Jacques Lacan
Lituraterre (II)
Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Rolf Nemitz
Erste deutsche Übersetzung der Druckfassung von Lacans Aufsatz Lituraterre von 1971.
Vorbemerkung zur Übersetzung
Lituraterre gibt es in zwei Fassungen; ich nenne sie Lituraterre (I) und Lituraterre (II). Dies hier ist die Übersetzung von Lituraterre (II).
Seinen ersten Auftritt hatte Lituraterre in Seminar 18 von 1971, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre, in der Sitzung vom 12. Mai 1971; Lacan hat den Aufsatz hier vollständig vorgelesen. Von dieser Lese-Fassung gibt es mehrere Transkriptionen, diese Transkriptionen nenne ich Lituraterre (I). Meine Übersetzung von Lituraterre (I) habe ich 2015 auf dieser Website veröffentlicht, hier.
Einige Monate nach dem Vortragen des Aufsatzes im Seminar erschien der Text im Druck, in der Zeitschrift Littérature, Nr. 3 (Themenheft Littérature et psychanalyse), 1. Jg., Oktober 1971, S. 3–10. Diese gedruckte Endfassung ist Lituraterre (II), also der hier übersetzte Text. Eine Abschrift der französischen Druckfassung findet man im Internet auf der Seite der ELP, Pas-tout Lacan, hier.
Die inhaltlichen Unterschiede zwischen den beiden Fassungen sind gering. Dennoch handelt es sich deutlich um zwei Fassungen, nur wenige Sätze haben exakt denselben Wortlaut. Lituraterre (II) ist knapper als Lituraterre (I); viele schwierige Stellen erschließen sich, wenn man die Transkription der gesprochenen Fassung heranzieht. Einen Vergleich der beiden Fassungen (von unbekannter Hand) gibt es auf der Website von Patrick Valas, hier.
Im Folgenden findet man die Übersetzung zunächst nur deutsch, dann Satz für Satz deutsch/französisch. Im zweisprachigen Teil hat die Übersetzung ausführliche Anmerkungen mit Literaturhinweisen, Parallelstellen und Erläuterungen; ich habe sie überwiegend aus der Übersetzung von Lituraterre (I) übernommen.
Lituraterre (II) wurde von Jacques-Alain Miller in Lacans Autres écrits aufgenommen, als einleitenden Aufsatz außerhalb der Chronologie, analog zum Poe-Aufsatz in Lacans Schriften.1 Millers Nachdruck von Lituraterre (II) weicht in einigen kleinen Punkten von der Erstveröffentlichung ab; in den Anmerkungen zum französischen Text habe ich die Abweichungen benannt.
Ein wichtiger Hintergrund für Lituraterre in beiden Fassungen ist Lacans Seminar 18 von 1971, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre; meine Übersetzung dieses Seminars gibt es auf dieser Website hier. Sekundärliteratur zu Lituraterre findet man am Ende meiner Übersetzung von Lituraterre (I), hier.
Viele Anregungen verdankt diese Übersetzung von Lituraterre (II) Gerhard Herrgott sowie der von Beatrice Khiara-Foxton und Adrian Price erstellten englischen Übersetzung des Aufsatzes.2
In den Anmerkungen ist die Übersetzung von Texten aus dem Französischen von mir, sofern nicht anders vermerkt.
Zur Terminologie
–„Lust“ steht in dieser Übersetzung immer für jouissance, nie für plaisir.
Zur Notation
– Einschübe in runden Klammern sind von Lacan.
– Ein Sternchen nach einem Wort* weist darauf hin, dass es im Original deutsch ist.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
Lituraterre (II)
Deutsch
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [11], verweisen auf die Seiten von J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001.
[11] Lituraterre
Dieses Wort findet seine Rechtfertigung im Ernout und Meillet: lino, litura, liturarius. Mir kam es jedoch durch dieses Wortspiel, aus dem man mitunter einen Witz macht: der Schüttelrein kam mir zurück auf die Lippen, die Umstellung zurück zu den Ohren.
Dieses Lexikon (in dem man nachschlagen möge) liefert mir das günstige Vorzeichen, dass es sich auf einen Start [départ] gründet, den ich bei der Äquivokation nahm (aufbrechen [partir] ist hier aufteilen [répartir]), bei der Joyce (ich meine James Joyce) von a letter zu a litter gleitet, von einem Brief/Buchstaben (ich übersetze) zu einem Abfall.
Man wird sich daran erinnern, dass ihm eine wohlmeinende „messe-haine“ [„Hass-Messe“ / Mäzenin] eine Psychoanalyse anbot, so wie man das mit einer Dusche tun würde. Und auch noch bei Jung …
Bei dem erwähnten Spiel hätte er nichts gewonnen, denn er ging direkt auf das Beste dessen zu, was man von einer Psychoanalyse am Schluss erwarten kann.
Wenn er aus dem Brief/Buchstaben [lettre] Streu [litière] macht, ist das dann wieder der Heilige Thomas, der ihm hier in den Sinn kommt, wie sein Werk es von vorne bis hinten bezeugt?
Oder bekundet die Psychoanalyse hier ihre Konvergenz mit dem, was unsere Zeit als Auflösung des alten Bandes anklagt, das in der Kultur die Verschmutzung zügelt?
Ich habe das mal ein bisschen ausgeführt, wie durch Zufall kurz vor dem Mai ’68, um die Verlorenen dieser Menschenmengen nicht leer ausgehen zu lassen, die ich jetzt immer dorthin verschiebe, wo ich einen Besuch mache, an diesem Tag in Bordeaux. Die Zivilisation, daran hatte ich dort als Voraussetzung erinnert, ist der Abwasserkanal.
Sicherlich muss man sagen, dass ich des Mülleimers müde war, mit dem ich mein Schicksal vernietet hatte. Bekanntlich bin ich, da ich es geteilt habe, nicht allein darin, es einzugestehen.
Das avouer, das Eingestehen, oder, auf die alte Weise ausgesprochen, das avoir, das Haben, mit dem Beckett den Ausgleich zu dem Soll herstellt, das den Abfall unseres Seins ausmacht, rettet die Ehre der Literatur und entbindet mich von dem Privileg, von dem ich glauben könnte, es aufgrund meines Platzes innezuhaben.
Die Frage ist, was die Handbücher herauszustellen scheinen, ob die Literatur Resteverwertung ist, ob es bei ihr darum geht, eine schriftliche |[12] Kollokation dessen vorzunehmen, was zunächst Gesang gewesen wäre, gesprochener Mythos, Dramenprozession.
Was die Psychoanalyse angeht, so qualifiziert die Tatsache, dass sie am Ödipus hängt, sie in keiner Weise dazu, mit dem Text des Sophokles zurechtzukommen. Dass Freud sich auf einen Text von Dostojewski bezieht, reicht nicht hin, um zu sagen, durch die Psychoanalyse habe die Textkritik, bis dahin Domäne des Universitätsdiskurses, frischen Wind bekommen.
Mein Unterricht findet hier in einer veränderten Konfiguration statt, die sich mit dem Slogan präsentiert, das Geschriebene zu befördern, von der jedoch andere Zeugnisse, etwa dass heute endlich Rabelais gelesen wird, eine Interessenverschiebung anzeigen, die mir mehr zusagt.
Als Autor bin ich darin weniger involviert als man sich das vorstellt, und meine Schriften, ein Titel, der ironischer ist, als man glauben mag: wenn es sich entweder um Berichte handelt, eine Kongressfunktion, oder um, sagen wir, „offene Briefe“, in denen ich zu einem bestimmten Punkt meines Unterrichts Fragen aufwerfe.
Statt mich aber auf das literarische Geknutsche einzulassen, das den Psychoanalytiker kennzeichnet, dem es an Erfindungsgabe mangelt, verurteile ich darin den unausbleiblichen Versuch, die Unausgeglichenheit seiner Praxis beweisend, das geringste literarische Urteil zu begründen.
Auffallend ist jedoch, dass ich diese Sammlung mit einem Artikel eröffne, den ich aus ihrer Chronologie herausnehme, und dass es sich dabei um eine Erzählung handelt, die selbst insofern recht speziell ist, als sie in der geordneten Liste dramatischer Situationen nicht unterzubringen ist: eine Erzählung darüber, was sich durch das Versenden eines Briefes ereignet, wer von dessen Nachsendungen Kenntnis hat und auf welche Elemente sich stützt, dass ich sagen kann, dass er seinen Bestimmungsort erreicht hat, nachdem sich die Erzählung [conte] und ihre Darlegung [compte] ohne Rückgriff auf seinen Inhalt [contenu] auf die Umwege gestützt haben, denen der Brief dabei unterworfen war. Dabei ist nur umso bemerkenswerter, dass die Wirkung, die er auf diejenigen ausübt, die nacheinander in seinen Besitz gelangen, wobei alles für die Macht spricht, die er überträgt, wenn man Anspruch auf ihn erheben kann, dass diese Wirkung so gedeutet werden kann wie ich es tue, als Feminisierung.
Dies wäre also die gute Zusammenfassung dessen, was den Brief / den Buchstaben von dem Signifikanten, den er übermittelt, unterscheidet. Worin die Epistel nicht zur Metapher gemacht wird. Denn die Erzählung besteht darin, dass in ihr, wie in einer Taschenspielerei, die Botschaft zum Verschwinden gebracht wird und der Brief die Wendepunkte ohne die Botschaft herbeiführt.
Sollte meine Kritik Anlass geben, für Literaturkritik gehalten zu werden, könnte sie sich hier nur auf das beziehen – und darum bemühe ich mich –, was Poe als Schriftsteller tut, um eine solche Botschaft über den Brief zu gestalten. Wenn er es hier nicht als solches sagt, dann ist klar, |[13] dass er es damit nicht etwa unzureichend, sondern umso rigoroser eingesteht.
Dennoch könnte diese Elision nicht mithilfe eines Zuges seiner Psychobiografie aufgeklärt werden: eher würde man sie dadurch verschütten.
(Beispielsweise wirft die Psychoanalytikerin, die die anderen Texte von Poe abgescheuert hat, hier das Handtuch.)
Genauso wenig wie mein eigener Text durch meine eigene Psychobiografie aufgeschlüsselt werden könnte: etwa durch den Wunsch, den ich gebildet hätte, endlich auf angemessene Weise gelesen zu werden. Denn dafür müsste man noch darlegen, was ich darunter verstehe, dass der Brief so weit trägt, dass er immer seinen Bestimmungsort erreicht.
Es ist sicher, dass die Psychoanalyse hier wie üblich von der Literatur etwas empfängt, wenn sie von ihr, für ihren eigenen Bereich, eine weniger psychobiographische Vorstellung der Verdrängung übernimmt.
Wenn ich, was mich angeht, der Psychoanalyse den Brief als unzustellbar [en souffrance] vorlege, dann deshalb, weil sie hier ihr Scheitern [échec] zeigt. Und damit kläre ich sie auf: wenn ich so die Aufklärung anrufe, dann um zu zeigen, wo sie ein Loch macht. Man weiß das seit langem: in der Optik nichts Wichtigeres, und die neueste Physik der Photonen bewaffnet sich damit.
Eine Methode, durch welche die Psychoanalyse ihr Eindringen besser rechtfertigt: denn wenn die Literaturkritik sich tatsächlich erneuern könnte, dann von daher, dass die Psychoanalyse da wäre, damit die Texte sich an ihr messen, wobei das Rätsel auf der Seite der Psychoanalyse wäre.
Diejenigen aber, bei denen es keine Verleumdung ist, zu behaupten, dass sie, statt die Psychoanalyse auszuüben, von ihr ausgeübt werden, zumindest als Körper genommen, verstehen meine Worte schlecht.
An sie gewendet stelle ich Wahrheit und Wissen einander gegenüber: erstere ist das, worin sie ihr Amt sogleich erkennen, während es, auf der Anklagebank, ihre Wahrheit ist, auf die ich warte. Ich beharre darauf, indem ich meinen Schuss mit einem savoir en échec korrigiere, einem Wissen im Schach: so wie man sagt figure en abyme, Figur am Abgrund [= Figur, die sich in sich selbst wiederholt], das ist nicht Scheitern [échec] des Wissens. Und dann erfahre ich, dass man sich davon dispensiert glaubt, irgendein Wissen unter Beweis zu stellen.
Wäre es ein toter Buchstabe, den ich in den Titel eines der Stücke gesetzt habe, die ich Schriften genannt habe, des Buchstabens, das Drängen, als Grund/Räson des Unbewussten?
Genügt das nicht, um im Buchstaben das zu bezeichnen, was, da es insistieren muss, nicht mit vollem Recht da ist, mit wie starker Räson auch immer es vorgebracht wird? Diese Räson als mittlere oder äußere zu bezeichnen, heißt, die Bifidität zu zeigen, in der sich jede Messung vollzieht, gibt es aber nichts im Realen, das ohne diese Vermittlung |[14] auskommt? Gewiss, die Grenze, indem sie zwei Territorien voneinander trennt, symbolisiert, dass die Territorien für jeden, der die Grenze überschreitet, dieselben sind, dass sie gemeinsames Maß haben. Das ist das Prinzip der Umwelt*, die ein Reflex der Innenwelt* ist. Ein Ärgernis, diese Biologie, die sich bereits ganz als Prinzip darstellt: namentlich die Tatsache der Anpassung; sprechen wir nicht von der Selektion, da sie sich rühmt, natürlich zu sein, überschreitet sie die Grenze zur Ideologie.
Ist der Buchstabe nicht eigentlich … litoral, d.h. stellt er nicht dar, dass ein ganzer Bereich für den anderen die Grenze bildet, von daher, dass sie einander fremd sind, so sehr, dass sie nicht reziprok sind?
Der Rand (bord) des Lochs im Wissen, ist es nicht das, was der Buchstabe umreißt? Und wie könnte die Psychoanalyse, wenn sie das, was der Buchstabe mit seinem Mund „buchstäblich“ sagt, nicht verkennen durfte, wie könnte sie leugnen, dass es dieses Loch gibt, da sie ja, um es zu füllen, darauf zurückgreift, hier die Lust [jouissance] geltend zu machen?
Bleibt zu wissen, wie das Unbewusste – von dem ich sage, dass es eine Wirkung der Sprache ist, da es deren Struktur als notwendig und hinreichend voraussetzt – diese Funktion des Buchstabens steuert.
Dass er ein für das Schreiben des Diskurses geeignetes Werkzeug ist, macht ihn nicht dazu ungeeignet, das Wort zu bezeichnen, das im Satz für ein anderes, ja durch ein anderes genommen wird, also bestimmte Signifikanteneffekte zu symbolisieren, zwingt jedoch nicht dazu, dass er in diesen Effekten primär wäre.
Eine Überprüfung zwingt sich nicht hinsichtlich dieses Primats auf, das nicht einmal zu vermuten ist, sondern in Bezug auf das, was in der Sprache das Litorale zum Literalen aufruft.
Was ich mithilfe von Buchstaben über die Bildungen des Unbewussten geschrieben habe, um sie aus dem zurückzugewinnen, was Freud darüber formuliert, damit sie das sind, was sie sind, Signifikanteneffekte, dies ermächtigt nicht dazu, aus dem Buchstaben einen Signifikanten zu machen, und nicht dazu, ihm darüber hinaus gegenüber dem Signifikanten einen Primat zuzuweisen.
Ein verworrener Diskurs wie dieser hat nur aus dem auftauchen können, der mir wichtig ist [qui m’importe]. Er importiert mich [il m’importe] jedoch in einen anderen, den ich zu gegebener Zeit als Universitätsdiskurs etikettiere, nämlich Diskurs des Wissens, das ausgehend vom semblant, vom Schein, in Gebrauch genommen wird.
Das geringste Gefühl dafür, dass die Erfahrung, mit der ich zu tun habe, nur von einem anderen Diskurs her verortet werden kann, hätte davor schützen müssen, ihn zu produzieren, ohne ihn als meinen einzugestehen. Dass man mir das, Gott sei Dank, erspart, verhindert nicht, dass man mich, indem man mich importiert, belästigt.
Hätte ich die Modelle akzeptabel gefunden, die Freud in einem Entwurf artikuliert, um sich eindrückliche Wege zu bohren, hätte ich von daher dennoch |[15] nicht die Metapher der Schrift genommen. Die Schrift ist nicht die Einprägung, auch wenn das dem Wunderblock nicht gefallen mag.
Wenn ich mich auf den zweiundfünfzigsten Brief an Fließ stütze, dann um darin zu lesen, was Freud mit einem von ihm gebildeten Ausdruck als „Wz“ bezeichnen konnte, als Wahrnehmungszeichen*, was dem Signifikanten am nächsten kommt, zu einem Zeitpunkt, als Saussure ihn noch nicht wiederaufgegriffen hatte (vom signans der Stoiker).
Dass Freud ihn mit zwei Buchstaben schreibt, beweist nicht mehr als in meinem Fall, dass der Buchstabe primär wäre.
Ich werde also versuchen, den Kern dessen anzuzeigen, was mir als Konsequenz den Buchstaben zu produzieren scheint, sowie den Kern der Sprache, nämlich dessen, dass ich sage, dass sie derjenige bewohnt, der spricht.
Dafür möchte ich die Merkmale dem entlehnen, was es aufgrund einer Ökonomie der Sprache gestattet, das zu umreißen, wodurch mein Gedanke gestützt wird, dass Literatur vielleicht in Lituraterre umschlägt.
Man möge sich nicht wundern, mich hier dabei zu sehen, wie ich in einer literarischen Beweisführung voranschreite, denn das heißt, in dem Schritt zu marschieren, in dem die Frage vorankommt. Wodurch jedoch deutlich werden kann, was das ist, eine solche Beweisführung.
Ich komme von einer Reise zurück, die ich nach Japan machen wollte, wegen dem, was ich auf einer ersten Reise erfahren hatte … an Litoralem. Man möge mich andeutungsweise von dem her verstehen, was ich vorhin von der Umwelt* zurückgewiesen habe, insofern sie die Reise unmöglich macht: also, meiner Formel zufolge, nach einer Seite hin ihr Reales sichert, jedoch verfrüht, indem nur, allerdings versehentlich, der Abflug unmöglich gemacht wird oder höchstens „Fort nun!“ gesungen wird.
Ich möchte nur den Moment festhalten, den ich auf einer neuen Flugroute einsammelte, die deshalb eingeschlagen wurde, da sie nicht mehr, wie beim ersten Mal, verboten war. Ich gestehe jedoch, dass es nicht auf dem Hinflug war, entlang dem Polarkreis, dass mir das, was ich von der sibirischen Ebene sah, eine Lektüre verschaffte.
Mein gegenwärtiger Versuch, insofern er als einer in Sibiriethik tituliert werden könnte, hätte also nicht das Tageslicht erblickt, wenn das Misstrauen der Sowjets mich die Städte, ja die Industrieanlagen und die militärischen Einrichtungen hätte sehen lassen, die für sie den Wert Sibiriens ausmachen, das ist jedoch nur eine akzidentelle Bedingung, wenn auch weniger vielleicht, um sie okzidentell zu nennen als vielmehr, um hier den Unfall [accident] einer Aufschichtung des Tötens [occire] anzuzeigen.
Einzig entscheidend ist die litorale Bedingung, und diese kam nur auf dem Rückflug ins Spiel, da sie buchstäblich darin bestand, dass Japan mir durch seinen Buchstaben zweifellos dieses Ein-wenig-zu-viel verschafft hatte, was genau das ist, was es braucht, damit ich es spüre, denn ich hatte ja bereits gesagt, dass es das ist, wovon seine Sprache in höchstem Maße affiziert ist.
[16] Dieses zu viel ist gewiss darauf zurückzuführen, dass die Kunst etwas davon übermittelt: damit spreche ich darüber, dass die Malerei hier ihre Ehe mit dem Buchstaben demonstriert, und zwar genau in Gestalt der Kalligraphie.
Wie soll ich sagen, was mich an diesen Sachen, die dort hängen, fasziniert, Kakemono brabbelt man das, die dort an jeder Museumsmauer hängen und die Inschriften aus Schriftzeichen tragen, die ihrer Bildung nach chinesisch sind, was ich ein wenig kenne, was mir immerhin, so wenig ich sie auch kenne, zu ermessen erlaubt, was davon in der Kursivschrift getilgt ist, in der durch das Singuläre der Hand das Universale erdrückt wird, also eigentlich das, wozu ich Ihnen beibringe, dass es nur vom Signifikanten her Wert hat: ich finde es darin nicht wieder, jedoch deshalb, weil ich Anfänger bin. Was hier im Übrigen nicht das Wichtige ist, denn selbst wenn dieses Singuläre eine festere Form stützt und zu ihm die Dimension hinzufügt, die demansion habe ich bereits gesagt, die demansion des papludun [lautgleich mit pas plus d’un, „nicht mehr als ein“], diejenige, durch welche das evoziert wird, was ich vom Subjekt mit dem Hun-En-Peluce [lautähnlich mit un en plus, „eins mehr“] einführe, von daher, dass es die Angst der Achose [des Undings] ausfüllt – also, das, was ich mit dem klein a konnotiere, bildet hier das Objekt, da es Einsatz in welcher Wette ist, die mit Tinte und Pinsel gewonnen wird?
So erschien mir unbezwinglich, dieser Umstand ist nicht ohne Bedeutung: von zwischen-den-Wolken aus, das Strömen der Gewässer, einzige Spur, die sich zeigte, das Strömen, durch das in diesen Breiten die Oberflächengestalt eher hervorgebracht als angezeigt wird, auf dem, was aus Sibirien eine Ebene macht, eine Ebene verlassen von jeder Vegetation, bis auf Reflexe, die das, was nicht spiegelt, in den Schatten stoßen.
Das Strömen ist eine Bündelung des primären Zugs mit dem, was ihn auslöscht. Ich habe es bereits gesagt: ihre Verbindung ist das, woraus sich das Subjekt bildet, jedoch von daher, dass darin zwei Momente vermerkt werden. Also muss die Streichung [rature] darin unterschieden werden.
Ratur [Streichung] jeder Spur, die zuvor dagewesen sein mag, das ist das, was aus dem Litoral Terrain macht. Reine litura [lat. Streichung], das ist das Literale, das Buchstäbliche. Diese Streichung zu produzieren, heißt, die paarlose Hälfte zu reproduzieren, von der her das Subjekt Bestand hat. Solcherart ist die Leistung der Kalligrafie. Versuchen Sie, diesen horizontalen Strich [barre] zu ziehen, dessen Spur von links nach rechts verläuft, um durch einen Strich [trait] das unäre Eins als Schriftzeichen darzustellen, Sie werden lange brauchen, um herauszufinden, mit welchem Druck er angegangen wird und bei welcher Spannung er zu einem Halt kommt. Für einen Okzidentalen ist das, offen gesagt, hoffnungslos.
Man braucht hier eine Bewegungsführung, die man nur erwischt, wenn man sich von allem löst, was einen durchstreicht.
Zwischen Zentrum und Abwesenheit, zwischen Wissen und Lust liegt das Litoral, das nur dann ins Literale umschlägt, ins Buchstäbliche, wenn Sie dieses Umschlagen in jedem Moment als dasselbe nehmen können. Nur von daher können Sie sich für den Agenten halten, der es trägt.
Was durch mein Sehen des Strömens enthüllt wird, insofern darin die Streichung |[17] dominiert, ist dies, dass es sich von daher, dass es sich von zwischen den Wolken aus herstellt, mit der Quelle des Strömens vereint, dass es wirklich die Wolken sind, bei denen Aristophanes mich dazu aufruft, in ihnen das zu finden, worum es beim Signifikanten geht: nämlich um den Schein par excellence, wenn es durch sein Zerbersten dazu kommt, dass es daraus herabregnet, Wirkung insofern, als daraus herabstürzt, was zuvor Materie in Suspension war.
Dieses Zerbersten, durch das aufgelöst wird, was Form, Phänomen und Meteor bildete und worüber ich gesagt habe, dass die Wissenschaft so vorgeht, dass sie deren Anblick durchdringt, ist es nicht auch so, dass dadurch, dass verabschiedet wird, was aus diesem Zerbersten Lust machen würde, dass hierdurch die Welt [monde] oder auch das Schmutzige [immonde] den Trieb hat, das Leben darzustellen?
Was von der Lust dazu evoziert wird, dass ein Schein zerbricht, ist das, was sich im Realen als Auswaschung [ravinement] präsentiert.
Durch die gleiche Wirkung kommt es dazu, dass die Schrift im Realen die Auswaschung des Signifikats ist, nämlich das, was vom Schein, insofern er den Signifikanten bildet, herabgeregnet ist. Die Schrift paust den Signifikanten nicht ab, wohl aber seine Sprachwirkungen, was aus der Sprache durch jeden gebildet wird, der spricht. Die Schrift geht darauf nur zurück, indem sie hier einen Namen nimmt, wie es denjenigen Wirkungen unter den Dingen geschieht, die die Signifikantenbatterie benennt, da sie sie gezählt hat.
Später waren vom Flugzeug aus andere Spuren zu sehen, solche, die sich in Isobaren hielten, etwa, um eine Aufschüttung zu umgehen, Normalen im Verhältnis zu denen, deren starkes Gefälle durch Wasserläufe markiert wurde.
Hatte ich nicht bereits in Osaka gesehen, wie die Autobahnen übereinander gestellt werden, wie vom Himmel gekommene Segelflugzeuge? Außerdem, dass dort unten die modernste Architektur die alte wiederfindet, um zum Flügel zu werden, um von einem Vogel geschlagen zu werden.
Wie hätte sich der kürzeste Weg von einem Punkt zum anderen gezeigt, wenn nicht durch die Wolke, die der Wind treibt, ohne den Kurs zu ändern? Weder die Amöbe noch der Mensch, noch der Ast, noch die Fliege, noch die Ameise hätten ein Beispiel gegeben, bevor sich erwies, dass das Licht mit einer Krümmung des Universums einhergeht, derjenigen, bei der die Gerade nur dadurch gestützt wird, dass sie den Abstand in die Wirkungsfaktoren einer Kaskadendynamik einschreibt.
Eine Gerade gibt es nur durch die Schrift, wie es Vermessung nur als eine gibt, die vom Himmel gekommen ist.
Schrift und Vermessung sind jedoch Artefakte, da sie nur die Sprache bewohnen. Wie könnten wir das vergessen, wo unsere Wissenschaft doch nur durch ein Strömen von kleinen Buchstaben und kombinierten Diagrammen wirksam ist?
[18] Sous le pont Mirabeau, sicherlich, wie unter der Brücke, die von einer Zeitschrift, die meine war, zum Aushängeschild gemacht wurde, wobei sie diese Ohrenbrücke Horus Apollo entnahm, ja, unter der Mirabeau-Brücke fließt die Ur-Seine, eine Szene von der Art, dass darin die römische V der fünften Stunde schlagen kann (vgl. Der Wolfsmann). Man genießt das aber auch nur, wenn das Wort der Deutung darauf regnet.
Dass das Symptom die Ordnung errichtet, von der her sich unsere Politik erweist, impliziert andererseits, dass alles, was von dieser Ordnung artikuliert wird, der Deutung unterzogen werden kann.
Deshalb hat man durchaus recht, wenn man die Psychoanalyse der Politik voranstellt. Und das wäre möglicherweise nicht wirklich geruhsam, aufgrund dessen, was bislang von der Politik Gestalt angenommen hat, falls die Psychoanalyse sich hierin als beschlagen erwiese.
Es würde vielleicht genügen, wird man sich wohl sagen, dass wir von der Schrift einen anderen Gebrauch machen als den der Tribüne oder des Tribunals, damit darin andere Worte ins Spiel kommen, wobei wir den Tribut zu zahlen hätten.
Es gibt keine Metasprache, aber das Geschriebene, aus Sprache verfertigt, ist vielleicht das Material, das die Kraft hätte, dass sich hierüber unsere Behauptungen ändern.
Ist es vom Litoral aus möglich, einen Diskurs zu bilden, der dadurch gekennzeichnet wäre, nicht vom Schein ausgesendet zu werden? Das ist die Frage, die sich nur zur sogenannten Avantgardeliteratur stellt, die selbst aus Litoral gemacht ist: und sich also nicht auf den Schein stützt, die aber nur den Bruch beweist, den, mit Produktionswirkung, einzig ein Diskurs produzieren kann.
Das, wonach eine Literatur zu streben scheint, in ihrem Ehrgeiz, Lituraterrain zu betreten, ist dies, sich von einer Bewegung her zu ordnen, die sie wissenschaftlich nennt.
Es ist eine Tatsache, dass die Schrift hier Wunder gewirkt hat und dass alles darauf hinweist, dass dieses Wunder nicht dabei ist zu versiegen.
Jedoch wird die physikalische Wissenschaft dazu gebracht oder dazu gebracht werden, in den Tatsachen das Symptom zu bedenken, aufgrund der Verschmutzung dessen, was man hinsichtlich der Erde, ohne weitere Kritik, als Umwelt* bezeichnet: das ist die Idee von Uexküll, behaviorisiert, das heißt völlig verdummt.
Um selbst Lituraterrain zu betreten, möchte ich anmerken, dass ich aus der Auswaschung, die es verbildlicht, keine Metapher gemacht habe. Diese Auswaschung ist die Schrift, und wenn ich von Lust spreche, rufe ich legitimerweise das an, was ich an Zuhörerschaft akkumuliere: nicht weniger hierdurch diejenigen, deren ich mich beraube, denn das beschäftigt mich.
[19] Ich möchte etwas bezeugen, was sich aus einer Tatsache ergibt, auf die bereits hingewiesen wurde: aus der Tatsache einer Sprache, des Japanischen, insofern in ihr die Schrift am Werk ist.
Dass in der japanischen Sprache ein Schrifteffekt enthalten ist, daran ist das Wichtige, dass dieser Effekt an die Schrift gebunden bleibt und dass der Träger des Schrifteffekts dabei eine Schrift ist, die insofern spezialisiert ist, als sie im Japanischen mit zwei unterschiedlichen Aussprachen gelesen werden kann: in On-Yomi, ihre Aussprache als Schriftzeichen, das Schriftzeichen als solches wird auf spezielle Weise ausgesprochen, und in Kun-Yomi, die Art, wie man auf Japanisch sagt, was es bedeutet.
Es wäre komisch, darin, unter dem Vorwand, dass das Schriftzeichen Buchstabe ist, bezeichnet zu sehen, wie das Strandgut des Signifikanten zu den Flüssen des Signifikats treibt. Es ist der Buchstabe als solcher, der, gemäß dem Gesetz der Metapher, den Signifikanten stützt. Dass der Signifikant den Buchstaben im Netz des Scheins erfasst, kommt von anderswo her: vom Diskurs.
Von da wird der Buchstabe jedoch als Referent befördert, genauso wesentlich wie jedes Ding, und das verändert den Status des Subjekts. Dass es sich für seine grundlegende Identifizierung auf Himmelskonstellationen stützt und nicht nur auf den unären Zug, erklärt, dass es sich nur auf das Du stützen kann, das heißt in sämtlichen grammatischen Formen, nach denen sich noch die geringste Aussage verändert, entsprechend den Höflichkeitsbeziehungen, die es in seinem Signifikat impliziert.
Die Wahrheit verstärkt hier die Struktur der Fiktion, die ich darin bezeichne, von daher, dass diese Fiktion den Gesetzen der Höflichkeit unterworfen ist.
Das scheint im Besonderen zu dem Ergebnis zu führen, dass vom Verdrängten nichts abzuwehren ist, da es dem Verdrängten gelingt, durch den Bezug auf den Buchstaben unterzukommen.
Anders gesagt, wie überall ist das Subjekt durch die Sprache gespalten, dem einen seiner Register kann jedoch durch den Bezug auf die Schrift Genüge getan werden und dem anderen durch das Sprechen.
Sicherlich ist es das, was Roland Barthes das berauschte Gefühl gab, das japanische Subjekt mit all seinen Manieren sei eine Hülle für nichts. Er hat seinem Essay den Titel Das Reich der Zeichen gegeben, was heißen soll: Reich des Scheins [des semblants].
Der Japaner, so wurde mir gesagt, findet sie schlecht. Denn nichts unterscheidet sich stärker von der durch die Schrift ausgehöhlten Leere als der Schein. Erstere ist Becher, immer bereit, die Lust in Empfang zu nehmen oder es zumindest mit seinem Kunstgriff [artifice] anzurufen.
[20] Unsere Gewohnheiten sind so, dass nichts von sich weniger kommuniziert als ein solches Subjekt, das letztlich nichts verbirgt. Ihm bleibt nur, Sie zu manipulieren: Sie sind ein Element unter anderen in dem Zeremoniell, in dem das Subjekt genau daraus besteht [se compose], sich auflösen zu können [se décomposer]. Das Bunraku, ein Figurentheater, lässt diejenigen, denen sie ihre Sitten gibt, deren ganz gewöhnliche Struktur sehen.
Außerdem könnte, wie im Bunraku, alles, was gesagt wird, von einem Rezitator vorgetragen werden. Das ist das, was Barthes sicherlich erleichtert hat. Japan ist der Ort, wo es das Natürlichste ist, sich auf die Hilfe eines Dolmetschers [interprète] oder einer Dolmetscherin zu stützen, eben deshalb, weil eine Deutung [interprétation] nicht erforderlich ist.
Dies ist ständige Übersetzung, zur Sprache gemacht.
Was mir gefällt, ist dies, dass die einzige Kommunikation, die ich dort gehabt habe (außer mit den Europäern, mit denen ich unser kulturelles Missverständnis zu handhaben weiß), auch die einzige ist, die dort unten wie anderswo Kommunikation sein kann, da sie kein Dialog ist: nämlich die wissenschaftliche Kommunikation.
Sie brachte einen bedeutenden Biologen dazu, mir seine Arbeiten vorzuführen, natürlich an der Tafel. Die Tatsache, dass ich dabei mangels Information nichts begriff, schließt keineswegs aus, dass das, was da geschrieben blieb, gültig ist. Gültig für die Moleküle, zu deren Subjekten sich meine Nachkommen machen werden, ohne dass ich je hätte wissen müssen, wie ich an sie das übermittle, was es plausibel macht, dass ich sie, aus reiner Logik, mit mir zu den Lebewesen zähle.
Eine Askese der Schrift scheint mir nur dann durchgehen zu können, wenn sie an ein „es steht geschrieben“ anschließt, durch welches das sexuelle Verhältnis eingesetzt werden würde.
Französisch/deutsch mit erläuternden Anmerkungen
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [11], verweisen auf die Seiten von J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001.
[11] Lituraterre
Lituraterre
Ce mot se légitime de l’Ernout et Meillet : lino, litura, liturarius.
Dieses Wort findet seine Rechtfertigung im Ernout und Meillet3: lino, litura, liturarius.4
Il m’est venu, pourtant, de ce jeu du mot dont il arrive qu’on fasse esprit : le contrepet revenant aux lèvres, le renversement à l’oreille.
Mir kam es jedoch durch dieses Wortspiel, aus dem man mitunter einen Witz macht: der Schüttelrein kam mir zurück auf die Lippen, die Umstellung zurück zu den Ohren.
Ce dictionnaire (qu’on y aille) m’apporte auspice d’être fondé d’un départ que je prenais (partir, ici est répartir) de l’équivoque dont Joyce (James Joyce, disje), glisse d’a letter à a litter, d’une lettre (je traduis) à une ordure.
Dieses Lexikon (in dem man nachschlagen möge) liefert mir das günstige Vorzeichen, dass es sich auf einen Start [départ] gründet, den ich bei der Äquivokation nahm (aufbrechen [partir] ist hier aufteilen [répartir]), bei der Joyce (ich meine James Joyce) von a letter zu a litter gleitet, von einem Brief/Buchstaben (ich übersetze) zu einem Abfall.5
On se souvient qu’une « messehaine » à lui vouloir du bien, lui offrait une psychanalyse, comme on ferait d’une douche.
Man wird sich daran erinnern, dass ihm eine wohlmeinende „messe-haine“ [„Hass-Messe“ / Mäzenin] eine Psychoanalyse anbot, so wie man das mit einer Dusche tun würde.
Et de Jung encore…
Und auch noch bei Jung …6
Au jeu que nous évoquons, il n’y eût rien gagné, y allant tout droit au mieux de ce qu’on peut attendre de la psychanalyse à sa fin.
Bei dem erwähnten Spiel hätte er nichts gewonnen, denn er ging direkt auf das Beste dessen zu, was man von einer Psychoanalyse am Schluss erwarten kann.
A faire litière de la lettre, estce saint Thomas encore qui lui revient, comme l’œuvre en témoigne tout de son long?
Wenn er aus dem Brief/Buchstaben [lettre] Streu [litière] macht, ist das dann wieder der Heilige Thomas, der ihm hier in den Sinn kommt, wie sein Werk es von vorne bis hinten bezeugt?7
Ou bien la psychanalyse attestetelle là sa convergence avec ce que notre époque accuse du débridement du lien antique dont se contient la pollution dans la culture ?
Oder bekundet die Psychoanalyse hier ihre Konvergenz mit dem, was unsere Zeit als Auflösung des alten Bandes anklagt, das in der Kultur die Verschmutzung zügelt?
J’avais brodé làdessus, comme par hasard un peu avant le mai de 68, pour ne pas faire défaut au paumé de ces affluences que je déplace où je fais visite maintenant, à Bordeaux ce jourlà.
Ich habe das mal ein bisschen ausgeführt, wie durch Zufall kurz vor dem Mai ’68, um die Verlorenen dieser Menschenmengen nicht leer ausgehen zu lassen, die ich jetzt immer dorthin verschiebe, wo ich einen Besuch mache, an diesem Tag in Bordeaux.
La civilisation, y rappelaije en prémisse, c’est l’égout.
Die Zivilisation, daran hatte ich dort als Voraussetzung erinnert, ist der Abwasserkanal.8
Il faut dire sans doute que j’étais las de la poubelle à laquelle j’ai rivé mon sort.
Sicherlich muss man sagen, dass ich des Mülleimers müde war, mit dem ich mein Schicksal vernietet hatte.9
On sait que je ne suis pas seul à, pour partage, l’avouer.
Bekanntlich bin ich, da ich es geteilt habe, nicht allein darin, es einzugestehen.
L’avouer ou, prononcé à l’ancienne, l’avoir dont Beckett fait balance au doit qui fait déchet de notre être, sauve l’honneur de la littérature, et me relève du privilège que je croirais tenir de ma place.10
Das avouer, das Eingestehen, oder, auf die alte Weise ausgesprochen, das avoir, das Haben, durch das Beckett den Ausgleich mit dem Soll herstellt, das den Abfall unseres Seins ausmacht, rettet die Ehre der Literatur und entbindet mich von dem Privileg, von dem ich glauben könnte, es aufgrund meines Platzes innezuhaben.11
La question est de savoir si ce dont les manuels semblent faire étal, soit que la littérature soit accommodation des restes, est affaire |[12] de collocation dans l’écrit de ce qui d’abord serait chant, mythe parlé, procession dramatique.
Die Frage ist, was die Handbücher herauszustellen scheinen, ob die Literatur Resteverwertung ist, ob es bei ihr darum geht, eine schriftliche Kollokation dessen vorzunehmen, was zunächst Gesang gewesen wäre, gesprochener Mythos, Dramenprozession.
Pour la psychanalyse, qu’elle soit appendue à l’Œdipe, ne la qualifie en rien pour s’y retrouver dans le texte de Sophocle.
Was die Psychoanalyse angeht, so qualifiziert die Tatsache, dass sie am Ödipus hängt, sie in keiner Weise dazu, mit dem Text des Sophokles zurechtzukommen.
L’évocation par Freud d’un texte de Dostoïevski ne suffit pas pour dire que la critique de textes, chasse jusqu’ici gardée du discours universitaire, ait reçu de la psychanalyse plus d’air.
Dass Freud sich auf einen Text von Dostojewski bezieht, reicht nicht hin, um zu sagen, durch die Psychoanalyse habe die Textkritik, bis dahin Domäne des Universitätsdiskurses, frischen Wind bekommen.12
Ici mon enseignement a place dans un changement de configuration qui s’affiche d’un slogan de promotion de l’écrit, mais dont d’autres témoignages, par exemple, que ce soit de nos jours qu’enfin Rabelais soit lu, montrent un déplacement des intérêts à quoi je m’accorde mieux.
Mein Unterricht findet hier in einer veränderten Konfiguration statt, die sich mit dem Slogan präsentiert, das Geschriebene zu befördern, von der jedoch andere Zeugnisse, etwa dass heute endlich Rabelais gelesen wird, eine Interessenverschiebung anzeigen, die mir mehr zusagt.13
J’y suis comme auteur moins impliqué qu’on n’imagine, et mes Écrits, un titre plus ironique qu’on ne croit : quand il s’agit soit de rapports, fonction de Congrès, soit disons de « lettres ouvertes » où je fais question d’un pan de mon enseignement.
Als Autor bin ich darin weniger involviert als man sich das vorstellt, und meine Schriften14, ein Titel, der ironischer ist, als man glauben mag: wenn es sich entweder um Berichte handelt, eine Kongressfunktion, oder um, sagen wir, „offene Briefe“, in denen ich zu einem bestimmten Punkt meines Unterrichts Fragen aufwerfe.15
Loin en tout cas de me commettre en ce frottifrotta littéraire dont se dénote le psychanalyste en mal d’invention, j’y dénonce la tentative immanquable à démontrer l’inégalité de sa pratique à motiver le moindre jugement littéraire.
Statt mich aber auf das literarische Geknutsche einzulassen, das den Psychoanalytiker kennzeichnet, dem es an Erfindungsgabe mangelt, verurteile ich darin den unausbleiblichen Versuch, die Unausgeglichenheit seiner Praxis beweisend, das geringste literarische Urteil zu begründen.
Il est pourtant frappant que j’ouvre ce recueil d’un article que j’isole de sa chronologie, et qu’il s’y agisse d’un conte, luimême bien particulier de ne pouvoir rentrer dans la liste ordonnée des situations dramatiques : celui de ce qu’il advient de la poste d’une lettre missive, d’au su de qui se passent ses renvois, et de quels termes s’appuie que je puisse la dire venue à destination, après que, des détours qu’elle y a subis, le conte et son compte se soient soutenus sans aucun recours à son contenu.
Auffallend ist jedoch, dass ich diese Sammlung mit einem Artikel eröffne, den ich aus ihrer Chronologie herausnehme, und dass es sich dabei um eine Erzählung handelt, die selbst insofern recht speziell ist, als sie in der geordneten Liste dramatischer Situationen nicht unterzubringen ist: eine Erzählung darüber, was sich durch das Versenden eines Briefes ereignet, wer von dessen Nachsendungen Kenntnis hat und auf welche Elemente sich stützt, dass ich sagen kann, dass er seinen Bestimmungsort erreicht hat, nachdem sich die Erzählung [conte] und ihre Darlegung [compte] ohne Rückgriff auf seinen Inhalt [contenu] auf die Umwege gestützt haben, denen der Brief dabei unterworfen war.16
Il n’en est que plus remarquable que l’effet qu’elle porte sur ceux qui tour à tour la détiennent, tout arguant du pouvoir qu’elle confère qu’ils soient pour y prétendre, puisse s’interpréter, ce que je fais, d’une féminisation.
Dabei ist nur umso bemerkenswerter, dass die Wirkung, die er auf diejenigen ausübt, die nacheinander in seinen Besitz gelangen, wobei alles für die Macht spricht, die er überträgt, wenn man Anspruch auf ihn erheben kann, dass diese Wirkung so gedeutet werden kann wie ich es tue, als Feminisierung.
Voilà le compte bien rendu de ce qui distingue la lettre du signifiant même qu’elle emporte.
Dies wäre also die gute Zusammenfassung dessen, was den Brief / den Buchstaben von dem Signifikanten, den er übermittelt, unterscheidet.
En quoi ce n’est pas faire métaphore de l’épistole.
Worin die Epistel nicht zur Metapher gemacht wird.
Puisque le conte consiste en ce qu’y passe comme muscade le message dont la lettre y fait péripétie sans lui.
Denn die Erzählung besteht darin, dass in ihr, wie in einer Taschenspielerei, die Botschaft zum Verschwinden gebracht wird und der Brief die Wendepunkte ohne die Botschaft herbeiführt.17
Ma critique, si elle a lieu d’être tenue pour littéraire, ne saurait porter, je m’y essaie, que sur ce que Poe fait d’être écrivain à former un tel message sur la lettre.
Sollte meine Kritik Anlass geben, für Literaturkritik gehalten zu werden, könnte sie sich hier nur auf das beziehen – und darum bemühe ich mich –, was Poe als Schriftsteller tut, um eine solche Botschaft über den Brief zu gestalten.
Il est clair qu’à n’y pas le dire tel quel, ce |[13] n’est pas insuffisamment, c’est d’autant plus rigoureusement qu’il l’avoue.
Wenn er es hier nicht als solches sagt, dann ist klar, dass er es damit nicht etwa unzureichend, sondern umso rigoroser eingesteht.
Néanmoins l’élision n’en saurait être élucidée au moyen de quelque trait de sa psychobiographie : bouchée plutôt qu’elle en serait.
Dennoch könnte diese Elision nicht mithilfe eines Zuges seiner Psychobiografie aufgeklärt werden: eher würde sie man sie dadurch verschütten.
(Ainsi la psychanalyste qui a récuré les autres textes de Poe ici déclare forfait de son ménage.)
(Beispielsweise wirft die Psychoanalytikerin, die die anderen Texte von Poe abgescheuert hat, hier das Handtuch.18)
Pas plus mon texte à moi ne sauraitil se résoudre par la mienne : le vœu que je formerais par exemple d’être lu enfin convenablement.
Genauso wenig wie mein eigener Text durch meine eigene Psychobiografie aufgeschlüsselt werden könnte: etwa durch den Wunsch, den ich gebildet hätte, endlich auf angemessene Weise gelesen zu werden.
Car encore faudraitil pour cela qu’on développe ce que j’entends que la lettre porte pour arriver toujours à sa destination.
Denn dafür müsste man noch darlegen, was ich darunter verstehe, dass der Brief so weit trägt, dass er immer seinen Bestimmungsort erreicht.
Il est certain que, comme d’ordinaire, la psychanalyse ici reçoit, de la littérature, si elle en prend du refoulement dans son ressort une idée moins psychobiographique.
Es ist sicher, dass die Psychoanalyse hier wie üblich von der Literatur etwas empfängt, wenn sie von ihr, für ihren eigenen Bereich, eine weniger psychobiographische Vorstellung der Verdrängung übernimmt.19
Pour moi si je propose à la psychanalyse la lettre comme en souffrance, c’est qu’elle y montre son échec.
Was mich angeht, wenn ich der Psychoanalyse den Brief als unzustellbar [en souffrance] vorlege, dann deshalb, weil sie hier ihr Scheitern [échec] zeigt.
Et c’est par là que je l’éclairé : quand j’invoque ainsi les lumières, c’est de démontrer où elle fait trou.
Und damit kläre ich sie auf: wenn ich so die Aufklärung anrufe, dann deshalb, um zu zeigen, wo sie ein Loch macht.20
On le sait depuis longtemps : rien de plus important en optique, et la plus récente physique du photon s’en arme.
Man weiß das seit langem: in der Optik nichts Wichtigeres, und die neueste Physik der Photonen bewaffnet sich damit.21
Méthode par où la psychanalyse justifie mieux son intrusion : car si la critique littéraire pouvait effectivement se renouveler, ce serait de ce que la psychanalyse soit là pour que les textes se mesurent à elle, l’énigme étant de son côté.
Eine Methode, durch welche die Psychoanalyse ihr Eindringen besser rechtfertigt: denn wenn die Literaturkritik sich tatsächlich erneuern könnte, dann von daher, dass die Psychoanalyse da wäre, damit die Texte sich an ihr messen, wobei das Rätsel auf der Seite der Psychoanalyse wäre.
Mais ceux dont ce n’est pas médire à avancer que, plutôt qu’ils l’exercent, ils en sont exercés, à tout le moins d’être pris en corps , entendent mal mes propos.
Diejenigen aber, bei denen es keine Verleumdung ist, zu behaupten, dass sie, statt die Psychoanalyse auszuüben, von ihr ausgeübt werden, zumindest als Körper genommen, verstehen meine Worte schlecht.
J’oppose à leur adresse vérité et savoir : c’est la première où aussitôt ils reconnaissent leur office, alors que sur la sellette, c’est leur vérité que j’attends.
An sie gewendet stelle ich Wahrheit und Wissen einander gegenüber: erstere ist das, worin sie ihr Amt sogleich erkennen, während es, auf der Anklagebank, ihre Wahrheit ist, auf die ich warte.22
J’insiste à corriger mon tir d’un savoir en échec : comme on dit figure en abyme, ce n’est pas échec du savoir.
Ich beharre darauf, indem ich meinen Schuss mit einem savoir en échec korrigiere, einem Wissen im Schach: so wie man sagt figure en abyme, Figur am Abgrund [= Figur, die sich in sich selbst wiederholt], das ist nicht Scheitern [échec] des Wissens.
J’apprends alors qu’on s’en croit dispensé de faire preuve d’aucun savoir.
Und dann erfahre ich, dass man sich davon dispensiert glaubt, irgendein Wissen unter Beweis zu stellen.
Seraitce lettre morte que j’aie mis au titre d’un de ces morceaux que j’ai dits Écrits…, de la lettre l’instance, comme raison de l’inconscient?
Wäre es ein toter Buchstabe, den ich in den Titel eines der Stücke gesetzt habe, die ich Schriften genannt habe, des Buchstabens, das Drängen, als Grund/Räson des Unbewussten?23
N’estce pas désigner assez dans la lettre ce qui, à devoir insister, n’est pas là de plein droit si fort de raison que ça s’avance?
Genügt das nicht, um im Buchstaben das zu bezeichnen, was, da es insistieren muss, nicht mit vollem Recht da ist, mit wie starker Räson auch immer es vorgebracht wird?24
La dire moyenne ou bien extrême, c’est montrer la bifidité où s’engage toute mesure, mais n’y atil rien dans le réel qui se passe de cette |[14] médiation ?
Diese Räson als mittlere oder äußere zu bezeichnen, heißt, die Bifidität zu zeigen, in der sich jede Messung vollzieht, gibt es aber nichts im Realen, das ohne diese Vermittlung auskommt?25
La frontière certes, à séparer deux territoires, en symbolise qu’ils sont mêmes pour qui la franchit, qu’ils ont commune mesure.
Gewiss, die Grenze, indem sie zwei Territorien voneinander trennt, symbolisiert, dass die Territorien für jeden, der die Grenze überschreitet, dieselben sind, dass sie gemeinsames Maß haben.
C’est le principe de Umwelt, qui fait reflet de Innenwelt.
Das ist das Prinzip der Umwelt*, die ein Reflex der Innenwelt* ist.
Fâcheuse, cette biologie qui se donne déjà tout de principe : le fait de l’adaptation notamment; ne parlons pas de la sélection, elle franche idéologie à se bénir d’être naturelle.
Ein Ärgernis, diese Biologie, die sich bereits ganz als Prinzip darstellt: namentlich die Tatsache der Anpassung; sprechen wir nicht von der Selektion, da sie sich rühmt, natürlich zu sein, überschreitet sie die Grenze zur Ideologie.
La lettre n’estelle pas… littorale plus proprement, soit figurant qu’un domaine tout entier fait pour l’autre frontière, de ce qu’ils sont étrangers, jusqu’à n’être pas réciproques?
Topographie eines Sees26
Ist der Buchstabe nicht eigentlich – litoral, d.h. stellt er nicht dar, dass ein ganzer Bereich für den anderen die Grenze bildet, von daher, dass sie einander fremd sind, so sehr, dass sie nicht reziprok sind?27
Le bord du trou dans le savoir, voilàtil pas ce qu’elle dessine.
Der Rand (bord) des Lochs im Wissen, ist es nicht das, was der Buchstabe umreißt?28
Et comment la psychanalyse, si, justement ce que la lettre dit « à la lettre » par sa bouche, il ne lui fallait pas le méconnaître, comment pourraitelle nier qu’il soit, ce trou, de ce qu’à le combler, elle recoure à y invoquer la jouissance?
Und wie könnte die Psychoanalyse, wenn sie das, was der Buchstabe mit seinem Mund „buchstäblich“ sagt, nicht verkennen durfte, wie könnte sie leugnen, dass es dieses Loch gibt, da sie ja, um es zu füllen, darauf zurückgreift, hier die Lust [jouissance] geltend zu machen?
Reste à savoir comment l’inconscient que je dis être effet de langage, de ce qu’il en suppose la structure comme nécessaire et suffisante, commande cette fonction de la lettre.
Bleibt zu wissen, wie das Unbewusste – von dem ich sage, dass es eine Wirkung der Sprache ist, da es deren Struktur als notwendig und hinreichend voraussetzt – diese Funktion des Buchstabens steuert.
Qu’elle soit instrument propre à l’écriture du discours, ne la rend pas impropre à désigner le mot pris pour un autre, voire par un autre, dans la phrase, donc à symboliser certains effets de signifiant, mais n’impose pas qu’elle soit dans ces effets primaire.
Dass er ein für das Schreiben des Diskurses geeignetes Werkzeug ist, macht ihn nicht dazu ungeeignet, das Wort zu bezeichnen, das im Satz für ein anderes, ja durch ein anderes genommen wird, also bestimmte Signifikanteneffekte zu symbolisieren, zwingt jedoch nicht dazu, dass er in diesen Effekten primär wäre.29
Un examen ne s’impose pas de cette primarité, qui n’est même pas à supposer, mais de ce qui du langage appelle le littoral au littéral.
Eine Überprüfung zwingt sich nicht hinsichtlich dieses Primats auf, das nicht einmal zu vermuten ist, sondern in Bezug auf das, was in der Sprache das Litorale zum Literalen aufruft.
Ce que j’ai inscrit, à l’aide de lettres, des formations de l’inconscient pour les récupérer de ce dont Freud les formule, à être ce qu’elles sont, des effets de signifiant, n’autorise pas à faire de la lettre un signifiant, ni à l’affecter, qui plus est, d’une primarité au regard du signifiant.
Was ich mithilfe von Buchstaben über die Bildungen des Unbewussten geschrieben habe, um sie aus dem zurückzugewinnen, was Freud darüber formuliert, damit sie das sind, was sie sind, Signifikanteneffekte, dies ermächtigt nicht dazu, aus dem Buchstaben einen Signifikanten zu machen, und nicht dazu, ihm darüber hinaus gegenüber dem Signifikanten einen Primat zuzuweisen.30
Un tel discours confusionnel n’a pu surgir que de celui qui m’importe.
Schema der vier Diskurse aus Seminar 17
Ein verworrener Diskurs wie dieser hat nur aus dem auftauchen können, der mir wichtig ist [qui m’importe].
Mais il m’importe dans un autre que j’épingle, le temps venu, du discours universitaire, soit du savoir mis en usage à partir du semblant.
Er importiert mich [il m’importe] jedoch in einen anderen, den ich zu gegebener Zeit als Universitätsdiskurs etikettiere, nämlich Diskurs des Wissens, das ausgehend vom semblant, vom Schein, in Gebrauch genommen wird.31
Le moindre sentiment que l’expérience à quoi je pare, ne peut se situer que d’un autre discours, eûs dû le garder de le produire, sans l’avouer de moi.
Das geringste Gefühl dafür, dass die Erfahrung, mit der ich zu tun habe, nur von einem anderen Diskurs her verortet werden kann, hätte davor schützen müssen, ihn zu produzieren, ohne ihn als meinen einzugestehen.
Qu’on me l’épargne Dieu merci ! n’empêche pas qu’à m’importer au sens que je viens de dire, on m’importune.
Dass man mir das, Gott sei Dank, erspart, verhindert nicht, dass man mich, indem man mich importiert, belästigt.
Si j’avais trouvé recevables les modèles que Freud articule dans une Esquisse à se forer de routes impressives, je n’en aurais pas pour |[15] autant pris métaphore de l’écriture.
Hätte ich die Modelle akzeptabel gefunden, die Freud in einem Entwurf artikuliert, um sich eindrückliche Wege zu bohren, hätte ich von daher dennoch nicht die Metapher der Schrift genommen.32
Elle n’est pas l’impression, ce n’en déplaise au bloc magique.
Die Schrift ist nicht die Einprägung, auch wenn das dem Wunderblock nicht gefallen mag.33
Quand je tire parti de la lettre à Fliess 52 e , c’est d’y lire ce que Freud pouvait énoncer sous le terme qu’il forge du Wz, Wahrnehmungszeichen, de plus proche du signifiant, à la date où Saussure ne l’a pas encore reproduit (du signans stoïcien).
Wenn ich mich auf den zweiundfünfzigsten Brief an Fließ stütze, dann um darin zu lesen, was Freud mit einem von ihm gebildeten Ausdruck als „Wz“ bezeichnen konnte, als Wahrnehmungszeichen*, was dem Signifikanten am nächsten kommt, zu einem Zeitpunkt, als Saussure ihn noch nicht wiederaufgegriffen hatte (vom signans der Stoiker).34
Que Freud l’écrive de deux lettres, ne prouve pas plus que de moi, que la lettre soit primaire.
Dass Freud ihn mit zwei Buchstaben schreibt, beweist nicht mehr als in meinem Fall, dass der Buchstabe primär wäre.35
Je vais donc essayer d’indiquer le vif de ce qui me paraît produire la lettre comme conséquence, et du langage, précisément de ce que je dis : que l’habite qui parle.
Ich werde also versuchen, den Kern dessen anzuzeigen, was mir als Konsequenz den Buchstaben zu produzieren scheint, sowie den Kern der Sprache, nämlich dessen, dass ich sage, dass sie derjenige bewohnt, der spricht.36
J’en emprunterai les traits à ce que d’une économie du langage permet de dessiner ce que promeut à mon idée que littérature peutêtre vire à lituraterre.
Dafür möchte ich die Merkmale dem entlehnen, was es aufgrund einer Ökonomie der Sprache gestattet, das zu umreißen, wodurch mein Gedanke gestützt wird, dass vielleicht Literatur in Lituraterre umschlägt.37
On ne s’étonnera pas de m’y voir procéder d’une démonstration littéraire puisque c’est là marcher du pas dont la question se produit.
Man möge sich nicht wundern, mich hier dabei zu sehen, wie ich in einer literarischen Beweisführung voranschreite, denn das heißt, in dem Schritt zu marschieren, in dem die Frage vorankommt.
En quoi pourtant peut s’affirmer ce qu’est une telle démonstration.
Wodurch aber deutlich werden kann, was das ist, eine solche Beweisführung.
Je reviens d’un voyage que j’attendais de faire au Japon de ce que d’un premier j’avais éprouvé… de littoral.
Ich komme von einer Reise zurück, die ich nach Japan machen wollte, wegen dem, was ich auf einer ersten Reise erfahren hatte … an Litoralem.38
Qu’on m’entende à demimot de ce que tout à l’heure de Umwelt j’ai répudié comme rendant le voyage impossible : d’un côté donc, selon ma formule, assurant son réel, mais prématurément, seulement d’en rendre, mais de maldonne, impossible le départ, soit tout au plus de chanter « Partons ».
Man möge mich andeutungsweise von dem her verstehen, was ich vorhin von der Umwelt* zurückgewiesen habe, da sie die Reise unmöglich macht39: also, meiner Formel zufolge, nach einer Seite hin ihr Reales sichert40, jedoch verfrüht, indem nur, allerdings versehentlich, der Abflug unmöglich gemacht wird oder höchstens „Fort nun!“ gesungen wird.41
Je ne noterai que le moment que j’ai recueilli d’une route nouvelle, à la prendre de ce qu’elle ne fut plus comme la première fois interdite.
Ich möchte nur den Moment festhalten, den ich auf einer neuen Flugroute einsammelte, die deshalb eingeschlagen wurde, da sie nicht mehr, wie beim ersten Mal, verboten war.
J’avoue pourtant que ce ne fut pas à l’aller le long du cercle arctique en avion, que me fit lecture ce que je voyais de la plaine sibérienne.
Ich gestehe jedoch, dass es nicht auf dem Hinflug war, entlang dem Polarkreis, dass mir das, was ich von der sibirischen Ebene sah, eine Lektüre verschaffte.
Mon essai présent, en tant qu’il pourrait s’intituler d’une sibériéthique, n’aurait donc pas vu le jour si la méfiance des Soviétiques m’avait laissé voir les villes, voire les industries, les installations militaires qui leur font prix de la Sibérie, mais ce n’est que condition accidentelle, quoique moins peutêtre à la nommer occidentelle42, à y indiquer l’accident d’un amoncellement de l’occire.
Mein gegenwärtiger Versuch, insofern er als einer in Sibiriethik tituliert werden könnte, hätte also nicht das Tageslicht erblickt, wenn das Misstrauen der Sowjets mich die Städte, ja die Industrieanlagen und die militärischen Einrichtungen hätte sehen lassen, die für sie den Wert Sibiriens ausmachen, das ist jedoch nur eine akzidentelle Bedingung, wenn auch weniger vielleicht, um sie okzidentell zu nennen als vielmehr, um hier den Unfall [accident] einer Aufschichtung des Tötens [occire] anzuzeigen.
Seule décisive est la condition littorale, et cellelà ne jouait qu’au retour d’être littéralement ce que le Japon de sa lettre m’avait43 sans doute fait ce petit peu trop qui est juste ce qu’il faut pour que je le ressente, puisque après tout j’avais déjà dit que c’est là ce dont sa langue s’affecte éminemment.
Einzig entscheidend ist die litorale Bedingung, und diese kam nur auf dem Rückflug ins Spiel, da sie buchstäblich darin bestand, dass Japan mir durch seinen Buchstaben zweifellos dieses Ein-wenig-zu-viel verschafft hatte, was genau das ist, was es braucht, damit ich es spüre, denn ich hatte ja bereits gesagt, dass es das ist, wovon seine Sprache in höchstem Maße affiziert ist.
[16] Sans doute ce trop tientil à ce que l’art en véhicule : j’en dirai le fait de ce que la peinture y démontre de son mariage à la lettre, très précisément sous la forme de la calligraphie.
Dieses zu viel ist gewiss darauf zurückzuführen, dass die Kunst etwas davon übermittelt: damit spreche ich darüber, dass die Malerei hier ihre Ehe mit dem Buchstaben demonstriert, und zwar genau in Gestalt der Kalligraphie.
Comment dire ce qui me fascine dans ces choses qui pendent, kakémono que ça se jaspine, pendent aux murs de tout musée en ces lieux, portant inscrits des caractères, chinois de formation, que je sais un peu, mais qui, si peu que je les sache, me permettent de mesurer ce qui s’en élide dans la cursive, où le singulier de la main écrase l’universel, soit proprement ce que je vous apprends ne valoir que du signifiant : je ne l’y retrouve plus mais c’est que je suis novice.
Wie soll ich sagen, was mich an diesen Sachen, die dort hängen, fasziniert, Kakemono brabbelt man das, die dort an jeder Museumsmauer hängen und die Inschriften aus Schriftzeichen tragen, die ihrer Bildung nach chinesisch sind44, was ich ein wenig kenne, was mir immerhin, so wenig ich sie auch kenne, zu ermessen erlaubt, was davon in der Kursivschrift getilgt ist, in der durch das Singuläre der Hand das Universale erdrückt wird, also eigentlich das, wozu ich Ihnen beibringe, dass es nur vom Signifikanten her Wert hat: ich finde es darin nicht wieder, jedoch deshalb, weil ich Anfänger bin.45
Là au reste n’étant pas l’important, car même à ce que ce singulier appuie une forme plus ferme, et y ajoute la dimension, la demansion, aije déjà dit, la demansion du papeludun, celle dont s’évoque ce que j’instaure du sujet dans le HunEnPeluce, à ce qu’il meuble l’angoisse de l’Achose, soit ce que je connote du petit a ici fait l’objet d’être enjeu de quel pari qui se gagne avec de l’encre et du pinceau ?
Was hier im Übrigen nicht das Wichtige ist, denn selbst wenn dieses Singuläre eine festere Form stützt und zu ihm die Dimension hinzufügt, die demansion habe ich bereits gesagt46, die demansion des papludun [lautgleich mit pas plus d’un, „nicht mehr als ein“]47, diejenige, durch welche das evoziert wird, was ich vom Subjekt mit dem Hun-En-Peluce [lautähnlich mit un en plus, „eins mehr“] einführe48, von daher, dass es die Angst der Achose [des Undings] ausfüllt – also, das, was ich mit dem klein a konnotiere49, bildet hier das Objekt, da es Einsatz in welcher Wette ist, die mit Tinte und Pinsel gewonnen wird?
Tel invinciblement m’apparut, cette circonstance n’est pas rien : d’entrelesnuages, le ruissellement, seule trace à apparaître, d’y opérer plus encore que d’en indiquer le relief en cette latitude, dans ce qui de la Sibérie fait plaine, plaine désolée d’aucune végétation que de reflets, lesquels poussent à l’ombre ce qui n’en miroite pas.
So erschien mir unbezwinglich, dieser Umstand ist nicht ohne Bedeutung: von zwischen-den-Wolken aus, das Strömen, einzige Spur, die sich zeigte, das Strömen, durch das in diesen Breiten die Oberflächengestalt eher hervorgebracht als angezeigt wird, auf dem, was aus Sibirien eine Ebene macht, eine Ebene verlassen von jeder Vegetation, bis auf Reflexe, die das, was nicht spiegelt, in den Schatten stoßen.50
Le ruissellement est bouquet du trait premier et de ce qui l’efface.
Das Strömen ist eine Bündelung des primären Zugs mit dem, was ihn auslöscht.51
Je l’ai dit : c’est de leur conjonction qu’il se fait sujet, mais de ce que s’y marquent deux temps.
Ich habe es bereits gesagt: ihre Verbindung ist das, woraus sich das Subjekt bildet, jedoch von daher, dass darin zwei Momente vermerkt werden.
Il y faut donc que s’y distingue la rature.
Also muss die Streichung [rature] darin unterschieden werden.
Rature d’aucune trace qui soit d’avant, c’est ce qui fait terre du littoral.
Ratur [Streichung] jeder Spur, die zuvor dagewesen sein mag, das ist das, was aus dem Litoral Terrain macht.52
Litura pure, c’est le littéral.
Reine litura [lat. Streichung], das ist das Literale, das Buchstäbliche.53
La produire, c’est reproduire cette moitié sans paire dont le sujet subsiste.
Diese Streichung zu produzieren, heißt, die paarlose Hälfte zu reproduzieren, von der her das Subjekt Bestand hat
Tel est l’exploit de la calligraphie.
Solcherart ist die Leistung der Kalligrafie.
Essayez de faire cette barre horizontale qui se trace de gauche à droite pour figurer d’un trait l’un unaire comme caractère, vous mettrez longtemps à trouver de quel appui elle s’attaque, de quel suspens elle s’arrête.
Versuchen Sie, diesen horizontalen Strich [barre] zu ziehen, dessen Spur von links nach rechts verläuft, um durch einen Strich [trait] das unäre Eins als Schriftzeichen darzustellen54, Sie werden lange brauchen, um herauszufinden, mit welchem Druck er angegangen wird und bei welcher Spannung er zu einem Halt kommt.55
A vrai dire, c’est sans espoir pour un occidenté.
Für einen Okzidentalen ist das, offen gesagt, hoffnungslos.
Il y faut un train qui ne s’attrape qu’à se détacher de quoi que ce soit qui vous raye.
Man braucht hier eine Bewegungsführung, die man nur erwischt, wenn man sich von allem löst, was einen durchstreicht.
Entre centre et absence, entre savoir et jouissance, il y a littoral qui ne vire au littéral qu’à ce que ce virage, vous puissiez le prendre le même à tout instant.
Zwischen Zentrum und Abwesenheit56, zwischen Wissen und Lust liegt das Litoral, das nur dann ins Literale umschlägt, ins Buchstäbliche57, wenn Sie dieses Umschlagen in jedem Moment als dasselbe nehmen können.58
C’est de ça seulement que vous pouvez vous tenir pour agent qui le soutienne.
Nur von daher können Sie sich für den Agenten halten, der es trägt.59
Ce qui se révèle de ma vision du ruissellement, à ce qu’y domine |[17] la rature, c’est qu’à se produire d’entre les nuages, elle se conjugue à sa source, que c’est bien aux nuées qu’Aristophane me hèle de trouver ce qu’il en est du signifiant : soit le semblant, par excellence, si c’est de sa rupture qu’en pleut, effet à ce qu’il s’en précipite, ce qui y était matière en suspension.
Was durch mein Sehen des Strömens enthüllt wird, insofern darin die Streichung dominiert, ist dies, dass es sich von daher, dass es sich von zwischen-den-Wolken aus herstellt, mit der Quelle des Strömens vereint, dass es wirklich die Wolken sind, bei denen Aristophanes mich dazu aufruft, in ihnen das zu finden, worum es beim Signifikanten geht: nämlich um den Schein par excellence, wenn es durch sein Zerbersten dazu kommt, dass es daraus herabregnet, Wirkung insofern, als daraus herabstürzt, was zuvor Materie in Suspension war.60
Cette rupture qui dissout ce qui faisait forme, phénomène, météore, et dont j’ai dit que la science s’opère à en percer l’aspect, n’estce pas aussi que ce soit d’en congédier ce qui de cette rupture ferait jouissance à ce que le monde ou aussi bien l’immonde, y ait pulsion à figurer la vie.
Dieses Zerbersten, durch das aufgelöst wird, was Form, Phänomen und Meteor bildete und worüber ich gesagt habe, dass die Wissenschaft so vorgeht, dass sie deren Anblick durchdringt, ist es nicht auch so, dass dadurch, dass verabschiedet wird, was aus diesem Zerbersten Lust machen würde, dass hierdurch die Welt [monde] oder auch das Schmutzige [immonde] den Trieb hat, das Leben darzustellen?61
Ce qui de jouissance s’évoque à ce que se rompe un semblant, voilà ce qui dans le réel se présente comme ravinement.
Was von der Lust dazu evoziert wird, dass ein Schein zerbricht, ist das, was sich im Realen als Auswaschung [ravinement] präsentiert.62
C’est du même effet que l’écriture est dans le réel le ravinement du signifié, ce qui a plu du semblant en tant qu’il fait le signifiant.
Durch die gleiche Wirkung kommt es dazu, dass die Schrift im Realen die Auswaschung des Signifikats ist, nämlich das, was vom Schein, insofern er den Signifikanten bildet, herabgeregnet ist.
Elle ne décalque pas celuici, mais ses effets de langue, ce qui s’en forge par qui la parle.
Die Schrift paust den Signifikanten nicht ab, wohl aber seine Sprachwirkungen, was aus der Sprache durch jeden gebildet wird, der spricht.
Elle n’y remonte qu’à y prendre nom, comme il arrive à ces effets parmi les choses que dénomme la batterie signifiante pour les avoir dénombrées.
Die Schrift geht darauf nur zurück, indem sie hier einen Namen nimmt, wie es denjenigen Wirkungen unter den Dingen geschieht, die die Signifikantenbatterie benennt, da sie sie gezählt hat.63
Plus tard de l’avion se virent à s’y soutenir en isobares, futce à obliquer d’un remblai, d’autres traces normales à celles dont la pente suprême du relief se marquait de cours d’eau.
Später waren vom Flugzeug aus andere Spuren zu sehen, solche, die sich in Isobaren64 hielten, etwa, um eine Aufschüttung zu umgehen, Normalen im Verhältnis zu denen, deren starkes Gefälle durch Wasserläufe markiert wurde.65.
N’aije pas vu à Osaka comment les autoroutes se posent les unes sur les autres comme planeurs venus du ciel?
Hatte ich nicht bereits in Osaka gesehen, wie die Autobahnen übereinandergestellt werden, wie vom Himmel gekommene Segelflugzeuge?
Outre que làbas l’architecture la plus moderne retrouve l’ancienne à se faire aile à s’abattre d’un oiseau.
Außerdem, dass sich dort unten die modernste Architektur die alte wiederfindet, um zum Flügel zu werden, um von einem Vogel geschlagen zu werden.
Comment le plus court chemin d’un point à un autre se seraitil montré sinon du nuage que pousse le vent tant qu’il ne change pas de cap ?
Wie hätte sich der kürzeste Weg von einem Punkt zum anderen gezeigt, wenn nicht durch die Wolke, die der Wind treibt, ohne den Kurs zu ändern?
Ni l’amibe, ni l’homme, ni la branche, ni la mouche, ni la fourmi n’en eussent fait exemple avant que la lumière s’avère solidaire d’une courbure universelle, celle où la droite ne se soutient que d’inscrire la distance dans les facteurs effectifs d’une dynamique de cascade.
Weder die Amöbe noch der Mensch, noch der Ast, noch die Fliege, noch die Ameise hätten ein Beispiel gegeben, bevor sich erwies, dass das Licht mit einer Krümmung des Universums einhergeht, derjenigen, bei der die Gerade nur dadurch gestützt wird, dass sie den Abstand in die Wirkungsfaktoren einer Kaskadendynamik einschreibt.
Il n’y a de droite que d’écriture, comme d’arpentage que venu du ciel. .
Eine Gerade gibt es nur durch die Schrift, wie es Vermessung nur als solche gibt, die vom Himmel gekommen ist.
Mais écriture comme arpentage sont artefacts à n’habiter que le langage.
Schrift und Vermessung sind jedoch Artefakte, da sie nur die Sprache bewohnen.66
Comment l’oublierionsnous quand notre science n’est opérante que d’un ruissellement de petites lettres et de graphiques combinés ?
Wie könnten wir das vergessen, wo unsere Wissenschaft doch nur durch ein Strömen von kleinen Buchstaben und kombinierten Diagrammen wirksam ist?
[18] Sous le pont Mirabeau certes, comme sous celui dont une revue qui fut la mienne se fit enseigne, à l’emprunter ce pontoreille à Horus Apollo, sous le pont Mirabeau, oui, coule la Seine primitive, et c’est une scène telle qu’y peut battre le V romain de l’heure cinq (cf. L’Homme aux loups).
Sous le pont Mirabeau67, sicherlich, wie unter der Brücke, die von einer Zeitschrift, die meine war, zum Aushängeschild gemacht wurde, wobei sie diese Ohrenbrücke Horus Apollo entnahm68, ja, unter der Mirabeau-Brücke fließt die Ur-Seine, eine Szene von der Art, dass darin die römische V der fünften Stunde schlagen kann (vgl. Der Wolfsmann)69.
Mais aussi bien n’en jouit‘on qu’à ce qu’y pleuve la parole d’interprétation.
Man genießt das aber auch nur, wenn das Wort der Deutung darauf regnet.
Que le symptôme institue l’ordre dont s’avère notre politique, implique d’autre part que tout ce qui s’articule de cet ordre soit passible d’interprétation.
Dass das Symptom die Ordnung errichtet, von der her sich unsere Politik erweist, impliziert andererseits, dass alles, was von dieser Ordnung artikuliert wird, der Deutung unterzogen werden kann.
C’est pourquoi on a bien raison de mettre la psychanalyse au chef de la politique.
Deshalb hat man durchaus recht, wenn man die Psychoanalyse der Politik voranstellt.
Et ceci pourrait n’être pas de tout repos pour ce qui de la politique a fait figure jusqu’ici, si la psychanalyse s’en avérait avertie.
Deshalb hat man durchaus recht, wenn man die Psychoanalyse der Politik voranstellt. Und das wäre möglicherweise nicht wirklich geruhsam, aufgrund dessen, was bislang von der Politik Gestalt angenommen hat, falls die Psychoanalyse sich hierin als beschlagen erwiese.
Il suffirait peutêtre, on se dit ça sans doute, que de l’écriture nous tirions un autre parti que de tribune ou de tribunal, pour que s’y jouent d’autres paroles à nous en faire le tribut.
Es würde vielleicht genügen, wird man sich wohl sagen, dass wir von der Schrift einen anderen Gebrauch machen als den der Tribüne oder des Tribunals, damit darin andere Worte ins Spiel kommen, wobei wir den Tribut zu zahlen hätten.
Il n’y a pas de métalangage, mais l’écrit qui se fabrique du langage est matériel peutêtre de force à ce que s’y changent nos propos.
Es gibt keine Metasprache70, aber das Geschriebene, aus Sprache verfertigt, ist vielleicht das Material, das die Kraft hätte, dass sich hierüber unsere Behauptungen ändern.
Estil possible du littoral de constituer tel discours qui se caractérise de ne pas s’émettre du semblant?
Ist es vom Litoral aus möglich, einen Diskurs zu bilden, der dadurch gekennzeichnet wäre, nicht vom Schein ausgesendet zu werden?
Là est la question qui ne se propose que de la littérature dite d’avantgarde, laquelle est ellemême fait de littoral : et donc ne se soutient pas du semblant, mais pour autant ne prouve rien que la cassure, que seul un discours peut produire, avec effet de production.
Das ist die Frage, die sich nur zur sogenannten Avantgardeliteratur stellt, die selbst aus Litoral gemacht ist: und sich also nicht auf den Schein stützt, die aber nur den Bruch beweist, den mit Produktionswirkung einzig ein Diskurs produzieren kann,.
Ce à quoi semble prétendre une littérature en son ambition de lituraterrir, c’est de s’ordonner d’un mouvement qu’elle appelle scientifique.
Das, wonach eine Literatur zu streben scheint, in ihrem Ehrgeiz, Lituraterrain zu betreten, ist dies, sich von einer Bewegung her zu ordnen, die sie wissenschaftlich nennt.
Il est de fait que l’écriture y a fait merveille et que tout marque que cette merveille n’est pas près de se tarir.
Es ist eine Tatsache, dass die Schrift hier Wunder gewirkt hat und dass alles darauf hinweist, dass dieses Wunder nicht dabei ist zu versiegen.
Cependant la science physique se trouve, va se trouver ramenée à la considération du symptôme dans les faits, par la pollution de ce que du terrestre on appelle, sans plus de critique de Umwelt, l’environnement : c’est l’idée d’Uexktill behaviourisée, c’estàdire crétinisée.
Jedoch wird die physikalische Wissenschaft dazu gebracht oder dazu gebracht werden, in den Tatsachen das Symptom zu bedenken, aufgrund der Verschmutzung dessen, was man hinsichtlich der Erde, ohne weitere Kritik, als Umwelt* bezeichnet: das ist die Idee von Uexküll, behaviorisiert, das heißt völlig verdummt.
Pour lituraterrir moimême, je fais remarquer que je n’ai fait dans le ravinement qui l’image, aucune métaphore.
Um selbst Lituraterrain zu betreten, möchte ich anmerken, dass ich aus der Auswaschung, die es verbildlicht, keine Metapher gemacht habe.
L’écriture est ce ravinement même, et quand je parle de jouissance, j’invoque légitimement ce que j’accumule d’auditoire : pas moins par là celles dont je me prive, car ça m’occupe.
Diese Auswaschung ist die Schrift, und wenn ich von der Lust spreche, rufe ich legitimerweise das an, was ich an Zuhörerschaft akkumuliere: nicht weniger hierdurch diejenigen, deren ich mich beraube, denn das beschäftigt mich.
[19] Je voudrais témoigner de ce qui se produit d’un fait déjà marqué : à savoir celui d’une langue, le japonais, en tant que la travaille l’écriture.
Ich möchte etwas bezeugen, was sich aus einer Tatsache ergibt, auf die bereits hingewiesen wurde: aus der Tatsache einer Sprache, des Japanischen, insofern in ihr die Schrift am Werk ist.
Qu’il y ait inclus dans la langue japonaise un effet d’écriture, l’important est qu’il reste attaché à l’écriture et que ce qui est porteur de l’effet d’écriture y soit une écriture spécialisée en ceci qu’en japonais elle puisse se lire de deux prononciations différentes : en on-yomi sa prononciation en caractères, le caractère se prononce comme tel distinctement, en kun-yomi la façon dont se dit en japonais ce qu’il veut dire.
Dass in der japanischen Sprache ein Schrifteffekt enthalten ist, daran ist das Wichtige, dass dieser Effekt an die Schrift gebunden bleibt und dass der Träger des Schrifteffekts dabei eine Schrift ist, die insofern spezialisiert ist, als sie im Japanischen mit zwei unterschiedlichen Aussprachen gelesen werden kann: in On-Yomi, ihre Aussprache als Schriftzeichen, das Schriftzeichen als solches wird auf spezielle Weise ausgesprochen, und in Kun-Yomi, die Art, wie man auf Japanisch sagt, was es bedeutet.71
Ça serait comique d’y voir désigner, sous prétexte que le caractère est lettre, les épaves du signifiant courant aux fleuves du signifié.
Es wäre komisch, darin, unter dem Vorwand, dass das Schriftzeichen Buchstabe ist, bezeichnet zu sehen, wie das Strandgut des Signifikanten zu den Flüssen des Signifikats treibt.
C’est la lettre comme telle qui fait appui au signifiant selon sa loi de métaphore.
Es ist der Buchstabe als solcher, der, gemäß dem Gesetz der Metapher, den Signifikanten stützt.
C’est d’ailleurs : du discours, qu’il la prend au filet du semblant.
Dass der Signifikant den Buchstaben im Netz des Scheins erfasst, kommt von anderswo her: vom Diskurs.
Elle est pourtant promue de là comme réfèrent aussi essentiel que toute chose, et ceci change le statut du sujet.
Von da wird der Buchstabe jedoch als Referent befördert, genauso wesentlich wie jedes Ding, und das verändert den Status des Subjekts.
Qu’il s’appuie sur un ciel constellé, et non seulement sur le trait unaire, pour son identification fondamentale, explique qu’il ne puisse prendre appui que sur le Tu, c’estàdire sous toutes les formes grammaticales dont le moindre énoncé se varie des relations de politesse qu’il implique dans son signifié.
Dass es sich für seine grundlegende Identifizierung auf Himmelskonstellationen stützt72 und nicht nur auf den unären Zug, erklärt, dass es sich nur auf das Du stützen kann, das heißt in sämtlichen grammatischen Formen, nach denen sich noch die geringste Aussage verändert, entsprechend den Höflichkeitsbeziehungen, die es in seinem Signifikat impliziert.73
La vérité y renforce la structure de fiction que j’y dénote, de ce que cette fiction soit soumise aux lois de la politesse.
Die Wahrheit verstärkt hier die Struktur der Fiktion, die ich darin bezeichne, von daher, dass diese Fiktion den Gesetzen der Höflichkeit unterworfen ist.74
Singulièrement ceci semble porter le résultat qu’il n’y ait rien à défendre de refoulé, puisque le refoulé luimême trouve à se loger de la référence à la lettre.
Das scheint im Besonderen zu dem Ergebnis zu führen, dass vom Verdrängten nichts abzuwehren ist, da es dem Verdrängten gelingt, durch den Bezug auf den Buchstaben unterzukommen.
En d’autres termes le sujet est divisé comme partout par le langage, mais un de ses registres peut se satisfaire de la référence à l’écriture et l’autre de la parole.
Anders gesagt, wie überall ist das Subjekt durch die Sprache gespalten, dem einen seiner Register kann jedoch durch den Bezug auf die Schrift Genüge getan werden und dem anderen durch das Sprechen.
C’est sans doute ce qui a donné à Roland Barthes ce sentiment enivré que de toutes ses manières le sujet japonais ne fait enveloppe à rien.
Sicherlich ist es das, was Roland Barthes das berauschte Gefühl gab, das japanische Subjekt mit all seinen Manieren sei eine Hülle für nichts.
L’Empire des signes, intituletil son essai voulant dire : empire des semblants.
Er hat seinem Essay den Titel Das Reich der Zeichen gegeben, was heißen soll: Reich des Scheins [des semblants].75
Le Japonais, m’a-t-on dit, la trouve mauvaise.
Der Japaner, so wurde mir gesagt, findet sie schlecht.
Car rien de plus distinct du vide creusé par l’écriture que le semblant.
Denn nichts unterscheidet sich stärker von der durch die Schrift ausgehöhlten Leere als der Schein.
Le premier est godet prêt toujours à faire accueil à la jouissance, ou tout au moins à l’invoquer de son artifice.
Erstere ist Becher, immer bereit, die Lust in Empfang zu nehmen oder es zumindest mit seinem Kunstgriff [artifice] anzurufen.76
[12] D’après nos habitudes, rien ne communique moins de soi qu’un tel sujet qui en fin de compte ne cache rien.
Unsere Gewohnheiten sind so, dass nichts von sich weniger kommuniziert als ein solches Subjekt, das letztlich nichts verbirgt.
Il n’a qu’à vous manipuler : vous êtes un élément entre autres du cérémonial où le sujet se compose justement de pouvoir se décomposer.
Ihm bleibt nur, Sie zu manipulieren: Sie sind ein Element unter anderen in dem Zeremoniell, in dem das Subjekt genau daraus besteht [se compose], sich auflösen zu können [se décomposer].
Le bunraku, théâtre des marionnettes, en fait voir la structure tout ordinaire pour ceux à qui elle donne leurs mœurs ellesmêmes.
Bunraku77
Das Bunraku, ein Figurentheater, lässt diejenigen, denen sie ihre Sitten gibt, deren ganz gewöhnliche Struktur sehen.78
Aussi bien, comme au bunraku tout ce qui se dit pourraitil être lu par un récitant.
Außerdem könnte, wie im Bunraku, alles, was gesagt wird, von einem Rezitator vorgetragen werden.79
C’est ce qui a dû soulager Barthes.
Das ist das, was Barthes sicherlich erleichtert hat.
Le Japon est l’endroit où il est le plus naturel de se soutenir d’un ou d’une interprète, justement de ce qu’il ne nécessite pas l’interprétation.
Japan ist der Ort, wo es das Natürlichste ist, sich auf die Hilfe eines Dolmetschers [interprète] oder einer Dolmetscherin zu stützen, eben deshalb, weil eine Deutung [interprétation] nicht erforderlich ist.
C’est la traduction perpétuelle faite langage.
Dies ist ständige Übersetzung, zur Sprache gemacht.
Ce que j’aime, c’est que la seule communication que j’y aie eue (hors les Européens avec lesquels je sais manier notre malentendu culturel), c’est aussi la seule qui làbas comme ailleurs puisse être communication, de n’être pas dialogue : à savoir la communication scientifique.
Was mir gefällt, ist dies, dass die einzige Kommunikation, die ich dort gehabt habe (außer mit den Europäern, mit denen ich unser kulturelles Missverständnis zu handhaben weiß), auch die einzige ist, die dort unten wie anderswo Kommunikation sein kann, da sie kein Dialog ist: nämlich die wissenschaftliche Kommunikation.80
Elle poussa un éminent biologiste à me démontrer ses travaux, naturellement au tableau noir.
Sie brachte einen bedeutenden Biologen dazu, mir seine Arbeiten vorzuführen, natürlich an der Tafel.
Le fait que, faute d’information, je n’y compris rien, n’empêche pas d’être valable ce qui restait écrit là.
Die Tatsache, dass ich dabei mangels Information nichts begriff, schließt keineswegs aus, dass das, was da geschrieben blieb, gültig ist.81
Valable pour les molécules dont mes descendants se feront sujets, sans que j’aie jamais eu à savoir comment je leur transmettais ce qui rendait vraisemblable qu’avec moi je les classe, de pure logique, parmi les êtres vivants.
Gültig für die Moleküle, zu deren Subjekten sich meine Nachkommen machen werden, ohne dass ich je hätte wissen müssen, wie ich an sie das übermittle, was es plausibel macht, dass ich sie, aus reiner Logik, mit mir zu den Lebewesen zähle.
Une ascèse de l’écriture ne me semble pouvoir passer qu’à rejoindre un « c’est écrit » dont s’instaurerait le rapport sexuel.
Eine Askese der Schrift scheint mir nur dann durchgehen zu können, wenn sie an ein „es steht geschrieben“ anschließt, durch welches das sexuelle Verhältnis eingesetzt werden würde.82
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Bunraku
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Anmerkungen
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Vgl. J. Lacan: Lituraterre. In: Ders.: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 11–20.
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Vgl. J. Lacan: Lituraterre. Übersetzt von Beatrice Khiara-Foxton und Adrian Price. In: Hurly-Burly. The International Lacanian Journal of Psychoanalysis 9 (2013), S. 29–38. Im Internet gibt es diese Übersetzung auf der Website freud2lacan.com (Richard G. Klein), zusammen mit drei weiteren englischen Übersetzungen, hier.
-
Vgl. Alfred Ernout, Antoine Meillet: Dictionnaire étymologique de la langue latine. Histoire des mots. Klincksieck, Paris 1959.
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Man soll also in diesem etymologischen Wörterbuch der lateinischen Sprache unter diesen drei Stichworten nachlesen. Lino ist die erste Person Singular Präsens von linere, „ausstreichen von Geschriebenem“; litura bedeutet „Streichung in einem Text“; liturarius meint „etwas, das Streichungen zeigt“.
-
In Lacans Poe-Aufsatz (1956) heißt es zu Poes Erzählung Der gestohelne Brief:
„In dem, was sie zwischen ihren Fingern drehten, was hielten sie da anderes als das, was nicht dem Steckbrief entsprach, den sie davon hatten? A letter, a litter, ein Brief, ein Abfall. Man hatte sich in dem Kreis um Joyce über die Homophonie dieser zwei Wörter im Englischen in Äquivokationen ergangen.“ (J. Lacan: Das Seminar über „Der gestohlene Brief“. In: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 12–73, hier: S. 30)
In einer Anmerkung zu diesem Satz verweist Lacan auf den von Samuel Beckett herausgegebenen Sammelband: Our exagmination round his factification for incamination of work in progress. Sylvia Beach (Shakespeare & Company), Paris 1929 (a.a.O., S. 30). Der Sammelband enthält den Brief eines Vladimir Dixon, der mit A litter to Mr Joyce überschrieben ist. Hierin heißt es:
„Please froggive my t’Emeritus and any inconvince that may have been caused by this litter. Yours veri tass, Vladimir Dixon.“
Der Brief wurde lange Zeit irrtümlich Joyce zugeschrieben. Joyce selbst verwendet das Wortspiel letter/litter häufig aber auch selbst in Finnegans Wake; vgl. die Belege in Santanu Biswas: A literary introduction to „Lituraterre“. In: Ders. (Hg.): The literary Lacan. From literature to lituraterre and beyond. Seagull, Calcutta u.a. 2012, S. 173–195, hier: S. 175 f.
Das günstige Vorzeichen besteht vermutlich darin, dass im Ernout/Meillet zu lesen ist, dass man neben littera (für „Buchstabe“) noch eine zweite Schreibweise findet, litera, also mit nur einem t, und dass die zweite Schreibweise auf einen etymologisch falschen Vergleich mit lino, litum zurückzuführen ist, also auf die Angleichung an litura, „Streichung“ (vgl. Biswas, a.a.O., S. 174).
-
Die Mäzenin, die Joyce anbot, eine Psychoanalyse bei Jung zu finanzieren (1919 in Zürich), war Edith Rockefeller McCormick; vgl. Richard Ellmann: James Joyce. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979, S. 713 f.– Joyce lehnte das Angebot ab.
-
Anspielung auf die Wendung sicut palea, „wie Streu“. Im Dezember 1273 hatte Thomas von Aquin eine mystische Erfahrung, die ihn dazu brachte, die Arbeit an der Summa Theologica einzustellen und nichts mehr zu schreiben. Er erklärte dies damit, dass alles, was er bisher geschrieben habe, „wie Streu“ für ihn sei, verglichen mit dem, was er gesehen habe. (Vgl. Biswas, a.a.O., S. 177.)
Die Wendung geht auf das Buch Jesaja der hebräischen Bibel zurück:
„Aber die Menge deiner Feinde soll werden wie Staub und die Menge der Tyrannen wie wehende Spreu.“ (Jesaja 29, Vers 5)
Lacan hatte den Ausdruck „sicut palea“ bereits verwendet in Proposition du 9 octobre 1967 sur le psychanalyste de l’École (Vorschlag vom 9. Oktober 1967 über den Analytiker der Schule, in: J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 243–259, hier: S. 254); in der Note italienne (Notiz für die Italiener, 1973) wird er ihn wieder aufgreifen (Autres écrits, S. 307–311, hier: S. 311).
„Stroh“ steht hier sicherlich euphemistisch für „Mist“, also für die Verbindung von Stroh und Exkrementen (vgl. Christian Fierens: Lecture d’un discours qui ne serait pas du semblant. Cours „lire-en-psychanalyse“ de 2009–2010 sur le livre XVIII du Séminare de Lacan. EME, Louvain-la-Neuve 2012, darin: Chapitre VII: Lituraterre, S. 143–164, hier: S. 145).
-
Lacan bezieht sich auf den Vortrag Mon enseignement, sa nature et ses fins, den er am 20. April 1967 im psychiatrischen Krankenhaus Charles Perrens in Bordeaux gehalten hatte und in dem er sich über die Beziehung der Zivilisationen zu Mülldeponien und Abwassersystemen geäußert hatte:
„Es ist stets schockierend, darüber zu sprechen, obwohl das doch immer ein Teil von dem gewesen ist, was man die Kultur (civilisation) nennt. Eine Hochkultur ist zunächst einmal eine Kultur, die eine Müllkippe hat. Solange man nicht von Dingen dieser Art ausgeht, wird man nichts Seriöses sagen.
Bei den Völkern, die man seit einiger Zeit primitiv nennt, ich weiß nicht warum, wo sie doch absolut nichts von Primitivität an sich haben, oder sagen wir, in den Gesellschaften, mit denen sich die Ethnologen befassen (…), nun ja, gibt es weniger an Müllproblemen. Ich behaupte nicht, dass es dergleichen nicht gibt. Und eben, weil sie weniger von diesen Problemen haben, hat man sie Wilde genannt und sogar gute Wilde, und man sieht sie als Leute an, die näher an der Natur sind.
Doch für die Gleichung Hochkultur = Rohre und Kloaken gibt es keine Ausnahme. In Babylon gibt es Kloaken, in Rom gibt es nur das. Die Stadt beginnt damit, Cloaca maxima. Das Reich der Welt war ihr verheißen. Man sollte folglich stolz darauf sein. Der Grund dafür, dass man es nicht ist, ist der, dass man, wenn man dieser Tatsache ihre, wenn man das sagen kann, fundamentale Tragweite geben würde, der erstaunlichen Analogie gewahr werden würde, die zwischen Müllkippe und Kultur (civilisation) besteht.
Das ist jetzt kein Privileg mehr. Alle Welt ist davon mehr als zugedeckt. Das verfestigt sich über ihnen, die Kultur. Eingeschlossen, wie man es ist, in diesen Panzer aus Abfällen, die auch von da herkommen, versucht man, dem vage eine Form zu geben.“ (J. Lacan: Meine Lehre, ihre Beschaffenheit und ihre Zwecke. In: J. Lacan: Meine Lehre. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2008, S. 67–100, hier: S. 73 f.)
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Im Oktober 1967 hatte Lacan der von ihm geleiteten École Freudienne de Paris (EFP) ein Verfahren zur Verleihung des Titels Analyste de l’École, AE, vorgeschlagen, die passe. Das Verfahren war umstritten. Lacan hatte hierzu zwei schriftliche Vorschläge gemacht, die Proposition du 9 octobre 1967 (erste Fassung) und die Proposition du 9 octobre 1967 sur le psychanalyste de l’École (zweite Fassung). Die erste Fassung wurde abgelehnt (der Text wurde später in der Zeitschrift Analytica veröffentlicht, 8. Jg. (1978), S. 3–26, nachgedruckt in J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 575–591). Die zweite Fassung wurde im Januar 1969 von der Generalversammlung der EFP angenommen (der Text erschien 1968 in Scilicet, 1. Jg., S. 14–30, nachgedruckt in Autres écrits, a.a.O., S. 243–260), Übersetzung auf dieser Website hier.
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Die Formulierung „tenir de ma place“ findet man in der Originalversion von 1971; der Autres-écrits-Nachdruck von 2001 hat hier „tenir ma place“.
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Im 17. Jahrhundert wurde „oir“ als „ouère“ ausgesprochen, was für „avoir“ also „avouère“ ergibt. (Anm. von Beatrice Khiara-Foxton und Adrian Price in ihrer englischen Übersetzung dieses Aufsatzes.)
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Vgl. S. Freud: Dostojewski und die Vatertötung (1928). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 10. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 267–286. Freud bezieht sich hier auf Dostojewskis Roman Die Brüder Karamasow (geschrieben 1878–1880).
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Éric Laurent verweist hierfür auf Michael Bachtin, Rabelais und seine Welt. Volkskultur als Gegenkultur, eine Arbeit, die 1965 auf Russisch erschien. (Vgl. Écric Laurent: La lettre volée et le vol sur la lettre (Vortrag von 1998 oder 1999). In: La Cause freudienne Nr. 43, 1999, S. 22, im Internet hier: https://www.lacanchine.com/Laurent_01.html. Englische Übersetzung: E. Laurent: The purloined letter and the tao of the psychoanalyst. In: Véronique Voruz, Bogdan Wolf (Hg.): The later Lacan. An introductíon. State University of New York Press, Albany 2007, S. 25–52.) Eine französische Übersetzung von Bachtins Buch wurde 1970 veröffentlicht, also im Jahr vor Lituraterre (eine deutsche Übersetzung erschien 1987 bei Suhrkamp).
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Vgl. J. Lacan: Écrits. Seuil, Paris 1966.– dt.: Schriften. Band I und Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant 2016 und 2015.
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Die Formulierung „offene Briefe“ ist vielleicht auch eine Anspielung auf die später in diesem Aufsatz thematisierte Poe-Geschichte über den Gestohlenen Brief, der gerade dadurch, dass er offen zu Tage liegt, versteckt ist.
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Lacan bezieht sich auf seinen Aufsatz Le Séminaire sur „La Lettre volée“. Grundlage dieses Textes ist die Vorlesung vom 26. April 1955 im Rahmen von Seminar 2. Die ausgearbeitete schriftliche Fassung wurde 1956 verfasst und 1957 veröffentlicht (vgl. Écrits, a.a.O., S. 11–41, mit Nachträgen S. 41–61); die deutsche Übersetzung hat den Titel Das Seminar über „Der gestohlene Brief‘“ (Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 12–73). Poes Detektivgeschichte The purloined letter (1844) findet man, in der Buchausgabe von 1845, hier; eine Übersetzung von Hedda Eulenberg (1901) steht hier.
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Das ist eine Art Definition des Buchstabens im Sinne von Lacan: Buchstaben sind demnach Elemente, welche die Wendepunkte einer Geschichte ohne Bezug auf das Signifikat herbeiführen. Darin unterscheiden sie sich von Signifikanten – Signifikanten dienen der Erzeugung von Signifikaten.
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Anspielung auf Marie Bonaparte: Edgar Poe. Étude psychanalytique. Denoël, Paris 1933 (dt.: Edgar Poe. Eine psychoanalytische Studie. 3 Bände. Internationaler psychoanalytischer Verlag, Wien 1934, Band 1 hier, Band 2 hier, Band 3/4 hier). Die Erzählung Der gestohelne Brief wird in Band 2 kurz behandelt (S. 415–418 der deutschen Übersetzung). Poe bringt hier, Bonaparte zufolge, sein Bedauern über das Fehlen des mütterlichen Phallus zum Ausdruck.
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In Der Wahn und die Träume in Jensens „Gradiva“ (1907) schreibt Freud über die Dichter: „In der Seelenkunde gar sind sie uns Alltagsmenschen weit voraus, weil sie da aus Quellen schöpfen, welche wir noch nicht für die Wissenschaft erschlossen haben.“ (In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 10. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 9–85, hier: S. 14)
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Der Text auf der hinteren Umschlagseite der Schriften beginnt mit dem Satz:
„Man muss diese Sammlung gelesen haben, und zwar in ihrer vollen Länge, um zu spüren, dass darin eine einzige Auseinandersetzung verfolgt wird, stets dieselbe, und die, sollte es so scheinen, als sei sie älteren Datums, als die Auseinandersetzung über die Aufklärung zu erkennen ist.“
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Lacan spielt mit dem Doppelsinn von les lumières, „die Aufklärung“ / „die Lichter“, und wechselt damit zur Optik. Die neueste Photonenphysik ist die Quantenelektrodynamik; sie beschreibt die Photonen, auch Lichtquanten oder Lichtteilchen genannt. Das „Loch“ in der Physik ist vielleicht der Welle-Teilchen-Dualismus, also die prinzipielle Unmöglichkeit, eine vereinheitlichte Lichttheorie zu bilden.
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Vgl. J. Lacan: Die Wissenschaft und die Wahrheit (1966). In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 401–427; Stenogramm der Eröffnungsvorlesung von Seminar 13 am 1. Dezember 1965.
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Lacan bezieht sich auf seinen Aufsatz L’instance de la lettre dans l’inconscient ou la raison depuis Freud, deutsch: Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten oder die Vernunft seit Freud (1957), in: Ders.: Schriften. Band I. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 582–626.
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Das, was „nicht mit vollem Recht da ist“, dürfte das Reale sein (das Reale ist das nicht Symbolisierbare); es „insistiert“, es ist die Grundlage des Wiederholungszwangs, aufgefasst als beständig scheiternder Versuch, das Nicht-Symbolisierbare zu symbolisieren.
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In Die Bedeutung des Phallus (1958) schreibt Lacan:
„Der Phallus als Signifikant gibt die raison des Begehrens (nach der Bedeutung, die dieser Begriff in der französischen Sprache hat, wenn von einer ‚mittleren und äußeren raison‘ im Goldenen Schnitt die Rede ist).“ (J. Lacan: Die Bedeutung des Phallus. In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 192–205, hier: S. 201)
Vermutlich spielt Lacan hier darauf an, dass der Goldene Schnitt in der Mathematik üblicherweise mit φ bezeichnet wird.
Beim Goldenen Schnitt wird eine Gerade in zwei Abschnitte so geteilt, dass sich die gesamte Gerade zum längeren Abschnitt so verhält wie der längere Abschnitt zum kürzeren. Die lateinische Übersetzung von Euklids Beschreibung dieser Beziehung lautet: proportio habens medium et duo extrema, „dasjenige Verhältnis, das eine Mitte und zwei Extreme hat“ (Buch VI, Definition 3); im Französischen wird diese Proportion als extrême et moyenne raison bezeichnet, als „äußere und mittlere Proportion“ („und“, nicht „oder“).
Der entscheidende Punkt ist hierbei, dass der goldene Schnitt eine irrationale Zahl ist, und das heißt, dass sie nicht als Bruch zweier ganzer Zahlen geschrieben werden kann. Die längere Strecke verhält sich zur Gesamtstrecke wie : 2, was den Wert 0,618… ergibt. Anders gesagt: Die beiden Strecken, die beim Goldenen Schnitt aufeinander zu beziehen sind, haben kein gemeinsames Maß, sie sind „inkommensurabel“. Die Division muss beständig fortgesetzt werden, da immer ein Rest bleibt.
Wenn man das zusammenfügt, erhält man: Der Phallus ist der Signifikant einer Inkommensurabiltiät.
In Seminar 14 von 1966/67, Die Logik des Phantasmas, kommt Lacan darauf zurück und entwickelt das Konzept der „mittleren und äußeren raison“ für den sexuellen Akt und für den psychoanalytischen Akt (Sitzungen vom 22. Februar bis zum 14. Juni 1967). In Seminar 16 von 1968/69, Von einem Anderen zum anderen, wird das wieder aufgegriffen (Sitzungen vom 22. Januar 1969, 5. März 1969).
Bifidität meint „Zweiteilung“; die Bifidität der Messung ist die Inkommensurabilität.
Der Phallus ist insofern die raison des Begehrens, als er der Signifikant der Inkommensurabilität ist.
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Quelle der Abbildung: Artikel „Litoral“ in der deutschsprachigen Wikipedia.
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Das Litoral ist die Zone, wo Land und Wasser aufeinanderstoßen: „Küstenstreifen“, „Uferzone“, „Uferstreifen“, „Strand“ usw.; im Niederdeutschen sagt man „Waterkant“. Das deutsche Adjektiv „litoral“ meint laut Duden: „die Küsten-, Ufer-, Strandzone betreffend“.
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Unter „Wissen“ versteht Lacan seit Seminar 12 von 1964/65, Schlüsselprobleme für die Psychoanalyse, das Unbewusste; vgl. auf dieser Website den Artikel „Das Wissen, S2: das Unbewusste“.
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Die Beziehung zwischen dem Wort, das für ein anderes genommen wird, und dem Wort, das durch ein anderes genommen wird, ist in Lacans Begrifflichkeit eine Metapher.
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Lacan bezieht sich hier und in den folgenden Sätzen auf Jacques Derrida: Freud und der Schauplatz der Schrift (1966). In: Ders.: Die Schrift und die Differenz. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972, S. 302–350.
In Seminar 18 hatte er in der Sitzung vom 17. Februar 1971 hierzu angemerkt:
„In unserer Zeit ist es sehr wichtig – ausgehend von bestimmten Äußerungen, die gemacht worden sind und die dazu tendieren, sehr bedauerliche Verwirrungen hervorzurufen –, daran zu erinnern, dass das Geschriebene im Verhältnis zu jeder Funktion der Sprache keineswegs primär sondern sekundär ist, dass es aber nichtsdestoweniger ohne das Geschriebene auf keine Weise möglich ist, dass man dahin kommt, das zu befragen, was in erster Linie aus der Sprachwirkung als solcher hervorgeht, anders gesagt aus der symbolischen Ordnung, nämlich die Dimension, um Ihnen ein Vergnügen zu machen, aber Sie wissen, dass ich einen anderen Terminus eingeführt habe, die demansion, die Wohnung, der Ort des Anderen der Wahrheit.“ (Vgl. Version Miller S. 64)
In einer späteren Sitzung von Seminar 18, der vom 10. März 1971, heißt es zu Derrida (dessen Name nicht genannt wird), nach Bemerkungen über Heideggers Begriff des Daseins:
„Besagte Präsenz als logozentrisch zu kritisieren, wie es gemacht worden ist, die Idee des inspirierten Sprechens, wie man sagt, in deren Namen, dass das inspirierte Sprechen –; sicherlich kann man darüber lachen, dem Sprechen den ganzen Blödsinn zur Last legen, in die ein bestimmter Diskurs sich verirrt hat, und uns zu einer mythischen Urschrift führen, alles in allem einzig aus dem gebildet, was man zu Recht als einen bestimmten blinden Fleck begreift, den man in all dem kritisieren kann, was über die Schrift nachgedacht worden ist – all das führt kaum weiter.“ (Vgl. Version Miller S. 78)
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In den Formeln der vier Diskurse ist der Platz des Scheins (semblant) der Platz oben links (vgl. Seminar 18, Sitzung vom 20. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 25). Im Diskurs der Universität ist das Wissen, S2, am Platz oben links, also am Platz des Scheins.
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Vgl. S. Freud: Entwurf einer Psychologie (1895). Von diesem Text gibt es zwei deutsche Ausgaben mit unterschiedlichen Transkriptionen:
(a) S. Freud: Aus den Anfängen der Psychoanalyse 1887–1902. Brief an Wilhelm Fließ. S. Fischer, Frankfurt am Main 1950, S. 299–384.– Abschrift (mit den Seitenzahlen dieser Ausgabe) auf der Website Lutecium, hier.
(b) Da die 1950 veröffentlichte Transkription fehlerhaft ist, wurde in den Gesammelten Werken eine neue Transkription veröffentlicht, erstellt von Ingeborg Meyer-Palmedo: S. Freud: Gesammelte Werke. Nachtragsband. S. Fischer, Frankfurt am Main 1987, S. 375–486.
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Vgl. S. Freud: Notiz über den „Wunderblock“ (1925). In: Ders.: Studienausgabe, Bd.. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 363–370.
Auf diese beiden Texte von Freud, den Entwurf und die Notiz über den „Wunderblock“, bezieht sich Derrida in Freud und der Schauplatz der Schrift.
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Vgl. Brief von Freud an Wilhelm Fließ vom 6. Dezember 1896. Vgl. S. Freud, Aus den Anfängen der Psychoanalyse, a.a.O., S. 151–156. In der Neuausgabe der Fließ-Briefe ist dies der 112. Brief: S. Freud: Briefe an Wilhelm Fließ 1887–1904. Ungekürzte Ausgabe. Hg. v. Jeffrey Moussaieff Masson. S. Fischer, Frankfurt am Main 1986, S. 217–226.
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Freud schreibt: „Wz [Wahrnehmungszeichen] ist die erste Niederschrift der Wahrnehmungen, des Bewußtseins ganz unfähig, nach Gleichzeitigkeitsassoziationen gefügt.“ (Briefe an Wilhelm Fließ 1887–1904, a.a.O., S. 218, Einfügung in Klammern von Masson)
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„L’habite qui parle“ ist lautgleich mit „la bite qui parle“. „La bite“ ist ein vulgäres Wort für den Penis, also „der Schwanz, der spricht“. Dadurch, dass der Mensch die Sprache bewohnt, kommt der Phallus ins Spiel, die Kastration.
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Mit „Ökonomie der Sprache“ spielt Lacan auf Freuds Begriff der Ökonomie an, also auf den theoretischen Gesichtspunkt quantitativ bestimmbarer Erregungsmengen; in Lacans Begrifflichkeit geht es bei der „Ökonomie der Sprache“ um das Verhältnis von Lust (jouissance) und Wissen.
In der ersten Sitzung von Seminar 18 hatte er diesen Zusammenhang so hergestellt:
„Wer nicht sieht, dass die Ökonomie, sogar die sogenannte der Natur, immer eine Diskurstatsache ist, der kann nicht begreifen, dass dies darauf verweist, dass es hier [in Jenseits des Lustprinzips] um die Lust (jouissance) nur insofern gehen konnte, als es selbst nicht nur ein Fakt (fait), sondern ein Effekt (effet) des Diskurses ist.“ (Sitzung vom 13. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 21)
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Die erste Reise nach Japan hatte Lacan 1963 unternommen; er berichtet darüber in Seminar 10.
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„Reise“ hier im Sinne der Konfrontation mit einer Heterogenität. Das Konzept Umwelt/Innenwelt assimiliert die beiden Seiten aneinander, vernichtet also die Heterogenität.
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Lacan bezieht sich hier auf seine Formel „Das Reale ist das Unmögliche“, die er zuerst in Seminar 9 vorgebracht hatte, in den Sitzungen vom 14. und 21. März 1962. Vgl. hierzu auf dieser Website den Artikel „Das Reale ist das Unmögliche“.
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Möglicherweise eine Anspielung auf die Operette Die Großherzogin von Gerolstein von Jacques Offenbach, Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy (1867). In Akt I, Szene 13, singt der Chor im Original: „Partons!“ (Hinweis von Beatrice Khiara-Foxton und Adrian Price in ihrer englischen Übersetzung von Lituraterre (II)); in der deutschen Übersetzung des Librettos findet man hier: „Fort nun!“
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„Occidentelle“ heißt es in der Originalversion von 1971; in den Autres écrits steht hier „accidentelle“.
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Die Schreibweise „m’avait“ findet man in der Version von 1971; in den Autres écrits steht hier „n’avait“.
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Die japanische Schrift besteht aus drei Schriftarten: aus chinesischen Schriftzeichen, Kanji genannt, und aus zwei Kursivschriften, Hiragana und Katakana.
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Von 1942 bis 1945 hatte Lacan an einem Chinesisch-Kurs teilgenommen, der von dem angesehenen Sinologen Paul Demiéville geleitet wurde (vgl. hier); Lacan erinnert daran in Seminar 18 (Sitzung vom 10. Februar 1971; vgl. Version Miller S. 46). Zwischen 1969 und 1973 traf er sich einmal wöchentlich mit dem Sinologen François Cheng und sprach mit ihm über chinesische Klassiker, vor allem über Lao Tse, Mencius und Shi Tao (vgl. François Cheng: Le Docteur Lacan au quotidien. In: L’Âne, Nr. 48, Oktober–Dezember 1991, im Internet hier).
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Den Terminus demansion hatte Lacan in Seminar 18 eingeführt:
„Die Wahrheit ist nicht das Gegenteil des Scheins. Die Wahrheit ist, wenn ich so sagen kann, diese Dimension oder diese demansion, D, E, M, A, N, wenn Sie mir gestatten, ein neues Wort zu bilden, um diese Becher zu bezeichnen, jene demansion, die mit derjenigen des Scheins streng korreliert.“ (Sitzung vom 20. Januar 1971)
Das französische Wort mansion meint das „Haus“, z.B. in der Astrologie. Offenbar spielt Lacan hier auf eine Formulierung von Heidegger an: „Die Sprache ist der Bezirk (templum), d. h. das Haus des Seins.“ (M. Heidegger: Wozu Dichter? (1926) In: Ders.: Holzwege. Gesamtausgabe, Bd. 5. Klostermann, Frankfurt am Main 1977, S. 310)
Die vier Becher – die vier Plätze der Diskursformeln – bilden demnach die vier Dimensionen der Sprache, ihre vier demansions. Eine dieser vier Dimensionen oder demansions ist die Wahrheit (unten links), sie steht in Verbindung mit der Dimension bzw. demansion des Scheins (oben links).
Zu demansion heißt es in Seminar 18 in der Sitzung vom 17. Februar 1971:
„ (…) ohne das Geschriebene ist es auf keine Weise möglich, dass man dahin kommt, das zu befragen, was in erster Linie aus der Sprachwirkung als solcher hervorgeht, anders gesagt aus der symbolischen Ordnung, nämlich die Dimension, um Ihnen ein Vergnügen zu machen, aber Sie wissen, dass ich einen anderen Terminus eingeführt habe, die demansion, die Wohnung, der Ort des Anderen der Wahrheit.
Ich weiß, dass diese demansion bei einigen Fragen aufgeworfen hat, die Echos davon habe ich erhalten. Nun, wenn demansion tatsächlich ein neuer Ausdruck ist, den ich fabriziert habe, und wenn er noch keinen Sinn hat, dann heißt das, dass es Ihnen zukommt, ihm einen zu geben. Die demansion der Wahrheit in ihrer Bleibe zu befragen, das ist etwas – da ist das Neue an dem, was ich heute einführe –, was nur durch das Geschriebene gemacht wird, und durch das Geschriebene insofern, als die Logik nur vom Geschriebenen her konstituiert wird.
Das ist das, was ich an diesem Punkt meines diesjährigen Diskurses einführe – eine Frage der Logik gibt es nur ausgehend vom Geschriebenen, insofern das Geschriebene gerade nicht die Sprache ist. Darauf bezog sich meine Aussage, dass es keine Metasprache gibt. Insofern das Geschriebene sich von der Sprache unterscheidet, ist dies da, um uns zu zeigen: Wenn die Sprache vom Geschriebenen her befragt wird, dann genau insofern, als das Geschriebene sie, die Sprache, nicht ist, das Geschriebene aber nur konstruiert, nur hergestellt wird ausgehend von seinem Bezug auf die Sprache.“ (Sitzung vom 17. Februar 1971; vgl. Version Miller S. 64 f.)
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„Pas-plus-d’un“ meint bei Lacan „einer, aber nicht mehr als einer“, „genau einer“.
Auch den Terminus Pas-plus-d’un hatte er in Seminar 18 eingeführt:
„Was ich andererseits, bezogen auf diesen Gestohlenen Brief, hervorhebe, ist dies, wenn es nur eine Frau gibt und nicht Die Frau, anders ausgedrückt, wenn die Funktion der Frau nur durch das umgesetzt wird, was der große Mathematiker Brouwer im Zusammenhang dessen, was ich Ihnen eben über die mathematische Diskussion vorgetragen habe, als Viel-Einheit bezeichnet, dann gibt es eine Funktion, die strenggenommen die des Vaters ist, der da ist. Der Vater ist da, um sich anerkennen zu lassen, in seiner radikalen Funktion, in derjenigen, die er immer manifestiert hat, jedes Mal, wenn es beispielsweise um den Monotheismus ging.
Es ist nicht ohne Bedeutung, dass Freud hier gescheitert ist. Das ist nämlich eine absolut wesentliche Funktion, der man es vorbehalten sollte, im eigentlichen Sinne am Ursprung der Schrift zu stehen. Das ist das, was ich das Nicht-mehr-als-eins (pas-plus-d’un) nennen werde.
Aristoteles macht sicherlich ganz und gar hinreißende, beachtliche Anstrengungen, wie er es für gewöhnlich tut, um uns das durch Stufen zugänglich zu machen; im Namen seines Prinzips, das man als das Prinzip des stufenweisen Rückstiegs von Ursache zu Ursache und von Sein zu Sein usw. qualifizieren kann, wird es wohl nötig sein, dass Sie irgendwo anhalten. Das ist das Nette bei ihm, dass er wirklich für die Dummen sprach. Von daher die Entwicklung der Funktion des Subjekts.
Das Nicht-mehr-als-eins stellt sich auf eine völlig originelle Weise dar. Ohne Nicht-mehr-als-eins können Sie nicht einmal damit anfangen, die Reihe der ganzen Zahlen zu schreiben. Das werde ich Ihnen das nächste Mal an der Tafel zeigen. Es ist nötig, dass es eine 1 gibt, und dann wieder, damit Sie danach, jedes Mal, wenn Sie wieder anfangen wollen, nur noch die Lippen zu schürzen brauchen, so dass das jedes Mal 1 mehr ergibt, aber nicht dasselbe. Hingegen sind all diejenigen, die sich so wiederholen, die selben; sie können addiert werden. Man nennt das die arithmetische Reihe.“ (Sitzung vom 17. März 1971; vgl. Version Miller S. 106)
Die Funktion pas-plus-d’un (nicht-mehr-als-einer) wird demnach durch den Monotheismus realisiert (es gibt genau einen Gott, nicht mehr) und außerdem durch die Nachfolgerfunktion in der Konstituierung der ganzen Zahlen (die nächste Zahl wird gebildet, indem genau eins addiert wird, jedoch nicht mehr).
In der Sitzung vom 9. Juni 1971 von Seminar 18 setzt Lacan die Erläuterung von papludun fort:
„Dass das x den Übergang zu einem Wesen (être), zu einem alle Frauen aufnötigt, den ein so sensibles Wesen wie Aristoteles tatsächlich niemals vollzogen hat, das genau ist es, was es gestattet, zu behaupten, dass das alle Frauen diejenige Äußerung ist, von der her sich die Hysterikerin als Subjekt entscheidet, und dass es deshalb so ist, dass eine Frau eng mit einem papludun verbunden ist, durch das sie im strengen Sinne in dieser Logik des Nachfolgers verortet wird, die Peano uns als Modell gegeben hat.
Die Hysterikerin ist nicht eine Frau. Es geht darum zu wissen, ob die Psychoanalyse, wie ich sie definiere, Zugang zu einer Frau verschafft (…).“ (Vgl. Version Miller S. 155)
Lacan erläutert dann in derselben Sitzung den Unterschied zwischen Wahrheit und Wissen an Platons Menon, als Unterschied zwischen der wahren Meinung, die die Tugend fundieren kann, und Wissen; das unbewusste Wissen ist Wissen über die Wahrheit.
„Kann diese Wahrheit, insofern sie sich in der Hysterikerin verkörpert, tatsächlich einem Gleiten unterzogen werden, das hinreichend geschmeidig ist, dass sie die Einführung in eine Frau wäre?
Ich weiß durchaus, dass die Frage auf eine höhere Ebene gebracht worden ist, seit ich bewiesen habe, dass es sprachlich Artikuliertes gibt, das nicht im Sprechen artikulierbar ist, und dass ganz einfach von da das Begehren auftaucht.
Es ist jedoch einfach, das zu entscheiden. Genau deshalb, weil es um das Begehren geht, insofern es den Akzent auf die Invarianz des Unbekannten setzt – die links steht [in den Formeln der Sexuierung], diejenige, die sich nur unter der Überschrift der Verneinung* herstellt –, kann die Aushöhlung des Begehrens durch die Analyse in keiner Funktion der Variablen geschrieben werden. Dies ist das Widerlager, von dem her sich als solches das Begehren der Hysterikerin von dem trennt, was sich gleichwohl herstellt, und was es zahllosen Frauen ermöglicht, als solche zu funktionieren, d.h. indem sie ihr Sein zu einer Funktion des papludun machen, für all ihre situativen Veränderungen.
Die Hysterikerin spielt da die Rolle des Funktionsschemas, falls Sie wissen, was das ist. Das ist die Tragweite meiner Formel über das sogenannte unbefriedigte Begehren.
Daraus folgt, dass die Hysterikerin den Platz einnimmt, das papludun einzuführen, von dem her jede der Frauen eingesetzt wird, auf dem Weg des nicht von jeder Frau kann gesagt werden, dass sie eine Funktion des Phallus ist.“ (Vgl. Version Miller S. 156)
„Insgesamt hat der Ödipus<mythos> den Vorteil, zu zeigen, auf welche Weise der Mann auf die Forderung des papludun [nicht-mehr-als-eins] antworten kann, die im Sein einer Frau ist. Er selbst würde davon nicht-mehr-als-eine lieben. Unglücklicherweise ist das nicht dieselbe. Es ist immer dasselbe Rendez-vous – als die Masken fielen, war es weder er noch sie.“ (Vgl. Version Miller S. 158)
Eine weitere Existenzform des Nicht-mehr-als-ein ist demnach die Forderung einer Frau, dass ihr Partner eine lieben soll (nämlich sie), jedoch nicht mehr als eine.
In der letzten Sitzung von Seminar 18 heißt es:
„Aber dann, da ich Ihnen vom Papludun aus die logifizierte Wahlmöglichkeit in der unbefriedigten Beziehung des sexuellen Verhältnisses bezeichnet habe, ahnen wir auch, worauf die unglaublichen Gefälligkeiten von Freud gegenüber einem Monotheismus hinauslaufen, dessen Modell er merkwürdigerweise von ganz woanders holt als aus seiner Tradition. Für ihn muss das Echnaton sein. Auf der sexuellen Ebene ist nichts zweideutiger als dieser solare Monotheismus, wenn man sieht, wie er strahlt, mit all seinen Strahlen, die mit kleinen Händen ausgestattet sind, die die Nasenlöcher unzähliger winziger Menschen kitzeln werden, Kinder des einen und des anderen Geschlechts, wobei in dieser bildhaften Darstellung der ödipalen Struktur erstaunlich ist, dass sie sich ähneln wie Brüder, so muss man wohl sagen, und mehr noch wie Schwestern. Wenn das Wort ‚sublim‘ einen mehrdeutigen Sinn haben kann, dann wohl da. Es ist auch nicht ohne Bedeutung, dass die letzten monumentalen Bilder von Echnaton, die ich, als ich das letzte Mal ägyptischen Boden verließ, sehen konnte, nicht nur kastriert sind, sondern schlichtweg feminin.“ (Sitzung vom 16. Juni 1971; vgl. Version Miller S. 176)
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Weder Hun noch peluce sind Worte des Französischen. Hun lässt an Huns denken, „Hunnen“. Peluce erinnert an peluche, was einerseits „Samt“ bedeutet, andererseits „Fussel“ oder „Staubflocke“.
Den Terminus un-en-plus „eins mehr“, hatte Lacan in Seminar 14 eingeführt, in der Sitzung vom 23. November 1966. Um eine Menge zu bilden, braucht es, außer den Elementen der Menge, ein weiteres Element, das beispielsweise durch den Kreis um die Elemente herum repräsentiert wird; Lacan symbolisiert es mit (+1). Dieses zusätzliche Element ist eines, das den Elementen fehlt, also zugleich „eins weniger“ (−1).
Mit Hun-En-Peluche (bzw. un-en-plus), Eins-mehr, scheint also das Ausnahmeelement gemeint zu sein, durch das eine Menge konstituiert wird. Eine Entsprechung in den Formeln der Sexuierung wäre dann der Ausdruck , den Lacan durch den Bezug auf den mythischen Urvater erläutert.
Der Gedanke geht auf Seminar 9 zurück, dort noch ohne diese Terminologie (Sitzung vom 9. Mai 1962).
In Seminar 18 heißt es:
„Dieser Begriff des zumindest einer (au moins un), mein Gott, damit ende ich, weil die Stunde mir die Grenze anzeigt. Sie werden sehen, dass ich ihn in der Folge in einen Funktionszusammenhang zu bringen haben werde mit dem, was Sie dort bereits artikuliert sehen, nämlich mit der Funktion des un en peluce [un en plus, eins mehr], die übrigens nicht so ist, wie ich sie das letzte Mal geschrieben habe. Es ist nicht ohne Bedeutung, dass ich es so geschrieben habe, ich denke, dass das bei einigen immerhin gewisse Echos hervorrufen kann.“ (Sitzung vom 19. Mai 1971; Version Miller S. 144)
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Ich verstehe die letzte Formulierung so: Die Angst der Achose, d.h. die Angst, die mit dem Objekt a verbunden ist, wird abgewehrt durch den Bezug auf das Hun-En-Plus, auf das Eins-Mehr, also durch den Bezug auf eine Instanz, die nicht der Kastration zu unterliegen scheint.
Den Terminus l’achose hatte Lacan in Radiophonie (1970) eingeführt:
„Ich müßte ‚antizipieren‘ (aufnehmend den Sinn meines eigenen Wortes) auf das, was ich vorhabe einzuführen unter der Schreibweise von l’achose, l, Apostroph, a, c, h, o usw., um spüren zu machen, in welchem Effekt die Linguistik Position bezieht.
Das wird kein Progreß sein: eher eine Regression. Das ist es, wessen wir bedürfen gegen die Einheit von Obskurantismus, die sich bereits zusammenschweißt, um der achose zuvorzukommen.“ (Radiophonie. Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: J. Lacan: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim 1988, S. 5–54, hier: S. 8)
In Seminar 17 heißt es:
„Den Raum, in dem sich die Schöpfungen der Wissenschaft ausbreiten, können wir von da an nur durch die l’insubstance qualifizieren, die Unsubstanz, durch l’achose mit Apostroph, das Unding. Eine Tatsache, die den Sinn unseres Materialismus durch und durch verändert.“ (Sitzung vom 20. Mai 1970; vgl. Version Miller S. 186)
Das Verhältnis zwischen l‘achose und Objekt a war Gegenstand einer früheren Sitzung von Seminar 18. In Anspielung auf Heideggers Begriff des Daseins hatte Lacan gesagt:
„Bin ich da, bin ich gegenwärtig, wenn ich zu Ihnen spreche? Es wäre nötig, dass das Ding (la chose), in Bezug auf das ich mich an Sie wende, da wäre. Nun, es reicht zu sagen, dass la chose nur als l’achose geschrieben werden kann, wie ich es gerade an die Tafel geschrieben habe, das Ding nur als Unding, was besagt, dass es da abwesend ist, wo es seinen Platz einnimmt. Oder, genauer, dass, einmal weggenommen, das Objekt klein a, das diesen Platz hält, an diesem Platz nur den sexuellen Akt lässt, so wie ich ihn akzentuiere, das heißt die Kastration.“ (Sitzung vom 10. März 1971; vgl. Version Miller S. 77)
Einige Sätze später heißt es:
„Wenn es auf der Ebene von l’achose Loch gibt, lässt Sie das bereits ahnen, dass das eine Weise war, es bildlich darzustellen, dieses Loch (…).“ (Vgl. Version Miller S. 78.)
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Worauf bezieht sich das ruissellement (Strömen, Rieseln), auf die Gewässer oder auf den Regen? Ich nehme an, auf den Regen; das passt besser zum Begriff des Litorals: Der Regen ist das Litoral zwischen der Erde und den Wolken.
Im Poe-Aufsatz findet sich ein ähnliches Bild. Über Dupin, den Detektiv, heißt es, als er den Brief versteckt:
„Denn dessen genaue Handhabung beinhaltet, was an Blendendem der Glanz des Lichtes hat, nicht weniger als die Spiegelungen, deren sich der Schatten bedient, um seine Beute nicht fahren zu lassen.“ (Das Seminar über „Der verlorene Brief“, a.a.O., S. 37)
In Seminar 18 erläutert Lacan, was es in Lituraterre mit dem Schatten auf sich hat:
„Hier rührt man an die Bedeutung der Funktion des Schattens. Bereits das letzte Mal – in dem, was ich Ihnen gegenüber geäußert habe über das, was genau etwas Geschriebenes ist, ich meine über etwas, was sich in literaler oder literarische Form dargestellt hat – habe ich erwähnt, dass der Schatten, um erzeugt zu werden, eine Lichtquelle benötigt. Ja. Aber es ist für Sie nicht spürbar gewesen, dass von daher die Aufklärung* etwas mit sich führt, was die Struktur der Fiktion bewahrt. Ich spreche von der historischen Epoche, die nicht unbedeutend gewesen ist und in Bezug auf die es uns nützlich sein kann – das ist hier der Fall und das ist das, was ich mache –, ihre Wege nachzuvollziehen oder sie selbst wieder aufzunehmen. Das, was die Aufklärung zum Teil dieses Feldes macht, das sich selbst als das der Wahrheit definiert. Nun sollte sie sogar einen wirkungsvollen Effekt auf das haben, was die Undurchsichtigkeit hervorbrachte, auf das Licht als solches, das dieses Feld in jedem Moment verbreitet, einen Schatten projiziert, und es ist dieser Schatten, der Wirkung zeigt. Das ist das, worin wir diese Wahrheit selbst immer über ihre Fiktionsstruktur zu befragen haben.“ (Sitzung vom 19. Mai 1971; vgl. Version Miller S. 134)
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Das Strömen ist die Verbindung zwischen den Reflexen (dem Schimmern, dem Spiegeln) und dem Schatten. Der Reflex ist ein Bild für den primären Zug bzw. für die Spur; der Schatten ein Bild für das, was die Spur auslöscht (und was damit den Übergang von der Spur zum Signifikanten herstellt).
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Der Signifikant entsteht durch die Streichung der Spur (die Spur steht in einer direkten Beziehung zum repräsentierten Objekt, während ein Signifikant sich auf Signifikanten bezieht). Diesen Gedanken findet man zuerst in Seminar 3 von 1956/57, Die Psychosen, in der Sitzung vom 14. März 1956; vgl. Version Miller/Turnheim S. 198 f.
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Lacan übersetzt hier rature (Streichung) ins Lateinische: litura. Lituraterre kann demnach auch so gelesen werden: „Streichung – Erde“.
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Das japanische Schriftzeichen für die Zahl 1 ist ein waagerechter Strich. In Seminar 9 heißt es, dass der trait unaire, der unäre Zug / der Einzelstrich auf zwei Weisen gezeichnet werden kann, als senkrechter Strich, im Französischen batôn geheißen, Knüppel, und als waagerechter Strich, „wie es die Chinesen machen“ (Seminar 9, Sitzung vom 6. Dezember 1961).
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Lacan spielt hier auf eine Abhandlung von Shi Tao an, einem chinesischen Maler des 17. Jahrhunderts. Shi Tao zufolge beruht die Arbeit des Malers, des Kalligrafen, auf dem „unären Pinsel“. In Seminar 14 hatte Lacan über Shi Tao gesagt:
„Freud hat den unären Zug/Strich (trait unaire) nicht entdeckt. (…) Öffnen Sie das letzte Heft der ausgezeichneten Zeitschrift, die Arts Asiatiques heißt, und Sie werden hier die Übersetzung einer sehr schönen kleinen Abhandlung über die Malerei sehen, von einem Maler, von dem ich erfreulicherweise das Glück habe, kleine Kakemonos zu besitzen, der Shi Tao heißt und der diesen unären Strich nun wirklich groß herausstellt. Er spricht nur davon, ja, eine ganze Reihe von Seiten über spricht er nur davon. Das nennt sich auf Chinesisch – und nicht nur für die Maler, denn auch die Philosophen sprechen viel davon – yi, das bedeutet Ein, und sua, was „Strich“ heißt. Das ist der unäre Strich.“ (Sitzung vom 26. April 1967, meine Übersetzung nach Version Staferla)
In Shi Taos Abhandlung heißt es:
„Die unterschiedslose Verschmelzung von Yin-Yun bildet das ursprüngliche Chaos. Und wenn es nicht durch das Mittel des unären Pinselstrichs wäre, wie anders könnte das ursprüngliche Chaos erschlossen werden? (…) Die Einheit von Tinte und Pinsel zu verwirklichen heißt, die Unterscheidung von Yin und Yun zu lösen und sich daranzumachen, das Chaos zu erschließen (…). In der Mitte des Ozeans der Tinte, fest den Geist zu errichten; auf der Spitze des Pinsels möge das Leben sich bejahen und aufsteigen; auf der Oberfläche der Malerei die Metamorphose zu vollziehen, dass im Herzen des Chaos das Licht errichtet werde und aufschieße! Ausgehend vom Ein teilt sich das Viele, ausgehend vom Vielen wird das Ein erobert, die Metamorphose des Ein erzeugt Yin und Yun – und da ist es, dass alle Virtualitäten der Welt ihre Erfüllung finden.“ (Meine Übersetzung der Übersetzung von François Cheng in seinem Buch Vide et plein. Le langage pictural chinois. Le Seuil, Paris 1991, übersetzt nach dem Zitat in Laurent, a.a.O.
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Entre centre et absence, Titel eines Gedichts von Henri Michaux (1936), hier.
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In der auf den Lituraterre-Vortrag folgenden Sitzung von Seminar 18 beginnt Lacan so:
„Wenn ich ohne Umschweife mit dem beginne, was ich Ihnen zu sagen habe, könnte das so ausgedrückt werden.
Wir führen eine Erkundung durch, ausgehend von einem bestimmten Diskurs, in diesem Fall dem meinen, dem meinen insofern, als er derjenige des Analytikers ist. Sagen wir, dass hierdurch Funktionen bestimmt werden. Anders ausgedrückt, die Funktionen werden nur von einem bestimmten Diskurs aus bestimmt. Auf dieser Ebene von Funktionen, die durch einen bestimmten Diskurs festgelegt werden, kann ich die folgende Äquivalenz aufstellen: das Geschriebene ist die Lust (jouissance).
Natürlich ist das nur unterzubringen im Inneren dieser ersten Artikulation über Funktionen, die durch einen Diskurs bestimmt werden. Sagen wir, dass diese Termini im Inneren dieser Funktionen exakt denselben Platz einnehmen.“ (Sitzung vom 19. Mai 1971; vgl. Version Miller S. 129)
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In jedem Moment als dasselbe: Lacan spielt hier vielleicht auf den Satz der Identität an, A = A, der ja die Verwendung von Buchstaben voraussetzt. Vgl. hierzu Lacans Kritik am Satz der Identität in Seminar 9: der Satz der Identität ist unwahr, da er auf dem Buchstaben beruht und der Buchstabe differentiell organisiert ist, also nicht mit sich selbst identisch ist (Sitzung vom 6. Dezember 1961); vgl. auf dieser Website diesen Artikel.
In der ersten Sitzung von Seminar 18 heißt es:
„Der Schein, in dem der Diskurs mit sich selbst identisch ist, ist eine Ebene des Ausdrucks ‚Schein‘, das ist der Schein in der Natur.“ (Sitzung vom 13. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 16)
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Sich für ein Agens zu halten, für einen Agenten, beruht demnach auf Identifizierung. Zum Begriff des Agenten vgl. Seminar 17, Sitzung vom 18. März 1970. Bezogen auf die Diskursformeln ist der Platz des Agenten der Platz oben links (vgl. Seminar 17, Version Miller, S. 196), in Seminar 18 wird dieser Platz als der des Scheins bezeichnet (vgl. Seminar 18, Sitzung vom 20. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 25).
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Lacan bezieht sich auf Aristophanes’ Komödie Die Wolken (423 v. Chr). Ein Bauer und sein Sohn lernen Rhetorik, um der schlechten Sache zum Siege zu verhelfen. Sokrates, der in den Lüften schwebt, erklärt ihnen, die Wolken seien die Götter der neuen Zeit, denn die Wolken verkörpern „die Gedanken, Ideen, Begriffe, die uns Dialektik verleihen und Logik und den Zauber des Wortes und den blauen Dunst, Übertölplung, Floskeln und Blendwerk“ (Aristophanes: Sämtliche Komödien. Bd. 1. Übersetzt von Ludwig Seeger. Artemis-Verlag, Zürich 1952, Verse 317 und 318, zit. nach dem Wikipedia-Artikel „Die Wolken“).
In Radiophonie verwendet Lacan den Terminus Materie so:
„Diese intransitive Materialisierung, möchten wir sagen, des Signifikanten zum Signifikat, das ist das, was man das Unbewußte nennt, das nicht Ankerung ist, sondern Ablage, Anschwemmung der Sprache.“ (Radiophonie, a.a.O., S. 21)
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Der Ausdruck „Meteor“ bezog sich ursprünglich auf Himmelserscheinungen jeder Art, auch auf den Regenbogen. Lacan hatte sich hierauf in der ersten Sitzung von Seminar 18 bezogen: Die erste Operation der Wissenschaft besteht darin, solche Phänomene aufzulösen, durch Buchstaben, also durch algebraische Formeln (13. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 15). Meteoriten sind spezielle Formen von Meteoren.
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Auswaschung ist ein Begriff der Bodenkunde. Stoffe, die im Boden enthalten sind, werden durch Feuchtigkeit gelöst und die Lösung wird durch versickerndes Wasser abgeführt. Auf Auswaschung beruht beispielsweise die Entkalkung eines Bodens.
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In Lituraterre (I) heißt es hiernach:
„Da ich mir allerdings nicht sicher bin, dass mein gesamter Diskurs verstanden wird, wird es wohl nötig sein, dass ich eine Opposition fixiere: Die Schrift, der Buchstabe, das ist im Realen, und der Signifikant im Symbolischen. Auf diese Weise werden Sie das runterbeten können.“
In Seminar 19, … oder schlimmer, erläutert Lacan im (Freud’schen) Klartext, was er unter einem Buchstaben versteht: die Wiederkehr des Verdrängten (vgl. Sitzung vom 15. Dezember 1971, Version Miller S. 26)
Demnach ist der Buchstabe das Symptom (die Wiederkehr des Verdrängten), insofern es mit einer Jouissance verbunden ist, mit eine Ersatzbefriedigung, wie Freud sagt.
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Lacan meint Höhenlinien und verwechselt hier Isohypse (Linie gleicher Höhe) mit Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks), vielleicht um eine Lautähnlichkeit mit la barre unterzubringen, „der Strich“.
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Eine Normale ist eine auf einer Kurve oder einer Ebene errichtete Senkrechte.
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Unter einem Artefakt versteht Lacan in Seminar 18 ein Diskurstatsache (vgl. Sitzung vom 13. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 12). Schrift und Vermessung gibt es nur, weil es Diskurse gibt; insofern sind sie Artefakte.
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Anfang des Gedichts Le Pont Mirabeau von Guillaume Apollinaire (1912).
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Lacan bezieht sich auf die Abbildung auf der Titelseite der Zeitschrift La psychanalyse, die von 1956 bis 1964 erschien. Sie zeigt ein Ohr über einer Brücke.
Die Abbildung ist den Hieroglyphica entnommen, einem Werk des Horus Apollo oder Horapollo über ägyptische Hieroglyphen aus dem 5. Jh. n. Chr. Im Druck erschien es erstmals 1505 bei Alde Manuce in Venedig; die Abbildung entstammt der 1519 im selben Verlag erschienenen Ausgabe, sie ist mit folgender Erläuterung versehen: „Das gemalte Ohr bedeutet das geschaffene Werk oder das Werk, das man erschaffen soll“ (vgl. Lacan, Seminar 4, Verson Miller/Gondek, S. 500).
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In Freuds Studie über den „Wolfsmann“ heißt es:
„In einem ganz anderen Zusammenhange, viele Monate später, machte dann der Patient die Bemerkung, das Öffnen und Schließen der Flügel, als der Schmetterling saß, hätte den unheimlichen Eindruck auf ihn gemacht. Dies wäre so gewesen, wie wenn eine Frau die Beine öffnet, und die Beine ergäben dann die Figur einer römischen V, bekanntlich die Stunde, um welche schon in seinen Knabenjahren, aber auch jetzt noch, eine Verdüsterung seiner Stimmung einzutreten pflegte.“ (Aus der Geschichte einer infantilen Neurose (1918). In: Ders.: Studienausgabe, Bd. 8. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 203 f.)
Der Buchstabe ist in diesem Fall also das V, das zugleich das Öffnen und Schließen der Flägel ist, das Öffnen der Beine der Frau und die fünfte Stunde. Das V als Buchstabe stellt die Verbindung zwischen diesen Elementen her und damit zwischen Signifikanten, die sich auf Signifikate beziehen, er selbst hat aber kein Signifikat.
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Die Sentenz „Es gibt keine Metasprache“ findet man zuerst in Seminar 5 von 1957/58, in der Sitzung vom 27. November 1957.
In Subversion des Subjekts hatte Lacan geschrieben:
„Gehen wir aus von der Auffassung des Anderen als dem Ort des Signifikanten. Jede eigenmächtige Aussage [énoncé d’autorité] hat darin keine andere Garantie als ihr Aussagen selbst, denn vergebens sucht sie das in einem anderen Signifikanten, welcher außerhalb dieses Ortes gar nicht erscheinen könnte. Was wir formulieren, indem wir sagen, dass es keine Metasprache gibt, die gesprochen werden könnte, aphoristischer: dass es keinen Anderen des Anderen gibt. Als Hochstapler präsentiert sich, um dem abzuhelfen, der Gesetzgeber (derjenige, der vorgibt, das Gesetz aufzustellen). “ (Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens, Text von 1960/62, veröffentlicht 1966. In: Ders.: Schriften. Band II. Vollständiger Text. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2015, S. 325–368, hier: S. 350)
In Seminar 18 hatte Lacan am 10. Februar 1971 gesagt:
„Es ist jedoch merkwürdig, dass Linguisten nicht sehen, dass jeder Sprachgebrauch, welcher auch immer, sich in Metaphern fortbewegt, dass es nur eine metaphorische Sprache gibt. Das beweist jeder Versuch zu ‚metasprachen‘, wenn ich mich so ausdrücken kann. Er kann nicht anders tun als zu versuchen, von dem auszugehen, was immer als Objektsprache definiert wird, jedes Mal, wenn man in einer sogenannten Logikerbemühung voranschreitet. Nun, wenn man den Aussagen irgendwelcher dieser Logikerversuche folgt, kann man mit dem Finger spüren, dass sie sich nicht fassen lässt, diese Objektsprache. Es gehört zum Wesen der Sprache, ich sage nicht des Sprechens, ich sage der Sprache selbst, dass, wenn es darum geht, sich auf irgendetwas zu beziehen, was darin bedeutet wird, dass der Referent niemals der gute ist, und das ist das, was eine Sprache ausmacht. Jede Bezeichnung ist metaphorisch, sie kann nur durch Vermittlung von etwas anderem vorgenommen werden. (…) Aus diesem Grunde ist der Referent immer real, weil es unmöglich ist, ihn zu bezeichnen. Unter dieser Voraussetzung bleibt nichts anderes, als ihn zu konstruieren. Und man konstruiert ihn, wenn man kann.“ (Vgl. Version Miller S. 45 f.)
Und am 10. März 1971 hieß es:
„Nun, daraus können Sie viel lernen, viel darüber, dass die japanische Sprache von ihrer Schrift genährt wird. Sie wird wie genährt? Linguistisch natürlich, das heißt an dem Punkt, an dem die Linguistik an die Sprache heranreicht, das heißt immer im Geschriebenen.
Es muss Ihnen ja gesagt werden, wenn Monsieur de Saussure relativ in der Lage war, die Signifikanten als arbiträr zu bezeichnen, dann einzig aufgrund dessen, dass es sich um geschriebene Figurationen handelte. Wie hätte er seinen kleinen Querstrich (barre) machen können, den ich hinreichend gebraucht und missbraucht habe, mit der Sache darunter und den Sachen darüber, wenn er keine Schrift gehabt hätte?
All das, um Sie daran zu erinnern, dass das ins Auge springt, wenn ich sage, dass es keine Metasprache gibt. Es genügt, dass ich Ihnen einen mathematischen Beweis vorführe, Sie werden dann sehen, dass ich gezwungen bin, darüber zu schwatzen, denn das ist etwas Geschriebenes. Ohne das würde das nicht rüberkommen.
Wenn ich darüber spreche, ist das keineswegs Metasprache, sondern das, was man bezeichnet, was die Mathematiker selbst, wenn Sie eine logische Theorie erläutern, als Rede bezeichnen, als allgemeine Rede, als gewöhnliche Rede.
Das ist die Funktion des Sprechens, insofern es angewendet wird, natürlich nicht auf völlig unbegrenzte, undisziplinierte Weise – das ist das, was ich eben ‚beweisen‘ genannt habe –, sondern auf die Sprache. Die Schrift ist das, worum es geht, das, worüber gesprochen wird.
Es gibt keine Metasprache, in dem Sinne, dass man immer nur ausgehend von der Schrift spricht.“ (Vgl. Version Miller S. 92)
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Die Spezialschrift, von der Lacan hier spricht, ist das aus chinesischen Schriftzeichen bestehende Kanji, eines der drei im Japanischen verwendeten Schriftsysteme. Kanji-Schriftzeichen können auf zwei Weisen gelesen werden, in Laut-Lesung (On-Yomi) und in Begriffs-Lesung (Kun-Yomi). Bei Laut-Lesung lehnt sich die Aussprache an den Klang des entsprechenden chinesischen Wortes an. Bei Begriffs-Lesung wird dem Schriftzeichen die Aussprache zugeordnet, die das dem Schriftzeichen entsprechende japanische Wort hat; vgl. hier.
Eine grobe Ähnlichkeit im Deutschen lässt sich am Wort „Champagner“ demonstrieren. Das „gn“ wird als Phonemfolge /nj/ gelesen; dies entspricht in etwa einer Laut-Lesung, die sich auf eine Fremdsprache stützt. Bei Verwendung einer Buchstabiertafel wird „gn“ beispielsweise als „Gustav-Nordpol“ gelesen; dies entspricht in etwa der Begriffslesung. Dies umso mehr, als im Japanischen die Begriffslesung nicht nur eine Bedeutung des Schriftzeichens angibt, sondern zugleich seinen Namen.
In einer früheren Sitzung von Seminar 18 hatte Lacan gesagt:
„Wenn Sie sich ein bisschen an einer Sprache abgearbeitet haben werden wie derjenigen, die ich ebenfalls gerade lerne, und da bin ich mir absolut nicht sicher, dass das eine Wirkung des Über-Ichs ist, die japanische Sprache, nun, dann wird Ihnen klar werden, dass eine Schrift eine Sprache so, wie sie beschaffen ist, beeinflussen kann, diese melodiöse Sprache, wunderbar in ihrer Schmiegsamkeit und ihrem Einfallsreichtum. Wenn ich denke, dass das eine Sprache ist, in der die Adjektive konjugiert werden und dass ich bis zu meinem Alter gewartet habe, um das zu meiner Disposition zu haben, dann weiß ich wirklich nicht, was ich bis hierher getan habe. Ich, ich habe nach nichts anderem gestrebt als danach, dass die Adjektive konjugiert werden. Und eine Sprache, in der die Flexionen dieses absolut Wunderbare haben, dass sie ganz allein spazieren gehen.
Das, was ‚Monem‘ genannt wird, hier können Sie es mittendrin ändern. Sie verpassen ihm eine chinesische Aussprache, völlig anders als die japanische Aussprache, derart, dass Sie, wenn Sie mit einem chinesischen Schriftzeichen konfrontiert sind, es On-Yomi oder Kun-Yomi aussprechen, abhängig von den jeweiligen Bedingungen, die immer sehr genau sind. Aber für einen Typ, der so wie ich dahin gelangt, gibt es keine Möglichkeit zu wissen, welche der beiden er wählen muss. Man muss initiiert sein, aber natürlich gibt es nur die Natürlichen, die es wissen.
Mehr noch, Sie können zwei chinesische Schriftzeichen haben. Wenn Sie sie Kun-Yomi aussprechen, d.h. auf Japanisch, sind Sie absolut nicht in der Lage zu sagen, zu welchem dieser chinesischen Schriftzeichen die erste Silbe dessen gehört, was Sie sagen, und zu welchem die letzte gehört, die in der Mitte noch weniger, nicht wahr? Es ist das Gesamt der beiden chinesischen Schriftzeichen, das Ihnen die mehrsilbige japanische Aussprache diktiert, die man vollkommen versteht, eine Aussprache, die auf zwei Schriftzeichen gleichzeitig antwortet. Denn wenn man annimmt, dass ein chinesisches Schriftzeichen im Prinzip einer Silbe entspricht, wenn Sie es auf chinesische Weise aussprechen, On-Yomi, dann sieht man nicht, warum man sich dann, wenn man es auf japanische Weise ausspricht, verpflichtet glauben sollte, diese Wortvorstellung in Silben zu zerlegen.“ (Sitzung vom 10. März 1971; übersetzt nach Version Miller, S. 91 f.)
(„Monem“ ist der Terminus des französischen Sprachwissenschaftlers André Martinet für die kleinste bedeutungstragende Einheit, also für das Gebilde, das im Deutschen „Morphem“ heißt.)
Der Querstrich (barre) ist der waagerechte Strich zwischen Signifikat und Signifikant in Saussures Darstellung des Zeichens; in Das Drängen des Buchstabens hatte Lacan diesen Strich als Sperre gedeutet, die das Signifikat in der Verdrängung hält.
Im Vorwort zur japanischen Übersetzung der Écrits schreibt Lacan 1972:
„Das Unbewusste (um zu wissen, was das ist, lese man den Diskurs, den diese Schriften als den von Rom verzeichnen), das Unbewusste, sage ich, ist strukturiert wie eine Sprache.
Das ist es, was es der japanischen Sprache ermöglicht, die Bildungen so vollkommen abzudichten, dass ich zugegen sein konnte, als eine Japanerin die Entdeckung machte, was ein Witz ist: eine erwachsene Japanerin.
Dadurch wird bewiesen, dass in Japan der Witz tatsächlich die Dimension der ganz gewöhnlichen Rede ist, und das ist es, weshalb niemand, der diese Sprache bewohnt, das Bedürfnis hat, psychoanalysiert zu werden, außer um seine Beziehungen zu den Spielautomaten zu regeln, ja sogar zu noch einfacheren mechanischen Klienten.
Für die wirklich sprechenden Wesen genügt das On-Yomi, um das Kun-Yomi zu kommentieren. Die Klammer, die beide miteinander verbindet, ist das Wohlergehen derjenigen, die sie dazu bilden, so frisch wie heiße Waffeln daraus hervorzugehen.
Nicht alle haben das Glück, in ihrer Sprache chinesisch zu sprechen, derart, dass sie davon ein Dialekt wäre, vor allem nicht, was ein noch stärkerer Punkt ist, davon eine Schrift übernommen zu haben, die ihrer Sprache so fremd ist, dass dies hier in jedem Moment den Abstand des Denkens, also des Unbewussten, zum Sprechen spürbar macht. Also der Abstand, der in den internationalen Sprachen, die für die Psychoanalyse relevant gewesen sind, so schwer freizulegen ist.“ (Avis au lecteur japonais. In: J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 497–499, hier: S. 498 f. Dieses Vorwort trägt das Datum vom 27. Januar 1972; es wurde 1981 auf Französisch veröffentlicht.)
Im Nachwort von 1973 zu Seminar 11 von 1964, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, heißt es mit Bezug auf die japanische Sprache, dass „das sprechende Wesen sich dadurch den Kunstgriffen des Unbewussten entziehen kann, die es nicht erreichen, da sie sich darin verschließen“ (Version Miller/Haas S. 302).
In Seminar 23 wird Lacan seine These bekräftigen: Japaner sind nicht analysierbar, heißt es dort (vgl. Seminar 23, Sitzung vom 26. März 1976; Version Miller, S. 126).
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Anspielung auf Kants Rede vom bestirnten Himmel. Am Schluss der Kritik der reinen Vernunft heißt es: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir.“
Fierens macht darauf aufmerksam, dass Lacan nicht ciel étoilé („bestirnter Himmel“) schreibt, sondern ciel constellé (wörtlich „konstellierter Himmel“), und nimmt an, dass sich die Konstellation auf die Schrift bezieht (vgl. Christian Fierens: Lecture d’un discours qui ne serait pas du semblant. Cours „lire-en-psychanalyse“ de 2009–2010 sur le livre XVIII du Séminare de Lacan. EME, Louvain-la-Neuve 2012, darin: Chapitre VII: Lituraterre, S. 143–164, hier: S. 163).
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In einer früheren Sitzung von Seminar 18 hatte Lacan gesagt:
„Das, was sich in einem Diskurs an den Anderen als ein Du wendet, lässt die Identifizierung auftauchen, mit etwas, was man das menschliche Idol nennen kann. (…) In jedem Diskurs, der ans Du appelliert, provoziert etwas zu einer getarnten, geheimen Identifizierung, die nichts anderes ist als die mit diesem rätselhaften Objekt, das gar nichts sein kann, die ganz kleine Mehrlust von Hitler, die vielleicht nicht weiter ging als sein Schnurrbart.“ (Sitzung vom 20. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 29)
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Vgl. auf dieser Website den Artikel „Die Wahrheit hat die Struktur einer Fiktion“.
- Vgl. Roland Barthes: L’empire des signes. Skira, Genf 1970; dt.: Das Reich der Zeichen. Übersetzt von Michael Bischoff. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1981.
In Das Reich der Zeichen beschreibt Barthes Szenen des japanischen Lebens, wie sie sich für ihn als Beobachter darstellen: die Präsentation der Körper, die Gesten beim Zubereiten der Nahrung und beim Essen, der Anblick einer Spielhalle, die visuelle Orientierung in einer Stadt, das Aussehen der Wohnräume, die demonstrativen Formen der Höflichkeit, aber auch das Bunraku und das Haiku, wobei er das, was er sieht und liest, immer wieder mit der graphischen Seite von Schrift und Zeichnung vergleicht. So spricht er etwa von einem „graphischen Modus der Existenz“ (S. 110 der deutschen Übersetzung), von den „zahllosen graphischen Gebärden, die das japanische Leben kennzeichnen“ (113 f.).
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In einer früheren Sitzung von Seminar 18 hatte Lacan die vier Plätze der vier Diskurse als Becher (godets) bezeichnet (vgl. Sitzung vom 20. Januar 1971; vgl. Version Miller S. 26). Der Platz oben links ist der Platz des Scheins.
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Foto von der Website American Cinematographer, hier.
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Roland Barthes bezieht sich in Das Reich der Zeichen ausführlilch auf das Bunraku; vgl. dt. Übersetzung, a.a.O., S. 67–86.
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Beim Bunraku sitzt der Rezitator (tayu) an der Seite der Bühne. Er artikuliert die Stimmen des Erzählers und sämtlicher Figuren und betont dabei die Emotionen. (Vgl. Wikipedia-Englisch, Artikel „Bunraku“.)
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In einer früheren Sitzung von Seminar 18 hatte Lacan daran erinnert, dass er seit langem sagt, es gebe keinen Dialog (Sitzung vom 17. Februar 1971; vgl. Version Miller S. 72).
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In Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten (1957) heißt es:
„Die Ansprüche des Geistes bleiben dennoch irreduzibel, wenn der Buchstabe nicht den Beweis erbracht hätte, dass er all seine Wahrheitswirkungen im Menschen zustandebringt, ohne dass der Geist sich auch nur im Geringsten darin einzumischen hätte.“ (A.a.O., S. 602)
1966 verweist Lacan in einem Nachtrag zu seinem Poe-Aufsatz darauf, dass er in diesem Aufsatz vom caput mortuum des Signifikanten gesprochen habe, von seinem „Totenkopf“, d.h. von einem „Loch“, das der Signifikant aufreißt (vgl. Das Seminar über „Der gestohlene Brief“, a.a.O., S. 68); er betont den kausalen Aspekt dieses Lochs, seine Wirksamkeit.
„Ein Effekt, so manifest, dass er sich hier [in dem von Lacan entwickelten Schema einer Kombinatorik] wie in der Fiktion des gestohlenen Briefes erfassen lässt.
Deren Wesen ist es, dass der Brief seine Effekte ins Innere zu den Akteuren der Erzählung [conte], darin inbegriffen den Erzähler [narrateur], ganz ebenso wie ins Äußere: zu uns, den Lesern, und ebenso zu ihrem Autor hätte tragen können, ohne dass jemals jemand sich um das hätte kümmern müssen, was er sagen wollte. Was von allem, was sich schreibt, das normale Los ist.“ (Das Seminar über „Der gestohlene Brief“, a.a.O., S. 68)
In Radiophonie (1970) beschreibt Lacan eine ähnliche Tafel-Szene:
„Ich entsinne mich der Verlegenheit, mit der mich ein Bursche befragte, der sich, da er Marxist sein wollte, unter das aus Leuten der Partei (der einzigen) bestehende Publikum gemischt hatte, das (Gott weiß wieso) zur Mitteilung meiner ‚Dialektik des Begehrens und Subversion des Subjekts in der Psychoanalyse‘ zusammengeströmt war.
Ich habe netterweise (nett, wie ich immer bin) in der Folge in meinen Écrits auf die Verdutztheit hingewiesen, die mir aus diesem Publikum antwortete.
Was ihn angeht, ‚glauben Sie denn‘, sagte er mir, ‚daß es genügt, daß Sie was produziert, Buchstaben an die Tafel geschrieben haben, um davon einen Effekt zu erwarten?‘
Eine derartige Übung hat jedoch getragen, ich habe davon den Beweis, und sei’s nur durch den Abfall, der ihr ein Recht für mein Buch gab – wobei die Fonds der Ford Foundation, die solche Zusammenkünfte anregen, damit sie was haben, um mit dem Schwamm drüberzuwischen, sich unvorstellbar auf dem Trockenen fanden, um mich zu publizieren.
Das ist, weil der Effekt, der sich propagiert, nicht einer von Kommunikation des Sprechens, sondern von Verschiebung des Diskurses ist.
Freud, unbegriffen, und sei’s von ihm selbst, da er sich hat verständlich machen wollen, ist weniger durch seine Schüler gedient als durch diese Propagierung (…).“ (Radiophonie, a.a.O., S. 11)
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Anspielung auf den Titel von Seminar 18, Über einen Diskurs, der nicht vom Schein wäre.