Jacques Lacan
Gespräch mit Studierenden der Yale University
Übersetzt von Marcus Coelen
William Turner: Schneesturm vor der Hafeneinfahrt.
1842, Öl auf Leinwand, 122 x 92 cm, National Gallery London
Übersetzung von:
Jacques Lacan: Yale University, entretien avec des étudiants (24.11.1975). Teil von Conférences et entretiens dans des universités nord-américaines. Zuerst veröffentlicht in: Scilicet Nr. 6/7, 1975, S. 32-37
Übersetzt im Rahmen von Kontraduktionen – Lacan-Übersetzungswerkstatt an der Psychoanalytischen Bibliothek Berlin.
Weitere Erzeugnisse der Übersetzungswerkstatt:
– J. Lacan: Schlusswort zum Kongress „Die Übermittlung“
– J. Lacan: Vorwort zur englischen Ausgabe von Seminar XI
Gespräch mit Studierenden der Yale University
Deutsch
Freud und seine Irrtümer?
Was Freud das Unbewusste nannte: ein Wissen, das sich in Wörtern ausdrückt. Aber dieses Wissen wird nicht nur ausgedrückt in Wörtern, von denen das Subjekt, das sie äußert, keinerlei Vorstellung hat; es ist Freud selbst, der diese Wörter in seinen Analysen aufklaubt.
Die Wahl meiner Patienten und die Verbindung mit meiner Theorie?
Man muss sie durch die Tür eintreten lassen, es geht darum, dass die Analyse eine Schwelle ist, dass es für sie eine wirkliche Frage gibt. Diese Frage: was ist es, von dem sie befreit werden wollen? Ein Symptom.
Ein Symptom, das lässt sich kurieren.
Die Religion ist ein Symptom. Alle sind religiös, selbst die Atheisten. Die nämlich glauben genug an Gott, um zu glauben, dass Gott nichts damit zu tun hat, wenn sie krank sind.
Der Atheismus ist die Krankheit des Glaubens an Gott, des Glaubens, dass Gott nicht in die Welt eingreift.
Gott greift ständig ein, beispielsweise in Gestalt einer Frau.
Die Pfaffen wissen, dass Gott und die Frau von gleicher Art Gift sind. Sie sind ständig auf der Hut und schliddern herum.
Vielleicht ist die Analyse in der Lage, jemandem den Atheismus lebbar und ihn zu jemanden zu machen, der sich nicht alle Nase lang widerspricht.
Ich bemühe mich darum, dass diese Frage sie (die Analysanden) zu einer Anstrengung zwingt, zu einer Anstrengung, die von ihnen geleistet wird.
Ein Symptom loswerden – da verspreche ich ihnen nichts.
Denn selbst bei einem zwanghaften Symptom, und das gehört zum Allerlästigsten, ist es nicht sicher, dass sie eine hinreichend konstante Anstrengung unternehmen, um da raus zu kommen.
Man macht eine Wette bei diesem Aussieben, der Zufall spielt hier eine Rolle.
Ich lege die Betonung auf die Frage. Denn es braucht einen Anstoß. Und das kann nicht sein, sich besser zu kennen; wenn mich jemand das fragt, weise ich ihm die Tür.
Was ist ein Irrtum?
Ich nenne es Beharr-irr-tum. Wie der beharrliche Schub in der Fahrt eines Schiffes, der noch bleibt, wenn der Antrieb schon abgeschaltet ist; die Nicht-leicht-zu-Düpierenden sind in Fahrt, auf einer Beharr-Irrfahrt. Die Nicht-leicht-zu-Düpierenden geraten leicht in die Klemme, und ein Symptom gibt es, wenn man, indem man sich nicht düpieren lässt, trotzdem in die Klemme gerät.
Vor einer bestimmten Epoche gab es das Symptom nicht im gewöhnlichen Denken.
Sinthome: es gibt dieses Wort in den Wiegedrucken; diese alte Schreibweise habe ich im Bloch et von Wartburg gefunden. Diese Schreibweise ist keine Etymologie, sondern wird ständig reformiert. Ich wusste nicht, dass Rabelais ein Jahrhundert später symptomate schrieb.
Ich werde versuchen mein Unwissen durch eine Reihe von Zitaten auszugleichen.
Die Bedeutung der Literatur in meinen Schriften?
Ich würde eher sagen: diejenige des Buchstabens. Die Literatur, ich weiß immer noch nicht so recht, was das ist; am Ende ist es das, was man in Handbüchern findet, auch in solchen über Literatur. Ich habe versucht, mich dem ein wenig anzunähern; zwar ist das eine Produktion, aber eine zweifelhafte, Freud war scharf drauf, denn sie diente ihm dazu, für diese Idee des Unbewussten den Weg freizumachen. Als er Jensen zuschrieb, geradewegs irgendeinem Faden der ganz und gar phantastischen Funktion gefolgt zu sein, die er, Freud, der Frau zuschrieb, antwortete ihm Jensen, dass er niemals dergleichen gesehen habe und dass er das nur so hingepinselt hätte, ausgespuckt mit der Feder.
Es gibt einen Wandel der Literatur; sie bedeutet heute nicht mehr das, was sie zur Zeit Jensens sagen wollte. Alles ist Literatur. Auch ich mache welche, denn es verkauft sich: meine Schriften, das ist eine Literatur, der ich versucht habe, einen gewissen Status zu verleihen, der sicher nicht der ist, den Freud sich vorstellt. Freud war überzeugt, dass er Wissenschaft betrieb; er unterscheidet soma/germen, entleiht Begriffe, die ihren wissenschaftlichen Wert besitzen. Was er aber gemacht hat, ist eine Art von genialer Konstruktion, eine Praxis und eine Praxis, die funktioniert.
Ich stelle mir nicht vor, Wissenschaft zu betreiben, wenn ich Literatur mache. Nichtsdestotrotz, es ist Literatur, denn es ist geschrieben und es verkauft sich; und auch ist es Literatur, weil es Effekte hat und Effekte auf die Literatur.
Das ist schwer zu fassen.
Warum würde ich mich nicht selbst als einen Effekt auffassen?
Wenn ein Fluss fließt, gibt es kleine einzelne Strömungen.
Die Hauptströmung scheint die anderen anzusaugen, aber das ist nur so, weil die anderen zusammenfließen.
Mit welchen Theoretikern der Psychoanalyse sympathisiere ich?
Die Mediziner fassen die Symptome als Zeichen auf.
Das Symptom im psychoanalytischen Sinn ist von einer ganzen anderen Natur als das organische Symptom; die Analytiker sind keine Idioten in dieser Hinsicht.
Marx war der erste, der die Idee des Symptoms hatte.
Der Kapitalismus zeichnet sich durch eine Reihe von Effekten aus, welche Symptome sind; ein Symptom, insoweit als Marx der Menschheit zuschreibt, eine Norm zu besitzen, und er wählte die Proletarier-Norm (wenn der Mensch gereinigt ist, ganz nackt, dann ist das Adam).
Wenn es ein kardinales Gesetz der Psychoanalyse gibt, dann nicht einfach irgendwie draufloszureden, selbst im Namen analytischer Kategorien. Keine wilde Analyse; keine Wörter aufpappen, die nur einen Sinn für den Analytiker selbst haben.
Ich lerne alles von meinen Analysanden, von ihnen lerne ich, was es mit der Psychoanalyse auf sich hat. Von ihnen entleihe ich meine Interventionen, nicht aber meiner Lehre, außer wenn ich weiß, dass sie genau wissen, was die Bedeutung ist.
Das Wort „Wort“ habe ich durch das Wort „Signifikant“ ersetzt; und das bedeutet, dass es sich Zweideutigkeiten aussetzt, d.h. stets mehrere mögliche Bedeutungen hat.
Und in dem Maße, in dem Sie ihre Begriffe, die dem Analysanden zusetzen, gut wählen, werden Sie auf den „Herzens-Signifikanten“ stoßen, auf denjenigen, der wirksam sein wird.
Die psychoanalytische Intervention sollte in keiner Weise theoretisch, suggestiv, das heißt vorschreibend sein; sie muss zweideutig sein.
Die analytische Deutung ist nicht dazu da, verstanden zu werden, sondern um Wellen zu schlagen.
Man darf also nicht zu grobe Abdrücke machen wenn man vorgeht, und oft ist es besser zu schweigen; nur muss man es wählen.
Man muss als Analytiker ausgebildet worden sein. Nur wenn er ausgebildet worden ist, blickt er von Zeit zu Zeit nicht durch; ausgebildet, d.h. gesehen zu haben, wie das Symptom zu einem vollständigen wird.
In der Analyse gibt eine Bühne nur während es zu einem Akt kommt. Zu einem Akt kommt es nur durch einen Sprung kopfüber in die Öffnung des Souffleurs, und der Souffleur ist natürlich das Unbewusste des Subjekts.
Nur in Bezug auf diesen Sprung zum Akt habe ich vom Szenischen gesprochen.
Sind die Modelle, derer ich mich bediene, symbolisch?
Ich bemühe mich darum, und ich quäle mich sogar dafür. Das zehrt mich auf, weil das Unbewusste sich nicht gerade dazu anbietet.
Diese borromäischen Knoten sind weder einfach zu zeigen noch nachzuweisen, weil man sich überhaupt keine Vorstellung von ihnen macht.
Was diese Knotengeschichten angeht, da müssen wir noch alles erfinden, denn es gibt nichts weniger Anschauliches als einen Knoten. Versuchen Sie, sich den kleinsten Knoten vorzustellen, und dann den nächsten und den nächsten, und das Verhältnis zu betrachten, das zwischen ihnen besteht: das zerbricht einem den Kopf. Man muss alles konstruieren.
Ich verwende sie nicht, weil sie eine nonverbale Eigenschaft hätten. Im Gegenteil versuche ich, sie zu verbalisieren.
Die Wahrheit?
Sie hat Fiktionsstruktur, denn sie nimmt den Weg über die Sprache, und die Sprache hat eine Fiktionsstruktur.
Sie kann nur halbgesagt werden. Schwören Sie, die Wahrheit zu sagen, nichts als die Wahrheit, die ganze Wahrheit: genau das ist es, was nicht gesagt werden wird. Wenn das Subjekt eine geringe Ahnung hat, dann es ist es eben das, was es nicht sagen wird.
Es gibt Wahrheiten, die zur Ordnung des Realen gehören. Wenn ich Reales, Symbolisches und Imaginäres unterscheide, dann weil es reale, symbolische und imaginäre Wahrheiten gibt. Wenn es Wahrheiten über das Reale gibt, dann weil es Wahrheit gibt, die man sich nicht eingesteht.
Die Konsistenz der englischen Sprache?
Jones hat gesagt, dass die Engländer, aufgrund der Bifidität ihrer Sprache (von germanischer und von lateinischer Wurzel), indem sie von einem Register zum anderen übergehen, die Dinge abdämpfen können: das sorgt dafür, dass es nicht zu weit geht.
Das Zweideutige, die Mehrzahl der Bedeutungen erleichtert den Übergang des Unbewussten in die Rede.
Die Selbstanalyse?
Freuds Selbstanalyse war eine writing-cure, und ich glaube das ist der Grund, warum es danebengegangen ist.
Schreiben unterscheidet sich von Sprechen.
Lesen unterscheidet sich von Zuhören.
Ich glaube nicht an die writing-cure.
Was soll das heißen, schreiben zu müssen, Literatur natürlich? … eine Spinnerei.
Phallus und Literatur
Der Phallus ist ein Mangel an überhaupt gar nichts, eine Unmenge an Gedränge. Niemand weiß, was damit anfangen. Der literarische Text, auch wenn es anders aussieht, ist ohne jeden Effekt. Einen Effekt gibt es nur bei Universitätsleuten: das piekt sie in den Hintern.
Wenn ich mich für Joyce interessiere, dann weil Joyce versucht darüber hinauszugehen; er hat gesagt, dass die Universitätsleute die nächsten 300 Jahre von ihm sprechen werden.
Die Literatur hat versucht, etwas Vernünftigeres [plus raisonnable] zu werden, etwas, das seinen Grund [raison] preisgibt. Unter den Gründen gibt es ziemlich schlechte: Joyce’ Grund zum Beispiel, ein wichtiger Mann zu werden. Denn er ist tatsächlich ein sehr wichtiger Mann geworden.
Wie kommt es, dass man im Schriftstellerberuf kleben bleibt? Die Kunst mit dem Unbewussten zu erklären, erscheint mir höchst suspekt, und trotzdem ist es das, was die Analytiker tun. Die Kunst mit dem Symptom zu erklären, scheint da seriöser zu sein.
Verwerfung – Verleugnung
Verwerfung, Urteil, das auswählt und zurückweist.
Verleugnung, nähert sich einem Dementieren. Ich habe es mal mit „désaveu“ [Widerruf] übersetzt; das scheint unvorsichtig.
Dementieren steht, glaube ich, im Verhältnis zum Realen.
Es gibt alle möglichen Dementis, die vom Realen her kommen.
Die politischen Implikationen Ihrer psychoanalytischen Forschungen?
In jedem Fall gibt es keinen Fortschritt.
Was man auf der eine Seite gewinnt, verliert man auf der anderen.
Da man nicht weiß, was man verloren hat, glaubt man gewonnen zu haben. Meine „Verwindungen“ nehmen an, dass das engstirnig ist.
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Französisch/deutsch
Freud et ses erreurs ?
Freud und seine Irrtümer?
Ce que Freud appelait l’inconscient : un savoir exprimé en mots. Mais ce savoir n’est pas seulement exprimé en mots dont le sujet qui les prononce n’a aucune espèce d’idée ; ces mots, c’est Freud qui les retrouve dans ses analyses.
Was Freud das Unbewusste nannte: ein Wissen, das sich in Wörtern ausdrückt. Aber dieses Wissen wird nicht nur ausgedrückt in Wörtern, von denen das Subjekt, das sie äußert, keinerlei Vorstellung hat; es ist Freud selbst, der diese Wörter in seinen Analysen aufklaubt.
Le choix de mes patients et son articulation avec ma théorie ?
Die Wahl meiner Patienten und die Verbindung mit meiner Theorie?
Il s’agit de les faire entrer par la porte, que l’analyse soit un seuil, qu’il y ait pour eux une véritable demande. Cette demande : qu’est ce dont ils veulent être débarrassés ? Un symptôme.
Man muss sie durch die Tür eintreten lassen, es geht darum, dass die Analyse eine Schwelle ist, dass es für sie eine wirkliche Frage gibt. Diese Frage: was ist es, von dem sie befreit werden wollen? Ein Symptom.
Un symptôme, c’est curable.
Ein Symptom, das lässt sich kurieren.
La religion, c’est un symptôme. Tout le monde est religieux, même les athées. Ils croient suffisamment en Dieu pour croire que Dieu n’y est pour rien quand ils sont malades.
Die Religion ist ein Symptom. Alle sind religiös, selbst die Atheisten. Die nämlich glauben genug an Gott, um zu glauben, dass Gott nichts damit zu tun hat, wenn sie krank sind.
L’athéisme, c’est la maladie de la croyance en Dieu, croyance que Dieu n’intervient pas dans le monde.
Der Atheismus ist die Krankheit des Glaubens an Gott, des Glaubens, dass Gott nicht in die Welt eingreift.
Dieu intervient tout le temps, par exemple sous la forme d’une femme.
Gott greift ständig ein, beispielsweise in Gestalt einer Frau.
Les curés savent qu’une femme et Dieu c’est le même genre de poison. Ils se tiennent à carreau, ils glissent sans cesse.
Die Pfaffen wissen, dass Gott und die Frau von gleicher Art Gift sind. Sie sind ständig auf der Hut und schliddern herum.
Peut-être l’analyse est-elle capable de faire un athée viable, c’est-à-dire quelqu’un qui ne se contredise pas à tout bout de champ.
Vielleicht ist die Analyse in der Lage, jemandem den Atheismus lebbar und ihn zu jemanden zu machen, der sich nicht alle Nase lang widerspricht.
J’essaie que cette demande les force (les analysants) à faire un effort, effort qui sera fait par eux. Être débarrassé d’un symptôme, je ne leur promets rien.
Ich bemühe mich darum, dass diese Frage sie (die Analysanden) zu einer Anstrengung zwingt, zu einer Anstrengung, die von ihnen geleistet wird. Ein Symptom loswerden – da verspreche ich ihnen nichts.
Parce que, même pour un symptôme obsessionnel, des plus encombrants qui soient, il n’est pas sûr qu’ils feront effort de régularité pour en sortir.
Denn selbst bei einem zwanghaften Symptom, und das gehört zum Allerlästigsten, ist es nicht sicher, dass sie eine hinreichend konstante Anstrengung unternehmen, um da raus zu kommen.
Dans ce filtrage, il y a un pari, une part de chance.
Man macht eine Wette bei diesem Aussieben, der Zufall spielt hier eine Rolle.
Je mets l’accent sur la demande. Il faut en effet que quelque chose pousse. Et ce ne peut être de mieux se connaître ; quand quelqu’un me demande cela, je l’éconduis.
Ich lege die Betonung auf die Frage. Denn es braucht einen Anstoß. Und das kann nicht sein, sich besser zu kennen; wenn mich jemand das fragt, weise ich ihm die Tür.
Qu’est-ce qu’une erreur ?
Was ist ein Irrtum?
J’appelle ça une erre-eur. Cf. l’erre d’un navire, les non-dupes errent. Les non-dupes, ça peut se coincer et le symptôme c’est quand, à ne pas être dupe, ça se coince quand même.
Ich nenne es Beharr-irr-tum. Wie der beharrliche Schub in der Fahrt eines Schiffes, der noch bleibt, wenn der Antrieb schon abgeschaltet ist; die Nicht-leicht-zu-Düpierenden sind in Fahrt, auf einer Beharr-Irrfahrt. Die Nicht-leicht-zu-Düpierenden geraten leicht in die Klemme, und ein Symptom gibt es, wenn man, indem man sich nicht düpieren lässt, trotzdem in die Klemme gerät.
Le symptôme n’était pas dans la pensée courante avant une certaine époque.
Vor einer bestimmten Epoche gab es das Symptom nicht im gewöhnlichen Denken.
Sinthome : le mot existe dans les incunables ; j’ai trouvé cette ancienne orthographe dans le Bloch et von Wartburg. Cette orthographe n’est pas étymologie, elle est toujours en voie de réfection. J’ignorais que Rabelais, au siècle suivant, écrivait : symptomate.
Sinthome: es gibt dieses Wort in den Wiegedrucken; diese alte Schreibweise habe ich im Bloch et von Wartburg gefunden. Diese Schreibweise ist keine Etymologie, sondern wird ständig reformiert. Ich wusste nicht, dass Rabelais ein Jahrhundert später symptomate schrieb.
Je vais essayer de combler mon ignorance par un certain nombre de citations.
Ich werde versuchen mein Unwissen durch eine Reihe von Zitaten auszugleichen.
L’importance de la littérature dans mes écrits ?
Die Bedeutung der Literatur in meinen Schriften?
Je dirais plutôt de la lettre. La littérature, je ne sais pas encore très bien ce que c’est ; en fin de compte, c’est ce qui est dans les manuels, de littérature entre autres. J’ai essayé d’en approcher un peu ; c’est une production mais douteuse et dont Freud était friand parce que ça lui a servi à frayer la voie de cette idée de l’inconscient. Quand il a imputé à Jensen d’avoir suivi je ne sais quel droit fil de la fonction tout à fait fantaisiste que lui, Freud, imputait à la femme, Jensen lui a répondu qu’il n’avait jamais rien vu de tel et qu’il n’avait fait que plumitiver, craché ça de sa plume.
Ich würde eher sagen: diejenige des Buchstabens. Die Literatur, ich weiß immer noch nicht so recht, was das ist; am Ende ist es das, was man in Handbüchern findet, auch in solchen über Literatur. Ich habe versucht, mich dem ein wenig anzunähern; zwar ist das eine Produktion, aber eine zweifelhafte, Freud war scharf drauf, denn sie diente ihm dazu, für diese Idee des Unbewussten den Weg freizumachen. Als er Jensen zuschrieb, geradewegs irgendeinem Faden der ganz und gar phantastischen Funktion gefolgt zu sein, die er, Freud, der Frau zuschrieb, antwortete ihm Jensen, dass er niemals dergleichen gesehen habe und dass er das nur so hingepinselt hätte, ausgespuckt mit der Feder.
Il y a une inflexion de la littérature ; elle ne veut plus dire de nos jours ce qu’elle voulait dire du temps de Jensen. Tout est littérature. Moi aussi j’en fais puisque ça se vend : mes Écrits, c’est de la littérature à laquelle j’ai essayé de donner un petit statut qui n’est pas celui que Freud imaginait. Freud était convaincu qu’il faisait de la science ; il distingue soma/germen, emprunte des termes qui ont leur valeur en science. Mais ce qu’il a fait, c’est une sorte de construction géniale, une pratique et une pratique qui fonctionne.
Es gibt einen Wandel der Literatur; sie bedeutet heute nicht mehr das, was sie zur Zeit Jensens sagen wollte. Alles ist Literatur. Auch ich mache welche, denn es verkauft sich: meine Schriften, das ist eine Literatur, der ich versucht habe, einen gewissen Status zu verleihen, der sicher nicht der ist, den Freud sich . Freud war überzeugt, dass er Wissenschaft betrieb; er unterscheidet soma/germen, entleiht Begriffe, die ihren wissenschaftlichen Wert besitzen. Was er aber gemacht hat, ist eine Art von genialer Konstruktion, eine Praxis und eine Praxis, die funktioniert.
Je ne m’imagine pas faire de la science quand je fais de la littérature. Néanmoins, c’est de la littérature puisque c’est écrit et que ça se vend ; et c’est de la littérature parce que ça a des effets, et des effets sur la littérature.
Ich stelle mir nicht vor, Wissenschaft zu betreiben, wenn ich Literatur mache. Nichtsdestotrotz, es ist Literatur, denn es ist geschrieben und es verkauft sich; und auch ist es Literatur, weil es Effekte hat und Effekte auf die Literatur.
C’est difficile à saisir.
Das ist schwer zu fassen.
Pourquoi ne me saisirais-je pas moi-même comme un effet ?
Warum würde ich mich nicht selbst als einen Effekt auffassen?
Quand une rivière coule, il y a des petits courants particuliers.
Wenn ein Fluss fließt, gibt es kleine einzelne Strömungen.
Le courant central a l’air d’aspirer les autres, mais c’est simplement parce que les autres confluent.
Die Hauptströmung scheint die anderen anzusaugen, aber das ist nur so, weil die anderen zusammenfließen.
Quels sont les théoriciens de la psychanalyse avec lesquels je suis en rapport de sympathie ?
Mit welchen Theoretikern der Psychoanalyse sympathisiere ich?
Les médecins prennent les symptômes pour des signes.
Die Mediziner fassen die Symptome als Zeichen auf.
Le symptôme au sens psychanalytique est de tout autre nature que le symptôme organique ; les analystes ne sont pas idiots là-dessus.
Das Symptom im psychoanalytischen Sinn ist von einer ganzen anderen Natur als das organische Symptom; die Analytiker sind keine Idioten in dieser Hinsicht.
Le premier qui a eu l’idée du symptôme, c’est Marx.
Marx war der erste, der die Idee des Symptoms hatte.
Le capitalisme se marque par un certain nombre d’effets qui sont des symptômes ; c’est un symptôme dans la mesure où Marx impute à l’humanité d’avoir une norme, et il choisit la norme prolétaire (quand l’homme est nettoyé, tout nu, alors c’est Adam).
Der Kapitalismus zeichnet sich durch eine Reihe von Effekten aus, welche Symptome sind; ein Symptom, insoweit als Marx der Menschheit zuschreibt, eine Norm zu besitzen, und er wählte die Proletarier-Norm (wenn der Mensch gereinigt ist, ganz nackt, dann ist das Adam).
S’il y a une loi cardinale de la psychanalyse, c’est de ne pas parler à tort et à travers, même au nom des catégories analytiques. Pas d’analyse sauvage ; ne pas plaquer de mots qui n’ont de sens que pour l’analyste lui-même.
Wenn es ein kardinales Gesetz der Psychoanalyse gibt, dann nicht einfach irgendwie draufloszureden, selbst im Namen analytischer Kategorien. Keine wilde Analyse; keine Wörter aufpappen, die nur einen Sinn für den Analytiker selbst haben.
C’est de mes analysants que j’apprends tout, que j’apprends ce que c’est que la psychanalyse. Je leur emprunte mes interventions, et non à mon enseignement, sauf si je sais qu’ils savent parfaitement ce que ça veut dire.
Ich lerne alles von meinen Analysanden, von ihnen lerne ich, was es mit der Psychoanalyse auf sich hat. Von ihnen entleihe ich meine Interventionen, nicht aber meiner Lehre, außer wenn ich weiß, dass sie genau wissen, was die Bedeutung ist.
Au mot « mot », j’ai substitué le mot « signifiant » ; et ça signifie qu’il prête à équivoque, c’est-à-dire a toujours plusieurs significations possibles.
Das Wort „Wort“ habe ich durch das Wort „Signifikant“ ersetzt; und das bedeutet, dass es sich Zweideutigkeiten aussetzt, d.h. stets mehrere mögliche Bedeutungen hat.
Et, dans la mesure où vous choisirez bien vos termes, qui vont tirailler l’analysant, vous allez trouver le signifiant élu, celui qui agira.
Und in dem Maße, in dem Sie ihre Begriffe, die dem Analysanden zusetzen, gut wählen, werden Sie auf den „Herzens-Signifikanten“ stoßen, auf denjenigen, der wirksam sein wird.
En aucun cas une intervention psychanalytique ne doit être théorique, suggestive, c’est-à-dire impérative ; elle doit être équivoque.
Die psychoanalytische Intervention sollte in keiner Weise theoretisch, suggestiv, das heißt vorschreibend sein; sie muss zweideutig sein.
L’interprétation analytique n’est pas faite pour être comprise ; elle est faite pour produire des vagues.
Die analytische Deutung ist nicht dazu da, verstanden zu werden, sondern um Wellen zu schlagen.
Donc il ne faut pas y aller avec de gros sabots, et souvent il vaut mieux se taire ; seulement il faut le choisir.
Man darf also nicht zu grobe Abdrücke machen wenn man vorgeht, und oft ist es besser zu schweigen; nur muss man es wählen.
Il faut avoir été formé comme analyste. Ce n’est que lorsqu’il est formé que, de temps en temps, ça lui échappe ; formé, c’est-à-dire avoir vu comment le symptôme, ça se complète.
Man muss als Analytiker ausgebildet worden sein. Nur wenn er ausgebildet worden ist, blickt er von Zeit zu Zeit nicht durch; ausgebildet, d.h. gesehen zu haben, wie das Symptom zu einem vollständigen wird.
Dans l’analyse, il n’y a scène que lorsqu’il y a passage à l’acte. Il n’y a passage à l’acte que comme un plongeon dans le trou du souffleur, le souffleur étant bien sûr l’inconscient du sujet. Ce n’est qu’à propos du passage à l’acte que j’ai parlé de scénique.
In der Analyse gibt eine Bühne nur während es zu einem Akt kommt. Zu einem Akt kommt es nur durch einen Sprung kopfüber in die Öffnung des Souffleurs, und der Souffleur ist natürlich das Unbewusste des Subjekts. Nur in Bezug auf diesen Sprung zum Akt habe ich vom Szenischen gesprochen.
Les modèles dont je me sers sont-ils symboliques ?
Sind die Modelle, derer ich mich bediene, symbolisch?
Je m’y efforce et même je me tue à cela. Ça me consume parce que l’inconscient ne s’y prête pas.
Ich bemühe mich darum, und ich quäle mich sogar dafür. Das zehrt mich auf, weil das Unbewusste sich nicht gerade dazu anbietet.
Ces nœuds borroméens ne sont faciles ni à montrer ni à démontrer parce qu’on ne se les représente pas du tout.
Diese borromäischen Knoten sind weder einfach zu zeigen noch nachzuweisen, weil man sich überhaupt keine Vorstellung von ihnen macht.
Pour ce qui est de ces histoires de nœuds, nous en sommes encore à devoir tout inventer car il n’y a rien de moins intuitif qu’un nœud. Essayez de vous représenter le plus petit qui soit, puis le suivant et le suivant, de voir le rapport qu’il y a entre eux : on s’y casse la tête. Tout est à construire.
Was diese Knotengeschichten angeht, da müssen wir noch alles erfinden, denn es gibt nichts weniger Anschauliches als einen Knoten. Versuchen Sie, sich den kleinsten Knoten vorzustellen, und dann den nächsten und den nächsten, und das Verhältnis zu betrachten, das zwischen ihnen besteht: das zerbricht einem den Kopf. Man muss alles konstruieren.
Ce n’est pas parce qu’ils ont un caractère non verbal que je les utilise. J’essaye au contraire de les verbaliser.
Ich verwende sie nicht, weil sie eine nonverbale Eigenschaft hätten. Im Gegenteil versuche ich, sie zu verbalisieren.
La vérité ?
Die Wahrheit?
Elle a une structure de fiction parce qu’elle passe par le langage et que le langage a une structure de fiction.
Sie hat Fiktionsstruktur, denn sie nimmt den Weg über die Sprache, und die Sprache hat eine Fiktionsstruktur.
Elle ne peut que se mi-dire. Jurez de dire la vérité, rien que la vérité, toute la vérité : c’est justement ce qui ne sera pas dit. Si le sujet a une petite idée, c’est justement ce qu’il ne dira pas.
Sie kann nur halbgesagt werden. Schwören Sie, die Wahrheit zu sagen, nichts als die Wahrheit, die ganze Wahrheit: genau das ist es, was nicht gesagt werden wird. Wenn das Subjekt eine geringe Ahnung hat, dann es ist es eben das, was es nicht sagen wird.
Il y a des vérités qui sont de l’ordre du réel. Si je distingue réel, symbolique et imaginaire, c’est bien qu’il y a des vérités réelle, symbolique et imaginaire. S’il y a des vérités sur le réel, c’est bien qu’il y a des vérités qu’on ne s’avoue pas.
Es gibt Wahrheiten, die zur Ordnung des Realen gehören. Wenn ich Reales, Symbolisches und Imaginäres unterscheide, dann weil es reale, symbolische und imaginäre Wahrheiten gibt. Wenn es Wahrheiten über das Reale gibt, dann weil es Wahrheit gibt, die man sich nicht eingesteht.
La consistance de la langue anglaise ?
Die Konsistenz der englischen Sprache?
Jones a dit que les anglais, grâce à la bifidité de leur langue (de racine germanique et de racine latine), pouvaient, passant d’un registre à l’autre, tamponner les choses : ça sert à ce que ça n’aille pas trop loin.
Jones hat gesagt, dass die Engländer, aufgrund der Bifidität ihrer Sprache (von germanischer und von lateinischer Wurzel), indem sie von einem Register zum anderen übergehen, die Dinge abdämpfen können: das sorgt dafür, dass es nicht zu weit geht.
C’est l’équivoque, la pluralité de sens qui favorise le passage de l’inconscient dans le discours.
Das Zweideutige, die Mehrzahl der Bedeutungen erleichtert den Übergang des Unbewussten in die Rede.
L’auto-analyse ?
Die Selbstanalyse?
L’auto-analyse de Freud était une writing-cure, et je crois que c’est pour ça que ça a raté.
Freuds Selbstanalyse war eine writing-cure, und ich glaube das ist der Grund, warum es danebengegangen ist.
Écrire et différent de parler.
Schreiben unterscheidet sich von Sprechen.
Lire est différent d’entendre.
Lesen unterscheidet sich von Zuhören.
La writing-cure, je n’y crois pas.
Ich glaube nicht an die writing-cure.
Qu’est-ce que ça veut dire avoir à écrire, de la littérature, bien sûr ?… une loufoquerie.
Was soll das heißen, schreiben zu müssen, Literatur natürlich? … eine Spinnerei.
Phallus et littérature.
Phallus und Literatur
Le phallus est un manque de rien du tout, un encombrement. Personne ne sait qu’en faire. Le texte littéraire, malgré ses apparences, est sans aucun effet. Il n’a d’effet que sur les universitaires : ça les pique au derrière.
Der Phallus ist ein Mangel an überhaupt gar nichts, eine Unmenge an Gedränge. Niemand weiß, was damit anfangen. Der literarische Text, auch wenn es anders aussieht, ist ohne jeden Effekt. Einen Effekt gibt es nur bei Universitätsleuten: das piekt sie in den Hintern.
Quand je m’intéresse à Joyce, c’est parce que Joyce essaie de passer au-delà ; il a dit que les universitaires parleraient de lui pendant trois cents ans.
Wenn ich mich für Joyce interessiere, dann weil Joyce versucht darüber hinauszugehen; er hat gesagt, dass die Universitätsleute die nächsten 300 Jahre von ihm sprechen werden.
La littérature a essayé de devenir quelque chose de plus raisonnable, quelque chose qui livre sa raison. Parmi les raisons, il en est de très mauvaises : celle de Joyce de devenir un homme important, par exemple. Il est en effet devenu un homme très important.
Die Literatur hat versucht, etwas Vernünftigeres [plus raisonnable] zu werden, etwas, das seinen Grund [raison] preisgibt. Unter den Gründen gibt es ziemlich schlechte: Joyce’ Grund zum Beispiel, ein wichtiger Mann zu werden. Denn er ist tatsächlich ein sehr wichtiger Mann geworden.
Comment se laisse-t-on engluer dans ce métier d’écrivain ? Expliquer l’art par l’inconscient me paraît des plus suspect, c’est ce que font pourtant les analystes. Expliquer l’art par le symptôme me paraît plus sérieux.
Wie kommt es, dass man im Schriftstellerberuf kleben bleibt. Die Kunst mit dem Unbewussten zu erklären, erscheint mir höchst suspekt, und trotzdem ist es das, was die Analytiker tun. Die Kunst mit dem Symptom zu erklären, scheint da seriöser zu sein.
Verwerfung – Verleugnung.
Verwerfung – Verleugnung
Verwerfung, le jugement qui choisit et rejette.
Verwerfung, Urteil, das auswählt und zurückweist.
Verleugnung s’apparente au démenti. Quelque part, je l’avais traduit par « désaveu » ; ça paraît une imprudence.
Verleugnung, nähert sich einem Dementieren. Ich habe es mal mit „désaveu“ [Widerruf] übersetzt; das scheint unvorsichtig.
Le démenti a, je crois, un rapport avec le réel.
Dementieren steht, glaube ich, im Verhältnis zum Realen.
Il y a toutes sortes de démentis qui viennent du réel.
Es gibt alle möglichen Dementis, die vom Realen her kommen.
Les implications politiques de vos recherches psychanalytiques ?
Die politischen Implikationen Ihrer psychoanalytischen Forschungen?
En tout cas, qu’il n’y a pas de progrès.
In jedem Fall gibt es keinen Fortschritt.
Ce qu’on gagne d’un côté, on le perd de l’autre.
Was man auf der eine Seite gewinnt, verliert man auf der anderen.
Comme on ne sait pas ce qu’on a perdu, on croit qu’on a gagné. Mes « tortillons » supposent que c’est borné.
Da man nicht weiß, was man verloren hat, glaubt man gewonnen zu haben. Mein „Verwindungen“ nehmen an, dass das engstirnig ist.
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