfach so verwenden kann, auf eine Weise, die ebenso schlicht eindeutig wäre wie man das in der Aussagenlogik macht, wo alles, was nicht wahr ist, falsch ist, und wo – eine Riesensache – alles, was nicht falsch ist, wahr wird.
Gut, ich lasse die Dinge in dem Moment liegen, in dem die Uhrzeit mich, wie es sich gehört, unterbricht, und ich werde die Dinge am zweiten Mittwoch im Januar wieder aufgreifen, an genau dem Punkt, an dem ich sie heute habe liegenlassen.
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Französisch/deutsch mit erläuternden Anmerkungen
Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift , z.B. {11}, verweisen auf die Seiten von Millers Ausgabe Seminars bei Le Seuil.
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [1], verweisen auf die Seiten der Stenotypie auf der Website der École lacanienne de psychanalyse (ELP) (hier).
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Seminar XIX von 1971/72, „… oder schlimmer“
Université Paris 1 Panthéon Sorbonne, Rechtsfakultät, Place du Panthéon
[1]{25} On m’a donné ce matin, on m’a apporté ce matin, on m’a fait cadeau ce matin de ça, d’un petit stylo.
Man hat mir das heute früh gegeben, man hat mir das heute früh gebracht, man hat mir damit heute früh ein Geschenk gemacht: mit einem kleinen Stift.
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Si vous saviez ce que c’est difficile pour moi de trouver un stylo qui me plaise, eh bien, vous sentiriez combien ça m’a fait plaisir, et la personne qui me l’a apporté – qui est peut-être là – je la remercie.
Wenn Sie wüssten, dass es für mich schwierig ist, einen Stift zu finden, der mir gefällt, dann würden Sie spüren, na ja, wie sehr mir das gefallen hat; und bei der Person, die ihn mir gebracht hat und die vielleicht hier ist, bedanke ich mich.
..
C’est une personne qui m’admire, comme on dit. [Gelächter]
Das ist eine Person, die mich, wie man sagt, bewundert. [Gelächter]
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Moi, je m’en fous qu’on m’admire. [Gelächter]
Dass man mich bewundert, ist mir egal. [Gelächter]
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Ce que j’aime, c’est qu’on me traite bien. [Gelächter]
Was ich mag, ist, dass man mich gut behandelt. [Gelächter]
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Seulement, même parmi celles-là, ça arrive rarement.
Doch selbst bei denen kommt das selten vor.
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Bon, quoi qu’il en soit, je m’en suis tout de suite servi pour écrire et c’est de là que partent mes réflexions.
Gut, wie auch immer, ich habe ihn sofort verwendet um zu schreiben, und von da gehen meine Überlegungen aus.
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C’est un fait que – au moins pour moi – c’est quand j’écris que je trouve quelque chose.
Es ist eine Tatsache – zumindest für mich –, dass ich, wenn ich schreibe, etwas finde.
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Ça veut pas dire que si j’écrivais pas, je trouverais rien, mais enfin je m’en apercevrais peut-être pas.
Das heißt nicht, dass ich, wenn ich nicht schriebe, nichts fände, aber na ja, ich würde es vielleicht nicht bemerken.
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En fin de compte, l’idée que je me fais de cette fonction de l’écrit… qui comme ça, grâce à quelques petits malins, est à l’ordre du jour et sur quoi enfin je n’ai peut-être pas trop voulu prendre parti, mais on me force la main… pourquoi pas ? l’idée que je m’en fais, en somme… et c’est ça qui peut-être dans certains cas a prêté à confusion …je vais le dire comme ça, tout cru, tout massif.
Die Idee, die ich letztlich zur Funktion von l’écrit habe, zur Funktion der Schrift / des Geschriebenen – die ja dank einiger kleiner Schlauköpfe auf der Tagesordnung steht3 und wozu ich vielleicht nicht allzu sehr Partei ergreifen wollte, aber man zwingt mich, warum auch nicht –, die Idee, die ich dazu habe, kurz gesagt – und das hat in einigen Fällen vielleicht zur Verwirrung geführt –, ich möchte sie so formulieren, ganz direkt, ganz massiv.
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Parce que, aujourd’hui justement, je me suis dit que l’écrit ça peut être très utile pour que je trouve quelque chose.
Denn gerade heute habe ich mir gesagt, dass die Schrift sehr nützlich sein kann, dafür, dass ich etwas finde.
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Mais écrire quelque chose pour m’épargner ici la… disons, la fatigue ou le risque, ou bien d’autres choses encore, que je veux vous parler, ça ne donne pas finalement de très bons résultats.
Aber etwas zu schreiben, um mir hier, sagen wir, die Ermüdung zu ersparen oder das Risiko oder noch andere Dinge, über die ich zu Ihnen sprechen möchte, das bringt letztlich keine besonders guten Ergebnisse.
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Il vaut mieux que je n’aie rien à vous lire.
Es ist besser, dass ich nichts zum Vorlesen habe.
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D’ailleurs, ce n’est pas la même sorte d’écrit qui est l’écrit où je fais quelques trouvailles |{26} de temps en temps ou l’écrit où je peux préparer ce que j’ai à dire ici.
Im Übrigen ist das nicht dieselbe Art von Geschriebenem: das Geschriebene, bei dem ich von Zeit zu Zeit einige Funde mache, und das Geschriebene, mit dem ich vorbereiten kann, was ich hier zu sagen habe.
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Puis alors il y a aussi l’écrit pour l’impression, qui est encore tout à fait autre chose, qui n’a aucun rapport, ou plus exactement dont il serait fâcheux de croire que ce que je peux avoir écrit une fois pour vous parler, ça constitue un écrit tout à fait recevable et que je recueillerais.
Und dann gibt es auch noch das Geschriebene, das für den Druck bestimmt ist, was noch mal etwas ganz anderes ist, und das in keinem Verhältnis --, oder genauer, bei dem es unpassend wäre anzunehmen, dass das, was ich vielleicht mal geschrieben habe, um zu Ihnen zu sprechen, ein völlig akzeptables Geschriebenes ausmacht und dass ich es sammeln würde.
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Donc je me risque à dire quelque chose comme ça, |[2] qui saute le pas.
Also gehe ich das Risiko ein, einfach so zu sprechen, womit ein Sprung gewagt wird.
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L’idée que je me fais de l’écrit – pour le situer, pour partir de là, on pourrait discuter après, bon enfin, disons-le, deux points –, c’est le retour du refoulé.
Die Idee, die ich zum Geschriebenen habe – um sie zu verorten, um von da auszugehen, später könnte man ja, sagen wir, zwei Punkte sicherlich diskutieren: das ist die Wiederkehr des Verdrängten.4
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Je veux dire que c’est, c’est sous cette forme.
Ich will sagen, dass sich das in dieser Form vollzieht.
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Et c’est ça qui peut-être a pu prêter à confusion dans certains de mes écrits précisément.
Und in einigen meiner Schriften hat das ja vielleicht zur Verwirrung führen können.
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C’est que si j’ai pu parfois paraître prêter à ce qu’on croie que j’identifie le signifiant et la lettre, c’est justement parce que c’est en tant que lettre qu’il me touche le plus, moi comme analtenyste.
Das heißt, wenn es manchmal so schien, als habe ich Anlass dazu gegeben, dass man annimmt, ich würde den Signifikanten und den Buchstaben gleichsetzen, dann ist das deshalb so, weil er mich als Buchstabe am meisten berührt, mich als Analytiker.
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C’est en tant que lettre que le plus souvent je le vois revenir le signifiant, le signifiant refoulé, alors, que je l’image dans L’Instance de la lettre…, enfin, avec une lettre, ce signifiant.
Den Signifikanten, den verdrängten Signifikanten, sehe ich am häufigsten als Buchstabe wiederkehren, derart, dass ich ihn, diesen Signifikanten, in Das Drängen des Buchstabens schließlich mit einem Buchstaben / einem Brief verbildliche.5
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Et d’ailleurs je dois dire que c’est d’autant plus légitime que tout le monde fait comme ça.
Und im Übrigen muss ich sagen, das ist umso mehr berechtigt, als alle es so machen.
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La première fois qu’on entre à proprement parler dans la logique – il s’agit d’Aristote et des Analytiques – ben, on se sert de la lettre aussi, pas tout à fait de la même façon que celle dont la lettre revient à la place du signifiant qui fait retour.
Als man zum ersten Mal das Gebiet der Logik im engeren Sinne betritt – es geht um Aristoteles und um die Analytiken –, na ja, da bedient man sich ebenfalls des Buchstabens, keineswegs auf dieselbe Art und Weise wie die, bei welcher der Buchstabe an den Platz des wiederkehrenden Signifikanten zurückkehrt.
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Elle vient là pour marquer une place, la place d’un signifiant qui, lui, est un signifiant qui traîne, qui peut tout au moins traîner partout. Bon.
Er kommt dahin, um einen Platz zu markieren, den Platz eines Signifikanten, eines Signifikanten nämlich, der herumliegt, der zumindest überall herumliegen kann. Gut.
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Mais on voit que la lettre, elle est faite en quelque sorte pour ça et on s’aperçoit qu’elle est d’autant plus faite pour ça que c’est comme ça qu’elle se manifeste d’abord.
Man sieht jedoch, dass der Buchstabe gewissermaßen dafür gemacht ist, und man nimmt wahr, dass er umso mehr dafür gemacht ist, als er sich zunächst auf diese Weise manifestiert.
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Je sais pas si vous vous rendez bien compte, mais enfin j’espère que vous y penserez, parce que ça suppose quand même quelque chose qui n’est pas dit dans ce que j’avance.
Ich weiß nicht, ob Ihnen das ganz klar ist, aber ich hoffe ja, dass Sie darüber nachdenken werden, denn das setzt immerhin etwas voraus, das in dem, was ich vorbringe, nicht gesagt ist.
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Il faut qu’il y ait une espèce de transmutation qui s’opère du signifiant à la lettre …quand le signifiant n’est pas là, est à la dérive, n’est-ce pas, a foutu le camp …dont il faudrait se demander comment ça peut se produire.
Wenn der Signifikant nicht da ist, wenn er abgedriftet ist, nicht wahr, wenn er abgehauen ist, dann muss es vom Signifikanten zum Buchstaben eine Art Transmutation geben, wobei man sich fragen sollte, wie das zustande kommen kann.6
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Mais ce n’est pas là que j’ai l’intention de m’engager aujourd’hui, j’irai peut-être un autre jour. Oui !
Das ist jedoch nicht das, worauf ich mich heute einlassen möchte, dazu komme ich vielleicht ein andermal. Gut.
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Tout de même, on ne peut pas faire que, sur le sujet de cette lettre, on n’ait affaire, dans un champ qui s’appelle mathématique, à un endroit où on ne peut pas écrire n’importe quoi.
Jedenfalls lässt sich nicht vermeiden, dass man mit dem Thema des Buchstabens in einem Feld zu tun bekommt, das sich Mathematik nennt, an einem Ort, an dem man nicht einfach irgendwas schreiben kann.7
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Bien sûr, ce n’est pas… je ne vais pas non plus m’engager là-dedans.
Natürlich, das ist nicht --; auch darauf werde ich mich nicht einlassen
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Je vous fais simplement remarquer que c’est en ça que ce domaine se distingue et c’est même probablement ça qui constitue ce à quoi |{27} je n’ai pas encore fait allusion ici, c’est-à-dire ici au séminaire, mais enfin que j’ai amené dans quelques propos où sans doute certains de ceux qui sont ici ont assisté, à savoir à Sainte-Anne, quand je posais la question de ce qu’on pourrait appeler un mathème, en posant déjà que c’est le point pivot de tout enseignement, autrement dit qu’il n’y a d’enseignement que mathématique, le reste est plaisanterie.
Ich weise Sie einfach darauf hin, dass es das ist, wodurch dieser Bereich sich auszeichnet, und wahrscheinlich ist das sogar das, wodurch etwas konstituiert wird, worauf ich mich hier, also hier im Seminar, noch nicht bezogen habe, das ich aber doch in einigen Bemerkungen vorgebracht habe, bei denen sicherlich manche von denen, die hier sind, anwesend waren, nämlich in Sainte-Anne, als ich die Frage stellte, was man als Mathem bezeichnen könnte, wobei ich bereits behauptet habe, dass es der Dreh- und Angelpunkt jeder Lehre ist, anders gesagt, dass es Lehre nur als mathematische gibt, das Übrige ist ein Scherz.8
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[3] Ça tient bien sûr à un autre statut de l’écrit que celui que j’ai donné d’abord.
Das liegt natürlich an einem Status der Schrift, der anders ist als der, den ich zunächst angegeben habe.
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Et la jonction enfin, en cours de cette année de ce que j’ai à vous dire, c’est ce que j’essaierai de faire.
Und die Verbindung – na ja, im Verlauf dieses Jahres, bei dem, was ich Ihnen zu sagen habe –, das ist das, was ich versuchen werde herzustellen.
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En attendant, ma difficulté… celle en somme où malgré tout je tiens, je sais pas si ça vient de moi ou si c’est pas plutôt par votre concours …ma difficulté c’est que mon mathème à moi, vu le champ du discours que j’ai à établir, eh ben, il confine toujours à la connerie.
Bis dahin besteht meine Schwierigkeit – also diejenige, an der ich trotz allem festhalte, ich weiß nicht, ob das an mir liegt oder eher an Ihrem Andrang –, besteht meine Schwierigkeit darin, dass mein eigenes Mathem, angesichts des Diskursfeldes, das ich zu etablieren habe, na ja, immer an Blödsinn grenzt.
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Ça va de soi, avec ce que je vous ai dit puisqu’en somme, ce dont il s’agit, c’est que le rapport sexuel, il y en a pas.
Mit dem, was ich Ihnen gesagt habe, versteht sich das von selbst, denn insgesamt geht es um Folgendes: Das sexuelle Verhältnis, il y en a pas, es gibt keins.
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Il faudrait l’écrire h, i, h, a, n et appât, avec deux p, un accent circonflexe et un t à la fin : hi-han appât. [Gelächter]
Man müsste das h, i, h, a, n und appât schreiben, mit zwei p, einem Zirkumflex und am Schluss einem t: hi-han appât, „i-a-Köder“.9 [Gelächter]
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Il ne faut pas confondre naturellement : des relations sexuelles, il n’y a que ça… mais des rencontres sexuelles, c’est toujours raté, même et surtout quand c’est un acte.
Man darf das natürlich nicht verwechseln – sexuelle Beziehungen, es gibt nichts anderes, aber sexuelle Begegnungen, dass geht immer daneben, selbst und vor allem dann, wenn es ein Akt ist.
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Bon, enfin, passons. [Gelächter]
Gut, na ja, gehen wir weiter. [Gelächter]
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C’est ça qui m’a tout de même attiré une remarque comme ça.
Das ist das, was mir immerhin eine solche Bemerkung eingebracht hat.
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J’aimerais, pendant qu’il en est encore temps que… parce qu’on aura à le voir, on aura tout au moins à voir des choses autour…
Ich hätte gern, während noch Zeit ist, dass --, denn man wird es sehen müssen, man wird immerhin Dinge sehen müssen bezogen auf --.
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C’est une très bonne introduction, c’est quelque chose d’essentiel, et c’est la Métaphysique d’Aristote.
Das ist eine sehr gute Einführung, das ist etwas Wesentliches und das ist die Metaphysik von Aristoteles.
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Je voudrais vraiment que vous l’ayez lu.
Mir wäre es wirklich lieb, wenn Sie das gelesen hätten.
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Pour faire – enfin que quand j’y viendrai, je sais pas, au début du mois de mars – pour y voir le rapport avec notre affaire à nous, il faudrait que vous ayez bien lu ça.
Um hier – also wenn ich dahin kommen werde, ich weiß nicht, Anfang März –, um hier zu sehen, wie sich das auf unsere eigene Sache bezieht, dafür müssten Sie das wirklich gelesen haben.
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Naturellement c’est pas de ça que je vous parlerai.
Natürlich ist es nicht das, worüber ich zu Ihnen sprechen werde.
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C’est pas que je n’admire pas la connerie, je dirai plus : je me prosterne.
Nicht, dass ich die Blödheit nicht bewundere, ich möchte sogar mehr sagen: Ich werfe mich ihm zu Füßen.
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Vous, vous ne vous prosternez pas, vous êtes des électeurs conscients et organisés, vous votez pas pour des cons, c’est ce qui vous perd ! [Gelächter]
Sie jedoch werfen sich ihr nicht zu Füßen, Sie sind bewusste und organisierte Wähler, Sie stimmen nicht für Blödmänner, das ist das, was Ihnen abgeht. [Gelächter]
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Un heureux système politique devrait permettre à la connerie d’avoir sa place et d’ailleurs les choses ne vont bien que quand c’est la connerie qui domine.
Ein glückliches politisches System müsste es der Blödheit erlauben, ihren Platz zu haben, und im Übrigen laufen die Dinge nur gut, wenn es die Blödheit ist, die dominiert.
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Ceci dit, ce n’est pas une raison pour se prosterner.
Was allerdings kein Grund ist, sich ihr zu Füßen zu werfen.
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{28} Donc, le texte que je prendrai, c’est quelque chose qui est un exploit, et un exploit comme il y en a beaucoup qui sont, si je puis dire, inexploités : c’est le Parménide de Platon qui nous rendra service.
Also, der Text, den ich nehmen werde, ist wirklich eine Glanzleistung, ein exploit – eine Glanzleistung, wie es viele gibt, die, wenn ich so sagen kann, unerschlossen sind, inexploités: Was uns hier helfen wird, ist Platons Parmenides.
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Mais pour bien le comprendre, pour comprendre enfin le relief qu’il y a à ce texte pas con, il faut avoir lu la Métaphysiqu’e d’Aristote.
Um ihn jedoch wirklich zu verstehen, um letztlich das Profil zu verstehen, das es bei diesem Text gibt, der nun wirklich nicht blöd ist, muss man die Metaphysik von Aristoteles gelesen haben.10
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Et enfin j’espère… j’espère parce que, quand je conseille qu’on lise la Critique de la raison pure comme un roman… de la raison pratique, c’est quelque chose de plein d’humour, je ne sais pas si personne, enfin, a jamais suivi ce conseil et a réussi à le lire comme moi, on m’en a pas fait part.
Und schließlich hoffe ich --; ich hoffe, da ich, wenn ich empfehle, die Kritik der reinen Vernunft wie einen Roman zu lesen, einen Roman der praktischen Vernunft – das ist äußerst humorvoll –, da ich nicht weiß, ob jemand diesen Rat je befolgt hat und es ihm gelungen ist, ihn wie ich zu lesen, man hat mich darüber nicht unterrichtet.
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C’est quelque part dans le Kant avec Sade dont je sais jamais si personne l’a lu.
Das steht irgendwo in Kant mit Sade11, worüber ich nie weiß, ob jemand das gelesen hat.
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Alors je vais faire pareil, je vais |[4] vous dire : lisez la Métaphysique d’Aristote , et j’espère que, comme moi, vous sentirez que c’est vachement con. [Rires]
Also, ich werde dasselbe noch mal tun, ich werde sage Ihnen sagen: Lesen Sie die Metaphysik von Aristoteles, und ich hoffe, dass Sie dann wie ich spüren, das ist das echt blöd.
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Enfin, je ne voudrais pas m’étendre longtemps là-dessus, c’est comme ça des petites remarques latérales, bien sûr, qui me viennent.
Also ich möchte mich nicht lange darüber ausbreiten, das sind so kleine Randbemerkungen, natürlich, die mir einfallen.
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Ça ne peut que frapper tout le monde quand on le lit, quand on lit le texte bien sûr.
Das kann, wenn man das liest, alle nur verblüffen – wenn man den Text liest natürlich.
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Il s’agit pas de la métaphysique d’Aristote, comme ça, dans son essence, dans le signifié, dans tout ce qu’on vous a expliqué à partir de ce magnifique texte, c’est-à-dire tout ce qui a fait la métaphysique pour cette partie du monde où nous sommes, car tout est sorti de là, c’est absolument fabuleux.
Es geht nicht um die Metaphysik von Aristoteles schlechthin in ihrem Wesen, im Signifikat, in all dem, was man Ihnen ausgehend von diesem großartigen Text erläutert hat, das heißt in all dem, was für diesen Teil der Welt, in dem wir sind, die Metaphysik ausgemacht hat, denn von da ist alles ausgegangen, das ist wirklich sagenhaft.
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On parle de la fin de la métaphysique, au nom de quoi ?
Man spricht vom Ende der Metaphysik – mit welchem Recht?
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Tant qu’il y aura ce bouquin, on pourra toujours en faire !
Solange es dieses Buch gibt, wird man immer Metaphysik betreiben können.
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Ce bouquin, c’est un bouquin – c’est très différent de la métaphysique – c’est un bouquin écrit dont je parlais tout à l’heure.
Dieses Buch ist ein Buch, das unterscheidet sich klar von der Metaphysik; das, worüber ich eben gesprochen habe, ist ein geschriebenes Buch.
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On lui a donné un sens qu’on appelle la métaphysique, mais il faut quand même distinguer le sens et le bouquin.
Man hat ihm einen Sinn gegeben, den man „Metaphysik“ nennt, man muss den Sinn und das Buch jedoch unterscheiden.
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Naturellement, une fois qu’on lui a donné tout ce sens, c’est pas facile de retrouver le bouquin.
Natürlich, sobald man ihm einmal all diesen Sinn gegeben hat, ist es nicht leicht, zum Buch zurückzufinden.
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Si vous le retrouvez vraiment, vous verrez ce que tout de même des gens… qui ont une discipline, et qui existe, et qui s’appelle la méthode, la méthode historique, critique, exégétique, tout ce que vous voudrez …qui sont capables de lire le texte avec évidemment une certaine façon de se barrer du sens, et quand on regarde le texte, eh bien, évidemment il vous vient des doutes.
Falls Sie wirklich zu ihm zurückfinden, werden Sie sehen, dass jedoch Leute, die eine Disziplin haben, die existiert und die sich Methode nennt – historische, kritische, exegetische Methode, alles was Sie wollen –, Leute, die in der Lage sind, den Text offensichtlich auf eine bestimmte Weise zu lesen, bei der sie sich aus dem Sinn aussperren –; und wenn man sich den Text anschaut, nun ja, da kommen einem natürlich Zweifel.
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Je dirai que comme bien entendu, parce que cet obstacle de tout ce qu’on en a compris, ça ne peut exister qu’au niveau universitaire et que l’université n’existe pas depuis toujours; enfin dans l’Antiquité trois ou quatre siècles après Aristote, on a commencé à émettre des doutes, naturellement les plus sérieux sur ce texte, parce que on savait encore lire.
Ich möchte sagen, da ja --, weil es das Hindernis aus all dem, was man davon verstanden hat, nur auf universitärer Ebene geben kann und da es die Universität nicht immer schon gibt, hat man ja in der Antike, drei oder vier Jahrhunderte nach Aristoteles, angefangen, Zweifel an diesem Text zu äußern, die allerernsthaftesten natürlich, da man noch zu lesen verstand.
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On a émis des doutes, on a dit de ça que c’est des séries de notes ou bien que c’est un élève qui a fait ça, qui a rassemblé des trucs.
Man hat Zweifel daran geäußert, man hat gesagt, es handle sich um Serien von Notizen oder auch, es sei ein Schüler, der das gemacht hat, der Sachen zusammengestellt habe.
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Je dois dire que je ne suis pas convaincu du tout, c’est peut-être parce que je viens de lire un bouquin d’un nommé Michelet… |{29} pas le nôtre, pas notre poète, quand je dis « notre poète », je veux dire par là que je le place très haut, le nôtre.
Ich muss sagen, dass ich keineswegs überzeugt bin, vielleicht deshalb nicht, weil ich gerade ein Buch eines gewissen Michelet gelesen habe – nicht der unsrige, nicht unser Dichter; wenn ich sage „unser Dichter“, will ich damit sagen, dass ich ihn, den unsrigen, sehr hoch einstufe.12
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C’est un type comme ça qui était à l’Université de Berlin, qui s’appelait Michelet lui aussi, qui a fait un livre sur la Métaphysique d’Aristote , précisément là-dessus parce que la méthode historique qui florissait alors l’avait un peu taquiné avec les doutes émis, non sans fondement puisque ils remontent à la plus haute Antiquité.
Das ist [vielmehr] ein Typ, der an der Universität von Berlin war, der ebenfalls Michelet hieß und der ein Buch über die Metaphysik von Aristoteles geschrieben hat, genau darüber, weil die historische Methode, die damals florierte, ihn mit den Zweifeln, die geäußert wurden, ein bisschen geärgert hatte, mit Zweifeln nicht ohne Grundlage, denn sie gehen bis weit in die Antike zurück.13
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Je dois dire que Michelet n’est pas de cet avis et moi non plus.
Ich muss sagen, dass Michelet nicht dieser Ansicht ist, und ich auch nicht.
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Parce que vraiment – comment dirais-je ? – la connerie fait preuve pour ce qui est de l’authenticité.
Denn wirklich, wie soll ich sagen: Wenn es um die Authentizität geht, liefert der Blödsinn den Beweis.
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Ce qui domine, c’est l’authenticité, si je puis |[5] dire, de la connerie.
Was dominiert, ist, wenn ich so sagen kann, die Authentizität des Blödsinns.
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Peut-être que ce terme authentique qui est toujours un petit peu compliqué chez nous, comme ça, avec des résonances étymologiques grecques, il y a des langues où il est mieux représenté, c’est « echt », je sais pas comment avec ça on fait un nom, ça doit être l’Echtigkeit ou quelque chose comme ça, qu’importe.
Mag sein, dass der Ausdruck authentisch, der bei uns immer so ein klein wenig kompliziert ist, mit griechischen etymologischen Resonanzen --; es gibt Sprachen, in denen das besser repräsentiert wird, nämlich als echt*, ich weiß nicht, wie man daraus ein Nomen bildet, das muss Echtigkeit* sein oder etwas derartiges, nicht so wichtig.
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Il y a tout de même rien d’authentique que la connerie.
Es gibt ja nichts Authentischeres als den Blödsinn.
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Alors cette authenticité, c’est peut-être pas l’authenticité d’Aristote, mais la Métaphysique – je parle du texte – c’est authentique, ça ne peut pas être fait de pièces ou de morceaux, c’est toujours à la hauteur de ce qu’il faut bien maintenant que j’appelle, que je justifie de l’appeler : la connerie.
Also, diese Authentizität ist vielleicht nicht die Authentizität von Aristoteles, aber die Metaphysik – ich spreche vom Text – ist authentisch, das kann nicht aus Teilen oder Stücken gemacht sein, das ist immer auf der Höhe dessen, was ich jetzt so nennen muss – wobei ich jetzt begründen muss, warum ich es so nenne –, auf der Höhe des Blödsinns.
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La connerie, c’est ça, c’est ce dans quoi on entre quand on pose les questions à un certain niveau, qui est celui-là précisément, déterminé par le fait du langage, quand on approche de sa fonction essentielle qui est de remplir tout ce que laisse de béant qu’il ne puisse y avoir de rapport sexuel, ce qui veut dire qu’aucun écrit ne puisse en rendre compte en quelque sorte d’une façon satisfaisante, qui soit écrit en tant que produit du langage.
Der Blödsinn, das ist Folgendes, das ist das, worin man eintritt, wenn man die Fragen auf einer bestimmten Ebene stellt, auf derjenigen nämlich, die durch die Tatsache der Sprache bestimmt ist, und wenn man sich ihrer wesentlichen Funktion nähert, die darin besteht, all das auszufüllen, was die Tatsache, dass es hier kein sexuelles Verhältnis geben kann, an Klaffendem zurücklässt; und das besagt, dass kein Geschriebenes dem irgendwie auf befriedigende Weise Rechnung tragen kann, auf eine Weise, die als Produkt der Sprache geschrieben wäre.
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Parce que, bien entendu, depuis que nous avons vu les gamètes, nous pouvons écrire au tableau : homme = porteur de spermatozoïdes, ce qui serait une définition un peu drôle parce qu’il n’y a pas que lui qui en porte, il y a des tas d’animaux, de ces spermatozoïdes-là, des spermatozoïdes d’hommes.
Denn selbstverständlich können wir, seit wir die Gameten gesehen haben, an die Tafel schreiben: homme – Mann/Mensch = Träger von Spermatozoen, was allerdings eine etwas eigenartige Definition wäre, denn nicht nur er trägt sie, es gibt haufenweise Tiere mit diesen Spermatozoen, Spermatozoen von Männern.
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Alors commençons à parler de biologie, pourquoi les spermatozoïdes d’hommes sont-ils justement ceux que porte l’homme ?
Fangen wir also an, über Biologie zu sprechen – warum sind die Spermatozoen von hommes eben diejenigen, die der homme trägt?
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Parce que, comme c’est des spermatozoïdes d’homme qui font l’homme, nous sommes dans un cercle qui tourne là !
Denn da es Spermatozoen des homme sind, die den homme ausmachen, dreht sich das hier im Kreis.
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Mais qu’importe, on peut écrire ça.
Aber was soll’s, man kann das schreiben.
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Seulement ça n’a aucun rapport avec quoi que ce soit qui puisse s’écrire, si je puis dire, de sensé, c’est-à-dire qui ait un rapport au réel.
Allerdings hat das nichts mit irgendetwas zu tun, das, wenn ich so sagen kann, an Sinnvollem geschrieben werden könnte, das heißt, das in einem Verhältnis zum Realen stünde.
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Ce n’est pas parce que c’est biologique que c’est plus réel ; c’est le fruit de la science qui s’appelle biologique, le réel c’est autre-chose :
Weil es biologisch ist, ist es deswegen nicht realer, es ist die Frucht der Wissenschaft, die sich Biologie nennt; das Reale ist etwas anderes.
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Le réel c’est ce qui commande toute la fonction de la signifiance.
Das Reale ist das, wovon die gesamte Funktion der Signifikanz beherrscht wird.
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Le réel, c’est ce que vous rencontrez justement de ne pouvoir, en mathématique, pas écrire |{30} n’importe quoi.
Das Reale ist das, dem Sie eben darin begegnen, dass Sie in der Mathematik nicht einfach irgendwas schreiben können.14
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Le réel, c’est ce qui intéresse ceci que, dans ce qui est notre fonction la plus commune, vous baignez dans la signifiance, eh bien, vous ne pouvez les attraper, tous en même temps, les signifiants, hein, c’est interdit par leur structure même.
Das Reale ist darin verwickelt, dass Sie, bei dem, was unsere allgemeinste Funktion ist – Sie baden in der Signifikanz –, na ja, dass Sie da nicht alle Signifikanten zugleich erwischen können, nicht wahr, das ist eben durch ihre Struktur untersagt.15
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Quand vous en avez certains, un paquet, vous n’avez plus les autres, ils sont refoulés.
Wenn Sie ein paar davon haben, ein Paket davon, dann haben Sie nicht mehr die anderen, sie sind verdrängt.
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Ça ne veut pas dire que vous les dites pas quand même : justement, vous les dites inter, ils sont inter-dits.
Das heißt nicht, dass Sie sie nicht dennoch sagen, Sie sagen sie ja inter, dazwischen, sie sind inter-dits, unter-sagt.
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Ça vous empêche pas de les dire, mais vous les dites censurés
Das hindert Sie nicht daran, sie zu sagen, aber Sie sagen sie zensiert.
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Ou bien tout ce qu’est la psychanalyse n’a aucun sens, est à foutre au panier, |[6] ou bien ce que je vous dis là doit être votre vérité première.
Entweder hat alles, was Psychoanalyse ist, keinen Sinn, gehört in den Papierkorb, oder was ich Ihnen da sage, muss Ihre erste Wahrheit sein.
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Alors c’est ça… c’est ça dont il va s’agir cette année.
Also das ist das, worum es in diesem Jahr gehen wird.
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Du fait qu’en se plaçant à un certain niveau… Aristote ou pas, mais en tout cas le texte est là, authentique …quand on se place à un certain niveau, ça va pas tout seul.
Von daher, dass man sich auf einer bestimmten Ebene verortet – Aristoteles oder nicht, jedenfalls der Text ist da, authentisch –, wenn man sich auf einer bestimmten Ebene verortet, versteht sich das nicht von selbst.
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C’est passionnant de voir quelqu’un d’aussi aigu, d’aussi savant, d’aussi alerte, d’aussi lucide, se mettre à patauger là de cette façon.
Es ist fesselnd zu sehen, wie jemand, der so scharfsinnig ist, so gelehrt, so aufgeweckt, so klar, wie er hier derart ins Schwimmen gerät.
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Parce que quoi ?
Und warum?
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Parce qu’il s’interroge sur le principe.
Weil er Fragen zum Prinzip aufwirft.
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Naturellement il n’a pas la moindre idée que le principe c’est ça, c’est qu’il n’y a pas de rapport sexuel.
Natürlich hat er nicht die geringste Vorstellung davon, dass das Prinzip dies ist, nämlich dass es kein sexuelles Verhältnis gibt.
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Il n’en a pas idée, mais on voit que c’est uniquement à ce niveau-là qu’il se pose toutes les questions.
Er hat keine Vorstellung davon, man sieht jedoch, dass er sich sämtliche Fragen einzig und allein auf dieser Ebene stellt.
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Et alors ce qu’il lui sort comme vol d’oiseau à sortir du chapeau où simplement il a mis une question dont il ne connaît pas la nature.
Und dann das, was aus ihm herauskommt wie die Taube aus dem Zylinder, wo er doch einfach eine Frage gestellt hat, deren Natur er nicht kennt.
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Vous comprenez, c’est comme le prestidigitateur qui croit avoir mis… enfin, il faut bien qu’on l’introduise le lapin, naturellement, qui doit sortir …et puis après il en sort un rhinocéros !
Sie verstehen, dass ist wie der Zauberer, der glaubt, es reingesteckt zu haben – man muss das Kaninchen, das rauskommen soll, ja vorher reinstecken, das ist klar –, und dann holt er ein Nashorn raus.
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C’est tout à fait comme ça pour Aristote.
Genau so ist das bei Aristoteles.
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Car où est le principe ?
Denn wo ist das Prinzip?
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Si c’est le genre… mais alors, si c’est le genre il devient enragé parce que : est-ce que c’est le genre général ou le genre le plus spécifié ?
Wenn es die Gattung ist, aber nun ja, wenn es die Gattung ist, wird er ärgerlich, denn – ist es dann die allgemeine Gattung oder die speziellste Gattung?
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Il est évident que le plus général est le plus essentiel, mais que tout de même le plus spécifié, c’est bien ce qui donne ce qu’il y a d’unique en chacun.
Es ist offensichtlich, dass die allgemeinste die wesentlichste ist, dass jedoch die speziellste das liefert, was jeder an Einmaligem hat.
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Alors, sans même se rendre compte… Dieu merci, parce que grâce à ça il ne les confond pas …parce que cette histoire d’essentialité et cette histoire d’unicité, c’est la même chose, ou plus exactement c’est homonyme à ce qu’il interroge – Dieu merci, il ne les confond pas.
Also ohne sich auch nur klarzumachen --; Gott sei Dank, denn deswegen wirft er sie nicht durcheinander, denn die Geschichte mit der Wesentlichkeit und die Geschichte mit der Einmaligkeit, das ist dasselbe oder genauer, das ist bei dem, was er untersucht, homonym, Gott sei Dank wirft er sie nicht durcheinander.
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C’est pas de là qu’il les fait sortir.
Das ist nicht das, woraus er sie hervorgehen lässt.
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Il se dit : est-ce que le principe c’est l’Un, ou bien est-ce que le principe c’est l’Être ?
Er sagt sich: Ist das Prinzip das Eins oder ist das Prinzip vielmehr das Sein?16
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Alors à ce moment-là, ça s’embrouille vachement !
Und in diesem Moment verheddert sich das gewaltig.
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Comme il faut à tout prix que ce l’Un soit, et que l’Être soit un, là nous perdons les pédales.
Da es um jeden Preis so sein soll, dass das Eins ist und dass das Sein Eins ist, geraten wir ins Schleudern.
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Car justement, le moyen de ne pas déconner, c’est de les séparer sévèrement.
Denn das Mittel, um keinen Blödsinn zu reden, besteht ja darin, sie rigoros zu trennen.
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C’est ce que nous essaierons de faire par la suite.
Genau das werden wir später versuchen.17
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Assez pour Aristote.
Soviel zu Aristoteles.
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{31} Je vous ai annoncé, j’ai déjà franchi le pas l’année dernière, que ce non-rapport, si je puis m’exprimer ainsi, il faut l’écrire.
Ich habe Ihnen angekündigt – diesen Schritt habe ich bereits letztes Jahr getan –, dass man dieses Nicht-Verhältnis, wenn ich mich so ausdrücken kann, schreiben muss.
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Il faut l’écrire à tout prix, je veux dire écrire l’autre rapport, celui qui fait bouchon à la possibilité d’écrire celui-ci.
Man muss es auf jeden Fall schreiben, ich meine, man muss das andere Verhältnis schreiben, dasjenige, durch das die Möglichkeit, dieses hier zu schreiben, verstopft wird.
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Et déjà l’année dernière, j’ai mis sur le tableau quelques choses dont après tout je ne trouve pas mauvais de les poser d’abord.
Und bereits im letzten Jahr habe ich einige Dinge an die Tafel geschrieben, bei denen ich es letztlich nicht schlecht finde, sie zunächst einmal hinzusetzen.18
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Naturellement, il y a là quelque chose d’arbitraire.
Natürlich gibt es hier etwas Willkürliches.
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Je ne vais pas m’excuser en me mettant à l’abri des mathématiciens.
Ich werde mich nicht dadurch entschuldigen, dass ich bei Mathematikern Schutz suche.
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Les mathématiciens font ce qu’ils veulent et puis moi aussi.
Die Mathematiker tun, was sie wollen, und ich mach’s genauso.
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Tout de même, simplement pour ceux qui ont besoin de me donner des excuses, je peux faire |[7] remarquer que dans les Éléments de Bourbaki on commence par foutre les lettres sans dire absolument rien de ce à quoi elles peuvent servir.
Dennoch, einfach für diejenigen, die das Bedürfnis haben, mir Entschuldigungen zu liefern: Ich kann darauf hinweisen, dass man in den Elementen von Bourbaki damit anfängt, die Buchstaben hinzuknallen, ohne auch nur das Geringste darüber zu sagen, wozu sie dienen können.19
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Je parle…
Ich spreche --.
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Appelons ça symboles écrits, car ça ne ressemble même pas à aucune lettre et ces symboles représentent quelque chose qu’on peut appeler des opérations.
Nennen wir das geschriebene Symbole, denn das ähnelt nicht einmal irgendeinem Buchstaben, und diese Symbole repräsentieren etwas, das man Operationen nennen kann.
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On ne dit absolument pas desquelles il s’agit, ça ne sera que vingt pages plus loin qu’on commencera à pouvoir le déduire rétroactivement d’après la façon dont on s’en sert.
Es wird absolut nichts darüber gesagt, um welche es sich handelt; erst zwanzig Seiten später wird es damit losgehen, dass man das ableiten kann, rückwirkend, ausgehend davon, wie sie verwendet werden.
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Je n’irai pas du tout jusque-là, j’essaierai tout de suite d’interroger ce que veulent dire les lettres que j’aurai écrites.
So weit werde ich überhaupt nicht gehen, ich möchte sofort versuchen, die Frage aufzuwerfen, was die Buchstaben, die ich geschrieben haben werde, bedeuten.
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Mais comme après tout je pense que pour vous, ça serait beaucoup plus compliqué que je les amène une par une, à mesure qu’elles s’animeront, qu’elles prendront valeur de fonction, je préfère poser ces lettres comme ce autour de quoi j’aurai à tourner ensuite.
Da ich jedoch annehme, dass es für Sie weitaus komplizierter wäre, wenn ich sie nacheinander anbrächte, in dem Maße, in dem sie Leben gewinnen, in dem sie den Wert von Funktionen annehmen, ziehe ich es vor, diese Buchstaben als das hinzustellen, worum sich meine Ausführungen später werden drehen müssen.
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Comme vous cessez de m’entendre quand je me tourne vers le tableau, il y a deux façons – où bien j’écrive en me taisant et après ça je parlerai, où bien que je continue à parler un petit peu si on arrive à se tenir à la portée de ma voix. [Gelächter]
Da Sie aufhören, mich zu verstehen, wenn ich mich zur Tafel drehe, gibt es zwei Vorgehensweisen, entweder ich schreibe schweigend und danach spreche ich, oder ich spreche ein klein bisschen weiter, falls Sie es Ihnen gelingt, sich in Reichweite meiner Stimme zu halten. [Gelächter]
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Alors, est-ce que vous m’entendez ?
Also, verstehen Sie mich?
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Déjà l’année dernière j’ai cru pouvoir poser ce dont il s’agit, et que je crois – pour des raisons qui sont de tentatives – pouvoir écrire comme en mathématiques, c’est à savoir : la fonction qui se constitue de ce qu’il existe cette jouissance appelée jouissance sexuelle et qui est proprement ce qui fait barrage au rapport [sexuel].
Bereits im letzten Jahr habe ich geglaubt, das, worum es sich handelt, festhalten zu können und was ich – aus Gründen, die den Charakter von Versuchen haben – glaube schreiben zu können wie in der Mathematik, die Funktion nämlich, die dadurch gebildet wird, dass eine Jouissance existiert – ein Genuss, eine Lust –, die als sexuelle Jouissance bezeichnet wird und die eben das ist, was für das [sexuelle] Verhältnis ein Hindernis bildet.20
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Que la jouissance sexuelle ouvre pour l’être parlant la porte à la jouissance, et là ayez un peu d’oreille : apercevez-vous que la jouissance, quand nous l’appelons comme ça tout court, c’est peut-être la jouissance pour |{32} certains – je ne l’élimine pas – mais vraiment c’est pas la jouissance sexuelle.
Dass die sexuelle Lust dem sprechenden Wesen die Tür zur Jouissance auftut, und spitzen Sie hier ein wenig die Ohren, achten Sie darauf, dass die Jouiussance, wenn wir sie kurz einfach so nennen, für einige vielleicht die Jouissance ist, ich schließe das nicht aus, aber das ist wirklich nicht die sexuelle Jouissance.
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C’est le mérite qu’on peut donner au texte de Sade que d’avoir appelé les choses par leur nom : jouir, c’est jouir d’un corps, jouir c’est l’embrasser, c’est l’étreindre, c’est le mettre en morceaux.
Man kann dem Text von Sade das Verdienst anrechnen, dass er die Dinge beim Namen genannt hat: jouir – genießen –, das heißt, einen Körper zu genießen, jouir, das heißt, ihn zu umarmen, das heißt, ihn zu umklammern, das heißt, ihn in Stücke zu zerlegen.
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En droit, avoir la jouissance de quelque chose, c’est justement ça : c’est pouvoir traiter quelque chose comme un corps, c’est-à-dire le démolir, n’est-ce pas.
Im Recht bedeutet, jouissance an etwas zu haben – den Nießbrauch an etwas zu haben –, eben dies, dass man etwas wie einen Körper behandeln kann, das heißt, es zerstören kann, nicht wahr.
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C’est le mode de jouissance le plus régulier, c’est pour ça que ces énoncés ont toujours une résonance sadienne.
Das ist die regulärste Art von Jouissance, darum haben diese Aussagen immer eine Sade’sche Resonanz.
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Il ne faut pas confondre sadienne avec sadique, parce qu’on a dit tellement de conneries précisément sur le sadisme que le terme est dévalorisé.
Man darf Sade’sche nicht mit sadistische verwechseln, denn über den Sadismus ist ja so viel Blödsinn geredet worden, dass der Ausdruck entwertet ist.
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Je ne m’avance pas plus sur ce point.
Mehr sage ich nicht zu diesem Punkt.
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Ce que produit cette relation du signifiant à la jouissance, c’est ce que j’exprime par cette notation : Φ de x [geschrieben: Φx].
Das, was durch die Beziehung des Signifikanten zur Jouissance hergestellt wird, ist das, was ich mit der folgenden Notation ausdrücke: Φ von x [geschrieben: Φx].21
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Ça veut dire que x lui ne désigne qu’un signifiant.
Das heißt, das x bezeichnet nur einen Signifikanten.22
..,
Un signifiant, ça peut être chacun de vous, chacun de vous précisément au niveau, au niveau mince où vous existez comme sexués.
Ein Signifikant / ein Bezeichnendes, das kann jeder von Ihnen sein, jeder von Ihnen genau auf der Ebene, auf der dünnen Ebene, auf der Sie als sexuiert existieren.23
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Il est très mince en épaisseur si je puis dire.
Was die Dicke angeht, ist sie, wenn ich so sagen darf, sehr dünn.
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Mais il est |[8] beaucoup plus large en surface que chez les animaux, chez qui, quand ils ne sont pas en rut, vous ne les distinguez pas ce que j’appelais dans le dernier séminaire, le petit garçon et la petite fille.
Der Fläche nach ist sie jedoch weitaus größer als bei den Tieren, bei denen Sie, wenn sie nicht in der Brunft sind, nicht das unterscheiden, was ich im letzten Seminar den kleinen Jungen und das kleine Mädchen genannt habe.24
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Les lionceaux par exemple, ils se ressemblent tout à fait dans leur comportement, pas vous, à cause que justement c’est comme signifiant que vous vous sexuez.
Die jungen Löwen beispielsweise sind sich in ihrem Verhalten völlig ähnlich, Sie jedoch nicht, und zwar deshalb nicht, weil Sie sich eben als Signifikant / als Bezeichnende sexuieren.
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Alors il ne s’agit pas là de faire la distinction, de marquer le signifiant-homme comme distinct du signifiant-femme, d’appeler l’un X et l’autre Y, parce que c’est justement là la question : c’est comment on se distingue.
Also es geht hier nicht darum, die Unterscheidung zu treffen, den Mann-Signifikanten als etwas zu kennzeichnen, das vom Frau-Signifikanten unterschieden ist, das eine X zu nennen und das andere Y, denn genau das ist hier die Frage, nämlich wie man sich unterscheidet.
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C’est pour ça que je mets ce x à la place du trou que je fais dans le signifiant, c’est-à-dire que je l’y mets – ce x – comme variable apparente.
Deshalb setzte ich das x an den Platz des Lochs, das ich im Signifikanten bilde, das heißt, dass ich dieses x hier als gebundene Variable einsetze.25
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Ce qui veut dire que chaque fois que je vais avoir affaire à ce signifiant sexuel… c’est-à-dire à ce quelque chose qui tient à la jouissance …je vais avoir à faire à Φ de x.
Was besagt, dass ich jedes Mal, wenn ich mit diesem sexuellen Signifikanten zu tun haben werde – also mit diesem Etwas, das sich auf die Jouissance bezieht –, dass ich dann mit Φ von x zu tun haben werde.26
.
Et il y a certains, quelques uns, spécifiés parmi ces x qui sont tels qu’on peut écrire : pour tout x quel qu’il soit, Φ de x.
Und es gibt unter diesen x einige, bestimmte, spezifizierte, die so sind, dass man schreiben kann: „Für jedes beliebige x: Φ von x“.
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C’est à dire que [là] fonctionne ce qui s’appelle en mathématiques une fonction, c’est-à-dire que ça, ça peut s’écrire : ∀x.Φx.
Das heißt, dass [hier] das funktioniert, was in der Mathematik als Funktion bezeichnet wird, das heißt, dass das so geschrieben werden kann: ∀x.Φx.
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Alors je vais vous dire tout de suite, je vais éclairer.
Also ich werde Ihnen sofort sagen, je vais éclairer, ich werde aufklären.
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Enfin éclairer – il y a que vous qui serez éclairés bien sûr, enfin vous serez éclairés un petit moment.
Also aufklären – nur Sie werden natürlich aufgeklärt sein, einen kleinen Moment lang werden Sie aufgeklärt sein.
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Comme disaient les stoïciens, n’est-ce pas : « quand il fait jour, il fait clair ».
Wie die Stoiker sagten, nicht wahr: „Wenn es Tag wird, wird es hell.“27
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Moi, je suis évidemment – comme je l’ai mis au dos de mes Écrits – du parti des Lumières : j’éclaire… dans l’espoir du Jour J, bien sûr.
Was mich angeht, so gehöre ich offensichtlich, wie ich das auf den Rückdeckel meiner Schriften gesetzt habe, zur parti des Lumières, zur Partei der Aufklärung28: j’éclaire, ich leuchte – natürlich in der Hoffnung auf den Tag X.
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Seulement, c’est justement lui qui est en question, le jour J, il est pas pour demain.
Allerdings ist genau er das, was in Frage steht, der Tag X, es wird ihn nicht bereits morgen geben.
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Le premier pas à faire quant à |{33} la philosophie des Lumières, c’est de savoir que le jour n’est pas levé, que le jour dont il s’agit est celui de quelque petites lumières dans un champ parfaitement obscur.
Der erste Schritt, der bei der philosophie des Lumières getan werden muss, bei der Philosophie der Aufklärung, besteht darin, dass man weiß, dass der Tag nicht angebrochen ist; der Tag, um den es geht, ist derjenige de quelque petites lumières, der einiger kleiner Lichter in einem Feld, das völlig dunkel ist.
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Moyennant quoi vous allez croire qu’il fait clair quand je vous dirai que Φ de x, ça veut dire la fonction qui s’appelle la castration.
Weshalb Sie glauben werden, dass es hell wird, wenn ich Ihnen sage, dass Φ von x diejenige Funktion bedeutet, die Kastration heißt.29
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Comme vous croyez savoir ce que c’est que la castration, alors je pense que vous êtes contents – au moins pour un moment ! [Gelächter]
Da Sie zu wissen glauben, was Kastration ist, nehme ich an, dass Sie zufrieden sind – einen Moment lang zumindest. [Gelächter]
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Bon, figurez-vous que moi si j’écris tout ça au tableau – et que je vais continuer – c’est justement parce que moi, je sais pas du tout ce que c’est que la castration, et que j’espère, à l’aide de ce jeu de lettres venir à ce qu’enfin, justement le jour se lève, à savoir qu’on sache que la castration, il faut bien en passer par là.
Gut, stellen Sie sich vor, dass ich, wenn ich all das an die Tafel schreibe und damit fortfahre, dass ich es deshalb tue, weil ich überhaupt nicht weiß, was Kastration ist, und weil ich hoffe, mit diesem Buchstabenspiel zu erreichen, dass endlich der Tag anbricht, nämlich dass man weiß, dass die Kastration etwas ist, wobei man durch das hier hindurchgehen muss.30
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Et qu’il n’y aura pas de discours sain… à savoir qui ne laisse dans l’ombre la moitié de son statut et de son conditionnement …tant qu’on ne le saura pas.
Und dass es keinen soliden Diskurs geben wird – das heißt, einen Diskurs, der nicht die Hälfte seines Status und seiner Konditionierung im Schatten ließe –, solange man das nicht weiß.31
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Et on ne le saura qu’à avoir fait jouer à différents niveaux de relations topologiques, une certaine façon de changer les lettres et de voir comment ça se répartit.
Und man wird es nur wissen, wenn man auf verschiedenen Ebenen von topologischen Beziehungen etwas hat spielen lassen, nämlich eine bestimmte Art, die Buchstaben zu ändern und zu sehen, wie sich das aufteilt.32
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[9] Jusque-là vous en êtes réduits à de petites histoires, à savoir que Papa a dit : « On va te la couper », enfin, comme si c’était pas la connerie type !
Bis dahin sind Sie dabei auf kleine Geschichten reduziert, also dass Papa gesagt hat: „Man wird ihn dir abschneiden“, na ja, als ob das nicht der typische Blödsinn wäre.
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Alors, il y a quelque part un endroit où on peut dire que tout ce qui s’articule de signifiant tombe sous le coup de Φx, de cette fonction de castration [∀x Φx].
Nun, irgendwo gibt es einen Ort, an dem man sagen kann, dass alles, was an Signifikant artikuliert wird, unter das Φx fällt, unter die Funktion der Kastration [∀x Φx].
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Ça a un petit avantage de formuler les choses comme ça.
Wenn man die Dinge so formuliert, hat das einen kleinen Vorteil.
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Il peut vous venir à l’idée justement que, si tout à l’heure j’ai… non sans intention : je suis plus rusé que je n’en ai l’air … je vous ai amené comme remarque sur le sujet de l’interdit, à savoir que tous les signifiants ne peuvent pas être là tous ensemble : jamais, ça a peut-être rapport [avec la castration].
Es mag Ihnen ja in den Sinn kommen, dass ich, als ich vorhin – nicht ohne Absicht, ich bin raffinierter als ich aussehe –, als ich Ihnen zum Thema der Untersagung mit der Bemerkung kam, dass nicht alle Signifikanten zusammen da sein können, niemals, dass dies vielleicht in einem Verhältnis [zur Kastration] steht.
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Je n’ai pas dit que l’inconscient = la castration, j’ai dit que ça a beaucoup de rapport.
Ich habe nicht gesagt, „das Unbewusste gleich die Kastration“, ich habe gesagt, dass das viel miteinander zu tun hat.
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Évidemment, écrire comme ça, Φ de x, c’est écrire une fonction d’une portée, comme dirait Aristote, incroyablement générale.
Natürlich, wenn man so schreibt, Φ von x, dann heißt das, eine Funktion zu schreiben, deren Tragweite, wie Aristoteles sagen würde, unglaublich allgemein ist.
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Que ça veuille dire que le rapport à un certain signifiant… vous voyez que je l’ai pas encore dit, mais enfin disons-le …un signifiant qui est par exemple un homme.
Was besagt, dass das Verhältnis zu einem bestimmten Signifikanten – Sie sehen, dass ich ihn noch nicht genannt habe, aber sprechen wir ihn endlich aus –, zu einem Signifikanten, der beispielsweise ein Mann ist --.33
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Tout ça est tuant parce qu’il y a beaucoup à remuer, et puis personne ne l’ayant fait jamais avant moi, ça risque à tout instant de me dégringoler sur la tête.
All das ist mühsam, weil vieles aufzurühren ist, und weil das außerdem nie jemand vor mir gemacht hat; das läuft jeden Moment Gefahr, dass es mir auf den Kopf rasselt.
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Un homme, j’ai pas dit l’homme.
Ein Mann, ich habe nicht gesagt: der Mann.
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C’est assez rigolo tout de même que dans l’usage comme ça, du signifiant, on dise au gars : sois un homme.
Allerdings ist doch ziemlich komisch, dass man zum Jungen, bei der üblichen Verwendung des Signifikanten, „Sei ein Mann!“ sagt.
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On ne lui dit pas sois l’homme, non, on lui dit sois un homme, pourquoi ?
Man sagt zu ihm nicht: „Sei der Mann!“, nein, man sagt zu ihm: „Sei ein Mann!“ – warum?
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Ce qu’il y a de curieux, c’est que ça ne se dit pas beaucoup, sois une femme, mais on parle par contre de la femme, article défini.
Es ist merkwürdig, dass nicht oft gesagt wird: „Sei eine Frau!“, dass man jedoch von „der“ Frau spricht, bestimmter Artikel.34
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On a |{34} beaucoup spéculé sur l’article défini, mais enfin, nous retrouverons ça quand il faudra.
Über den bestimmten Artikel ist viel spekuliert worden, aber nun ja, wir werden darauf zurückkommen, wenn es nötig sein sollte.
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Ce que je veux simplement vous dire, c’est que ce qu’écrit Φ de x, ça veut dire, je ne dis même pas ces deux signifiants-là précisément, mais eux et un certain nombre d’autres qui s’articulent avec, donc ont pour effet qu’on ne peut plus disposer de l’ensemble des signifiants et que c’est peut-être bien là une première approche de ce qu’il en est de la castration du point de vue, bien sûr, de cette fonction mathématique, que mon écrit imite.
Was ich Ihnen einfach sagen möchte, ist dies, dass das, was als Φ von x geschrieben wird, Folgendes bedeutet. Ich sage nicht einmal: Genau diese beiden Signifikanten, sondern: Diese und eine Reihe weiterer Signifikanten, die sich damit verbinden, haben also zur Wirkung, dass man nicht mehr über das Gesamt der Signifikanten verfügen kann und dass dies vielleicht ein erster Zugang zu dem ist, worum es bei der Kastration geht, natürlich unter dem Gesichtspunkt dieser mathematischen Funktion, die von meinem Geschriebenen imitiert wird.35
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Dans un premier temps je vous demande… je vous demande pas plus que de reconnaître que c’est imité.
Zunächst einmal bitte ich Sie um nicht mehr als darum, zu erkennen, dass hier eine Imitation vorliegt.
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Ça ne veut pas dire que pour moi qui y ait déjà réfléchi, ça n’aille pas beaucoup plus loin.
Das heißt nicht, dass das für mich, der ich bereits darüber nachgedacht habe, nicht sehr viel weiter geht.
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Enfin, il y a moyen d’écrire que pour tout x [∀x], ça fonctionne.
Denn es gibt ja die Möglichkeit zu schreiben, dass es für alle x funktioniert [∀x].
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C’est le propre d’une façon d’écriture qui est issue du premier traçage logicien dont Aristote est le responsable, ce qui lui a donné ce prestige qui tient du fait que c’est formidablement jouissif la logique justement parce que ça tient à ce champ de la castration.
Das ist das Eigentümliche einer Schreibweise, die aus dem ersten Logik-Abriss hervorgegangen ist, für den Aristoteles verantwortlich ist, was ihm dieses Ansehen verliehen hat, was daran liegt, dass sie, die Logik, ungeheuer jouissif ist, ungeheuer lusterregend, eben deshalb, weil das mit dem Feld der Kastration verbunden ist.
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Enfin, comment pourriez-vous justifier, à travers l’histoire, qu’une période… aussi ample comme temps, aussi brûlante comme intelligence, aussi foisonnante comme production, …que notre |[10] Moyen Âge, ait pu s’exciter à ce point sur ces affaires de la logique, et aristotélicienne.
Denn wie könnten Sie im Verlauf der Geschichte begründen, dass eine Periode, die als Zeit so reichhaltig war, als Intelligenz so glühend, als Produktion so üppig wie unser Mittelalter, dass eine solche Periode in Sachen Logik, und zwar der aristotelischen, dermaßen in Erregung geraten konnte?36
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Pour que ça les ait mis dans cet état… car ça venait à soulever des foules, parce que par l’intermédiaire des logiciens ça avait des conséquences théologiques où la logique dominait beaucoup le théo, ce qui n’est pas comme chez nous où il n’y a plus que le théo qui reste, toujours là bien solide, dans sa connerie, et où la logique est légèrement évaporée …c’est bien que c’est jouissif, cette histoire.
Dass sie das in diesen Zustand versetzt hat – denn das hat Massen in Bewegung versetzt, da das, durch Vermittlung der Logiker, theologische Konsequenzen hatte, wobei das -logische das theo- in weitem Maße beherrschte, nicht wie bei uns, wo es nur noch das theo gibt, das in seiner Blödheit ganz solide fortbesteht und wo die Logik sich etwas verflüchtigt hat –, das sie das in diesen Zustand versetzt hat, liegt daran, dass diese Geschichte jouissif ist, lusterregend.
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C’est d’ailleurs de là qu’est pris tout le prestige qui, dans la construction d’Aristote, a retenti sur cette fameuse Métaphysique, où il débloque à plein tube.
Daher rührt übrigens das gesamte Ansehen, das sich, in der Konstruktion von Aristoteles, auf die berühmte Metaphysik ausgewirkt hat, wo er voll loslegt.
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Mais à ce niveau-là – car je ne vais pas aujourd’hui vous faire un cours d’histoire de la logique – si vous voulez aller chercher simplement les Premiers Analytiques, ce qu’on appelle plus exactement les Analytiques antérieurs.
Auf dieser Ebene jedoch, denn ich werde Ihnen heute keine Vorlesung zur Geschichte der Logik halten --; wenn Sie einfach zur Ersten Analytik greifen würden, die genauer Analytica priora genannt wird.37
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Même pour ceux qui, bien entendu les plus nombreux, n’auront jamais le courage de le lire, encore que ce soit fascinant …je vous recommande quand même, à ce qu’on appelle le Livre I, chapitre 46, n’est-ce pas, de lire ce qu’Aristote produit sur ce qu’il en est de la négation, à savoir sur la différence qu’il y a à dire l’homme n’est pas blanc, si c’est bien ça le contraire de l’homme est blanc ou si, comme bien des gens le croyaient, et le croyaient déjà à son époque – ça ne l’a pas arrêté pour autant – ou si le contraire c’est de dire l’homme est non blanc.
Selbst denjenigen, die, auch wenn das faszinierend ist, nie den Mut haben werden, sie zu lesen – die meisten natürlich –, ihnen empfehle ich dennoch, in dem, was Buch I, Kapitel 46 genannt wird, nicht wahr, nachzulesen, was Aristoteles darüber vorbringt, was es mit der Negation auf sich hat, das heißt über den Unterschied, den es gibt, wenn man sagt „Der Mensch ist nicht weiß“, nämlich ob dies das Gegenteil ist von „Der Mensch ist weiß“ oder ob – wie viele Leute annahmen, bereits zu seiner Zeit annahmen, das hat das jedoch nicht zu einem Abschluss geführt –, oder ob das Gegenteil von „Der Mensch ist weiß“ darin besteht, dass man sagt „Der Mensch ist nicht-weiß“.
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{35} C’est absolument pas la même chose.
Das ist absolut nicht dasselbe.
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Je pense que rien qu’à l’énoncer comme ça, la différence est sensible.
Ich denke, dass allein schon dadurch, dass man das so formuliert, der Unterschied spürbar ist.38
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Seulement il est très important de lire ce chapitre parce que, on vous a raconté tellement de choses sur la logique des prédicats, au moins ceux qui ont déjà essayé de se frotter aux endroits où on parle de ces trucs là, que vous pourriez vous imaginer que le syllogisme est tout entier dans la logique des prédicats.
Es ist jedoch sehr wichtig, dieses Kapitel zu lesen, denn man hat Ihnen so viel über die Prädikatenlogik erzählt, zumindest denjenigen, die bereits versucht haben, sich an Orten herumzudrücken, wo man über diese Dinge spricht, dass Sie denken könnten, in der Prädikatenlogik sei der Syllogismus vollständig enthalten.39
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C’est une petite indication que je fais latéralement comme j’ai pas voulu m’y attarder, peut-être que j’aurai le temps de le reprendre un jour.
Das ist ein kleiner Hinweis, den ich am Rande gebe, da ich mich dabei nicht aufhalten wollte; vielleicht werde ich Zeit haben, das eines Tages wieder aufzugreifen.
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Je veux simplement dire qu’il y a eu – pour que je puisse l’écrire ainsi [∀x Φx] – au début du dix-neuvième siècle, une mutation essentielle, c’est la tentative d’application de cette logique à ce dont déjà tout à l’heure je vous ai indiqué qu’il a un statut spécial, à savoir le signifiant mathématique.
Ich möchte einfach sagen, dass es Anfang des neunzehnten Jahrhunderts – als Voraussetzung dafür, dass ich das so schreiben kann [∀x Φx] – einen wesentlichen Umbruch gegeben hat, nämlich den Versuch, diese Logik auf etwas anzuwenden, wobei ich Sie bereits hingewiesen habe, dass es einen Sonderstatus hat, nämlich auf den mathematischen Signifikanten. 40
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Ça a donné ce mode d’écriture dont je pense que j’aurai le temps par la suite de vous faire sentir le relief et l’originalité, à savoir que ça ne dit plus du tout la même chose que les propositions – car c’est de cela dont il s’agit – qui fonctionnent dans le syllogisme.
Das hat zu dieser Schreibweise geführt, von der ich denke, dass ich später Zeit haben werde, Sie deren Profil und Originalität spüren zu lassen, nämlich dass das keineswegs mehr dasselbe aussagt wie die Propositionen – denn darum geht es –, die im Syllogismus funktionieren.
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À savoir que, comme je l’ai déjà écrit l’année dernière, |[11] le signe de la négation mis au niveau où il y a le grand A [], c’est une possibilité qui nous est ouverte justement par cette introduction des quanteurs, dans l’usage de ces quanteurs appelés généralement quantificateurs, et que je préfère appeler ainsi – je suis pas le seul ni le premier – parce que la chose importante est que vous sachiez ce qui est évident : que ça n’a absolument rien à faire avec la quantité.
Nämlich, wie ich das bereits im letzten Jahr geschrieben habe, das Negationszeichen auf die Ebene gesetzt, auf der es das große A gibt [], das ist eine Möglichkeit, die uns ja durch die Einführung der Quantoren eröffnet wird, bei der Verwendung der Quantoren, die im Französischen allgemein Quantifikatoren genannt werden, die ich jedoch lieber so nenne – ich bin nicht der einzige und nicht der erste –, da das Entscheidende darin besteht, dass Sie wissen, was offensichtlich ist: dass das mit Quantität absolut nichts zu tun hat.41
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On l’appelle comme ça parce qu’on n’a pas trouvé mieux, ce qui est un signe.
Man nennt das so, weil man nichts Besseres gefunden hat, und das ist nun wirklich ein Zeichen!
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Enfin, cette articulation des quanteurs nous permet ce qui n’a jamais été fait dans cette logique des quanteurs, c’est ce que je fais parce que je considère que pour nous ça peut être très fructueux, c’est la fonction du pastous [].
Also, diese Artikulation der Quantoren erlaubt uns etwas, das in der Quantorenlogik nie gemacht worden ist, nämlich das, was ich mache, da ich meine, dass dies für uns wirklich fruchtbar sein kann, und das ist die Funktion des nichtalle [].
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Il y a un ensemble de ces signifiants qui supplée à la fonction du sexué, qui y supplée pour ce qui est de la jouissance, à un endroit où c’est pastous qui fonctionne dans la fonction de la castration [].
Es gibt ein Ensemble dieser Signifikanten, das für die Funktion des Sexuierten einen Ersatz bildet, das hier einen Ersatz für das bildet, was zur Jouissance gehört, an einem Ort, an dem das, was in der Funktion der Kastration funktioniert, nichtalle ist [].
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Je continue à me servir des quanteurs.
Ich fahre fort, mich der Quantoren zu bedienen.
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Il y a une façon qu’on a de les articuler c’est d’écrire ∃ de x [∃x], ça veut dire il existe.
Es gibt eine [weitere] Art, sie zu artikulieren, nämlich dass man ∃ von x schreibt [∃x], das bedeutet es existiert.
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Il existe quoi ?
Es existiert was?
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Un signifiant.
Ein Signifikant.
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Quand vous traitez des signifiants mathématiques… ceux qui ont un autre statut que nos petits signifiants sexués, qui ont un autre statut et qui mord autrement sur le réel …il faudrait peut-être quand même essayer de faire prévaloir dans votre esprit qu’il y a au moins une chose de réelle, et que c’est la seule dont nous sommes sûrs, c’est le nombre.
Wenn Sie mit mathematischen Signifikanten umgehen – mit denen, die einen anderen Status haben als unsere kleinen sexuierten Signifikanten, die einen anderen Status haben, der auf andere Weise ins Reale eingreift –, dann sollte man vielleicht doch versuchen, in Ihrem Geist in den Vordergrund zu rücken, dass es zumindest eine Sache gibt, die etwas Reales ist, und dass sie die einzige ist, derer wir sicher sind, nämlich die Zahl.
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Ce qu’on arrive à faire avec !
Was man damit alles machen kann!
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On en a fait pas mal.
Nicht schlecht, was man damit gemacht hat.
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Pour arriver jusqu’à construire les nombres réels, c’est-à-dire justement |{36} ceux qui ne le sont pas, il faut que le nombre, ce soit quelque chose de réel.
Um bis dahin zu kommmen, die reellen Zahlen zu konstruieren, das heißt eben diejenigen, die es nicht sind, muss die Zahl etwas Reales sein.42
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Enfin, j’adresse ça en passant aux mathématiciens qui vont peut-être me lancer des pommes cuites, mais qu’importe, ils le feront dans le privé parce qu’ici je les intimide.
Na ja, am Rande wende ich mich damit an die Mathematiker, die mich vielleicht mit Tomaten bewerfen werden, aber was soll’s, da ich sie hier einschüchtere, werden sie’s privat tun.
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Revenons à ce que nous avons à dire.
Kommen wir auf das zurück, was wir zu sagen haben.
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Il existe.
Es existiert.
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Cette référence que je viens de faire n’est pas simplement une discrétion… plutôt une digression, plutôt vous dire que il existe c’est là que ça a un sens.
Dieser Bezug, den ich gerade hergestellt habe, ist nicht einfach eine Diskretion – vielmehr eine Digression, vielmehr Ihnen sagen, dass es existiert, das ist da, dass es einen Sinn hat.
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Ça a un sens précaire : c’est bien en tant que signifiant que vous existez, tous.
Das hat einen prekären Sinn, nämlich dass Sie als Signifikant / als signifizierend existieren, Sie alle.
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Vous existez.
Sie existieren.
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Vous existez sûrement, mais ça ne va pas loin, vous existez en tant que signifiant.
Sicherlich existieren Sie, aber das führt nicht weit – Sie existieren als Signifikant.
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Essayez bien de vous imaginer, comme ça, nettoyés de toute cette affaire, vous m’en direz des nouvelles.
Versuchen Sie doch mal, sich selbst einfach so vorzustellen, von dieser ganzen Sache gereinigt, das wird Ihnen gefallen.43
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Après la guerre, comme ça, on nous a incités à exister de façon fortement contemporaine.
Nach dem Krieg hat man uns ja ermuntert, ganz zeitgemäß zu existieren.44
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Eh ben, regardez ce qu’il en reste, vous comprenez.
Schauen Sie sich doch an, was davon geblieben ist, verstehen Sie?
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J’oserai dire que les gens avaient quand même un tout petit peu plus d’idées dans la tête quand ils démontraient l’existence de Dieu.
Ich möchte mal behaupten, dass die Leute ja doch ein ganz klein bisschen mehr Ideen im Kopf hatten, als sie die Existenz Gottes bewiesen.
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C’est évident que Dieu existe, mais pas plus que vous, ça va pas loin.
Es ist offensichtlich, dass Gott existiert, allerdings nicht mehr als Sie, das führt nicht weit.45
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Enfin ceci pour mettre au point ce qu’il en est de l’existence.
Dies also, um deutlich zu machen, was es mit der Existenz auf sich hat.
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[12] Qu’est-ce qui peut bien nous intéresser concernant cet il existe en matière de signifiant ?
Was kann denn für uns, in der Frage des Signifikanten, an diesem es existiert von Interesse sein?
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Ça serait qu’il en existe au moins un pour qui ça ne fonctionne pas cette affaire de castration… et c’est bien pour ça qu’on l’a inventé …c’est ce qui s’appelle le père.
Das wäre, dass mindestens einer existiert, bei dem das nicht funktioniert, diese Kastrationsgeschichte – eben deshalb hat man sie erfunden –, und das ist das, was Vater heißt.46
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C’est pourquoi le père existe au moins autant que Dieu, c’est-à-dire pas beaucoup.
Deshalb existiert der Vater mindestens ebenso sehr wie Gott, das heißt nicht viel.
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Alors naturellement il y a quelques petits malins…
Natürlich gibt es einige kleine Schlauköpfe --.
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Je suis entouré de petits malins, ceux qui transforment ce que j’avance en pollution intellectuelle [Gelächter], comme s’exprimait une de mes patientes que je remercie de m’avoir fourni ça.
Ich bin umgeben von kleinen Schlauköpfen, denjenigen, die das, was ich vortrage, in intellektuelle Verschmutzung verwandeln [Gelächter], wie sich eine meiner Patientinnen ausdrückte, der ich dafür danke, dass sie mir das angebracht hat.
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Elle a trouvé ça toute seule parce que c’est une sensible – hein ? – d’ailleurs en général il n’y a que les femmes qui comprennent ce que je dis. [Gelächter]
Sie hat das ganz allein gefunden, weil das eine Sensible ist, nicht wahr, übrigens sind es im Allgemeinen nur die Frauen, die begreifen, was ich sage. [Gelächter]
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Alors il y en a qui ont découvert que je disais que le père, c’était un mythe.
Also es gibt welche, die entdeckt haben, dass ich gesagt habe, der Vater sei ein Mythos.47
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Parce que il saute aux yeux en effet que Φ de x ne marche pas au niveau du mythe d’Œdipe – le père n’est pas châtré, sans ça comment est-ce qu’il pourrait les avoir toutes, vous vous rendez compte ?48
Denn es springt ja in die Augen, dass Φ von x auf der Ebene des Ödipusmythos nicht funktioniert – der Vater ist nicht kastriert, wie könnte er sie sonst alle haben, haben Sie sich das klargemacht?49
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Elles n’existent même que là en tant que toutes, car c’est aux femmes que ça convient le pastous, mais enfin je commenterai ça plus loin prochainement.
Sie existieren sogar nur hier als alle, denn zu den Frauen gehört das nichtalle, aber das werde ich demnächst weiter kommentieren.
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Donc à partir de ce qu’il existe un, c’est à partir de là que tous les autres peuvent fonctionner, c’est en référence à cette exception, à cet il existe [∃x]
Also ausgehend davon, dass einer existiert, von da aus können alle anderen funktionieren, das heißt durch Bezug auf diese Ausnahme, auf dieses es existiert [∃x].50
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Seulement voilà, à très bien comprendre qu’on peut écrire le rejet de la fonction – Φ de x nié [] : il n’est pas vrai que ça se castre.
Allerdings nur, wenn man wirklich begreift, dass man die Verwerfung der Funktion schreiben kann – Φ von x negiert []: es ist nicht wahr, dass das kastriert wird.51
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Ça c’est le mythe.
Das ist der Mythos.
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Seulement, ce dont il ne se sont pas aperçus les petits malins, c’est que c’est corrélatif de l’existence et que ça pose l’il existe de cet il n’est pas vrai de la castration [].
Was die kleinen Schlauköpfe jedoch nicht gesehen haben, ist, dass dies mit der Existenz korreliert und dass damit das Es existiert von diesem es ist nicht wahr der Kastration behauptet wird [].52
..
{37} Bon, il est deux heures.
Gut, es ist zwei Uhr.
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Alors je vais simplement vous marquer la quatrième façon de faire usage de ce qu’il en est de la négation fondée sur les quanteurs qui est d’écrire il n’en existe pas [].
Also, ich werde für Sie einfach die vierte Art anschreiben, wie man die auf Quantoren gegründete Negation verwenden kann und die darin besteht, dass man schreibt es existiert nicht [].
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Il n’en existe pas qui, quoi ?
Wer oder was existiert nicht?
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Pourquoi il ne soit pas vrai que la fonction Φ de x soit ce qui domine ce qu’il en est de l’usage du signifiant ?
Warum sollte es nicht wahr sein, dass der Signifikantengebrauch von der Funktion Φ von x dominiert wird?53
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Seulement est-ce que c’est ça que ça veut dire ?
Nur – ist es das, was das bedeutet?
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Car tout à l’heure l’existence je vous l’ai distinguée de l’exception, et si la négation, là, voulait dire sans l’exception de cette position signifiante, elle peut s’inscrire dans la négation de la castration [], dans le rejet, dans le il n’est pas vrai que la castration domine tout.
Denn gerade habe ich für Sie die Existenz von der Ausnahme unterschieden54, und wenn die Negation [] hier bedeuten würde ohne Ausnahme von dieser Signifikantenposition, dann kann sie sich in die Negation der Kastration [] einschreiben, in die Verwerfung55, in das es ist nicht wahr, dass die Kastration alles beherrscht.
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C’est sur cette petite énigme que je vous laisserai aujourd’hui parce que, à la vérité, c’est très éclairant pour le sujet.
Bei diesem kleinen Rätsel möchte ich Sie heute stehen lassen, denn das ist für dieses Thema wirklich aufklärend.
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À savoir que la négation, c’est pas une chose dont on peut user comme ça d’une façon aussi simplement univoque qu’on le fait dans la logique des propositions, où tout ce qui n’est pas vrai |[13] est faux, et où – chose énorme – tout ce qui n’est pas faux devient vrai.
Nämlich dass die Negation nicht etwas ist, das man einfach so verwenden kann, auf eine Weise, die ebenso schlicht eindeutig wäre wie man das in der Aussagenlogik macht, wo alles, was nicht wahr ist, falsch ist, und wo – eine Riesensache – alles, was nicht falsch ist, wahr wird.
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Bon, je laisse les choses au moment où c’est l’heure qui me coupe comme il convient, et je reprendrai les choses le deuxième mercredi de Janvier au point précis où je les ai laissées aujourd’hui.
Gut, ich lasse die Dinge in dem Moment liegen, in dem die Uhrzeit mich, wie es sich gehört, unterbricht, und ich werde die Dinge am zweiten Mittwoch im Januar wieder aufgreifen, an genau dem Punkt, an dem ich sie heute habe liegenlassen.
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- Übersetzung von Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht von Schein wäre
Anmerkungen
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Vgl. Jacques Lacan: … or Worse. The Seminar of Jacques Lacan, Book XIX. Edited by Jacques-Alain Miller. Translated by Adrian R. Price. Polity Press, Cambridge (UK) 2018.
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Das Erstellungsdatum einer PDF-Datei findet man im Adobe Acrobat Reader DC Version 2015 unter Datei > Eigenschaften > Beschreibung > Erstellt am.
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Unter anderem eine Anspielung auf Jacques Derrida; vgl. dessen Schriften De la grammatologie, Les Éditions de Minuit, Paris 1967, und L’écriture et la différence, Seuil, Paris 1967 (dt.: Grammatologie. Übers. v. Hans-Jörg Rheinberger und Hanns Zischler. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974; Die Schrift und die Differenz. Übers. von Rodolphe Gasché. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972).
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In Seminar 18 hatte Lacan erläutert, dass der Buchstabe sich auf die Jouissance bezieht und im Realen ist, während der Signifikant zum Symboliscshen gehört (vgl. Sitzung vom 12. Mai 1971, mündlich vorgetragene Fassung von Lituraterre, Version Miller S. 122).
Demnach ist der Buchstabe das Symptom (die Wiederkehr des Verdrängten), insofern es mit einer Jouissance verbunden ist, mit eine Ersatzbefriedigung, wie Freud sagt.
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Vgl. J. Lacan: Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten oder die Vernunft seit Freud (1957). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 582–626.
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Wenn der Buchstabe die Wiederkehr des Verdrängten ist, besteht diese Transmutation, Freud zufolge, in der Entstellung durch Kompromissbildung.
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Man kann nicht einfach irgendwas schreiben = Es ist nicht möglich, einfach irgenwas zu schreiben. Damit kommt das Unmögliche ins Spiel, das Reale.
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Vgl. J. Lacan: Ich spreche zu den Wänden. Gespräche aus der Kapelle von Sainte-Anne. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2013, Vortrag vom 2. Dezember 1972, vor allem S. 54–72.
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Hi-han appât klingt ähnlich wie y en a pas („gibt keins“). Hi-han ist der Schrei des Esels. Bei hi-han, also „i-a“, soll man vielleicht an das sexuelle Stöhnen denken. Vgl. Jean Allouch: Pourquoi y a-t-il de l’excitation sexuelle plutôt que rien? EPEL, Paris 2017, S. 31.
Appât, der Köder. ist lautgleich mit appas, „weibliche Reize“.
In Joyce le Symptôme (I) wird Lacan das Wortspiel wieder aufgreifen, dort als hihanappat (Autres écrits. Le Seuil, Paris 2001, S. 565, vgl. die Übersetzung hier).
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Thema von Platons Parmenides ist das Verhältnis zwischen dem Sein und dem Einen. Um diese Frage geht es (unter anderem) auch in Aristoteles’ Metaphysik.
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Eine solche Bemerkung kann ich dort nicht findet, RN. Vgl. J. Lacan: Kant mit Sade (1963). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 289–321.
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Mit „unser Dichter“ ist der Historiker Jules Michelet (1789–1874) gemeint.
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Vgl. Charles Louis Michelet: Examen critique de l’ouvrage d’Aristote intitulé Métaphysique. Mercklein, Paris 1836 (im Internet hier). Der deutsche Name des Autors ist Karl (oder Carl) Ludwig Michelet.
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Vielleicht im Sinne von: In der Mathematik ist es unmöglich, einfach irgendwas zu schreiben, insofern begegnet man dem Realen, denn das Reale ist das Unmögliche.
Es ist nicht möglich, alle Signifikanten zugleich zu erwischen; es gibt hier eine strukturelle Unmöglichkeit, etwas Reales.
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Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Eins und dem Sein ist das Thema von Platons Parmenides.
Vgl. Aristoteles:
„Also wird es so viele Prinzipien der Dinge geben, wie es erste Gattungen gibt, und so werden das Seiende und das Eine Prinzipien und Wesen sein, denn diese werden am meisten von allen Dingen ausgesagt.“
(Metaphysik, Buch III, 998b 19, Übersetzung Franz F. Schwarz, Reclam, Stuttgart 1970)
To hen (das Eins, das Eine, die Einheit) ist das Thema von Buch X der Metaphysik.
Lacan bezieht sich in diesem Seminar für den Terminus l’Un vor allem auf Platons Parmenides; dessen Terminus hen wird von Schleiermacher und Zekl mit „das Eins“ übersetzt, weshalb ich Lacans l’Un mit „das Eins“ übersetze, RN.
Vgl. Platon: Parmenides. In: Ders.: Sämtliche Werke, Bd. IV. Nach der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher hg. von Ernesto Grassi unter Mitarbeit von Walter Hess. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 1958, S. 61–102.– Platon: Parmenides. Griechisch-deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Hans Günter Zekl. Felix Meiner Verlag, Hamburg 1972.
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Um das Verhältnis zwischen dem Sein und dem Einen geht es in Platons Parmenides, auf den sich Lacan in diesem Seminar ausführlich beziehen wird.
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Mit der Ausarbeitung der Formeln der Sexuierung hatte Lacan in Seminar 18 (1971) begonnen, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, in der Sitzung vom 17. März 1971; vgl. die Übersetzung von Seminar 18 auf dieser Website hier.
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Vgl. Nicolas Bourbaki: Éléments de mathématique, Lehrbuch in bisher zwölf Büchern, ab 1939 veröffentlicht. Das zwölfte Buch, Topologie algébrique, erschien 2016.
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Um es festzuhalten: Die Formeln der Sexuierung sollen darstellen:
– Es gibt kein sexuelles Verhältnis.
– Es gibt deshalb kein sexuelles Verhältnis, weil es ein Hindernis dafür gibt.
– Das Hindernis für das sexuelle Verhältnis ist die sexuelle Jouissance.Die These, dass die sexuelle Jouissance das Hindernis für das sexuelle Verhältnis bildet, hatte Lacan bereits in Seminar 18 vorgetragen. Genauer heißt es dort: die sexuelle Jouissance bildet „ein Hindernis für die Ankunft des sexuellen Verhältnisses im Diskurs“ (Sitzung vom 9. Juni 1971, Version Miller S. 148).
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Um es festzuhalten: Φx bezeichnet die Beziehung des Signifikanten zur Jouissance.
Welche Jouissance ist gemeint, die sexuelle Jouissance oder die Jouissance ohne Beiwort, also die „Sade’sche“ Jouissance?
In der vorangegangenen Sitzung dieses Seminars heißt es, der Ausdruck Φx könne vorläufig mit „sexuelle Jouissance“ gleichgesetzt werden (Sitzung vom 12. Januar 1972, Version Miller S. 46). Das spricht dafür, dass Φx die Beziehung des Signifikanten zur sexuellen Jouissance bezeichnet.
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Im Ausdruck Φx repräsentiert das x demnach einen Signifikanten und das Φ die sexuelle Jouissance.
In Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens (etwa 1962) hatte Lacan den Phallus als Symbol der (geopferten) Jouissance bezeichnet. Vgl. auf dieser Website den Artikel Der Phallus als Symbol der Jouissance.
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Demnach gilt:
– Im Ausdruck Φx bezeichnet die Variable x einen Signifikanten.
– Dieser Signifikant sich auf jeden von Lacans Zuhörern beziehen, anders gesagt: der Signifikant kann sich auf beliebige menschliche Individuen beziehen.
– Der Signifikant kann sich auf beliebige menschliche Individuen beziehen, insofern sie „sexuiert“ sind, d.h. geschlechtlich differenziert sind, insofern sie also männlich oder weiblich sind.
– Der Signifikant bezieht sich nicht speziell auf Männer und nicht speziell auf Frauen.
In einer späteren Sitzung wird man erfahren, dass die Zuweisung eines Geschlechts zu x an den Quantor gebunden ist: Ist der Quantor nicht negiert, bezieht sich x auf Männer, ist der Quantor negiert, bezieht sich x auf Frauen (vgl. Sitzung vom 19. Januar 1972, Version Miller S. 56).
Für x kann man also einsetzen „menschliche Individuen, wobei es sich um Männer oder um Frauen handeln kann“.
Man wird später noch sehen, dass dazu auch theoretisch konstruierte Wesen gehören, wie Freuds Urvater.
In welchem Sinne ist jeder der Zuhörenden ein Signifikant? Vielleicht mobilisiert Lacan hier den Partizip-Charakter von le signifiant, „das Bezeichnende“. Jeder wäre dann „ein Bezeichnender“ oder „eine Bezeichnende“, nämlich ein sprechendes Wesen. – ?
In der Sitzung vom 19. Januar 1972 wird man erfahren, dass die geschlechtliche Spezifizierung von x durch die Quantoren erfolgt (vgl. Version Miller S. 56). In den Aussagen mit einem nicht-negierten Quantor bezieht sich x auf Männer, in den Aussagen mit einem negierten Quantor auf Frauen.
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Die Signifikanten, auf die sich das x bezieht, sind also beispielsweise „kleiner Junge“ oder „kleines Mädchen“.
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Ich bilde im Signifikanten ein Loch: ich bilde eine Funktion im Sinne von Frege, einen Ausdruck mit Leerstelle.
Die Leerstelle wird durch ein Argument ausgefüllt, was den Effekt hat, dass der Ausdruck wahr oder falsch wird, sich also in eine Aussage verwandelt.
Als Argument wird eine Variable verwendet, x, genauer: eine gebundene Variable, d.h. eine Variable mit Quantor.
Die geschlechtliche Spezifizierung liegt nicht auf der Ebene der Variablen. Die geschlechtliche Spezifizierung ergibt sich erst dadurch, dass die Variable gebunden ist, d.h. mit einem Quantor versehen ist. Wenn die Variable mit nicht-negierten Quantoren verbunden ist, mit ∀ und mit ∃, bezieht sie sich auf Männer, wenn sie mit negierten Quantoren verbunden ist, mit und , bezieht sie sich auf Frauen.
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In der vorangegangenen Sitzung hieß es, die Jouissance sei der Signifikant und der Phallus ihr Signifikat (8. Dezember 1971, Version Miller S. 17). In den Formeln der Sexuierung können die beiden Seiten eines Ausdrucks demnach auch als Verhältnis von Signifikant (Jouissance als gebundene Variable) und Signifikat (Phallus als Prädikat) aufgefasst werden.
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Anspielung auf ein Schulbeispiel der stoischen Aussagenlogik: „Wenn es Tag ist, so ist es hell; nun ist es aber Tag; also ist es hell.“ Vgl. Jan Lukasiewicz: Zur Geschichte der Aussagenlogik. In: Erkenntnis, 5. Jg. (1935), 1, S. 111–131, hier: S. 112 f.
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Der Text auf dem Rückdeckel der Écrits beginnt so:
„Man muss diese Sammlung gelesen haben, und zwar in ihrer vollen Länge, um zu spüren, dass darin eine einzige Auseinandersetzung verfolgt wird, stets dieselbe und die, sollte es so scheinen, als sei sie älteren Datums, als die Auseinandersetzung um die Aufklärung zu erkennen ist.“
(Zitiert nach der Übersetzung auf dem Rückdeckel von Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Wien, Turia und Kant 2016)
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Zuvor hieß es in dieser Sitzung, Φx bezeichne das, was durch die Beziehung des Signifikanten zur (sexuellen) Jouissance hergestellt wird; x bedeutet darin „jeder von ihnen“ (Version Miller S. 32). Jetzt erfährt man: Φx bedeutet die Kastration. Demnach bezieht sich Φ erstens auf die sexuelle Jouissance und zweitens auf die Kastration. Also meint Φ vermutlich: Kastration, verstanden als Effekt der Einwirkung des Signifikanten auf die sexuelle Jouissance. Φx kann also so gelesen werden: „x ist kastriert“, „x unterliegt dem Kastrationskomplex“.
Ab der nächsten Sitzung dieses Seminars wird Lacan Φ (oder auch Φx) als „phallische Funktion“ bezeichnen (vgl. Sitzung vom 12. Januar 1972, Version Miller S. 45). Kastration ist demnach synonym mit phallische Funktion.
In Seminar 15 von 1967/68, Der psychoanalytische Akt, hieß es zur Kastration, symbolisiert als (–φ), sie bestehe darin,
„dass das Subjekt realisiert, dass es nicht das Organ für das hat, was ich – da man ja einen Ausdruck wählen muss – so nennen möchte: die einzigartige, unäre, einsmachende Jouissance. Es geht genau um das, was bei der Verbindung von Subjekten des entgegengesetzten Geschlechts die Jouissance zu einer macht, das heißt um das, worauf ich im letzten Jahr insistiert habe, als ich Folgendes festhielt: Eine subjektive Realisierung des Subjekts als sexuiertes Element, als sexuierter Partner in dem, was es sich als Einswerdung im sexuellen Akt vorstellt, ist nicht möglich.“
(Sitzung vom 17. Januar 1968, meine Übersetzung nach Version Staferla)
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In Seminar 18 hatte Lacan gesagt, die Kastration sei eine Verbindung von Schein und Jouissance (vgl. Sitzung vom 16. Juni 1971, Version Miller S. 166).
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Das lässt sich vielleicht als Kommentar zum Titel des vorangegangenen Seminars lesen, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre. Ein Diskurs, der nicht vom Schein wäre, wäre dann ein Diskurs, der zeigt, dass man durch die Kastration hindurchgehen muss –?
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Mit der Änderung der Buchstaben ist vermutlich die Hinzufügung von Quantoren und von Negationsstrichen gemeint.
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Der Buchstabe x in den Formeln bezeichnet Signifikanten für geschlechtlich differenzierte menschliche Individuen; ein solcher Signifikant ist zum Beispiel ein Mann.
Die Umgangssprache bezieht sich auf die Geschlechter demnach an diesem Punkt entgegengesetzt wie Lacans Formeln der Sexuierung. In der Umgangssprache bezieht man sich auf „einen“ Mann, in Lacans Formeln werden Männer durch den Bezug auf den Quantor „alle“ charakterisiert, also auf „den“ Mann. In der Umgangssprache bezieht man sich auf „die“ Frau (d.h. auf „alle“ Frauen), in den Formeln werden Frauen durch den Quantor „nichtalle“ gekennzeichnet.
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Das könnte heißen: Die Kastration steht in Verbindung mit der Verdrängung (damit, dass bestimmte Signifikanten nicht mehr verfügbar sind) und der Ausdruck Φx bezieht sich u.a. auf den Verdrängungsaspekt der Kastration.
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Lacan bezieht sich auf die Scholastik (11./12. Jh. bis frühes 14. Jh.), die sich auf die logischen Schriften von Aristoteles stütze.
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Die Erste Analytik (oder Analytica priora) ist eine der Schriften von Aristoteles zur Logik; in ihr entwickelt er seine Lehre vom Syllogismus, vom logischen Schließen.
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Für Aristoteles besteht der Unterschied darin, dass der Satz „Der Mensch ist nicht weiß“ eine Verneinung ist, während der Satz „Der Mensch ist nicht-weiß“ (mit Bindestrich) eine Bejahung ist.
Die Unterscheidung der beiden Negationen erinnert an Lacans Unterscheidung zwischen der diskordantiellen Negation (Negation des Quantors) und der verwerfenden Negation (Negation des Prädikats) in der vorangegangenen Sitzung (8. Dezember 1971).
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Als Prädikatenlogik oder Quantorenlogik bezeichnet man die Ende des 19. Jahrhunderts von Peirce und Frege entwickelte Logik; an ihr orientiert sich Lacan in den Formeln der Sexuierung. Sie ist die gebräuchlichste Form der sogenannten symbolischen oder mathematischen Logik, d.h. der Logik, in der nicht mit der natürlichen Sprache gearbeitet wird, sondern mit speziellen geschriebenen Symbolen nach dem Vorbild der Mathematik.
Der Syllogismus oder (logische) Schluss ist ein Kernstück der von Aristoteles entwickelten Logik; er ist Gegenstand von Aristoteles‘ Analytica priora.
Es geht hier also um das Verhältnis von moderner mathematischer Logik und klassischer aristotelischer Logik, und Lacan bestreitet, dass die aristotelische Lehre vom Schluss in der modernen Logik vollständig aufgehoben ist.
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Die frühesten Versuche einer mathematischen Logik wurden Mitte des 19. Jahrhunderts von George Boole und Augustus de Morgan vorgelegt.
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Im Französischen ist die Bezeichnung quantificateur häufig, quanteur selten, im Deutschen ist es umgekehrt, hier findet man meist Quantor und seltener Quantifikator.
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Reelle Zahlen sind die rationalen Zahlen (die als Quotient zweier ganzer Zahlen geschrieben werden können) plus die irrationalen Zahlen (schreibbar als nichtperiodische unendliche Dezimalbrüche).
Euler-Diagramm der Beziehungen zwischen den Zahlenarten
ℕ: natürliche Zahlen (1, 2, 3 usw. mit oder ohne Null)
ℤ: ganze Zahlen (… –3, –2, –1, 0, 1, 2, 3 …)
ℚ: rationale Zahlen (Zahlen, die sich als Brüche von ganzen Zahlen schreiben lassen)
ℝ: reelle Zahlen (rationale Zahlen plus irrationale Zahlen)Die irrationalen Zahlen entsprechen in diesem Diagramm der Menge ℝ abzüglich der Menge ℚ.
Real im Sinne von Lacan ist die Zahl schlechthin. Das Reale ist für Lacan das logisch Unmögliche, ich nehme deshalb an, dass hier gemeint ist: Die Zahl bezieht sich auf eine logische Unmöglichkeit. Damit dürfte der Unvollständigkeitssatz von Gödel gemeint sein, auf den Lacan sich in der nächsten Sitzung beziehen wird (vgl. 12. Januar 1972, Version Miller S. 42). Das Reale der Zahl bestünde dann darin, dass es in der Arithmetik Aussagen gibt, die sich logisch weder beweisen noch widerlegen lassen, die man aber dennoch akzeptieren muss.
Um die reellen Zahlen zu konstruieren, muss die Zahl etwas Reales sein:
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Gemeint ist offenbar: Versuchen Sie einmal, sich vorzustellen, Sie wären auf die pure Existenz reduziert, ohne jede weitere Bestimmung als die, zu existieren.
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allerdings nicht mehr als Sie: auch Gott existiert nur als Signifikant.
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Der Existenzquantor (∃) wird als „Es gibt mindestens ein“ gelesen.
Lacan deutet hier voraus auf die Formeln der Sexuierung, die er ab der nächsten Sitzung an die Tafel schreiben wird, darin auf die Formel oben links, . Sie kann gelesen werden als: „Es gibt mindestens einen, der der Kastration entgeht.“ Dies ist die Funktion des Vaters.
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Vgl. etwa Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse, Sitzung vom 18. März 1970.
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Mit dem Ödipusmythos ist hier (wie meist in diesem Seminar) der Mythos vom Urvater aus Totem und Tabu gemeint. In Seminar 15, Der psychoanalytische Akt (1967/68), hatte Lacan Freuds Erzählung vom Urvater, der alle Frauen genießt, als den Ödipusmythos aus der Feder von Freud bezeichnet (Sitzung vom 21. Februar 1968).
Vgl. Freud:
„Die Darwinsche Urhorde hat natürlich keinen Raum für die Anfänge des Totemismus. Ein gewalttätiger, eifersüchtiger Vater, der alle Weibchen für sich behält und die heranwachsenden Söhne vertreibt, nichts weiter.“
(S. Freud: Totem und Tabu (1912–1913). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 9. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 287–444, hier: S. 425, Hervorhebung RN)
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Das „es existiert einer“ ist die Bedingung für das „alle“ (für „alle anderen“).
Das „Alle“ einer Menge wird durch ein Ausnahme-Element konstituiert, durch ein Element, das nicht zum „Alle“ gehört. Eine frühe Version dieses Gedankens findet man bei Lacan in Seminar 14, Die Logik des Phantasmas, in der Sitzung vom 23. November 1966 (Version Miller S. 43-45). Dem alle entspricht dort das Konzept des Diskursuniversums, als Ausnahme fungiert das Axiom „Ein Signifikant kann sich nicht selbst signifizieren“. Lacan erläutert das in dieser Sitzung am Mene mene tekel u-parsin der Geschichte von Belšazar und Daniel in der hebräischen Bibel (Buch Daniel, Kapitel 5).
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Mit rejet, „Verwerfung“ (der Funktion Φx) kommt Lacan darauf zurück, dass er in der vorangegangenen Sitzung die Negation des Prädikats als négation forclusive, als „verwerfende Negation“, bezeichnet hatte (Lacan übersetzt Freuds Begriff der Verwerfung sowohl mit rejet als auch mit forclusion).
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Damit ist die Formel so erläutert:
– Sie kann gelesen werden als: „Es existiert zumindest einer, der nicht kastriert ist.“
– „Es existiert“ meint: Es existiert als Signifikant.
– Die Formel bezieht sich auf den Vater.
– Der Anknüpfungspunkt bei Freud ist der Mythos vom Urvater, der „alle Frauen“ hat.
– Das „es existiert“ des nicht-kastrierten Vaters ist die Bedingung für das „alle“. -
Möglicherweise fragt Lacan hier, ob das „Es existiert nicht“ sich auf das nicht-negierte Prädikat beziehen soll, ob es also um die Formel gehen soll. Mit dieser Formel hatte Lacan im vorhergehenden Seminar gearbeitet, sie bezog sich dort auf den Mann (vgl. Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, Sitzung vom 19. Mai 1971, Version Miller S. 141, Übersetzung hier; Sitzung vom 9. Juni 1971, Version Miller S. 146, Übersetzung hier). Im laufenden Seminar 19 wird er diese Formel nicht mehr verwenden. Der negierte Existenzquantor wandert (ab der nächsten Sitzung) auf die Seite der Frau und wird dort mit dem negierten Prädikat verbunden.
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Vorher hieß es:
„Also ausgehend davon, dass einer existiert, von da aus können alle anderen funktionieren, das heißt durch Bezug auf diese Ausnahme, auf dieses es existiert [∃x]. Allerdings nur, wenn man wirklich begreift, dass man die Zurückweisung der Funktion schreiben kann – Φ von x negiert []: es ist nicht wahr, dass das kastriert wird.“
(Version Miller S. 36)
Die Ausnahme und das „es existiert“ wurden dort gleichgesetzt, nicht unterschieden.
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Die Negation des Prädikats (hier die Negation von Φ) ist die „forklusive“ Negation, die verwerfende Negation, wie Lacan in der Sitzung vom 8. Dezember definiert hatte (vgl. Version Miller S. 22).