Jacques Lacan
… oder schlimmer. Bericht über das Seminar 1971/72
Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Rolf Nemitz
Orografische Karte des Mars, Quelle: Wikipedia
Jacques Lacan:
Seminar XIX (1971/72): „… oder schlimmer“
und
Vortragsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“ (1971/72)
Bericht über das Seminar „… oder schlimmer“
Übersetzt von Rolf Nemitz
Im Folgenden übersetze ich Lacans Bericht über das Seminar 19 von 1971/72, „… oder schlimmer“. Für diese Veranstaltung hatte er einen Lehrauftrag der École pratique des Hautes Études (Section sciences économiques et sociales); für das Jahrbuch dieser Hochschule mussten Berichte über die Seminare eingereicht werden. Ort dieser Veranstaltung war ein Hörsaal der Rechtsfakultät der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne.
Der Text erschien zuerst in:
Annuaire de l’École pratique des Hautes Études (Section sciences économiques et sociales), 1972-1973, S. 287-291.1
Dieser Artikel ist Teil der Übersetzung von Seminar 19 und von „Das Wissen des Analytikers“ auf dieser Website.
Die übrigen Übersetzungen findet man hier.
Einen Überblick über die verschiedenen Ausgaben von Seminar 19 gibt es hier.
Zur Übersetzung
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, einmal nur deutsch, dann vergleichend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme und auf größere Abweichungen in Millers Version; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben und inhaltliche Erläuterungen.
Herzlichen Dank an Gerhard Herrgott für die Hilfe bei dieser Übersetzung! Viele Anregungen verdanke ich auch der englischen Übersetzung dieses Compte rendu durch Richard G. Klein, die man auf dessen Website freud2lacan.com findet, hier.
Ein Ausdruck, der von Sternchen eingeschlossen ist (z.B. *der Arbeiter*), ist im Original deutsch.
Zwei Großbuchstaben zu Beginn eines Wortes (z.B. „SChrift“) zeigen an, dass das Wort im Französischen mit einem Großbuchstaben beginnt.
Bericht über das Seminar „… oder schlimmer“ (1971/72)
Deutsch
[547] Titel einer Wahl. Andere s’…oupirent , … seufzen / oderschlimmern sich. Es nicht zu tun, darein setze ich meine Ehre. Es geht um den Sinn einer Praxis, nämlich der Psychoanalyse.
Ich weise darauf hin, dass ich dieses Seminar verdoppelt habe, durch eines mit dem Titel Das Wissen des Analytikers, abgehalten mit einem Anflug von Sarkasmus, wozu mich Sainte-Anne inspiriert hat, wohin ich zurückgekehrt war.
Wie rechtfertigt der Auftrag der Hautes Études, dass ich an der Universität Paris I-II, deren Gast ich war, vom Eins gesprochen habe? Das hätte man mich fragen können, denn das erfolgte stillschweigend.
Dass niemand auf diesen Gedanken kam, beruht auf dem Vorschuss, den man mir auf dem Feld der Psychoanalyse gewährt.
Diejenigen, die ich mit …oderschlimmern sich / seufzen bezeichne, bringt das zum Eins.
Im Übrigen machte ich Gedanken nicht über das Eins, sondern ausgehend von dem Sagen „y a de l’Un“, „’s gibt Eins“, ging ich weiter zu den Termini, die durch seine Verwendung demonstriert werden, um daraus Psychoanalyse zu machen.
Was sich, durch eine merkwürdige Vorläuferschaft, bereits im Parmenides findet, im Dialog von Platon. Ich habe meine Hörer zu dessen Lektüre aufgefordert, aber haben sie es getan? Ich meine, ob sie ihn wie ich gelesen haben, ist für den vorliegenden Bericht nicht irrelevant.
Das Datum des analytischen Diskurses legt nahe, auf ein Reales wie das arithmetische Dreieck – mathematisch par excellence, das heißt übermittelbar außerhalb des Sinns – die Analyse anzuwenden, durch die Frege das Eins der leeren Menge erzeugt, die zu seiner Zeit geboren wurde, wo er nämlich zur Mehrdeutigkeit des Namens der Zahl Null gleitet, um einzuführen, dass Null und Eins Zwei ergibt. Von wo aus Cantor die gesamte Folge der ganzen Zahlen hinterfragt und dem Abzählbaren das erste Unendliche zuweist, ℵ0 genannt [Aleph-Null], das erste andere Eins, um vom ersten die Schneide zurückzunehmen, diejenige, die es faktisch von der zwei schneidet.
Das ist ja das, was Leibniz mit seiner Monade erahnte, die er jedoch, da es ihm nicht gelang, sie vom Sein zu befreien, in der Plotin’schen Verwirrung beließ, die der Verteidigung und dem Ruhme des Herrn zugutekommt.
[548] Das ist da, wo diejenigen Analytiker seufzen / sich …oderschlimmern, die sich nicht dazu bringen können, als Verworfenheit an den Platz befördert zu werden, der dadurch definiert ist, dass ihn von Rechts wegen das Eins besetzt, mit der Verschärfung, dass dies der Platz des Scheins ist, dort also, wo das Sein den Buchstaben bildet, wie man sagen kann.
Wie könnten sie sich daran gewöhnen, dass es die Seite des Analysanten ist, auf der das Eins sich einstellt, auch wenn er dort an die Arbeit gesetzt wird (siehe weiter unten)?
Was sie noch weniger ertragen, ist das Unerschütterliche des Eins in der modernen Wissenschaft, nicht, dass sich hier das Universum aufrechterhielte, sondern dass die Energiekonstanz hier den Angelpunkt bildet, bis dahin, dass selbst die Zurückweisungen der Eindeutigkeit durch die Quantentheorie diese einzigartige Konstanz nicht widerlegen, ja dass die Wahrscheinlichkeit das Eins zu dem Element befördert, das der Natur am nächsten ist, was komisch ist.
Das heißt, wenn der Analytiker sich zum Sein/Wesen der Verworfenheit macht, dann setzt dies voraus, dass er auf andere Weise in einer Praxis verwurzelt ist, durch welche ein anderes Reales ins Spiel gebracht wird, eben jenes, das zu sagen unser Einsatz ist.
Und das ist etwas anderes als die Feststellung, dass im wissenschaftlichen Diskurs die Verworfenheit den Rang von Wahrheit hat, nicht weniger. Das ist von Beginn an in der Hysterie des Sokrates manifest sowie in den Wirkungen der Wissenschaft, insofern sie früher als man sich vorstellen kann wieder ans Licht kommen.
Was jedoch ist vom Zumindest-Ich der Analytiker aufzugreifen, wenn es das ist, woran ich festhalte?
Warum hat Freud davon, dass Ihre Tochter stumm ist, Rechenschaft ablegen können? Aufgrund der Komplizenschaft, von der wir soeben gesprochen haben, derjenigen der Hysterie mit der Wissenschaft. Im Übrigen bezieht sich die Frage nicht auf die Entdeckung des Unbewussten, das im Symbolischen seine vorgeformte Materie hat, sondern auf die Schöpfung des Dispositivs, dessen Reales an das Reale rührt, also das, was ich als analytischen Diskurs artikuliert habe.
Diese Schöpfung konnte nur aus einer bestimmten Tradition der SChrift hervorgehen, deren Verbindung mit dem, was sie über die Schöpfung äußert, zu erkunden ist.
Daraus geht eine Segregation hervor, gegen die ich keinen Einwand erhebe, auch wenn ich hier eine Ausbildung, die sich an jeder-mann wendet, bevorzuge, selbst wenn sie, meinen Formeln zufolge, nicht-alle Frauen umfasst.
Nicht, dass eine Frau weniger geeignet wäre, sich hier zu halten, ganz im Gegenteil, und genau deshalb, weil sie nicht vom Eins seufzt / sich…oderschlimmert, als vom Anderen seiend, um die Terme des Parmenides zu verwenden.
[549] Um schroff die Wahrheit zu sagen, die sich von den Aussagen von Freud über die Sexualität her einschreibt: Es gibt kein sexuelles Verhältnis.
Diese Formel macht dadurch Sinn, dass sie diese Aussagen zusammenfasst. Denn wenn die sexuelle Jouissance so tief in die Beziehungen desjenigen injiziert wird, der vom Sprechen her Sein annimmt – denn eben dies ist das sprechende Wesen –, ist es dann nicht so, dass es zum Geschlecht als dem, wodurch ein Partner spezifiziert wird, kein quantifizierbares Verhältnis hat, möchte ich sagen, um auf das zu verweisen, was die Wissenschaft fordert (und was sie auf das Tier anwendet)?
Es ist nur allzu vorstellbar, dass die universitäre Vorstellung dies durcheinanderbringt, indem sie es als Pansexualismus klassifiziert.
Während die Theorie der Erkenntnis lange Zeit nur eine Metapher für die Beziehungen des Mannes zur imaginierten Frau war, verortet sich der analytische Diskurs eben dadurch, dass er sich dem widersetzt. (Freud verstößt Jung.)
Dass die Analyse die Aufgabe hat, Kritik zu üben an der Inkonsistenz der alten Aussagen über die Liebe, ergibt sich aus dem Begriff des Unbewussten, insofern es sich als Wissen erweist.
Die von der Analyse bestimmte Erfahrung bringt uns dies, dass noch die kleinsten Abweichungen im Text dessen, was der Analysant sagt, uns hierauf einen direkteren Zugriff liefert als der Mythos, der nur durch das Generische in der Sprache Zustimmung findet.
Das heißt natürlich, in den zivilen Stand zurückkehren, aber warum nicht dieser Weg der Demut?
Wenn es eine enge Verbindung gibt – und mehr ist nicht vorzubringen – zwischen dem Nicht-Verhältnis der Geschlechter und der Tatsache, dass ein Wesen sprechend ist, dann ist dies eine Weise – ebenso wertvoll wie die Irrwege des Bewusstseins –, um das angebliche Hauptwerk des Lebens zu verorten, des Lebens, von dem angenommen wird, Reproduktionsidee zu sein, wenn das Geschlecht sich zugleich mit dem Tod verbindet.
Von daher sind es die Knoten des Symbolischen, worin das situierte Intervall eines Nicht-Verhältnisses aufzuspüren ist, in seiner Orografie, von der auch gesagt werden kann, da sie für den Mann Welt macht, dass sie Mauer ist, ausgehend von l’(a)mur.
Von daher die Devise, die ich dem Analytiker gebe, beim Zugang zu besagten Knoten die Disziplin der Linguistik nicht zu vernachlässigen.
Dies jedoch nicht, damit er dem ausweicht – nach dem Modus, der im Universitätsdiskurs aus dem Wissen Schein macht –, was es in dem als Linguistik umrissenen Feld an Realem gibt.
Der Signifikant Eins ist kein Signifikant unter anderen, und er überwindet |[550] das, worin das Subjekt, meinem Sagen zufolge, nur vom Zwischen-ihnen dieser Signifikanten her angenommen werden kann.
Das ist jedoch dort, wo ich erkenne, dass dieses Eins-da nur das Wissen ist, das dem Subjekt überlegen ist, das heißt, das unbewusst ist, insofern es sich als ex-sistierend manifestiert – das Wissen, sage ich, eines Realen des Eins-ganz-allein, ganz-allein da, wo das Verhältnis gesagt werden würde.
Bis auf dies, dass der Signifikant, durch den der Andere sich einschreibt, Null Sinn hat, da er dem Subjekt versperrt ist, was ich S(Ⱥ) schreibe.
Deshalb bezeichne ich die Einsen auf einer der seitlichen Folgen des Pascal’schen Dreiecks als Naden.(Anm. 1) Dieses Eins wiederholt sich, wird durch diese Wiederholung jedoch nicht totalisiert: was von den Nichtsen-an-Sinn erfasst wird, gebildet aus Nicht-Sinn, zu erkennen in den Träumen, den Fehlleistungen, ja den „Wörtern“ des Subjekts, sodass es gewahr wird, dass dieses Unbewusste das seine ist.
(Anm. 1): Um es zu präzisieren: Die Monade ist also das Eins, das sich ganz allein weiß, Realpunkt des leeren Verhältnisses; die Nade ist dieses insistierende leere Verhältnis; bleibt die unerreichbare Henade, das ℵ0 der Folge der ganzen Zahlen, wodurch Zwei, die es einsetzt, in der Sprache das unterstellte Subjekt des Wissens symbolisiert.
Seines als Wissen, und das Wissen als solches affiziert, sicherlich.
Aber was?, das ist die Frage, bei der man sich täuscht.
– Nicht „mein“ Subjekt (das, worüber ich vor einem Moment gesagt habe, dass es in seinem Schein, sagte ich, seinen Buchstaben konstituiert).
– Auch nicht die Seele, wie die Dummköpfe sich das vorstellen, zumindest lassen sie es uns glauben, wenn wir sie lesen und diese Seele wiederfinden, mit der, Aristoteles zufolge, der Mensch denkt, die Seele, die ein Uexküll wiederherstellt in Gestalt einer Innenwelt*, welche Porträtskizze der Umwelt* ist.
Ich jedoch sage, dass das Wissen den Körper des Wesens / des Seins affiziert, das nur durch Sprechen Sein wird, dies dadurch, dass das Sprechen seine Jouissance zerstückelt und es dadurch so weit zerschneidet, dass daraus die Stürze hervorgehen, aus denen ich das (a) mache, zu lesen als Objekt klein a oder auch als abjet, was man sagen wird, wenn ich tot bin, zu der Zeit, in der man mich schließlich verstehen wird, oder auch als erste a-Ursache (l’(a)cause) seines Begehrens.
Dieser Körper ist nicht das Nervensystem, obgleich dieses System dadurch der Jouissance dient, dass es im Körper die Prädation arrangiert oder besser die in der Art einer Beute ergriffene Jouissance der Umwelt* – von der die Umwelt* also keineswegs Zug-um-Zug nachgebildet wird, wie man das hartnäckig weiterhin träumt, von einem Überbleibsel philosophischer Nachtwache her, deren Übersetzung mit „Affekt“ den Nicht-Analysierten kennzeichnet.
[551] Es stimmt also, dass die Arbeit (unter anderem die des Traums) ohne Denken auskommt, ohne Rechnen, sogar ohne Urteilen. Sie weiß, was sie zu tun hat. Das ist ihre Definition: sie unterstellt ein „Subjekt“, das ist *der Arbeiter*.
Das, was denkt, rechnet und urteilt, ist die Jouissance, und die Jouissance, als vom Anderen seiend, fordert, dass die Eine, diejenige, die die Funktion des Subjekts übernimmt, schlichtweg kastriert sei, also durch die imaginäre Funktion symbolisiert wird, in der sich das Unvermögen verkörpert, anders gesagt durch den Phallus.
In der Psychoanalyse geht es darum, das Unvermögen (jenes, welches den Grund des Phantasmas liefert) zur logischen Unmöglichkeit zu erheben (zu jener, in der sich das Reale verkörpert). Das heißt, den Zeichensatz zu vervollständigen, worin das menschliche Fatum sich abspielt. Es genügt hier, dass man bis 4 zählen kann, bis zu den Vieren, worin die drei großen numerischen Operationen zusammenlaufen, 2 und 2, 2 mal 2, 2 hoch 2.
Das Eins jedoch, das ich vom Nicht-Verhältnis her verorte, gehört nicht zu diesen Vieren, da es von diesen nur die Menge bildet. Nennen wir es nicht mehr Monade, sondern das Eins-Sagen, insofern diejenigen, die in der Wiederholung in-sistieren, von ihm her dazu gelangen, zu ex-sistieren, wovon es drei braucht, um sie zu gründen (ich habe das an anderer Stelle gesagt), was sehr gut dadurch geht, dass das Subjekt von den Vieren isoliert wird, dadurch, dass ihm sein Unbewusstes subtrahiert wird.
Das ist das, was dieses Jahr offenbleibt, wie üblich beim Denken, das sich von der Jouissance jedoch nicht ausnimmt.
Worin sich zeigt, dass Denken nur auf dem Wege der Ethik voranschreitet. Die Ethik jedoch muss dazu gebracht werden, mit der Psychoanalyse Schritt zu halten.
Das Eins-Sagen, da es sich als Eins-allein weiß – spricht es allein? Kein Dialog, habe ich gesagt, jedoch hat dieses Kein-Dialog seine Grenze in der Deutung, durch die, wie bei der Zahl, das Reale gesichert wird.
Daraus folgt, dass die Analyse das Gebot „Tue Gutes und lass die Leute sagen, was sie wollen“ umkehrt, bis dahin, dass das Gut-Sagen befriedigt / genug-tut (satis-fasse), denn nur das Nicht-Genug antwortet auf das Mehr-darüber-Sagen.
Was die französische Sprache, wenn es um Quantität geht, mit der Wendung com-bien illustriert, wie-viel / wie-gut.
Sagen wir, dass die Deutung des Zeichens den Bedeutungseffekten Sinn verleiht, mit denen die Signifikantenbatterie der Sprache für das Verhältnis, das sie nicht chiffrieren könnte, einen Ersatz bildet.
Im Gegenzug aber erzeugt das Zeichen Jouissance durch die Ziffer, die die Signifikanten ermöglichen: was das Begehren des Mathematikers ausmacht, jenseits der Sinn-Lust (jouis-sens) zu chiffrieren.
Das Zeichen ist eine Obsession, die nachgibt (cède), die Obcession macht (mit c geschrieben) gegenüber der Jouissance, die über eine Praxis entscheidet.
[552] Ich segne jene, die mich kommentieren, dafür, dass sie sich dem Sturm aussetzen, der ein würdiges Denken trägt, eines also, das nicht damit zufrieden ist, durchquert zu sein von ausgetretenen Pfaden.
Mögen diese Zeilen eine Spur des Glückes ziehen, des ihren, ohne es zu wissen.
Französisch/deutsch mit erläuternden Anmerkungen
Zahlen in eckigen Klammern und grauer Schrift, z.B. [547], verweisen auf die Seiten von J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001.
[547] Titre d’un choix.
Titel einer Wahl.
D’autres s’…oupirent.
Andere s‘..oupirent, seufzen / …oderschlimmern sich.2
Je mets à ne pas le faire mon honneur.
Es nicht zu tun, darein setze ich meine Ehre.
Il s’agit du sens d’une pratique qui est la psychanalyse.
Es geht um den Sinn einer Praxis, nämlich der Psychoanalyse.
Je note que j’ai doublé ce séminaire, d’un autre s’intitulant du « savoir du psychanalyste », mené de l’air de sarcasme que m’inspirait Sainte-Anne où je faisais retour.
Ich weise darauf hin, dass ich dieses Seminar verdoppelt habe, durch eines mit dem Titel Das Wissen des Analytikers, abgehalten mit einem Anflug von Sarkasmus, wozu mich Sainte-Anne inspiriert hat, wohin ich zurückgekehrt war.3
En quoi mon titre des Hautes-Études justifie-t-il qu’à Paris I-II dont j’étais l’hôte, j’aie parlé de l’Un, c’est ce qu’on eût pu me demander puisque ce fut tacite.
Wie rechtfertigt der Auftrag der Hautes Études, dass ich an der Universität Paris I-II, deren Gast ich war4, vom Eins gesprochen habe? Das hätte man mich fragen können, denn das erfolgte stillschweigend.
Que l’idée n’en soit venue à personne, tient à l’avance qu’on m’accorde dans le champ de la psychanalyse.
Dass niemand auf diesen Gedanken kam, beruht auf dem Vorschuss, den man mir auf dem Feld der Psychoanalyse gewährt.
Ceux que je désigne de s’… oupirer, c’est à l’Un que ça les porte.
Diejenigen, die ich mit …oderschlimmern sich / seufzen bezeichne, bringt das zum Eins.
Au reste je ne faisais pas pensée de l’Un, mais à partir du dire qu’ « y a de l’Un », j’allais aux termes que démontre son usage, pour en faire psychanalyse.
Im Übrigen machte ich Gedanken nicht über das Eins, sondern ausgehend von dem Sagen „y a de l’Un“, „’s gibt Eins“, ging ich weiter zu den Termini, die durch seine Verwendung demonstriert werden, um daraus Psychoanalyse zu machen.
Ce qui est déjà dans le Parménide, i.e. le dialogue de Platon, par une curieuse avant-garde.
Was sich, durch eine merkwürdige Vorläuferschaft, bereits im Parmenides findet, im Dialog von Platon.
J’en ai indiqué la lecture à mes auditeurs, mais l’ont-ils faite ?
Ich habe meine Hörer zu dessen Lektüre aufgefordert, aber haben sie es getan?
Je veux dire : l’ont-ils lu comme moi ? n’est pas indifférent au compte rendu présent.
Ich meine, ob sie ihn wie ich gelesen haben, ist für den vorliegenden Bericht nicht irrelevant.
La date du discours analytique indique d’appliquer sur un réel tel que le triangle arithmétique, mathématique par excellence, soit transmissible hors sens, l’analyse dont Frege engendre l’Un de l’ensemble vide, né de son temps –, soit où il glisse à l’équivoque du nom de nombre zéro, pour instaurer que zéro et un, ça fasse deux.
Das Datum des analytischen Diskurses legt nahe, auf ein Reales wie das arithmetische Dreieck – mathematisch par excellence, das heißt übermittelbar außerhalb des Sinns – die Analyse anzuwenden, durch die Frege das Eins der leeren Menge erzeugt, die zu seiner Zeit geboren wurde, wo er nämlich zur Mehrdeutigkeit des Namens der Zahl Null gleitet, um einzuführen, dass Null und Eins Zwei ergibt.5
D’où Cantor remet en question toute la série des nombres entiers et renvoie le dénombrable au premier infini, א0 nommé, le premier Un autre à reporter du premier le tranchant : celui qui de fait le coupe du deux.
Von wo aus Cantor die gesamte Folge der ganzen Zahlen hinterfragt und dem Abzählbaren das erste Unendliche zuweist, ℵ0 genannt [Aleph-Null], das erste andere Eins, um vom ersten die Schneide zurückzunehmen, diejenige, die es faktisch von der zwei schneidet.
C’est bien ce que Leibniz pressentait avec sa monade, mais que, faute de la dépêtrer de l’être, il laissait dans la confusion plotinienne, celle qui profite à la défense et illustration du maître.
Das ist ja das, was Leibniz mit seiner Monade erahnte, die er jedoch, da es ihm nicht gelang, sie vom Sein zu befreien, in der Plotin’schen Verwirrung beließ, die der Verteidigung und dem Ruhme des Herrn zugutekommt.6
[548] C’est où s’… oupirent les analystes qui ne peuvent se faire à être promus comme abjection à la place définie de ce que l’Un l’occupe de droit, avec cette aggravation que cette place est celle du semblant, soit là où l’être fait la lettre, peut-on dire.
Die vier Diskurse, Seminar 17 (Ergänzung RN)
Die vier Plätze, Seminar 19 (Ergänzung RN)
Das ist da, wo diejenigen Analytiker seufzen / sich …oderschlimmern, die sich nicht dazu bringen können, als Verworfenheit an den Platz befördert zu werden, der dadurch definiert ist, dass ihn von Rechts wegen das Eins besetzt, mit der Verschärfung, dass dies der Platz des Scheins ist7, dort also, wo das Sein den Buchstaben bildet, wie man sagen kann.8
Comment se feraient-ils à ce que ce soit du côté de l’analysant que l’Un s’admette quoiqu’il y soit mis au travail (cf. plus loin) ?
Wie könnten sie sich daran gewöhnen, dass es die Seite des Analysanten ist, auf der das Eins sich einstellt, auch wenn er dort an die Arbeit gesetzt wird (siehe weiter unten)?9
Ce qu’ils supportent encore moins, c’est l’inébranlable de l’Un dans la science moderne, non que s’y maintienne l’univers, mais que la constance de l’énergie y fasse pivot au point que même les refus de l’univocité par la théorie des quantas ne réfutent pas cette constance unique, voire que la probabilité promeuve l’Un comme l’élément le plus près de la nature, ce qui est comique.
Was sie noch weniger ertragen, ist das Unerschütterliche des Eins in der modernen Wissenschaft, nicht, dass sich hier das Universum aufrechterhielte, sondern dass die Energiekonstanz hier den Angelpunkt bildet10, bis dahin, dass selbst die Zurückweisungen der Eindeutigkeit durch die Quantentheorie11 diese einzigartige Konstanz nicht widerlegen, ja dass die Wahrscheinlichkeit das Eins zu dem Element befördert, das der Natur am nächsten ist, was komisch ist.
C’est que se faire être de l’abjection suppose l’analyste autrement enraciné dans une pratique qui joue d’un autre réel : celui-là même que c’est notre enjeu de dire.
Das heißt, wenn der Analytiker sich zum Sein/Wesen der Verworfenheit macht, dann setzt dies voraus, dass er auf andere Weise in einer Praxis verwurzelt ist, durch welche ein anderes Reales ins Spiel gebracht wird, eben jenes, das zu sagen unser Einsatz ist.12
Et c’est autre chose que la remarque que l’abjection dans le discours scientifique ait rang de vérité, pas moins.
Und das ist etwas anderes als die Feststellung, dass im wissenschaftlichen Diskurs die Verworfenheit den Rang von Wahrheit hat, nicht weniger.
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Ce manifeste dès l’origine dans l’hystérie de Socrate, et dans les effets de la science, à revenir au jour plus tôt qu’on ne peut l’imaginer.
Das ist von Beginn an in der Hysterie des Sokrates manifest sowie in den Wirkungen der Wissenschaft, insofern sie früher als man sich vorstellen kann wieder ans Licht kommen.
Mais que trouver à reprendre de l’au-moins-moi des analystes, quand c’est ce dont je tiens le coup ?
Was jedoch ist vom Zumindest-Ich der Analytiker aufzugreifen, wenn es das ist, woran ich festhalte?
Pourquoi, de ce que votre fille soit muette, Freud a-t-il su rendre compte ?
Warum hat Freud davon, dass Ihre Tochter stumm ist, Rechenschaft ablegen können?13
C’est de la complicité que nous venons de dire, celle de l’hystérie à la science.
Aufgrund der Komplizenschaft, von der wir soeben gesprochen haben, derjenigen der Hysterie mit der Wissenschaft.
Au reste la question n’est pas de la découverte de l’inconscient, qui dans le symbolique a sa matière préformée, mais de la création du dispositif dont le réel touche au réel, soit ce que j’ai articulé comme le discours analytique.
Im Übrigen bezieht sich die Frage nicht auf die Entdeckung des Unbewussten, das im Symbolischen seine vorgeformte Materie hat, sondern auf die Schöpfung des Dispositivs, dessen Reales an das Reale rührt, also das, was ich als analytischen Diskurs artikuliert habe.14
Cette création ne pouvait se produire que d’une certaine tradition de l’Écriture, dont le joint est à sonder avec ce qu’elle énonce de la création.
Diese Schöpfung konnte nur aus einer bestimmten Tradition der SChrift15 hervorgehen, deren Verbindung mit dem, was sie über die Schöpfung äußert, zu erkunden ist.
Une ségrégation en résulte, contre quoi je ne suis pas, quoiqu’une formation qui s’adresse à tout homme, j’y préfère, même si à suivre mes formules pas-toute femme elle n’inclut.
Lacans quantische Formeln der Sexuierung (Ergänzung RN)
Daraus geht eine Segregation hervor16, gegen die ich keinen Einwand erhebe, auch wenn ich hier eine Ausbildung, die sich an jeder-mann wendet, bevorzuge, selbst wenn sie, meinen Formeln zufolge, nicht-alle Frauen umfasst.17
Ce non pas qu’une femme soit mois douée pour s’y soutenir, bien au contraire, et justement de ce qu’elle ne s’… oupire pas de l’Un, étant de l’Autre, à prendre les termes du Parménide.
Nicht, dass eine Frau weniger geeignet wäre, sich hier zu halten, ganz im Gegenteil, und genau deshalb, weil sie nicht vom Eins seufzt / sich…oderschlimmert, als vom Anderen seiend, um die Terme des Parmenides zu verwenden.18
[549] À dire crûment la vérité qui s’inscrit des énoncés de Freud sur la sexualité, il n’y a pas de rapport sexuel.
Um schroff die Wahrheit zu sagen, die sich von den Aussagen von Freud über die Sexualität her einschreibt: Es gibt kein sexuelles Verhältnis.
Cette formule fait sens de les résumer.
Diese Formel macht dadurch Sinn, dass sie diese Aussagen zusammenfasst.
Car si la jouissance sexuelle s’injecte si loin dans les relations de celui qui prend être de la parole – car c’est cela l’être parlant –, n’est-ce pas qu’il n’a au sexe comme spécifiant un partenaire, aucun rapport quantifiable, dirais-je pour indiquer ce qu’exige la science (et ce qu’elle applique à l’animal).
Denn wenn die sexuelle Jouissance so tief in die Beziehungen desjenigen injiziert wird, der vom Sprechen her Sein annimmt – denn eben dies ist das sprechende Wesen –, ist es dann nicht so, dass es zum Geschlecht als dem, wodurch ein Partner spezifiziert wird, kein quantifizierbares Verhältnis hat, möchte ich sagen, um auf das zu verweisen, was die Wissenschaft fordert (und was sie auf das Tier anwendet)?
Il n’est que trop concevable que l’idée universitaire embrouille ceci de le classer dans le pansexualisme.
Es ist nur allzu vorstellbar, dass die universitäre Vorstellung dies durcheinanderbringt, indem sie es als Pansexualismus klassifiziert.
Alors que si la théorie de la connaissance ne fut longtemps que métaphore des rapports de l’homme à la femme imaginée, c’est bien à s’y opposer que se situe le discours analytique.
Während die Theorie der Erkenntnis lange Zeit nur eine Metapher für die Beziehungen des Mannes zur imaginierten Frau war, verortet sich der analytische Diskurs eben dadurch, dass er sich dem widersetzt.
(Freud rejette Jung).
(Freud verstößt Jung.)
Que de l’inconsistance des dires antiques de l’amour, l’analyse ait la tâche de faire la critique, c’est ce qui résulte de la notion même de l’inconscient en tant qu’il s’avère comme savoir.
Dass die Analyse die Aufgabe hat, Kritik zu üben an der Inkonsistenz der alten Aussagen über die Liebe, ergibt sich aus dem Begriff des Unbewussten, insofern es sich als Wissen erweist.
Ce que nous apporte l’expérience disposée de l’analyse, c’est que le moindre biais du texte des dits de l’analysant, nous donne une prise là-dessus plus directe que le mythe qui ne s’agrée que du générique dans le langage.
Die von der Analyse bestimmte Erfahrung bringt uns dies, dass noch die kleinsten Abweichungen im Text dessen, was der Analysant sagt, uns hierauf einen direkteren Zugriff liefert als der Mythos, der nur durch das Generische in der Sprache Zustimmung findet.
C’est revenir à l’état civil certes, mais pourquoi pas cette voie d’humilité ?
Das heißt natürlich, in den zivilen Stand zurückkehren, aber warum nicht dieser Weg der Demut?
S’il y a solidarité, – et rien de plus à avancer –, entre le non-rapport des sexes et le fait qu’un être soit parlant, c’est là façon aussi valable que les errements de la conscience, de situer le supposé chef-d’œuvre de la vie, elle-même censée être idée reproductrice, quand aussi bien le sexe se lie à la mort.
Wenn es eine enge Verbindung gibt – und mehr ist nicht vorzubringen – zwischen dem Nicht-Verhältnis der Geschlechter und der Tatsache, dass ein Wesen sprechend ist, dann ist dies eine Weise – ebenso wertvoll wie die Irrwege des Bewusstseins –, um das angebliche Hauptwerk des Lebens zu verorten19, des Lebens, von dem angenommen wird, Reproduktionsidee zu sein, wenn das Geschlecht sich zugleich mit dem Tod verbindet.
Dès lors, c’est dans les nœuds du symbolique que l’intervalle situé d’un non-rapport est à repérer dans son orographie, laquelle de faire monde pour l’homme, peut aussi bien se dire mur, et procédant de l’(a)mur.
Von daher sind es die Knoten des Symbolischen, worin das situierte Intervall eines Nicht-Verhältnisses aufzuspüren ist, in seiner Orografie, von der auch gesagt werden kann, da sie für den Mann Welt macht, dass sie Mauer ist, ausgehend von l’(a)mur.20
D’où le mot d’ordre que je donne à l’analyste de ne pas négliger la discipline linguistique dans l’abord desdits nœuds.
Von daher die Devise, die ich dem Analytiker gebe, beim Zugang zu besagten Knoten die Disziplin der Linguistik nicht zu vernachlässigen.
Mais ce n’est pas pour qu’il esquive, selon le mode qui du savoir dans le discours universitaire fait semblant, ce que dans ce champ cerné comme linguistique, il y a de réel.
Dies jedoch nicht, damit er dem ausweicht – nach dem Modus, der im Universitätsdiskurs aus dem Wissen Schein macht21 –, was es in dem als Linguistik umrissenen Feld an Realem gibt.22
Le signifiant Un n’est pas un signifiant entre autres, et il surmonte |[550] ce en quoi ce n’est que de l’entre-d’eux de ces signifiants que le sujet est supposable, à mon dire.
Der Signifikant Eins ist kein Signifikant unter anderen, und er überwindet das, worin das Subjekt, meinem Sagen zufolge, nur vom Zwischen-ihnen dieser Signifikanten her angenommen werden kann.
Mais c’est où je reconnais que cet Un-là n’est que le savoir supérieur au sujet, soit inconscient en tant qu’il se manifeste comme ex-sistant, – le savoir, dis-je, d’un réel de l’Un-tout-seul, tout-seul là où se dirait le rapport.
Das ist jedoch dort, wo ich erkenne, dass dieses Eins-da nur das Wissen ist, das dem Subjekt überlegen ist, das heißt, das unbewusst ist, insofern es sich als ex-sistierend manifestiert – das Wissen, sage ich, eines Realen des Eins-ganz-allein, ganz-allein da, wo das Verhältnis gesagt werden würde.
Sauf à ce que n’ait que zéro de sens le signifiant par quoi l’Autre s’inscrit d’au sujet être barré, S(Ⱥ), j’écris ça.
Bis auf dies, dass der Signifikant, durch den der Andere sich einschreibt, Null Sinn hat, da er dem Subjekt versperrt ist, was ich S(Ⱥ) schreibe.23
.
C’est pourquoi je nomme nades(Anm. 1) les Uns d’une des séries latérales du triangle de Pascal.
Pascalsches Dreieck (Ergänzung RN)
Deshalb bezeichne ich die Einsen auf einer der seitlichen Folgen des Pascal’schen Dreiecks als Naden.(Anm. 1)
(Anm. 1) Précisons : la monade, c’est donc l’Un qui se sait tout seul, point-de-réel du rapport vide ; la nade, c’est ce rapport vide insistant ; reste l’hénade inaccessible, l’ℵ0 de la suite des nombres entiers, par quoi deux qui l’inaugure symbolise dans la langue le sujet supposé du savoir.
(Anm. 1): Um es zu präzisieren: Die Monade ist also das Eins, das sich ganz allein weiß, Realpunkt des leeren Verhältnisses; die Nade ist dieses insistierende leere Verhältnis; bleibt die unerreichbare Henade, das ℵ0 der Folge der ganzen Zahlen, wodurch Zwei, die es einsetzt, in der Sprache das unterstellte Subjekt des Wissens symbolisiert. (Ende der Anm.)
Cet Un se répète, mais ne se totalise pas de cette répétition : ce qui se saisit des riens de sens, faits de non-sens, à reconnaître dans les rêves, les lapsus, voire les « mots » du sujet pour qu’il s’avise que cet inconscient est le sien.
Dieses Eins wiederholt sich, wird durch diese Wiederholung jedoch nicht totalisiert: was von den Nichtsen-an-Sinn erfasst wird, gebildet aus Nicht-Sinn, zu erkennen in den Träumen, den Fehlleistungen, ja den „Wörtern“ des Subjekts, sodass es gewahr wird, dass dieses Unbewusste das seine ist.
Sien comme savoir, et le savoir comme tel affecte sans doute.
Seines als Wissen, und das Wissen als solches affiziert, sicherlich.
Mais quoi ? c’est la question où l’on se trompe.
Aber was?, das ist die Frage, bei der man sich täuscht.
– Pas « mon » sujet (celui que j’ai dit il y a un moment : qu’il constitue dans son semblant, je disais sa lettre).
– Nicht „mein“ Subjekt (das, worüber ich vor einem Moment gesagt habe, dass es in seinem Schein, sagte ich, seinen Buchstaben konstituiert).24
– L’âme non plus, ce que s’imaginent les imbéciles, au moins le laissent-ils croire quand on retrouve à les lire cette âme avec quoi l’homme pense, pour Aristote, l’âme que reconstruit un Uexküll, sous les espèces d’un Innenwelt qui de l’Umwelt est le trait-portrait.
– Auch nicht die Seele, wie die Dummköpfe sich das vorstellen, zumindest lassen sie es uns glauben, wenn wir sie lesen und diese Seele wiederfinden, mit der, Aristoteles zufolge, der Mensch denkt, die Seele, die ein Uexküll wiederherstellt in Gestalt einer Innenwelt*, welche Porträtskizze der Umwelt* ist.
Je dis, moi, que le savoir affecte le corps de l’être qui ne se fait être que de parole, ceci de morceler sa jouissance, de le découper par là jusqu’à en produire les chutes dont je fais le (a), à lire objet petit a, ou bien abjet, ce qui se dira quand je serai mort, temps où enfin l’on m’entendra, ou encore l’(a)cause première de son désir.
Ich jedoch sage, dass das Wissen den Körper des Wesens / des Seins affiziert, das nur durch Sprechen Sein wird, dies dadurch, dass das Sprechen seine Jouissance zerstückelt und es dadurch so weit zerschneidet, dass daraus die Stürze hervorgehen, aus denen ich das (a) mache, zu lesen als Objekt klein a oder auch als abjet25, was man sagen wird, wenn ich tot bin, zu der Zeit, in der man mich schließlich verstehen wird, oder auch als erste a-Ursache (l’(a)cause) seines Begehrens.
Ce corps n’est pas le système nerveux, bien que ce système serve la jouissance en tant que dans le corps il appareille la prédation, ou mieux la jouissance de l’Umwelt pris en manière de proie – qui de l’Umwelt donc ne figure pas le trait-pour-trait, comme on persiste à le rêver d’un résidu de veille philosophique, dont la traduction en « affect » marque le non-analysé.
Dieser Körper ist nicht das Nervensystem, obgleich dieses System dadurch der Jouissance dient, dass es im Körper die Prädation arrangiert oder besser die in der Art einer Beute ergriffene Jouissance der Umwelt* – von der die Umwelt* also keineswegs Zug-um-Zug nachgebildet wird, wie man das hartnäckig weiterhin träumt, von einem Überbleibsel philosophischer Nachtwache her, deren Übersetzung mit „Affekt“ den Nicht-Analysierten kennzeichnet.
[551] Il est donc vrai que le travail (du rêve entre autres) se passe de penser, de calculer, voire de juger.
Es stimmt also, dass die Arbeit (unter anderem die des Traums) ohne Denken auskommt, ohne Rechnen, sogar ohne Urteilen.
Il sait ce qu’il a à faire.
Sie weiß, was sie zu tun hat.
C’est sa définition : il suppose un « sujet », c’est Der Arbeiter.
Das ist ihre Definition: sie unterstellt ein „Subjekt“, das ist *der Arbeiter*.26
Ce qui pense, calcule et juge, c’est la jouissance, et la jouissance étant de l’Autre, exige que l’Une, celle qui du sujet fait fonction, soit simplement castrée, c’est-à-dire symbolisée par la fonction imaginaire qui incarne l’impuissance, autrement dit par le phallus.
Das, was denkt, rechnet und urteilt, ist die Jouissance, und die Jouissance, als vom Anderen seiend, fordert, dass die Eine, diejenige, die die Funktion des Subjekts übernimmt, schlichtweg kastriert sei, also durch die imaginäre Funktion symbolisiert wird, in der sich das Unvermögen verkörpert, anders gesagt durch den Phallus.
Il s’agit dans la psychanalyse d’élever l’impuissance (celle qui rend raison du fantasme) à l’impossibilité logique (celle qui incarne le réel).
In der Psychoanalyse geht es darum, das Unvermögen (jenes, welches den Grund des Phantasmas liefert) zur logischen Unmöglichkeit zu erheben (zu jener, in der sich das Reale verkörpert).
C’est-à-dire de compléter le lot des signes où se joue le fatum humain.
Das heißt, den Zeichensatz zu vervollständigen, worin das menschliche Fatum sich abspielt.
Il y suffit de savoir compter jusqu’à 4, les 4 où convergent les trois grandes opérations numériques, 2 et 2, 2 fois 2, 2 puissance 2.
Es genügt hier, dass man bis 4 zählen kann, bis zu den Vieren, worin die drei großen numerischen Operationen zusammenlaufen, 2 und 2, 2 mal 2, 2 hoch 2.
L’Un pourtant que je situe du non-rapport, ne fait pas partie de ces 4, ce justement de n’en faire que l’ensemble.
Das Eins jedoch, das ich vom Nicht-Verhältnis her verorte, gehört nicht zu diesen Vieren, da es von diesen nur die Menge bildet.27
Ne l’appelons plus la monade, mais l’Un-dire en tant que c’est de lui que viennent à ex-sister ceux qui in-sistent dans la répétition, dont il faut trois pour la fonder (je l’ai dit ailleurs), ce qui va fort bien à isoler le sujet des 4, en lui soustrayant son inconscient.
Nennen wir es nicht mehr Monade, sondern das Eins-Sagen, insofern diejenigen, die in der Wiederholung in-sistieren, von ihm her dazu gelangen, zu ex-sistieren28, wovon es drei braucht, um sie zu gründen (ich habe das an anderer Stelle gesagt), was sehr gut dadurch geht, dass das Subjekt von den Vieren isoliert wird, dadurch, dass ihm sein Unbewusstes subtrahiert wird.
C’est ce que l’année laisse en suspens, selon l’ordinaire de la pensée qui ne s’en excepte pas pour autant de la jouissance.
Das ist das, was dieses Jahr offenbleibt, wie üblich beim Denken, das sich von der Jouissance jedoch nicht ausnimmt.
D’où apparaît que pensée ne procède que par voie d’éthique.
Worin sich zeigt, dass Denken nur auf dem Wege der Ethik voranschreitet.29
Encore faut-il mettre l’éthique au pas de la psychanalyse.
Die Ethik jedoch muss dazu gebracht werden, mit der Psychoanalyse Schritt zu halten.
L’Un-Dire, de se savoir l’Un-tout-seul, parle t-il seul ?
Das Eins-Sagen, da es sich als Eins-allein weiß – spricht es allein?
Pas de dialogue, ai-je dit, mais ce pas-de-dialogue a sa limite dans l’interprétation, par où s’assure comme pour le nombre le réel.
Kein Dialog, habe ich gesagt, jedoch hat dieses Kein-Dialog seine Grenze in der Deutung, durch die, wie bei der Zahl, das Reale gesichert wird.
Il en résulte que l’analyse renverse le précepte de : bien faire et laisser dire, au point que le bien-dire satis-fasse, puisqu’il n’y a qu’à plus-en-dire que réponde le pas-assez.
Daraus folgt, dass die Analyse das Gebot „Tue Gutes und lass die Leute sagen, was sie wollen“ umkehrt, bis dahin, dass das Gut-Sagen befriedigt / genug-tut (satis-fasse), denn nur das Nicht-Genug antwortet auf das Mehr-darüber-Sagen.
Ce que la langue française illustre du dit : com-bien pour faire question de la quantité.
Was die französische Sprache, wenn es um Quantität geht, mit der Wendung com-bien illustriert, wie-viel / wie-gut.
Disons que l’interprétation du signe rend sens aux effets de signification que la batterie signifiante du langage substitue au rapport qu’il ne saurait chiffrer.
Sagen wir, dass die Deutung des Zeichens den Bedeutungseffekten Sinn verleiht, mit denen die Signifikantenbatterie der Sprache für das Verhältnis, das sie nicht chiffrieren könnte, einen Ersatz bildet.
Mais le signe en retour produit jouissance par le chiffre que permettent les signifiants : ce qui fait le désir du mathématicien, de chiffrer au-delà du jouis-sens.
Im Gegenzug aber erzeugt das Zeichen Jouissance durch die Ziffer, die die Signifikanten ermöglichen: was das Begehren des Mathematikers ausmacht, jenseits der Sinn-Lust (jouis-sens) zu chiffrieren.30
Le signe est obsession qui cède, fait obcession (écrite d’un c) à la jouissance qui décide d’une pratique.
Das Zeichen ist eine Obsession, die nachgibt (cède), die Obcession macht (mit c geschrieben) gegenüber der Jouissance, die über eine Praxis entscheidet.
[552] Je bénis ceux qui me commentent de s’affronter à la tourmente qui soutient une pensée digne, soit : pas contente d’être battue des sentiers du même nom.
Ich segne jene, die mich kommentieren, dafür, dass sie sich dem Sturm aussetzen, der ein würdiges Denken trägt, eines also, das nicht damit zufrieden ist, durchquert zu sein von ausgetretenen Pfaden.
Fasse ces lignes trace du bon heur, leur sans le savoir.
Mögen diese Zeilen eine Spur des Glückes ziehen, des ihren, ohne es zu wissen.
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Anmerkungen
Dann wieder an verschiedenen Stellen:
– Scilicet, No. 5, Éd. du Seuil, 1975, p. 5 –10,
– J. Lacan: Autres écrits. Seuil, Paris 2001, S. 547–552,
– J. Lacan: Le séminaire, livre XIX. … ou pire. 1971–1972. Texte établi par Jacques-Alain Miller. Éditions du Seuil, Paris 2011, S. 239–243.
– Im Internet findet man dieses Compte rendu auf der Seite der ELP, Pas-tout Lacan, hier.- Der Neologismus s’…oupirent bezieht sich auf den Titel des Seminars, … ou pire (… oder schlimmer), und ist ein Wortspiel mit dem lautgleichen Verb soupirer (seufzen).
- Parallel zum Seminar 19 hielt Lacan einmal im Monat einen Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Das Wissen des Psychoanalytikers“. Ort war das psychiatrische Krankenhaus Sainte-Anne in Paris, in dem Lacan seine ersten 10 Seminare abgehalten hatte. Ende 1963 strich ihn die Société Française de Psychanalyse von der Liste der Lehranalytiker, zugleich wurde ihm dieser Veranstaltungsort gekündigt.
- Die Universität Paris I-II [Eins-Zwei] ist die Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne.
- Lacan bezieht sich auf Gottlob Frege: Die Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch mathematische Untersuchung über den Begriff der Zahl. Wilhelm Koebner, Breslau 1884.
- Plotin versteht unter dem Ein das Allumfassende. In Lacans Perspektive ist dies das imaginäre Ein.
- Lacan bezieht sich hier auf die Formeln der vier Diskurse. Der Platz oben links ist (seit Seminar 18) der Platz des Scheins; im Diskurs des Analytikers ist an diesem Platz der Analytiker in seiner Funktion als Objekt a (als „Verworfenheit“); im Diskurs des Herrn (also „rechtmäßig“) ist hier der Herrensignifikant, S1 (das „Ein“).
- Wortspiel mit der Lautgleichheit von „l’être“ (das Sein) und „lettre“ (Buchstabe, Brief).
- Im Diskurs des Analytikers ist der Herrensignifikant, also S1, das „Eins“, auf der rechten Seite (auf der Seite des Analysanten), und dort unten rechts. Der Platz unten rechts wird in Seminar 17 und in Radiophonie als Platz der Produktion bezeichnet.
- In einem abgeschlossenen System ist die Summe aller Energien konstant (Energieerhaltungssatz).
- Die Heisenberg’sche Unschärferelation besagt, dass Ort und Impuls eines Teilchens nicht zugleich bestimmt werden können.
- Mit dem ersten Realen ist möglicherweise die Heisenberg’sche Unschärferelation gemeint; das Reale, das die Psychoanalyse ins Spiel zu bringen hat, wird angegeben durch das Prinzip „Es gibt kein sexuelles Verhältnis“.
- Den Satz „Genau deshalb ist Ihre Tochter stumm“ sagt der Arzt Sganarelle in Molières Komödie Der Arzt wider Willen (1666). Im Französischen zitiert man diesen Satz, um eine pseudomedizinische lange Erläuterung zu kritisieren.
Im Bruchstück einer Hysterie-Analyse (1905) rekonstruiert Freud u.a. die Ursachen von Doras Aphonie (Stimmlosigkeit), einer Patientin, die ihm von ihrem Vater zur psychotherapeutischen Behandlung übergeben worden war. Insofern konnte Freud aufklären, „warum Ihre Tochter stumm ist“. - Gemeint ist das Konzept des Diskurses der Analyse, das Lacan vor allem in Seminar 17 von 1969/70 entwickelt hatte, Die Kehrseite der Psychoanalyse. In den Formeln der vier Diskurse ist das Reale (also das Unmögliche) die Beziehung zwischen den beiden oberen Plätzen, im Diskurs der Analyse demnach die Beziehung zwischen a (oben links) und $ (oben rechts). (Vgl. J. Lacan: Radiophonie (1970). Übersetzt von Hans-Joachim Metzger. In: Ders.: Radiophonie. Television. Quadriga, Weinheim 1988, S. 5–54, hier: S. 49)
- Mit Écriture bzw. „SChrift“ ist hier die Bibel gemeint, also die „Heilige Schrift“.
- Gemeint ist vermutlich, anknüpfend an die Schöpfung von Adam und Eva, die Segregation von Männern und Frauen.
- „Meine Formeln“ sind die sogenannten Formeln der Sexuierung, die Lacan in Seminar 18 zu entwickeln begonnen hatte und die er ausführlich in Seminar 19 erläutert. Die rechte Seite ist hier die Frau-Seite, und am Platz unten rechts findet man hier den Quantor nicht-alle.
- In den Formeln der Sexuierung findet man das Ein auf der linken Seite, es hat dort die Gestalt der Formel .
- Das angebliche Hauptwerk des Lebens ist, so nehme ich an, der Mensch.
- Wortspiel mit der Lautähnlichkeit von la mur (die Mauer) und l’amour (die Liebe); das eingeklammerte a verweist auf das Objekt a.
- Im Diskurs der Universität ist das Wissen (S2) am Platz oben links, am Platz des Scheins.
- Hier sagt Lacan einigermaßen deutlich, was er unter „Schein“ versteht (Bezeichnung für den Platz oben links in den Diskursformeln): Der Schein besteht darin, dass man dem Realen, also dem Unmöglichen, ausweicht.
- Das Symbol S(Ⱥ) ist zu lesen als „Signifikant eines Mangels im Anderen“, was heißt, dass im Anderen ein Signifikant fehlt. Im Graphen des Begehrens findet man dieses Symbol am Schnittpunkt oben links. (Vgl. hierzu diesen Blogartikel.)
- Ich vermute, dass mit „ ‚mein‘ Subjekt“ der lacansche Subjektbegriff gemeint ist, also das sujet barré und divisé, das versperrte und gespaltene Subjekt, symbolisiert durch $.
- Abjet: Neologismus, Kofferwort aus „objet“ (Objekt) und „abject“ (niederträchtig, widerlich).
- Vielleicht eine Anspielung auf Ernst Jüngers Der Arbeiter (1932).
- In der graphischen Darstellung einer Menge entspricht das Ein also dem Kreis, der um die Elemente gezogen wird.
- Lacan unterscheidet drei Arten des Eins: das imaginäre Ein im Sinne des Allumfassenden, das symbolische Ein im Sinne des einzigen Zugs, der in der Wiederholung insistiert, und das reale Ein, dem in den Formeln der Sexuierung die Formel oben links entspricht und das an dieser Stelle „Monade“ und „Eins-Sagen“ genannt wird.
- Vermutlich eine Anspielung auf den Seminartitel … ou pire, „… oder schlimmer“, der indirekt die Frage des Guten aufwirft.
- Wortspiel mit der Lautgleichheit von jouis-sens (ich habe Lust am Sinn) und jouissance (Lust).