Jacques Lacan
Seminar IX, Die Identifizierung
(V) Sitzung vom 13. Dezember 1961
Übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von Max Kleiner und Rolf Nemitz
Rembrandt, Der Geldwechsler,
1627, Öl auf Leinwand, 32 x 42,5 cm,
Gemäldegalerie Berlin
Allgemeines zur Übersetzung
Das Seminar hat 26 Sitzungen. Etwa alle zwei Monate erscheint auf „Lacan entziffern“ die Übersetzung einer weiteren Sitzung. Die bereits veröffentlichten Übersetzungen von Sitzungen dieses Seminars findet man hier.
Die Übersetzung wird zweimal gebracht, zunächst nur deutsch, dann gegenüberstellend: Satz für Satz französisch/deutsch.
Die zweisprachige Fassung enthält in den Anmerkungen zum französischen Text Hinweise auf Transkriptionsprobleme; im deutschen Text findet man Links und Bilder, in den Anmerkungen zum deutschen Text Literaturangaben, Belege und inhaltliche Erläuterungen.
Die Übersetzung stützt sich auf folgende Vorlagen:
- Stenotypie des Seminars auf der Seite der École lacanienne de psychanalyse, hier
- Jacques Lacan: L’identification, dit ‚Séminaire IX“. Prononcé à Ste. Anne en 1961–1962. Herausgegeben und erstellt von Michel Roussan. Mit Anmerkungen, kritischem Apparat und Index. Paris 1992. Nicht im Buchhandel, beziehbar durch den Herausgeber: m.roussan2@free.fr
Ausgaben des Identifizierungs-Seminars im Internet:
- französisch: hier (Stenotypie), hier (Staferla), hier (ALI) S. 1547–1966, hier (Chollet), hier (rue CB)
- englische Übersetzung: hier (Cormac Gallagher), hier (Ben Hooson)
- von Gallagher gelesene Audioaufnahme seiner Übersetzung hier
Eine von Jacques-Alain Miller herausgegebene offizielle Edition des Seminars gibt es nicht.
Vielen Dank an Peter Müller (Psychoanalytiker in Karlsruhe) für die Überlassung seiner Übersetzung dieses Seminars!
Zur Notation
– Zahlen in geschweiften Klammern und grauer Schrift, z.B. {10}, verweisen auf die Seiten der Transkription, die Roussan als „Daktylographie 1“ bezeichnet; diese Seitenzahlen sind am Rand von Roussans Edition angegeben und beginnen dort mit einer linken eckigen Klammer, also etwa mit „[10“. Daktylographie 1 ist die Transkription, die man auf der Seite der ELP findet (mit Ausnahme der 20. Sitzung), hier.
– Ein doppelter Bindestrich, also: --, markiert, dass an dieser Stelle ein Satz grammatisch unvollständig abbricht.
– Wörter mit Sternchen: im Original deutsch.
– Der Schrägstrich / verbindet Übersetzungsvarianten.
– Einfügungen in runden Klammern enthalten Formulierungen des französischen Originals.
– Einfügungen in eckigen Klammern dienen der Erläuterung und sind nicht von Lacan.
– Einfügungen in spitzen Klammern: Ersatz für vermutlich ausgefallenen Text..
Sitzung vom 13. Dezember 1961
Deutsch
{1} Μονἀς ἐστιν χαθ ἤν ἕκαστον τῶν ὄντων ἓν λέγεται.
Ἀριθμὁς δἑ τὁ ἑκ μονάδων συγκείμενον πλῆθος.
Monas estin chathēn hekaston tōn ontōn hen legestai.
Arithmos de to ek monadōn synkeimenon plēthos.
(Euklid, Elemente, Buch VII, Definitionen 1 und 2)
Dieser Satz ist dem Anfang des siebten Buchs der Elemente von Euklid entnommen; er schien mir alles in allem das Beste zu sein, was ich gefunden habe, um auf der mathematischen |{2} Ebene die Funktion auszudrücken, auf die ich beim letzten Mal bei unserem Problem Ihre Aufmerksamkeit lenken wollte: die Funktion der Eins.
Das heißt nicht, dass ich danach hätte suchen müssen, dass ich Mühe gehabt hätte, bei den Mathematikern etwas zu finden, das sich darauf bezieht – die Mathematiker, zumindest ein Teil von ihnen, diejenigen, die bei der Erkundung ihres Feldes zu ihrer jeweiligen Zeit die Spitze bildeten, haben sich mit dem Status der Einheit ausgiebig beschäftigt. Es ist jedoch keineswegs allen gelungen, zu gleichermaßen befriedigenden Formulierungen zu gelangen; es scheint sogar, dass einige mit ihren Definitionen in eine ungeeignete Richtung gegangen sind.
Wie auch immer, ich bin keineswegs unglücklich darüber, dass jemand wie Euklid – der in Sachen Mathematik sicherlich nicht anders angesehen werden kann denn als jemand von guter Herkunft –, dass er also diese Formel liefert, die umso bemerkenswerter ist, als sie ausgerechnet von einem Kenner der Geometrie artikuliert wird.
Dass „Eine Einheit ist …“ – denn das ist die Bedeutung des Wortes μονἀς [monas], das ist die Einheit in dem genauen Sinn, in dem ich sie für uns beim letzten Mal mit der folgenden Bezeichnung zu benennen versucht habe, ich werde noch darauf zurückkommen, warum ich sie so genannt habe: der unäre Zug (trait unaire). Der Zug, insofern er als solcher der Träger der Differenz ist, das ist ja der Sinn, den μονἀς hier hat; es kann keinen anderen haben, wie der anschließende Text uns zeigen wird. Μονἀς also, das heißt die Einheit im Sinne des unären Zugs / des Einzelstrichs, so, wie ich Sie hier darauf hinweise, dass er das abdeckt und in seiner Funktion auf den Punkt verweist, den es uns letztes Jahr gelungen ist, auf dem Feld unserer Erfahrung im Freud’schen Text selbst als den *einzigen Zug* auszumachen.
„Das, wodurch von jedem Seienden gesagt wird, dass es ein Ein ist“ – mit dem, was dieses ἕν [hen] an Mehrdeutigkeit mit sich führt, Neutrum von εἶς [heis], was im Griechischen einer bedeutet und was genau das ist, was man im Griechischen wie auch im Französischen verwenden kann, um die Funktion der Einheit zu bezeichnen, insofern sie der Kohärenzfaktor ist, durch den etwas sich von dem, wovon es umgeben ist, unterscheidet und ein Ganzes bildet, ein Eines im unitären Sinne der Funktion.
Also, „vermittels der Einheit kommt es dazu, dass über jedes Seiende gesagt wird, es sei Eines“ – als Kennzeichen eines jeden Seienden wird hier das Aufkommen dieser Einheit im Sprechen |{3} benannt; die Einheit kommt zustande durch die Verwendung des μονἀς, das nichts anderes ist als der einzige Zug.
Das war es wert, festgehalten zu werden, und dies durch die Feder eines Kenners der Geometrie, also von jemandem, der sich in der Mathematik offensichtlich so verortet, dass zumindest für ihn, wie wir sagen müssen, die Anschauung ihren gesamten ursprünglichen Wert behält. Er ist kein beliebiger Kenner der Geometrie, das stimmt, denn in der Geschichte der Geometrie können wir ihn als denjenigen herausstellen, der als erster die Forderung nach Beweisführung einführt, als etwas, wodurch die Geometrie absolut dominiert werden muss, im Unterschied zu dem, was man als Raumerfahrung bezeichnen kann, als Vertrautheit mit dem Raum.
Ich beende die Übersetzung des Zitats: dass die Zahl nichts anderes ist als die Art von Vielheit, die genau aus der Einführung der Einheiten hervorgeht, der Monaden, in dem Sinne, wie es in Euklids Text verstanden wird.
*
Wenn ich diese Funktion mit dem unären Zug gleichsetze, wenn ich daraus die enthüllte Gestalt des *einzigen Zugs* der Identifizierung mache, zu welchem wir auf unserem Weg des letzten Jahres geführt worden sind, dann sollten wir hier darauf hinweisen – bevor wir weiter voranschreiten und damit Sie wissen, dass die Verbindung nie verloren geht, die Verbindung zu dem, was das direkteste Feld unseres technischen und theoretischen Bezugs auf Freud ist –, sollten wir also darauf hinweisen, dass es sich um die zweite Art der Identifizierung handelt, Seite 117 von Band 13 der Gesammelten Werke von Freud. Das steht am Ende |{4} der Definition der zweiten Art der Identifizierung, die er regressiv nennt, da sie mit dem Aufgeben eines Objekts verbunden ist, das er als geliebtes Objekt definiert – das in den Zeichnungen von Töpffer humoristisch mit einem Bindestrich (trait d’union) dargestellt wird.
Rodolphe Töpffer: Mr Vieux Bois. 1ère partie. 1857.
Bibliothèque numérique romande. ebooks.bnr.com, von hier
Dieses geliebte Objekt reicht von der auserwählten Frau bis hin zu seltenen Büchern. „Pfui (Fi)!“, wie mal jemand aus meinem Bekanntenkreis sagte, mit einer gewissen Empörung über meine Bibliophilie.
In irgendeiner Weise ist es immer mit dem Aufgeben oder dem Verlust dieses Objekt verbunden, wenn sich, wie Freud uns sagt, diese Art von regressivem Zustand herstellt, woraus, wie er betont, diese Identifizierung mit etwas hervorgeht – was für uns eine Quelle der Bewunderung ist, wie jedes Mal, wenn der Entdecker einen Zug benennt, der durch seine Erfahrung gesichert ist und wobei es zunächst so aussieht, als würde nichts ihn notwendig machen, als handele es sich um ein zufälliges Merkmal (caractère). Auch begründet er ihn nicht, außer durch seine Erfahrung.
Es ist wirklich bemerkenswert, dass bei dieser Art der Identifizierung, bei der das Ich (moi) in der Situation bisweilen das ungeliebte, bisweilen das geliebte Objekt kopiert, die Identifizierung in beiden Fällen partiell ist, eine *höchst beschränkte*, dass es *nur ein einziger Zug* der Objektperson ist, der als ersatz genommen wird, mit dem deutschen Wort.
Es mag Ihnen also scheinen, dass auch ich, wenn ich diese Identifizierung vermittels der zweiten Art angehe, mich beschränke*, dass ich damit die Reichweite meines Zugangs einenge, denn es gibt ja noch die andere, die Identifizierung der ersten Art, diejenige, die – außerordentlich ambivalent – vor dem Hintergrund des Bildes des assimilierenden Verschlingens zustande kommt.
Und in welcher Beziehung steht sie zur dritten, zu derjenigen, |{5} die sofort nach der Stelle beginnt, die ich Ihnen im anschließenden Absatz bezeichne, zur Identifizierung mit dem anderen durch Vermittlung des Begehrens, eine Identifizierung, die wir gut kennen, die hysterisch ist, zu der ich Ihnen jedoch beigebracht habe, ich denke, dass Ihnen das hinreichend klar sein sollte, dass man sie erst von dem Moment an gut unterscheiden konnte – und ich sehe nicht, dass jemand es anderswo als hier getan hätte und bevor es hier geschah –, erst von dem Moment an, in dem man das Begehren als etwas strukturiert hat, das als sein Zugrundeliegendes zumindest die gesamte Artikulation voraussetzt, die wir von den Beziehungen des Subjekts namentlich zur Signifikantenkette gegeben haben, insofern dieses Verhältnis die Struktur jeder Beziehung des Subjekts zu all seinen Bedürfnissen tiefgreifend verändert.
Dieser partielle Charakter des Zugangs, dieser Einstieg in das Problem um die Ecke herum, wenn ich so sagen darf – ich habe, wenn ich Sie darauf hinweise, das Gefühl, dass es angebracht ist, dass ich das heute rechtfertige. Und ich hoffe, um mich ohne allzu große Umwege verständlich zu machen, dass ich es recht schnell tun kann, indem ich Sie an etwas erinnere, das für uns ein Grundsatz der Methode ist, nämlich dass wir uns – angesichts unseres Platzes, unserer Funktion – bei unserer Urbarmachung, sagen wir, vor dem Allgemeinen (général) hüten müssen, und treiben Sie das so weit Sie wollen: vor der Gattung (genre) und sogar vor der Klasse.
Es mag Ihnen seltsam vorkommen, dass jemand, der Ihnen gegenüber, bei der Artikulation der |{6} Phänomene, mit denen wir es zu tun haben, die Prägnanz der Funktion der Sprache betont, dass er sich hier von einem Beziehungsmodus abgrenzt, der im Bereich der Logik wahrhaft grundlegend ist. Wie soll man sich auf eine Logik beziehen, wie von einer Logik sprechen, die in ihrem ersten anfänglichen Schritt das Misstrauen gegenüber dem Begriff der Klasse hervorheben muss, ein Misstrauen, das ich als ganz ursprünglich ansetzen möchte? Das ist ja eben das, worin das Feld, das wir hier zu artikulieren versuchen, seine Originalität und seine Besonderheit gewinnt.
Was mich dazu veranlasst, ist keineswegs eine prinzipielle Voreingenommenheit. Vielmehr ist es die Notwendigkeit unseres eigenen Gegenstandes, die uns zu dem drängt, was sich im Laufe der Jahre, Stück für Stück, tatsächlich entwickelt: eine logische Artikulation, die mehr als nur andeutet, die sich – vor allem, wie ich hoffe, in diesem Jahr – immer mehr der Ausarbeitung von Algorithmen nähert, die es mir erlauben, dieses Kapitel als Logik zu bezeichnen, ein Kapitel, das wir den von der Sprache ausgeübten Funktionen werden hinzufügen müssen, in einem bestimmten Feld des Realen, in dem wir als sprechende Wesen die Führer sind.
Hüten wir uns also aufs Äußerste – um einen Platon’schen Terminus zu verwenden – vor jeder koinonia tōn genōn, vor all dem, was in jedweder Gattung die Figur der Gemeinschaft ist und insbesondere bei denen, die für uns die ursprünglichsten sind. Die drei Identifizierungen bilden wahrscheinlich keine Klasse. Wenn sie dennoch denselben Namen tragen können, der hier den Schatten eines Begriffs hineinbringt, müssen wir sicherlich auch dem gerecht werden. Wenn wir |{7} mit Genauigkeit vorgehen, ist das wohl keine Aufgabe, die unsere Kräfte übersteigt.
Tatsächlich wissen wir bereits, dass das, was für uns eine universelle Funktion ist, stets auf der Ebene des Besonderen auftaucht, und darüber sollten wir uns – auf der Ebene des Feldes, in dem wir uns bewegen – nicht zu sehr wundern, denn was die Funktion der Identifizierung angeht, so kennen wir bereits – dafür haben wir genügend zusammen gearbeitet – die Bedeutung der Formel, dass das, was geschieht, im Wesentlichen auf der Ebene der Struktur geschieht. Und die Struktur – muss man daran erinnern? doch, ich glaube, dass ich heute, bevor ich einen Schritt weiter gehe, daran erinnern muss –, die Struktur ist das, was wir namentlich als Spezifizierung eingeführt haben, Register des Symbolischen.
*
Wenn wir dieses Register, das des Symbolischen, vom Imaginären und vom Realen unterscheiden, dann sollte ich wohl auch auf all das hinweisen, was es hierbei an Zögern geben könnte, da etwas am Rande gelassen wurde, worüber sich, soweit ich sehe, noch nie jemand offen beunruhigt hat – ein Grund mehr, um hierüber jede Mehrdeutigkeit auszuräumen.
Es handelt sich nicht um eine ontologische Definition; was ich hier voneinander trenne sind keine Bereiche des Seins.
Wenn ich von einem bestimmten Zeitpunkt an, in dem der Entstehung dieser Seminare, glaubte, die Triade des Symbolischen, des Imaginären und des Realen ins Spiel bringen zu müssen, so deshalb, weil dieses dritte Element – das als solches bis dahin in unserer Erfahrung nicht hinreichend unterschieden wurde – in meinen Augen eben das ist, was durch diese Entdeckung eines Bereichs der Erfahrung |{8} gebildet wird. Und um diesem Ausdruck jede Mehrdeutigkeit zu nehmen: Es geht um die Freud’sche Erfahrung, um ein Experimentierfeld, wie ich sagen möchte. Ich meine, es geht nicht um Erlebnis*, es geht um einen Bereich, der auf eine bestimmte Weise konstituiert wird, in gewissem Maße durch einen Kunstgriff, denjenigen, den die psychoanalytische Technik als solche einführt, die komplementäre Seite der Freud’schen Entdeckung, komplementär in der Weise wie Vorder- und Rückseite tatsächlich miteinander verbunden sind. Was sich zuerst in diesem Bereich gezeigt hat, wissen Sie natürlich, nämlich die Funktion des Symbols und damit zugleich das Symbolische.
Im gesamten Bereich der Kultur hatten diese Termini von Anfang an die faszinierende, verführerische, fesselnde Wirkung, die Sie kennen, diese Schockwirkung, der sich, wie Sie wissen, kaum ein Denker, und sei er noch so feindlich, entziehen konnte. Man muss auch sagen, dass uns diese Erfahrung verloren gegangen ist, seit jener Zeit der Entdeckung und ihrer Verknüpfung mit der Funktion des Symbols; uns ist ihre Frische verloren gegangen, wenn man so sagen darf, die Frische, die mit dem einhergeht, was ich den Schock- und Überraschungseffekt genannt habe, so wie Freud selbst ihn treffend als etwas definiert hat, das für das Auftauchen der Beziehungen des Unbewussten charakteristisch ist.
Diese schlagartigen Aufhellungen der Imago, charakteristisch für diese Epoche, wodurch uns, wenn man so sagen darf, neue Arten der Einbindung der imaginären Wesen erschienen sind, wodurch plötzlich etwas erhellt wurde, nämlich im strengen Sinne ihre |{9} Bedeutung, durch einen Zugriff, den wir nicht besser charakterisieren könnten als ihn mit dem Terminus des Begriffs* zu bezeichnen, haftender Griff, da, wo die Ebenen zusammengehen, Funktion der Fixierung, irgendeine Haftung*, die für unseren Zugang zu diesem imaginären Feld so charakteristisch ist und die zugleich eine Dimension der Genese evoziert, in der die Dinge, statt sich zu entwickeln, sich ausweiten, eine bestimmte Mehrdeutigkeit, die es erlauben sollte, das Schema der Evolution als präsent beizubehalten, als etwas, das im Feld unserer Entdeckungen gewissermaßen auf natürliche Weise enthalten ist.
Wie können wir bei all dem erklären, dass in der Entwicklung der Lehre letztlich das eingetreten ist, was kennzeichnend ist für die tote Zeit, die unter verschiedenen Überschriften und Rubriken von allen möglichen Theoretikern und Praktikern aufgezeigt worden ist? Wie kam es zu dieser Art von Verpuffen, das uns das aufzwingt, was hier unsere eigentliche Aufgabe ist, die, zu der ich Sie hinführen möchte, nämlich, ausgehend von reineren Grundsätzen, unsere gesamte Dialektik noch einmal zu überdenken?
Wir sollten doch in der Lage sein, irgendwo die Quelle für diese Art des Richtungsverlusts anzugeben, der zur Folge hat, dass wir alles in allem sagen können, dass nach einer gewissen Zeit diese Einsichten für uns nur dann lebendig bleiben, wenn wir uns auf die Zeit ihrer Entstehung zurückbeziehen, und dies gilt umso mehr für die Ebene der Wirksamkeit in unserer Technik, für die Wirkung unserer Deutungen, für das, |{10} wodurch sie wirksam sind.
Salvador Dalí, Die Beständigkeit der Erinnerung (La persistencia de la memoria),
auch „Die weichen Uhren“ genannt,
1931, Öl auf Leinwand, 24 x 33 cm,
Museum of Modern Art, New York
Warum sind die von uns entdeckten Imagines gewissermaßen banal geworden? Liegt das nur an einer Art Vertrautheitseffekt? Wir haben gelernt, mit diesen Gespenstern zu leben, wir haben keine Scheu vor dem Vampir, dem Kraken, wir atmen im Raum des Mutterleibs, zumindest per Metapher. Die Comics, auch sie mit einem gewissen Stil, die humoristische Zeichnung, bringen diese Bilder für uns auf eine Weise zum Leben wie man das in einer anderen Epoche nie gesehen hat, sie transportieren sogar die ursprünglichen Bilder der analytischen Entdeckung und machen daraus einen Gegenstand der gewöhnlichen Unterhaltung. Am Horizont: die weiche Uhr und die Funktion des Großen Masturbators, festgehalten in den Bildern von Dalí.
Salvador Dalí, Der große Masturbator,
1929, Öl auf Leinwand, 110 x 150 cm,
Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid
Scheint nur hier unser Können nachzulassen, beim instrumentellen Gebrauch dieser Bilder als etwas, das weiterführt? Sicherlich nicht nur, denn hier, in die Schöpfungen der Kunst projiziert, wenn ich so sagen darf, bewahren sie noch ihre Kraft, die ich nicht nur eindringlich, sondern kritisch nennen möchte, sie bewahren etwas von ihrem spöttischen oder beunruhigenden Charakter.
In unserer Beziehung zu demjenigen, der uns in der laufenden Kur darauf hinweist, geht es jedoch nicht darum. Hier bleibt uns als Absicht unseres Handelns nur die Pflicht, es gut zu machen, wobei das Zum-Lachen-Bringen nur |{11} ein sehr gelegentlicher und begrenzt anwendbarer Weg ist.
Und was wir hier beobachten konnten, ist nichts anderes als eine Wirkung, die man als Rückfall oder Verfall bezeichnen kann, das heißt, wir haben gesehen, dass diese Bilder ganz einfach zu dem zurückkehren, was sich selbst sehr gut mit dem Namen des Archetypus bezeichnet hat, das heißt ein alter Trick aus dem Laden der gängigen Requisiten. Das ist eine Tradition, die unter der Überschrift Alchemie oder Gnosis recht gut bekannt war, die jedoch mit einer sehr alten Verwirrung einherging, in die das Feld des menschlichen Denkens jahrhundertelang verwickelt blieb.
*
Es könnte scheinen, das Verständnis unseres Bezugsfeldes, von dem ich mich abgrenze oder vor dem ich Sie warne, sei das der Gestalt*. Das ist nicht ganz richtig. Es liegt mir fern, zu unterschätzen, was, zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte des Denkens, die Funktion der Gestalt* geleistet hat. Um mich jedoch schnell auszudrücken und weil ich hier so etwas wie eine Klärung unseres Horizonts vornehme, wie ich sie von Zeit zu Zeit wiederholen muss, eben um zu vermeiden, dass immer wieder dieselben Verwirrungen entstehen, möchte ich, um mich verständlich zu machen, die folgende Unterscheidung einführen.
Das, was den Kern einiger Produktionen dieser Art, das Feld der Gestalt* zu erkunden, ausmacht, nämlich das, was ich die Kristallgestalt* nennen möchte, diejenige, die den Akzent auf die Verbindungspunkte setzt, auf die Punkte der Verwandtschaft zwischen den natürlichen Formationen und den strukturellen |{12} Organisationen, insofern sie nur von der Signifikanten-Kombinatorik her auftauchen und definierbar sind, es ist dies, was hierbei die subjektive Kraft ausmacht, die Wirksamkeit dieses Punktes, der ontologisch ist und an dem uns etwas geliefert wird, das wir tatsächlich brauchen, nämlich zu wissen, ob es eine Beziehung gibt, mit der sich die pflugscharartige Einführung der Wirkung des Signifikanten in das Reale begründen lässt.
Aber das betrifft nicht uns, dies ist nicht das Feld, mit dem wir es zu tun haben. Wir sind nicht hier, um das Ausmaß des Natürlichen in der modernen Physik zu beurteilen, auch wenn es für uns interessant sein könnte – und das tue ich von Zeit zu Zeit bisweilen vor Ihnen – zu zeigen, dass die Physik, historisch gesehen, genau in dem Maße, in dem sie das Natürliche der Dinge völlig vernachlässigt, begonnen hat, zum Realen zu gelangen.
Die Gestalt*, vor der ich Sie warne, ist eine Gestalt*, die, wie Sie sehen werden – im Gegensatz zu dem, was die Initiatoren der Gestalttheorie* anstrebten –, einen rein verworrenen Bezug zur Funktion der Gestalt herstellt, zu jener, die ich anthropomorphe Gestalt* nenne, diejenige, die, auf welchem Wege auch immer, das, was uns unsere Erfahrung liefert, mit dem alten analogischen Bezug auf Mikrokosmus und Makrokosmus, auf den universalen Menschen vermengt, Register, die letztlich ziemlich |{13} kurz greifen und deren relative Unfruchtbarkeit die Analyse, soweit sie sich darin wiederzufinden glaubte, nur ein weiteres Mal aufzeigt.
Das soll nicht heißen, dass die Bilder, die ich vorhin humoristisch evoziert habe, nicht ihr Gewicht hätten, und auch nicht, dass wir uns ihrer nicht weiterhin bedienen sollten.
Für uns selbst sollte die Art, wie wir es seit einiger Zeit vorziehen, sie im Schatten lauern zu lassen, ein Hinweis sein. Es wird kaum noch darüber gesprochen, allenfalls mit einer gewissen Distanz. Sie sind da – um eine Freud’sche Metapher zu verwenden – wie einer dieser Schatten, die bereit sind, aus der Unterwelt aufzusteigen. Es ist uns nicht wirklich gelungen, sie wiederzubeleben, offenbar haben wir Ihnen nicht genügend Blut zu trinken gegeben. Aber na ja, umso besser, wir sind keine Nekromanten.
Genau hier fügt sich dieser Hinweis daran ein, was für meine Lehre kennzeichnend ist und was geeignet ist, die Ansicht der Dinge vollständig zu verändern, um nämlich zu zeigen, dass der Kern von dem, was die Freud’sche Entdeckung mit sich brachte, nicht in dieser Wiederkehr der alten Gespenster bestand, sondern in einer anderen Beziehung.
*
Heute früh habe ich plötzlich eine dieser kleinen Äußerungen über die psychische Kausalität aus dem Jahre 1946 wiedergefunden, mit denen ich unmittelbar nach dem Krieg in den Kreis der Psychiater zurückgekehrt bin, und in dieser kleinen Arbeit hier |{14} – ein Text, der in den Entretiens de Bonneval erschienen ist – steht in einer Art Randbemerkung oder Einschub zu Beginn des abschließenden Absatzes, fünf Zeilen vor Schluss, das, was ich über die Imago zu sagen hatte:
„Unzugänglicher unseren Augen, die gemacht sind für die Zeichen des Wechslers“,
das Nächste ist nicht so wichtig:
„als das, dessen unwahrnehmbare Spur der Jäger der Wüste zu sehen weiß:“,
sage ich, den ich nur erwähne, weil wir ihn beim letzten Mal wiedergefunden haben, wenn ich mich recht erinnere,
„der Tritt der Gazelle auf dem Fels, werden sich eines Tages die Aspekte der Imago offenbaren.“
Im Augenblick ist die Betonung auf den Beginn des Abschnitts zu legen: „Unzugänglicher unseren Augen …“ – was sind das für „Zeichen des Wechslers“? Welche Zeichen? Und welcher Wechsel? Oder welcher Wechsler? Diese Zeichen sind eben das, was ich Sie aufgefordert habe, als Signifikanten zu artikulieren, das heißt die Zeichen, insofern sie genau durch ihre Assoziativität in der Kette operieren, durch ihre Kommutativität, durch die als solche erfasste Funktion der Permutation.
Und darin besteht die Funktion des Wechslers: in der Einführung eines Wechsels / einer Veränderung in das Reale, eines Wechsels, der weder Bewegung ist noch Entstehen noch Vergehen noch irgendeine von all den Kategorien der Veränderung, wie sie in einer Tradition dargestellt werden, die wir als aristotelisch bezeichnen können, also der Tradition der Erkenntnis (connaissance) als |{15} solcher, ein Wechsel, der vielmehr zu einer anderen Dimension gehört, worin die Veränderung, um die es geht, als solche durch die Kombinatorik definiert wird sowie durch die Topologie, die wir durch die Kombinatorik definieren können, als Emergenz dieses Faktums, des Faktums der Struktur, gelegentlich als Degradierung, das heißt als Zusammenbruch der Struktur dieses Bereichs und als Rückkehr zur Vereinnahmung durch das natürliche Bild.
Kurz, es zeichnet sich etwas ab – so werden Sie sagen –, das doch wohl nur der funktionierende Rahmen des Denkens ist. Und warum nicht? Vergessen wir nicht, dass das Wort Denken bei Freud präsent ist und dass es von ihm von Beginn an als etwas hervorgehoben wird, das sicherlich nichts anderes sein kann als eine Bezeichnung für das, was im Unbewussten vor sich geht. Denn das, wovon Freud sich hier leiten ließ, war gewiss nicht das Bedürfnis, das Vorrecht des Denkens als solchen zu bewahren, irgendeinen Primat des Geistes, weit davon entfernt. Wenn er diesen Terminus hätte vermeiden können, hätte er es getan.
*
Und was bedeutet das auf dieser Ebene? Und warum habe ich in diesem Jahr geglaubt, nicht etwa von Platon ausgehen zu müssen, von den anderen ganz zu schweigen, aber auch nicht von Kant und nicht von Hegel, sondern von Descartes? Eben deshalb, um anzuzeigen, dass es dort, wo für uns das Problem des Unbewussten liegt, um die Autonomie des Subjekts geht, insofern sie in unserem Feld nicht nur erhalten bleibt, sondern betont wird wie nie zuvor, und dies eben durch |{16} die Paradoxie, dass die Wege, die wir hier entdecken, nur so denkbar sind, dass hierbei in strengem Sinne das Subjekt der Führer ist, und zwar umso sicherer, als sich dies vollzieht, ohne dass es davon weiß, ohne dass es davon, wenn ich so sagen darf, der Komplize wäre, [lat.] conscius, denn es kann zu nichts und in nichts voranschreiten, das es nicht erst nachträglich entdeckt, denn nichts wird hier von ihm hervorgebracht, das es nicht zunächst verkennt. Das ist das, wodurch sich das Feld des Unbewussten, wie es uns von Freud enthüllt wurde, auszeichnet. Es ist nicht möglich, dieses Feld zu formalisieren, zu formulieren, wenn wir nicht sehen, dass es nur begreifbar ist, wenn wir darin in jedem Moment – und zwar auf die offensichtlichste und spürbarste Weise – die Autonomie des Subjekts erhalten sehen, ich meine: das, wodurch das Subjekt in keinem Fall auf einen Traum der Welt reduziert werden kann.
Von dieser Permanenz des Subjekts zeige ich Ihnen die Referenz und nicht die Präsenz, denn die Präsenz kann nur auf Grundlage dieser Referenz erfasst werden. Beim letzten Mal habe ich es Ihnen in diesem trait unaire gezeigt und damit bezeichnet – einziger Zug, unärer Zug, Einzelstrich –, in dieser Funktion des „Stabes“ als Figur der Eins, insofern sie nur ein unterscheidender Zug ist, ein Strich, der umso distinktiver ist, als fast alles, was ihn unterscheidet, ausgelöscht ist, außer, ein Strich zu sein, wobei ich die Tatsache betont habe, dass er, je ähnlicher er ist, umso besser funktioniert, ich sage nicht: als Zeichen, sondern: als Träger der Differenz. Und wobei dies nur eine |{17} Einführung in den Umriss der Dimension ist, die ich vor Ihnen zu akzentuieren versuche, denn tatsächlich gibt es hier kein je ähnlicher, umso besser, es gibt hier kein Ideal der Ähnlichkeit, kein Ideal des Auslöschens der Merkmale (traits). Das Auslöschen der qualitativen Unterschiede soll uns nur ermöglichen, die vom Zug bzw. Strich bezeichnete Paradoxie der radikalen Andersheit zu erfassen, und letztlich ist es wenig wichtig, dass die Striche einander ähneln; das, was ich gerade die Funktion der Andersheit genannt habe, beruht auf etwas anderem.
Und als ich beim letzten Mal meinen Vortrag beendete, habe ich auf diese Funktion verwiesen, auf die Funktion, die der Wiederholung Folgendes sichert, nämlich dass durch diese Funktion, allein durch sie, die Wiederholung der Identität ihrer ewigen Wiederkehr entkommt – sei es in Gestalt des Jägers, der die Zahl von was einkerbt? der Züge, in denen er seine Beute erreicht, oder des göttlichen Marquis, der uns zeigt, dass er sogar auf dem Höhepunkt seines Begehrens darauf achtet, die „Schläge“ zu zählen –, und dass dies hier eine wesentliche Dimension ist, insofern sie niemals die mit ihr einhergehende Notwendigkeit aufgibt, in fast keiner unserer Funktionen.
Die Schläge zählen, der Strich/Zug, der zählt – was ist das? Können Sie hier noch gut folgen? Begreifen Sie doch, was ich damit sagen will. Was ich damit sagen will, ist etwas, dessen Triebkraft |{18} leicht vergessen wird, dass nämlich das, womit wir es beim Wiederholungszwang zu tun haben, Folgendes ist:
Ein Zyklus, wie verstümmelt, deformiert oder abgeschliffen wir ihn auch definieren mögen – sobald er ein Zyklus ist und mit der Rückkehr zu einem Endpunkt einhergeht, können wir ihn nach dem Modell des Bedürfnisses und der Befriedigung auffassen.
Dieser Zyklus wiederholt sich. Es spielt keine Rolle, ob er ganz derselbe ist oder kleine Unterschiede aufweist, die kleinen Unterschiede werden nur dazu dienen, ihn in seiner Funktion als Zyklus zu erhalten, indem sie sich auf etwas beziehen, das sich als ein bestimmter Typus definieren lässt, wodurch ja sämtliche Zyklen, die ihm vorausgingen, sogleich miteinander identifiziert werden, da sie, indem sie ihn reproduzieren, eigentlich derselbe sind.
Nehmen wir, um das, was ich gerade sage, zu verbildlichen, den Verdauungszyklus. Jedes Mal, wenn wir einen durchlaufen, wiederholen wir die Verdauung. Ist es das, worauf wir uns beziehen, wenn wir in der Analyse vom Wiederholungszwang sprechen? Liegt es an einem Wiederholungszwang, dass wir Verdauungen vollziehen, die immer in etwa dieselbe Verdauung sind?
Ich werde Ihnen nicht den Ausweg lassen, zu sagen, bis dahin sei das ein Sophismus. Natürlich kann es bei dieser Verdauung auch Vorfälle geben, die sich auf die Erinnerung an frühere gestörte Verdauungsvorgänge zurückführen lassen, Effekte von Ekel oder Übelkeit, gebunden an diese oder jene zufällige Verbindung eines bestimmten Nahrungsmittels |{19} mit bestimmten Umständen. Das wird uns jedoch keinen weiteren Schritt tun lassen, um die Distanz zwischen dieser Wiederkehr des Zyklus und der Funktion des Wiederholungszwangs zu überbrücken.
Denn der Wiederholungszwang, mit dem wir es zu tun haben, bedeutet Folgendes: Wenn ein bestimmter Zyklus, der nur dieser bestimmte war – hier zeichnet sich der Schatten des „Traumas“ ab, das ich hier nur in Anführungszeichen setze, denn was ich davon festhalte, ist nicht seine traumatische Wirkung, sondern nur seine Einzigkeit –, dieser bestimmte also, der durch diesen bestimmten Signifikanten bezeichnet wird, der allein das stützen kann, was wir im Folgenden als Buchstabe zu definieren lernen werden: Drängen des Buchstabens im Unbewussten, dieses große A, das initiale A, insofern es abzählbar ist, dass also dieser bestimmte Zyklus, und kein anderer, einem bestimmten Signifikanten gleichkommt.
Aus diesem Grunde wiederholt sich das Verhalten: um den Signifikanten, der es als solches ist, wieder hochkommen zu lassen, diese Nummer, die von ihm begründet wird. Wenn die symptomatische Wiederholung für uns eine Bedeutung hat, dann verweise ich Sie damit darauf, sich auf Folgendes zu beziehen: auf ein Nachdenken über die Tragweite Ihres eigenen Denkens. Wenn Sie über die Einwirkung der Wiederholung auf die Symptombildung sprechen, dann insofern als das, was sich wiederholt, nicht nur dazu dient, die natürliche Funktion des Zeichens zu erfüllen – das heißt, eine Sache zu repräsentieren, die Sache, die hier aktualisiert werden würde –, sondern um als solches den abwesenden Signifikanten zu präsentifizieren, zu dem |{20} dieses Handeln geworden ist. Ich sage: Insofern das Verdrängte ein Signifikant ist, präsentiert sich an seiner Stelle dieser reale Verhaltenszyklus.
Und an diesem Punkt – weil ich mir auferlegt habe, dem, was ich vor Ihnen darlegen muss, eine genaue und für einige von Ihnen günstige zeitliche Grenze zu setzen – höre ich auf. Was sich zu all dem an Bestätigung und an Kommentaren aufdrängt, so können Sie sich darauf verlassen, dass ich sie Ihnen im Weiteren, auf die angemessenste Weise artikuliert, noch geben werde, so überraschend Ihnen auch das Abrupte meiner soeben gemachten Darlegungen erscheinen mochte.
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Quentin Massys, Der Geldwechsler und seine Frau,
1514, Öl auf Holztafel, 70,5 x 67 cm,
Louvre, Paris
Französisch/deutsch
{1} Μονἀς ἐστιν χαθ ἤν ἕκαστον τῶν ὄντων ἓν λέγεται.
Ἀριθμὁς δἑ τὁ ἑκ μονάδων συγκείμενον πλῆθος.
Monas estin chathēn hekaston tōn ontōn hen legestai.
Arithmos de to ek monadōn synkeimenon plēthos.
(Euklid, Elemente, Buch VII, Definitionen 1 und 2)1
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Cette phrase est empruntée au début du septième livre des Éléments d’Euclide, et qui m’a parue, à tout prendre, la meilleure que j’ai trouvée pour exprimer, sur le plan |{2} mathématique, cette fonction sur laquelle j’ai voulu attirer votre attention la dernière fois, de l’un dans notre problème.
Dieser Satz ist dem Anfang des siebten Buchs der Elemente von Euklid entnommen; er schien mir alles in allem das Beste zu sein, was ich gefunden habe, um auf der mathematischen Ebene die Funktion auszudrücken, auf die ich beim letzten Mal bei unserem Problem Ihre Aufmerksamkeit lenken wollte: die Funktion der Eins.2
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Ce n’est pas que j’aie dû la chercher, que j’aie eu de la peine à trouver chez les mathématiciens quelque chose qui s’y rapporte.
Das heißt nicht, dass ich danach hätte suchen müssen, dass ich Mühe gehabt hätte, bei den Mathematikern etwas zu finden, das sich darauf bezieht.3
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Les mathématiciens, au moins une partie d’entre eux, ceux qui, à chaque époque, ont été en flèche dans l’exploitation de leur champ, se sont beaucoup occupés du statut de l’unité.
Die Mathematiker, zumindest ein Teil von ihnen, diejenigen, die bei der Erkundung ihres Feldes zu ihrer jeweiligen Zeit die Spitze bildeten, haben sich mit dem Status der Einheit ausgiebig beschäftigt.
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Mais ils sont loin d’être arrivés tous à des formules également satisfaisantes, il semble même que, pour certains, cela soit allé, dans leurs définitions, droit dans la direction opposée à ce qui convient.
Es ist jedoch keineswegs allen gelungen, zu gleichermaßen befriedigenden Formulierungen zu gelangen; es scheint sogar, dass einige mit ihren Definitionen in eine ungeeignete Richtung gegangen sind.
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Quoi qu’il en soit, je ne suis pas mécontent de penser que quelqu’un comme Euclide, qui tout de même en matière de mathématiques ne peut pas être considéré autrement que comme de bonne race, donne cette formule, justement d’autant plus remarquable qu’articulée par un géomètre.
Wie auch immer, ich bin keineswegs unglücklich darüber, dass jemand wie Euklid – der in Sachen Mathematik sicherlich nicht anders angesehen werden kann denn als jemand von guter Herkunft –, dass er also diese Formel liefert, die umso bemerkenswerter ist, als sie ausgerechnet von einem Kenner der Geometrie artikuliert wird.
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Que De qui est l’unité… car c’est là le sens du mot μονἀς [monas], c’est l’unité au sens précis où j’ai essayé de nous la désigner la dernière fois sous la désignation de ce que j’ai appelée – je reviendrai encore sur ce pourquoi je l’ai appelé ainsi – le trait unaire.
Dass „Eine Einheit ist …“ – denn das ist die Bedeutung des Wortes μονἀς [monas], das ist die Einheit in dem genauen Sinn, in dem ich sie für uns beim letzten Mal mit der folgenden Bezeichnung zu benennen versucht habe, ich werde noch darauf zurückkommen, warum ich sie so genannt habe: der unäre Zug (trait unaire).
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Le trait en tant qu’il est le support comme tel de la différence, c’est bien le sens qu’a ici μονἀς ; il ne peut pas en avoir un autre, comme la suite du texte va nous le montrer.
Der Zug, insofern er als solcher der Träger der Differenz ist, das ist ja der Sinn, den μονἀς hier hat; es kann keinen anderen haben, wie der anschließende Text uns zeigen wird.
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Donc : μονἀς… c’est-à-dire cette unité au sens du trait unaire tel qu’ici je vous indique qu’il recoupe, qu’il pointe dans sa fonction ce à quoi nous sommes arrivés l’année dernière dans le champ de notre expérience à repérer dans le texte même de Freud comme l’einziger Zug.
Μονἀς also, das heißt die Einheit im Sinne des unären Zugs / des Einzelstrichs, so, wie ich Sie hier darauf hinweise, dass er das abdeckt und in seiner Funktion auf den Punkt verweist, den es uns letztes Jahr gelungen ist, auf dem Feld unserer Erfahrung im Freud’schen Text selbst als den *einzigen Zug* auszumachen.4
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ce par quoi chacun des étants est dit être un Un… avec ce qu’apporte d’ambiguïté cet ἕν [hen] neutre de εἶς [heis] qui veut dire un en grec, étant précisément ce qui peut s’employer en grec comme en français pour désigner la fonction de l’unité en tant qu’elle est ce facteur de cohérence par quoi quelque chose se distingue de ce qui l’entoure, fait un tout, un un au sens unitaire de la fonction.
„Das, wodurch von jedem Seienden gesagt wird, dass es ein Ein ist“ – mit dem, was dieses ἕν [hen] an Mehrdeutigkeit mit sich führt, Neutrum von εἶς [heis], was im Griechischen einer bedeutet und was genau das ist, was man im Griechischen wie auch im Französischen verwenden kann, um die Funktion der Einheit zu bezeichnen, insofern sie der Kohärenzfaktor ist, durch den etwas sich von dem, wovon es umgeben ist, unterscheidet und ein Ganzes bildet, ein Eines im unitären Sinne der Funktion.
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Donc, « c’est par l’intermédiaire de l’unité que chacun de ces êtres vient à être dit un… », l’avènement dans le dire de cette unité comme caractéristique de chacun des étants est |{3} ici désignée, elle vient de l’usage de la μονἀς qui n’est rien d’autre que le trait unique.
Also, „vermittels der Einheit kommt es dazu, dass über jedes Seiende gesagt wird, es sei Eines“ – als Kennzeichen eines jeden Seienden wird hier das Aufkommen dieser Einheit im Sprechen benannt; die Einheit kommt zustande durch die Verwendung des μονἀς, das nichts anderes ist als der einzige Zug.5
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Cette chose valait d’être relevée, justement sous la plume d’un géomètre, c’est-à-dire de quelqu’un qui se situe dans les mathématiques d’une façon telle apparemment que pour lui au minimum, devons-nous dire, que l’intuition conservera toute sa valeur originelle.
Das war es wert, festgehalten zu werden, und dies durch die Feder eines Kenners der Geometrie, also von jemandem, der sich in der Mathematik offensichtlich so verortet, dass zumindest für ihn, wie wir sagen müssen, die Anschauung ihren gesamten ursprünglichen Wert behält.
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Il est vrai que ce n’est pas n’importe lequel des géomètres, puisqu’en somme nous pouvons le distinguer dans l’histoire de la géométrie comme celui qui le premier introduit, comme devant absolument la dominer, l’exigence de la démonstration sur ce qu’on peut appeler l’expérience, la familiarité de l’espace.
Er ist kein beliebiger Kenner der Geometrie, das stimmt, denn in der Geschichte der Geometrie können wir ihn als denjenigen herausstellen, der als erster die Forderung nach Beweisführung einführt, als etwas, wodurch die Geometrie absolut dominiert werden muss, im Unterschied zu dem, was man als Raumerfahrung bezeichnen kann, als Vertrautheit mit dem Raum.6
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Je termine la traduction de la citation : … que le nombre, lui, n’est rien d’autre que cette sorte de multiplicité qui surgit précisément de l’introduction des unités, des monades, dans le sens où on l’entend dans le texte d’Euclide.
Ich beende die Übersetzung des Zitats: dass die Zahl nichts anderes ist als die Art von Vielheit, die genau aus der Einführung der Einheiten hervorgeht, der Monaden, in dem Sinne, wie es in Euklids Text verstanden wird.
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Si j’identifie cette fonction du trait unaire, si j’en fais la figure dévoilée de cet einziger Zug de l’identification, où nous avons été menés par notre chemin de l’année dernière, pointons ici, avant de nous avancer plus loin, et pour que vous sachiez que le contact n’est jamais perdu avec ce qui est le champ le plus direct de notre référence technique et théorique à Freud, pointons qu’il s’agit de l’identification de la deuxième espèce, page 117, volume 13 des Gesammelte Werke de Freud.
Wenn ich diese Funktion mit dem unären Zug gleichsetze, wenn ich daraus die enthüllte Gestalt des *einzigen Zugs* der Identifizierung mache, zu welchem wir auf unserem Weg des letzten Jahres geführt worden sind, dann sollten wir hier darauf hinweisen – bevor wir weiter voranschreiten und damit Sie wissen, dass die Verbindung nie verloren geht, die Verbindung zu dem, was das direkteste Feld unseres technischen und theoretischen Bezugs auf Freud ist –, sollten wir also darauf hinweisen, dass es sich um die zweite Art der Identifizierung handelt, Seite 117 von Band 13 der Gesammelten Werke von Freud.7
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C’est bien en con|{4}clusion de la définition de la deuxième espèce d’identification, qu’il appelle régressive pour autant que c’est lié à quelque abandon de l’objet qu’il définit comme l’objet aimé – qui se désigne humoristiquement dans le dessin de Töpffer avec un trait d’union.
Rodolphe Töpffer: Mr Vieux Bois. 1ère partie. 1857.
Bibliothèque numérique romande. ebooks.bnr.com, von hier
Das steht am Ende der Definition der zweiten Art der Identifizierung, die er regressiv nennt, da sie mit dem Aufgeben eines Objekts verbunden ist, das er als geliebtes Objekt definiert – das in den Zeichnungen von Töpffer humoristisch mit einem Bindestrich (trait d’union) dargestellt wird.8
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Cet objet aimé va de la femme élue aux livres rares.
Dieses geliebte Objekt reicht von der auserwählten Frau bis hin zu seltenen Büchern.
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« Fi ! » comme disait quelqu’un de mon entourage, avec quelque indignation pour ma bibliophilie.
„Pfui (Fi) !“, wie mal jemand aus meinem Bekanntenkreis sagte, mit einer gewissen Empörung über meine Bibliophilie.9
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C’est toujours en quelque mesure lié à l’abandon ou à la perte de cet objet que se produit, nous dit Freud, cette sorte d’état régressif d’où surgit cette identification, souligne-t-il, avec quelque chose – qui est pour nous source d’admiration, comme chaque fois que le découvreur désigne un trait assuré de son expérience dont il semblerait au premier abord que rien ne le nécessite, que c’est là un caractère contingent.
In irgendeiner Weise ist es immer mit dem Aufgeben oder dem Verlust dieses Objekt verbunden, wenn sich, wie Freud uns sagt, diese Art von regressivem Zustand herstellt, woraus, wie er betont, diese Identifizierung mit etwas hervorgeht – was für uns eine Quelle der Bewunderung ist, wie jedes Mal, wenn der Entdecker einen Zug benennt, der durch seine Erfahrung gesichert ist und wobei es zunächst so aussieht, als würde nichts ihn notwendig machen, als handele es sich um ein zufälliges Merkmal (caractère).10
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Aussi bien ne le justifie-t-il pas, sinon par son expérience.
Auch begründet er ihn nicht, außer durch seine Erfahrung.
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Il est bien remarquable que dans cette sorte d’identification où le moi copie, dans la situation, tantôt l’objet non aimé, tantôt l’objet aimé, mais que dans les deux cas cette identification est partielle – höchst beschränkt, hautement limitée – mais qui est accentué au sens d’étroit, de rétréci –, que c’est nur ein einziger Zug, seulement un trait unique de la personne objectalisée, qui est comme l’ersatz emprunté du mot allemand.
Es ist wirklich bemerkenswert, dass bei dieser Art der Identifizierung, bei der das Ich (moi) in der Situation bisweilen das ungeliebte, bisweilen das geliebte Objekt kopiert, die Identifizierung in beiden Fällen partiell ist, eine *„höchst beschränkte“*, dass es *„nur ein einziger Zug“* der Objektperson ist, der als ersatz genommen wird, mit dem deutschen Wort.11
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Il peut donc vous sembler qu’aborder cette identification par la deuxième espèce, c’est moi aussi me beschränken, me limiter, rétrécir la portée de mon abord, car il y a l’autre, l’identification de la première espèce, celle, singulièrement ambivalente qui se fait sur le fond de l’image de la dévoration assimilante.
Es mag Ihnen also scheinen, dass auch ich, wenn ich diese Identifizierung vermittels der zweiten Art angehe, mich beschränke*, dass ich damit die Reichweite meines Zugangs einenge, denn es gibt ja noch die andere, die Identifizierung der ersten Art, diejenige, die – außerordentlich ambivalent – vor dem Hintergrund des Bildes des assimilierenden Verschlingens zustande kommt.12
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Et quel rapport a-t-elle avec la troisième ? celle |{5} qui commence tout de suite après ce point que je vous désigne dans le paragraphe suivant : l’identification à l’autre par l’intermédiaire du désir, l’identification que nous connaissons bien, qui est hystérique, mais justement que je vous ai appris qu’on ne pouvait bien distinguer – je pense que vous devez suffisamment vous en rendre compte – qu’à partir du moment où on a structuré – et je ne vois pas que quiconque l’ait fait ailleurs qu’ici et avant que cela se fît ici – le désir comme supposant dans sa sous-jacence exactement, au minimum toute l’articulation que nous avons donnée des rapports du sujet nommément à la chaîne signifiante, pour autant que cette relation modifie profondément la structure de tout rapport du sujet avec chacun de ses besoins.
Und in welcher Beziehung steht sie zur dritten, zu derjenigen, die sofort nach der Stelle beginnt, die ich Ihnen im anschließenden Absatz bezeichne, zur Identifizierung mit dem anderen durch Vermittlung des Begehrens, eine Identifizierung, die wir gut kennen, die hysterisch ist, zu der ich Ihnen jedoch beigebracht habe, ich denke, dass Ihnen das hinreichend klar sein sollte, dass man sie erst von dem Moment an gut unterscheiden konnte – und ich sehe nicht, dass jemand es anderswo als hier getan hätte und bevor es hier geschah –, erst von dem Moment an, in dem man das Begehren als etwas strukturiert hat, das als sein Zugrundeliegendes zumindest die gesamte Artikulation voraussetzt, die wir von den Beziehungen des Subjekts namentlich zur Signifikantenkette gegeben haben, insofern dieses Verhältnis die Struktur jeder Beziehung des Subjekts zu all seinen Bedürfnissen tiefgreifend verändert.13
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Cette partialité de l’abord, cette entrée, si je puis dire en coin dans le problème, j’ai le sentiment que, tout en vous la désignant, il convient que je la légitime aujourd’hui.
Dieser partielle Charakter des Zugangs, dieser Einstieg in das Problem um die Ecke herum, wenn ich so sagen darf – ich habe, wenn ich Sie darauf hinweise, das Gefühl, dass es angebracht ist, dass ich das heute rechtfertige.14
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Et j’espère pouvoir le faire assez vite pour me faire entendre sans trop de détours en vous rappelant un principe de méthode pour nous : que, vu notre place, notre fonction, ce que nous avons à faire dans notre défrichement, nous devons nous méfier, disons, du général – et ceci poussez-le aussi loin que vous voudrez –, du genre, et même de la classe.
Und ich hoffe, um mich ohne allzu große Umwege verständlich zu machen, dass ich es recht schnell tun kann, indem ich Sie an etwas erinnere, das für uns ein Grundsatz der Methode ist, nämlich dass wir uns – angesichts unseres Platzes, unserer Funktion – bei unserer Urbarmachung, sagen wir, vor dem Allgemeinen (général) hüten müssen, und treiben Sie das so weit Sie wollen: vor der Gattung (genre) und sogar vor der Klasse.15
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Cela peut vous paraître singulier que quelqu’un qui pour vous accentue la prégnance, dans notre articulation des |{6} phénomènes auxquels nous avons affaire, de la fonction du langage, se distingue ici d’un mode de relation qui est vraiment fondamental dans le champ de la logique.
Es mag Ihnen seltsam vorkommen, dass jemand, der Ihnen gegenüber, bei der Artikulation der Phänomene, mit denen wir es zu tun haben, die Prägnanz der Funktion der Sprache betont, dass er sich hier von einem Beziehungsmodus abgrenzt, der im Bereich der Logik wahrhaft grundlegend ist.
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Comment indiquer, parler d’une logique qui doit, au premier temps de son départ, marquer la méfiance, que j’entends poser tout à fait originelle, de la notion de la classe ?
Wie soll man sich auf eine Logik beziehen, wie von einer Logik sprechen, die in ihrem ersten anfänglichen Schritt das Misstrauen gegenüber dem Begriff der Klasse hervorheben muss, ein Misstrauen, das ich als ganz ursprünglich ansetzen möchte?
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C’est bien justement en quoi s’originalise, se distingue le champ que nous essayons ici d’articuler.
Das ist ja eben das, worin das Feld, das wir hier zu artikulieren versuchen, seine Originalität und seine Besonderheit gewinnt.
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Ce n’est aucun préjugé de principe qui me mène là.
Was mich dazu veranlasst, ist keineswegs eine prinzipielle Voreingenommenheit.
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C’est la nécessité même de notre objet à nous qui nous pousse à ce qui se développe effectivement au cours des années, segment par segment : une articulation logique qui fait plus que suggérer, qui va de plus en plus près, nommément cette année, je l’espère, à dégager des algorithmes qui me permettent d’appeler logique ce chapitre que nous aurons à adjoindre aux fonctions exercées par le langage dans un certain champ du réel, celui dont nous autres, êtres parlants, sommes les conducteurs.
Vielmehr ist es die Notwendigkeit unseres eigenen Gegenstandes, die uns zu dem drängt, was sich im Laufe der Jahre, Stück für Stück, tatsächlich entwickelt: eine logische Artikulation, die mehr als nur andeutet, die sich – vor allem, wie ich hoffe, in diesem Jahr – immer mehr der Ausarbeitung von Algorithmen nähert, die es mir erlauben, dieses Kapitel als Logik zu bezeichnen, ein Kapitel, das wir den von der Sprache ausgeübten Funktionen werden hinzufügen müssen, in einem bestimmten Feld des Realen, in dem wir als sprechende Wesen die Führer sind.
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Méfions-nous donc au maximum de toute κοινονία τῶν γενῶν [koinonia tōn genōn], pour employer un terme platonicien, de tout ce qui est la figure de communauté dans aucun genre, et tout spécialement dans ceux qui sont pour nous les plus originels.
Hüten wir uns also aufs Äußerste – um einen Platon’schen Terminus zu verwenden – vor jeder koinonia tōn genōn, vor all dem, was in jedweder Gattung die Figur der Gemeinschaft ist und insbesondere bei denen, die für uns die ursprünglichsten sind.16
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Les trois identifications ne forment probablement pas une classe.
Die drei Identifizierungen bilden wahrscheinlich keine Klasse.
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Si elles peuvent néanmoins porter le même nom qui y apporte une ombre de concept, ce sera aussi sans doute à nous d’en rendre compte.
Wenn sie dennoch denselben Namen tragen können, der hier den Schatten eines Begriffs hineinbringt, müssen wir sicherlich auch dem gerecht werden.
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Si nous opérons |{7} avec exactitude, cela ne semble pas être une tâche au-dessus de nos forces.
Wenn wir mit Genauigkeit vorgehen, ist das wohl keine Aufgabe, die unsere Kräfte übersteigt.
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En fait, nous savons d’ores et déjà que c’est au niveau du particulier que toujours surgit ce qui pour nous est fonction universelle, et nous n’avons pas trop à nous en étonner au niveau du champ où nous nous déplaçons puisque, concernant la fonction de l’identification, déjà nous savons – nous avons assez travaillé ensemble pour le savoir – le sens de cette formule : que ce qui se passe se passe essentiellement au niveau de la structure.
Tatsächlich wissen wir bereits, dass das, was für uns eine universelle Funktion ist, stets auf der Ebene des Besonderen auftaucht, und darüber sollten wir uns – auf der Ebene des Feldes, in dem wir uns bewegen – nicht zu sehr wundern, denn was die Funktion der Identifizierung angeht, so kennen wir bereits – dafür haben wir genügend zusammen gearbeitet – die Bedeutung der Formel, dass das, was geschieht, im Wesentlichen auf der Ebene der Struktur geschieht.
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Et la structure, faut-il le rappeler ? – et justement je crois qu’aujourd’hui, avant de faire un pas plus loin, il faut que je le rappelle – c’est ce que nous avons introduit nommément comme spécification, registre du symbolique.
Und die Struktur – muss man daran erinnern? doch, ich glaube, dass ich heute, bevor ich einen Schritt weiter gehe, daran erinnern muss –, die Struktur ist das, was wir namentlich als Spezifizierung eingeführt haben, Register des Symbolischen.
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Si nous le distinguons de l’imaginaire et du réel, ce registre du symbolique – je crois aussi devoir pointer tout ce qu’il pourrait y avoir là-dessus d’hésitation à laisser en marge ce dont je n’ai vu personne s’inquiéter ouvertement, raison de plus pour dissiper là-dessus toute ambiguïté.
Wenn wir dieses Register, das des Symbolischen, vom Imaginären und vom Realen unterscheiden, dann sollte ich wohl auch auf all das hinweisen, was es hierbei an Zögern geben könnte, da etwas am Rande gelassen wurde, worüber sich, soweit ich sehe, noch nie jemand offen beunruhigt hat – ein Grund mehr, um hierüber jede Mehrdeutigkeit auszuräumen.
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II ne s’agit pas d’une définition ontologique : ce ne sont pas ici des champs de l’être que je sépare.
Es handelt sich nicht um eine ontologische Definition; was ich hier voneinander trenne sind keine Bereiche des Seins.
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Si à partir d’un certain moment, et justement celui de la naissance de ces séminaires, j’ai cru devoir faire entrer en jeu cette triade du symbolique, de l’imaginaire et du réel, c’est pour autant que ce tiers élément – qui n’était point jusque là dans notre expérience suffisamment discerné comme tel – est exactement à mes yeux ce qui est constitué exactement par ce fait de la révélation d’un champ |{8} d’expérience.
Wenn ich von einem bestimmten Zeitpunkt an, dem der Entstehung dieser Seminare, glaubte, die Triade des Symbolischen, des Imaginären und des Realen ins Spiel bringen zu müssen, so deshalb, weil dieses dritte Element – das als solches bis dahin in unserer Erfahrung nicht hinreichend unterschieden wurde – in meinen Augen eben das ist, was durch diese Entdeckung eines Bereichs der Erfahrung gebildet wird.17
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Et pour ôter toute ambiguïté à ce terme, il s’agit de l’expérience freudienne, je dirai : d’un champ d’expériment.
Und um diesem Ausdruck jede Mehrdeutigkeit zu nehmen: Es geht um die Freud’sche Erfahrung, um ein Experimentierfeld, wie ich sagen möchte.18
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Je veux dire qu’il ne s’agit pas d’Erlebnis, il s’agit d’un champ constitué d’une certaine façon, jusqu’à un certain degré par quelque artifice, celui qu’inaugure la technique psychanalytique comme telle, la face complémentaire de la découverte freudienne, complémentaire comme l’endroit l’est à l’envers réellement accolé.
Ich meine, es geht nicht um Erlebnis*, es geht um einen Bereich, der auf eine bestimmte Weise konstituiert wird, in gewissem Maße durch einen Kunstgriff, denjenigen, den die psychoanalytische Technik als solche einführt, die komplementäre Seite der Freud’schen Entdeckung, komplementär in der Weise wie Vorder- und Rückseite tatsächlich miteinander verbunden sind.19
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Ce qui s’est révélé d’abord dans ce champ, vous le savez bien sûr : que ce soit la fonction du symbole, et du même coup le symbolique.
Was sich zuerst in diesem Bereich gezeigt hat, wissen Sie natürlich, nämlich die Funktion des Symbols und damit zugleich das Symbolische.20
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Dès le départ, ces termes ont eu l’effet fascinant, séduisant, captivant que vous savez, dans l’ensemble du champ de la culture, cet effet de choc dont vous savez que presque aucun penseur, et même parmi les plus hostiles, n’a pu s’y soustraire.
Im gesamten Bereich der Kultur hatten diese Termini von Anfang an die faszinierende, verführerische, fesselnde Wirkung, die Sie kennen, diese Schockwirkung, der sich, wie Sie wissen, kaum ein Denker, und sei er noch so feindlich, entziehen konnte.
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Il faut dire que c’est aussi un fait d’expérience que nous avons perdu, de ce temps de la révélation et de sa corrélation avec la fonction du symbole, nous en avons perdu la fraîcheur, si l’on peut dire, cette fraîcheur corrélative de ce que j’ai appelé l’effet de choc, de surprise, comme proprement l’a défini Freud lui-même comme caractéristique de cette émergence des relations de l’inconscient.
Man muss auch sagen, dass uns diese Erfahrung verloren gegangen ist, seit jener Zeit der Entdeckung und ihrer Verknüpfung mit der Funktion des Symbols; uns ist ihre Frische verloren gegangen, wenn man so sagen darf, die Frische, die mit dem einhergeht, was ich den Schock- und Überraschungseffekt genannt habe, so wie Freud selbst ihn treffend als etwas definiert hat, das für das Auftauchen der Beziehungen des Unbewussten charakteristisch ist.21
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Ces sortes de flashs sur l’imago, caractéristiques de cette époque, par quoi, si l’on peut dire, nous apparaissaient de nouveaux modes d’inclusion des êtres imaginaires, par où soudain quelque chose, qui était leur sens à proprement |{9} parler, s’éclairait d’une prise que nous ne pourrions mieux faire pour la qualifier que de la désigner du terme de Begriff : prise gluante, là où les plans collent, fonction de la fixation, je ne sais quelle Haftung si caractéristique de notre abord dans ce champ imaginaire, du même coup évoquant une dimension de la genèse où les choses s’étirent plutôt qu’elles n’évoluent, ambiguïté certaine qui permettrait de laisser le schème évolution comme présent, comme impliqué, je dirai naturellement dans le champ de nos découvertes.
Diese schlagartigen Aufhellungen der Imago, charakteristisch für diese Epoche, wodurch uns, wenn man so sagen darf, neue Arten der Einbindung der imaginären Wesen erschienen sind, wodurch plötzlich etwas erhellt wurde, nämlich im strengen Sinne ihre Bedeutung, durch einen Zugriff, den wir nicht besser charakterisieren könnten als ihn mit dem Terminus des Begriffs* zu bezeichnen, haftender Griff, da, wo die Ebenen zusammengehen, Funktion der Fixierung, irgendeine Haftung*, die für unseren Zugang zu diesem imaginären Feld so charakteristisch ist und die zugleich eine Dimension der Genese evoziert, in der die Dinge, statt sich zu entwickeln, sich ausweiten, eine bestimmte Mehrdeutigkeit, die es erlauben sollte, das Schema der Evolution als präsent beizubehalten, als etwas, das im Feld unserer Entdeckungen gewissermaßen auf natürliche Weise enthalten ist.22
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Comment, dans tout cela, pouvons-nous dire qu’en fin de compte ce qui caractérise ce temps mort, pointé par toutes sortes de théoriciens et de praticiens, dans l’évolution de la doctrine sous des chefs et des rubriques diverses, se soit produit ?
Wie können wir bei all dem erklären, dass in der Entwicklung der Lehre letztlich das eingetreten ist, was kennzeichnend ist für die tote Zeit, die unter verschiedenen Überschriften und Rubriken von allen möglichen Theoretikern und Praktikern aufgezeigt worden ist?
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Comment cette espèce de long feu a-t-il surgi, qui nous impose ce qui est proprement notre objet ici, celui où j’essaie de vous guider : de reprendre toute notre dialectique sur des principes plus purs ?
Wie kam es zu dieser Art von Verpuffen, das uns das aufzwingt, was hier unsere eigentliche Aufgabe ist, die, zu der ich Sie hinführen möchte, nämlich, ausgehend von reineren Grundsätzen, unsere gesamte Dialektik noch einmal zu überdenken?
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C’est bien que quelque part nous devons désigner la source de cette sorte de fourvoiement qui fait qu’en somme nous pouvons dire qu’au bout d’un certain temps ces aperçus ne restaient vifs pour nous qu’à nous reporter au temps de leur surgissement, et ceci plus encore sur le plan de l’efficacité dans notre technique, dans l’effet de nos interprétations, dans |{10} leur partie efficace.
Wir sollten doch in der Lage sein, irgendwo die Quelle für diese Art des Richtungsverlusts anzugeben, der zur Folge hat, dass wir alles in allem sagen können, dass nach einer gewissen Zeit diese Einsichten für uns nur dann lebendig bleiben, wenn wir uns auf die Zeit ihrer Entstehung zurückbeziehen, und dies gilt umso mehr für die Ebene der Wirksamkeit in unserer Technik, für die Wirkung unserer Deutungen, für das, wodurch sie wirksam sind.
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Pourquoi les imagos par nous découvertes se sont-elles en quelque sorte banalisées ?
Warum sind die von uns entdeckten Imagines gewissermaßen banal geworden?
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Est-ce que c’est seulement par une sorte d’effet de familiarité ?
Liegt das nur an einer Art Vertrautheitseffekt?
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Nous avons appris à vivre avec ces fantômes, nous coudoyons le vampire, la pieuvre, nous respirons dans l’espace du ventre maternel, au moins par métaphore.
Wir haben gelernt, mit diesen Gespenstern zu leben, wir haben keine Scheu vor dem Vampir, dem Kraken, wir atmen im Raum des Mutterleibs, zumindest per Metapher.
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Les comics, eux aussi avec un certain style, le dessin humoristique, font pour nous vivre ces images comme on n’en a jamais vu dans un autre âge, véhiculant les images mêmes primordiales de la révélation analytique en en faisant un objet d’amusement courant.
Die Comics, auch sie mit einem gewissen Stil, die humoristische Zeichnung, bringen diese Bilder für uns auf eine Weise zum Leben wie man das in einer anderen Epoche nie gesehen hat, sie transportieren sogar die ursprünglichen Bilder der analytischen Entdeckung und machen daraus einen Gegenstand der gewöhnlichen Unterhaltung.
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Salvador Dalí, Die Beständigkeit der Erinnerung (La persistencia de la memoria),
auch „Die weichen Uhren“ genannt,
1931, Öl auf Leinwand, 24 x 33 cm,
Museum of Modern Art, New York</p
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À l’horizon : la montre molle et la fonction du grand masturbateur, gardées dans les images de Dalí.
Am Horizont: die weiche Uhr und die Funktion des Großen Masturbators, festgehalten in den Bildern von Dalí.
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Salvador Dalí, Der große Masturbator,
1929, Öl auf Leinwand, 110 x 150 cm,
Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid
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Est ce là seulement ce par quoi notre maîtrise semble fléchir, dans l’usage instrumental de ces images comme révélatrices ?
Scheint nur hier unser Können nachzulassen, beim instrumentellen Gebrauch dieser Bilder als etwas, das weiterführt?
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Sûrement pas seulement, car projetées, si je puis dire, ici dans les créations de l’art, elles gardent encore leur force que j’appellerai pas seulement percutante mais critique, elles gardent quelque chose de leur caractère de dérision ou d’alarme.
Sicherlich nicht nur, denn hier, in die Schöpfungen der Kunst projiziert, wenn ich so sagen darf, bewahren sie noch ihre Kraft, die ich nicht nur eindringlich, sondern kritisch nennen möchte, sie bewahren etwas von ihrem spöttischen oder beunruhigenden Charakter.
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Mais c’est que ce n’est pas de ça qu’il s’agit, dans notre rapport à celui qui pour nous vient à les désigner dans l’actualité de la cure.
In unserer Beziehung zu demjenigen, der uns in der laufenden Kur darauf hinweist, geht es jedoch nicht darum.
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Ici il ne nous reste plus, comme dessein de notre action, que le devoir de bien faire, faire rire n’étant |{11} qu’une voie très occasionnelle et limitée dans son emploi.
Hier bleibt uns als Absicht unseres Handelns nur die Pflicht, es gut zu machen, wobei das Zum-Lachen-Bringen nur ein sehr gelegentlicher und begrenzt anwendbarer Weg ist.23
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Et là, ce que nous avons vu se passer, ce n’est rien d’autre qu’un effet qu’on peut appeler de rechute ou de dégradation, c’est à savoir que ces images, nous les avons vues tout simplement retourner à ce qui s’est fort bien désigné soi-même sous le titre d’archétype, c’est-à-dire de vieille ficelle du magasin des accessoires en usage.
Und was wir hier beobachten konnten, ist nichts anderes als eine Wirkung, die man als Rückfall oder Verfall bezeichnen kann, das heißt, wir haben gesehen, dass diese Bilder ganz einfach zu dem zurückkehren, was sich selbst sehr gut mit dem Namen des Archetypus bezeichnet hat, das heißt ein alter Trick aus dem Laden der gängigen Requisiten.24
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C’est une tradition qui s’est fort bien reconnue sous le titre d’alchimie ou de gnose, mais qui était liée justement à une confusion fort ancienne, et qui était celle où était resté empêtré le champ de la pensée humaine pendant des siècles.
Das ist eine Tradition, die unter der Überschrift Alchemie oder Gnosis recht gut bekannt war, die jedoch mit einer sehr alten Verwirrung einherging, in die das Feld des menschlichen Denkens jahrhundertelang verwickelt blieb.25
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Il peut sembler que je me distingue, ou que je vous mette en garde contre un mode de compréhension de notre référence qui soit celui de la Gestalt.
Es könnte scheinen, das Verständnis unseres Bezugsfeldes, von dem ich mich abgrenze oder vor dem ich Sie warne, sei das der Gestalt*.
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Ce n’est pas exact.
Das ist nicht ganz richtig.
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Je suis loin de sous-estimer ce qu’a apporté, à un moment de l’histoire de la pensée, la fonction de la Gestalt.
Es liegt mir fern, zu unterschätzen, was, zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte des Denkens, die Funktion der Gestalt* geleistet hat.
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Mais, pour m’exprimer vite, et parce que là je fais cette espèce de balayage de notre horizon qu’il faut que je refasse de temps en temps pour éviter justement que renaissent toujours les mêmes confusions, j’introduirai pour me faire entendre cette distinction :
Um mich jedoch schnell auszudrücken und weil ich hier so etwas wie eine Klärung unseres Horizonts vornehme, wie ich sie von Zeit zu Zeit wiederholen muss, eben um zu vermeiden, dass immer wieder dieselben Verwirrungen entstehen, möchte ich, um mich verständlich zu machen, die folgende Unterscheidung einführen.
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Ce qui fait le nerf de certaines des productions de ce mode d’explorer le champ de la Gestalt, ce que j’appellerai la Gestalt cristallographique, celle qui met l’accent sur ces points de jonction, de parenté entre les formations naturelles et les organisations struc|{12}turales, pour autant qu’elles surgissent et sont définissables seulement à partir de la combinatoire signifiante, c’est cela qui en fait la force subjective, l’efficace de ce point, lui ontologique où nous est livré quelque chose dont nous avons en effet bien besoin, qui est : à savoir s’il y a quelque rapport qui justifie cette introduction, en manière de soc, de l’effet du signifiant dans le réel.
Das, was den Kern einiger Produktionen dieser Art, das Feld der Gestalt* zu erkunden, ausmacht, nämlich das, was ich die Kristallgestalt* nennen möchte, diejenige, die den Akzent auf die Verbindungspunkte setzt, auf die Punkte der Verwandtschaft zwischen den natürlichen Formationen und den strukturellen Organisationen, insofern sie nur von der Signifikanten-Kombinatorik her auftauchen und definierbar sind, es ist dies, was hierbei die subjektive Kraft ausmacht, die Wirksamkeit dieses Punktes, der ontologisch ist und an dem uns etwas geliefert wird, das wir tatsächlich brauchen, nämlich zu wissen, ob es eine Beziehung gibt, mit der sich die pflugscharartige Einführung der Wirkung des Signifikanten in das Reale begründen lässt.26
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Mais ceci ne nous concerne pas, car ça n’est pas le champ auquel nous avons affaire.
Aber das betrifft nicht uns, dies ist nicht das Feld, mit dem wir es zu tun haben.
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Nous ne sommes pas ici pour juger du degré de naturel de la physique moderne, encore qu’il puisse nous intéresser – c’est ce que je fais de temps en temps devant vous quelquefois – de montrer qu’historiquement c’est justement dans la mesure où elle a tout à fait négligé le naturel des choses que la physique a commencé à entrer dans le réel.
Wir sind nicht hier, um das Ausmaß des Natürlichen in der modernen Physik zu beurteilen, auch wenn es für uns interessant sein mag – und das tue ich von Zeit zu Zeit bisweilen vor Ihnen – zu zeigen, dass die Physik, historisch gesehen, genau in dem Maße, in dem sie das Natürliche der Dinge völlig vernachlässigt, begonnen hat, zum Realen zu gelangen.
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La Gestalt contre laquelle je vous mets en garde, c’est une Gestalt qui, vous l’observerez, à l’opposé de ce à quoi se sont attachés les initiateurs de la Gestaltthéorie – donne une référence purement confusionnelle à la fonction de la Gestalt qui est celle que j’appelle la Gestalt anthropomorphique, celle qui par quelque voie que ce soit, confond ce qu’apporte notre expérience avec la vieille référence analogique du macrocosme et du microcosme, de l’homme universel, registres assez courts au |{13} bout du compte, et dont l’analyse, pour autant qu’elle a cru s’y retrouver, ne fait que montrer une fois de plus la relative infécondité.
Die Gestalt*, vor der ich Sie warne, ist eine Gestalt*, die, wie Sie sehen werden – im Gegensatz zu dem, was die Initiatoren der Gestalttheorie* anstrebten –, einen rein verworrenen Bezug zur Funktion der Gestalt herstellt, zu jener, die ich anthropomorphe Gestalt* nenne, diejenige, die, auf welchem Wege auch immer, das, was uns unsere Erfahrung liefert, mit dem alten analogischen Bezug auf Mikrokosmus und Makrokosmus, auf den universalen Menschen vermengt, Register, die letztlich ziemlich |{13} kurz greifen und deren relative Unfruchtbarkeit die Analyse, soweit sie sich darin wiederzufinden glaubte, nur ein weiteres Mal aufzeigt.27
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Ceci ne veut pas dire que les images que j’ai tout à l’heure humoristiquement évoquées n’aient pas leur poids, ni qu’elles ne soient pas là pour que nous nous en servions encore.
Das soll nicht heißen, dass die Bilder, die ich vorhin humoristisch evoziert habe, nicht ihr Gewicht hätten, und auch nicht, dass wir uns ihrer nicht weiterhin bedienen sollten.
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À nous-mêmes doit être indicative la façon dont depuis quelque temps nous préférons les laisser tapies dans l’ombre.
Für uns selbst sollte die Art, wie wir es seit einiger Zeit vorziehen, sie im Schatten lauern zu lassen, ein Hinweis sein.
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On n’en parle plus guère, si ce n’est à une certaine distance.
Es wird kaum noch darüber gesprochen, allenfalls mit einer gewissen Distanz.
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Elles sont là, pour employer une métaphore freudienne comme une de ces ombres qui, dans le champ des enfers, sont prêtes à surgir.
Sie sind da – um eine Freud’sche Metapher zu verwenden – wie einer dieser Schatten, die bereit sind, aus der Unterwelt aufzusteigen.28
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Nous n’avons pas su vraiment les réanimer, nous ne leur avons sans doute pas donné assez de sang à boire.
Es ist uns nicht wirklich gelungen, sie wiederzubeleben, offenbar haben wir Ihnen nicht genügend Blut zu trinken gegeben.
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Mais après tout tant mieux : nous ne sommes pas des nécromants.
Aber na ja, umso besser, wir sind keine Nekromanten.
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C’est justement ici que s’insère ce rappel caractéristique de ce que je vous enseigne, qui est là pour changer tout à fait la face des choses, à savoir de montrer que le vif de ce qu’apportait la découverte freudienne ne consistait pas dans ce retour des vieux fantômes, mais dans une relation autre.
Genau hier fügt sich dieser Hinweis daran ein, was für meine Lehre kennzeichnend ist und was geeignet ist, die Ansicht der Dinge vollständig zu verändern, um nämlich zu zeigen, dass der Kern von dem, was die Freud’sche Entdeckung mit sich brachte, nicht in dieser Wiederkehr der alten Gespenster bestand, sondern in einer anderen Beziehung.
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Subitement ce matin j’ai retrouvé, de l’année 1946, un de ces petits Propos sur la causalité psychique par lesquels je faisais ma rentrée dans le cercle psychiatrique tout de suite après la guerre, et il apparaît, dans ce petit texte |{14} que voici – texte paru dans les Entretiens de Bonneval –, dans une sorte d’apostille ou d’incidente au début d’un même paragraphe conclusif, cinq lignes avant de terminer ce que j’avais à dire sur l’imago :
Heute früh habe ich plötzlich eine dieser kleinen Äußerungen über die psychische Kausalität aus dem Jahre 1946 wiedergefunden, mit denen ich unmittelbar nach dem Krieg in den Kreis der Psychiater zurückgekehrt bin, und in dieser kleinen Arbeit hier |{14} – ein Text, der in den Entretiens de Bonneval erschienen ist – steht in einer Art Randbemerkung oder Einschub zu Beginn des abschließenden Absatzes, fünf Zeilen vor Schluss, das, was ich über die Imago zu sagen hatte:29
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« Plus inaccessible à nos yeux faits pour les signes du changeur »,
qu’importe la suite :
« que ce dont le chasseur du désert »,
dis-je, que je n’évoque que parce que nous l’avons retrouvé la dernière fois si je me souviens bien :
« sait voir la trace imperceptible : le pas de la gazelle sur le rocher, un jour se révéleront les aspects de l’imago. »
„Unzugänglicher unseren Augen, die gemacht sind für die Zeichen des Wechslers“,
das Nächste ist nicht so wichtig:
„als das, dessen unwahrnehmbare Spur der Jäger der Wüste zu sehen weiß:“,
sage ich, den ich nur erwähne, weil wir ihn beim letzten Mal wiedergefunden haben, wenn ich mich recht erinnere,
„der Tritt der Gazelle auf dem Fels, werden sich eines Tages die Aspekte der Imago offenbaren.“30
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L’accent est à mettre pour l’instant au début du paragraphe : « Plus inaccessible à nos yeux… », qu’est-ce que ces « signes du changeur » ? Quels signes ? Et quel changement ? Ou quel changeur ?
Im Augenblick ist die Betonung auf den Beginn des Abschnitts zu legen: „Unzugänglicher unseren Augen …“ – was sind das für „Zeichen des Wechslers“? Welche Zeichen? Und welcher Wechsel? Oder welcher Wechsler?
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Ces signes, ce sont précisément ce que je vous ai appelé à articuler comme les signifiants, c’est-à-dire ces signes en tant qu’ils opèrent proprement par la vertu de leur associativité dans la chaîne, de leur commutativité, de la fonction de permutation prise comme telle.
Diese Zeichen sind eben das, was ich Sie aufgefordert habe, als Signifikanten zu artikulieren, das heißt die Zeichen, insofern sie genau durch ihre Assoziativität in der Kette operieren, durch ihre Kommutativität, durch die als solche erfasste Funktion der Permutation.31
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Et voilà où est la fonction du changeur : l’introduction dans le réel d’un changement, qui n’est point de mouvement ni de naissance, ni de corruption et de toutes les catégories du changement que dessine une tradition que nous pouvons appeler aristotélicienne, celle de la connaissance comme |{15} telle, mais d’une autre dimension où le changement dont il s’agit est défini comme tel dans la combinatoire – et la topologie qu’elle nous permet de définir – comme émergence de ce fait, du fait de structure, comme dégradation à l’occasion, à savoir chute dans ce champ de la structure et retour à la capture de l’image naturelle.
Und darin besteht die Funktion des Wechslers: in der Einführung eines Wechsels / einer Veränderung in das Reale, eines Wechsels, der weder Bewegung ist noch Entstehen noch Vergehen noch irgendeine von all den Kategorien der Veränderung, wie sie in einer Tradition dargestellt werden, die wir als aristotelisch bezeichnen können, also der Tradition der Erkenntnis (connaissance) als solcher, ein Wechsel, der vielmehr zu einer anderen Dimension gehört, worin die Veränderung, um die es geht, als solche durch die Kombinatorik definiert wird sowie durch die Topologie, die wir durch die Kombinatorik definieren können, als Emergenz dieses Faktums, des Faktums der Struktur, gelegentlich als Degradierung, das heißt als Zusammenbruch der Struktur dieses Bereichs und als Rückkehr zur Vereinnahmung durch das natürliche Bild.32
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Bref, se dessine comme tel ce qui n’est après tout que le cadre fonctionnant de la pensée, allez-vous dire.
Kurz, es zeichnet sich etwas ab – so werden Sie sagen –, das doch wohl nur der funktionierende Rahmen des Denkens ist.
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Et pourquoi pas ?
Und warum nicht?
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N’oublions pas que ce mot de pensée est présent, accentué dès l’origine par Freud comme sans doute ne pouvant pas être autre qu’il n’est, pour désigner ce qui se passe dans l’inconscient.
Vergessen wir nicht, dass das Wort Denken bei Freud präsent ist und dass es von ihm von Beginn an als etwas hervorgehoben wird, das sicherlich nichts anderes sein kann als eine Bezeichnung für das, was im Unbewussten vor sich geht.33
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Car ce n’était certainement pas le besoin de conserver le privilège de la pensée comme tel, je ne sais quelle primauté de l’esprit, qui pouvait ici guider Freud, bien loin de là.
Denn das, wovon Freud sich hier leiten ließ, war gewiss nicht das Bedürfnis, das Vorrecht des Denkens als solchen zu bewahren, irgendeinen Primat des Geistes, weit davon entfernt.
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S’il avait pu, ce terme, l’éviter, il l’aurait fait.
Wenn er diesen Terminus hätte vermeiden können, hätte er es getan.
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Et qu’est-ce que ça veut dire à ce niveau ?
Und was bedeutet das auf dieser Ebene?
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Et pourquoi est–ce que cette année j’ai cru devoir partir : non pas de Platon même – pour ne point parler des autres – mais aussi bien pas de Kant, pas de Hegel, mais de Descartes ?
Und warum habe ich in diesem Jahr geglaubt, nicht etwa von Platon ausgehen zu müssen, von den anderen ganz zu schweigen, aber auch nicht von Kant und nicht von Hegel, sondern von Descartes?34
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C’est justement pour désigner que ce dont il s’agit, là où est le problème de l’inconscient pour nous, c’est de l’autonomie du sujet pour autant qu’elle n’est pas seulement préservée, qu’elle est accentuée comme jamais elle ne le fut dans notre champ, et précisément de |{16} ce paradoxe : que ces cheminements que nous y découvrons ne sont point concevables, si à proprement parler ce n’est le sujet qui en est le guide, et de façon d’autant plus sûre que c’est sans le savoir, sans en être complice si je puis dire, [lat.] conscius : parce qu’il ne peut progresser vers rien, ni en rien, qu’il ne le repère qu’après coup, car rien qui ne soit par lui engendré, justement, qu’à mesure de le méconnaître d’abord.
Eben deshalb, um anzuzeigen, dass es dort, wo für uns das Problem des Unbewussten liegt, um die Autonomie des Subjekts geht, insofern sie in unserem Feld nicht nur erhalten bleibt, sondern betont wird wie nie zuvor, und dies eben durch die Paradoxie, dass die Wege, die wir hier entdecken, nur so denkbar sind, dass hierbei in strengem Sinne das Subjekt der Führer ist, auf eine Weise, die umso sicherer ist, als sich dies vollzieht, ohne dass es davon weiß, ohne dass es davon, wenn ich so sagen darf, der Komplize wäre, [lat.] conscius, denn es kann zu nichts und in nichts voranschreiten, das es nicht erst nachträglich entdeckt, denn hier wird von ihm nur in dem Maße etwas hervorgebracht, wie es das zunächst verkennt.35
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C’est ceci, qui distingue le champ de l’inconscient, tel qu’il nous est révélé par Freud.
Das ist das, wodurch sich das Feld des Unbewussten, wie es uns von Freud enthüllt wurde, auszeichnet.
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Il est lui-même impossible à formaliser, à formuler, si nous ne voyons pas qu’à tout instant il n’est concevable qu’à y voir – et de la façon la plus évidente et sensible – préservée cette autonomie du sujet, je veux dire : ce par quoi le sujet en aucun cas ne saurait être réduit à un rêve du monde.
Es ist nicht möglich, dieses Feld zu formalisieren, zu formulieren, wenn wir nicht sehen, dass es nur begreifbar ist, wenn wir darin in jedem Moment – und zwar auf die offensichtlichste und spürbarste Weise – die Autonomie des Subjekts erhalten sehen, ich meine: das, wodurch das Subjekt in keinem Fall auf einen Traum der Welt reduziert werden kann.
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De cette permanence du sujet, je vous montre la référence, et non pas la présence, car cette présence ne pourra être cernée qu’en fonction de cette référence.
Von dieser Permanenz des Subjekts zeige ich Ihnen die Referenz und nicht die Präsenz, denn die Präsenz kann nur auf Grundlage dieser Referenz erfasst werden.36
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Je vous l’ai démontrée, désignée la dernière fois dans ce trait unaire, dans cette fonction du « bâton » comme figure de l’un en tant qu’il n’est que trait distinctif, trait justement d’autant plus distinctif qu’en est effacé presque tout ce qui le distingue, sauf d’être un trait, en accentuant ce fait que plus il est semblable, plus il fonctionne, je ne dis point comme signe, mais comme support de la différence.
Beim letzten Mal habe ich es Ihnen in diesem trait unaire gezeigt und damit bezeichnet – einziger Zug, unärer Zug, Einzelstrich –, in dieser Funktion des „Stabes“ als Figur der Eins, insofern sie nur ein unterscheidender Zug ist, ein Strich, der umso distinktiver ist, als fast alles, was ihn unterscheidet, ausgelöscht ist, außer, ein Strich zu sein, wobei ich die Tatsache betont habe, dass er, je ähnlicher er ist, umso besser funktioniert, ich sage nicht: als Zeichen, sondern: als Träger der Differenz.37
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Et ceci n’étant qu’une intro|{17}duction au relief de cette dimension que j’essaie de ponctuer devant vous, car à la vérité il n’y a pas de plus… plus, il n’y a pas d’idéal de la similitude, d’idéal de l’effacement des traits.
Und wobei dies nur eine Einführung in den Umriss der Dimension ist, die ich vor Ihnen zu akzentuieren versuche, denn tatsächlich gibt es hier kein je ähnlicher, umso besser, es gibt hier kein Ideal der Ähnlichkeit, kein Ideal des Auslöschens der Merkmale (traits).
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Cet effacement des distinctions qualitatives n’est là que pour nous permettre de saisir le paradoxe de l’altérité radicale désignée par le trait, et il est après tout peu important que chacun des traits ressemble à l’autre, c’est ailleurs que réside ce que j’ai appelé à l’instant cette fonction d’altérité.
Das Auslöschen der qualitativen Unterschiede soll uns nur ermöglichen, die vom Zug bzw. Strich bezeichnete Paradoxie der radikalen Andersheit zu erfassen, und letztlich ist es wenig wichtig, dass die Striche einander ähneln; das, was ich gerade die Funktion der Andersheit genannt habe, beruht auf etwas anderem.
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Et terminant la dernière fois mon discours, j’ai pointé quelle était sa fonction : celle qui assure à la répétition justement ceci : que par cette fonction – seulement par elle – cette répétition échappe à l’identité de son éternel retour, sous la figure du chasseur cochant le nombre de quoi ? de traits par où il atteint sa proie, ou du divin Marquis qui nous montre que, même au sommet de son désir, ces « coups », il prend bien soin de les compter, et que c’est là une dimension essentielle en tant que jamais elle n’abandonne la nécessité qu’elle implique, dans presque aucune de nos fonctions.
Und als ich beim letzten Mal meinen Vortrag beendete, habe ich auf diese Funktion verwiesen, jene, die der Wiederholung eben dies sichert, dass durch diese Funktion, allein durch sie, die Wiederholung der Identität ihrer ewigen Wiederkehr entkommt – sei es in Gestalt des Jägers, der die Zahl von was einkerbt? der Züge, in denen er seine Beute erfasst, oder des göttlichen Marquis, der uns zeigt, dass er sogar auf dem Höhepunkt seines Begehrens darauf achtet, die „Schläge“ zu zählen –, und dass dies hier eine wesentliche Dimension ist, insofern sie niemals die mit ihr einhergehende Notwendigkeit aufgibt, in fast keiner unserer Funktionen.38
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Compter les coups, le trait qui compte : qu’est ceci ?
Die Schläge zählen, der Strich/Zug, der zählt – was ist das?
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Est-ce qu’ici encore vous suivez bien ?
Können Sie hier noch gut folgen?
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Saisissez bien ce que j’entends désigner.
Begreifen Sie doch, was ich damit sagen will.
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Ce que j’entends désigner c’est ceci, qui est facilement oublié |{18} dans son ressort, c’est que ce à quoi nous avons affaire dans l’automatisme de répétition, c’est ceci : un cycle – de quelque façon, si amputé, si déformé, si abrasé que nous le définissions – dès lors qu’il est cycle et qu’il comporte retour à un point terme, nous pouvons le concevoir sur le modèle du besoin, de la satisfaction.
Was ich damit sagen will, ist etwas, dessen Triebkraft leicht vergessen wird, dass nämlich das, womit wir es beim Wiederholungszwang zu tun haben, Folgendes ist: Ein Zyklus, wie verstümmelt, deformiert oder abgeschliffen wir ihn auch definieren mögen – sobald er ein Zyklus ist und mit der Rückkehr zu einem Endpunkt einhergeht, können wir ihn nach dem Modell des Bedürfnisses und der Befriedigung auffassen.39
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Ce cycle se répète.
Dieser Zyklus wiederholt sich.
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Qu’importe qu’il soit tout à fait le même, ou qu’il présente de menues différences : ces menues différences ne seront manifestement faites que pour le conserver dans sa fonction de cycle comme se rapportant à quelque chose de définissable comme à un certain type, par quoi justement tous les cycles qui l’ont précédé s’identifient dans l’instant comme étant, en tant qu’ils le reproduisent, à proprement parler le même.
Es spielt keine Rolle, ob er ganz derselbe ist oder kleine Unterschiede aufweist, die kleinen Unterschiede werden nur dazu dienen, ihn in seiner Funktion als Zyklus zu erhalten, indem sie sich auf etwas beziehen, das sich als ein bestimmter Typus definieren lässt, wodurch ja sämtliche Zyklen, die ihm vorausgingen, sogleich miteinander identifiziert werden, da sie, indem sie ihn reproduzieren, eigentlich derselbe sind.40
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Prenons, pour imager ce que je suis en train de dire, le cycle de la digestion.
Nehmen wir, um das, was ich gerade sage, zu verbildlichen, den Verdauungszyklus.
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Chaque fois que nous en faisons une, nous répétons la digestion.
Jedes Mal, wenn wir einen durchlaufen, wiederholen wir die Verdauung.41
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Est-ce à cela que nous nous référons quand nous parlons, dans l’analyse, d’automatisme de répétition ?
Ist es das, worauf wir uns beziehen, wenn wir in der Analyse vom Wiederholungszwang sprechen?42
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Est-ce que c’est en vertu d’un automatisme de répétition que nous faisons des digestions qui sont sensiblement toujours la même digestion ?
Liegt es an einem Wiederholungszwang, dass wir Verdauungen vollziehen, die immer in etwa dieselbe Verdauung sind?
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Je ne vous laisserai pas d’ouverture, à dire que jusque-là c’est un sophisme.
Ich werde Ihnen nicht den Ausweg lassen, zu sagen, bis dahin sei das ein Sophismus.
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Il peut y avoir bien entendu, des incidents dans cette digestion qui soient dus à des rappels d’anciennes digestions qui furent troublées : des effets de dégoût, de nausées, liés à telle ou telle liaison contingente de tel aliment |{19} avec telle circonstance.
Natürlich kann es bei dieser Verdauung auch Vorfälle geben, die sich auf die Erinnerung an frühere gestörte Verdauungsvorgänge zurückführen lassen, Effekte von Ekel oder Übelkeit, gebunden an diese oder jene zufällige Verbindung eines bestimmten Nahrungsmittels mit bestimmten Umständen.43
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Ceci ne nous fera pas franchir pour autant d’un pas de plus la distance à couvrir entre ce retour du cycle et la fonction de l’automatisme de répétition.
Das wird uns jedoch keinen weiteren Schritt tun lassen, um die Distanz zwischen dieser Wiederkehr des Zyklus und der Funktion des Wiederholungszwangs zu überbrücken.44
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Car ce que veut dire l’automatisme de répétition en tant que nous avons à lui affaire, c’est ceci, c’est que si un cycle déterminé qui ne fut que celui-là – c’est ici que se profile l’ombre du « trauma », que je ne mets ici qu’entre guillemets, car ça n’est pas son effet traumatique que je retiens, mais seulement son unicité –, celui-là donc, qui se désigne par ce certain signifiant, que seul peut supporter ce que nous apprendrons dans la suite à définir comme une lettre : instance de la lettre dans l’inconscient, ce grand A, l’A initial en tant qu’il est numérotable, que ce cycle-là, et pas un autre, équivaut à un certain signifiant.
Denn der Wiederholungszwang, mit dem wir es zu tun haben, bedeutet Folgendes: Wenn ein bestimmter Zyklus, der nur dieser bestimmte war – hier zeichnet sich der Schatten des „Traumas“ ab, das ich hier nur in Anführungszeichen setze, denn was ich davon festhalte, ist nicht seine traumatische Wirkung, sondern nur seine Einzigkeit –, dieser bestimmte also, der durch diesen bestimmten Signifikanten bezeichnet wird, der allein das stützen kann, was wir im Folgenden als Buchstabe zu definieren lernen werden: Drängen des Buchstabens im Unbewussten, dieses große A, das initiale A, insofern es abzählbar ist --; dass also dieser bestimmte Zyklus und kein anderer einem bestimmten Signifikanten gleichkommt.45
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C’est à ce titre que le comportement se répète : pour faire ressurgir ce signifiant qu’il est comme tel, ce numéro qu’il fonde.
Aus diesem Grunde wiederholt sich das Verhalten: um den Signifikanten, der es als solches ist, wieder hochkommen zu lassen, diese Nummer, die von ihm begründet wird.46
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Si pour nous la répétition symptomatique a un sens, ce vers quoi je vous indique par là à référer, c’est à une réflexion sur la portée de votre propre pensée.
Wenn die symptomatische Wiederholung für uns eine Bedeutung hat, dann verweise ich Sie damit darauf, sich auf Folgendes zu beziehen: auf ein Nachdenken über die Tragweite Ihres eigenen Denkens.47
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Quand vous parlez de l’incidence répétitive dans la formation symptomatique, c’est pour autant que ce qui se répète, est là, non pas même seulement pour remplir la fonction naturelle du signe, qui est de représenter une chose, la chose qui serait ici actualisée, mais pour présentifier comme tel le signifiant absent que |{20} cette action est devenue.
Wenn Sie über die Einwirkung der Wiederholung auf die Symptombildung sprechen, dann insofern als das, was sich wiederholt, nicht nur dazu dient, die natürliche Funktion des Zeichens zu erfüllen – das heißt, eine Sache zu repräsentieren, die Sache, die hier aktualisiert werden würde –, sondern um als solches den abwesenden Signifikanten zu präsentifizieren, zu dem dieses Handeln geworden ist.48
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Je dis que c’est en tant que ce qui est refoulé est un signifiant, que ce cycle de comportement réel se présente à sa place.
Ich sage: Insofern das Verdrängte ein Signifikant ist, präsentiert sich an seiner Stelle dieser reale Verhaltenszyklus.49
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C’est ici – puisque je me suis imposé de donner une limite d’heure, précise et commode pour un certain nombre d’entre vous, à ce que je dois exposer devant vous – que je m’arrêterai.
Und an diesem Punkt – weil ich mir auferlegt habe, dem, was ich vor Ihnen darlegen muss, eine genaue und für einige von Ihnen günstige zeitliche Grenze zu setzen – höre ich auf.
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Ce qui s’impose à tout ceci de confirmation et de commentaires, comptez sur moi pour vous le donner dans la suite, de la façon la plus convenablement articulée, si étonnant qu’ait pu vous en apparaître l’abrupt au moment où je l’ai exposé à l’instant.
Was sich zu all dem an Bestätigung und an Kommentaren aufdrängt, so können Sie sich darauf verlassen, dass ich sie Ihnen im Weiteren, auf die angemessenste Weise artikuliert, noch geben werde, so überraschend Ihnen auch das Abrupte meiner soeben gemachten Darlegungen erscheinen mochte. .
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Quentin Massys, Der Geldwechsler und seine Frau,
1514, Öl auf Holztafel, 70,5 x 67 cm,
Louvre, Paris.
Verwandte Beiträge auf „Lacan entziffern“
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Anmerkungen
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Eine Einheit ist das, wonach von allem, was es gibt, gesagt wird, dass es eins ist.
Eine Zahl ist eine Vielheit, die aus Einheiten besteht.Vgl. Euklid: Die Elemente. Hg. u. übers. v. Clemens Thaer, Teil 1 (Buch I-III), Teil 2 (Buch IV-VI), Teil 3 (Buch VII-IX), Teil 4 (Buch X), Teil 5 (Buch XI), Teil 6 (Buch XII-XIII), in: Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Band 235 ff., Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 1933, 1935, 1936 und 1937.
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bei Mathematikern etwas zu finden: Die von Lacan an die Tafel geschriebenen Sätze von Euklid findet man beispielsweise in: Gottlob Frege: Die Grundlagen der Arithmetik. Eine logisch-mathematische Untersuchung über den Begriff der Zahl (1884). Reclam, Stuttgart 1986, § 28, in der Fußnote (Hinweis von Roussan in seiner Edition des Seminars).
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letztes Jahr: Vgl. Seminar 8, Die Übertragung, Sitzung vom 7. Juni 1961, Version Miller/Gondek S. 433 f.
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als der einzige Zug: Lacan verwendet hier „trait unique“ statt „trait unaire“.
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Beweisführung: Euklid führte die axiomatische Methode der Beweisführung ein.
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Seite 117 von Band 13 der Gesammelten Werke: In: Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse (1921).
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regressiv: Vgl. Freud:
„Entweder ist die Identifizierung dieselbe aus dem Ödipuskomplex, die ein feindseliges Ersetzenwollen der Mutter bedeutet, und das Symptom drückt die Objektliebe zum Vater aus; es realisiert die Ersetzung der Mutter unter dem Einfluß des Schuldbewußtseins: Du hast die Mutter sein wollen, jetzt bist du’s wenigstens im Leiden. Das ist dann der komplette Mechanismus der hysterischen Symptombildung. Oder aber das Symptom ist dasselbe wie das der geliebten Person (so wie zum Beispiel Dora im ›Bruchstück einer Hysterie-Analyse‹ den Husten des Vaters imitiert); dann können wir den Sachverhalt nur so beschreiben, die Identifizierung sei an Stelle der Objektwahl getreten, die Objektwahl sei zur Identifizierung regrediert.“
(Massenpsychologie und Ich-Analyse, a.a.O., S. 117)
„Das aus diesen drei Quellen Gelernte können wir dahin zusammenfassen, daß erstens die Identifizierung die ursprünglichste Form der Gefühlsbindung an ein Objekt ist, zweitens, daß sie auf regressivem Wege zum Ersatz für eine libidinöse Objektbindung wird, gleichsam durch Introjektion des Objekts ins Ich, und daß sie drittens bei jeder neu wahrgenommenen Gemeinsamkeit mit einer Person, die nicht Objekt der Sexualtriebe ist, entstehen kann.“
(Massenpsychologie und Ich-Analyse, a.a.O., S. 118)
Töpffer: Rodolphe Töpffer (1799–1846), schweizer Zeichner und Novellist. Seine Bildergeschichten gelten als Begründung einer Tradition, die zu den Bilderbögen, zu den Arbeiten von Wilhelm Busch und schließlich zu den Comics führte.
mit einem Bindestrich: In Töpffers hier wiedergegebenen Zeichnung (die auch von Roussan in seiner Ausgabe des Identifizierungs-Seminars reproduziert wird) ist zwischen „objet“ und „aimé“ kein Bindestrich zu erkennen (vgl. unten rechts: „L’Objet aimé s’enfuit.“ „Das geliebte Objekt entflieht.“). Bezieht Lacan sich auf eine andere Bildergeschichte von Töpffer?
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Pfui (Fi): Fi hat einen Doppelsinn: (a) „Pfui“, (b) lautgleich mit Phi, auch im Französischen das Wort für den griechischen Buchstaben Φ. Also vielleicht eine Anspielung auf die phallische Dimension der Bibliophilie.
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„höchst beschränkte“: Freud: „Es muß uns auch auffallen, daß beide Male die Identifizierung eine partielle, höchst beschränkte ist, nur einen einzigen Zug von der Objektperson entlehnt.“ (GW 13, S. 217)
Ersatz: Vgl. Freud :
„Das aus diesen drei Quellen Gelernte können wir dahin zusammenfassen, daß erstens die Identifizierung die ursprünglichste Form der Gefühlsbindung an ein Objekt ist, zweitens daß sie auf regressivem Wege zum Ersatz für eine libidinöse Objektbindung wird, gleichsam durch Introjektion des Objekts ins Ich, und daß sie drittens bei jeder neu wahrgenommenen Gemeinsamkeit mit einer Person, die nicht Objekt der Sexualtriebe ist, entstehen kann.“
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die Identifizierung der ersten Art: Vgl. Freud:
„Die [erste] Identifizierung [des Jungen mit dem Vater] ist eben von Anfang an ambivalent, sie kann sich ebenso zum Ausdruck der Zärtlichkeit wie zum Wunsch der Beseitigung wenden. Sie benimmt sich wie ein Abkömmling der ersten oralen Phase der Libidoorganisation, in welcher man sich das begehrte und geschätzte Objekt durch Essen einverleibte und es dabei als solches vernichtete. Der Kannibale bleibt bekanntlich auf diesem Standpunkt stehen; er hat seine Feinde zum Fressen lieb, und er frißt die nicht, die er nicht irgendwie lieb haben kann.(Anm.)
(Freuds Anm.:) S. „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ und Abraham: „Untersuchungen über die früheste prägenitale Entwicklungsstufe der Libido.“ Intern. Zeitschr. f. Psychoanalyse, IV, 1916, auch in dessen „Klinische Beiträge zur Psychoanalyse“. Intern. Psychoanalyt. Bibliothek, Bd. 10, 1921.“
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zur dritten (Identifizierung): Vgl. Freud:
„Es ist ein dritter, besonders häufiger und bedeutsamer Fall der Symptombildung, daß die Identifizierung vom Objektverhältnis zur kopierten Person ganz absieht. Wenn zum Beispiel eines der Mädchen im Pensionat einen Brief vom geheim Geliebten bekommen hat, der ihre Eifersucht erregt, und auf den sie mit einem hysterischen Anfall reagiert, so werden einige ihrer Freundinnen, die darum wissen, diesen Anfall übernehmen, wie wir sagen, auf dem Wege der psychischen Infektion. Der Mechanismus ist der der Identifizierung auf Grund des sich in dieselbe Lage Versetzenkönnens oder Versetzenwollens. Die anderen möchten auch ein geheimes Liebesverhältnis haben und akzeptieren unter dem Einfluß des Schuldbewußtseins auch das damit verbundene Leid. Es wäre unrichtig zu behaupten, sie eignen sich das Symptom aus Mitgefühl an. Im Gegenteil, das Mitgefühl entsteht erst aus der Identifizierung, und der Beweis hiefür ist, daß sich solche Infektion oder Imitation auch unter Umständen herstellt, wo noch geringere vorgängige Sympathie zwischen beiden anzunehmen ist, als unter Pensionsfreundinnen zu bestehen pflegt. Das eine Ich hat am anderen eine bedeutsame Analogie in einem Punkte wahrgenommen, in unserem Beispiel in der gleichen Gefühlsbereitschaft, es bildet sich daraufhin eine Identifizierung in diesem Punkte, und unter dem Einfluß der pathogenen Situation verschiebt sich diese Identifizierung zum Symptom, welches das eine Ich produziert hat. Die Identifizierung durch das Symptom wird so zum Anzeichen für eine Deckungsstelle der beiden Ich, die verdrängt gehalten werden soll.“
(Massenpsychologie und Ich-Analyse, a.a.O., S. 117 f.)
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um die Ecke herum: im Französischen en coin, im Sinne von „hinterhältig“, „verstohlen“.
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Klasse: Unter „Klasse“ versteht man in der Logik die Zusammenfassung von Objekten, die eine gemeinsame Eigenschaft haben. Die drei Identifizierungen bilden keine Klasse, d.h. sie haben kein gemeinsames Merkmal.
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koinonia tōn genōn: Platon, Sophistes, 254c, „Gemeinschaft der Begriffe/Klassen“. Der gesamte Satz lautet so:
„Da wir nun übereingekommen sind, dass einige Begriffe Gemeinschaft mit einander haben wollen, andere nicht, und einige wenig, andere viel, andere auch überall nichts hindert mit allen Gemeinschaft zu haben, so lasse uns nun das weitere in unserer Rede so nachholen, dass wir nicht etwa an allen Begriffen betrachten, damit wir nicht durch die Menge in Verwirrung geraten, sondern an einigen der wichtigsten vorzugsweise, zuerst was jeder ist, und dann wie er sich verhält in Absicht des Vermögens der Gemeinschaft mit andern, damit, wenn wir auch das Seiende und Nichtseiende nicht mit völliger Deutlichkeit aufzufassen vermögen, es uns wenigstens an einer Erklärung darüber nicht fehle, soweit es die Art der jetzigen Untersuchung zulässt, wenn es uns etwa möglich wäre, indem wir von dem Nichtseienden sagen es sei wirklich das Nichtseiende, unbeschädigt davon zu kommen.“
(Schleiermacher-Übersetzung, bearbeitet, im Internet hier)
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die Triade des Symbolischen, des Imaginären und des Realen: Eingeführt wurde diese Dreiheit von Lacan in einem Vortrag vom Juli 1953, Das Symbolische, das Imaginäre und das Reale (in: J.L.: Namen-des-Vaters. Übers. v. Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2006, S. 11–61).
dieses dritte Element: damit ist hier das Symbolische gemeint, nicht das Reale, wie das Folgende zeigt.
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die Freud’sche Erfahrung: Das französische Wort expérience bedeutet sowohl „Erfahrung“ als auch „Experiment“, man könnte also auch übersetzen mit „Es geht um das Freud’sche Experiment“.
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nicht um Erlebnis*: „Erlebnis“ wird Mitte des 19. Jahrhunderts zum philosophischen Terminus. Der Ausdruck stützt sich auf „das Erleben“ und „das Erlebte“, dabei liegt der Akzent auf der Unmittelbarkeit des selbst Erlebten, das jeder Deutung und jeder Konstruktion vorausgeht. Husserl spricht vom „intentionalen Erlebnis“ als Bewusstsein von Gegenständen (Logische Untersuchungen, 1900/01, vor allem 5. und 6. Untersuchung). (Vgl. K. Cramer: Erleben, Erlebnis. In: Ritter, Joachim (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 2, D–F. Schwabe, Basel u.a. 1972, Sp. 702–711.)
Sartre übernimmt in Das Sein und das Nichts (1943) den Ausdruck von Husserl. Einmal übersetzt er dort Erlebnis mit „jedes besondere Für-sich“ (Das Sein und das Nichts. Übersetzt von Hans Schöneberg und Traugott König. Rowohlt, Reinbek 1974, Zweiter Teil, erstes Kapitel, Teil IV: „Das Für-sich und das Sein der Möglichkeiten“, S. 200) Ansonsten aber verwendet er den deutschen Ausdruck unübersetzt (vgl. L’Être et le néant. Essai d‘ontologie phénomonologique. Gallimard, korrigierte Ausgabe von 1980, S. 110, 131, 132 (hier die Übersetzung mit „pour-soi“), 139, 147, 162, 175, 259, 316 und 470). In der deutschen Übersetzung findet man die Übersetzung von Erlebnis mit „für-sich“ hier: Das Sein und das Nichts. Übersetzt von Hans Schöneberg und Traugott König. Rowohlt, Reinbek 1974, Zweiter Teil, erstes Kapitel, Teil IV: „Das Für-sich und das Sein der Möglichkeiten“, S. 200.
Lacan bezieht sich an dieser Stelle also vermutlich auf Sartres Verwendung von Erlebnis.
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Symbol: Freud versteht in der Traumdeutung unter Symbolen diejenigen Traumelemente, die unabhängig vom Träumer eine feste Bedeutung haben. Vgl. Die Traumdeutung, Kapitel VI.E, „Die Darstellung durch Symbole im Traum“. Für viele Autoren besteht die spezifisch psychoanalytische Verwendung des Symbolbegriffs darin, dass das Symbolisierte unbewusst ist. Eine klassische Arbeit zur Symbolik ist: Ernest Jones: Die Theorie der Symbolik (1916). In: Ders.: Die Theorie der Symbolik und andere Aufsätze. Ullstein, Frankfurt am Main u.a. 1978, S. 50–114. Einen Überblick findet man in: Jean Laplanche, Jean-Bertrand Pontalis: Vokabular der Psychoanalyse. Übers. v. Eva Moldenhauer. Frankfurt am Main 1972, Artikel „Symbolik“, S. 481–486.
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Überraschungseffekt: Vgl. etwa Freud über die Analyse seiner eigenen Träume:
„Wenn ich aber für mich selbst die Analyse fortsetze, ohne Rücksicht auf die anderen, für die ja ein so persönliches Erlebnis wie mein Traum gar nicht bestimmt sein kann, so lange ich endlich bei Gedanken an, die mich überraschen, die ich in mir nicht gekannt habe, die mir aber nicht nur fremdartig, sondern auch unangenehm sind, und die ich darum energisch bestreiten möchte, während die durch die Analyse laufende Gedankenverkettung sie mir unerbittlich aufdrängt. Ich kann diesem ganz allgemeinen Sachverhalt gar nicht anders Rechnung tragen, als durch die Annahme, diese Gedanken seien wirklich in meinem Seelenleben vorhanden und im Besitz einer gewissen psychischen Intensität oder Energie gewesen, hätten sich aber in einer eigentümlichen psychologischen Situation befunden, der zufolge sie mir nicht bewußt werden konnten. Ich heiße diesen besonderen Zustand den der Verdrängung.“
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Imago: Begriff von C.G. Jung, eingeführt in: Wandlungen und Symbole der Libido. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Denkens. Deuticke, Leipzig und Wien 1911.
Der Terminus wurde von Freud übernommen:
Vgl. Über die allgemeinste Erniedrigung des Liebeslebens (1912, GW 8, S. 80); Zur Dynamik der Übertragung (1912, GW 8, S. 366 f., 370); Zur Einleitung der Behandlung (1913, GW 8, S. 474); Zur Psychologie des Gymnasiasten (1914, GW 10, S. 206); Das Unheimliche (1919, GW 12, S. 244 Fn.); Massenpsychologie und Ich-Analyse (1921, GW 13, S. 155); Das ökonomische Problem des Masochismus (1924, GW 13, S. 381); Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933, GW 15, S. 70).
Für den Lacan vor der „symbolischen Wende“ von 1952/53 ist Imago ein Grundbegriff, in dieser Zeit bezieht er sich in jedem seiner Aufsätze auf die Imago. In Jenseits des „Realitätsprinzips“ von 1936 heißt es:
„Wir werden (…) den genialen Gebrauch aufzeigen, den er [Freud] vom Gebrauch des Bildes [image] zu machen wusste. Wenn er ihn unter dem Namen Imago nicht vollends aus dem konfusen Zustand der gewöhnlichen Anschauung herausgelöst hat, so geschah das, um meisterlich von seiner konkreten Bedeutung Gebrauch zu machen, womit er alles von seiner gestaltenden Funktion in der Anschauung, im Gedächtnis und in der Entwicklung bewahrt.“
(J.L.: Schriften. Vollständiger Text. Band I. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 104)
Im Aufsatz über die Familienkomplexe (1938) findet man Imago knapp 50 Mal. Zum letzten Mal verwendet Lacan den Ausdruck in der Wortmeldung zur Übertragung (1951).
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Absicht: Im Französischen dessein, Wortspiel mit der Lautgleichheit von dessein (Absicht) und dessin (Zeichnung).
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Archetypus: Lacan bezieht sich auf den von Carl Gustav Jung entwickelten Begriff des Archetypus. Zuerst in: C.G. Jung: Über die Archetypen des kollektiven Unbewussten. Rhein-Verlag, Zürich 1935, S. 179–229 (nachgedruckt in: C.G. Jung: Archetypen. Urbilder und Wirkkräfte des kollektiven Unbewussten. Patmos, Ostfildern, 2018, S. 7–54, im Internet hier), überarbeitete Fassung: Von den Wurzeln des Bewußtseins. Studien über den Archetypus. In: C. G. Jung: Gesammelte Werke, Band 9/1. Rascher, Zürich 1954, § 1–86.
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Alchemie: Vgl. C.G. Jung: Psychologie und Alchemie. Zuerst Rascher, Zürich 1944 (Gesammelte Werke, Bd. 12. Rascher, Zürich 1972).
Gnosis: C.G.Jung begriff die antike Gnosis als wichtigste Präfiguration seiner eigenen analytischen Psychologie. Vgl. u.a. seinen im gnostischen Stil geschriebenen Text: Septem sermones ad mortuos (Sieben Reden an die Toten), Privatdruck 1916 (im Internet hier), erste Verlags-Veröffentlichung dieses Textes in: C.G. Jung: Erinnerungen, Träume, Gedanken. Aufgezeichnet und herausgegeben von Aniela Jaffé. Rascher, Zürich 1962, dort als Anhang. Vgl. außerdem Jungs einzige Monographie zur Gnosis: Gnostische Symbole des Selbst. Zuerst in: Ders.: Aion. Untersuchungen zur Symbolgeschichte. Rascher, Zürich 1951, §§ 287–385 (Gesammelte Werke, Bd. 9/II: Beiträge zur Symbolik des Selbst. Rascher, Zürich 1976).
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Kristallgestalt: „Kristallgestalt“ ist ein Begriff der Mineralogie. Die Kristallgestalt setzt sich zusammen aus der „Kristalltracht“ (Gesamtheit der an einem Kristall entwickelten Kristallflächen) und dem „Kristallhabitus“ (Größenverhältnis der Kristallflächen) (vgl. den Artikel „Kristalltracht“ in der deutschen Wikipedia).
Der Hinweis auf die Kristallgestalt erinnert an Lacans Darstellung der Beziehung zwischen dem Imaginären, dem Symbolischen und dem Realen durch eine Kristallform in Seminar 1, Die Technik der Psychoanalyse (Sitzung vom 30. Juni 1954, Version Miller/Hamacher S. 339 f.). Das Kristall hat dort, soweit erkennbar, die Gestalt einer aus sechs Dreiecken bestehenden Doppelpyramide (zu Kristallformen vgl. diesen Artikel):
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ontologisch: Lacan bezieht sich hier möglicherweise auf eine frühere Bemerkung in dieser Sitzung: „Es handelt sich nicht um eine ontologische Definition; was ich hier voneinander trenne [das Imaginäre, das Symbolische und das Reale] sind keine Bereiche des Seins.“ (S. {7})
pflugscharartig: In Seminar 5, Die Bildungen des Unbewussten, heißt es,
„dass die Sprache die Dinge durchdringt, sie durchfurcht“
(30. April 1958, Version Miller/Gondek S. 417),
und im Seminar 10, Die Angst, heißt es in Bezug auf den Signifiikanten
„seine Furche im Realen“
(19. Dezember 1962, S. 101).
Einwirkung des Signifikanten in das Reale: Etwa ein Jahr später wird es im Seminar Die Angst heißen:
„Das Problem ist das des Eintritts des Signifikanten ins Reale, und zu sehen, wie daraus das Subjekt entsteht. (…) Es geht heute darum zu wissen, was genau es diesem Signifikanten ermöglicht, sich zu verkörpern. / Das, was es ihm ermöglicht, ist zunächst einmal das, was wir da haben, um uns einander zu vergegenwärtigen, unseren Körper. Allein auch dieser Körper ist ebenfalls nicht schlicht und einfach in den Kategorien der transzendentalen Ästhetik zu erfassen. Dieser Körper ist nicht in der Weise konstituierbar, wie Descartes ihn im Feld der Ausdehnung einrichtet. Er ist uns auch nicht auf schlichte und einfache Weise in unserem Spiegel gegeben.“
(Sitzung vom 9. Januar 1963, Version Miller/Gondek S. 114)
Das Subjekt entsteht durch den Eintritt des Signifikanten in das Reale des Körpers. Wenn der Körper nicht in den Kategorien der transzendentalen Ästhetik aufgefasst werden soll, nicht durch die apriorischen Anschauungsformen Ausdehnung und Gestalt, wie dann? Durch den Bezug auf die Jouissance. In Psychoanalyse und Medizin, einem Vortrag vom 16. Februar 1966, wird Lacan die Beziehung zwischen den Begriffen Jouissance und Körper zum ersten Mal herstellen:
„Dieser Körper ist nicht einfach durch die Dimension der Ausdehnung charakterisiert, ein Körper ist etwas, das dazu da ist, um zu genießen, um sich selbst zu genießen.“
(In: Wo Es war 1/1986, S. 3-14, übers. v. Franz Kaltenbeck, Übersetzung geändert; frz. hier)
Wenig später wird er in Seminar 13, Das Objekt der Psychoanalyse, sagen:
„(…) die Jouissance lässt sich nur von dem her erfassen und begreifen, was Körper ist.“
(Sitzung vom 27. April 1966, unsere Übersetzung nach Version Staferla)
Man kann deshalb sagen, ab 1966 beruht für Lacan die Entstehung des Subjekts auf der Einwirkung des Signifikanten auf die Jouissance.
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Initiatoren der Gestalttheorie: Dies sind vor allem Max Wertheimer, Kurt Koffka und Wolfgang Köhler.
Makrokosmos-Mikrokosmos: Eine Relation dieses Typs ist die von C.G. Jung angenommene Beziehung zwischen individuellen und kollektiven Archetypen. Vgl. Jung: „Unsere Psyche ist von der Weltstruktur her angelegt, und was im Großen geschieht, ereignet sich im Kleinsten und Subjektivsten der Seele.“ (Ders.: Erinnerungen, Träume, Gedanken. Rascher, Zürich 1962, S. 339)
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Schatten: Freud schreibt in der Traumdeutung, die Wünsche, die sich in Träumen als erfüllt darstellen, seien nicht immer aktuelle Wünsche.
„Es können auch verflossene, abgetane, überlagerte und verdrängte Wünsche sein, denen wir nur wegen ihres Wiederauftauchens im Traum doch eine Art von Fortexistenz zusprechen müssen. Sie sind nicht tot wie die Verstorbenen nach unserem Begriff, sondern wie die Schatten der Odyssee, die, sobald sie Blut getrunken haben, zu einem gewissen Leben erwachen.“ (GW 2/3, S. 255)
„Um mich eines Gleichnisses zu bedienen: es gibt für sie [für die unbewussten Wünsche] keine andere Art der Vernichtung als für die Schatten der odysseischen Unterwelt, die zum neuen Leben erwachen, sobald sie Blut getrunken haben.“ (GW 2/3, S. 558 Fn.)
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Äußerungen über die psychische Kausalität (Vortrag von 1946, zuerst veröffentlicht 1950). In: J. Lacan: Schriften. Vollständiger Text. Band I. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Turia und Kant, Wien 2016, S. 176–227.
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Äußerungen über die psychische Kausalität, a.a.O., S. 226.
der Jäger … beim letzten Mal wiedergefunden: Vgl. Sitzung vom 6. Dezember 1961, S. {20}.
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Kommutativität: Kommutativität liegt dann vor, wenn Elemente in eine andere Reihenfolge gebracht werden, ohne dass sich das Ergebnis verändert. Beispielsweise ist die Addition kommutativ (2 + 3 = 3 + 2), während die Division nicht kommutativ ist (2 : 3 ≠ 3 : 2).
Permutation: Begriff der Kombinatorik. Gegeben ist eine bestimmte Anzahl von Elementen, berechnet wird die Anzahl der möglichen Anordnungen. Dabei werden zwei Arten der Permutation unterschieden, solche, bei denen jedes Element nur einmal verwendet werden darf und solche, bei denen die Elemente wiederholt verwendet werden dürfen. Die Tabelle Kastration – Frustration – Privation, die Lacan in Seminar 4, Die Objektbeziehung, entwickelt, beruht auf Permutation der Elemente symbolisch, imaginär und real , ohne Wiederholung (Version Miller/Gondek S. 67, 235, 255, 317). Auch die Formeln der vier Diskurse (Seminar 17, Die Kehrseite der Psychoanalyse) beruhen auf Permutation: Es gibt vier Elemente (S1, S2, a, $), die eine feste Reihenfolge haben, die zirkulär auf vier Plätzen positioniert sind und die sich nicht wiederholen. Das ergibt vier Permutationen:
– S1, S2, a, $
– S2, a, $, S1
– a, $, S1, S2
– $, S1, S2, a -
weder Bewegung noch Entstehen noch Vergehen: Anspielung auf Schriften von Aristoteles: auf die Physik mit der darin entwickelten Theorie der Bewegung (kinesis), sowie auf Über Entstehen und Vergehen (meist mit dem lateinischen Titel zitiert: De generatione et corruptione, alternative Übersetzung des Titels: Über Werden und Vergehen). Bis zur Heraufkunft der modernen Naturwissenschaften waren dies die grundlegenden theoretischen Arbeiten über Naturvorgänge. Bewegung im Gegensatz zu Ruhe, Entstehen im Gegensatz zu Vergehen, dies sind in dieser Tradition Kategorien des Werdens im Gegensatz zu den Kategorien des Seins.
Kombinatorik: Lacans ausführlichste Darstellung der Kombinatorik des Unbewussten findet sich in den drei Nachträgen zu seinem Aufsatz Das Seminar über „Der gestohlenen Brief“, nämlich „Vorstellung der Fortsetzung“, „Einführung“ und „Parenthese der Parenthesen“ (Schriften, Band II, Vollständiger Text, a.a.O., S. 49–73). Eine gute Lesehilfe hierfür ist Bruce Fink: The nature of unconscious thought or why no one ever reads Lacan’s postface to the „Seminar on »The purloined letter«“. In: Richard Feldstein u.a. (Hg.): Reading Seminars I and II. Lacan’s return to Freud. State University of New York Press, Albany 1996, S. 173–191.
Hinweise auf die Kombinatorik des Unbewussten finden sich in den den meisten Aufsätzen der Schriften. Vgl. Das Seminar über „Der gestohlenen Brief“ (Band I, Gondek-Übersetzung, S. 26, 58, 62); Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse (I, 317); Die Freud’sche Sache (I, 509); Die Situation der Psychoanalyse und die Ausbildung des Psychoanalytikers (I, 552, 555); Über eine Frage, die jeder möglichen Behandlung der Psychose vorausgeht (Band II, Gondek-Übersetzung, S. 33); Die Lenkung der Kur und die Prinzipien ihrer Macht (II, 127); Anmerkung zum Bericht von Daniel Lagache: „Psychoanalyse und Struktur der Persönlichkeit“ (II, 149, 160, 165, 169); Von einem Syllabarium nachträglich (II, 237); Richtungweisende Themenvorschläge für einen Kongress über weibliche Sexualität (II, 241); Kant mit Sade (II, 302); Subversion des Subjekts und Dialektik des Begehrens im Freud’schen Unbewussten (II, 342); Position des Unbewussten (II, 380); Die Wissenschaft und die Wahrheit (II, 409).
aristotelische Tradition: häufig auch „Metaphysik“ geheißen. Die Betonung der fundierenden Funktion der Kombinatorik ist demnach Lacans Version der Metaphysikkritik.
also der Tradition der Erkenntnis (connaissance): Lacan setzt die aristotelische Metaphysik mit der Tradition der „Erkenntnis“ gleich; der Terminus Erkenntnis bezieht sich hier also nicht auf Erkenntnistheorie im üblichen Sinne des Wortes. Im Angst-Seminar sagt Lacan über das Erkennen: Unter dem Erkennen gebe es ein Begehren, nämlich das, was Platon an die zentrale Funktion des Höchsten Gutes glauben lässt, was Aristoteles an den Ersten Beweger glauben lässt, immer gehe es dabei um eine letzte Ursache. Er verweist hierfür auf Nietzsche und andere vor ihm. (Sitzung vom 8. Mai 1963, Version Miller/Gondek S. 272)
Emergenz des Faktums der Struktur: An die Stelle der metaphysischen Kategorien Werden und Vergehen treten also: Emergenz der Struktur durch Kombinatorik und Zusammenbruch der Struktur durch das Imaginäre.
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„Denken“ bei Freud: Belege zur Verwendung von „Denken“ bei Freud findet man in dieser Übersetzung des Identifizierungs-Seminars in der Sitzung vom 15. November 1961, in Anmerkung 29 (oder danach).
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nicht etwa von Platon ausgehen zu müssen: wie im Seminar des Vorjahres, Die Übertragung, das mit einer Analyse von Platons Symposion begann.
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Autonomie des Subjekts: Dem Subjekt wird von Lacan in diesem Satz Autonomie zugeschrieben. Das ist verblüffend, da Autonomie traditionell bedeutet, dass sich das Subjekt selbst das Gesetz gibt (so bei Kant), während für Lacan das Gesetz vom Anderen kommt, das Subjekt in diesem Sinne also heteronom ist. Damit ist offen, was Lacan hier unter Autonomie verstanden haben möchte.
Im Seminar des nächsten Jahres, Die Angst (1962/63), wird er sich zur Autonomie des Subjekts kritisch äußern:
„ (…) das Spiegelbild wird das Bild des Doppelgängers, mitsamt dem, was es an radikaler Fremdheit mit sich bringt. Um Termini zu verwenden, die ihre Bedeutung daraus gewinnen, dass sie sich den Hegel’schen Termini entgegensetzen: Sie lässt uns dadurch als Objekt erscheinen, dass sie uns die Nicht-Autonomie des Subjekts offenbart.“
(Sitzung vom 5. Dezember 1962, Version Miller/Gondek S. 67)
Und:
„So paradox dies Ihnen erscheinen mag, das Thema der Angst führt uns also auf diese entscheidende Ebene zurück, die ich den Mythos vom moralischen Gesetz nennen werde, nämlich dass jede gesunde Position des moralischen Gesetzes in die Richtung einer Autonomie des Subjekts zu suchen wäre.
Die immer stärkere Akzentuierung des Grundbegriffs Autonomie im Lauf der Geschichte der ethischen Theorien zeigt hinreichend auf, worum es geht, nämlich um eine Abwehr. Was es zu schlucken gilt, ist diese erste und offensichtliche Wahrheit, dass das moralische Gesetz heteronom ist.“
(Sitzung vom 27. Februar 1963, Version Miller/Gondek S. 190; in der Übersetzung irrtümlich auf den 27. Januar 1963 datiert)
In einem Interview von 1966 wird er sagen:
„Descartes hat die Physik der Bewegung konstituiert, indem er sich des Impetus entledigt hat. Heute müssen wir uns von der Illusion der Autonomie des Subjekts befreien, wenn wir eine Wissenschaft des Subjekts konstituieren wollen.“
(Gespräch mit Pierre Daix am 26. November 1966, veröffentlicht in: Les Lettres Françaises Nr. 1159 vom 1. bis 7. Dezember 1966, nachzulesen in: Pas-tout Lacan, S. 994, unsere Übersetzung)
Impetus ist ein Begriff der aristotelischen Physik. Überwunden wurde die Impetustheorie durch Descartes Konzept quantité de mouvement (Bewegungsgröße), durch Galileis momento und durch Newtons Theorie der Trägheit (vgl. M. Jammer: Impetus. In: Joachim Ritter, Karlfried Gründer (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 4, I–K. Schwabe, Basel u.a. 1976, Sp. 260 f.).
Die Formulierung „autonomie du sujet“ wird von Lacan sonst nirgendwo verwendet, weder in den Seminaren noch in den Schriften noch in den Anderen Schriften noch in Pas-tout Lacan.
conscius: Das französische Wort conscience, „Bewusstsein“, geht zurück auf das lateinische Wort conscius, das sich aus con (mit) und scius (wissend) zusammensetzt. Jemand ist insofern conscius, als er mitwissend ist, ein Komplize.
von ihm (dem Subjekt) wird nur in dem Maße etwas hervorgebracht: Das Subjekt (hervorgebracht durch den Signifikanten) ist demnach eine Größe, durch die selbst wiederum etwas hervorgebracht wird. Ist das vom Subjekt Hervorgebrachte die Identifizierung mit dem einzelnen Zug? Ist das vom Subjekt Hervorgebrachte die Metonymie, das heißt der Zusammenhang der Signifikantenkette durch das Begehren? In diese zweite Richtung geht die folgende Bemerkung im Angst-Seminar:
Das Objekt a „ist Ursache des Begehrens, insofern das Begehren selbst etwas nicht Wirkungsvolles (effectif) ist, eine Art Wirkung, auf der Funktion des Mangels gegründet und durch sie konstituiert, die als Wirkung nur da erscheint, wo die Annahme einer Ursache anzusetzen ist, das heißt auf der Ebene der signifikanten Kette, der das Begehren diesen Zusammenhang gibt, wodurch sich das Subjekt wesentlich als Metonymie konstituiert.“
(Seminar 10, Die Angst, Sitzung vom 26. Juni 1963, Version Miller/Gondek S. 398)
Oder wird vom Subjekt beides hervorgebracht, Identifizierung und Metonymie des Begehrens, und ist es insofern gespalten?
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Referenz: hier vielleicht im Sinne von Bezugspunkt, Stütze.
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als Träger der Differenz: Der unäre Zug ist demnach die „Referenz“ des Subjekts, der unäre Zug als Träger der Differenz.
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Identität ihrer ewigen Wiederkehr: Anspielung auf eine Bemerkung von Freud bei der Erläuterung des Wiederholungszwangs in Jenseits des Lustprinzips:
„Wir verwundern uns über diese ‚ewige Wiederkehr des Gleichen‘ nur wenig, wenn es sich um ein aktives Verhalten des Betreffenden handelt, und wenn wir den sich gleichbleibenden Charakterzug seines Wesens auffinden, der sich in der Wiederholung der nämlichen Erlebnisse äußern muß. Weit stärker wirken jene Fälle auf uns, bei denen die Person etwas passiv zu erleben scheint, worauf ihr ein Einfluß nicht zusteht, während sie doch immer nur die Wiederholung desselben Schicksals erlebt. Man denke zum Beispiel an die Geschichte jener Frau, die dreimal nacheinander Männer heiratete, die nach kurzer Zeit erkrankten und von ihr zu Tode gepflegt werden mußten.“ (GW 7, S. 21)
Freuds Rede von der „ewigen Wiederkehr des Gleichen“ gibt ein Echo auf Nietzsches Begriff der „ewigen Wiederkunft des Gleichen“ (Also sprach Zarathustra, 1883–1885).
Analog zu Freuds Rede von der ewigen Wiederkehr „des Gleichen“ spricht Lacan von der „Identität“ der ewigen Wiederkehr. Damit bringt er die sich wiederholenden Verhaltenszyklen auf die Seite der Identität.
dass durch diese Funktion, allein durch sie, die Wiederholung der Identität ihrer ewigen Wiederkehr entkommt: Allein durch die Funktion der Andersheit bzw. des einzigen Zugs entkommt die Wiederholung der Identität ihrer ewigen Wiederkehr. Demnach gibt es zwei Arten der Wiederholung:
– Wiederholung vom Typ A: Wiederholung mit Identität ihrer ewigen Wiederkehr,
– Wiederholung vom Typ B: Wiederholung auf der Grundlage der Differenz, d.h. der Andersheit, des unären Zugs.des göttlichen Marquis: Die Bezeichnung von Sade als „göttlicher“ Marquis findet sich seit Ende des 18. Jahrhunderts; mehr dazu hier. (Hinweis von Ben Hoosson in seiner englischen Übersetzung des Identifizierungs-Seminars.)
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Zyklus: Im nächsten Satz wird klar, dass Lacan hier unter einem Zyklus nicht etwa die Serie der Wiederholungen versteht, sondern einen einzelnen Vorgang, der sich wiederholt.
Modell des Bedürfnisses und der Befriedigung: Lacan spielt hier möglicherweise an auf die Theorie der Übertragung von Daniel Lagache, der darin die „Wiederholung von Bedürfnissen“ vom „Bedürfnis nach Wiederholung“ unterscheidet (vgl. D. Lagache: Le problème du transfert. In: Revue française de psychanalyse, tome XVI, Nos 1–2, Janvier – Juin 1952, S. 5–122, nachgedruckt in: Ders.: Le transfert et autres travaux psychanalytiques. Œuvres III (1952-1956). Presses Universitaires de France, Paris 1980).
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derselbe sind: Die Verhaltenszyklen, die nach dem Modell von Bedürfnis und Wiederholung aufgefasst werden können, sind „derselbe“, sie gehören zur Wiederholung vom Typ A, Wiederholung auf der Grundlage der Identität.
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Verdauung: Die Wiederholung der Verdauungszyklen ist das Paradigma für die Wiederholung vom Typ A, Wiederholung auf der Grundlage der Identität, Wiederholung ohne unären Zug.
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Wiederholungszwang: Der Begriff des Wiederholungszwangs wird von Freud entwickelt in: Jenseits des Lustprinzips (1920). In: GW 13, S. 1– 69.
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Erinnerung an frühere gestörte Verdauungsvorgänge: Lacan bezieht sich hier offenbar auf einen Einwand, der etwa so lauten könnte: Den rein physiologischen Verdauungszyklus, den Sie damit behaupten, gibt es nicht; Verdauungszyklen sind immer durch Erinnerungen bestimmt. Lacan akzeptiert, im ersten Schritt, diesen Einwand.
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die Distanz: Zweite Hälfte der Antwort von Lacan auf den möglichen Einwand: Dennoch müssen wir diese Unterscheidung treffen.
Wiederkehr des Zyklus: Die beiden Arten der Wiederholung werden jetzt so unterschieden:
– „Wiederkehr des Zyklus“ (Wiederholung vom Typ A, Wiederholung der Identität),
– „Wiederholungszwang“ (Wiederholung vom Typ B, Wiederholung auf Grundlage der Differenz, des unären Zugs). -
Der Wiederholungszwang, mit dem wir es zu tun haben: Freud gibt in Jenseits des Lustprinzips (1920), worin er den Begriff des Wiederholungszwangs ausarbeitet, u.a. die folgenden Beispiele:
„Wohltäter, die von jedem ihrer Schützlinge nach einiger Zeit im Groll verlassen werden, so verschieden diese sonst auch sein mögen, denen also bestimmt scheint, alle Bitterkeit des Undankes auszukosten; Männer, bei denen jede Freundschaft den Ausgang nimmt, daß der Freund sie verrät; andere, die es unbestimmt oft in ihrem Leben wiederholen, eine andere Person zur großen Autorität für sich oder auch für die Öffentlichkeit zu erheben, und diese Autorität dann nach abgemessener Zeit selbst stürzen, um sie durch eine neue zu ersetzen; Liebende, bei denen jedes zärtliche Verhältnis zum Weibe dieselben Phasen durchmacht und zum gleichen Ende führt usw.“ (GW 13, S. 20f.)
ein bestimmter Zyklus, der nur dieser bestimmte war: Bei der Wiederholung vom Typ B ist der einzelne Zyklus ein „bestimmtes“ Verhalten und nicht „dasselbe“. Die Bestimmtheit wird durch einen bestimmten Signifikanten bezeichnet. Demnach werden in der Serie der Wiederholungszyklen die einzelnen Zyklen durch unterschiedliche Signifikanten bezeichnet. Damit sind sie abzählbar, im Falle von Sades Orgie könnte man sie bezeichnen als „Schlag 1“, „Schlag 2“, „Schlag 3“ usw.
„Trauma“: Freud erklärt die traumatische Neurose mit dem Durchbrechen des Reizschutzes aufgrund der fehlenden Angstbereitschaft und begreift den Wiederholungszwang als Versuch, die Situation der Reizbewältigung durch Angsterwartung nachzuholen. Das Durchbrechen des Reizschutzes ist, so vermutet er, der Anlass für die Urverdrängung. (Vgl. Freud: Jenseits des Lustprinzips, 1920, GW 13, S. 1–69; zum Trauma als Durchbrechen des Reizschutzes v.a. Teil IV.– Freud: Hemmung, Symptom und Angst, 1926, GW 14, S. 111–205; zur Urverdrängung S. 121.)
Mit dem Hinweis auf das Trauma sind wir bei der Frage nach dem Grund der Wiederholung.
nur seine Einzigkeit: Offenbar ist gemeint: „Vom Trauma halte ich nur die Einzigkeit fest“.
Buchstabe: Das bestimmte sich wiederholende Verhalten (der „Zyklus“) wird durch einen bestimmten Signifikanten bezeichnet und dieser Signifikant allein kann den Buchstaben stützen. Wie ist das Stützungsverhältnis aufzufassen? Ist der Signifikant, mit dem das bestimmte Verhalten bezeichnet wird, dasselbe wie der Buchstabe oder etwas anderes?
Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten: Vollständiger Titel: Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten oder die Vernunft seit Freud (1957). In: J. Lacan: Schriften. Vollständiger Text. Band I, a.a.O., S. 582–626.
dieses große A: Anspielung auf Lacans Begriff des „großen Anderen“; der einzige Zug ist der vom Anderen kommende einzige Zug.
das initiale A: sowohl im Sinne von „anfängliches A“ als auch von „Initiale A“.
insofern es abzählbar ist: Der vom Anderen kommende unäre Zug ermöglicht die Abzählbarkeit des sich wiederholenden Verhaltens, etwa durch Kerben auf einer Wand wie im Falle von de Sade.
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wiederholt sich das Verhalten: Man muss also unterscheiden: das Sich-Wiederholende und den Grund der Wiederholung. Das Sich-Wiederholende ist ein Verhalten, ein Verhaltenszyklus. Der Grund der Wiederholung ist: um einen Signifikanten, eine Nummer, einen Buchstaben wieder hochkommen zu lassen.
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die symptomatische Wiederholung: die Wiederholung, insofern sie ein Symptom darstellt, der Wiederholungszwang.
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nicht nur dazu dient, die natürliche Funktion des Zeichens zu erfüllen: Der Unterschied von Zeichen und Signifikant, den Lacan in der vorhergehenden Sitzung betont hatte (mit dem Beispiel la trace d’un pas, 6. Dezember 1961, S. {7}), wird jetzt auf die Wiederholung bezogen. Die Wiederholung ist nicht nur auf das Zeichen zu beziehen, sondern auch auf den Signifikanten, genauer: auf den abwesenden (verdrängten) Signifikanten, auf den Buchstaben. Vermutlich ist gemeint:
– Die Wiederholung vom Typ A, beschreibbar als Beziehung zwischen Bedürfnis und Befriedigung, ist auf das Zeichen zu beziehen, auf das Repräsentieren einer Sache,
– Die Wiederholung vom Typ B, der Wiederholungszwang, ist auf den Signifikanten zu beziehen, auf das „Präsentifizieren“ eines abwesenden Signifikanten.Wenn ein Signifikant für einen anderen Signifikanten das Subjekt repräsentiert, welches ist dann – beim Wiederholungszwang der andere Signifikant? Durch welche Signifikantenbeziehung wird hier also das Subjekt repräsentiert?
um den abwesenden Signifikanten zu präsentifizieren: Bei einem Wiederholungszwang dient das sich wiederholende Verhalten dazu, einen abwesenden Signifikanten wieder hochkommen zu lassen, zu „präsentifizieren“. Wieder stellt sich die Frage, wie diese Beziehung aufzufassen ist: zwischen, einerseits, den Signifikanten, durch die das sich wiederholende Verhalten ein „bestimmtes“, „abzählbares“ Verhalten ist und nicht etwa „dasselbe“, und, andererseits, dem abwesenden Signifikanten, der hochgeholt werden soll. Geht es dabei um dasselbe oder um zwei verschiedene Signifikanten?
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Insofern das Verdrängte ein Signifikant ist: Die Wiederholung vom Typ des Wiederholungszwangs ist ein Versuch, einen verdrängten Signifikanten (einen Buchstaben) hochkommen zu lassen, der jedoch hartnäckig verdrängt bleibt. Der auf solche Weise verdrängte Signifikant erinnert an Freuds Begriff des Urverdrängten – das Urverdrängte ist dasjenige Verdrängte, das durch freie Assoziation nicht erinnert werden kann, nicht „hochkommen“ kann. Vgl. Freud:
„Wir haben also Grund, eine Urverdrängung anzunehmen, eine erste Phase der Verdrängung, die darin besteht, daß der psychischen (Vorstellungs-)Repräsentanz des Triebes die Übernahme ins Bewußte versagt wird. Mit dieser ist eine Fixierung gegeben; die betreffende Repräsentanz bleibt von da an unveränderlich bestehen und der Trieb an sie gebunden.“
(Die Verdrängung, 1915, GW 10, S. 250)
Der Vorgang der Libidoentziehung reicht nicht aus, „um einen anderen Charakter der Verdrängung begreiflich zu machen. Es ist nicht einzusehen, warum die besetzt gebliebene oder vom Ubw her mit Besetzung versehene Vorstellung nicht den Versuch erneuern sollte, kraft ihrer Besetzung in das System Vbw einzudringen. Dann müßte sich die Libidoentziehung an ihr wiederholen, und dasselbe Spiel würde sich unabgeschlossen fortsetzen, das Ergebnis aber nicht das der Verdrängung sein. Ebenso würde der besprochene Mechanismus der Entziehung vorbewußter Besetzung versagen, wenn es sich um die Darstellung der Urverdrängung handelt; in diesem Falle liegt ja eine unbewußte Vorstellung vor, die noch keine Besetzung vom Vbw erhalten hat, der eine solche also auch nicht entzogen werden kann.
Wir bedürfen also hier eines anderen Vorganges, welcher im ersten Falle die Verdrängung unterhält, im zweiten ihre Herstellung und Fortdauer besorgt, und können diesen nur in der Annahme einer Gegenbesetzung finden, durch welche sich das System Vbw gegen das Andrängen der unbewußten Vorstellung schützt. Wie sich eine solche Gegenbesetzung, die im System Vbw vor sich geht, äußert, werden wir an klinischen Beispielen sehen. Sie ist es, welche den Daueraufwand einer Urverdrängung repräsentiert, aber auch deren Dauerhaftigkeit verbürgt. Die Gegenbesetzung ist der alleinige Mechanismus der Urverdrängung; bei der eigentlichen Verdrängung (dem Nachdrängen) kommt die Entziehung der vbw Besetzung hinzu. Es ist sehr wohl möglich, daß gerade die der Vorstellung entzogene Besetzung zur Gegenbesetzung verwendet wird.“
(Das Unbewusste, 1915, GW 10, S. 279 f.)
dieser reale Verhaltenszyklus: Das sich wiederholende Verhalten gehört demnach zum Realen (falls man das Adjektiv „real“ in dieser Formulierung so stark belasten darf).